Laute Stimmen weckten mich; vor mir auf dem Bette, hinter den herabgelassenen Vorhängen, lag ein bescheidener, aber derber und sauberer Männeranzug. Ein Mann sagte mit rauher Stimme geärgert:
„’s ist noch gut, dass es euch gelungen ist, statt des Giovanni, diesen Narren herzubringen. Aber welche Unvorsichtigkeit! Welche Unvorsichtigkeit! Haben meine Damen das bedacht? An einem Festtag, vor allen Leuten sich in der Gondel hinauszuwagen und dazu noch zu einer solchen Stunde, zu einer solchen Stunde! Rechtfertigt euch nicht! Genügen euch die leeren Zimmer vielleicht nicht zu Spaziergängen? Die alte Ursula ist nicht schuld daran, die dreht, seit dieser Taugenichts davongelaufen ist, die Maschine allein. Ich wiederhole, es ist gut, dass ihr diesen Kerl hergelockt habet, aber dass das in Zukunft nicht wieder vorkommt!“
Ich blickte durch den Spalt zwischen den Vorhängen: im Zimmer ging ein riesiger pockennarbiger Mann von etwa fünfundvierzig Jahren auf und ab. Er trug keine Perücke, sondern hatte um seinen Kopf ein seidenes Tuch gewunden. Die bleichen Damen sassen mit müden, angegriffenen Gesichtern und matten Augen auf dem Sofa nebeneinander und versuchten von Zeit zu Zeit schüchtern sich zu rechtfertigen. Die Sonne liess ihr Licht auf ihre Gesichter fallen und machte diese den gestrigen ebenso unähnlich, wie es das Zimmer war, das ein Werktagsaussehen hatte, nicht aufgeräumt war. Die gelben Rosen lagen, nicht ausgekehrt, auf dem Boden, die Perlen, neben dampfenden Tassen mit Schokolade auf dem Tische. Nachdem er hinter meinen Vorhängen Geräusch gehört hatte, trat der Mann, den Damen mit dem Finger drohend, in den Schrank, durch den gestern die Alte erschienen war, und verschwand. Ich bekam meine Schokolade, später ein Mittag-, dann ein Abendessen. Zwischen den Mahlzeiten spielten die Damen Gitarre und sangen leise zweistimmig Lieder. Gegen acht Uhr, als das Abendessen schon fertig war, und wir mit Signorina Bianca an der geöffneten Schranktür plauderten, erblasste die Dame plötzlich, schloss halb die Augen und wurde eigentümlich sich selbst wieder ähnlich, wie ich sie gestern gesehen hatte. Sie sprach leise und mit Unterbrechungen, während auch hinter der Tür verschwommene Stimmen hörbar wurden.
„Alcide da Buonovente . . . ja . . . Ihr werdet es nach neun Nächten finden . . . es wird nichts geschehen . . . der Tod, der Tod . . . zehntausend Louisdors . . . . der Rest im linken Schiebfach des Sekretärs . . . .“
Ich stürzte erschreckt zu Signorina Catharina, die den Finger an den Mund hielt, um mir Schweigen zu gebieten, und mich ans Fenster zog, während die bleiche Bianca fortfuhr, unverständliche, abgebrochene Sätze zu murmeln, als beantworte sie ihr allein vernehmliche Fragen.