Die Herzogin Elisabeth Beatrix sass, im Hinblick auf ihre sich dem Ende nähernde Schwangerschaft, in weitem Gewande, in einen tiefen Sessel zurückgelehnt, da und blickte mit verschämtem Stolz auf ihren hinter den Armen des Sessels hervorragenden dicken Leib. Herzog Philipp Ludwig, der Rat und ich standen vor ihr und lauschten auf ihre leise, absichtlich noch leidender verstellte Stimme:
„Teurer Meister Ambrosius, Ihr handelt vielleicht nicht ganz überlegt, wenn Ihr Euch in unserem betrüblichen, freilich bloss leichten Familienzwist so offen gegen mich, gegen unseren ehrenwerten Freund, den verdienstvollen Rat, auf die Seite der Prinzessin Amalia stellet. Die krankhafte Einbildungskraft der armen Prinzessin und Eure Vertrauensseligkeit tragen allein die Schuld an alledem, teuerer Meister.“
„Ich bin überzeugt, dass der Meister sich, wie immer, nur von den edelsten Gefühlen hat leiten lassen,“ mischte sich Philipp Ludwig mit Leidenschaftlichkeit ein, indem er einen Schritt vortrat. Elisabeth Beatrix schlug ihre Augen zu dem Sprecher auf und senkte sie dann wieder auf ihre mageren Hände, die sie über dem Magen gefaltet hatte, worauf sie bemerkte:
„Ich habe auch gar nichts anderes gedacht, lieber Schwager!“
„Ew. Liebden, ich bin weit davon entfernt den Kreis meiner Befugnisse zu überschreiten und ich kann überhaupt nur ganz bescheiden zu handeln beginnen, wenn der gnädige Herzog sich selbst an mich um meinen ohnmächtigen Rat wenden sollte . . .“
Der Rat lächelte und bemerkte:
„Und deshalb, ehrenwerter Scalzarocca, wäre es uns erwünscht Euch mehr vom Wohle der Untertanen und der Förderung des Ansehens unseres guten Herzogs, als von den krankhaften Illusionen der unglücklichen Prinzessin geleitet zu sehen.“
„Ich bin überzeugt, dass der Meister immer von Gefühlen der Menschlichkeit und Gerechtigkeit geleitet wird,“ erhob der junge Herzog wieder seine Stimme.
„Ich habe die gleiche Überzeugung, aber häufig überwiegt die Empfindsamkeit des Augenblickes die Erwägungen des klaren Verstandes zum Schaden der Gerechtigkeit,“ bemerkte Hohenschwitz.
„Aber der Meister wird jetzt auch unserer unbedeutenden Persönlichkeiten bei den Beratungen gedenken, nicht wahr?“ fragte die Herzogin, die den Versuch machte ihr eingefallenes Gesicht zu einem freundlichen Lächeln zu verziehen.
Ich hielt die Audienz für beendet, verneigte mich schweigend und ging in die Antichambre hinaus, wo ein Livreediener vor einer träufelnden Kerze schlummerte. Es schlug dumpf elf Uhr, als ich eine Tür zufallen und die hohen Stiefelabsätze des herzoglichen Bruders klopfen hörte, der mir mit jugendlichem Schritte nachlief. Ich blieb, den Griff der Ausgangstür in der Hand, stehen.