XIII. Die Katze.

Die Hauskatze, die als geborener Einzeljäger sich bis auf den heutigen Tag auch als Haustier eine sehr selbständige Stellung als Genosse des Menschen bewahrt hat und infolgedessen auch dem Einfluß der künstlichen Züchtung so gut wie gar nicht unterliegt, ist kein Abkömmling unserer europäischen Wildkatze (Felis catus), wie man noch in der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts annahm, sondern stammt von der von Rüppel in Nubien entdeckten Falbkatze (Felis maniculata), die in vorgeschichtlicher Zeit irgendwo im oberen Nilgebiet zum Haustier erhoben wurde. Es ist dies ein fahlgelb bis fahlgraues Tier, an Hinterkopf und Rücken rötlicher, mit weißem Bauch und verwaschenen, schmalen, schwarzen Querbinden am Rumpf, die an den Beinen deutlich hervortreten. Der Pelz ist an einigen Stellen schwarz gesprenkelt; der Schwanz endet in eine schwarze Spitze, davor hat er drei schwarze Ringe. Charakteristisch ist der Sohlenfleck, d. h. die schwarze Färbung der Hinterseite der Hinterfüße von der Pfote bis zum Hacken. Diese Färbung macht sich auch bei den gezähmten Vertretern sehr leicht geltend und kommt niemals bei der europäischen Wildkatze vor. Ferner ist bei den Hauskatzen wie bei deren Stammutter, der Falbkatze, der Schwanz gleichmäßig zugespitzt und nicht am Ende verdickt wie bei der europäischen Wildkatze, die auch nie schwarze Sohlen aufweist. Dann wies der Engländer Hamilton nach, daß sich bei den Hauskatzen die Stirne mit zunehmendem Alter verflacht, während sie bei der europäischen Wildkatze höher wird. Alle diese Tatsachen sprechen in demselben Sinne, daß eben die Hauskatze ein Abkömmling der afrikanischen Falbkatze und nicht der europäischen Wildkatze ist.

Bild 45. Links der Ammonspriester Mutsa (3), Vorsteher des kgl. Schatzes, mit seiner Schwester Bati (4), einer Jungfrau des Ammon, und seinem Sohne User (2) mit dem Wurfholz (Bumerang) auf der Entenjagd, rechts derselbe Fische speerend. Im Dickicht ein Ichneumon, der einen jungen Vogel aus dem Nest reißt, im Boot links eine gezähmte Katze, die scheinbar bittet, ins Dickicht gelassen zu werden. Auf diesem Wandgemälde der 18. Dynastie weist die Hauskatze noch die schmalen schwarzen Querbinden ihrer Stammutter, der Falbkatze, auf. (Nach Wilkinson.)


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Wenn nun also die Hauskatze nicht von der europäischen Wildkatze abstammt, ist es nicht zu verwundern, daß sie im vorgeschichtlichen Europa durchaus fehlt; auch die älteren Griechen und Römer kannten sie noch nicht. Ihre Rolle als Mäusevertilger besorgten bei ihnen Wiesel und Iltis, die beide gezähmt gehalten wurden. Ebenso wird die Katze nirgends in der Bibel erwähnt; auch im vedischen Zeitalter Indiens war sie durchaus unbekannt. Aus allen diesen Gründen muß die noch von W. Schuster vertretene ältere Ansicht, wonach unsere Hauskatze von der Wildkatze abstammt, absolut verlassen werden, wenn auch zuzugeben ist, daß da und dort durch gelegentliche Paarung von Hauskatzen mit Wildkatzen Blut von letzterer in manche Stämme der Hauskatze gelangte. Ganz abgesehen von der großen Schwierigkeit der Zähmung der überaus wilden europäischen Wildkatze weicht auch der anatomische Bau der Hauskatze in vielen Einzelheiten vollkommen von demjenigen jener ab, stimmt aber sehr genau mit demjenigen der nubischen Falbkatze überein. Nach François Lenormant kam die Hauskatze als bereits gezähmtes Tier mit dem Hunde von Dongola erst zur Zeit des Mittleren Reiches nach der Eroberung des Landes Kusch in Nubien durch die Ägypter nach Ägypten und wird mit jenem zuerst auf Grabdenkmälern der 12. Dynastie (2000–1788 v. Chr.) in Beni Hassan abgebildet. Dagegen will neuerdings Konrad Keller sie schon zur Zeit der 6. Dynastie (2750–2625 v. Chr.) in einem Grabgemälde von Sakkarah mit einem Halsband, also dem Attribut eines Hausgenossen, abgebildet gefunden haben. Genaueres darüber gibt er aber nicht an.

Bei den alten Ägyptern wurde ihre Zucht in der Folge sehr populär; denn die Katze, von ihnen nach ihrer Lautäußerung mau genannt, wurde als Jagdgehilfe und eifriger Bekämpfer von Ratten und Schlangen von ihnen in hohem Maße geschätzt. So finden wir auf verschiedenen Grabgemälden der 18. Dynastie (1580–1350 v. Chr.) von Kurnah, die Sir Gardner Wilkinson publizierte, Ägypter in leichten Booten im Schilfdickicht Jagd auf Wasservögel machen, wobei ihnen zahme Katzen das vom Bumerang betäubte Wild durch geschicktes Schleichen zwischen den Sumpfpflanzen holen. Wo also der Hund nicht zu gebrauchen war, trat die Katze in ihr Recht und leistete dem Menschen gute Dienste. Als Rattenvertilgerin finden wir die Katze aus leicht verständlichen Gründen nirgends dargestellt; aber daß sie als solche fungierte, beweist der berühmte satyrische Papyrus von Turin, in welchem die Darstellungen der glorreichen Siege Ramses III. (1198–1167 v. Chr.) der 19. Dynastie an den Wänden des von ihm errichteten Tempels in Medinet Abu in der Weise karikiert wurden, daß der auf seinem Kriegswagen stolz einherfahrende König und seine Leute in Form von Ratten, die Feinde dagegen, die Chethiter, in Gestalt von Katzen dargestellt wurden. In einer Darstellung des Totenbuches aus dem Neuen Reiche finden wir eine unter einem Baume sitzende Katze abgebildet, die unter der einen Vordertatze einen Schlangenkopf hält. Tatsächlich jagt die Hauskatze ebenso gern selbst die gefährlichsten Giftschlangen als die Mäuse und Ratten. Dadurch mag sie sich bei den Ägyptern, jenen ausgesprochenen Ackerbauern, denen die die Kornvorräte brandschatzenden Nagetiere, wie auch die giftige Schlangenbrut äußerst lästig fielen, sehr bald in hohe Gunst gebracht haben. Da sie andere Tiere verspeiste und damit deren Seelen in sich aufnahm, sah man in ihr ein Geistwesen verkörpert, dem als solchem so gut eine Kultpflege zukam, als dem die Umgebung der menschlichen Wohnungen von Aas reinigenden Ibis oder Schakal. Wie diese wurde sie in der Folge zu einem heiligen Tiere gestempelt, das als guter Geist gern im Hause gehalten wurde, weil es durch seine göttlichen Eigenschaften Segen in dasselbe brachte. Ihr Tod versetzte die altägyptische Familie in Trauer, die man äußerlich durch Abrasieren der Augenbrauen bekundete. Der Unglückliche, der freiwillig oder unfreiwillig einer Katze das Leben raubte, war verloren. So schreibt der griechische Geschichtschreiber Diodoros, mit dem Beinamen Siculus, über Ägypten: „Wer dort irgend ein heiliges Tier absichtlich ums Leben bringt, wird zum Tode verurteilt. Wer aber eine Katze oder einen Ibis umbringt, muß sterben, wenn er auch die Sünde ohne es zu wollen beging; das Volk läuft zusammen und behandelt, oft ohne Verurteilung, den Missetäter aufs grausamste. Sieht also jemand ein totes heiliges Tier, so bleibt er, um nicht in falschen Verdacht zu kommen, von ferne stehen, schreit, wehklagt und beteuert, daß er es schon tot gefunden habe. — Die abergläubische Verehrung der heiligen Tiere ist bei den Ägyptern tief und unwandelbar festgewurzelt. In der Zeit, da der König Ptolemäus (XI, 81–51 v. Chr.), von den Römern noch nicht für einen Freund erklärt war und sich das ägyptische Volk auf alle mögliche Weise bemühte, den sich in ihrem Lande aufhaltenden Römern gefällig zu sein und aus Furcht vor Rom jede Gelegenheit zu Beschwerden vermied, da kam der Fall vor, daß ein Römer eine Katze ums Leben brachte. Alsbald rottete sich das Volk wütend gegen ihn zusammen, und, obgleich er den Mord gar nicht mit Vorsatz begangen, konnten doch weder die Bitten des vom Könige hingesandten Beamten, noch die Furcht vor Rom den unglücklichen Katzenmörder vom Tode erretten. — Finden die Ägypter auf ihren Kriegszügen in fremdem Lande tote Katzen oder Habichte, so sind sie betrübt und nehmen die Tiere mit sich nach Hause.“ An einer anderen Stelle berichtet derselbe Autor: „Den Katzen und Ichneumons brocken die Ägypter Brot in Milch, locken sie herbei und setzen es ihnen vor, oder sie füttern sie mit zerschnittenen Nilfischen. In ähnlicher Weise füttern sie auch die übrigen heiligen Tiere. Die eigentlichen Wärter jener Tiere tun groß mit ihrem wichtigen Götzendienst; sie tragen auch besondere Abzeichen, und wenn sie durch Dörfer und Städte gehen, so verbeugt sich jedermann ehrfurchtsvoll vor ihnen. Stirbt ein heiliges Tier, so wickeln sie es in feine Leinwand, schlagen sich jammernd die Brust und bringen es in die zum Einbalsamieren bestimmten Häuser. Ist es dort mit Zedernöl und andern guten Dingen, die einen guten Geruch geben und vor Verwesung schützen, durchdrungen, so wird es in einem heiligen Sarge bestattet.“

Auch Herodot, der selbst in Ägypten war und die Sitten der Ägypter aus eigener Anschauung kannte, schreibt: „Die Katzen in Ägypten lieben ihre Jungen sehr, aber sie werden ihnen oft von den Katern geraubt. Entsteht irgendwo eine Feuersbrunst, so kümmern sich die Ägypter nicht ums Feuer, sondern um ihre Katzen. Sie stellen sich um diese herum und halten Wache; aber die Katzen entwischen ihnen doch oft, springen auch über sie hinweg und stürzen sich in die Flammen. Geschieht dies, so kommt über die Ägypter große Trauer. Stirbt eine Katze, so scheren sich alle Bewohner des Hauses ihre Augenbrauen ab; stirbt aber ein Hund, dann scheren sie sich den ganzen Kopf ab. Die toten Katzen werden in heilige Gemächer geschafft, einbalsamiert und dann in der Stadt Bubastis beigesetzt. Die Hunde und Ichneumons werden in der Stadt, in der sie starben, in heiligen Grüften bestattet, die Spitzmäuse und Ibisse aber in Hermopolis. Die Bären, welche jedoch selten sind, und die Wölfe, welche nicht viel größer sind als Füchse, werden da begraben, wo sie gerade liegen.“

Die Angaben dieser beiden Autoren betreffend das Einbalsamieren der verstorbenen Katzen und das darauffolgende Bestatten in besonderen „heiligen Grüften“ sind durch das Auffinden von eigentlichen Katzenfriedhöfen in Bubastis und Beni Hassan bestätigt worden. Hier wurden sorgfältig einbalsamierte und mit Leinenbändern umwickelte Katzenmumien in Menge gefunden. Der bedeutendste Kultort für die Katzen war die Stadt Bubastis, im östlichen Delta, die ihren Namen (ägyptisch Pe Bast = Ort der Bast) von der dort verehrten Göttin Bast erhielt, die mit einem Katzenkopfe dargestellt wurde. Es ist dies eigentlich die Göttin Sekhet, die Gemahlin des Ptah, des großen Gottes von Memphis, die ursprünglich löwenköpfig und erst seit dem Bekanntwerden der Katze in Unterägypten katzenköpfig abgebildet wurde. Die Griechen stellten sie später ihrer Artemis gleich.

Wenn nun auch mit dem Untergang des alten Ägypten die Heiligkeit der Hauskatze im Niltal dahin fiel, so sind doch Spuren derselben hier bis auf unsere Zeit nachzuweisen. Noch heute glaubt man in Ägypten, daß die Katze Glück bringen könne; sie wird von den dortigen Haremsdamen verhätschelt und mit Ohrringen geschmückt. In Oberägypten gilt sie heute noch als heilig und unverletzlich; sie ist dort nach Klunzinger ebenso geehrt als die Hunde verachtet. In Kairo vermachte der Sultan Ez Zahir Beibars einen Garten nördlich der Stadt zum Besten der Katzen. Derselbe wurde dann verkauft, aber zurückerworben und dient heute noch zur Erhaltung herrenloser Katzen; daneben besteht in jener Stadt ein förmliches Katzenspital. Außerdem sind wiederholt Legate zu deren Fütterung ausgesetzt worden. Diese Hochhaltung der Katze im heutigen Ägypten wird mit der Vorliebe des Propheten Mohammed für diese Tiere motiviert. Dieser soll einst, um ein in seinem weiten Ärmel liegendes Kätzchen nicht in seinem Schlafe zu stören, denselben beim Aufstehen abgeschnitten haben. Überhaupt ist der Morgenländer durchschnittlich sehr rücksichtsvoll gegen seine Mitgeschöpfe. So erzählt ein deutscher Edelmann, der im Mittelalter das Morgenland durchwanderte, von einem Soldaten, der sich neben dem schönsten Schatten seufzend von der Mittagssonne peinigen ließ, weil er das in seinem Schoß eingeschlafene Kätzchen nicht stören wollte.

Wie sich aus den Mumien ergibt, war die Gesamtfarbe der altägyptischen Hauskatze noch ganz der der Falbkatze ähnlich. Nach Keller trifft man solche Färbung noch heute häufig bei den Hauskatzen in den Küstenorten des Roten Meeres. Auch das Knochengerüst beider Arten entspricht einander vollkommen. Jedenfalls hat sich hier in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet die Falbkatze je und je mit der Hauskatze gepaart und so zur Auffrischung des Blutes beigetragen. Aber auch die Wildform selbst mag da und dort später wiederholt gezähmt worden sein, wie dies heute noch bei den Niam-Niam der Fall ist, die die Falbkatze fangen und sie in kurzer Zeit an die Wohnung gewöhnt haben, so daß sie ihnen nicht mehr entläuft, sondern sich, mit Mäusefang beschäftigt, in deren Nähe verweilt. Diese Beobachtung von G. Schweinfurth bestätigte C. Keller, indem ihm auf seiner Reise in Nubien wiederholt gezähmte Exemplare der wilden Falbkatze angeboten wurden. Er schreibt ferner: „Am mittleren Webi in den Somaliländern konnte ich gezähmte Falbkatzen in den Dörfern antreffen, die ich vorher in Ogadeen nirgends vorfand. Sie dienen dazu, die Getreideschuppen gegen die schädlichen Nager zu schützen. Übrigens richten die Somalifrauen auch ihre Knaben in origineller Weise zum Mäusefang ab und, wie ich mich überzeugt habe, entwickeln diese ein großes Geschick. Diese Tatsache liefert vielleicht die Erklärung für das lokale Fehlen der Hauskatze in manchen Gebieten Ostafrikas.“

Vom Niltal verbreitete sich die Hauskatze im Altertum nur langsam nach Syrien, Persien und von da nach Indien. Bei den Indern galt die weiße Katze als das Symbol des Mondes, der die grauen Mäuse, d. h. die Schatten der Nacht vertreibt. In China wird die Katze zum erstenmal im 6. Jahrhundert v. Chr. erwähnt. Ein Bekanntwerden der Griechen mit der ägyptischen Katze läßt sich vor dem 5. Jahrhundert v. Chr. nicht nachweisen und war auch da nur vereinzelt. So berichtete Herodot seinen Landsleuten von der hohen Wertschätzung dieses Tieres in ihrer ägyptischen Heimat. Im 4. Jahrhundert v. Chr. wurde die Katze in den griechischen Kolonien Süditaliens in einzelnen Exemplaren von Kyrene her eingebürgert; doch vermochte sie auch hier nicht den älteren Vorläufer, das Wiesel, zu verdrängen. Bei den Römern fand sie erst um 100 v. Chr. Eingang. Bei ihnen hatte das Wort felis zuerst den Edelmarder, dann die Wildkatze und, von ihr übertragen, zuletzt die Hauskatze bezeichnet. Zu Beginn der christlichen Zeitrechnung treffen wir sie immer noch nur vereinzelt als Haustier bei den alten Römern. Der ältere Plinius kennt und beschreibt sie unter dem Namen tigris: „Die Katzen schleichen ganz still und leise, wenn sie ein Vögelchen haschen wollen; den Mäusen lauern sie heimlich auf und springen dann plötzlich auf sie los. Ihren Kot bedecken sie mit zusammengerscharrter Erde, damit er ihre Anwesenheit nicht verrate.“ Seine Zeitgenossen Columella und Seneca raten die Hühner vor ihnen zu hüten. Dies rät Palladius um 380 n. Chr. dadurch zu tun, daß man letzteren ein Stückchen Raute unter den rechten Flügel bindet. Er sagt, daß man sich Katzen zum Wegfangen der Maulwürfe halte. Von allen Geschichtschreibern erwähnt sie nur Dio Cassius einmal, indem er in der Biographie des Tiberius sagt: „Während Sejanus zur Zeit, da Tiberius regierte (14–37), noch allmächtig war, kamen einmal eine Menge Gratulanten zu ihm und das Sopha, auf das sie sich setzten, brach zusammen; dann lief dem Sejanus, als er aus dem Hause ging, eine Katze über den Weg. Hierdurch ward ihm, vor dem sich damals alles beugte, Verderben prophezeit.“ Auch ist ihre Darstellung bisher nur ein einziges Mal auf einem römischen Mosaik gefunden. Jedenfalls spielte die Katze im antiken Haushalt neben dem hier früher als Mäusefänger gebräuchlichen Frettchen eine sehr bescheidene Rolle. Erst vom 4. Jahrhundert n. Chr. an wurde das bis dahin noch häufig gehaltene Hauswiesel ganz von der Katze verdrängt, die damals einen besonderen Namen, nämlich catus erhielt, woraus später im Vulgärlatein catta, und daraus im Italienischen gatta, im Französischen chat, im Deutschen dagegen Katze wurde. Die römische Bezeichnung catus aber, die bei den Byzantinern als katós gebräuchlich war, stammt aus dem syrischen Worte katô, das seinerseits wiederum mit dem nordafrikanischen gâda und kadiska zusammenhängt. So sehen wir auch in der Terminologie den Weg angedeutet, den das Tier in der Tat aus dem Niltal über Syrien und das Römerreich bis ins Herz Europas nahm.

Bild 46. Katze und Maus. Holzschnitt zu den Fabeln des Äsop. (Gedruckt 1475 von Joh. Zainer in Ulm.)

Zur späteren ausgiebigen Verbreitung der Katze durch die Länder am Mittelmeer und in Europa trug wesentlich das christliche Mönchtum bei, das ja in Ägypten seinen Anfang nahm und sich dort sehr bald mit der Hauskatze befreundet hatte. So berichtet uns Johannes Diaconus im Leben des heiligen Gregor (um 600), ein Eremit habe, durch die Predigt dieses großen Mannes gerührt, seinen einzigen Schatz auf Erden, seine Katze, opfern wollen. Aus dem Mittelalter findet sich die Angabe, daß die Mönche eines Klosters auf Zypern Katzen gezogen hätten, um die Schlangen zu bekämpfen. Damit an diesen frommen Orten die Kater nicht ihren sinnlichen Lüsten frönten, verschnitt man gewöhnlich die Klosterkatzen. Es ist dies dasselbe Bestreben, das nicht nur Frauen, sondern überhaupt weibliche Tiere vom heiligen Berge Athos mit seinen zahlreichen Mönchsklöstern aufs strengste fernzuhalten sucht.

Noch im 10. Jahrhundert war die Katze in Mitteleuropa recht selten; so mußte damals in Sachsen und Wales derjenige, der eine solche getötet hatte, als Strafe so viel Getreide entrichten, daß das am Schwanze aufgehängte und mit der Schnauze den Boden berührende Tier von diesem vollständig bedeckt ward. Damals wird es wohl nur gelbe und braune Katzen in Europa gegeben haben.

Um 1620 fand dann der Italiener Pietro della Valle in Chorasan sehr schöne langhaarige Katzen, von denen er ein Paar mit nach Europa brachte. Es sind dies vielleicht die Vorläufer der Angorakatze, die besonders in Persien und Kleinasien gehalten wird, aber aus Innerasien stammt. Die dichte und lange Behaarung, die blau, blaugrau, schwarz, bunt oder einfarbig weiß ist, will der russische Forscher Pallas der Kreuzung mit der ziemlich langhaarigen asiatischen Steppenkatze (Felis manul) zuschreiben. Da die Wildkatzen sich überall gelegentlich mit den einheimischen Hauskatzen paaren, ist dies sehr wahrscheinlich; doch könnte schließlich auch die gewöhnliche Hauskatze unter der Einwirkung des rauhen Gebirgsklimas Innerasiens eine längere Behaarung erhalten und diese an ihre Nachkommen vererbt haben.

Tafel 49.

Altägyptische Hauskatzen mit Mäusen in einer Fabel des satirischen Papyrus des Neuen Reichs
(18. bis 19. Dynastie, 1580–1205 v. Chr.).


GRÖSSERES BILD

Tafel 50.

(Copyright by M. Koch, Berlin.)

Gepard oder Jagdleopard.

(Copyright by M. Koch, Berlin.)

Frettchenfamilie vor einem Kaninchenbau.

Die europäische gemeine Hauskatze ist also ein mehr oder weniger reiner Abkömmling der nubischen Falbkatze, die sich in ihrer primitivsten Erscheinung in Ostafrika und in den Ländergebieten am Roten Meer erhielt. Die dort angetroffene Hauskatze stimmt ganz auffallend mit der wilden Falbkatze überein; sie ist nämlich fahlgelb oder fahlgrau mit rötlichem Anflug, die Nasengegend rostrot mit dunklerer Einfassung. Der Fuß ist bis zur Ferse unterseits schwarz behaart; auch zeigt der Pelz mehr oder weniger deutlich dunkle Flecke. Die Bauchseite ist heller, der Körper schmächtig gebaut, der Schwanz lang und wenig voll. Diese Katze steht der altägyptischen Hauskatze sehr nahe, die stets gelblich, von hellgelb bis dunkelbraun wechselnd, gefärbt war. Die Ohren mancher Exemplare erscheinen auffallend groß und zugleich an der Spitze mit einem kleinen Haarbüschel versehen. Dies beweist eine Kreuzung der ägyptischen Hauskatze mit dem alsbald zu besprechenden Sumpfluchs (Felis chaus). Die betreffenden Bastarde unterscheiden sich von den Hauskatzen von reiner Abstammung von der Falbkatze außerdem durch die gedrungene und größere Gestalt, das dunkelgefleckte Fell und den langhaarigen Schwanz. Dieses Kreuzungsprodukt wurde, wie verschiedene Bilder beweisen, auch zur Vogeljagd abgerichtet. Doch scheint in ihnen das Blut der Falbkatze überwogen zu haben. Die kräftige Gestalt auch dieser Katzen zeugt davon, daß sie schon damals in Ägypten nicht in engem Gewahrsam, sondern in voller Freiheit wie heute noch aufwuchsen. In dieser altertümlichen Gestalt hat sich die Hauskatze in Europa einzig auf der Insel Sardinien erhalten, wo sie jedoch verwildert ist und als Rückschlagserscheinung kleine, schwarze Ohrpinsel zeigt. Die europäischen Hauskatzen weisen schon weitere Veränderungen auf und variieren stark in der Körperfärbung. Es gibt unter ihnen wildfarbene, graugestreifte, gefleckte, mausgraue, schwarze und weiße Spielarten. Die sogenannte Zypernkatze, die durch ihre schwarze Streifung auf gelblichgrauem Grunde stark an unsere Wildkatze erinnert, muß wie die andern wildfarbenen, gestreiften und gefleckten Hauskatzen stark Blut der europäischen Wildkatze aufgenommen haben, die sich besonders früher, da sie häufiger war, oft mit der Hauskatze zu paaren Gelegenheit hatte. Weit seltener als die Zypernkatzen sind die gelbgrauen Katzen ohne schwarze Zeichnung am Kopf, Rumpf und Schwanz, nur mit zwei schwarzen Querbändern an den Vorderbeinen. Ihnen schließen sich die gelbschwarzen Katzen an, die auf gelblichem Grunde unregelmäßige, an den Rändern verwaschene, ziemlich kleine schwarze Flecken ohne Beimischung von Weiß zeigen. Meist sind diese weiblichen Geschlechts und die zugehörigen Männchen sandfarben. Doch können auch Weibchen sandfarben sein, und Katzen, die auf sandfarbenem oder gelbschwarzem Grunde weiß gescheckt sind, finden sich in beiden Geschlechtern nicht selten. Ziemlich lang und weichhaarig grau mit schwarzen Lippen und Fußsohlen sind die sogenannten Karthäuserkatzen. Weiße Katzen haben entweder gewöhnliche Katzen- oder rein blaue Augen. Dabei kann nun das eine Auge blau und das andere von gewöhnlicher Färbung sein. Sind beide Augen blau, so ist die weiße Katze meist taub. Schwarze Katzen haben meist gelbe Augen.

Stummelschwänzig oder nahezu schwanzlos ist die Katze der Insel Man zwischen England und Island. Dazu hat sie einen großen Kopf und unverhältnismäßig lange und starke Hinterbeine. Sie ist eine unermüdliche Springerin und Kletterin und stellt den Vögeln viel mehr nach als andere Hauskatzen. Die Färbung ist verschieden. Bei der Kreuzung mit der gewöhnlichen Hauskatze sind die Nachkommen teils kurzschwänzig, teils schwanzlos. Über die Entstehung dieser eigentümlichen Rasse ist nichts Näheres bekannt geworden. Sie wird wohl plötzlich durch Mutation hervorgegangen sein. Wie unter den europäischen gibt es auch unter den asiatischen Katzen stummelschwänzige, so besonders in China und Japan. In Siam, Birma und auf der Halbinsel Malakka lebt die malaische Haus- oder Knotenschwanzkatze, deren Schwanz nur die halbe Länge gewöhnlicher Hauskatzenschwänze hat und oft infolge einer Mißbildung der Knochen zu einem festen Knoten verdickt ist. Diese Anomalie ist angeboren und wird vererbt.

Die chinesische Hauskatze besitzt ein seidenweiches, langes Haar von lichtgelber bis weißer Farbe. Unter dem Einflusse der Domestikation ist sie wie so viele andere Haustiere hängeohrig geworden. Sie wird in China viel gezüchtet, um nach vorhergehender Mästung geschlachtet und als beliebte Speise verzehrt zu werden. Sie scheint stark Blut der asiatischen Wildkatze in sich aufgenommen zu haben. Auch in Südwestindien, speziell in Kotschin, wird die Hauskatze häufig gegessen, wie übrigens auch in Frankreich, wo deren Fleisch regelrecht auf den Markt gelangt. Die schönste und edelste aller Katzen aber ist die Siamkatze, die außer in ihrer Heimat auch in China und Japan als Luxustier gehalten wird, dort sehr hoch im Preise steht und nur selten nach Europa gelangt. Die frischgeworfenen Jungen sind blendendweiß mit roten Augen, also eigentliche Albinos, die aber später durch Pigmentbildung sich verfärben. Der dichte, kurzhaarige Pelz wird dann silbergrau bis schokoladebraun, mit schwärzlichem Gesicht, ebenso werden die Füße, Schwanzspitze und Ohrspitzen schwarz. Die Augen sind blau. Ihre Abstammung ist unbekannt. In reiner Rasse ist sie nur aus dem Palaste des Königs von Siam zu bekommen, der allein das Vorrecht besitzt, sie zu halten. Sie ist geistig hochbegabt und sehr zutraulich, was schon auf ein sehr altes, inniges Zusammenleben mit dem Menschen hinweist. Die gewellten oder gefleckten Hauskatzen Indiens scheinen Kreuzungsformen der Hauskatze mit der indischen Wüstenkatze zu sein.

Überall, wo der Mensch unter der Mäuseplage zu leiden hatte, hat er die Hauskatze kommen lassen, so der Konquistador Almagro, der nach Herrera dem Italiener Montenegro, der die erste Katze nach Peru brachte, dafür 600 Pesos (= 2634 Mark) gab. Dort werden sie heute zur Unterhaltung der verschiedenen Madonnen in die Kirche gelassen, indem die betreffenden Besitzerinnen glauben, jene werden sich für eine solche Liebenswürdigkeit erkenntlich erzeigen und ihnen ihre Wünsche eher erfüllen. In Bolivia sind heute gemästete Katzen ein Lieblingsgericht der vorwiegend indianischen Bevölkerung. Auch bei der ersten Besiedelung des Goldlandes von Cuyabá am Paraguay um 1745 wurde für die erste, zur Beseitigung der Mäuseplage kommen gelassene Hauskatze nicht weniger als ein Pfund Gold bezahlt. Als Missionar Sagard bei seiner Abreise 1626 dem Huronenhäuptling eine Katze schenkte, nahm dieser sie mit großem Dank entgegen. Als in Neuseeland um 1855 die Ratten verheerend auftraten, wurde 1857 eine ganze Schiffsladung Katzen dahin eingeführt. Im 14. Jahrhundert soll Whittington, einer der ersten Handelsfürsten Englands, den Grund seines großen Vermögens dadurch gelegt haben, daß er seine Katze einem westafrikanischen Häuptling abtrat, der derselben wegen der Mäuse stark bedurfte. Dort sind die Katzen heute gemein; an der Goldküste wurden sie nach Bosmann auch gegessen. Nach Nachtigal verehrten die Heiden des alten Negerlandes Dar Fur eine weiße Katze, wie nach dem älteren Plinius in der Stadt Rhadata eine goldene Katze angebetet wurde. Jedenfalls ist mit dem alten Kulttier auch die Heiligkeit desselben gewandert. So treffen wir selbst in den Vorstellungen unseres Volkes noch Spuren davon. So soll die Katze, wenn sie ihre Pfoten vor dem Fenster säubert, Besuch ankündigen, d. h. der in ihr wohnend gedachte, die Zukunft vorausschauende Geist soll diesen erblicken und damit anmelden. Ferner wird der Glaube noch häufig angetroffen, daß, wer die Hauskatze nicht gut füttert, einen schlechten Hochzeitstag erlebt. Nach dem deutschen Volksmärchen steht die schwarze Katze stets mit dem Bösen im Bunde; deshalb ist sie auch die unzertrennliche Begleiterin der Hexe. Wohl durch diese Stellung als Kulttier während vieler Generationen hat die Katze mit der Zeit etwas Eigenwilliges und Aristokratisches angenommen. Wenn sie auch nicht mehr so unzuverlässig ist wie die gezähmte Wildkatze, so ist sie doch nicht so gutmütig wie der Hund. Ohne gerade falsch zu sein, wie man gern behauptet, läßt sie sich schon durch geringe Behelligung zum Kratzen und Beißen verleiten. Im allgemeinen ist die Katze schon als Einzeljäger viel selbständiger als der Hund und läßt sich vom Menschen nicht alles bieten. Leicht entzieht sie sich ihm durch Flucht, kehrt aber später gern wieder ins Haus und in ihr gewohntes Lager zurück.

Neben der Katze hatten die Ägypter des Mittleren Reiches auch den Sumpfluchs (Felis chaus) gezähmt, der bisweilen den vornehmen Jäger auf der Jagd im Sumpfe begleitete und die von ihm mit dem bumerangartigen Wurfgeschoß getroffenen Vögel apportieren mußte. Dieser wurde, wie bereits erwähnt, gelegentlich mit der Hauskatze gekreuzt, doch lassen sich keine tiefergehenden Einwirkungen von ihm auf die altägyptische Hauskatze nachweisen. Auch er galt dem Ägypter als heiliges Tier und wurde in Beni Hassan mehrfach mumifiziert vorgefunden.

Zur Zeit des Neuen Reiches gab es am ägyptischen Hofe auch gezähmte Löwen, die den Herrscher umgaben und ihn sogar in die Schlacht begleiteten. So ist an einer der Tempelwände von Karnak König Ramses II. (1292–1225 v. Chr.) auf seinem Streitwagen mitten in der Schlacht dargestellt, und um ihn kämpfte mit derselben Bravour wie er sein „Leiblöwe“, von dem es im Bericht über jene Schlacht gegen die Chethiter heißt: „Der große Löwe, der seinen Wagen begleitete, kämpfte zugleich mit ihm; die Wut ließ alle seine Glieder erzittern und wer sich ihm näherte, den schlug er zu Boden.“ An einem der Pylone von Luksor sehen wir denselben Herrscher auf dem gleichen Feldzuge im Lager ruhend. Vor seinem Zelt ruht an einer Kette der Löwe, von einem mit einer Keule bewaffneten Hüter bewacht; denn so zahm er auch war, so konnte man ihm doch im Lager nicht trauen. Mit demselben äußeren Symbol seiner Herrschermacht, dem gezähmten Löwen, umgab sich auch sein Nachfolger, Ramses III. (1198–1167 v. Chr.). Auf einem Basrelief am Palast von Medinet Abu ist er auf seinem Streitwagen fahrend dargestellt und vor ihm marschiert ein Löwe neben den beiden Wagenpferden. Zur Jagd allerdings konnte der Löwe nicht verwendet werden. Es ist zweifellos ein Irrtum, wenn Sir Gardner Wilkinson nach einer Grabmalerei von Beni Hassan aus der Zeit des Mittleren Reiches, der 12. Dynastie (nämlich 2000 bis 1788 v. Chr.), auf welcher eine Löwin mitten unter andern Tieren einen Steinbock überfallen und niedergeschlagen hat, während sich ein Jäger mit Pfeil und Bogen in der Hand der Gruppe nähert, aus dieser Zusammenstellung schließen zu dürfen glaubt, es sei dies eine zur Jagd dressierte zahme Löwin. Allerdings scheint im alten Indien dieses Bravourstück geleistet worden zu sein; denn der griechische Schriftsteller Älian berichtet: „In Indien gibt es gewaltig große Löwen, die entsetzlich grimmig sind und eine schwarze Mähne besitzen. Jung aufgezogen können sie aber so zahm werden, daß man sie zur Jagd auf Rehe, Hirsche, Wildschweine, Stiere und wilde Esel benutzen kann.“ In diesem Falle scheint der Autor wirklich Löwen und nicht, wie Lenormant glaubt, Geparde gemeint zu haben.

Auch später war am persischen und römischen Hofe zeitweise der gezähmte Löwe als Begleiter des Monarchen anzutreffen. So schreibt Dio Cassius: „Der römische Kaiser Antoninus Caracalla (212–217) hielt sich mehrere zahme Löwen und hatte sie immer bei sich. Am liebsten hatte er den einen, den er Acinaces nannte und oft vor allen Leuten küßte. Dieser pflegte mit ihm zu speisen und sich auf seinem Ruhebette zu lagern. Ehe der Kaiser ermordet wurde, wollte ihn der Löwe vor der Gefahr warnen und hielt ihn, als er ausgehen wollte, am Kleide so fest, daß dieses sogar zerriß, aber Antoninus achtete der Warnung nicht.“ Und Älius Lampridius berichtet: „Der römische Kaiser Heliogabalus (218–222) hielt sich zahme Löwen und Leoparden und hatte seinen Spaß mit ihnen. Die Zähne und Krallen waren ihnen kurz und stumpf gemacht. Bisweilen, wenn er ein Gastmahl gab, ließ er beim Nachtisch die Bestien eintreten und neben den Gästen Platz nehmen und lachte sich über die Angst seiner Freunde halb tot. Er fütterte auch seine Löwen und Leoparden oft mit Papageien und Fasanen. — Er fand auch großes Vergnügen daran, seine Gäste abends betrunken zu machen, brachte sie dann in einen Saal und schloß sie ein; dann ließ er Löwen, Leoparden und Bären hinein, deren Zähne und Krallen abgestumpft waren. Die meisten Gäste starben, wenn sie aufwachten und die Ungeheuer sahen, vor Schreck. — Er ließ auch Löwen vor seinen Wagen spannen und sagte, er sei die Göttin Cybele“, die man sich mit einem Löwengespann fahrend vorstellte.

Auch der Tiger war schon im Altertume teilweise gezähmt. So schreibt der griechische Geschichtschreiber Älian: „Unter den Geschenken, welche die Inder ihrem Könige bringen, sind auch zahme Tiger.“ Dann berichtet der ältere Plinius in seiner Naturgeschichte: „Pompejus der Große hat zu Rom den ersten zahmen Tiger in einem Käfig gezeigt, Kaiser Claudius aber vier zu gleicher Zeit.“ Und der römische Geschichtschreiber Lampridius bemerkt: „Kaiser Heliogabalus spannte Tiger vor den Wagen und sagte, er sei Bacchus.“ Der Tiger war bekanntlich das Attribut des aus dem Morgenlande, und zwar dem fernen Indien, über Kleinasien zu den Griechen gekommenen Gottes der ausgelassenen Lebensfreude und Fruchtbarkeit des Bodens, nämlich Bacchus. Er ließ sich der Sage nach auch im Abendlande von den Tigern Indiens ziehen und behing sich mit dem Tigerfell, an dessen Stelle erst später das Leopardenfell trat. Ähnlichen Zeitvertreib wie Heliogabalus hatte sich übrigens schon Kaiser Vespasians Sohn Titus als Kronprinz geleistet, bis er dann mit der Übernahme der Regierung löblicherweise eine ernste Lebensführung begann. Sonst haben diese großen Katzenarten nur als Prunkstücke für einzelne Vornehme oder Herrscher eine Rolle gespielt, nie jedoch praktische Bedeutung für den Menschen erlangt.

Anders ist dies mit dem Gepard der Fall, welcher schon im hohen Altertum im Morgenlande zum Jagdgehilfen des Menschen abgerichtet wurde. So treffen wir ihn mehrfach an der Kette geführt als Begleiter des vornehmen Jägers auf Wandgemälden des alten Ägypten; doch gelangte er als gezähmter Genosse des Menschen nie zu den Griechen und Römern; wenigstens ist uns nichts davon überliefert. Dagegen hat er im Orient bis auf den heutigen Tag eine bedeutende Rolle als Jagdgehilfe des Menschen gespielt, so daß er hier eine eingehende Besprechung verdient.

Von Afrika aus, wo er sich in verschiedenen Unterarten fast über den ganzen Erdteil ausdehnt, erstreckt sich das Verbreitungsgebiet des Geparden über ganz Westasien bis Indien. Der am ganzen Körper getüpfelte asiatische Gepard oder Tschita (Cynailurus guttatus) ist schlanker und hochbeiniger als der mit weißem Bauch, ohne Fleckenzeichnung daran versehene afrikanische Gepard oder Fahhad der Araber (C. guttatus). Letzterer wird auch gelegentlich für die Jagd dressiert und ist die gewöhnlich in den Menagerien und Tiergärten angetroffene Art. Aber der eigentliche „Jagdleopard“ ist der asiatische Gepard, der gezähmt ein wichtiges Zubehör des Hofstaates indischer Fürsten bildet. Dieses Tier, von der Größe eines Leoparden, nur viel schlanker und höher gestellt, ist in eigenartiger und weitgehender Weise dem Leben in der Steppe angepaßt. Sein Körper trägt die charakteristische gelbbräunliche Wüstenfärbung mit kleinen, runden, innen nicht helleren schwarzen Flecken und ist durch die hohen Beine und den schlanken Leib zum außerordentlich schnellen Verfolgen seiner Beutetiere befähigt. Letztere bilden in Indien die Schwarzbockantilopen (Antilope cervicapra), die viel in unsern zoologischen Gärten gehalten und gezüchtet werden und meist unter dem Namen Hirschziegenantilopen bekannt sind. In der Nachbarschaft der Ebenen, auf denen diese Antilopen weiden, hält sich der Gepard auf niedrigen Felsenhügeln auf und beschleicht von hier aus mit außerordentlichem Geschick gegen den Wind und jede Unebenheit des Bodens, Gebüsch und dergleichen als Deckung benutzend, seine Beute. Hat er sich ihr auf 150–200 Schritte genähert, so schießt er in gewaltigen Sätzen unglaublich schnell auf sie los und hat sie bald eingeholt. Mit gewaltigen Tatzenhieben schlägt er die Antilope zu Boden und tötet sie durch einen Biß in die Kehle. Gelingt es ihm nicht, das Wild nach 400–600 Schritten einzuholen, so läßt er von der Jagd ab, da er diese außerordentliche Schnelligkeit, die ihn beim Laufen auf kurze Strecken als schnellstes aller Säugetiere erscheinen läßt, nicht längere Zeit entwickeln kann.

Der Gepard jagt paar- oder familienweise. Seine Zähmung und Abrichtung zur Jagd ist eine sehr einfache und wird von Angehörigen einer besonderen Kaste vollzogen. Er wird in der Weise gefangen, daß rund um einen besonderen Baum, um den sich diese Tiere zum Spiele zu versammeln und an welchem sie ihre Krallen zu schärfen pflegen, Schlingen aus getrockneten Antilopensehnen mit Pflöcken auf dem Boden befestigt werden. Kommen die Tiere bei Sonnenuntergang zu dem betreffenden, an seinen Kratzspuren erkennbaren Baum, so fangen sie sich leicht in den geschickt angebrachten Schlingen. Die in der Nähe auf der Lauer liegenden Inder eilen alsbald herbei, werfen eine Wolldecke über sie, binden ihnen die Beine zusammen und fahren sie auf dem inzwischen herangekommenen Ochsenfuhrwerk in das Dorf, wo die Frauen und Kinder dazu beordert werden, den ganzen Tag über bei den frischgefangenen Tieren zu verweilen und sich laut miteinander zu unterhalten, um die Geparde dadurch an die menschliche Stimme zu gewöhnen. Haben sie sich daran gewöhnt, so werden sie an einen Baum oder eine Hütte möglichst nahe an einem belebten Ort angekettet, damit sie fortwährend Menschen sehen und sich an ihren Anblick gewöhnen. Dann beginnt die verschiedene Stufen durchlaufende Abrichtung der Geparde, die in etwa sechs Monaten beendet ist. Dabei sind die Tiere so sanft und gelehrig wie Hunde geworden, nehmen zutraulich die Liebkosungen des Menschen entgegen, sind selbst Fremden gegenüber gutmütig, glätten beim Streicheln ihr Fell an ihren Freunden, nach Art der Hauskatzen schnurrend. Gewöhnlich hält man die zahmen Jagdleoparden vor dem Haus mit einer Kette an der Wand befestigt, auf einer Eingeborenenbettstelle, nicht aber in einem Käfig.

Nur erwachsen gefangene Geparde werden in Indien zur Jagd abgerichtet; denn die indischen Schikaris oder Gepardjäger halten mit Recht dafür, daß nur solche, die von ihren Eltern in der Wildnis das Jagen erlernt haben, gute Jäger in der Gefangenschaft abgeben. Will man mit dem gezähmten und abgerichteten Geparde jagen, so setzt man ihm eine ihn am Sehen hindernde Kappe aus Leder auf, bindet eine Schnur an einen um seinen Hals oder um seine Weichen gehenden Lederriemen, setzt ihn auf ein Ochsenfuhrwerk und fährt mit ihm so nahe als möglich in die Nachbarschaft von Antilopen, die sich vor gewöhnlichen Landwagen, die sie täglich sehen, nicht fürchten und deshalb leicht eine starke Annäherung eines solchen Gefährtes erlauben. So kann sich ein Karren bis auf 200 Schritte einem Rudel Antilopen nähern. Alsbald nimmt der Jäger dem Jagdleoparden die Kappe vom Kopf und läßt ihn los. Je nach der Entfernung von den Antilopen eilt er dann entweder ohne weiteres auf sie zu, oder er schleicht sich, indem er die Unebenheiten des Bodens mit Vorteil benutzt, so weit an sie heran, daß er einen erfolgreichen Überfall unternehmen kann. Ist ein Antilopenbock in der Herde, so ergreift der Gepard gewöhnlich diesen, wahrscheinlich aber nur deswegen, weil der Bock als Führer des Rudels am weitesten zurückbleibt. Der Jagdleopard stürzt sich auf die Antilope und soll sie dadurch, daß er mit einer Pranke von unten an ihre Beine schlägt, zu Falle bringen, worauf er das gefallene Tier an der Kehle ergreift und so lange festhält, bis der Jäger herangekommen ist. Darauf durchschneidet dieser mit seinem Jagdmesser die Kehle der Antilope, sammelt etwas von ihrem Blut in die mitgenommene Freßschüssel des Jagdleoparden und gibt es diesem, der es eifrig aufleckt, zu trinken, wobei er ihm in einem geeigneten Augenblick die Kappe wieder über den Kopf zieht, um ihn alsbald wieder zur Jagd zu verwenden; denn ein guter Jagdleopard soll manchmal nicht weniger als vier Böcke an einem einzigen Morgen erbeuten.

In ganz Indien ist der gezähmte Gepard ein geschätzter Jagdgehilfe des Menschen. An den Höfen der indischen Fürsten wird er in großer Menge, bis hundert Stück, gehalten, was allerdings ein sehr kostspieliges Vergnügen bedeutet, da dessen Unterhalt und Wartung durch ein ganzes Heer von Wärtern und Jägern, die ungefähr die geachtete Stellung der Falkner bei uns im Mittelalter bekleiden, große Summen verschlingt. Der reichste von allen indischen Fürsten, der Großmogul von Delhi, soll bis zu tausend Geparde auf seinen Jagdzügen mit sich geführt haben. Der Schah von Persien läßt sie sich aus Arabien kommen und hält sie in einem besonderen Hause. Im Jahre 1474 sah der Italiener Guiseppe Barbaro beim Fürsten von Armenien etwa hundert Stück Jagdleoparden. Früher kamen gelegentlich solche Jagdleoparden als Geschenke orientalischer Fürsten auch an europäische Höfe. So erhielt beispielsweise der deutsche Kaiser Leopold I. um 1680 vom türkischen Sultan zwei abgerichtete Jagdleoparden, mit denen er oftmals jagte. Da aber diese Tiere sehr der Wärme bedürfen, so sind sie bei uns recht hinfällig und kurzlebig, dauern aber in ihrer heißen Heimat sehr lange aus.

Wie außerordentlich zahm und zutraulich der Gepard wird, das bezeugt Brehm, der selbst einen solchen besaß und dreist wagen durfte, ihn an einem Stricke durch die Straßen seiner Heimatstadt zu führen. Solange er es nur mit Menschen zu tun hatte, ging er ihm stets ruhig zur Seite; nur wenn er Hunden begegnete, zeigte er eine große Unruhe und wäre gern gegen sie losgesprungen. Das war das einzige Tier, das ihn in Aufregung brachte. In seinem Tierleben schreibt Brehm von ihm: „Daß die Zähmung nicht schwierig sein kann, wird jedem klar, der einen Gepard in der Gefangenschaft gesehen hat. Ich glaube nicht zuviel zu sagen, wenn ich behaupte, daß es in der ganzen Katzenfamilie kein so gemütliches Geschöpf gibt wie unseren Jagdleoparden, und bezweifle, daß irgend eine Wildkatze so zahm wird wie er. Gemütlichkeit ist der Grundzug des Wesens unseres Tieres. Dem angebundenen Gepard fällt es gar nicht ein, den leichten Strick zu zerbeißen, an den man ihn gefesselt hat. Er denkt nie daran, dem etwas zuleide zu tun, der sich mit ihm beschäftigt, und man darf ohne Bedenken dreist zu ihm hingehen und ihn streicheln und liebkosen. Scheinbar gleichmütig nimmt er solche Liebkosungen an, und das höchste, was man erlangen kann, ist, daß er etwas beschleunigter spinnt als gewöhnlich. Solange er nämlich wach ist, schnurrt er ununterbrochen nach Katzenart, nur etwas tiefer und lauter. Oft steht er stundenlang unbeweglich da, sieht träumerisch starr nach einer Richtung und spinnt dabei höchst behaglich. In solchen Augenblicken dürfen Hühner, Tauben, Sperlinge, Ziegen und Schafe an ihm vorbeigehen, er würdigt sie kaum eines Blickes. Nur andere Raubtiere stören seine Träumerei und Gemütlichkeit. Ein vorüberschleichender Hund regt ihn sichtlich auf: das Spinnen unterbleibt augenblicklich, er äugt scharf nach dem gewöhnlich etwas verlegenen Hunde, spitzt die Ohren und versucht wohl auch, einige kühne Sprünge zu machen, um ihn zu erreichen.“ Soweit dies bekannt ist, hat er sich aber in der Gefangenschaft noch nicht fortgepflanzt, ist also noch nicht zum eigentlichen Haustier des Menschen geworden.

Weiter sind von Raubtieren Wiesel und Frettchen bei den Griechen und Römern gezähmt und zum Mäusevertilgen in ihren Wohnungen gehalten worden, lange bevor die Katze aus Ägypten zu ihnen gebracht wurde. Besonders letzteres, das Frettchen, war ein häufig angetroffenes, sehr beliebtes Haustier. Es hieß bei den Griechen iktis und bei den Römern mustela. Das Frett (Mustela furo) ist nichts anderes als der durch Gefangenschaft und Zähmung kleiner und zugleich albinotisch gewordene Abkömmling des Iltis. Es ist weiß bis semmelgelb, am Leibe 45 cm und am Schwanze 13 cm lang. Nur wenige sehen dunkler und dann echt iltisartig aus. Es ist weniger lebhaft als sein wilder Verwandter, steht ihm aber an Blutgier und Raublust nicht nach. Sein Zähmungsherd scheint in Nordafrika gewesen zu sein, und zwar wurde es dort nicht nur gegen Mäuse, sondern besonders auch gegen Kaninchen losgelassen, die es aus ihrem Bau heraustrieb. So schreibt Strabon: „In Turdetanien (einer spanischen Landschaft) bedient man sich der Frettchen aus Libyen, um die Kaninchen zu jagen. Man schickt sie mit einem Maulkorb in die Löcher; so ziehen sie die Kaninchen entweder mit den Krallen heraus oder jagen sie empor, so daß sie von den Leuten gefangen werden können.“ Schon lange vorher schrieb Aristoteles, es gleiche an Gestalt, weißer Farbe des Bauches und Bosheit den Wieseln (galé), könne jedoch außerordentlich zahm gemacht werden. Es gehe gern über die Bienenstöcke und nasche Honig, hasche aber auch gern Vögel, wie die Katze. Aus Spanien kam dann das Frett zu uns, um bei der Kaninchenjagd zu dienen. Dabei legt man ihm, damit es sich nicht am Blut seines Opfers berausche, auch heute noch einen Maulkorb an; früher war man so roh, ihm den Mund zusammenzunähen, damit es solches nicht tue und dann im Kaninchenbau bleibe, so daß der Jäger lange warten kann, bis es zum Bau herauskommt. In England benutzt man es viel als Rattenjäger, doch muß es dazu besonders erzogen werden, indem man es zuerst nur mit jungen Ratten kämpfen läßt. Später wächst dann sein Mut, so daß es schließlich in einer Stunde bis 50 Ratten in einem 2–3 qm großen Raum zu töten vermag. Durch Kreuzung mit dem Iltis zum Zwecke der Blutauffrischung entstehen die „wildfarbigen“ sogenannten Iltisfrettchen, welche etwas stärker sind als das eigentliche Frettchen. Stets muß das Frettchen in Käfigen gehalten werden, da es der Anhänglichkeit an Haus und Hof entbehrt, durch die sich die eigentlichen Haustiere auszeichnen. Es wird jetzt namentlich zur Jagd auf Kaninchen gezüchtet, ist sehr empfindlich gegen Kälte, aber gleich vielen anderen Haustieren fruchtbarer als die Stammart, indem das Weibchen 5–10 Junge wirft, und zwar zweimal im Jahr.

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