XV. Perlhuhn, Pfau, Fasan und Truthuhn.

Von weiteren domestizierten Hühnervögeln ist das Perlhuhn (Numida meleagris) zu nennen, das in Westafrika bis Marokko heimisch ist. Es hat seinen lateinischen Namen meleagris von Meleager, dem Sohne des kalydonischen Königs Oineus, der auf der berühmten kalydonischen Eberjagd umkam. Darüber waren seine Schwestern ganz untröstlich und wurden durch das Mitleid der Götter in Vögel verwandelt. Da die auf schiefergrauem Grunde stehenden perlenartigen Tropfen an Tränen erinnerten, sollten sie die Tränen der Schwestern des Meleager bedeuten. Diese Vögel sollten nach Plinius auf dem Grabe des Meleager gehalten werden und dort zu Ehren des Toten kämpfen, wie in der Vorzeit zu Ehren Verstorbener abgehaltene Kampfspiele durch Menschen üblich waren.

Die Perlhühner bewohnen mit Büschen bestandene Gegenden bis zu 3000 m Höhe. Da, wo sie häufig sind, bemerkt man sie bald, indem sie morgens und abends ihre durch unser zahmes Perlhuhn wohlbekannte trompetenartige Stimme vernehmen lassen. Sie wohnen in Familien von 16–20 Stück beieinander, sind sehr scheu und schlüpfen bei der geringsten Beunruhigung ins schützende Gebüsch. Mit Vorliebe schlafen sie auf hohen Bäumen an Flußufern. Im Frühjahr brüten sie ein Gelege von 5–8 schmutzig gelblichweißen Eiern aus. Die Küchlein gleichen im Flaumkleide jungen Fasanen, wachsen rasch heran und folgen, wenn sie die halbe Größe der Eltern erreicht haben, diesen auf allen Streifereien und bäumen dann nachts regelmäßig mit ihnen.

Nach Brehm lassen sich Perlhühner leichter eingewöhnen als irgend ein anderes Wildhuhn, werden aber nicht leicht und kaum jemals vollständig zahm, schreiten auch nur dann in der Gefangenschaft zur Fortpflanzung, wenn sie weiten Spielraum haben. Dagegen kann man gefangene bald so weit gewöhnen, daß sie in Haus und Hof umherlaufen, ohne ans Entweichen zu denken. Sie sind zänkisch, liegen mit Haus- und Truthühnern beständig im Streite, werden so bösartig, daß sie erwachsene Hähne und Kinder angreifen. Sie erfreuen durch ihre unermüdliche Beweglichkeit, ihr hübsches Gefieder und die sonderbaren Stellungen und Bewegungen, die sie beim Laufen einnehmen. Beim Brüten sind sie wenig eifrig und können keine Kälte ertragen.

Von Westafrika wurden sie im 18. Jahrhundert durch Negersklaven auf den Antillen eingeführt, wo sie sich vollkommen eingewöhnten und verwilderten. Dabei wurden sie hier kleiner und dunkler. Schon vor bald sieben Menschenaltern war es auf Jamaika häufig; jetzt ist es dort wie auch im östlichen Kuba so gemein, daß es unter Umständen zur Landplage wird. Schon im Altertum wurde es bei den Griechen und Römern als Haustier gehalten, verschwand aber nach dem Untergange des Römerreichs wieder aus Europa, um erst wieder im 15. Jahrhundert von den Portugiesen aus Angola hier eingeführt zu werden. Seither sind sie besonders in den Mittelmeerländern, wo es ihnen warm genug ist, so weit domestiziert worden, daß sie gleich dem Pfau begonnen haben, wenigstens in der Färbung abzuändern. Unter den gewöhnlichen Perlhühnern mit weißen Tupfen auf schiefergrauem Grunde kommen nämlich silber- und blaugraue und, wie bei den Pfauen, auch weiße Tiere vor. Wie bei den weißen Pfauen das Auge der zum Rad ausgebreiteten Schwanzfedern, so ist bei den weißen Perlhühnern die ursprüngliche Tüpfelung noch deutlich erkennbar.

Im Altertum scheint das Perlhuhn als Fetischtier von Nordafrika nach Griechenland gekommen zu sein. Nach dem Schüler des Aristoteles, Klytos von Milet, wurden auf der kleinen, von den Milesiern kolonisierten Insel Leros um den Tempel der Artemis heilige Perlhühner aus Afrika gehalten. Dabei wird nirgends gesagt, wie sie dahin gekommen und weshalb sie der jungfräulichen Göttin geweiht waren. Noch Älian behauptete, kein Raubvogel wage die lerischen heiligen Hühner anzugreifen. Auch auf der Akropolis scheinen nach Suidas Perlhühner gehalten worden zu sein. Zu den Römern kamen sie zur Zeit der punischen Kriege aus Numidien unter dem Namen numidische oder afrikanische Vögel. Noch zu Varros Zeit im letzten Jahrhundert v. Chr. waren sie in Italien sehr selten und teuer. Gleichwohl begann man schon damals diese kostbaren Tiere, eben weil sie eine Rarität waren, zu essen. Dieser Autor sagt nämlich: „Die afrikanischen Hühner, welche man meleagrides nennt, sind erst neulich für die Schmausereien der Leckermäuler in Gebrauch gekommen, aber noch teuer, weil selten.“ Der Spötter Martial macht sich in einem Epigramm darüber lustig, daß Hannibal, der Barbar, seinen Landsmann, den Vogel aus Numidien, nicht aß. Der verrückte Kaiser Caligula ließ sie sich opfern. Nach Pausanias wurden sie auch in Phokis bei Tithorea zweimal im Jahre im Tempel der Isis neben Gänsen geopfert.

Nachdem die Portugiesen die Perlhühner wieder in Europa eingeführt hatten, sah sie Volaterranus vor 1500 beim Kardinal San Clemente. Der Züricher Konrad Geßner bildete den Vogel in seinen Icones animalium 1563 zuerst ab und bemerkt dazu, es sei ein fremder wilder Hahn aus Afrika und der Berberei, den er von seinem Freunde Cajus, einem englischen Arzte, erhielt. In Frankreich war er damals schon öfter als poule de Guinée in den Hühnerhöfen zu sehen. Der Vogel ist so leicht zu halten, daß er auch in seinem ursprünglichen Verbreitungsgebiet vielfach gezähmt wird. So traf Staudinger am Niger solche, die durch ihre weiße Farbe verrieten, daß sie schon längere Zeit domestiziert waren. Da sie sich leicht versetzen lassen, sind sie im Laufe der Zeit auf eine Reihe von Inseln gekommen und dort verwildert, so auf den Kapverden, auf Ascension und St. Helena. Daß sie auch auf zahlreichen Inseln und Inselchen der Antillen verwilderten, wurde bereits mitgeteilt. Sie wurden in Amerika kleiner und erhielten schwarze Füße in Verbindung mit weißem Bauch, weißem Rücken und Flügelspitzen. Im milden England gelang es noch, sie verwildern zu lassen. Dies würde wohl auch in den milderen Gegenden Deutschlands möglich sein. Hier überall, wo es ihnen nicht zu kalt ist, eignen sie sich vortrefflich als Hausgeflügel. Sobald sie die ersten Tage hinter sich haben, sind sie gar nicht weichlich und auch im Futter durchaus nicht anspruchsvoll; dabei lassen sie sich leicht mästen, liefern ein gutes Fleisch und schmackhafte Eier.

Häufiger als das Perlhuhn wird der Pfau (Pavo cristatus) in unseren Hühnerhöfen angetroffen, wo er wegen seiner Schönheit auch mehr ein Luxus- denn ein Nutzvogel ist. Seine Heimat ist Ostindien und Ceylon. Dort bewohnt er lichte Waldungen mit Vorliebe bergiger Gegenden mit dichtem Unterwuchs; ebensogern hält er sich in Pflanzungen auf, die ihm Deckung gewähren und einzelne hohe, zur Nachtruhe geeignete Bäume haben. In vielen Gegenden Indiens gilt er wegen seines prächtigen Gefieders als heilig und unverletzlich und seine Tötung wird von den Eingeborenen als ein Verbrechen angesehen, das jeden, der sich solches zuschulden kommen läßt, gelegentlich in Lebensgefahr bringt. In der Nähe vieler Hindutempel pflegen sich zahlreiche Herden von halbwilden Pfauen aufzuhalten, deren Pflege mit zu den Obliegenheiten der Priester gehört. Dabei werden sie sich des ihnen hier gewährten Schutzes bald bewußt und zeigen, wenigstens dem Hindu gegenüber, kaum größere Scheu als diejenigen, die auf dem Hühnerhofe heranwuchsen.

Wo sie ungestört sind, halten sich die wilden Pfauen am Tage in Trupps von 30 bis 40 Stück meist auf dem Boden auf, um in den Vormittags- und Abendstunden zur Nahrungssuche auf die Waldblößen oder Felder herauszukommen. Verfolgt suchen sich die Tiere so lange als möglich laufend zu retten und, erst wenn sie einen gewissen Vorsprung erreicht haben, entschließen sie sich zum Fluge, der rauschend und schwerfällig vor sich geht. Sie bäumen dann so bald als möglich und verbergen sich mit ihrem grünen Gefieder im dichten Blättergewirr, wo sie sich wohlgeborgen wissen. Von Raubtieren scheuen sie besonders den Tiger, dessen Anschleichen sie weithin durch lautes Geschrei kundgeben. Sie fressen wie unsere Hühner sowohl tierische als pflanzliche Nahrung und brüten nach der Regenzeit im April, nachdem die Männchen ihr prächtiges Hochzeitskleid mit dem schillernden, beim Liebeswerben zur Schau ausgebreiteten Schweife erhalten haben. Ihrer Schönheit sich wohl bewußt, paradieren sie damit vor den Weibchen, um deren Gunst zu erlangen. Das meist auf einer erhöhten Stelle, einem Busche im Walde, errichtete Nest besteht aus dünnen Ästchen und trockenen Blättern und ist ebenso liederlich gebaut, als dasjenige anderer Hühnervögel. Das Gelege zählt 4 bis 15 Eier, die vom Weibchen mit großem Eifer ausgebrütet und nur im Notfalle verlassen werden. Das unscheinbare Jugendkleid, das die Jungen zu ihrem Schutze mit dem Weibchen teilen, legen die Männchen erst nach dem zweiten Lebensjahre ab, um im dritten ihre volle Schönheit zu erlangen und zur Paarung zu schreiten.

Auf seinem Eroberungszuge nach Indien erblickte Alexander der Große mit seinen Gefährten als erster Europäer den wilden Pfau in seiner Heimat am Indus. Er war von der Schönheit des ihm bis dahin unbekannten Vogels so entzückt, daß er nach dem Berichte des Älian jeden, der ihn zum Opfer schlachten wollte, mit den schwersten Strafen bedrohte. Er soll nach der Sage auch einige dieser Vögel auf dem Rückzuge aus Indien mit sich genommen haben. Sehr viel früher war er gelegentlich schon als seltener Ziervogel an einige vorderasiatische Höfe gelangt, so auch nach Jerusalem, wo ihn Salomo als wertvolles Prunkstück hielt. Heißt es doch 1. Könige 10, 22, daß diesem König in einem edomitischen Hafen am Nordende des Roten Meeres von phönikischen Seeleuten ausgerüstete und bemannte Schiffe nach dreijähriger Abwesenheit neben Gold, Silber, Elfenbein und Affen auch Pfauen aus Ophir brachten, das wir in Ostafrika zu suchen haben. Dorthin muß der schöne indische Vogel durch den Monsun zur Überfahrt benutzende indische Segler damals schon als Tauschware gebracht worden sein, da er daselbst nicht einheimisch ist. Er heißt im Hebräischen tukkijîm, was mit dem tamulischen togei zusammenhängen dürfte.

Aus dem semitischen Vorderasien, wo der Pfau als seltenes und durch die vielen Augen seines Schweifes mit den Sternen und den dort herrschend gedachten Überirdischen in Verbindung gebrachtes Fetischwesen in den Tempelhöfen der höchsten weiblichen Gottheit gehalten wurde, kam er dann durch die Vermittlung der Phönikier zu den Griechen als ta(v)ós, um später dann von ihnen als pavo an die Römer weitergegeben zu werden. Der erste Ort auf griechischem Boden, von dem wir wissen, daß dort Pfauen als heilige Tiere gehalten wurden, ist der Heratempel von Samos. Hera ist offenkundig die mit der phönikischen Astarte identifizierte Himmelsgöttin, deren Kult sich der merkwürdige Sternenvogel ganz natürlich anschloß. Ein sich von selbst ergebender Mythus war es denn auch, daß der allschauende Argos, der die Mondgöttin Jo zu bewachen hatte, nach seiner Tötung durch den Argeiphontes sich in den Pfau verwandelt haben soll. So stolz waren die Bewohner der Insel Samos auf die heiligen Pfauen in ihrem Heratempel, den Herodot für den größten aller griechischen Tempel seiner Zeit erklärte, daß sie das Tier auf ihre Münzen prägten. Zu des Polykrates Zeit, der von 535 bis 522 v. Chr. Tyrann von Samos war und einen Seestaat von ziemlich großer Ausdehnung gegründet hatte, war er aber noch nicht dort, sonst hätten die Hofdichter Ibykos und Anakreon ihn wohl einmal in ihren Gedichten genannt. Auch nach Athen würde der Ruf des Vogels und er selbst wohl früher gedrungen sein. Wir finden ihn nämlich erst nach der Mitte des fünften vorchristlichen Jahrhunderts in jener Stadt, und zwar als höchste Merkwürdigkeit und außerordentliche Seltenheit. Es war dies zur Zeit des Perikles, da Leute von weither kamen, um dieses Wunder zu sehen. Vielleicht haben die Athener bei der Unterwerfung der Insel Samos unter ihre Oberhoheit im Jahre 440 den schönen Vogel vom Heraion nach Athen entführt, obschon der Geschichtschreiber Thukydides nur von Auslieferung der Schiffe und Bezahlung der Kriegskosten spricht.

In einer seiner Schriften berichtet der Redner Antiphon von einem reichen Vogelzüchter in Athen namens Demos, Sohn des Pyrilampes, der Pfauen in seinem Hühnerhofe hielt. Von weither, vom Peloponnes und aus Thessalien, kamen die Leute, um diese Vögel zu bewundern und sich, wenn möglich, Eier von ihnen zu beschaffen. Jeden Monat einmal, am Tage des Neumondes, wurden alle zugelassen, an den andern Tagen dagegen niemand. „Und das“ — setzt Antiphon hinzu — „geht nun schon mehr als 30 Jahre so fort.“ Nach Plutarch soll schon der Vater Pyrilampes aus seiner Vogelzucht den Weibern, die sein Freund Perikles zu gewinnen wünschte, unbemerkt Pfauen zugewandt haben. Doch, meint Antiphon, es gehe nicht an, die Vögel in der Stadt zu verbreiten, weil sie dem Besitzer davonfliegen. Wollte sie aber jemand stutzen, so würde er ihnen alle Schönheit nehmen; denn diese besteht in den Federn und nicht im Körper. Daher seien sie so lange eine Seltenheit geblieben, daß man ein Paar derselben mit 10000 Drachmen (etwa 8000 Mark) bezahle. Bei so hohem dafür bezahlten Preise begreifen wir den Ausspruch des griechischen Dichters Anaxandrides der mittleren Komödie, daß es Wahnsinn sei, Pfauen im Hause aufzuziehen und Summen dafür aufzuwenden, die zum Ankaufe von Kunstwerken ausreichen würden. Erst im Laufe des vierten vorchristlichen Jahrhunderts wurden die Pfauen häufiger in Athen und deshalb weniger kostbar, so daß gegen das Ende desselben der Komödiendichter Antiphanes — ohne Zweifel mit starker Übertreibung — sagen konnte: „Sonst war es etwas Großes, auch nur ein paar Pfauen zu besitzen; jetzt aber sind sie häufiger als die Wachteln.“ Aristoteles schildert ihn als einen neidischen und eitlen Vogel, der gegen 25 Jahre lebe, aber seine schönen Federn erst im dritten Jahre bekomme, auch dann erst niste. Er brüte des Jahres nur einmal, und zwar 30 Tage oder etwas mehr. Er lege 12 oder etwas weniger Eier, und zwar in Zwischenräumen von zwei bis drei Tagen.

Als die Griechen in Begleitung Alexanders des Großen in das Innere Asiens vordrangen, scheinen sie, wie Diodor uns berichtet, in Babylonien zahlreichen Pfauen begegnet zu sein. Der Vogel war also hier schon gemein, so daß wir begreifen, wie ihn einzelne griechische Schriftsteller als „medischen Vogel“ bezeichnen konnten. Gewiß ist Victor Hehn im Unrecht, wenn er meint, der Pfau sei erst durch die Griechen über Westasien verbreitet worden, da die asiatischen Pfauennamen alle dem Griechischen entlehnt seien. Vielmehr ist, wie wir oben sahen, das Umgekehrte der Fall; die Griechen erhielten ihn aus Kleinasien über die Insel Samos, und aus den Städten Großgriechenlands lernten ihn dann die Römer kennen. Zu Ende der Republik war der Pfau den Römern kein allzuseltener Vogel mehr, denn Varro (116–27 v. Chr.) schreibt in seinem Buche über die Landwirtschaft: „Erst in unserer Zeit hat man angefangen, ganze Herden von Pfauen zu halten. So z. B. soll Marcus Aufidius Luco jährlich 60000 Sesterzien (= 9000 Mark) aus seiner Pfauenzucht lösen. Sieht man auf den Nutzen, so hält man mehr Weibchen, sieht man aber nur auf die Pracht, so hält man mehr Männchen. Auf der Insel Samos und auf Planasia (jetzt Pianosa an der Westküste Etruriens, südlich von Elba, damals Ilva genannt) soll es wilde Pfauen geben. Unter allen Vögeln gebührt dem Pfau der Preis der Schönheit. Sie fressen allerlei Getreide, besonders Gerste. Man läßt die Eier von Pfauenhennen oder von Haushühnern ausbrüten, hat auch für die Jungen eigene Pfauenhäuser, die in Verschläge geteilt sind, reinlich gehalten werden und vor sich einen sonnigen Platz haben, wo die Tierchen bei gutem Wetter gefüttert werden. Den ersten jungen Pfau hat Quintus Hortensius (ein ausgezeichneter Redner zu Varros Zeit) für die Tafel braten lassen, als er seinen Antrittsschmaus als Augur hielt. Darauf folgten viele seinem Beispiele und der Preis stieg dermaßen an, daß ein Pfauenei mit 5 Denaren (= 3 Mark) und ein Pfau selbst wohl mit 50 Denaren (= 30 Mark) bezahlt wird.“

Selbstverständlich mußte bei den Römern zu Ende der Republik und zur Kaiserzeit ein Tier wie der Pfau, das schon in Athen der Üppigkeit gedient hatte, in umso höherem Maße in Aufnahme kommen, als der römische Luxus und Reichtum den attischen hinter sich ließ. Obschon das Fleisch, wenigstens der älteren Pfauen, gerade kein Leckerbissen ist, so fand doch das gegebene Beispiel, schon weil die Sache teuer war, bei den Protzen allgemeine Nachahmung. Schon Cicero (106–43 v. Chr.) schreibt in einem Briefe: „Ich habe mir eine Kühnheit erlaubt und sogar dem Hirtius ein Diner gegeben, doch ohne Pfauenbraten.“ Und der Dichter Horaz spottet in einer seiner Satiren: „Wird ein Pfau aufgetragen und daneben ein Huhn, so greift alles nach dem Pfau. Und warum das? Weil der seltene Vogel Goldes wert ist und ein prächtiges Gefieder ausbreitet, als wenn dadurch dem Geschmack geholfen wäre.“ In der Kaiserzeit wird wohl kein größeres Prunkmahl ohne Pfauenbraten abgehalten worden sein. Ja, wer es ganz üppig geben wollte, der gab nur Gehirn von Pfauen. So berichtet Sueton von Vitellius als er 69 n. Chr., zum Kaiser ausgerufen, in Rom einzog: „Beim Ankunftsschmause, der dem Kaiser Vitellius von seinem Bruder gegeben wurde, betrug die Zahl der aufgetragenen ausgesuchten Fische 2000, die der Vögel 7000. Einen noch größeren Schmaus gab er selbst, als er eine ungeheuer große Schüssel einweihte, die er den „Schild der Minerva“ nannte. Sie war bedeckt von untereinander gemischten Lebern von Papageifischen, Gehirn von Fasanen und Pfauen, Zungen von Flamingos, Milch von Muränen; das alles hatten Kriegsschiffe vom östlichen und westlichen Ende des Mittelmeeres zusammenbringen müssen.“

Diesen übertrumpften noch die späteren Kaiser. So meldet der Geschichtschreiber Älius Lampridius vom üppigen Kaiser Heliogabalus: „Kaiser Heliogabalus ließ öfter ein Gericht auftragen, das aus Kamelfersen, aus Kämmen, die lebendigen Hähnen abgeschnitten waren, aus Zungen von Pfauen und Nachtigallen bestand. Er gab auch seinen Palastdienern ungeheuere Schmausereien, wobei die Eingeweide des Rotbartfisches, Gehirn von Flamingos, Rebhuhneier, Köpfe von Papageien, Fasanen und Pfauen die Hauptrolle spielten. Seine Hunde fütterte er mit Gänselebern.“ Außer zum Essen dienten die Pfauen auch als Schmuck der Gärten der Vornehmen und ihre Federn zu Fliegenwedeln. So spricht der Dichter Martial vom muscarium pavonium, und der Geschichtschreiber Dio Cassius berichtet: „Als Severus Kaiser geworden war (im Jahre 193), hielt er für seinen ermordeten Vorgänger Pertinax mit großem Gepränge ein Totenamt. Dessen aus Wachs angefertigtes Bild lag auf einem prachtvollen, mit Purpur und Goldstickerei bedeckten Paradebett und neben ihm stand ein Knabe, der die Fliegen, als ob der Verewigte ruhte, mit einem Wedel aus Pfauenfedern abwehrte.“

Bei solcher Wertschätzung des Pfaues ist es kein Wunder, daß er zur römischen Kaiserzeit in größerer Menge besonders auf Inseln, auf denen er sich frei bewegen konnte, gezüchtet wurde. Die Vorteile solcher von Wasser umgebener Pfaueninseln setzt Columella folgendermaßen auseinander: „Auf kleinen, waldigen Inseln sind die Pfauen leicht zu ziehen; sie fliegen von da nicht weg, weil sie überhaupt nicht weit fliegen. Sie sind da vor Dieben und Raubtieren sicher, man kann sie frei herumgehen und selbst brüten lassen, wobei sie sich auch das meiste Futter selbst suchen und nur täglich einmal zu bestimmter Zeit gerufen und mit etwas Gerste gefüttert werden. Auf dem festen Lande umgibt man eigene, mit Wald bestandene Grasplätze für sie mit Mauern und Ställen und rechnet auf je fünf Weibchen ein Männchen. Die Eier legt man hier gewöhnlich Haushühnern unter, und die Pfauhenne kann, wenn sie nicht selbst brütet, jährlich 11 bis 12 Eier legen. Geht das brütende Haushuhn vom Neste, so wendet man die Eier, weil das Huhn sie wegen ihrer Größe nicht gut selbst wenden kann. Um das Wenden zu überwachen, bezeichnet man die Eier auf einer Seite mit Tinte; denn es kommt auch vor, daß ein Haushuhn sie selbst wendet.“ Dann gibt es genaue Anweisung über die Aufzucht und Fütterung der Pfauen.

Die Römer brachten den Pfau in die Länder nördlich der Alpen, wo wir Darstellungen von ihm, beispielsweise auf Lampen der römisch-helvetischen Ansiedelung von Vindonissa, antreffen. Aus dem lateinischen pavo wurde das französische paon und das deutsche Pfau. Doch wird seine Zucht erst im Mittelalter von Italien her nach Deutschland gedrungen sein. Hier diente er ebenfalls als Prunkvogel, und mit seinen schönen Federn zierten sich Ritter und vornehme Frauen, indem sie dieselben auf ihren Kopfbedeckungen und als Garnituren um den Hals anbrachten. Auch noch im Mittelalter pflegte man bei feierlichen Essen einen gebratenen Pfau im Schmuck seines nachträglich wieder auf ihn gesteckten Gefieders auf den Tisch zu bringen. Gewöhnlich trug ihn die Dame des Hauses selbst unter Trompetenschall auf silberner oder vergoldeter Schüssel und der Herr zerlegte ihn, wie dies im Lanzelot König Artus seinen um die Tafel versammelten Rittern tut. Erst zur Zeit der Renaissance kam dieser Gebrauch allmählich ab, und später wurde der Pfau durch den Truthahn verdrängt, der ein schmackhafteres Fleisch besitzt. Daß das Pfauenfleisch bereits in der späteren Römerzeit von seinem Nimbus eingebüßt hatte, beweist die Behauptung des heiligen Augustinus, daß es kaum verweslich sei. Er erzählt, er habe selbst einen Versuch damit angestellt und nach 30 Tagen sei das Fleisch noch unverwest gewesen, ja es sei ein Jahr lang so aufbewahrt worden. Im 11. Jahrhundert meint dann die heilige Hildegard, Äbtissin vom Kloster Rupertsberg bei Bingen, wer einen gesunden Magen habe, der könne solches am Ende schon verdauen.

Heute wird der Pfau noch immer in herrschaftlichen Gärten als Ziervogel gehalten; doch tritt seine geringe Fruchtbarkeit seiner Ausbreitung hindernd in den Weg. Als Folge der Haustierhaltung hat sich auch bei ihm der Leucismus geltend gemacht; doch gibt es außer weißen auch dunklere Pfauenarten. Da er sehr selbständig ist, verwildert er leicht. So ist er namentlich auf Inseln, speziell in Westindien, verwildert. Dapper sagt in seiner 1671 in Amsterdam erschienenen Beschreibung Afrikas, daß die Könige von Kongo und Angola die Pfauen als Regal betrachteten und jeden, der auch nur eine Feder von ihnen stahl, mit dem Tode bestraften oder als Sklaven verkauften. Eine ähnliche Wertschätzung erfuhr der Vogel bei den Süd- und Ostasiaten. So ist der Thron des persischen Schahs wie derjenige des Kaisers von China über und über mit Pfauenfedern verziert. Mandarinen tragen am Knopfe ihrer Kopfbedeckung die Pfauenfeder als eine der höchsten Auszeichnungen, und in Kambodja bezeichnet die Pfauenfeder den Edelmann. Auch in der Kunst der Orientalen spielt die Pfauenfeder eine wichtige Rolle und hat vielfach in der Ornamentik Eingang gefunden, wie übrigens auch bei uns. In unsern Herrschaftsgärten trifft man heute den schönen, aber mit einer häßlichen Stimme begabten Vogel nur selten an; denn er ist gegenwärtig etwas aus der Mode gekommen.

Lange nicht so herrlich gefiedert, aber nützlicher als der Pfau ist der ihm sehr nahe verwandte Fasan (Phasianus colchicus), im Gegensatz zu den verschiedenen andern asiatischen Arten auch Edelfasan genannt. Er hat seinen Namen von der griechischen Bezeichnung phasianós, d. h. Vogel vom sagenberühmten Flusse Phasis in Kolchis, dem Lande der zauberkundigen Medeia, in welchem die Helden der Vorzeit unter Anführung des Jason auf dem schnellen Schiffe Argo das goldene Vließ holten. Von dort her erhielten ihn die Griechen, um ihn später unter demselben Namen an die Römer weiterzugeben. In Griechenland tritt er uns in einer Komödie des Aristophanes ums Jahr 420 v. Chr. zum erstenmal als kostbarer Luxusvogel entgegen, hat aber in der Folge bei ihnen als Nutztier keine bedeutende Rolle gespielt. Eine wichtigere Rolle spielte er bei den alten Römern, bei denen er nach Plinius in Gehegen in großer Zahl gezogen wurde, um bei den prunkvollen Gastmählern als kostbarer Leckerbissen zu dienen. Dazu mästete man ihn nach Palladius 30 Tage lang mit einem mit Öl angefeuchteten Brei aus Weizen- oder Gerstenmehl und sperrte ihn während dieser Zeit ein, damit er durch geringe Bewegungsmöglichkeit recht viel Fett ansetze.

Schon damals wurden die Fasaneneier mit Vorliebe von Haushühnern ausgebrütet, wie dies heute noch bei uns geschieht. Der Satiriker Martial erwähnt den Fasan als Leckerbissen der Vornehmen, und Älius Lampridius sagt in seiner Biographie des Kaisers Heliogabalus, dieser habe an jedem Tage eine bestimmte Speise genossen, so einmal nur Fasanen oder junge Hähne, oder nur eine Fischart, oder nur Schweine- oder Straußenbraten, oder nur eine Obstart oder eine Kuchensorte oder nur Milchspeisen. Zur Zeit der Völkerwanderung erhielt sich der geschätzte Vogel in den Villen der Römer, wo ihn die Germanen kennen lernten. In der Folge wurde er von manchen Fürsten, so von Karl dem Großen, dann auch von einigen der reicheren Klöster als Luxusvogel übernommen. So kam er nach den Benediktionen des Mönches Ekkehard bisweilen auf die Tafel der St. Galler Mönche. Im Jahre 1130 sollen ihn die Cluniacenser in Frankreich gehalten haben; 1299 wird er in England erwähnt. 1333 gab es Gehege von ihm in Hessen und anderwärts in Süddeutschland; doch war er damals noch recht selten. Erst von der Mitte des 16. Jahrhunderts an erlaubte die zunehmende Territorialhoheit den Fürsten, die Fasanen im freien Walde so zu schützen, daß man sie aus den Gehegen entlassen konnte. Mit dem zunehmenden Prunke der Fürstenhöfe wurde dieser Vogel immer häufiger gehalten, bis zur Zeit Ludwigs XIV. jeder kleine Hof seine Fasanerie haben zu müssen glaubte. Hatte der Sonnenkönig die kleine Insel Pourquerolles an der Küste der Provence zum Fasanengehege bestimmt, so machte der 1759 auf den spanischen Thron erhobene König Karl II. von Neapel aus der ganzen Insel Procida einen Fasanenbezirk, in welchem die Haltung von Katzen strengstens verboten war. Erst als sich daraufhin die Mäuse und Ratten so sehr vermehrten, daß die Kinder in der Wiege vor ihnen nicht mehr sicher waren, hob der König dieses Verbot wieder auf. Sein Nachfolger, Ferdinand IV. (1758–1832), erging sich gern auf der Fasanenjagd. Er war ein so ausgezeichneter Schütze, daß er auch ohne Repetiergewehr in einer Stunde bis 300 Fasanen erlegt haben soll.

Während der Fasan in Süddeutschland und Österreich in der Folge vollkommen verwilderte, wird er in Norddeutschland halbzahm in Gehegen gehalten. Auch in Südrußland lebt er häufig wild, schon seltener dagegen in Italien und sehr selten in Spanien; auch in Griechenland, wo er früher gemein war, geht er seiner Ausrottung entgegen. Seine ursprüngliche Heimat waren die Küstenländer des Kaspischen Meeres und Westasien, während der Königs- und Goldfasan in China und der der Lady Amherst, die ihn zuerst nach Europa brachte, zu Ehren benannte Amherstfasan in der Mongolei und in Transbaikalien beheimatet ist. In Südchina und dem Hochlande von Tibet ist der Diamantfasan zu Hause, ebenso in Südchina der Silberfasan, der im 17. Jahrhundert zum erstenmal lebend nach Europa gelangte. Wie der Goldfasan, der Kinki, d. h. das Goldhuhn der Chinesen, wird auch der Silberfasan sehr häufig in China und Japan zahm gehalten. Auch bei uns gedeihen beide bei einfacher Pflege ausgezeichnet, sind aber wegen ihrer auffallenden Färbung wenig dazu geeignet, in unsern Waldungen ausgesetzt zu werden, da die bunte Tracht der Männchen sie dem Raubzeuge mehr aussetzt, als das weit bescheidenere Kleid des westasiatischen Edelfasans.

Alle Fasanen meiden geschlossenen Hochwald und bevorzugen von Fruchtfeldern oder Wiesen umgebene Haine oder Buschwerk, in welchem sie Schutz finden können. Während des ganzen Tages treiben sie sich auf dem Boden umher, schleichen nahrungsuchend von einem Busch zum andern und suchen sich erst mit Einbruch der Nacht einen geeigneten Baum zum Schlafen auf. Ihre Intelligenz ist eine geringe und sie sind leicht aus der Fassung zu bringen, so daß sie häufig ihrer Dummheit zum Opfer fallen. Diese ihre geistige Beschränktheit tut ihrer Vermehrung und Ausbreitung erheblichen Abbruch. Gegen Artgenossen zeigen sie sich wenig liebenswürdig; sie sind vielmehr ungesellig und unverträglich. Zwei Hähne kämpfen, sowie sie zusammenkommen, mit Erbitterung, bis die Federn davonfliegen und Blut fließt; ja der eine bringt den andern um, wenn er dazu imstande ist.

Die Ende März einsetzende Paarungszeit macht den sonst schweigsamen Vogel ein häßliches Gekrähe ausstoßen, mit dem er laut etwaige Nebenbuhler herausfordert. Nach der Paarung sucht sich die Henne ein stilles Plätzchen unter dichtem Gebüsch auf, wo sie in eine mit dürren Blättern belegte, von ihr ausgekratzte seichte Vertiefung im Boden in Zwischenräumen von je zwei Tagen ihre 8–12 gelblich-graugrünen Eier legt und nach Vollendung des Geleges eifrig bebrütet. Sie sitzt so fest, daß sie den gefährlichsten Feind sehr nahe kommen läßt, bis sie sich zum Davonlaufen entschließt, nachdem sie das Gelege leicht mit Niststoffen bedeckt hat, um es unkenntlich zu machen. Nach 25–26 Tagen schlüpfen die Jungen aus, die bald von der Mutter zur Äsung vom Neste weggeführt werden und schon nach 12 Tagen so weit sind, daß sie ein wenig flattern können. Wenn sie dann Wachtelgröße erreicht haben, bäumen sie abends regelmäßig mit den Alten. Bis in den Herbst hinein halten sich die Jungen bei der Mutter auf, dann trennen sich zuerst die Hähne und gegen das Frühjahr hin auch die Hennen, die nunmehr fortpflanzungsfähig geworden sind, von ihr. Sie haben viele Feinde und unterliegen bei uns weit eher als alle ihre Verwandten Witterungseinflüssen. Die Fasanen lassen sich leicht untereinander und mit dem ihnen nahe verwandten Haushuhn kreuzen. Somit haben wir die Aussicht, durch kunstgemäße Bastardierung und Fortzucht der Bastarde noch eine ganze Reihe schöner Schmuckvögel aus dem Geschlecht der Fasanen zu erhalten, die dazu berufen sind, einmal unsere von Wildhühnern verödeten Landschaften zu beleben und den Augen erfreuliche Bilder zu spenden. Während der gemeine Fasan sich schon seit dem 14. Jahrhundert von den Rheinniederungen aus als Jagdwild über Süd- und Mitteldeutschland verbreitete, aber erst spät nach Norden gelangte — er wird in Preußen erst 1678 als Jagdwild erwähnt —, bürgerte sich der schöne Königsfasan erst neuerdings auf den Donauinseln bei Wien und in Frankreich ein.

Der prächtige Goldfasan ist vermutlich der sagenhafte Vogel Phoinix der alten Griechen; wenigstens paßt die zuerst von Herodot gegebene Beschreibung desselben am besten auf diesen Vogel, der wohl schon im frühen Altertum in einzelnen Exemplaren aus Ostasien durch Vermittlung indischer Schiffer an die Küsten des Roten Meeres und zu den Ägyptern gelangte. Nach Oppian sollte er in Indien leben und nie von Menschen verfolgt werden. Er lebe sehr lange, fühle er sich aber altersschwach, so baue er sich auf einer Felsenspitze aus dürrem Reisig einen Scheiterhaufen und lege sich darauf. Von der Sonne entzündet, verbrenne dann der Scheiterhaufen samt dem Vogel und statt des toten steige ein junger Phönix aus den Flammen hervor. Nach dem älteren Plinius soll der in Arabien lebende Phönix die Größe eines Adlers erreichen, am Halse mit Goldfarbe glänzen, übrigens purpurfarbig sein und im Schwanze himmelblaue und rosenrote Federn haben; sein Kopf soll oben mit einem Federbusch, unten mit Kammlappen geziert sein. Unter den Römern sei der Gelehrte Senator Manilius der erste gewesen, der genauere Nachrichten über diesen Vogel gab. Zur Zeit des Kaisers Claudius im Jahre 34 n. Chr. sei einer nach Rom gebracht und öffentlich dem Volke gezeigt worden; doch galt er nicht für echt, da er Gerste, Weizen und Brot fraß und eines gewöhnlichen Todes starb, ohne vorher sein berühmtes Nest gebaut zu haben. Der römische Geschichtschreiber Tacitus meldet, daß vor diesem einer zur Zeit des Sesostris (Senwosret III., 1887–1849 v. Chr., der das nördliche Nubien unterwarf und für sich die Stufenpyramide von Dahschûr erbaute), ein anderer zur Zeit des Amasis (Ahmose, 570 bis 526 v. Chr.), ein dritter zur Zeit des Ptolemäus III. (Euergetes, 247 bis 221 v. Chr.) nach der Sonnenstadt Heliopolis in Ägypten geflogen und jeweilen von einer Menge neugieriger Vögel begleitet und bewundert worden sei. Jedenfalls sei es eine ausgemachte Sache, daß dieser Vogel sich bisweilen in Ägypten sehen lasse. Später schrieb dann der im 4. Jahrhundert n. Chr. lebende Lactantius ein eigenes Gedicht über den Phönix, dessen Gestalt zwischen Pfau und gemeinem Fasan in der Mitte stehe und dessen Gang leicht, rasch und voll königlichen Anstandes sei.

Unbekannt war den Alten selbstverständlich das erst nach der Entdeckung Amerikas durch spanische Vermittlung nach Europa gelangte Truthuhn oder der Puter (Meleagris gallopavo). Neben dem Kakao und der Cochenille verdanken wir den alten Mexikanern die Zähmung des dort und im Süden der Vereinigten Staaten einheimischen Truthuhns, das bei ihnen und den weiter südlich wohnenden Mayastämmen neben dem zahmen Hund die Hauptquelle für Fleischnahrung bildete. Das Truthuhn lebt heute noch, soweit es nicht in dichter besiedelten Gegenden ausgerottet wurde, in den Wäldern des südlichen Nordamerika. Einst war es besonders in den Staaten Ohio, Kentucky, Illinois, Arkansas und Alabama sehr häufig. Die beste Schilderung des freilebenden Tieres verdanken wir dem nordamerikanischen Ornithologen John James Audubon (1780–1851). Dieser schreibt von ihm, daß es zeitweilig in großen Gesellschaften lebe und unregelmäßige Wanderungen antrete, indem es tagsüber nahrungsuchend auf dem Boden fortlaufe, nachts aber auf hohen Bäumen raste. Gegen den Oktober hin, wenn noch wenige von den Baumsamen hinabgefallen seien, reisten die Truthühner dem Tieflande des Ohio und Mississippi zu, wo sie mehr Äsung fänden. In nahrungsreichen Gegenden pflegten sie sich in kleinere Gesellschaften zu zerteilen. Wenn sie sich, von der Wanderung ermattet, Bauernfarmen näherten, mischten sie sich gern unter den Hühnerstand. Im Frühjahre fände die Paarung statt, wobei die Männchen die uns allen bekannten Werbungstänze, von den schnell aufeinanderfolgenden rollenden Tönen begleitet, aufführten. Das Nest bestehe aus einer seichten, liederlich mit Federn ausgekleideten Vertiefung im Boden; das Gelege bestehe aus 15–20 auf dunkelrauchgelbem Grunde rotpunktierten Eiern, die von der Henne mit Ausdauer bebrütet würden. Falls diese das Nest verlasse, decke sie die Eier sorgsam mit trockenen Blättern zu, so daß es schwer sei, überhaupt ein Nest aufzufinden, wenn man nicht gerade die brütende Mutter davon aufscheuche. Zuweilen geschehe es, daß mehrere Hennen in ein gemeinsames Nest legten und es zusammen bebrüteten. Die Jungen seien schon nach 14 Tagen befähigt, mit den Alten abends aufzubäumen.

Der Truthahn wird besonders gern während der Balz, die er zuweilen auf Bäumen abhält, erlegt. Häufig werden die dummen Tiere in Fallen gefangen, in die man Mais als Lockspeise gestreut hat. Ihr Fleisch ist in ihrer Heimat sehr beliebt. Der erste Europäer, der das Truthuhn erwähnt, ist der Spanier Oviedo, der in seiner Geschichte Indiens schreibt: „In Neuspanien gibt es sehr große und schmackhafte Pfauen, von welchen viele nach den Inseln und die Provinz Castilia de Oro geschafft worden sind und daselbst in den Häusern der Christen ernährt werden. Die Hennen sehen unansehnlich aus, die Hähne aber sind schön, schlagen auch oft ein Rad, obgleich sie keinen so großen Schweif haben als die Pfauen in Spanien.“ Um 1523 soll der Erzbischof von San Domingo, Alessandro Geraldini, das erste Paar Truthühner nach Rom gesandt haben. Als „indische Hühner“ haben sie sich in der Folge langsam verbreitet, waren aber 1557 noch so selten und kostbar, daß der Rat von Venedig bestimmte, auf welche Tafel sie kommen dürften und auf welche nicht. 1571 wurden sie nach Konrad von Heresbach in ziemlicher Zahl am Niederrhein gezogen. Schon 1560 hatte man bei einer großen Hochzeit zu Arnstadt 150 Stück; 1561 bezahlten die reichen Fugger in Augsburg zwei erwachsene Truthähne mit 31⁄2 Gulden und zwei junge Hähne mit 2 Gulden per Stück.

Nach England sollen die ersten Truthühner 1524, nach Deutschland 1534 gekommen sein. Gleichzeitig gelangten sie auch nach Frankreich. Nach Pennant soll 1585 der Truthahn urkundlich zuerst auf einem englischen Weihnachtstisch erschienen sein. In der Folge gewann er hier als beliebtester Weihnachtsbraten eine große Bedeutung. Merkwürdigerweise gab man ihm hier den Namen turkey im Sinne von „weither gebrachtes Huhn“. Die Türken selbst, die das Truthuhn verhältnismäßig früh erhielten, nannten es „Frankenhuhn“, weil sie es von den Franken, den Christen Europas, erhielten. Im Jahre 1625 wollte es in Kairo noch nicht gedeihen; jetzt hat es dort die Gans als Festbraten verdrängt. Es heißt hier Maltahuhn. Nach Persien brachte es der französische Reisende Tavernier. In Indien gedeiht es nicht recht und bleibt klein, ebenso auf Malakka und Java, wo es sich manchmal überhaupt nicht fortpflanzt. Um 1870 waren sie in Annam neu eingeführt. In China werden sie nur als Rarität gehalten und nicht benutzt. An der Küste von Oberguinea traf sie Bosmann 1705 auf den Gehöften der Europäer, doch sind sie nicht in den Besitzstand der Neger übergegangen. Die Indianer des nördlichen Südamerika dagegen hatten von den mittelamerikanischen Kulturvölkern, speziell dem Stamme der Mayas, das Truthuhn übernommen; so traf es 1860 der englische Naturforscher Bates im Besitze der Indianer am Amazonenstrom. Schon seit langer Zeit hatten diese allerlei einheimische Waldhühner, so den Hokko und die Penelope, in ihren Hütten gezähmt gehalten. Doch geschah dies nur zum Vergnügen, ohne irgend welchen Nutzen aus ihren Pfleglingen zu ziehen. Aber zur Fortpflanzung in der Gefangenschaft und zur eigentlichen Haustierschaft gelangten sie nie. Man kann daraus schließen, daß es keineswegs leicht ist, aus einem ohne Schwierigkeit zähmbaren und vielgehaltenen Tier ein Haustier zu machen.

Die in der Kultur hoch gestiegenen Azteken Mexikos und Mayastämme Yucatans hatten das Truthuhn jedenfalls schon lange vor der Einwanderung der Europäer gezähmt. Dies beweist, daß die ersten Spanier in deren Besitz schon durch fortgesetzte Inzucht zu Leucismus gelangte weiße Truthühner antrafen. Die europäischen Ansiedler Nordamerikas, die jedenfalls ihre Truthühner aus ihrer alten Heimat, besonders England, mitgebracht hatten, legten ihren Truthennen mit Vorliebe die Eier der wilden unter, um dann mit den Jungen der wilden Zucht das Blut ihrer zahmen aufzufrischen. Überhaupt scheint das Truthuhn verhältnismäßig leicht zähmbar zu sein und auch leicht zu verwildern. So ist es im vergangenen Jahrhundert mehrfach in englischen Parks verwildert, ebenso in Deutschland. Darwin fand nahezu verwilderte Truthühner am Parana in Südamerika. Vielleicht hat sich das Truthuhn mit dem Pfau, nicht aber mit dem Haushuhn gekreuzt, wie einzelne Berichte melden. Neuerdings sucht man es als Jagdvogel bei uns einzuführen, was wohl keine Schwierigkeiten haben wird, da es sich leicht akklimatisiert.

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