Ihres lieblichen Gesanges wegen hat der Mensch je und je Vögel seiner Umgebung mit Schlingen oder in Fallen gefangen, um sie in kunstlos aus Stäbchen geflochtenen Bauern in seiner Behausung aufzustellen, damit sie ihn durch ihr munteres Wesen und ihr wohllautendes Liebeswerben erfreuten. Von allen Finkenarten, die zu diesem Zwecke am häufigsten in Gefangenschaft gehalten werden, ist nur der Kanarienvogel (Serinus canarius) zu einem eigentlichen Haustier geworden, indem er sich nicht nur regelmäßig in der Gefangenschaft fortpflanzt, sondern auch verschiedene Spielarten hervorgebracht hat. Seine Heimat sind, wie der Name schon andeutet, die Kanarischen Inseln westlich von Afrika, wo diese unserm Girlitz am nächsten verwandte Finkenart gezähmt und zum Haustier gemacht wurde. Der auch in seiner Heimat von Spaniern und Portugiesen canario genannte Vogel ist merklich kleiner und schlanker als derjenige, der in Europa gezähmt gehalten wird, und kommt noch häufig in denjenigen Teilen der Kanaren vor, die noch nicht ganz abgeholzt sind; denn sein bevorzugter Standort sind Bäume, in deren Laub er sich vermöge seiner Färbung geborgen weiß. Beim erwachsenen Männchen ist die Farbe vorwiegend Gelbgrün untermischt mit Aschgrau, nur die Brust ist nach hinten zu heller, gelblicher und der Bauch weißlich. Auch die schwarzgrauen Schwanzfedern sind weißlich gesäumt. Der Augenring ist dunkelbraun, Schnabel und Füße sind dagegen bräunlich fleischfarben. Die Nahrung besteht fast ausschließlich aus Pflanzenstoffen, allerlei Samen, zarten Blättern und saftigen Früchten, namentlich Feigen. Wasser zum Trinken und Baden ist ihm unbedingtes Bedürfnis. Sein Flug gleicht demjenigen des Hänflings. Er ist etwas wellenförmig und geht meist nur von Baum zu Baum. Mit Vorliebe baut er sein Nest im März auf jungen Bäumen in über 2 m Höhe, um darein fünf blaß meergrüne Eier mit rötlichbraunen Flecken zu legen. Während das Weibchen brütet, sitzt das Männchen in seiner Nähe, am liebsten hoch oben auf einem noch unbelaubten Baum, um seinen von demjenigen des zahmen Kanarienvogels wenig verschiedenen Gesang erschallen zu lassen. Die Brutzeit dauert 13 Tage; dabei werden drei bis vier Bruten jährlich großgezogen. Die Jungen bleiben im Nest, bis sie vollständig befiedert sind und werden noch eine Zeitlang nach dem Ausfliegen von beiden Eltern, namentlich aber vom Vater, aufs sorgsamste aus dem Kropfe gefüttert.
Der Fang der wilden Kanarienvögel ist sehr leicht; besonders die jungen gehen fast in jede Falle, sobald nur ein Lockvogel ihrer Art daneben steht. Auf den Kanaren bedient man sich gewöhnlich zu ihrem Fange eines Schlagbauers, der in der Mitte einen Käfig mit dem Lockvogel und seitlich davon je eine Falle mit aufstellbarem Trittholz besitzt. Er wird in baumreicher Gegend in der Nähe von Wasser aufgestellt und fängt am ergiebigsten morgens. In der Gefangenschaft sind die Vögel unruhig und brauchen längere Zeit, ehe sie die ihnen angeborene Wildheit abgelegt haben. Sperrt man sie in engen Käfigen zu mehreren zusammen, so zerstoßen sie sich leicht das Gefieder. Sie sind sehr gesellig und schnäbeln sich gern untereinander. Die jungen Männchen geben sich durch fortgesetztes lautes Zwitschern zu erkennen. Doch sind die Vögel außerordentlich empfindlich und gehen leicht an Krämpfen ein.
Bald nach der Eroberung der Kanaren durch die Spanier im Jahre 1478 wurde der Kanarienvogel von den Siegern in großer Zahl nach ihrer Heimat eingeführt. So war er in Spanien schon in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts ein beliebter Hausgenosse. Nach der Bezeichnung Zuckerinseln, die man den Kanaren wegen des bald aus ihnen mit ausgezeichnetem Erfolg betriebenen Anbaues von Zuckerrohr gab, hieß der von dort kommende Vogel, den vermutlich bereits die dortigen Ureinwohner, die Guanchen, gezähmt hatten, bei den Spaniern zunächst „Zuckervogel“. Als solcher wird er 1555 zum erstenmal vom Züricher Konrad Geßner, nicht aber vom Pariser Zoologen Pierre Bellon erwähnt. Seiner Verbreitung nach Italien soll ein Schiffbruch bei der Insel Elba Vorschub geleistet haben. Bis dahin hatten nämlich die Spanier nur männliche Vögel ausgeführt, die sie in eigenen Zuchten zogen. Da scheiterte um die Mitte des 17. Jahrhunderts ein spanisches Schiff bei Elba mit einer Kanarienvogelhecke. Die Vögel entkamen, verwilderten auf der Insel und bildeten so einen Stamm, von dem aus Europa mit Vögeln versehen wurde, so daß das Monopol der Spanier aufhörte. Immerhin war er dank seiner Seltenheit noch lange Zeit recht teuer, so daß sich nur die besser Situierten diesen Fremdling aus dem warmen Süden, der sich in Mitteleuropa recht wohlfühlte und gut gedieh, leisten konnten. So ließen sich vornehme Damen gern mit diesem Vogel auf der Hand abkonterfeien.
Selbstverständlich war dieser hübsche Singvogel sehr bald den Spaniern in ihre neuweltlichen Kolonien gefolgt. So war er nach Garcilaso de Vega schon 1556 in Kuzko, im Hochlande von Peru, und 1600 sogar in Ostindien zu finden. In letzterem Lande mußte man den Käfig mit dem Vogel über eine Schale mit Wasser setzen, um ihn vor den Angriffen der Termiten zu schützen. Um die Mitte des 17. Jahrhunderts zog man den Kanarienvogel schon recht häufig in Deutschland. Horst in Frankfurt am Main berichtet 1669, daß man ihn gern mit dem Stieglitz kreuze. Dabei lokalisierte sich die Zucht mehr und mehr auf bestimmte Gegenden. War es zuerst Spanien, dann Italien gewesen, das die Kulturwelt mit Kanarienvögeln versorgt hatte, so übernahm dieses Geschäft im 18. Jahrhundert das tirolische Städtchen Imst, das von 1776 an einen regen Handel damit nach den Kulturländern Mitteleuropas trieb. Im Jahre 1782 konnten beispielsweise von dort 1600 wertvolle Sänger allein nach England exportiert werden, abgesehen von den zahlreichen andern, die nach Deutschland, Rußland, Österreich und bis nach Konstantinopel gingen. Erst im 19. Jahrhundert wurde diese blühende Zucht durch diejenige im Harz verdrängt, die heute alle Welt mit ihren Zuchtvögeln versorgt. Die besten Sänger kommen von Andreasberg und Zellerfeld, die deren jährlich für etwa 280000 Mark exportieren. Dort werden in fast allen Häusern als Nebenbeschäftigung Kanarienvögel gezüchtet und zu Sängern ausgebildet, indem sie stets nur den Gesang der besten Vorsänger zu hören bekommen. Alle minderwertigen oder fehlerhaften Sänger werden außer Hörweite der jungen Zöglinge gehalten, so daß sie deren Gesang nicht annehmen können, sondern sich ausschließlich an den besten Vorbildern schulen. Ein guter Harzer Sänger ist mit dem dazu gehörenden Weibchen nicht unter 80–120 Mark zu haben.
Nach Tirol beteiligten sich auch die lange von den Spaniern beherrschten Niederlande am Handel mit Kanarienvögeln, und bereits gegen das Ende des 16. Jahrhunderts wurde dort eine besondere bunte Rasse gezogen, deren Aufzucht später auch in gewissen Bezirken Englands aufkam. Von diesen „bunten“ Kanarienvögeln, die heute noch von Holland, Belgien und England in den Handel gelangen, gilt ein Paar 120–160 Mark. Unter ihnen gibt es auch verschiedene barocke Formen, bei denen die auf Kopf, Brust und Schultern befindlichen Federn zu allerlei krausen Gebilden umgeändert wurden. Zoologisch variiert der Kanarienvogel sonst hauptsächlich in der Größe, wenig in der Farbe. Bei ihm ist das ursprünglich vorwiegend gelbgrüne bis braune Federkleid durch Entfärbung statt weiß hell- bis dunkelgelb geworden. Schon Isidore Geoffroy St. Hilaire sprach es 1757 aus, daß der Flavismus, wie er sich ausdrückt, den Leucismus der ursprünglich grünlichen Vögel bilde. Daneben gibt es auch bei ihm gelegentlich einen Albinismus mit weißen Federn und roten Augen. Solche weiße Kanarienvögel erwähnt schon Adanson aus Frankreich ums Jahr 1750; aber die Züchter ziehen sie nicht auf, weil sie für die Zucht zu schwächlich sind. Außerdem gibt es auch pigmentreiche schwarze Formen. Doch ist viel fremdes Blut in unsere Kanarienstämme gekommen, da sie seit geraumer Zeit mit Stieglitz, Zeisig und andern Finken, in Italien besonders mit dem Hänfling gekreuzt wurden. Dabei sind die Bastarde meist fruchtbar. Heute ist der Kanarienvogel als geschätzter Sänger und dabei leicht zu haltender Stubenvogel über die ganze zivilisierte Welt verbreitet. Schon 1870 war er auf dem chinesischen und bald nachher auch auf dem japanischen Markt zu haben, obschon von jenen Völkern gern auch nicht minder lieblich singende einheimische Finken in engen Vogelbauern zur Unterhaltung gehalten werden.
Außer den Finken sind es besonders Drosseln, welche gern vom Menschen in Gefangenschaft gehalten werden. Da sie, statt wie jene Körnerfresser zu sein, Kerbtierfresser sind, war ihre Erhaltung in der Obhut des Menschen bedeutend schwieriger, so daß es kein Wunder ist, daß bis heute keine einzige Drosselart zum eigentlichen Haustier erhoben wurde. Gleichwohl sollen sie hier eine kurze Würdigung finden, da sie nicht bloß häufige Gesellschafter des Menschen sind, sondern auch als Leckerbissen für ihn eine gewisse Rolle spielen. In letzterer Beziehung ist besonders die Wacholderdrossel oder der Krammets- (zusammengezogen aus Kranewits-) Vogel (Turdus pilaris) wegen ihres Fleisches sehr geschätzt. Sie hat ihren Namen von den Wacholder- oder Krammetsbeeren, die sie wie die übrigen Drosseln gern frißt und wovon ihr Fleisch einen würzigen Geschmack erhält. Sie ist ein echter Waldvogel und nistet nicht bloß im höchsten Norden Europas und Asiens, sondern auch in gemäßigteren Gegenden, wie Mitteleuropa. Den Winter über zieht sie wie die übrigen Drosseln nach den Mittelmeerländern und Nordafrika. Sie war es in erster Linie, welche die Römer unter dem Drosselnamen turdus bezeichneten und gern aßen. So sagt der witzige Spötter Martial (42–102 n. Chr.), der gern die Großen umschmeichelte, um von ihnen zur Tafel geladen zu werden, in einem seiner Xenien, auf Deutsch Gastgeschenke, d. h. Epigramme, die als Aufschriften zu den an den Saturnalien verteilten Gastgeschenken gedacht waren: „Fette Drosseln sind mir lieber als andere Leckerbissen.“ An einer anderen Stelle meint er: „Ein Kranz von Drosseln gefällt mir besser als ein aus Rosen und Narden geflochtener“, und fernerhin: „Unter den Vögeln gebührt der Drossel, unter den vierfüßigen Tieren dem Hasen der Preis.“ Auch der Feinschmecker Horaz (65–8 v. Chr.), der sich durch alle „Rehrücken der Saison“ aß und das Genießen zur Kunst ausbildete, so daß er sich selbst humorvoll als „ein fettes Schweinchen aus der Herde Epikurs“ bezeichnet, meint in einer seiner Episteln: „Nichts ist besser als die Drossel.“ Die frisch Gefangenen wurden für die Feinschmecker noch besonders gemästet. So schreibt Plinius um die Mitte des 1. Jahrhunderts n. Chr. in seiner Naturgeschichte: „Cornelius Nepos, der unter dem Kaiser Augustus lebte, schrieb, man habe erst kürzlich angefangen, Drosseln zu mästen. Dazu bemerkt er, nach seinem Geschmack geben (junge) Störche ein besseres Gericht als Kraniche. In unserer Zeit wird der Kranich als Leckerbissen geschätzt, den Storch aber will niemand anrühren.“
Sein Zeitgenosse Columella berichtet: „Auf Drosseln verwendet man viel Mühe und Geld. Sind sie frisch gefangen, so muß man zahme zu ihnen tun, die ihnen Gesellschaft leisten, sie aufheitern und im Fressen und Saufen mit gutem Beispiel vorangehen. In den Vogelhäusern, die sie bewohnen, sind Sitzstangen für sie angebracht, jedoch nicht höher, als daß man sie bequem erreichen kann. Das Futter wird, damit es reinlicher bleibt, so gestellt, daß keine Stange darüber ist; es wird im Überfluß gereicht und besteht aus einer Mischung von zerstampften Feigen mit Mehl. Manche geben dieses Futter, nachdem sie es vorher gekaut haben. Aber bei einer großen Zahl von Vögeln unterläßt man dies lieber; denn Leute, die zum Kauen gemietet werden, verlangen zu hohen Tagelohn und verschlucken auch von der süßen Speise zu viel. Viele geben den Drosseln auch Samen und Beeren, die sie im Freien gern fressen. Das Wasser wird wie bei Hühnern in Gefäßen hingestellt.“
In seinem Buche über die Landwirtschaft schreibt der gelehrte Varro (116–27 v. Chr.) eingehend über die von den reichen Römern seiner Zeit angelegten Vogelhäuser (aviarium von avis, Vogel). Er sagt darüber: „Unsere Vorfahren hatten vorzugsweise zwei Arten von Vogelbehältern; am Erdboden befand sich der Hühnerhof, in welchem Hühner gehalten wurden und Ertrag von Eiern und Küchlein gaben. In der Höhe stand der Taubenschlag. Heutzutage nennt man einen Behälter Ornithon (nach dem griechischen órnis — Stamm, ornith — Vogel), und diese werden mitunter von Gutsbesitzern, die gern gute Bissen verzehren, so angelegt, daß nur die für Pfauen und Drosseln (wohl besonders Krammetsvögel) bestimmten größer sind, als ehemals die ganzen Landhäuser. — Lucullus hatte ein großes Vogelhaus, in das er einen Speisesaal so hineinbaute, daß er während des Schmauses und während gebratene Vögel aufgetragen wurden, auch die lebendigen herumfliegen sah.
Übrigens soll hier ein solches Vogelhaus beschrieben werden, das nicht dazu bestimmt ist, in ihm Vögel zu verschmausen, sondern aus ihm Vögel zum Verschmausen und zum Verkaufen zu nehmen. Man baut das Haus so groß, daß einige tausend Drosseln und Amseln drin Platz haben, setzt auch wohl andere Vögel hinein, die gut bezahlt werden, wie Ortolane und Wachteln. Die Tür muß niedrig und schmal sein. Die Fenster sind so angelegt, daß die Gefangenen nirgends Bäume oder freie Vögel sehen können; denn ein solcher Anblick erregt in ihnen die Sehnsucht nach Freiheit und macht sie mager. Es darf überhaupt ins ganze Vogelhaus nur so viel Licht fallen, daß die Vögel ihren Sitz, ihr Futter und ihr Wasser sehen können. Es ist ferner alles so einzurichten, daß weder Mäuse noch andere gefährliche Tiere hinein können. Zum Sitzen sind entweder überall an den Wänden Stäbe angebracht oder Stangen lehnen schräg an die Wand und sind stufenweise mit Querstäben verbunden. Auf dem Boden ist ferner ein Wasserbehälter aufgestellt. Die Fütterung besteht vorzugsweise aus Kügelchen, die aus einem aus Feigen und Mehl bereiteten Teig bestehen. An das beschriebene Haus ist ein kleines, helles angebaut, in das man die Vögel treibt, die geschlachtet werden sollen. Beim Schlachten selbst wird die Tür, durch welche die Vögel hereinkommen, geschlossen; denn die noch lebenden dürfen es nicht sehen.“ Auch Vogelhändler besaßen solche Vogelhäuser. So bemerkt derselbe Autor: „Die Stadtmetzger haben eigene Vogelbehälter und mieten auch welche auf dem Lande.“ Und fernerhin sagt er: „Aus dem Vogelhaus einer Villa bei der Stadt Reate wurden einst in einem Jahre 5000 Drosseln (Krammetsvögel) zu je 3 Denaren (= 1,80 Mark) genommen, so daß dieses Vogelhaus allein mehr eintrug als manches schöne Landhaus.“
In seiner Naturgeschichte berichtet Plinius: „Vogelhäuser hat zuerst der römische Ritter Marcus Laenius Strabo angelegt und alle möglichen Vögel darin eingesperrt. Seitdem ist die Sitte, Tiere, denen die Natur den freien Himmel angewiesen hat, in den Kerker zu sperren, allgemein geworden. Der Schauspieler Äsopus ließ einmal eine Schüssel auftragen, deren Inhalt auf 100000 Sesterzien (= 15000 Mark) geschätzt wurde; sie war nämlich mit gebratenen Vögeln gefüllt, welche sich durch Gesang oder durch Sprechen menschlicher Worte ausgezeichnet hatten und von denen jeder 6000 Sesterzien (= 900 Mark) gekostet hatte. Äsopus hielt es für ein großes Vergnügen, diese Tierchen zu essen, welche gleichsam Menschen waren, weil sie sangen und sprachen, und bedachte nicht, daß er erst durch Singen und Sprechen seine Reichtümer erworben hatte. Über seinen Sohn durfte er sich wenigstens nicht beklagen; denn dieser verschlang sogar Perlen (wie Kleopatra bei der Bewirtung des Antonius in Essig aufgelöst)“. Dieser Äsop, der tragische Rollen ausgezeichnet gut spielte und damit sein Vermögen gemacht hatte, war ein Zeitgenosse und Freund Ciceros (106–43 v. Chr.). Trotz seiner Verschwendung hinterließ er seinem Sohne ein ungeheures Vermögen, das dieser in derselben Weise, wie sein Vater, durchbrachte. So berichtet Valerius Maximus von ihm: „Der Sohn des Schauspielers Äsopus war ein toller Verschwender; so kaufte er z. B. ausgezeichnet gut singende Vögel zu ungeheuren Preisen und ließ sie für sich und seine Gäste braten. Dazu gab er Getränke, worin sich die kostbarsten Perlen, in Essig aufgelöst, befanden.“ Wie wir Papageien, so richteten die Römer Stare und ausnahmsweise auch Drosseln zum Sprechen ab. So berichtet Plinius, daß Agrippina, die Gemahlin des Kaisers Claudius (geb. 9 v. Chr. in Lyon, ward 41 n. Chr. nach Caligulas Ermordung von den Prätorianern zum Kaiser ausgerufen, wurde 54 durch seine zweite Gemahlin Agrippina mit einem Schwammgericht vergiftet), eine zum Sprechen abgerichtete Drossel besaß, was früherhin unerhört gewesen sei. Nebst solchen dressierten Vögeln sah man nach Varro in Rom gelegentlich auch Papageien, weiße Amseln und ähnliche Merkwürdigkeiten. Solche Drosselalbinos sollten nach dem Bädecker des Altertums, Pausanias, im 2. Jahrhundert n. Chr. auf dem Berge Kyllene im Peloponnes vorkommen. Nach dem älteren Plinius soll eine weiße Nachtigall „eine große Seltenheit“ für 6000 Sesterzien (= 900 Mark) verkauft worden sein, um sie der vorgenannten Agrippina, zweiten Gemahlin des Kaisers Claudius, zum Geschenk zu machen. Bei dieser Gelegenheit bemerkt er in seiner Naturgeschichte: „Durch ihre Vorzüge (im Gesang) sind die Nachtigallen (luscinia) so teuer wie Sklaven geworden, ja teurer als ehemals die Waffenträger waren. Man hat oft welche gesehen, die auf Befehl sangen und, indem sie miteinander abwechselten, ein Konzert gaben, so wie man auch Menschen gehört hat, welche in ein aus Rohr gemachtes Querpfeifchen, worin sich Wasser befand, durch ein Loch bliesen, und indem sie die Zunge etwas vorhielten, den Gesang der Nachtigall täuschend nachahmten. — Während ich dies schreibe, besitzen die kaiserlichen Prinzen einen Star und Nachtigallen, welche die griechische und lateinische Sprache lernen, täglich gründlicher studieren und immer etwas Neues und mehr Zusammenhängendes sprechen. Wenn sie lernen, sind sie ganz abgeschieden und hören nur die Stimme dessen, der ihnen die Worte vorsagt und ihnen dabei mit Leckerbissen schmeichelt.“ Älian schreibt: „Charmis aus Massalia (dem heutigen Marseille) sagt, die Nachtigall sei ruhmbegierig, singe in der Einsamkeit ganz einfach, in der Gefangenschaft und vor Zuhörern aber kunstreich und schmelzende Melodien wirbelnd.“ Dem fügt er später von sich aus hinzu: „Wenn eine erwachsene Nachtigall gefangen und eingesperrt wird, so will sie weder fressen noch singen; daher behalten die Liebhaber von den gefangenen nur die jungen und lassen die älteren wieder frei.“ Von diesen Vögeln sagt Oppian: „Die Natur hat den Nachtigallen einen wunderlieblichen Gesang gegeben. Sie verpflegen auch diejenigen ihrer Jungen, welche musikalisches Talent zeigen, aufs allerbeste, hacken dagegen die stummen tot. Sie impfen auch ihren Jungen eine so große Liebe zur Freiheit ein, daß sie in der Gefangenschaft nie einen Laut von sich geben.“ Letzteres ist allerdings eine Behauptung, die nicht widerlegt zu werden braucht und wohl auch im Altertum nur wenige Nachbeter hatte.
Außer den vorhin erwähnten wurden auch andere Vögel im Rom der Cäsaren zum Sprechen dressiert, so vor allem auch Raben, Elstern und Eichelhäher. So schreibt Plinius: „Die Elster ist weniger berühmt als der Papagei, weil sie nicht ausländisch ist, spricht aber noch ausdrucksvoller. Die Worte, welche sie spricht, hat sie ordentlich lieb. Sie lernt nicht bloß, sondern lernt auch mit Freuden, und man bemerkt, wie sie für sich mit Eifer, Anstrengung und Nachdenken studiert. Es ist eine bekannte Sache, daß Elstern gestorben sind, weil es ihnen unmöglich war, ein Wort auszusprechen. Sie vergessen auch Worte, wenn sie dieselben nicht öfters hören, versinken dann in Nachdenken und werden ganz entzückt, wenn sie währenddem das vergessene Wort zufällig wieder hören. Sie haben eine ziemlich breite Zunge und so alle Vögel, welche die menschliche Stimme nachahmen lernen, was jedoch die meisten tun.“
Später fährt er fort: „Auch den Raben gebührt Ehre; denn wir werden sogleich sehen, in welchem Grade sie sich die Gunst des römischen Volkes zu erringen wußten. Unter der Herrschaft des Tiberius flog ein junger Rabe aus einem Neste, das auf dem Kastortempel stand, in die gegenüberliegende Werkstatt eines Schusters und wurde von diesem mit Ehrfurcht aufgenommen. Hier lernte er bald sprechen, flog jeden Morgen auf die Rednerbühne, wendete sich dem Markte zu und grüßte namentlich den Kaiser Tiberius, dann den Germanicus und Drusus und bald darauf das vorbeigehende Volk, worauf er in seine Schusterwerkstatt zurückkehrte. So erntete er mehrere Jahre lang Bewunderung. Endlich schlug ihn der zunächstwohnende Schuster tot, entweder aus Neid oder, wie er zum Schein behauptete, aus Rachsucht, weil er ihm einen Klecks auf einen Schuh gemacht hatte. Über die Ermordung seines Lieblings ward das Volk so aufgebracht, daß es den Schuster erst wegjagte, dann sogar totschlug und dem Vogel ein überaus feierliches Leichenbegängnis bereitete. Die Bahre wurde von zwei Mohren getragen; ein Flötenspieler ging voraus und Kränze aller Art wurden bis zum Scheiterhaufen getragen, welcher rechts an der Appischen Straße errichtet war. Das Genie eines Vogels schien also dem römischen Volke ein hinlänglicher Grund zu einem feierlichen Leichenbegängnis und zur Ermordung eines römischen Bürgers in derselben Stadt, in der kein Mensch dem Begräbnis der vornehmsten Leute beigewohnt hatte und niemand den Tod des Scipio Ämilianus, der Karthago und Numantia zerstört, gerächt hatte. Dies geschah unter dem Konsulat des Marcus Servilius und Gajus Cestius am 28. März. Auch während ich dies schreibe, besitzt ein römischer Ritter in Rom eine Krähe aus Baetica (Südspanien), die sich durch dunkelschwarze Farbe auszeichnet, mehrere zusammenhängende Worte ausspricht und immer neue dazu lernt. Neuerdings hat man auch vom Kraterus Monoceros gesprochen, der in der ericenischen Gegend Asiens mit Hilfe der Kolkraben jagt. Er trägt sie in den Wald, dort suchen sie und jagen das Wild, und weil es oft geschieht, so schließen sich selbst wilde Raben der Jagd an. Einige Schriftsteller erwähnen auch, daß ein Rabe bei großem Durste Steine in ein tiefes Gefäß warf, worin sich Regenwasser befand, das er sonst nicht hätte erreichen können, und es dadurch so weit in die Höhe trieb, daß er sich satttrinken konnte.“
Von einem Eichelhäher berichtet der griechische Geschichtschreiber Plutarch folgendes: „Viele Römer und Griechen sind Zeugen folgenden Vorfalls: Auf dem sogenannten Griechischen Markt in Rom wohnte ein Barbier, der einen Eichelhäher besaß, welcher mit wunderbarer Geschicklichkeit die Stimme der Menschen, der Tiere und die Töne der Instrumente, und zwar ganz aus freiem Antrieb, nachahmte. Einst wurde ein reicher Mann begraben. Der Leichenzug ging mit Trompetenschall über den Griechischen Markt. Die Trompeten bliesen ganz vorzüglich schön und verweilten ziemlich lange auf dem Platze. Von diesem Augenblick an war der Häher plötzlich still und stumm. Man faßte den Argwohn, der Vogel sei von einem andern Barbier, der auf ihn neidisch war, behext worden. Andere meinten jedoch, der Trompetenschall sei dem Tiere zu stark gewesen; daher sei es von jener Zeit an verblüfft. Alle diese Vermutungen waren aber falsch. Der Vogel studierte in aller Stille für sich, übte in Gedanken die Trompetenmusik ein und ließ sie dann plötzlich in ihrer Vollkommenheit hören.“
Sonst galten schon im Altertum die Papageien als die besten Nachahmer der menschlichen Sprache. So schreibt der Grieche Älian: „In Indien gibt es sehr viele Papageien (psittakós), aber kein Inder ißt einen solchen Vogel; denn die Brahmanen halten ihn für den heiligsten, weil er die menschliche Sprache am geschicktesten nachahmt.“ Aristoteles und Plinius berichten, der Papagei stamme aus Indien und ahme die menschliche Stimme nach. Letzterer fügt hinzu, er werde durch den Genuß von Wein lustig und führe ordentliche Gespräche. „Er begrüßt den Kaiser und spricht die Worte nach, die er hört. Sein Kopf ist so hart wie sein Schnabel. Soll er sprechen lernen, so schlägt man ihm mit einem eisernen Stäbchen auf den Kopf, weil er sonst die Schläge nicht spürt.“ Wir haben noch ein nettes Gedicht auf den Tod eines Papageien von Ovid und ein ähnliches von Statius.
Was für Papageien dies waren, wird sich wohl nicht so leicht feststellen lassen. Jedenfalls kannten weder die Ägypter, noch Babylonier, noch die älteren Griechen irgend welche Papageien. Erst auf dem Zuge Alexanders des Großen nach Indien lernten letztere diesen Vogel als gezähmten Hausgenossen des Menschen kennen und brachten die ersten solchen nach Griechenland mit. Aber erst in der römischen Kaiserzeit wurden diese Vögel etwas häufiger von Indien her importiert. Doch hat schon der strenge Zensor Marcus Porcius Cato (234 bis 149 v. Chr.) sich darüber beklagt, daß sogar römische Männer mit diesen Tieren in der Öffentlichkeit erschienen. „O unglückliches Rom“, rief er aus, „in welche Zeiten sind wir verfallen, da die Weiber Hunde auf ihrem Schoße ernähren und die Männer Papageien auf der Hand tragen!“ Man setzte sie ihrer Kostbarkeit entsprechend in silberne und elfenbeinerne Käfige und ließ sie von besonderen Lehrern unterrichten, die ihnen vor allem das Wort „Cäsar“ beizubringen hatten. Der Preis eines sprechenden Sittichs überstieg oft den Wert eines Sklaven. Der halb verrückte Kaiser Heliogabalus glaubte seinen Gästen nichts Köstlicheres vorsetzen zu können als Papageiköpfe. Was diese bei der Kostbarkeit der seltenen Vögel gekostet haben werden, das kann man sich leicht ausmalen. Um die Zeit der Kreuzzüge kamen dann aus dem Morgenlande auch Papageien nach Mitteleuropa, um in den Käfigen reicher Adeliger und Städter zur Kurzweil gehalten und gelegentlich auch zum Sprechen abgerichtet zu werden. Erst im 15. Jahrhundert kam mit den Fahrten der Portugiesen nach Westafrika der von der Goldküste bis nach Benguela heimische Graupapagei (Psittacus erithacus), der gelehrigste aller Papageien, direkt nach Europa. Hier bewohnt der aschgraue Vogel mit scharlachrotem Schwanz, dessen Verbreitungsgebiet mit demjenigen der Ölpalme zusammenfällt, in Scharen die Wälder und wird überall von den Eingeborenen gefangen, gezähmt und zum Sprechen abgerichtet, auch als Tauschgegenstand oder Handelsware verwertet. Er ist einer der beliebtesten aller Stubenvögel und verdient die Gunst, die er genießt; denn er besitzt Sanftmut, Gelehrigkeit und Anhänglichkeit an seinen Herrn, die Bewunderung erregen. Sein Ruhm wird sozusagen in allen Sprachen verkündet, von ihm ist in zahlreichen Schulbüchern und in allen Naturgeschichten manches Interessante zu lesen. Schon Levaillant erzählt ausführlich von einem dieser Papageien, der in der Gefangenschaft eines Kaufmanns in Amsterdam lebte, und rühmt die guten Eigenschaften des Vogels. Er schreibt: „Karl, so hieß dieser Papagei, sprach fast so gut wie Cicero; denn ich würde einen ganzen Band mit den schönen Redensarten anfüllen können, die er hören ließ und die er mir, ohne eine Silbe zu vergessen, wiederholte. Dem Befehle gehorsam, brachte er die Nachtmütze und die Pantoffeln seines Herrn und rief die Magd herbei, wenn man sie im Zimmer brauchte. Sein bevorzugter Aufenthalt war der Kaufladen, und hier erwies er sich nützlich; denn er schrie, wenn in Abwesenheit seines Herrn ein Fremder eintrat, so lange, bis jemand herbeikam. Er hatte ein vortreffliches Gedächtnis und lernte ganze Sätze und Redensarten des Holländischen vollkommen genau. Erst im 60. Jahre seiner Gefangenschaft wurde sein Gedächtnis schwach und er vergaß täglich einen Teil von dem, was er schon konnte. Er wiederholte nie mehr als die Hälfte einer Redensart, indem er selbst die Worte versetzte oder die eines Satzes mit denen eines andern mischte.“
Vielleicht der ausgezeichnetste aller Graupapageien lebte jahrelang in Wien und Salzburg und starb nach dem Tode seines letzten Herrn aus Sehnsucht nach ihm. Wer über die hohe Intelligenz und das verblüffende Sprachverständnis dieses Jako genannten Vogels Näheres zu erfahren wünscht, der lese den betreffenden Abschnitt in Brehms Tierleben nach. Er wird dort noch weitere solche, für ein Tier ganz unglaublich klingende Geschichten finden, die von durchaus glaubwürdigen Autoren berichtet werden.
In den feuchten Niederungen des Amazonenstroms und seiner Zuflüsse werden die größten Vertreter der dort vorzugsweise heimischen Keilschwanzsittiche, die prächtig buntgefärbten Araras, von den Indianern in und um ihre Hütten gezähmt gehalten. Es geschah dies schon lange vor der Ankunft der Weißen in diesem Lande. Schomburgk berichtet, daß die Indianer noch heutigentags die Papageien frei fliegen lassen, ohne ihnen die Flügel zu stutzen. „Ich sah mehrere“, schreibt er, „die sich des Morgens unter die Flüge der wilden mischten, die über das Dorf hinwegflogen und bei der Rückkehr am Abend sich wieder auf die Hütte ihres Herrn niederließen.“ Nach diesem Autor gehören zu den indianischen Niederlassungen im Walde die Papageien, wie zu unsern Bauernhöfen die Hühner. „Auffallend ist die Zuneigung der zahmen Papageien und Affen gegen Kinder. Ich habe selten einen Kreis spielender Indianerkinder bemerkt, dem sich nicht auch Affen und Papageien beigesellt gehabt hätten. Diese lernen bald alle Stimmen ihrer Umgebung nachahmen, das Krähen der Hähne, das Bellen der Hunde, das Weinen und Lachen der Kinder usw.“ Manche lernen sogar die Indianersprache sprechen und bringen es darin zu großer Vollkommenheit. Bekannt ist die Geschichte jenes sprechenden Papageis in einer der Niederlassungen an einem Zuflusse des Orinoko, von dem Alexander von Humboldt berichtet. Er war alt und sprach die Sprache eines ausgestorbenen Indianerstamms, so daß ihn niemand mehr verstand. In der Tat ein rührendes Bild der Vergänglichkeit alles Irdischen!
Von allen Papageien ist nur der Wellensittich (Melopsittacus undulatus) zum eigentlichen Haustier des Menschen geworden, indem er sich seit 57 Jahren in der Gefangenschaft des Menschen ohne großen Nachschub aus seiner Heimat enorm vermehrt hat und hier bereits bedeutende Farbenvarietäten zeigt. Bald wiegen die gelben, bald die grünen, bald die blauen Farbentöne seines ursprünglich sehr gemischten, allerdings vorwiegend grüngelben Farbenkleides vor, ja es gibt nach Ed. Hahn schon welche, bei denen das ihnen ursprünglich fremde Weiß eine ziemliche Rolle spielt und die selbst rote Augen haben, also eigentliche Albinos sind. Erst im Jahre 1794 lernte man in Europa diesen kleinen Papagei kennen, der in großen Scharen die mit Gras bewachsenen Ebenen von Inneraustralien bewohnt und sich hier von den Samen der Gräser ernährt. Als der Ornithologe Gould zu Anfang Dezember die Ebene des Innern Australiens besuchte, sah er sich von Wellensittichen umgeben und beschloß längere Zeit an derselben Stelle zu verweilen, um ihre Sitten und Gewohnheiten zu beobachten. Sie erschienen in Flügen von 20 bis 100 Stück in der Nähe einer kleinen Wasserlache, um zu trinken, und flogen von hier zu regelmäßigen Zeiten nach den Ebenen hinaus, um dort die Grassämereien, ihre ausschließliche Nahrung, aufzunehmen. Am häufigsten kamen sie frühmorgens und abends vor dem Dunkelwerden zum Wasser. Während der größten Tageshitze saßen sie bewegungslos unter den Blättern der Gummibäume, deren Höhlungen damals von brütenden Paaren bewohnt wurden. Solange sie ruhig auf den Bäumen saßen, waren sie schwer zu entdecken; erst wenn sie zur Tränke fliegen wollten, sammelten sie sich in Scharen und setzten sich auf die abgestorbenen oder zum Wasser niederhängenden Zweige der Gummibäume. Ihre Bewegungen sind wundervoll, ihr Flug ist gerade und falkenartig schnell, den andern Papageien kaum ähnelnd, der Gang auf dem Boden verhältnismäßig gut, ihr Klettern im Gezweige wenigstens nicht ungeschickt. Im Fluge lassen sie eine kreischende Stimme vernehmen. Im Sitzen unterhalten sich die sehr geselligen Vögel mit kosendem Gezwitscher. Wenn sie abends zur Tränke eilen, werden sie in Menge in großen Beutelnetzen gefangen, in rohe Kistenkäfige gesperrt und so den Händlern übermittelt. Aufmerksamere Vogelhändler setzen sie zur Weiterbeförderung in Australien gesellschaftsweise in kleine Käfige, deren Sitzstangen wie Treppenstufen hinter- und übereinander liegen, damit auf möglichst wenig Raum die größtmöglichste Zahl von Vögeln Platz finden kann.
Der Wellensittich gehört in der Gefangenschaft nicht zu denjenigen Papageien, die aus Trauer über den Verlust ihres Gefährten oft dahinwelken und sterben, verlangt aber Gesellschaft, und zwar natürlich am liebsten die des entgegengesetzten Geschlechts seiner eigenen Art. Im Notfall findet er auch in einem verschiedenartigen kleinen Papagei einen Ersatz. Niemals aber behandelt er einen andersartigen Vogel mit jener liebenswürdigen Zärtlichkeit, welche er gegen seinesgleichen an den Tag legt. Es ist deshalb notwendig, ihn immer paarweise zu halten; erst dann gibt er seine ganze Liebenswürdigkeit, die ihm sofort die Gunst des Menschen erwarb, kund. Er ist äußerst genügsam im Futter und nimmt in Ermangelung der Grassamen seiner australischen Heimat mit Hirse, Kanariensamen und Hanf vorlieb; daneben frißt er gern grüne Pflanzenblätter, verschmäht zunächst Früchte, läßt sich aber mit der Zeit auch daran gewöhnen. Er wird mit seiner sanften Stimme dem Menschen niemals lästig wie andere Papageien, die einem mit ihrem nicht unterdrückbaren Bedürfnis nach Gekreisch oft genug zur Last fallen und auf die Nerven gehen. Er unterhält mit seinem plaudernden Gezwitscher, lernt auch ein Liedchen und in einzelnen Fällen sogar Worte nachsprechen.
Paarweise gehaltene Wellensittiche, denen man Nistgelegenheit in einem hohlen Stamm verschafft, schreiten auch in der Gefangenschaft fast ausnahmslos zur Fortpflanzung. Das Männchen ist das Muster von einem Gatten, das sich ausschließlich mit seinem erwählten und nie mit andern Weibchen abgibt, die etwa zugleich in demselben Raume sein mögen. Gleicherweise ist das Weibchen das Muster einer Mutter; es baut ausschließlich das Nest aus, bebrütet darin seine 4–8 weißen Eichen, die es in Zwischenräumen von zwei Tagen legt, eifrig während 16–20 Tagen und atzt die Jungen, die etwa 30–35 Tage im Neste verweilen und letzteres erst dann verlassen, wenn sie ganz befiedert sind. Derweil wird das Weibchen vom Männchen gefüttert, das ihm zugleich, auf einem Zweige vor der Öffnung des Nestes sitzend, seine schönsten Lieder vorsingt. Wenn die erste Brut selbständig geworden ist, schreitet das Pärchen alsbald zur zweiten, ja zur dritten und selbst zur vierten vor. Ums Jahr 1848 wurde er durch die Beschreibung des Ornithologen Gould in seinem Buche Birds of Australia in weiteren Kreisen bekannt und scheint bald nach England gekommen zu sein. 1854 pflanzte er sich nach Delon in England und Frankreich in Käfigen fort und wurde seit 1855 auch in Berlin gezogen. Damals nannten ihn die Händler nach seinem lateinischen Artnamen den „Undulatus“. Als aber die spanische Tänzerin Pepita von sich reden machte und geradezu einen Begeisterungstaumel hervorrief, hielten es die Händler für vorteilhaft, von ihm als „Andalusier“ zu reden, eine Bezeichnung, die sich allerdings, weil vollkommen unberechtigt, bald wieder verlor. Eine Zeitlang schien es, als sei ihm neben dem Kanarienvogel eine größere Rolle als Stubenvogel bestimmt; doch ist er neuerdings gegenüber dem letztgenannten mehr und mehr in den Hintergrund getreten. Auch nach Neuseeland wurde er eingeführt und verwilderte dort, wie gelegentlich auch bei uns.
Neben den Wellensittichen gehören die ebenfalls Australien, daneben auch Ozeanien bewohnenden Kakadus zu den liebenswürdigsten Papageien, die sich gern und innig mit dem Menschen befreunden und dankbar seine Liebe erwidern. Ihre geistige Begabung ist außerordentlich entwickelt und ihre Neugier ebenso groß wie ihr Gedächtnis, so daß sie empfangene Beleidigungen schwer oder gar nicht vergessen. In bezug auf Gelehrigkeit wetteifern sie mit den begabtesten aller Papageien, den Jakos oder westafrikanischen Graupapageien, lernen bald mit Fertigkeit verschiedene Worte sagen und in sinngebender Weise verbinden und lassen sich zu allerlei Kunststücken abrichten. Ihre natürliche Stimme ist ein abscheuliches Kreischen, mit dem sie in ihrer Heimat von den Kronen hoher Bäume, ihrem Nachtquartier, die aufsteigende Sonne begrüßen. Dann fliegen sie zu ihren Futterplätzen, um Früchte und Sämereien zu naschen. Auch sie leben gesellig in großen Scharen und nisten in Baumhöhlen. Des Schadens wegen, den sie den menschlichen Kulturen verursachen, werden sie in ihrer Heimat eifrig verfolgt und zu Hunderten erlegt und ihr Fleisch, weil ziemlich wohlschmeckend, gegessen. Namentlich wird die aus ihnen bereitete Suppe sehr gerühmt. Sie lassen sich leicht fangen und dauern auch in Europa in der Gefangenschaft viele Jahre lang aus. Man kennt Beispiele, daß ein Exemplar dieser Vogelart länger als 70 Jahre im Käfig lebte. Ihre Erhaltung erfordert wenig Mühe; denn sie gewöhnen sich nach und nach an alles, was der Mensch ißt.
Als eigentlicher Schädling für die Schafzucht hat sich der in Neuseeland heimische, ziemlich große, olivengrüne Gebirgspapagei (Nestor notabllis), der Kea der Eingeborenen, erwiesen. Der in einem zwischen 1500 und 2000 m Höhe gelegenen Gürtel lebende Vogel hat sich angewöhnt, sich in den wolligen Rücken der Schafe einzukrallen und mit seinem scharfen Hakenschnabel ganze Löcher darein zu bohren, um sich so Fleisch, das ihm sehr zu schmecken scheint, zu verschaffen. Viele dieser dummen Vierfüßler, die sich der Angriffe dieser frechen Burschen nicht zu erwehren vermochten, gingen infolge davon ein, so daß die Ansiedler diese lästigen Quälgeister ihrer Herden eifrig zu verfolgen und abzuschießen begannen. Jetzt haben sie sich gewöhnt, ihre gemeinschaftlichen Raubzüge nachts zu machen und müssen sich vielfach mit dem Abfall geschlachteter Schafe oder mit Aas begnügen.