XXV. Die wichtigsten Jagdtiere.

Nachdem wir nun mit den verschiedenen im Laufe der Jahrhunderte in Europa geübten Jagdmethoden bekannt geworden sind, wollen wir einen kurzen Überblick über die wichtigsten bei uns gejagten Tiere geben. Dabei unterscheidet man eine hohe Jagd auf Rotwild, nämlich Hirsch, Reh, Damhirsch, Elch und Gemse, dann Schwarzwild, d. h. Wildschwein, ausnahmsweise auch auf den Bär, und eine niedere Jagd auf Hase, Biber, Eichhörnchen, Murmeltier, Wolf, Fuchs, Dachs, Fischotter, Wildkatze, Luchs, Marder, Iltis, Wiesel und das verschiedene Federwild, welch letzteres im folgenden Abschnitt für sich besprochen werden soll.

Seitdem Ur und Wisent bei uns ausgerottet sind, gilt der Rot- oder Edelhirsch (Cervus elaphus) als das edelste jagdbare Tier unserer Wälder. Deshalb wurde auch die Jagd auf ihn mit größtem Gepränge ins Werk gesetzt und besondere Methoden zu dessen weidgerechter Erlegung ausgebildet. Diese haben wir der Hauptsache nach kennen gelernt, so daß wir uns hier damit begnügen können, seine Besonderheiten kurz aufzuzählen. Ein in der Weidmannssprache als jagdbar und gut bezeichneter Hirsch muß bei der deutschen Jagd wenigstens 12 Enden an den Stangen seines Geweihes haben und etwa 150 kg wiegen. Er ist dann sechsjährig, während ein sogenannter Kapitalhirsch in der Feistzeit bei guter Äsung gegen 300 kg wiegt und 20, ausnahmsweise auch bis zu 24 Enden an seinem Geweih aufweist. Dieses Geweih sitzt aufrecht auf einem kurzen Rosenstock, ist vielsprossig einfach verästelt und wird als sekundäres Geschlechtsmerkmal nur vom Männchen aufgesetzt, um die grimmigen Kämpfe um den Besitz des Weibchens auszufechten. Im Februar wird es abgeworfen und jeweilen in den folgenden Monaten mit wachsender Endenzahl neu gebildet. Während dieser Geweihbildung leben die Männchen zurückgezogen, bis sie im Juli oder August ihre stolze Kopfzier wieder vollendet und „gefegt“, d. h. den lästigen Bastüberzug durch Reiben an Bäumen entfernt haben. Dabei wird vielfach die ursprünglich weiße Farbe des Gehörns beeinflußt, so z. B. sind Bruchhirsche, die an Erlen gefegt haben, an der dunkelbraunen Farbe des Geweihs kenntlich.

Erst im Miozän begann bei den ungehörnten Vorfahren der Hirsche das erste bescheidene Geweih sich zu entwickeln, und zwar als einfache, zunächst mit Haut bedeckte, später von der Haut entblößte Stirnzapfen ohne jede Spur einer Rose. Darauf folgten chronologisch, wie es das einzelne Hirschindividuum als kurze Rekapitulation der Stammesgeschichte bei seiner Entwicklung durchmacht, zunächst das Spießer-, dann das Gablergeweih mit meist unvollkommen entwickelter Rose, die als Beweis dafür gelten kann, daß die Geweihe damals begannen periodisch abgeworfen zu werden. Erst im Pliozän trat als Weiterbildung des Hirschgeweihs der Sechsender auf, dem sich nach und nach, durch die unbehinderte Verbreitungsmöglichkeit begünstigt, Individuen mit noch weiter gegabelten Geweihen anschlossen. Damals sind die Hirsche über die ganze Nordhemisphäre der Erde gewandert und haben sich in zahlreiche Arten gespalten, von denen der Edelhirsch in bezug auf die Geweihbildung die weitaus schönste Form entwickelte. Nach neunmonatlichem Bestande lockert sich der Stirnzapfen durch Entstehung gewisser vielkerniger Zellen, der sogenannten Knochenbrecher, bis sich das Geweih in einer konkaven Fläche vom Stirnzapfen löst.

Gutgenährte Hirsche im mittleren Lebensalter tragen die stärksten Geweihe. Reiche Nahrung, unterstützt durch Salzlecken und Genuß von Kalkphosphaten in assimilierbarer Form, ebenso Trennung von den Hirschkühen kann die Geweihbildung so ungewöhnlich beschleunigen, daß schon im dritten Lebensalter statt eines Sechsenders Zehn- und Zwölfender entstehen, oder ein sonst sechsjähriger Zwölfender im nächsten Jahre als Sechzehnender erscheint. Umgekehrt verringert sich im hohen Alter bei Abnahme der Körperkräfte die Zahl der Enden wieder. Mehr als 20 Enden sind schon sehr selten. Gemäßigtes und Höhenklima, Sumpf- und Moorboden begünstigen, anhaltend heißes, tropisches Klima und Ebenen hemmen die Geweihbildung. Auch die Geweihe gefangener, auf Inseln oder in abgegrenzten Wäldern lebender Hirsche zeigen, wie diese selbst, einen Rückgang in der Entwicklung. Außer Erkrankungen der Stirnzapfen können Verletzungen der Weichteile, insbesondere der Geschlechtsorgane und des Skeletts die Geweihbildung teilweise oder ganz unterdrücken oder Mißbildungen der Geweihe hervorrufen. Je schwerer die Verletzung oder je näher die Zeit der Verletzung dem Beginn der Geweihbildung war, um so größer ist die Abnormität in der Geweihbildung. Sonderbarerweise deformiert die Verletzung einer Vorderextremität beide Geweihteile, während die Verletzung einer Hinterextremität nur die Mißbildung einer, und zwar der entgegengesetzten Geweihhälfte zur Folge hat. Wahrscheinlich ist die letzte Ursache aller Abnormitäten in der Geweihbildung die Ernährungsstörung, die die Hirsche infolge von Verletzungen und Krankheiten erleiden. Auch mangelhafte Entwicklung der Geschlechtsdrüsen spielt dabei mit. So bedingt eine Entwicklungshemmung der Hoden Geweihlosigkeit. Bei kastrierten Hirschen steht, einerlei ob sie bei der Kastration ein Geweih trugen oder nicht, die Geweihbildung still, und einseitig kastrierte werfen das Geweih nur auf einer, und zwar der Schädigung entgegengesetzten Seite ab und setzen es nur dort wieder auf.

Der Edelhirsch bewohnte ursprünglich ganz Europa bis zum 65. Grad nördlicher Breite und Südsibirien bis zum 55. Grad nördlicher Breite. Nach Süden hin bilden der Kaukasus und die Gebirge der Mandschurei die Grenzen seines Verbreitungsgebiets. In allen stärker bevölkerten Ländern hat er begreiflicherweise stark abgenommen oder ist, soweit er nicht künstlich gehegt wird, verschwunden. Am häufigsten ist er noch in Osteuropa und Asien, besonders im Kaukasus und im bewaldeten südlichen Sibirien zu finden. Er liebt ausgedehnte ruhige Waldgebiete oder dicht bewachsene Bruchgegenden, bewohnt aber auch, beispielsweise in Schottland, unbewaldete Berge und findet dort nur in deren Tälern und Schluchten Verstecke. Seinen Stand oder Wohnort ändert er in ungestörten Gegenden nur in der Brunstzeit und beim Aufsetzen des neuen Geweihs, ebenso bei Mangel an Äsung. Er lebt rudelweise nach Alter und Geschlecht gesondert — nur die Kapitalhirsche leben bis zur Brunstzeit meist einzeln — tagsüber versteckt, um sich erst bei Sonnenuntergang auf regelmäßigen, nur infolge von Störungen aufgegebenen Wechseln aus dem Dickicht nach seinen Äsungsplätzen auf Feldern, Wiesen und andern lichten Plätzen zu begeben. Dort hält er sich fressend die Nacht über auf, um sich mit der Morgendämmerung wieder in sein Versteck zu begeben. Während die Hirsche in den aus lauter männlichen Stücken bestehenden Rudeln selbst auf ihre Sicherheit bedacht sein müssen, fällt in den aus männlichen Exemplaren gemischten Rudeln die Pflicht der Wachsamkeit hauptsächlich den weiblichen Stücken, den Tieren, zu. So steht an der Spitze solcher Rudel stets ein Leittier, eine Hirschkuh, von der das Vordringen des ganzen Rudels auch in der Brunstzeit so lange abhängt, als das Rudel nicht, wie man sagt, vom Hirsche gepeitscht, d. h. getrieben wird. Zu Beginn der in den September und Oktober fallenden Brunstzeit trennen sich die Männchen, und zwar die älteren vor den jüngeren, von ihren Rudeln, um die Weibchen aufzusuchen und, beim Rudel angekommen, die schwächeren Hirsche von ihm zu entfernen. Mit im Nacken angeschwollenem Hals und windhundartig eingezogenen Weichen geht der Hirsch den Tieren nach und Nebenbuhlern entgegen, um sie von seinem Harem in grimmigem Kampfe zu verdrängen. Unterliegt er dabei, so muß er denselben dem glücklicheren Sieger überlassen; doch entfernt er sich erst, wenn alle Versuche zu siegen erfolglos waren, unwillig das ihm abgejagte Rudel umkreisend. Treffen aber gleichstarke Hirsche zusammen, so bekämpfen sie einander so lange, bis der eine getötet ist oder beide Kämpfer mit den Geweihen ineinander verschlungen sind und nicht mehr loskommen, wodurch sie beide dem Hungertode verfallen. Oft bleibt der Streit stundenlang unentschieden. Nur bei völliger Ermattung zieht sich der Besiegte zurück. Abends und morgens ertönt der Wald vom Röhren der Hirsche, die ihre Nebenbuhler zum Kampfe auffordern.

Nach der Brunstzeit, die jeweilen nach vollkommener Entwicklung des Geweihes und des Sommerhaares eintritt und mit dem Beschlagen der Tiere endet, rudelt sich das Rotwild wieder friedlich zusammen. Es bildet sich das dichtere, warme Winterhaar, und im Februar werfen die starken Hirsche schon ihr Geweih ab, während die jüngern dieses oft erst im Mai verlieren. Bei jenen ist es schon im Juni, bei diesen erst wieder im August vollkommen ausgebildet. Nach dem Abstoßen des Geweihs bildet sich auch das Sommerhaar aus; ist dieses entwickelt, so wirft die Hirschkuh im Mai oder Anfang Juni nach einer Tragzeit von 40–41 Wochen ein, selten zwei Kälber, die der Mutter schon nach wenigen Tagen folgen und nur während der Brunst auf kurze Zeit von ihr abgeschlagen werden. Das neugeborene Kalb liegt in einem Versteck zwischen hohem Heidekraut oder anderem Gestrüpp, bleibt tagsüber sich selbst überlassen und wird abends von der Mutter aufgesucht und genährt. Verläßt sie es wieder, so drückt sie das Kleine mit der Schnauze in sein Lager nieder, wo es zusammengekugelt, den Kopf nach Hundeart dicht beim Schwanze haltend, den ganzen Tag über ruhig liegen bleibt, ohne auch nur den Kopf zu erheben. Doch entfernt sich die Mutter nicht weit von ihm; an einer Stelle unter dem aus der Richtung des Kalbes kommenden Winde ist sie stets auf seine Sicherheit bedacht und vertreibt sofort alle sich ihm nähernden Raubtiere. Bald folgt das Junge der Alten, wächst rasch heran und trennt sich vor Jahresfrist von der Mutter. Bis zum ersten Haarwechsel im Oktober trägt es ein weißgeflecktes Jugendkleid. Im ersten Herbst wird das weibliche Kalb Schmaltier, im folgenden Übergehendtier, später, wenn es zu tragen beginnt, Alttier genannt, während das Hirschkalb im ersten Winter Spießer, im zweiten Gabler, meist aber gleich Sechsender wird. Auch die Stufe des Achters wird häufig übersprungen, sehr selten aber die des Sechsers und die des Zehners. Im dritten Jahr ist das Hirschkalb erwachsen.

Mit der Äsung wechselt der Edelhirsch nach der Jahreszeit ab; im Herbst hält er sich gern an die Buchen- und Eichelmast, im Winter lebt er von Baumrinde, Moos und Heidekraut. Dabei zwingt ihn hoher Schnee aus den höheren Gebirgen auf Vorberge und in Ebenen hinabzusteigen, wo er sichere, gegen den Wind geschützte Stellen aufsucht, um im Frühjahr nach dem alten Standort zurückzukehren. In der Brunstzeit nehmen die starken Hirsche nur wenig Futter zu sich, trinken aber um so mehr und baden und suhlen mit Leidenschaft, wenn sie das Rudel in die schützende Deckung gebracht haben. Regelmäßig werden vom Rotwild in der Nähe seines Standortes angelegte Salzlecken aufgesucht. Außer Wolf und Luchs ist sein größter Feind der Mensch, der es auf dem Anstand oder Birschgang schießt, es zu Pferde, zu Wagen und zu Schlitten beschleicht, es auf Treibjagden, nur noch ausnahmsweise auf Parforcejagden erlegt und den Hirsch in der Brunstzeit durch das Nachahmen seiner Stimme auf einer Schneckenschale oder einem besonderen Instrument, dem Hirschruf, herbeilockt. Getriebenes Rotwild geht ohne Umstände ins Wasser. Angeschossene, von Hunden heftig verfolgte Hirsche suchen namentlich in bergigen Gegenden gerne die Bäche auf, in denen die Hunde den wegen ihrer langen Beine begünstigteren Tieren nur schwer folgen können. In die Enge getrieben, wehren sie sich, den Rücken deckend, mit ihrem Geweih tapfer gegen eine ganze Hundemeute, indem sie damit wuchtige Stöße austeilen. Selbst dem Menschen können sie gefährlich werden. So wurde unter anderen auch der griechische Kaiser Basilius im Jahre 886 von einem Hirsche, der ihm das Geweih in den Leib stieß, getötet, nachdem er vorher schon einmal durch einen solchen beinahe das Leben verloren hätte. Sonst wird das Edelwild auch von Fliegen, Mücken und Bremsen in hohem Maße gepeinigt. Es läßt sich leicht zähmen und zum Fahren und Reiten, wie auch zu verschiedenen Kunststücken abrichten. So fuhr nach Pausanias die Priesterin der Diana an deren Tempel zu Paträ in Achaia beim jährlich einmal prunkvoll durch eine Prozession gefeierten Feste der Göttin auf einem von zahmen Hirschen gezogenen Wagen. Nach Älius Lampridius fuhr auch Kaiser Heliogabalus in Rom mit vier Hirschen, und nach Flavius Vopiscus führte Kaiser Aurelian bei dem Triumphe, den er 273 nach Besiegung der Königin Zenobia von Palmyra und des gallischen Gegenkaisers Tetricus in Rom abhielt, einen einst dem Gotenkönige gehörenden Wagen mit, an den vier Hirsche gespannt waren. Außerdem ließ er im Zuge 20 Elefanten, 4 Königstiger, verschiedene zahme Löwen, 200 verschiedene Bestien aus Syrien, Giraffen, Elche und andere Seltenheiten vorführen. Sehr beliebt waren die Hirsche bei den Jagdspielen in der Arena. So ließ Kaiser Probus bei solchen einmal tausend Hirsche auf einmal in die Arena los. Wie reich müssen die Wälder damals noch an solchem Wild gewesen sein, daß eine so große Zahl derselben auf einmal zur Augenlust des Pöbels zu Tode gehetzt werden konnte. Daneben hielt man schon damals in den Parks der Vornehmen zahmes Rotwild, worunter gelegentlich auch als Rarität Albinos. So sah Pausanias um 160 n. Chr. in einem Park in Rom weiße Hirsche, konnte aber nicht angeben, woher sie stammten. Noch im Mittelalter waren sie an manchen Orten sehr zahlreich; so wurden im Jahre 1619 auf einer Treibjagd in Preußen 672 Hirsche, 614 Tiere und 179 Kälber erlegt, darunter ein Zwanzigender von über 360 kg Gewicht. Das Rotwildbret ist geschätzt, nur zur Brunstzeit ist es wegen des ihm anhaftenden strengen Geschmacks unbeliebt; aus seiner Haut verfertigt man ein starkes, weiches Leder und aus seinem Geweih die verschiedensten Gegenstände. Leider ist der Schaden, den das Rotwild anrichtet, viel größer als der Nutzen, den es bringt. Nur aus diesem Grunde ist es in den intensiver bevölkerten Gegenden Europas ausgerottet worden.

Weit kleiner, deshalb auch viel weniger schädlich und infolgedessen auch seine Haltung mit den modernen forstwirtschaftlichen Grundsätzen besser vereinbar ist das Reh (Capreolus caprea), das schon nach anderthalb Jahren ausgewachsen ist. Im Vergleich zum Edelhirsch ist es gedrungener gebaut und sein Kopf kurz und abgestumpft. Das Gehörn zeichnet sich durch breite Rosenstöcke und verhältnismäßig starke, mit weit hervortretenden Perlen besetzte Stangen aus. Gewöhnlich setzt die Hauptstange nur zwei Sprossen an, so daß das ganze Gehörn nicht mehr als sechs Enden hat. Und diese Sechserstufe erreicht das Reh so schnell, daß seine Altersbestimmung dadurch unmöglich ist. Sein Alter, das auf 15–16 Jahre, in seltenen Fällen aber auch bis 20 Jahre geht, ist nicht leicht, am sichersten noch am Gebiß zu bestimmen. Das Gehörn steht wie beim Hirsch in innigstem Zusammenhang mit der geschlechtlichen Reife des Rehes. So bekommen Rehböcke, die in frühester Jugend ihrer Hoden beraubt wurden, kein eigentliches Gehörn, sondern eine als Perückengehörn bezeichnete unförmliche Wucherung, die auch entsteht, wenn die Hoden, etwa durch einen Schuß, verkümmern. Falls aber die Böcke nach der Ausbildung des Gehörns ihrer Hoden beraubt werden, werfen sie das Gehörn überhaupt nicht ab. Auch hier macht sich die Entfernung oder Verletzung nur eines Hodens am Gehörn der anderen Körperseite geltend. Die ersten Spieße werden im Februar oder März gefegt, und in der Regel im darauffolgenden Dezember abgeworfen. Auf diese sogenannte Kopfspießerstufe folgt die Schmalspießerstufe, wobei die Spieße noch kein scharfes Ende und auch keine eigentliche Rose, sondern an deren Stelle einen aus Perlen besetzten Kranz haben. Sie werden im darauffolgenden Dezember, wenn der Bock 21⁄2 Jahre alt ist, abgeworfen. Erst auf der auf die Schmalspießerstufe folgenden Gablerstufe zeigt das Gehörn zum erstenmal wirklich scharf ausgebildete Enden, wodurch es erst zu einer Waffe wird. Gleichzeitig damit tritt die Geschlechtsreife ein. Mit dem ersten wahren Sechsergehörn ist der Rehbock vier Jahre alt. Die hell- bis dunkelbraune Färbung des Gehörns hängt wesentlich von den Holzarten ab, an denen es gefegt wurde. So färbt die gerbstoffreiche Rinde der Eiche die Stangen dunkel, während sie an Kiefern ziemlich hell bleiben. Fortpflanzungsfähige Rehgeißen erhalten nie ein Gehörn; diese Abnormität in Form kleiner, zwar auf Rosenstöcken stehender, aber keiner Fegung unterliegender Knöpfe, die nur ausnahmsweise zu wohlgefegten Gehörnen auswachsen, entsteht nur bei unfruchtbaren Tieren mit mehr oder weniger zwitterigen, bei alten auch mit entarteten Geschlechtsorganen. Gelegentlich mag auch eine äußere Verletzung an der Stirne Gehörnbildung bei Ricken veranlassen; denn bei einer Rehgeiß, der ein Glassplitter an einer der Stellen, wo der Bock das Gehörn trägt, eingedrungen war, bildete sich dort ein 11,6 cm langer, ein wenig gegabelter Auswuchs. Dieses pathologische Geißengehörn wird wohl niemals abgeworfen, was bei den Böcken etwa Mitte Dezember geschieht. Nach vier Monaten, etwa Ende April, ist das neue Gehörn gewöhnlich fertig und gefegt, und zwar bei den stärkeren Böcken früher als bei den schwächeren.

In Farbe und Behaarung macht das Rehwild mit der Jahreszeit einen ähnlichen Wechsel durch wie das Rotwild. Auf die dunkel rostrote, dünne Sommerdecke, die wesentlich aus sprödem, brüchigem Grannenhaar besteht, folgt eine braungraue, dichte Winterdecke, die reichlich mit der weichen, warmen Unterwolle versehen ist. Davon hebt sich der blendendweiße Spiegel ab, der dem gesellig lebenden Tier bei der Flucht im Waldesdunkel die Richtung, in der seine Genossen flohen, verrät. Merkwürdig sind die Haare des Spiegels durch ihre Beweglichkeit. Der Spiegel kann nämlich zusammengezogen und ausgedehnt werden und scheint beim sichernden, d. h. bei dem sich über seine Sicherheit unterrichtenden Tiere viel größer als sonst; beim Äsen dagegen wird der Spiegel zusammengezogen. Außer den gewöhnlich gefärbten Rehen kommen auch albinotisch weiße, schwarze und gescheckte vor. Die schwarzen Rehe werden bei der Umfärbung im Frühling so fahl, daß sie dann nur noch durch den Kopf als solche gekennzeichnet sind. Zu ihnen rechnet man auch die sogenannten Schwarzbuckel, Rehe, die im Sommer zwar rotbraun, im Winter aber an Hals und Rücken, oft sogar bis mitten an den Leib tiefschwarz gefärbt sind, im übrigen aber die gewöhnliche Färbung der Rehe zeigen. Gleich der Weißfärbung tritt auch die Schwarzfärbung plötzlich auf, doch scheint sie mehr oder weniger auf sumpfigem und moorigem Boden, wie er sich in der norddeutschen Tiefebene vielfach findet, vorzukommen. Bei Paarungen mit andersgefärbten Rehen vererbt sie sich viel leichter als Weißfärbung. Wo sich ein schwarzes Reh zeigt, gibt es in wenigen Jahren mehrere, so daß sich schwarzes Rehwild leicht vermehren lassen würde.

Das Verbreitungsgebiet des Rehs erstreckt sich mit Ausnahme der nördlichsten Länder über ganz Europa und den größten Teil von Asien. In der Schweiz und in Südeuropa ist es fast ausgerottet. Seinen liebsten Stand bilden nicht die großen, zusammenhängenden Waldungen, wie sie der Hirsch bevorzugt, sondern die gleich Inseln in den Feldern zerstreut liegenden Wälder. Es zieht nicht die reinen Nadelholzgegenden, sondern diejenigen vor, in denen Laubholz mit abfallenden Früchten, wie Eichen, Buchen, Ebereschen, Elsbeeren usw. an blumenreiche Wiesen mit kräftigem Graswuchs stößt. Das Strauchwerk des Untergrundes bietet ihm in den jungen Trieben vorzügliche Äsung und zugleich ein geschütztes Lager.

Niemals bildet das Reh so starke Trupps wie das Edelwild. Während des größten Teils des Jahres lebt es familienweise zusammen ein Bock mit einer, seltener zwei bis drei Ricken und deren Jungen; nur da, wo es infolge starken Abschusses an Böcken fehlt, gewahrt man Rudel von 12–15 Stück. Im Winter vereinigen sich bisweilen mehrere Familien und leben längere Zeit miteinander. Die Kälber halten sich bis zur nächsten Brunstzeit zu den Ricken, werden dann von diesen abgeschlagen und bilden oft eigene Trupps für sich. Während des Tages hält sich das Reh in einer ruhigen, geschützten Stelle des Walddickichts verborgen und tritt gegen Abend, in Gegenden, wo es ungestört bleibt, bereits in den späteren Nachmittagsstunden, auf junge Schläge, Wiesen oder Felder mit saftigem Klee oder kräftig sprossender Saat, besonders Roggen, heraus, um zu äsen. Dabei ist es wählerisch und nascht von allem nur das Beste, bleibt auch beim Äsen nie lange an demselben Platz, sondern sucht sich Abwechslung zu verschaffen. Es leckt gern Salz und scheint in der Zeit des vollen Pflanzenwachstums nur dann zu trinken, wenn es krank ist. Sein geringes Wasserbedürfnis deckt es von der Feuchtigkeit der aufgenommenen Pflanzenteile und von dem in den Blattwinkeln abgelagerten Tau oder Regen.

Zuerst tritt die alte Geiß mit anbrechender Nacht vorsichtig aus dem schützenden Walde heraus, um in der Nähe ihrer Kitze, die im Dickicht ruhen, zu äsen. Auf den geringsten Klageton derselben kommt sie angstvoll herbeigerannt, um jene zu beschützen und einen etwa sich an sie heranschleichenden Fuchs mit den Vorderläufen in die Flucht zu schlagen. Auf den ersten Warnungsruf der Mutter drücken sich diese Tierchen, solange sie erst unbeholfen zu gehen vermögen, mit vorgestrecktem Kopf fest in ihr Lager im dichten Unterwuchs oder hohen Gras. Erst wenn sie 4–6 Wochen alt sind, folgen sie der Mutter zu den Äsungsplätzen. Sie knuppern auch hier und da ein wenig am Gras oder Klee, aber es schmeckt ihnen noch nicht, da ihre Verdauungsorgane nur Milch zu bewältigen vermögen. Während der Nacht bleiben die Rehe auf den Wiesen und Feldern, um mit der Morgendämmerung wieder ihre Verstecke im angrenzenden Wald aufzusuchen. An gewitterigen Tagen sind sie sehr unruhig, benutzen kaum die üblichen Wechsel und ist auch ein Birschgang auf sie an den gewöhnlichen Äsungsplätzen erfolglos.

Ende Juni schwellen den Rehböcken die Hoden an und beginnt die Brunstzeit, die im Juli auf der Höhe ist und bis in den August hinein andauert. Von Geilheit getrieben umwirbt der Rehbock ungestüm die Geiß, die sich nicht gleich willfährig zeigt und sich lange im Kreise herumdreht und sich dem Bocke, dessen sie sich kaum erwehren kann, zu entziehen sucht. Der in voller Begierde hinter der brunstigen Geiß herziehende Bock vergißt alle Vorsicht, stößt röchelnde Laute aus und folgt in immer kleiner werdenden Bogen der Geiß, die sich schließlich beschlagen läßt. Da der Bock in dieser ruhelosen, angestrengten Zeit wenig frißt und häufig beschlägt, wird er immer matter. Trotzdem springt er noch Wochen nach der Brunst auf den Ruf der Geiß und ist seine Kampfbegier gegen Nebenbuhler noch größer als zuvor. Grimmig kämpfen die Böcke um die Weibchen und können dabei mit ihrem Gehörn so aneinander geraten, daß sie sich nicht wieder trennen können und verfolkelt, wie der Jäger sagt, elend verhungern müssen.

Das im Eileiter befruchtete Ei des Rehs verweilt ohne sich weiter zu entwickeln bis nach Mitte Dezember, also volle 41⁄2 Monate im Fruchthalter, der auch keine Veränderung zeigt. Erst dann beginnt es sich rasch zu entwickeln und die Gebärmutter auszudehnen, so daß der Keimling nach etwa 25 Tagen sich nur noch zu vergrößern braucht. Vierzig Wochen nach erfolgreichem Beschlage, also im Mai, setzt die Rehgeiß an dem stillen Orte, an den sie sich zu ihrer Entbindung zurückgezogen hat, ein bis zwei, selten drei Kitze, die der Mutter schon nach wenigen Stunden, allerdings zunächst recht unbeholfen, in spinnenhaften Bewegungen zu folgen vermögen. Nach der Brunstzeit gehen die vorübergehend von der Mutter abgeschlagenen Kitze wieder mit ihr und oft gesellen sich noch die zweijährigen hinzu. Bis zum September ist der Sprung gesammelt und Ende September tun sich mehrere derselben, aber selten mehr als 8–10 Rehe, zu Rudeln zusammen, die der inzwischen wieder von den Strapazen der Brunst erholte Bock führt. Das Verfärben beginnt jetzt wieder und schreitet je nach der Witterung rascher oder langsamer vor. Mitte Oktober ist kaum mehr ein braunrotes Reh anzutreffen. Um diese Zeit werfen schon einzelne starke Böcke ihr Gehörn ab; die meisten aber verlieren ihr Gehörn erst im November, manche sogar erst im Dezember oder gar im Januar.

Einst waren außer dem Menschen, der mit Schlingenstellen und Schießen ihm nachstellte, Bär, Wolf und Luchs die schlimmsten Feinde des Rehs. In Mitteleuropa kommt nur noch der Fuchs in Betracht, der unabläßlich den Rehkitzen und kranken älteren Rehen nachstellt. Angeschossenem Rehwild folgt der Fuchs auf der schweißigen Fährte wie der beste Hund; findet er es noch lebend auf dem Wundbett, so beschleunigt er den Tod durch Zerreißen der Halsadern, ist es aber schon verendet, so beginnt er es von der Wunde aus anzuschneiden. Auch Wildkatze, Baummarder und Iltis stellen den Kitzen eifrig nach und kennen deren Fiepton und Angstschrei genau. Von den mitteleuropäischen Vögeln wird nur der Uhu den jungen Rehen gefährlich, im Hochgebirge und in Asien auch der Adler. Eine besondere Klasse von Feinden, gegen die die Rehe vollkommen machtlos sind, bilden die den Hirsch greulich peinigenden Dassel- oder Bießfliegen und Bremsen, deren Larven entweder in den Schleimhäuten der Nasenhöhle oder im Unterhautzellengewebe besonders des Rückens schmarotzen und ihrem Träger arg zusetzen, ja ihn gelegentlich zugrunde richten können. Lästig werden auch Zecken, Läuse und verschiedene Eingeweidewürmer; ebenso sind ansteckende Krankheiten, worunter besonders die Tuberkulose und Wild- oder Rehseuche, zu erwähnen.

Wegen ihrer Anmut und ihres zutraulichen Wesens werden Rehe schon seit alter Zeit als Hausgenossen gehalten. Der um die Mitte des 1. Jahrhunderts n. Chr. in Rom lebende Spanier Columella schreibt in seinem Buche über den Landbau: „Wilde Tiere, wie Rehe (capreolus), Antilopen, Hirsche und Wildschweine, hält man entweder zu eigenem Vergnügen, oder zum Verkauf und Gewinn. Im ersteren Falle genügt jeder nahe am Wohnhaus gelegene umzäunte Platz und man füttert und tränkt sie aus der Hand; im zweiten muß ein Stück Wald, der auch Wasser enthält, für das Wild bestimmt und ummauert oder mit Latten umzäunt werden.“ Plinius meint, die Rehe und Wachteln ernähren sich von Gift, werden dabei dick und fett, sind aber gleichwohl die gutmütigsten Tiere der Welt. Tatsächlich fressen Hirsche und Rehe in der Brunstzeit mit Vorliebe Pilze, worunter auch giftige, die ihnen nicht schaden. Merkwürdigerweise behauptet derselbe Plinius in seiner Naturgeschichte, daß das „kleine, ästige Gehörn des Rehwilds“ nicht abfällt. Dies und daß es von den antiken Schriftstellern kaum erwähnt wird, beweist, daß es schon damals in den Mittelmeerländern fast ausgerottet war.

Das eingefangene Rehkitzchen gewöhnt sich sehr rasch an seine Umgebung, sowohl an Mensch als auch an Tier. Es spielt mit dem Hunde wie mit seinesgleichen, legt bald alle Scheu ab, ist für Leckerbissen sehr empfänglich, klettert auf Bänke und Tische und wird der verhätschelte Liebling aller. Bei der Ricke kann diese Liebenswürdigkeit länger anhalten und bleibt sie mit zunehmendem Alter ein angenehmer Hausgenosse, aber es empfiehlt sich, zur Zeit der Brunst ein wachsames Auge auf sie zu haben, falls Wald in der Nähe ist und Rehe dort stehen. Ist ihr der Weg zum Walde abgeschnitten, dann bleibt sie dem Hause treu. Der gefangen gehaltene Rehbock jedoch wird schon nachdem er seine Spitzen gefegt hat, unangenehm, er gefährdet Kinder und Frauen durch seine Stöße, tyrannisiert alle Haustiere, besonders die braven Jagdhunde, die genau wissen, daß sie ihm nichts tun dürfen, und muß regelmäßig früher oder später eingesperrt oder einem zoologischen Garten geschenkt werden. Hier ist ihm in der Regel trotz sorgsamer Pflege und vielfältiger Fütterung kein sehr langes Leben beschieden, da der Aufenthalt in einem eingehegten, wenn auch noch so großer Wildpark sein Gedeihen ungünstig beeinflußt. Er gehört in den Wald, dessen Zierde er ist, und bildet die bevorzugte Beute des Weidmanns, der ihn auf Anstand oder Ansitz, auf dem Birschgange, durch Blatten oder Treiben mit Hunden erlegt. In Deutschland werden alljährlich etwa 200000 Rehe geschossen, die drei Millionen Kilogramm Wildbret geben und einem Verbrauchswert von 3–4 Millionen Mark gleichkommen. Das Wildbret vom Reh ist sehr kurzfaserig und liefert deshalb einen sehr zarten Braten. Das Mark der Röhrenknochen gibt ausgelassen ein vorzügliches Fett zum Schmieren von Gewehrschloß und anderen Stahlwerkzeugen. Die Gehörne bilden Material zu allerlei Zierat, das Fell liefert Decken und Leder, mit Haaren vom Winterfell werden feinere Reitsättel gefüttert. Jedenfalls ist aber der Schaden, den das Reh in jungen Schlägen anrichtet, größer als sein Nutzen.

Im Gegensatz zu dem in der Gefangenschaft hinfälligen Reh, das sich auch keineswegs regelmäßig im Zwinger fortpflanzt, ist der zwischen Rotwild und Renntier stehende Damhirsch (Dama vulgaris) für das Leben in Parks wie geschaffen. Man kann sich auch kaum eine größere Zierde solcher großer Anlagen beschaffen als eben das Damwild, das seinen Namen davon tragen soll, daß es das Wild der Damen ist. Es ist weit weniger scheu als Hirsch und Reh, treibt sich an lichten Waldstellen oft ungescheut am hellen Tage umher und wechselt weder so regelmäßig noch so weit wie der Rothirsch. Im engeren Wildpark wird es so neugierig-zutraulich, daß es den Namen Wild kaum mehr verdient und es schon ein ganz schlimmer „Schießer“ sein muß, der am Niederknallen eines so wenig scheuen liebenswürdigen Geschöpfes noch ein Vergnügen findet. Mit seinen bunten Farben und seiner unruhigen Lebhaftigkeit ist es zur Belebung einer Parklandschaft wie geschaffen, und tatsächlich bevölkert es auch, besonders in England, die Umgebung aller Sommerschlösser, für deren nicht selten gelangweilte vornehme Bewohner es gewiß viel unterhaltender ist als das scheu sich zurückziehende Rotwild. Nur muß man junge Bäume und Anpflanzungen gegen das Damwild noch sorgfältiger schützen als gegen das Rotwild, da es noch mehr wie dieses das Schälen, d. h. Abnagen der Rinde und Verbeißen, d. h. Abfressen der sprossenden Zweige und Blätter, jene beiden großen Verbrechen des Wildes in den Augen des Forstmanns und Gärtners, sich zuschulden kommen läßt. Doch kann man diese Neigung, der zweifellos bestimmte physiologische Bedürfnisse zugrunde liegen, dadurch ablenken, daß man den verschiedenen, in der modernen Forstwirtschaft allerdings streng verpönten Unterholzsträuchern im Park ihre Stelle läßt, außerdem auch durch rationelle Fütterungs- und Leckeinrichtungen von Salz mit Lehm und aromatisch bitteren Stoffen abschwächt.

Was die geographische Verbreitung des Damhirsches betrifft, so hat es, wie verschiedene Knochenfunde beweisen, vor der Eiszeit ganz Mitteleuropa bis Norddeutschland bewohnt, wurde aber durch die Klimaverschlechterung während derselben in die Länder am Mittelmeer bis zur Sahara verdrängt. Von dort wurde er erst in der Neuzeit durch den Menschen künstlich wieder in Mitteleuropa eingeführt, wo er im Altertum und Mittelalter vollkommen fehlte. Heute ist er bis Südschweden und Norwegen verpflanzt worden. Am frühesten kam er nach England, wo es schon 1465 dunkelfarbiges Damwild im königlichen Park von Windsor gab. Unter dem Großen Kurfürsten wurde er um 1680 nach der Mark Brandenburg und unter Friedrich Wilhelm I. um 1730 nach Pommern gebracht. Hier überall gedeiht der Damhirsch bei einiger Winterpflege recht gut, aber er ist fast zu einem Haustier geworden, dessen Färbung manchem Wechsel unterworfen ist. Gewöhnlich ist er loh- oder gelbbraun, auf dem Kopf und obern Hals dunkler gefärbt und auf dem Rücken vom Nacken bis zum Schwanzende mit einer dunklen Linie gezeichnet. An Rumpf und Hüften ist er mehr oder weniger deutlich weißgefleckt und an der Unterseite des Körpers weiß. Daneben gibt es aber auch fleckenlose braune, gelbe, fast schwarze und ganz weiße Damhirsche mit allen Übergängen ineinander. Im allgemeinen ist das Damwild im Sommer mehr rötlich gefärbt und deutlicher gefleckt, im Winter dagegen mehr grau und fast fleckenlos. Charakteristisch ist sein bei völliger Ausbildung unten drehrundes, oben handförmig ausgebreitetes Geweih, das je einen Mittel- und Augensproß nach vorn entsendet.

Das Damwild liebt hügeliges Land, in welchem sanfte Täler mit niederen Anhöhen abwechseln, ebenso lichte Laubwaldungen und Haine, deren Boden mit kurzem Gras bewachsen ist. Es gleicht in seiner Lebensweise dem Rotwild, ist nur unsteter und unruhiger, hält an seinem Standort und seinem Wechsel im allgemeinen fester als jenes und pflegt auch stärkere Rudel zu bilden. Seine Feistzeit fällt in den September, die Brunst tritt im November ein und etwa einen Monat später als beim Edelhirsch wirft das etwa acht Monate lang tragende Tier ein oder zwei bis zur folgenden Brunstzeit von ihm gesäugte Kälber, die, falls es Männchen sind, im zweiten Jahr runde, sich in jedem Frühling erneuernde und sich allmählich zerteilende Geweihstangen erhalten, an denen zuerst Augen-, dann Mittelsproß und zuletzt die schaufelförmig erweiterte, nach hinten zerteilte Spitze auftritt. Die alten Damhirsche werfen im Mai, die jungen Spießer im Juni ihr Geweih ab, das sich bis zum August oder September erneuert. Das Damwild liefert zarteres Wildbret und eine weichere und elastischere, aber auch schwächere Haut als das Rotwild und wird ebenso gejagt und benutzt wie dieses. Seine Munterkeit bewahrt es auch in engerer Gefangenschaft, an welche es sich leicht gewöhnt.

Einst über ganz Mitteleuropa verbreitet, aber heute hier überall ausgerottet ist der Elch (Alces machlis). Diese hochbeinige, stattliche Hirschart mit plumpem Körper, großem Kopf, dicker Schnauze und im männlichen Geschlecht mit Kehlbart und mächtigem, fast wagrecht verlaufendem schaufelförmigem Geweih liebt moorreiche Waldungen. Wenigstens tummelt sich der Elch vom April bis September fast ausschließlich im Sumpf, über dessen Schlammboden ihn die großen, breiten, tief gespaltenen Hufe leicht tragen. Früher war er westlich bis Großbritannien und Frankreich, südlich bis in die Lombardei verbreitet. In Norditalien scheint er bereits zur römischen Kaiserzeit ausgestorben gewesen zu sein. Der Grieche Pausanias schreibt um 170 n. Chr.: „Der Elch (alkḗ) sieht dem Hirsch und dem Kamel ähnlich, bewohnt das Land der Kelten. Menschen können es nicht aufspüren und es kann daher nur erlegt werden, wenn man große Strecken einkreist und dann immer näher zusammenrückt.“ Um 208 schaffte Gordian als Konsul nach Julius Capitolinus 10 Elche für die Jagdspiele nach Rom und 273 ließ Kaiser Aurelian auch dieses Tier als Schaustück aus Gallien in seinem Triumphzuge aufmarschieren. In Gallien verschwand der Elch schon im 5. Jahrhundert n. Chr. Länger blieb er in Deutschland erhalten. Im Walde Viergrund bei Nördlingen in Bayern erlegten zwei Hofleute des Königs Pipin einen Elch, dessen riesenhaftes Geweih sich im Original und in einer Abbildung bis heute erhielt. Im 10. Jahrhundert lebte der Elch noch in Flandern, im 14. in Böhmen; im 16. war er schon in Mecklenburg und dem größten Teile Deutschlands ausgerottet. In Sachsen wurde das letzte Exemplar dieser Tierart 1746, in Schlesien 1746, in Galizien 1760 erlegt. In Ungarn, wo es noch im 17. Jahrhundert Elche gab, waren zu Ende des 18. keine mehr vorhanden. Aus Westpreußen ist der Elch erst zu Anfang des 19. Jahrhunderts verschwunden, in Ostpreußen wird er im kaiserlichen Forst von Ibenhorst gehegt. In Skandinavien, Nordrußland und Sibirien kommt er noch in inselartiger Verbreitung vor, verträgt sich aber nirgends mit geordneter Forstwirtschaft, da er ein schlimmer Waldfrevler ist, fast ausschließlich von Sträuchern und jungen Bäumen äst, und zwar nicht bloß deren Blätter und junge Schößlinge, sondern namentlich auch die Rinde und holzigen Zweige bis zu Fingerdicke. Im Februar und März schält er die Rinde der Nadelholzgewächse, später diejenigen der Laubbäume, und zwar ist für ihn als Sumpfhirsch das Lieblingsgesträuch die Werftweide. Im Winter bilden Baumknospen seine Hauptnahrung. Wo er sich sicher fühlt, zieht er Tag und Nacht, beunruhigt dagegen vor Sonnenunter- und Aufgang seiner Nahrung nach, um die übrige Zeit im Dickicht oder Moore zuzubringen. Nach der Sättigung legt er sich nach Rinderart zum Wiederkauen nieder.

Im allgemeinen friedfertig und gesellig lebt der Elch familienweise; nur die starken Hirsche bleiben bis gegen die Brunstzeit allein. In der Brunstzeit im August bis September verhalten sich die Männchen ähnlich den Rothirschen, fordern auch durch Schreien ihre Nebenbuhler heraus und kämpfen wütend mit ihnen um den Besitz der Weibchen. Besiegte Elchhirsche, die keine Tiere zur Begattung finden, geraten in eine Art Koller, der sie unaufhörlich herumschweifen, wohl gar in bewohnte Gegenden laufen und ebenso abmagern läßt wie die glücklicheren Geschlechtsgenossen. Das beschlagene Tier zieht sich gegen das Ende der 40 Wochen betragenden Tragzeit in einsame Sumpfgegenden zurück, wo es meistens zwei Kälber setzt, die es sorgsam beschützt und ernährt. Nach drei Jahren sind die Weibchen erwachsen, die Männchen dagegen erst im fünften Jahre, wobei sich bei ihnen das Geweih schaufelartig auszubreiten beginnt. Ein ausgewachsener Elchhirsch wiegt 330 kg, ein ausgewachsenes Elchtier dagegen nur 280 kg, während ein eben gesetztes Elchkalb 10–12 kg wiegt. Der Elch erreicht nur ein Alter von 20 Jahren und hat besonders unter den Angriffen der rudelweise jagenden Wölfe zu leiden, die ihn im Winter auf dem Eise leicht zu Falle bringen. Gefährlich ist ihm auch der Bär, der gern einzelne Elche beschleicht, ebenso der Luchs, der Elchkälbern auflauert und sie bei Entfernung der Mutter überfällt und abwürgt. Bei mehrmaliger Beunruhigung ändert der Elch seinen Stand, haßt überhaupt mehr als die übrigen Hirsche alle Störungen aufs tiefste und verläßt eine Gegend, in der er wiederholt behelligt wurde. Jung eingefangene Elche werden leicht zahm und wurden früher in Schweden zum Ziehen von Schlitten abgerichtet; doch bleiben sie in der Gefangenschaft nur verhältnismäßig kurze Zeit am Leben und sterben an zunehmender Abmagerung vorzeitig dahin. Das Zusammensein mit Vertretern lebhafter Hirscharten ist dem Elch zuwider; nur mit den ruhigen, gelassenen Renntieren verträgt er sich gut, eignet sich aber wegen seiner Hinfälligkeit in der Gefangenschaft nicht zur Domestikation.

Ein trefflich kletternder Bewohner des Hochgebirges ist die kluge Gemse (Capella rupicapra), die ein ausgesprochenes Tagtier ist und durch ihr bei aller blitzartigen Entschlossenheit doch ruhig überlegendes Wesen sich vorteilhaft von der kopflosen Scheu und nervösen Schreckhaftigkeit der mehr nächtlichen hirschartigen Waldtiere unterscheidet. Sie bewohnte früher das Vorland der Gebirge, bis sie sich in harter Bedrängnis durch den Menschen auf das für ihn schwer zugängliche Hochgebirge zurückzog. Aber auch da ist sie nicht wie der Steinbock ein reines Felsentier, sondern eigentlich ein Bewohner des obersten Waldgürtels, wo sie am liebsten weilt. Früh zieht sie zur Äsung auf bekannte Weideplätze, um bis um 10 Uhr saftige Kräuter allerlei Art und junge Triebe von Sträuchern, besonders Alpenrosen, zu fressen, dann wandert sie einem Waldbestand oder einem Legföhrendickicht zu, um hier wiederzukauen. Um 4 oder 5 Uhr wird sie wieder rege, zieht auf den Äsungsplatz, wo sie bis zur Nacht, bei Mondschein bis 10 oder 11 Uhr, frißt, um dann die Nacht über in gedeckter Stellung teilweise wiederkauend zu ruhen. Auf der Flucht entwickelt sie eine überraschende Sprungfertigkeit und Kletterkunst. Mit ihren sehnigen langen Läufen mit starken, scharfrandigen Hufen springt sie dann bis 7 m weit und schnellt sich an senkrechten Wänden bis 4 m in die Höhe. Im Notfall rutscht sie mit zurückgestemmtem Körper und scharf gegen das Gestein eingesetzten Hinterhufen schnurrend die steilsten Wände hinunter und auch ein Absturz bis zu 100 m soll ihr nicht schaden, wenn sie nur unten auf weichen Schnee fällt. Droht oben Gefahr, so eilt sie mit wilden Sätzen abwärts, wobei sie 10–15 m hohe Bergwände herunterspringt, um hart an der Wand zu entkommen. Im Winter rutscht sie oft zum Vergnügen auf dem Bauch mit vorgestemmten Füßen steile Schneehalden hinunter, wobei sie in hockender Stellung so lange mit den Hinterbeinen sich abschnellt, bis sie ins Gleiten gekommen ist. Ihre Sinne, besonders der Geruch, sind vortrefflich ausgebildet; dabei ist sie in hohem Grade wachsam und unterscheidet sehr wohl harmlose Menschen vom sich an sie heranschleichenden Jäger.

Als höchst geselliges Tier vereinigt sich die Gemse zu ziemlich großen Rudeln von 30–40 Stück, die die Geißen, deren Kitzchen und die jüngeren Böcke bis zum zweiten, höchstens dritten Jahre umfaßt. Alte Böcke leben außer der Paarungszeit für sich oder vereinigen sich nur vorübergehend mit einigen wenigen ihresgleichen. Im Rudel übernimmt eine alte, erfahrene Geiß die Leitung, doch wachen alle älteren Mitglieder desselben abwechselnd für die Sicherheit des Trupps. Jede Gemse, die etwas Verdächtiges gewahrt, drückt dies durch ein weithin vernehmbares, mit Aufstampfen des einen Vorderfußes verbundenes Pfeifen aus, worauf das Rudel, sobald es sich von der Tatsächlichkeit der Gefahr überzeugt hat, sofort die Flucht ergreift. Gegen die Paarungszeit hin, welche um Mitte November beginnt und bis Anfang Dezember währt, finden sich die starken Böcke bei den Rudeln ein, indem sie sich dumpfgrunzend um die Geißen bewerben. Bei ihrem Erscheinen stieben die jungen Böcke erschreckt auseinander. Da die starken Böcke keinen Nebenbuhler bei dem von ihnen mit Beschlag belegten Rudel dulden, setzt es unter den geilen Gesellen grimmige Kämpfe ab, wobei der unterliegende Bock gelegentlich einen Abgrund hinuntergestoßen oder ihm mit dem spitzen nach rückwärts gebogenen Gehörn auch der Bauch oder eine andere Körperstelle aufgerissen wird. Zuerst werden die jüngeren, dann die älteren Geißen beschlagen. Dabei läßt der Bock von einer bei ihm viel stärker als bei der Geiß anschwellenden Drüse hinter den Krickeln einen für uns widrig duftenden, den Geißen aber angenehmen und sie sexuell erregenden Duft ausströmen. Bei der Brunst, während welcher er beständig erregt ist und kaum etwas frißt, magert der Gemsbock stark ab, um sich nach Ablauf derselben allerdings rasch wieder zu erholen. Die Satzzeit fällt auf Ende Mai oder Anfang Juni. Während jüngere Geißen stets nur ein Kitzchen setzen, gebären alte deren zwei, ausnahmsweise auch drei, die ungemein rasch heranwachsen, schon im dritten Monat Hörner erhalten und bereits im dritten Jahr die volle Größe der Alten erreicht haben.

Ungeachtet mancherlei Gefahren und der harten Bedrängnis schneereicher Winter vermehren sich die Gemsen da, wo sie gehegt und nur in vernünftiger Weise abgeschossen werden, ungemein rasch und sind eine unvergleichliche Zier unseres Hochgebirges. Die Jagd auf sie ist ein beschwerdereiches Vergnügen, das einen ganzen Mann verlangt. Ihr Wildbret ist vorzüglich und übertrifft an Wohlgeschmack noch dasjenige des Rehs, das als das beste der einheimischen Wildarten gilt, bei weitem durch seinen würzigen Beigeschmack. Das Fell wird zu einem vorzüglichen Wildleder verarbeitet, die Hörner zu allerlei Zierat verwendet, während die 20–23 cm langen, schwarzen Haare mit gelb-weißer Spitze, die als eine Art Mähne dem Rücken entlanglaufen, als „Gamsbart“ in Nachahmung einer Tiroler Sitte einen beliebten Hutschmuck auch für die Städter im Reisekostüm bilden. Nur jung eingefangene Gemsen lassen sich zähmen. Sie werden zunächst mit Ziegenmilch, dann mit saftigen Kräutern, Kohl, Rüben und Brot ernährt und einer gutartigen Ziege mit deren Zicklein zugesellt, in deren Gesellschaft sie zu allerlei keckem Spiel aufgelegt sind. Zutraulich drängen sie sich an ihren Pfleger heran, um sich Futter zu erbitten. Erst in erwachsenem Zustande kommt bei ihnen meist eine gewisse Wildheit zum Durchbruch, die sich durch nachdrücklichen Gebrauch ihrer Hörner bekundet. In einem Stalle behagt es ihnen nicht. Auch im Winter wollen sie Tag und Nacht im Freien zubringen und begnügen sich auch im Schnee mit ein wenig Streu als Lager. Alt eingefangene Gemsen bleiben immer furchtsam und scheu und pflanzen sich in der Gefangenschaft kaum je fort. Von jung eingefangenen Gemsen hat man in verschiedenen Tiergärten Junge gezüchtet.

Häufiger als auf Gemsen findet sich für den deutschen Weidmann Gelegenheit, auf Sauen zu jagen. Das Wildschwein (Sus scrofa) ist der einzige Vertreter der Schweinefamilie in ganz Europa. Mit Vorliebe wählt es sich feuchte, sumpfige Gegenden zu seinem Aufenthaltsort, gleichgültig, ob diese bewaldet oder mit Sumpfwuchs bestanden seien. Nur wo es verfolgt wird, zieht es sich in das Waldesdickicht zurück, um darin unter tiefbeasteten Fichten oder im Gestrüpp tagsüber zu ruhen, wobei es sich eine mit Moos und Farnen gepolsterte Vertiefung im Boden zum bequemen Lager herrichtet. Mit einbrechender Dämmerung erhebt es sich, um zunächst einer Suhle zuzustreben, in welcher es sich ein halbes Stündchen wälzt. Wenn alles ruhig geworden ist, sucht es mit Vorliebe die reifenden Getreidefelder und Kartoffeläcker auf, um sich darin gütlich zu tun. Dabei frißt es weit weniger als es verwüstet, weshalb es dem Landmanne begreiflicherweise so verhaßt ist. Sonst sucht das Wildschwein in Wald und auf Wiesen Erdmast in Form von Trüffeln, fleischigen Wurzeln, Kerbtierlarven, Würmern, Schnecken, aber auch Mäusen und anderen kleinen Säugetieren nebst Leichen aller Art; im Herbst und Winter ernährt es sich vorzugsweise von abgefallenen Eicheln, Bucheln, Haselnüssen und Kastanien, verfolgt angeschossenes und kränkelndes Wild, um ihm den Garaus zu machen, und frißt in der Not die eigenen Jungen. Beim Fressen sichert es häufig mit emporgehaltenem Rüssel, zumal wenn es aus einem Dickicht ins Freie und über einen Weg wechselt. Fällt ihm etwas Verdächtiges auf, so entfernt es sich nach Ausstoßen eines schnaubend-fauchenden Tons so geräuschlos, daß man glauben könnte, es sei in die Erde verschwunden. Das unbedeutendste verdächtige Zeichen genügt, das scheue Tier zu vertreiben. Geruch und Gehör sind bei ihm seiner nächtlichen Lebensweise entsprechend ausgezeichnet, während das Gesicht mangelhaft ist. Den Jäger erkennt es an der Witterung, nicht an seiner Gestalt. Verfolgt stürzt es sich ohne Bedenken in reißende Ströme, um sie zu überschwimmen, wobei es sehr geschickt und ausdauernd schwimmt.

Als sehr geselliges Tier pflegt sich das Wildschwein zu Rudeln zusammenzutun, und zwar die stärkeren Keiler für sich, während die Bachen genannten Weibchen mit den Frischlingen und geringen Keilern gehen. Vom dritten Lebensjahre an leben die dann Hauptschweine genannten Männchen als Einsiedler und schlagen sich erst zur Paarungszeit, zur sogenannten Rauschzeit, zu den Rudeln der Weibchen, um deren Besitz sie mit gleichstarken Keilern erbitterte Kämpfe führen. Die geringeren Keiler werden vertrieben, wenn sie sich zur Rotte, wie man eine Herde Wildschweine nennt, gesellen. Abgeschlagene Wildschweine suchen ihren Geschlechtstrieb vielfach bei Herden von zur Eichel- oder Buchelmast in den Wald getriebenen Hausschweinen zu befriedigen, wodurch dann Blendlinge entstehen, die wegen ihres wilden und scheuen, mit schlechter Mastfähigkeit gepaarten Temperaments dem Zuchtsauenbesitzer wenig willkommen sind. Den Hauptschutz der Keiler bei ihren grimmigen Kämpfen mit den Nebenbuhlern bildet ein an den Schulterblättern zwischen Haut und Fleisch, oft bis zwei Finger dicker „Schild“ aus hornartiger weißer Masse. Harnisch dagegen nennt man die feste Kruste, die sich an Brust und Vorderschulter der Keiler durch Reiben an den Stämmen Harz ausschwitzender Fichten bildet, deren Harz die Borsten und die Unterwolle zu einer harten, schützenden Decke zusammenklebt.

Schon ehe das Wildschwein vollkommen ausgewachsen ist, wird es fortpflanzungsfähig. Von Ende November bis in den Januar dauert die Rauschzeit. Nach einer Tragzeit von 20 Wochen wirft die Bache, für sich abgesondert, so lange sie noch jung ist 4–6, später 10–12 Frischlinge, die auf gelbgrauem Grunde braune Längsstreifen aufweisen. Es ist dies ein altmodisches Gewand, das die Vorfahren einst auch erwachsen trugen. Die Frischlinge werden von der Bache aufmerksam bewacht und im Falle eines Angriffs mutig verteidigt. Schon der geringste Klagelaut eines Jungen ruft die Alte herbei, die sich wutschnaubend auf den Friedensstörer wirft. Die Wildschweine werden 20–25 Jahre alt, erreichen nur ausnahmsweise ein Gewicht von 225 kg bei einer Länge von 1,6 m und einer Höhe von 0,5 m. Die einzige Seuche, die bei ihnen auftritt und sie rasch dahinrafft, ist die Halsbräune. Sie werden auf dem Anstand, namentlich auf der Saukanzel, dann auf der Birsch und auf der Jagd mit Treibern und Hunden erlegt. Jedenfalls ist der Schaden, den sie verschulden, nicht so bedeutend, daß er ihre vollkommene Ausrottung rechtfertigen würde. Dadurch, daß sie durch Aufwühlen weiter Bodenstrecken nach Engerlingen (Larven des Maikäfers) diese Schädlinge ausrotten und gleichzeitig die natürliche Besamung der Waldbäume erleichtern, sind sie dem Forstmanne geradezu nützlich. Während sie heute auf freier Wildbahn bei uns selten geworden sind, werden sie noch vielfach in eingehegten Waldbezirken als geschätzte Jagdtiere gehalten. Die Jagd auf sie hat seit alten Zeiten als ein ritterliches Vergnügen gegolten, war es aber nur solange der Jäger mit der Saufeder ihnen direkt entgegentrat, um sie zu fällen. Heute aber, wo man sie ohne alle Lebensgefahr auf weite Distanz mit den weitreichenden Präzisionsgewehren schießt, ist alle Ritterlichkeit dahin. Ihr Fleisch ist sehr geschätzt, weil es neben dem Geschmack des Schweinefleisches den des echten Wildbrets hat. Das Gehirn der Wildsau ist hoch entwickelt, weshalb sie sich leicht abrichten läßt. Auf den britischen Inseln ist sie wie der Wolf schon seit längerer Zeit ausgerottet.

Nur ganz ausnahmsweise kommt ein mitteleuropäischer Jäger auf den braunen Bären (Ursus arctos) zu Schuß. Wer diesen in freier Wildbahn kennen lernen will, der muß schon nach Siebenbürgen oder Rußland gehen, wo er auch jetzt noch in gewissen Gegenden nicht selten vorkommt. In Siebenbürgen bewohnt er die Legföhrenregion des Gebirges, während er in den Rokitnosümpfen Rußlands ein echter Sumpfbewohner ist, der sich nur zur Winterszeit in trockeneres Gelände zurückzieht. Im allgemeinen liebt der Bär schwer zugänglichen oder doch wenig besuchten, dichten Wald, in welchem ihm Höhlen unter Baumwurzeln oder in Baumstämmen, im Felsengeklüfte, mit reichem Unterholz bewachsene Inseln in Brüchen Obdach und Ruhe vor seinem Erzfeinde, dem Menschen, gewähren. Er kann 2 m Länge, 1 m Höhe und ein Gewicht von 300 kg erreichen und trägt im Winter ein dichtes, zottiges, langhaariges Fell, im Sommer dagegen ein viel kürzeres, dünneres und dunkleres von brauner bis schwarzer Farbe. Trotz seines schwerfälligen Körperbaues ist er ein gewandtes Tier, das im tiefen Schnee Sprünge von 3,5–5,5 m machen kann und auch beim Klettern eine große Gelenkigkeit zeigt. Mit seiner urwüchsigen Kraft, die ihn einen 350 kg schweren Hirsch aus einer Grube zu ziehen und weit wegzuschleppen erlaubt, verbindet er eine ungeheure Ausdauer und Zähigkeit im Ertragen von Strapazen und im Aushalten von Verwundungen. Während sein Geruch und Gehör ausgezeichnet sind, ist das Gesicht bei ihm nur schlecht entwickelt. Seine geistigen Fähigkeiten sind sehr gute, doch ist er bei aller Gutmütigkeit höchst falsch und mißtrauisch, liebt Behaglichkeit ungemein, greift aber, sobald er gereizt wird, sofort an. Er ist seinem Gebiß und der Beschaffenheit seiner Eingeweide nach Allesfresser, hält sich im allgemeinen aber mehr an Pflanzen- als Fleischkost. Monatelang kann er sich mit Früchten, besonders Eicheln, Bucheln und Haselnüssen, dann Beeren aller Art, reifendem Mais, saftigem Hafer und anderem Getreide neben Schnecken, Käfern und Insektenlarven ernähren. Wo ihm aber Gelegenheit dazu geboten wird, ergreift er gern Wild oder größere Haustiere des Menschen, besonders Rinder und Schafe, um sie zu fressen. Kann er keine lebenden Tiere haben, so begnügt er sich auch mit Aas. Meist schlägt er sein Opfer mit einer seiner kräftigen Vorderpranken am Rücken, wobei die scharfen, langen Krallen tief ins Fleisch eindringen, und beißt es dann am Halse tot. Beim Verzehren des gestreckten Tieres reißt er ihm zuerst die Brust auf, um die Eingeweide zu verzehren. Was er nicht fressen kann, wird notdürftig von ihm verscharrt oder mit Reisig bedeckt und später wieder aufgewühlt. In Siebenbürgen sind außer Haustieren, besonders Rindern, Wildschweine und Rehe seine gewöhnlichen Opfer, während er in Rußland außerdem auch Elche erbeutet. Begieriger als nach jeder anderen Nahrung ist er aber nach Honig. In den Bäumen, in deren Höhlungen wilde Bienen wohnen und ihre Vorräte angelegt haben, kratzt und beißt er Löcher, um zu der von ihm so geliebten süßen Speise zu gelangen. Wasser kann er nicht längere Zeit entbehren. Solange sein Standquartier wasserreich genug ist, um seinen Durst zu stillen, verläßt er es nie. Erst wenn ein sehr heißer Sommer Wassermangel herbeiführt, besucht er benachbarte, mit Wasser versehene Gegenden, um sofort in sein Revier zurückzukehren, sobald dessen Wassermangel vorüber ist.

Bei der Eichel- und Buchelmast im Herbst hat er sich genug Fett angemästet, um im geschützten Lager gekrümmt, mehr auf der Seite als auf dem Bauche liegend über die für ihn schlimme Jahreszeit zu ruhen. Ein Winterschlaf ist es kaum zu nennen; denn es ist mehr ein duselndes Wachen, bei dem er niemals die angeborene Vorsicht außer acht läßt. Kurze Zeit nach dem Lagern sind die Bären noch unruhig; besonders die schlechtgenährten verlassen das Lager häufig, um sich, weil ihnen die gegen Kälte schützende Fettschicht der feisten fehlt, durch Bewegung zu erwärmen. Sobald sie beunruhigt werden, erheben sie sich, um ein anderes Lager zu beziehen. Eingeschneite oder in Höhlen lagernde Bären liegen am festesten. Bärinnen mit Jungen und alte, früher schon einmal angeschossene Bären sind am ängstlichsten und erheben bei jedem verdächtigen Geräusch den Kopf, um sich bei nahender Gefahr beizeiten zu flüchten.

Solange der Winter anhält, bleibt der Bär im Lager, wobei sich seine Sohlen häuten. Sobald Tauwetter eintritt, erhebt er sich, reckt und streckt und schüttelt sich und geht zunächst auf die Beerensuche, wobei er mit seinen Pranken die die Moosbeerensträucher bedeckende Schneeschicht beseitigt, um zu den roten Beeren zu gelangen. Im Mai oder Anfang Juni suchen sich meist zur Nachtzeit, mitunter schon in der Dämmerung, laut brummend Bär und Bärin, um sich zu paaren. Indessen hält sich die Bärin nicht nur an einen Bären, so daß es unter den Männchen nicht selten harte Kämpfe absetzt, die mit dem Tode des schwächeren endigen können. Um die Mitte des Winters, im Dezember oder Januar, wirft die Bärin in ihrem weich mit Moos, Gras und Blättern ausgestopften Lager das erste Mal höchstens zwei, später drei, auch wohl vier, im Alter aber schließlich nur ein Junges, um vom 16.-18. Jahre an gelte, d. h. unfruchtbar, zu bleiben. Im Gegensatz zum Bären wechselt sie häufig ihr Lager und spielt mit den Jungen auf dem Schnee, den sie nicht selten vollständig festtritt. Sie bleibt aber länger im Winterlager als das Männchen. Erst wenn die Jungen ihr folgen können, verläßt sie es, um zunächst nur in der Nähe umherzustreifen und die Jungen im Aufsuchen von Fraß, im Klettern und in andern Dingen zu unterrichten. Können die Jungen einige Strapazen aushalten, so zieht die Familie weiter, wobei die Bärin als Beherrscherin ihres Distrikts jedes Vorkommnis mißtrauisch überwacht und sich dem Eindringen des Menschen standhaft und mutig widersetzt, auch die Jungen tapfer verteidigt, während sie nicht selten die unbeholfenen Säuglinge bei Gefahr verläßt. Sind die Jungen so weit selbständig, daß sie sich ernähren und erhalten können, so verteidigt sie dieselben fast gar nicht mehr. Die Jungen beziehen auch, falls die Mutter nicht wieder trächtig ist, immer denselben Distrikt zum Überwintern, aber besondere, niemals weit von dem jener entfernte Lagerplätze. Ist die Bärin aber trächtig, so duldet sie die Jungen unter keinen Umständen in ihrem Distrikt, sondern vertreibt sie mit Beißen und Ohrfeigen. Von den Jungen, die von diesem Zeitpunkte an selbständig sind, geht jedes im nächsten Frühjahr seinen eigenen Weg. Erst im fünften oder sechsten Jahre werden sie fortpflanzungsfähig. Vom Menschen aufgezogene Bären, die selbständig fressen und ihren Fraß selbst aufsuchen können, sind ungemein schwer auszusetzen und arten förmlich zu Haustieren aus, die sich nicht mehr vertreiben lassen.

Zur Jagd auf den Bären gehört persönlicher Mut, kaltes Blut und vollständige Sicherheit in der Handhabung der Waffe; dann ist sie ebenso ungefährlich wie die auf irgend ein anderes Raubtier. Sie wird in verschiedenen Gegenden auf verschiedene Weise betrieben. Entweder wird der Bär mit einer Treiberkette und einer Hundemeute aus dem zuvor festgestellten Lager getrieben oder in diesem selbst geschossen. Im Frühjahr und Herbst, wo er Aas am begierigsten annimmt, jagt man ihn auf dem Anstand bei geschlagenem Vieh. Gewöhnlich besucht der Bär das Aas erst nach eingetretener Dämmerung oder in der Nacht und ist in der Dunkelheit schwer zu treffen. Auch durch Selbstschüsse auf den von ihm begangenen Wechseln und in Tellereisen wird er gefangen. Sein Fleisch ist wohlschmeckend, besitzt zwar durch Reichtum an Glycogen wie das Pferdefleisch einen nicht jedermann zusagenden süßlichen Geschmack; doch sind die Schinken gesalzen und geräuchert ausgezeichnet. Sein weiches, kaum je ranzig werdendes Fett, das einen guten Ruf als ein den Haarwuchs beförderndes Mittel besitzt, wird gut bezahlt und sein Fell gilt 60–250 Mark.

Das gemeinste Beutetier der mitteleuropäischen Jäger ist der Feldhase (Lepus vulgaris), der ganz Mitteleuropa und einen Teil des westlichen Asien bewohnt. Im Süden vertritt ihn der kleinere und rötlich gefärbte Hase der Mittelmeerländer, im hohen Norden der Schneehase und im Hochgebirge der Alpenhase, welch letztere im Sommer bräunlichgrau, im Winter aber bis auf die schwarzen Ohrspitzen weiß gefärbt sind. Die Nordgrenze der Verbreitung des Feldhasen geht von Schottland über Südschweden zu den Gegenden am Weißen Meer; in Sibirien fehlt er. Er hält sich am liebsten auf ausgedehnten, fruchtbaren Ebenen, auch an lichten Waldrändern auf, kommt jedoch im Innern von großen, dichten Wäldern selten vor, wird aber in Gebirgsgegenden noch regelmäßig in der Laubholz-, seltener in der Nadelwaldregion angetroffen. In den Alpen steigt er bis zu 1600 m und im Kaukasus fast bis zu 2000 m. Er ist im allgemeinen mehr ein Nacht- als ein Tagtier, obwohl man ihn an heiteren Sommertagen schon vor dem Untergang der Sonne und noch am Morgen im Felde, wo er seine Nahrung sucht, umherstreifen sieht. Für gewöhnlich verläßt er sein Lager oder das ihn bergende Gehölz erst bei Sonnenuntergang, vor Eintritt der Dämmerung, um sich zum Äsen und Spielen ins Freie zu begeben. Bei Sonnenaufgang sucht er wieder sein Lager auf, um tagsüber zu ruhen. Höchst ungern verläßt er den Ort, an welchem er aufgewachsen und groß geworden ist. Er ernährt sich von Gras, jungem Getreide und allerhand saftigen Kräutern, in harten Wintern auch von saftiger junger Baumrinde, besucht aber zu allen Jahreszeiten gern die Kohl- und Gemüsegärten. Er äst nachts und bringt den ganzen Tag, das Auge auch im Schlaf weit geöffnet, schlummernd in einem zwischen Erdschollen oder Gebüsch wohlversteckten, immer gegen den Wind geschützten Lager zu, worin er sich bei stürmischem Schneewetter gern vergräbt oder einschneien läßt. Nie geht er gerade auf den Ort los, wo er ein altes Lager weiß oder ein neues machen will, sondern läuft erst ein Stück über den Ort, wo er zu ruhen gedenkt, hinaus, kehrt um, macht wieder einige Sätze vorwärts, dann wieder einen Sprung seitwärts und verfährt so noch einige Male, bis er mit dem weitesten Satz an den Platz gelangt, auf dem er bleiben will. Bei der Zubereitung des Lagers scharrt er im freien Felde eine etwa 5–8 cm tiefe, am hintern Ende etwas gewölbte Höhlung in die Erde, welche so lang und breit ist, daß der obere Teil des Rückens nur sehr wenig sichtbar bleibt, wenn er die Vorderläufe ausstreckt, auf diesen den Kopf mit anliegenden Löffeln ruhen läßt und die Hinterbeine unter den Leib zusammendrückt.

Der Feldhase verläßt sich mehr auf sein scharfes Gehör als auf sein schlechtes Gesicht, erlaubt dem Menschen, den er weniger als Hunde fürchtet, auf seine Schutzfärbung vertrauend, oft ganz nah an ihn heranzukommen. Plötzlich aufgeschreckt, verläßt er sich lediglich auf die Schnelligkeit seiner Beine, läuft jedoch selten lange geradeaus und nähert sich, Winkel und Hacken schlagend, bald wieder seinem Lager. Weit davon vertrieben, kehrt er, am folgenden Tage anderswo aufgeschreckt, gern dahin zurück. Bei der eiligen Flucht läuft er am liebsten ebenaus oder bergan, da er sich wegen seiner kurzen Vorderbeine beim Laufen bergab leicht überschlägt. Ist dem fliehenden Hasen ein Hund dicht auf den Fersen, so schlägt er, um ihn an sich vorbeischießen zu lassen und einen Vorsprung in umgekehrter Richtung zu gewinnen, einen plötzlichen Hacken; drängt ihn die Not, so durchschwimmt er auch Teiche und Flüsse. Viermal im Jahre setzt die Häsin nach einer Tragzeit von je 30 Tagen 2–4 Junge, die sehr ausgebildet, mit offenen Augen zur Welt kommen. Nur während der ersten 5–6 Tage verweilt sie bei ihren Kindern, dann aber überläßt sie dieselben ihrem Schicksal, kehrt nur während 14 Tagen von Zeit zu Zeit zum Ort zurück, wo sie die Brut verließ, lockt sie mit einem eigentümlichen Geklapper mit den Löffeln herbei und läßt sie saugen. Bei Annäherung eines Feindes verläßt sie freilich ihre Kinder, obwohl auch Fälle bekannt sind, daß alte Häsinnen die Brut gegen Raubvögel und Raben verteidigten. Die Geschwister entfernen sich zunächst nur wenig voneinander, wenn auch jedes sich ein anderes Lager gräbt. Abends rücken sie zusammen auf Äsung aus und morgens gehen sie gemeinschaftlich nach dem Lager zurück. Erst wenn sie halbwüchsig sind, trennen sie sich voneinander. Nach 15 Monaten sind sie erwachsen, können sich aber schon im ersten Jahre fortpflanzen. Ihre Lebensdauer schätzt man auf 8–10 Jahre; doch stirbt der Hase wohl nie an Altersschwäche, sondern wird vor der Zeit von einem seiner zahlreichen Feinde erbeutet und gefressen. Außer dem Menschen stellen ihm alle kleineren Raubtiere und größeren Raubvögel, selbst der Storch, nach. Vom Menschen wird er am häufigsten auf Treibjagden und in Kesseltreiben erlegt, doch auch auf dem Anstand geschossen und mit Hunden aufgesucht. Durch wiederholte Jagden gewitzigt, erhebt er sich schon beim Vernehmen des Jagdlärms vom Lager, um sich an ihm bekannte geschützte Orte zu flüchten. Gefangene Hasen werden leicht zahm, gewöhnen sich ohne Weigerung an alle Nahrung, die man den Kaninchen füttert, sind jedoch empfindlich und sterben leicht dahin. Bringt man junge Hasen zu alten, so werden sie regelmäßig von diesen totgebissen. Außer ihrem wohlschmeckenden Fleisch wird auch das Fell verwendet. Aus der von Haaren entblößten und gegerbten Haut verfertigt man Schuhe und eine Art Pergament oder benutzt sie zur Leimbereitung.

Ein überaus seltenes Wild Mitteleuropas ist der Biber (Castor fiber), der früher hier häufig war, aber dem Menschen und seiner Kultur weichen mußte. Unablässig verfolgt, ist er in den meisten Gegenden, am frühesten in den Mittelmeerländern, ausgerottet worden. Die Griechen nannten ihn kastor und die Römer fiber und machten Jagd auf ihn nicht sowohl seines geschätzten, weichen Felles wegen, als besonders zur Erlangung des Bibergeils. Dieses befindet sich in Form einer gelblichen, schmierigen, eigentümlich nach Karbolsäure riechenden Masse in zwei birnförmigen, zu beiden Seiten der Geschlechtsöffnung gelegenen Beuteln und spielt vor allem zur Brunstzeit zur gegenseitigen Anlockung der Tiere eine große Rolle. Besonders beim Männchen sind die Kastorbeutel stark entwickelt und wird ihr Inhalt an bestimmten Stellen entleert. Die Anziehungskraft dieses Geils ist so groß, daß sich Biber, die, dadurch angelockt, in eine Falle gerieten, aber entkamen, schon nach wenigen Tagen in einer andern Falle fangen, darunter sogar Tiere, die in Eisen Fußteile eingebüßt hatten. Dem Menschen diente es von alters her als geschätzte Arznei. So sagt schon der ältere Plinius in seiner Naturgeschichte: „Der Biber trägt einen Arzneistoff an sich, den man castoreum nennt. Bei drohender Gefahr beißt er sich den Teil, worin jener Stoff enthalten ist, selbst ab, weil er wohl weiß, weshalb man ihn jagt. Übrigens hat der Biber ein entsetzliches Gebiß, fällt, wie mit Stahl, Bäume an den Flüssen; und hat er einen Menschen gepackt, so läßt er nicht eher los als bis die Knochen zersplittert sind. Er sieht aus wie ein Fischotter, hat aber einen Fischschwanz (d. h. einen fischartig mit Schuppen bedeckten Schwanz). Sein Haar ist weicher als Vogelflaum.“

Noch im Mittelalter war der Biber in allen Ländern nördlich von den Alpen zu finden. In England kam er noch ums Jahr 1188 als seltener Bewohner des Flusses Teify in Wales vor, wurde aber dann auch hier ausgerottet. An einzelnen Flußgebieten Mitteleuropas hielt er sich in kleinen Kolonien bis gegen die Mitte des 19. Jahrhunderts. In Böhmen, wo die Biber schon im 18. Jahrhundert ausgestorben waren, führte man 1773 aus Polen wieder welche ein, die sich, aus ihrem Zwinger gebrochen, so stark vermehrten, daß sich einmal über hundert Familien um Wittingau vorgefunden haben sollen. Als sie jedoch begannen die Dämme zu untergraben, begann man einen Vernichtungskrieg gegen sie, der 1865 nur noch zehn übriggelassen hatte. Zur Gewinnung des noch immer gesuchten Bibergeils fielen die letzten Tiere bald Wilddieben zur Beute. Das allerletzte hatte man in einem Zwinger im Rosenberger Teiche untergebracht, wo es im Januar 1883 starb. Auch in Österreich-Ungarn kommen heute keine Biber mehr vor. Einzelne fanden sich indessen noch im Jahre 1857 in Siebenbürgen, 1860 in Galizien und 1865 bei Semlin auf den Inseln zwischen Donau und Sau. Bei Fischamend, an der Mündung der Fischa in die Donau, wo noch zu Beginn des 19. Jahrhunderts größere Biberansiedelungen bestanden, wurden die beiden letzten Biber 1863 erlegt. In Bosnien und der Herzegowina, wo, wie anderswo, verschiedene Ortsnamen für das frühere Vorkommen des Bibers zeugen und Skelettfunde es bestätigen, sind keine Biber mehr zu finden.

Früher noch als aus Österreich-Ungarn verschwanden die Biber in Livland. Noch im 18. Jahrhundert lebten sie dort in Ansiedelungen, und 1724 begünstigten sie in hohem Maße durch ihre Dammbauten die Überschwemmungen. Aber auch dort führte die große Wertschätzung des Bibergeils noch mehr als ihr schönes Fell zu ihrer Ausrottung. Im Jahre 1841 wurde im Quellgebiet der Aa der letzte Biber geschossen. In Skandinavien, wo der Biber einst sehr häufig war, ist er heute vielleicht nicht mehr vorhanden. In Mittelrußland scheint er schon vor Ende des 18. Jahrhunderts ausgestorben zu sein. Nur an einem Nebenfluß des Pripet im Westen und an der Petschora und Dwina im Norden leben noch Biber, obschon ihnen wegen des Pelzes und des vorzüglichen sogenannten moskovitischen Bibergeils stark nachgestellt wurde. In der Schweiz lebten noch zu Beginn des 19. Jahrhunderts Biber an der Steinach bei St. Gallen, sind aber auch dort schon längst ausgerottet worden. Unter den deutschen Bibern lebten die letzten des Alpenvorlandes auf bayerischem Gebiet, und zwar an der Sur, einem in die Salzach fließenden Bach. Auch in den auf österreichischem Gebiet liegenden Antheringer Auen nordwestlich von Salzburg kam der Biber noch 1867 vor. Am Rhein sollen die Biber schon vor über 300 Jahren ausgestorben sein; im Gebiete der Möhne in Westfalen hielten sie sich länger; dort wurde der letzte talabwärts durch die Ruhr nach dem Rhein vertrieben und am 2. Oktober 1870 an der Werthausener Fähre erschlagen.

Heute lebt der Biber auf deutschem Gebiet nur noch in einem beschränkten Gebiet an der Saale und an der Elbe zwischen Wittenberg und Magdeburg, wo er als große Seltenheit vom Menschen geschützt wird, dennoch aber zusehends abnimmt. Nicht selten fängt er sich in den Stellnetzen der Fischer oder in den für die Fischotter gelegten Eisen. Hier lebt er meist paarweise, nur in den stillsten Gegenden zu größeren Familien vereinigt und meist wie der Fischotter in einfachen unterirdischen Uferhöhlen hausend. Nur wo er ungestört leben kann errichtet er seine Burgen mit im Innern backofenförmigen Hütten, wobei, wie bei den meisten Tieren, das Weibchen der eigentliche Baumeister ist und das Männchen mehr Zuträger- und Handlangerdienst leistet. Außerdem baut er nötigenfalls Dämme von bis 150 und 200 m Länge und 2–3 m Höhe bei einem Durchmesser von 4–6 m unten und 1–2 m oben, um das Wasser aufzustauen und in gleicher Höhe zu erhalten. Die so aufgestauten Flüsse überschwemmen dann die Täler oft auf weite Strecken, bringen dadurch die teilweise unter Wasser gesetzten Bäume zum Absterben und nachträglichen Umstürzen und schaffen so künstliche Teiche und Seen. Zum Bau seiner Dämme und Hütten benutzt der Biber verschieden lange und dicke, der Rinde, von der er außer dem Blattwerk vorzugsweise lebt, beraubte Knüttel, die er übereinander schichtet und mit Steinen beschwert und mit Sand, Schlamm und Lehm verdichtet. Er ist ein durchaus nächtliches Tier, das sich erst nach Sonnenuntergang von seinem Lager erhebt, um mit anbrechendem Tag in seinen Bau zurückzukehren. Bei Tage schläft er auf dem Bauch oder Rücken, nicht aber auf den Seiten liegend, in seiner sehr rein gehaltenen Wohnung. Er entleert sich seines Kotes wahrscheinlich nur im Wasser. Nur in kalten Wintern hält er sich, ohne Winterschläfer zu sein, Tag und Nacht in der Wohnung auf und verläßt sie nur bei Tauwetter auf kurze Zeit, um neue Nahrung zu holen oder die Wohnung auszubessern. Schon Ende Februar beginnt die Brunstzeit des in Einzelehe lebenden Tieres, die bis in den März hinein dauert. Gegen das Ende der wahrscheinlich sechs Wochen langen Tragzeit bleibt das Weibchen ungestört in der Wohnung, um 2–3, höchstens 4 blinde, doch schon behaarte Junge zur Welt zu bringen, die an den vier Brustwarzen der Mutter saugen, dem Schreien kleiner Kinder ähnlich klingende Töne hören lassen, acht Tage nach der Geburt die Augen öffnen und bei günstigem Wetter bald mit ins Wasser genommen werden, wo sie sich gleich schwimmend und tauchend umhertummeln, auch wohl an den Rücken der schwimmenden Mutter anklammern. Nach etwa vier Wochen erhalten sie schon zur Milch Rinde von Espen, Pappeln, Weiden, Erlen und Birken, die die Mutter ihnen zuträgt; nach weiteren 6–8 Wochen gehen sie selbst in den Wald, um Rinden abzunagen und den Eltern bei ihren Arbeiten zu helfen. In diesem Alter eingefangen, sind sie sehr leicht zähmbar und können so zahm werden, daß sie ihrem Herrn wie ein Hund überallhin folgen. Im dritten Lebensjahre werden sie fortpflanzungsfähig und verlassen die Wohnung ihrer Eltern, um sich selbständig zu machen und einen eigenen Hausstand zu gründen. Bäume mit Hartholz benagt der Biber nur, um seine Zähne zu schärfen; sonst hält er sich ausschließlich an solche mit weichem Holz, und zwar Laubholz. Nadelholzbäume fällt er nur, wenn sie ihm im Wege stehen, verarbeitet sie aber nicht weiter, jedenfalls des Harzgeschmackes wegen, der ihrem Holze anhaftet. Leckerbissen sind ihm die saftigen Wurzelstöcke mancher Sumpf- und Wasserpflanzen, wie Seerosen, Schilf, Kalmus und Schachtelhalme. Vor Beginn des Winters sammelt er sich einen Vorrat, wozu er meist berindete Knüttel seiner Lieblingsnahrung wählt, von denen er, wenn er Hunger hat, gewöhnlich nur die Rinde und im äußersten Notfall einen Teil des Holzes verzehrt. Solche Vorratshaufen werden als falsche Hütten oder unechte Burgen bezeichnet. Besonders große Vorräte trägt er dann zusammen, wenn ein strenger Winter bevorsteht. Er erreicht ein hohes Alter, wurde selbst in der Gefangenschaft 50 Jahre alt, und wird heute kaum je gegessen, da sein Fleisch tranig schmeckt. Außer dem Menschen hat der freilebende Biber wenig Feinde.

Ein anderes Nagetier von geringer Bedeutung ist das allbekannte Eichhörnchen (Sciurus vulgaris), das die bewaldeten Gegenden ganz Europas und Nordasiens bewohnt. Meist ist es braunrot, nur in manchen Gebirgen schwarz gefärbt, klettert vorzüglich von einem Baum zum andern, ohne auf den Boden zu kommen, lebt von Haselnüssen, Bucheckern, Eicheln, Nadelholzsämereien, jungen Vögeln und Eiern, im Notfall auch von Knospen und Baumrinde, gelegentlich auch von Pilzen. Von seiner Nahrung, die es, auf den Hinterbeinen sitzend, mit den beweglichen Vorderfüßen zum Munde führt, legt es im Herbst in hohlen Bäumen Wintervorräte an. Es hält keinen eigentlichen Winterschlaf, wenn es auch bei unfreundlichem Winterwetter sein freistehendes, rundes, im Innern weich gepolstertes, mit einem einzigen Eingangsloch versehenes Nest, das es in Mehrzahl für sich erbaut, oft tagelang nicht verläßt. Darin und auch in Baumlöchern wirft das Weibchen vier Wochen nach der die Männchen zu erbitterten Kämpfen mit Nebenbuhlern veranlassenden, von Ende Februar bis in den April dauernden Paarungszeit seine 3–7, etwa neun Tage blind bleibenden Jungen, die es sorgsam nährt und nach Störungen in ein anderes Nest trägt. Nachdem sie entwöhnt wurden, schleppt ihnen die Mutter, vielleicht auch der Vater, noch einige Tage lang Nahrung zu; dann werden sie ihrem eigenen Schicksal überlassen. Doch bleiben sie, häufig spielend und gemeinsam Nahrung suchend, noch längere Zeit beisammen, bevor sie sich zerstreuen. Im Juni wirft die Alte das zweite Geheck, dessen Mitglieder sich später oft mit denjenigen des ersten vereinigen, um in demselben Waldesteil ihr Wesen zu treiben. Im Edelmarder hat das Eichhörnchen seinen furchtbarsten Feind. Das muntere Tierchen ist eine der Hauptzierden unserer Wälder und läßt sich, jung gefangen, leicht zähmen. Es gewöhnt sich bald an seinen Herrn und wird wegen seiner Lebhaftigkeit in Verbindung mit großer Reinlichkeit gerne gehalten.

Wichtiger ist für die Alpenländer, die Pyrenäen und Karpaten das Murmeltier (Arctomys marmotta), das auf den höchsten Steinhalden des Hochgebirges, wo kein Baum und Strauch mehr wächst, auf ringsum von steilen Felswänden eingerahmten, der Sonne möglichst Zutritt gewährenden Grasplätzen lebt und sich am liebsten von saftigen Bergkräutern und deren Blüten ernährt. Es erreicht eine Leibeslänge von 51 cm, außer der Schwanzlänge von 11 cm, bei einer Höhe von 15 cm, ist dicht schwarzbraun behaart, lebt während des Sommers paar- oder familienweise in nur 1, höchstens 2–4 m langen Sommerwohnungen, deren oft kaum das Durchzwängen einer Faust zulassender Gang in einen erweiterten Kessel führt. Dieser ist bald einfach, bald in zwei Arme geteilt, von denen der eine zum Wohn- und Schlafkessel, der andere zum Abort führt. In letzterem Fall wird er auch im Winter benutzt und hat dann einen geräumigeren Wohnkessel. Im ersteren Falle wird eine besondere Winterwohnung bezogen, die 300–600 m tiefer liegt und durch eine 2–6, ja 8 m lange, am Ende meist aufwärts gerichtete Röhre in eine 1–2 m im Durchmesser haltende, längliche oder runde Kammer führt, die die Tiere schon im August mit abgebissenem und getrocknetem Grase und Kraut beschicken. Die losgegrabene Erde der selten tiefer als 1,5 m unter dem Rasen liegenden Höhle wird nur zum kleinsten Teile hinausgeschafft; das meiste wird festgetreten, wodurch die Gänge fest und hart werden. Noch ehe sich die 5–15 Glieder starke Familie zum Winterschlaf in den Bau begibt, wird dessen Winterbenutzung durch davorliegende Heureste verraten. Nach den ersten rauhen Tagen gegen Ende Oktober wird die Winterwohnung bezogen und ihr Eingang mit Heu, Erde, Steinen verstopft, damit kein Raubtier eindringe. Hier ruht die zuvor gemästete Gesellschaft zusammengerollt im Winterschlafe unter stark verminderter Lebensintensität, wobei sie die geringe Wärmeabgabe durch Verbrennen des zuvor angesammelten Fettes bestreitet. Im April erscheinen sie dann stark abgemagert vor der Öffnung ihrer Winterwohnung, um an schneefreien Stellen etwas verdorrtes Gras zur Stillung ihres Hungers zu fressen. Dann verzehren sie wohl auch von dem bis dahin nur als Lager dienenden, im Herbste eingetragenen Heu. Sobald die Vegetation wieder zu sprossen beginnt, finden sie reichlich Futter und erholen sich bald von ihrer Abmagerung, paaren sich, und schon im Juni findet man die 4–6 zuerst aschgrauen, später gelbbraun werdenden Jungen, die sich, ehe sie etwas herangewachsen sind, selten vor dem Baue zeigen. Sie werden von der auf den Hinterbeinen sitzenden und die Vorderbeine weit ausgespreizt haltenden Mutter lange gesäugt und bleiben bis in den nächsten Sommer hinein bei den Eltern. Auch die Familien, die keine höher gelegene Sommerwohnung beziehen, machen oft weite Gänge auf blumenreiche Weideplätze, von denen sie den unwillkommenen, unter erbärmlichem Geschrei fliehenden Artgenossen durch tüchtige, mit den Vorderpfoten auf Kopf und Rücken ausgeteilte Hiebe vertreiben. Dabei fressen, spielen und ruhen sie abwechselnd. Alle Augenblicke sehen sie sich um und überwachen mit der größten Aufmerksamkeit die Umgebung. Das erste, das etwas Verdächtiges bemerkt, einen Raubvogel, Fuchs oder Menschen, pfeift tief und laut durch die Nase, die übrigen wiederholen das Warnungssignal teilweise und im Nu sind sie in die benachbarten Löcher verschwunden. Bei dieser ihrer Wachsamkeit ist es für den Jäger sehr schwer, sie zu beschleichen. Deshalb erbeutet man gerne die Murmeltiere durch das vielerorts allerdings verbotene Ausgraben der Baue, auch wohl in Fallen, die man oft nur für die alten Tiere einrichtet. Man sucht sie auch mit eigens darauf abgerichteten Hunden auf, die ihnen den Rückweg zum Bau abschneiden und sie in den nächsten Schlupfwinkel treiben, wo sie mit einem Stock totgestoßen werden. Da ihr Gewicht im Herbst auf 6–8 kg steigt, liefern sie einen nicht zu verachtenden Braten. Ihr Fleisch hat zwar einen erdigen Wildgeschmack, wird aber gewöhnlich durch Einreiben und Abbrühen mit Salz und Salpeter und Räuchern während einiger Tage vor dem Kochen wohlschmeckender. Das Fett dient den Gebirgsbewohnern als Arznei für allerhand Übel, der frisch abgezogene Balg wird bei Rheumatismus angezogen, und die Tiere selbst dienen dem Älpler als Wetterpropheten. Im halbwüchsigen Alter gefangene Junge lassen sich leicht auffüttern und werden im Umgang mit dem Menschen sehr zahm und zutraulich. Sie achten auf den Ruf ihres Pflegers, sind gehorsam und gelehrig, so daß man ihnen allerlei Kunststücke beibringen kann. Früher durchzogen arme Savoyardenknaben mit solch einem gezähmten Murmeltier Almosen heischend die Städte und Dörfer. Neuerdings ist jedoch der intelligentere Affe an dessen Stelle getreten, und wandern nun an Stelle der Savoyarden Italiener damit durchs Land.

Von andern Nagetieren werden noch die baumbewohnenden, in Wäldern, Hainen und Baumgärten lebenden Bilche oder Schlafmäuse (Myoxus) gelegentlich gefangen gehalten. Sie sind zwar außerordentlich reinlich wie die Murmeltiere, aber im Gegensatz zur Zutraulichkeit jener scheu und wenig liebenswürdig. Besonders unfreundlich benimmt sich der gefangen gehaltene Siebenschläfer (Myoxus glis), der sich durchaus nicht an seinen Pfleger gewöhnt und ihn, wie jeden andern, der sich ihm nähert, wütend anknurrt. Dieses besonders die Eichen- und Buchenwaldungen Süd- und Osteuropas bewohnende, 16 cm Leibes- und 13 cm Schwanzlänge erreichende aschgraue Tier, das sich tagsüber verborgen hält und nur nachts nahrungsuchend in seinem Revier herumstreift und von einer Gefräßigkeit ohnegleichen ist, außer Eicheln, Bucheln, Kastanien, Hasel- und Walnüssen auch saftiges Obst liebt und alle kleinen Tiere, denen es begegnet und die es zu überwältigen vermag, mordet und frißt, sammelt gegen den Herbst Nahrungsvorräte ein und speichert sie in seinen Höhlen auf. Diese macht es in trockenen Erdlöchern, in altem Gemäuer oder in tiefen Baumhöhlungen zurecht, bereitet sich ein Nest von zartem Moos und fällt darin, gewöhnlich mit mehreren seiner Artgenossen gemeinsam, zusammengekugelt gegen den Oktober hin in tiefen Schlaf, der gewöhnlich sieben Monate lang andauert. Es erwacht daraus Ende April, paart sich und wirft in seiner Höhle 3–6 nackte und blinde Junge, die sich sehr rasch entwickeln und schon vor dem Herbste selbständig sind.

Im Herbste wird der Siebenschläfer durch Ansammlung von Brennmaterialien für seinen sieben Monate dauernden Winterschlaf recht fett und galt in diesem Zustande den alten Römern als Leckerbissen. Sie wurden von ihnen in besondern Zuchtanstalten (glirarium von glis = Siebenschläfer) gezogen und zum Verbrauch gemästet. Eine solche umfaßte nach Varro einen kleinen Hain von Eichen, der von einer glattwandigen Mauer umgeben war, damit sie nicht hinausklettern konnten. Darin machte man ihnen zum Schlafen und Nisten geräumige Höhlungen zurecht. „Das Mästen geschieht in großen, faßartigen Töpfen, an deren Wänden inwendig Treppen sind; auch muß eine Höhle darin sein, worin die Tiere ihr Futter verstecken können. Die Mast wird durch Eicheln, Walnüsse und Kastanien, die im Überflusse gereicht werden, bewirkt; dabei wird das Faß dunkel gehalten.“ Der drei Generationen später lebende Plinius bemerkt in seiner Naturgeschichte: „Der Siebenschläfer (glis) ist ein Tier, dessen Genuß, gleich dem der Austern und ausländischen Vögel, durch Gesetze der Zensoren und des Konsuls Marcus Scaurus verboten wurde. Der Erfinder der Tiergärten (Fulvius Lupinus) hat auch die Kunst erfunden, Siebenschläfer in Töpfen zu mästen. Es ist dabei wohl zu beachten, daß man nur Landsleute aus demselben Walde zusammenstecken darf; denn wenn fremde dazukommen, und wenn sie nur durch einen Berg oder Fluß getrennt gelebt hatten, so beißen sie sich tot. Ihre abgelebten Eltern versorgen sie mit kindlicher Liebe. Mit jedem Frühjahr erwachen sie verjüngt. Ihre Winterruhe ist von der der Haselmäuse (nitela) nicht verschieden.“ Heute noch stellt ihm der Mensch überall da, wo er häufig ist, teils des Fleisches, teils des Felles wegen eifrig nach, lockt ihn in Fallen aller Art und künstliche Winterwohnungen, um ihn darin zu erbeuten. In Unterkrain erbeuten ihn die Bauern in mit einer saftigen Birne oder Pflaume beköderten Schnellfallen. Außerdem gräbt man teilweise mit Obst gefüllte Fässer in die Erde, in die ein Rohr führt, in welchem Eisendrähte so befestigt werden, daß sie wohl das Hineinschlüpfen, aber nicht das Herauskommen des Bilches gestatten. Hier fangen sich die Tiere oft in so großer Menge, daß mancher Bauer während eines Herbstes 200–400 Bilche erbeuten kann.

Im Gegensatz zum knurrigen Bilch und dem ebenso verdrossenen Gartenschläfer (Eliomys nitela) wird die anmutige, niedliche, gelblichrote Haselmaus (Muscardinus avellanarius), deren Heimat Mitteleuropa ist und die nicht selten in Dohnenstiegen gefangen wird, weil sie auch den Beeren der Eberesche nachgeht, ein höchst beliebter Stubengenosse des Menschen. In England wird sie wie Stubenvögel zu Markt gebracht und wie diese sehr viel in Käfigen gehalten. Sie verliert in der Gefangenschaft bald ihre Scheu, wenn auch nicht ihre Furchtsamkeit, und gewöhnt sich rasch an den Menschen. Durch ihre große Reinlichkeit, Liebenswürdigkeit und Verträglichkeit mit ihresgleichen, die zierlichen Bewegungen und ihr munteres Wesen wird sie bald zum Lieblinge des Menschen. Sie frißt anfänglich nur nachts, sparsam und bescheiden und fällt auch in der Gefangenschaft in Winterschlaf, wenn die Örtlichkeit nicht stets gleichmäßig warm gehalten wird. Sie versucht sich dann ein Nestchen zu bauen und hüllt sich in dieses oder schläft in einer Ecke ihres Käfigs. Bringt man sie wieder an die Wärme, z. B. zwischen die warme Hand, so erwacht sie, schläft aber bald wieder ein.

Ein für uns Mitteleuropäer nur ausnahmsweise in Betracht kommender Wildhund ist der Wolf (Canis lupus), der in Paaren oder einzeln sowohl offenes Land als auch Wälder bewohnt, am Tage wie in der Nacht beutelüstern umherschweift und sich manchmal, besonders im Winter, zu Rudeln zusammentut, um gemeinsam unter Ausstoßen eines fürchterlichen Geheuls größeres Wild zu jagen und auch den Menschen anzufallen. So fielen im Jahre 1875 nicht weniger als 161 Menschen russischen Wölfen zum Opfer. Die Wölfe, die beim scharenweisen Durchstreifen einer Gegend in einer Reihe hintereinander herlaufen, verfolgen ihre Beute in einem außerordentlich ausdauernden Galopp, reißen ein eingeholtes Tier nicht sofort nieder, sondern verwunden es, folgen ihm, beißen es abermals und hetzen es so zu Tode. Pferde- und Rinderherden schließen, sobald sie Wölfe wittern, einen Kreis und stellen sich, die Pferde mit den Hinterbeinen, die Rinder mit den Hörnern, zur Wehr, greifen einzelne Wölfe auch ohne weiteres an. Nicht bloß große Rudel, sondern auch einzelne Wölfe können ein entsetzliches Geheul ausstoßen, das selbst den Menschen vor diesem sonst feigen Tiere erzittern läßt. Die Paarungszeit des Wolfes dauert vom Dezember bis in den April. Die 14 Tage dauernde Ranzzeit der Wölfin tritt nämlich bei alten Weibchen früher ein als bei jüngeren. Während der Paarungszeit kämpfen die Männchen oft auf Leben und Tod. Etwa 13 Wochen nach der Paarung wirft das Weibchen in Felshöhlen oder Erdlöchern 6–10 neun bis vierzehn Tage lang blindbleibende Junge, die bis zur nächsten Ranzzeit bei der Mutter bleiben, bis zum dritten Jahre wachsen, dann auch fortpflanzungsfähig werden und ein Alter von 12–15 Jahren erreichen. Junge Wölfe lassen sich leicht zähmen und gewöhnen sich gleich Hunden an ihren Herrn, weshalb es leicht zu verstehen ist, daß der Wolf in verschiedenen Abarten zum Stammvater eines großen Teiles der Haushunde wurde. Den alten Wölfen, denen großer Verstand und ungemeine Schlauheit innewohnt, sucht man in Schießhütten und auf Treibjagden beizukommen. Sie werden auch in tiefen, steilwandigen Gruben, sogenannten Wolfsgruben, gefangen, die man mit Reisig und darüber mit Moos und Schnee bedeckt, auf einer in der Mitte der Grube stehenden Stange mit einem Huhn oder dergleichen beködert und mit einem etliche Fuß hohen Zaun umgibt, der vom Wolfe übersprungen werden muß und ihn daran hindert, unzeitigen Verdacht zu schöpfen. Denn der Wolf ist außerordentlich vorsichtig und weiß unbekannten Öffnungen, Schlingen oder Fallen aus dem Wege zu gehen, wird jedoch auch in Tellereisen gefangen, soll sich aber, wenn er gefangen ist, häufig tot stellen und in einem geeigneten Augenblick entlaufen. Da er auch Aas angeht, wird ihm auch mit vergiftetem Fleische nachgestellt. Früher, als es in Europa noch viel Wölfe gab, waren sie eine wesentliche Gefahr der Herden. Noch heute ist bezeichnenderweise bei den Renntiere züchtenden Lappen das Wort Friede gleichbedeutend mit Ruhe vor Wölfen. In Rußland, das noch reich daran ist, fallen ihnen jährlich etwa 180000 Stück Großvieh und über 600000 Stück Kleinvieh, besonders Schafe, zur Beute. Laserewski bemißt den durch sie angerichteten Schaden an Haustieren auf 15 Millionen, an nutzbarem Wilde aber auf 50 Millionen Rubel (= 165 Millionen Mark). Dazu kommt noch, daß sie auch von der Tollwut befallen und dann Menschen wie Tieren gleich gefährlich werden. Selbst die Hunde hassen den Wolf und scheinen kein größeres Vergnügen zu kennen, als auf ihn Jagd zu machen. Auf der südrussischen Steppe, wo der Wolf in selbstgegrabenen Höhlen wohnt, wird er zu Pferd so lange gehetzt, bis er nicht mehr laufen kann, und dann totgeschlagen. Den größten Nutzen bietet er in seinem Winterfell, das als gutes Pelzwerk vielfach verwendet wird. Die besten und größten Felle kommen aus Skandinavien, Nordrußland, Sibirien und Nordchina und werden mit 10–25 Mark bezahlt. Außerdem gewähren viele Regierungen noch ein besonderes Schußgeld für die Erlegung eines Wolfes.

Ein kleinerer, aber noch viel listigerer Wildhund ist der Fuchs (Canis vulpes), der in den eigentlichen Wolfsgegenden verhältnismäßig selten ist, da der Wolf ihm feindlich wie dem Hund gegenübertritt und ihn tötet und frißt, wo er nur kann. In dem Maße aber als der Wolf ausgerottet wird, vermehrt er sich und weiß sich dank seiner Schlauheit und Gewandtheit auch da noch zu behaupten, wo dies andern Raubtieren nicht möglich wäre. Um zu rauben, zieht der Fuchs die Nacht dem Tage vor; doch jagt er an stillen Orten auch bei Tage. Den Tag über hält er sich mit Vorliebe in dichten Schonungen und mit Gestrüpp bewachsenem Gelände auf, um dort zu schlafen, bis er mit Eintritt der Dämmerung oder schon in den Nachmittagstunden auf Raub ausgeht. Dabei gilt seine Jagd allem Getier, vom jungen Reh an bis zum Käfer, vorzüglich aber den Mäusen, die den Hauptbestandteil seiner Mahlzeiten ausmachen. Auch Beerenfrüchte, Stein- und Kernobst, besonders Trauben, verschmäht er so wenig als Honig, wenn er solches haben kann. Am Bache lungert er umher, um eine Forelle oder einen Krebs zu erbeuten. Am Meeresstrand frißt er den Fischern die Netze aus; im Walde nimmt er die gefangenen Vögel aus den Dohnen- und Schnepfenstiegen. Als ungeselliges Tier geht jeder Fuchs seinen eigenen Weg und bekümmert sich um andere seiner Art nur insoweit, als es ihm Vorteil gewährt. Sobald die Füchsin Ende Januar oder Anfang Februar hitzig zu werden beginnt, was sich durch Schwellung der äußeren Geschlechtsteile und Austritt von etwas Blut aus der Scheide bekundet, beginnt sie unruhig umherzutraben. Zu mehreren folgen ihr dabei die männlichen Füchse, einer seine Füße in die Fußtapfen seiner Vorgänger im Schnee setzend. So geht es fast ohne Halt und Rast die ganze Nacht durch den Wald und über das Feld, bis schließlich einer das Ziel seiner Begierden erreicht hat und der Füchsin in ihr Lager folgt. Nach einer Tragzeit von 60–63 Tagen, gegen deren Schluß die Füchsin den selbstgegrabenen oder von einem daraus verjagten Dachse bezogenen Bau nur bei Nacht und für kurze Zeit verläßt und vom Gatten mit Raub versorgt wird, wirft sie 4–7 unbeholfene, 14 Tage lang blind bleibende, aber alle Milchzähne besitzende Junge, die sie mit großer Zärtlichkeit säugt. Sie verläßt sie in den ersten Tagen ihres Lebens gar nicht, später nur für kurze Zeit in der Nacht und scheint ängstlich bestrebt zu sein, ihren Aufenthalt zu verheimlichen. Etwa fünf Wochen nach der Geburt erscheinen die mit rötlichgrauem Grannenhaar über ihrem ursprünglichen Wollkleid bedeckten Jungen, um sich zu sonnen und untereinander oder mit der gefälligen Alten zu spielen. Diese beginnt ihnen lebende Käfer, Frösche, Mäuse und Vögel zuzutragen und lehrt sie dieselben fangen und verzehren. Scharf nach allen Richtungen hinsehend und riechend, überwacht sie die sorglosen, äußerst possierlichen Spiele der Jungen und veranlaßt sie, beim geringsten Verdacht einer Gefahr sofort in den Bau zu kriechen. Wird dieser stärker beunruhigt, so verläßt sie ihn mit den Jungen noch in der nächsten Nacht, wobei sie die zu weiten Wanderungen etwa noch zu schwachen Kleinen einzeln oder zu zweien im Maule wegträgt. Nur in höchster Not raubt sie gleich dem männlichen Fuchs in nächster Umgebung des Baus und nähert sich ihm höchst vorsichtig gegen den Wind, um ihre Jungen nicht zu verraten. Hat sie nichts Verdächtiges wahrgenommen, so naht sie sich dem Baue trabend, um ihre Beute vor ihm abzulegen und die hungrigen Jungen durch einen leisen Ruf zur Mahlzeit einzuladen, die sehr rasch beendet ist. Schon im Juli begleiten die Jungen die Alte in der Abenddämmerung in die Umgebung des Baus auf die Jagd und werden von ihr sorgfältig zum Rauben angeleitet, wobei ungeschickte Junge durch scharfe Bisse bestraft werden. Wenn das Getreide hoch genug ist, zieht die Fuchsfamilie nachts aufs Feld, wo manches junge Rebhuhn und mancher halbwüchsige Hase den jungen Füchsen zur Beute fällt, bis die Ernte die zu dieser Zeit nur selten zu Baue gehenden Tiere zur Rückkehr in den Wald zwingt, wo sie sich tagsüber im dichten Buschwerk verbergen. Wenn aber die Blätter im Herbste fallen, trennen sich die mit Vollendung des ersten Lebensjahres fortpflanzungsfähigen, aber erst nach Ablauf des zweiten ausgewachsenen jungen Füchse allmählich von der Mutter, um unter glücklichen Umständen, nach gefangenen zu urteilen, ein 16 Jahre übersteigendes Alter zu erreichen. Jung eingefangene Füchschen kann man leicht aufziehen. Sie werden, falls man sich viel mit ihnen abgibt, bald zahm, wenn auch nie eigentlich zutraulich, und erfreuen durch ihre Munterkeit und Beweglichkeit. Außer dem Menschen hat der Fuchs bei uns wenige Feinde. Dieser vertilgt ihn als Jagdschädling wo er kann mit Schießen, Fangen, Vergiften und Ausgraben und verwertet höchstens seinen Pelz. Durch Vertilgung sehr zahlreicher Mäuse, die, wie gesagt, seine Hauptspeise bilden, und deren er 20 bis 30 Stück pro Mahlzeit verbraucht, macht er sich einigermaßen nützlich. Auch er leidet wie Wolf und Hund gelegentlich an Tollwut und kommt dann am hellen Tage ins Innere von Dörfern, um dort alles zu beißen, was ihm in den Weg kommt.

Ebenfalls nicht selten in Mitteleuropa ist der Dachs (Meles taxus), der gelegentlich in Weinbergen und auf Rübenfeldern Schaden anrichtet, aber diesen reichlich durch Wegfangen und Verzehren von allerlei Ungeziefer, besonders Engerlingen und Mäusen, in Wald und Flur nützt. Unter allen Mardern ist er der nützlichste und ein Erhalter, nicht aber ein Schädiger des Waldes, weshalb er den weitgehendsten Schutz verdient. Auf der Sonnenseite dicht mit Gestrüpp bedeckter Hügel gräbt er sich mit seinen Krallen eine geräumige Höhle mit mehreren Ausgängen, von denen die wenigsten von ihm benützt werden, sondern als Notausgänge zur Flucht oder als Luftgänge dienen. Überall in ihr herrscht die größte Reinlichkeit, wodurch sich der Dachsbau vor allen übrigen ähnlichen unterirdischen Behausungen von Säugetieren vorteilhaft auszeichnet. Der Hauptraum im Bau, der Kessel, ist sehr geräumig und weich mit Moos ausgepolstert. In diesem traulichen Gemach ruht der Dachs während des Tages, um ihn erst, wenn die Nacht vollkommen hereingebrochen ist, zur Nahrungssuche zu verlassen. Nur ganz ausnahmsweise treibt er sich in stillen Waldungen während des Hochsommers schon in den späteren Nachmittagsstunden herum, um außer kleinen Tieren aller Art auch saftige Wurzeln, Buchnüsse und Obst zu verzehren. Nur zur Zeit der Paarung gesellt sich der Dachs vorübergehend zu einem Weibchen, bewohnt aber den ganzen übrigen Teil des Jahres allein einen Bau. In dem ihrigen wirft die Dächsin Ende Februar oder Anfang März 3–4, selten 5 bis zum zehnten Tage blinde Junge, die sie treu behütet und denen sie nach der Säugezeit so lange Würmer, Schnecken, Engerlinge, Wurzeln und kleine Säugetiere in den Bau schleppt, bis sie sich selbst zu ernähren vermögen. Schon nach 3–4 Wochen begeben sich die kleinen Dachse in Gesellschaft ihrer Mutter vor den Eingang der Höhle, um sich zu sonnen und zu spielen. Bis zum Herbst bleiben sie bei der Mutter, trennen sich dann und leben für sich, indem sie sich eine eigene Höhle graben. Im zweiten Jahre sind sie völlig ausgewachsen und beginnen sich fortzupflanzen. Der Dachs erreicht ein Alter von 10 oder 12 Jahren. In Gegenden mit kalten Wintern hält er einen Winterschlaf ab, wobei er die Mündungen seiner Wohnung verstopft. Schon in England, das ein verhältnismäßig mildes Klima besitzt, unterbricht er denselben. Jung eingefangene und sorgfältig aufgezogene Dachse werden sehr zahm und anhänglich, alte aber nie. Man fängt den Dachs in Fallen, jagt ihn mit Dachshunden oder Foxterriers aus seinem Bau und gräbt oder bohrt ihn aus. Nur ganz früh am Morgen kann man dem heimkehrenden Dachse wohl auch auf dem Anstande auflauern und ihn erlegen. Sein Fell wird für allerlei Pelzwerk verwendet, seine ziemlich steifen Haare geben ein gutes Material für Bürsten und sein Fleisch wird von Jägern gern verzehrt.

Ein Wassermarder von reichlich 1,2 m Länge, wovon 42 cm auf den Schwanz zu rechnen sind, ist der Fischotter (Lutra vulgaris), der ganz Europa und Asien nördlich vom Himalaja bewohnt. Er findet sich an allen fischreichen Gewässern, wo er sich mehrere unterirdische Wohnungen gräbt, deren Eingang sich stets etwa 1⁄2 m tief im Wasser befindet, um mit einem etwa 2 m langen, schief aufwärts steigenden Gang in einen regelmäßig mit Gras und Laub ausgepolsterten geräumigen Kessel zu führen, von dem ein zweiter schmaler Gang zur Vermittlung des Luftwechsels nach der Bodenoberfläche geht. Im Wasser ist er zu Hause und führt darin weite Streifzüge aus, um außer Fischen, die die Hauptmenge seiner Nahrung bilden, allerlei Wassertiere, Vögel und deren Eier und saftige Wurzeln nebst Obst zu erbeuten. Alte Fischotter leben gewöhnlich einzeln, alte Weibchen aber streifen lange Zeit mit ihren Jungen umher oder vereinigen sich mit andern Weibchen oder um die Paarungszeit mit solchen und Männchen und fischen dann in Gesellschaft. Neun Wochen nach der Paarung, bei uns gewöhnlich im Mai, wirft das Weibchen in seinem sichern Uferbau 2–4 fast schwarze Junge, die nach 9–10 Tagen die Augen öffnen und von der Mutter sorgfältig verpflegt werden. Im Alter von ungefähr zwei Monaten nimmt sie die Mutter auf den Fischfang mit, um sie in allen Otterkünsten zu unterrichten. Im zweiten Jahre sind sie schon erwachsen und fortpflanzungsfähig. Jung aus dem Nest genommen und richtig behandelt wird der Fischotter sehr zahm und anhänglich an seinen Herrn, dem er treu wie ein Hund auf Ruf und Pfiff folgt. Wie den Kormoran benützen die Chinesen auch ihn beim Fischfang. Daß ein so intelligentes, gewandtes Raubtier wie er im Fischstand eines Gewässers großen Schaden anrichtet, ist begreiflich. Nach dem Urteil Sachverständiger verzehrt er täglich wenigstens 1 kg Fische. Deshalb haben schon zu Beginn des Mittelalters Otterjäger von Beruf ihn gleich dem Biber mit eigens dazu abgerichteten Hunden gejagt. Sie standen unter den Fischmeistern und waren weniger angesehen als andere Jäger. Noch bis zur Mitte des vorigen Jahrhunderts gab es an allen Fürstenhöfen und auf größeren Besitzungen Otterjäger, die sich zur Otterjagd besonderer Otterhunde bedienten. Diese schon längst ausgestorbene Rasse war niedrig, langgestreckt, stichelhaarig, dunkelbraun, mit seitwärts abstehenden Ohren, starkem Gebiß und von bissigem, zänkischem Charakter. Mit dem Schwinden der Ottern und Biber gerieten diese Otterjäger in Deutschland in Vergessenheit, während sich in England der Ottersport in früherer Blüte erhielt. Die Otterjagd wird auf verschiedene Weise betrieben, nämlich durch Ansitz auf den Otter, durch die Suche nach ihm mit Dachs- und Vorstehhunden, durch die Treibjagd, die Jagd mit Sperrnetzen, das Stechen des Otters mit dem Ger und durch die Parforcejagd. Der Ansitz auf den Otter ist wenig erfolgreich, die übrigen Jagdweisen, die nur mit Hunden betrieben werden können, sind nur in seichten Flüssen oder Bächen aussichtsvoll, während die Hunde in großen, tiefen Gewässern nichts auszurichten vermögen. Deshalb stellt man dem Otter, wo man ihm sonst nicht beikommen kann, mit Fallen nach und sucht ihn auch in Schlingen und durch Selbstschüsse zu erbeuten.

Ganz Europa, mit Ausnahme des höheren Nordens, namentlich Skandinaviens und Rußlands, bewohnt die Wildkatze (Felis catus), ein echtes Waldtier, das ausgedehnte, dichte Wälder der Mittelgebirge, namentlich Nadelwälder, bevorzugt, von denen sie in die Wälder des Flachlandes hinausschweift. In Mitteleuropa wird sie noch im Harz und in den Ostalpen, besonders aber in den ganz unbewohnten Gebirgswaldungen der Karpaten gefunden. Sie ist bedeutend stärker als die Hauskatze, hat einen dickeren Kopf, einen gedrungeneren Leib, einen kürzeren, buschigeren, schwarzgeringelten Schwanz, der von der Wurzel bis zum schwarzen Ende gleichmäßig dick, ja an der Spitze aufgetrieben erscheint. Ihre Farbe ist bräunlichgrau mit schwarzen Querstreifen, auf dem Scheitel mit schwarzen Längsstreifen und gelblich weißem Fleck an der Kehle. Sie erreicht eine Körperlänge von 70–90 cm und ein Gewicht von 9 kg. Sie ist äußerst scheu und lebt nur während der Ranzzeit oder solange die Jungen noch nicht selbständig sind in Gesellschaft, sonst stets allein. Den Tag über verbirgt sie sich gern in hohlen Bäumen, Felsspalten, verlassenen Fuchs- oder Dachsbauten, oft auch in dichtbewachsenen Sümpfen und tritt mit Beginn der Dämmerung ihre Jagdzüge an. Vorsichtig und listig, unhörbar sich anschleichend und geduldig lauernd, überfällt sie den Hasen in seinem Lager, den Vogel in seinem Nest, das Eichhörnchen auf dem Baume, springt dem Reh und dem Hirschkalb auf den Rücken und zerbeißt ihm die Halsschlagader, lauert an Seen und Wildbächen auf Fische und Wasservögel und weiß sie mit großer Geschicklichkeit zu erbeuten. Weitaus die Hauptnahrung aber bilden Mäuse und daneben kleine Vögel. Das in der Art der Fortpflanzung der Hauskatze nahestehende Tier wirft im April oder Mai sechs anfangs noch blinde Junge, bringt sie in Baumhöhlen, Felsspalten oder ähnlichen Verstecken unter, schleppt sie bei Befürchtung von Gefahr in ein anderes Versteck, gleicht im Benehmen sehr der Hauskatze, spinnt in guter Laune wie sie und drückt ihre Gefühle durch Bewegungen der Schwanzspitze aus. Vielfach vermischt sie sich mit der Hauskatze und erzeugt dann ungebärdige Junge, die leicht verwildern und sich wie der Vater raubend in den Wäldern herumtreiben.

Der früher überall in den Ländern nördlich der Alpen verbreitete Luchs (Felis lynx) wird gegenwärtig nur noch im Norden von Skandinavien und Rußland gefunden. Ostwärts verbreitet er sich durch den größten Teil des nördlich vom Himalaja gelegenen Teiles von Asien. In den entlegenen Gebieten der Alpen wird er gelegentlich noch erbeutet, ist in den Karpaten häufiger, wurde aber auf den Mittelgebirgen Deutschlands und Frankreichs längst ausgerottet. Die letzten fünf Luchse des Thüringer Waldes wurden zwischen 1773 und 1796, der letzte oberschlesische Luchs 1809, die letzten beiden Harzer Luchse 1817 und 1818, der letzte Luchs der schwäbischen Alb 1846, der letzte französische in dem Departement Haute-Loire 1822 geschossen. Er ist ein ausgesprochenes Waldtier, das mit Leichtigkeit Bäume erklettert, um von deren untersten Ästen aus dem Wild auf dessen Wechseln aufzulauern, ihm beim Vorübergehen ins Genick zu springen und die Halsschlagader aufzubeißen. Wie die Wildkatze ist der Luchs ein durchaus nächtliches Tier, das sich tagsüber in allerlei Schlupfwinkeln der dichten von ihm bewohnten Wälder versteckt hält, um nachts auf Raub auszugehen. Im Gegensatz zum Wolf hält sich der Luchs oft längere Zeit in ein und demselben Gebiete auf, um es nachts nach allen Richtungen zu durchstreifen. Größeres Wild zieht er kleinerem vor und scheint sich durchaus nicht mit Mäusefang zu befassen. Er schleicht den Rehen in den Waldungen, den Gemsen auf den Alpen nach, berückt Auer-, Birk-, Hasel- und Schneehühner und fällt räuberisch unter die Schaf-, Ziegen- und Kälberherden, unter denen er gelegentlich großen Schaden anrichtet, indem er mehr erwürgt als er zur Nahrung braucht, auch von einem von ihm geschlagenen Tier oft nur das Blut aufleckt und kleine Partien frißt, das übrige aber, Wölfen und Füchsen zur Beute, liegen läßt. Dadurch macht er sich dem Jäger wie dem Hirten gleich verhaßt, die ihn überall mit Eifer verfolgen. Jung eingefangen und an den Pfleger gewöhnt, wird er sehr zahm und zutraulich. Außer dem Kalbfleisch ähnlichen, sehr schmackhaften Fleisch, das noch zu Anfang des vorigen Jahrhunderts auf fürstlichen Tafeln als vorzügliches Mittel gegen Schwindel gegessen wurde, ist sein Pelz sehr gesucht. Die skandinavischen gelten als die schönsten und werden mit 30 Mark und darüber bezahlt. Sibirien liefert alljährlich etwa 15000, Rußland und Skandinavien etwa 9000 Felle. Die Pelze der Luchse des östlichen Sibirien kommen ausschließlich in den chinesischen Handel und werden von den an die Mongolei grenzenden Völkern, besonders den Chinesen, sehr begehrt.

Mit diesen letzteren Wildarten haben wir uns schon mit den eigentlichen Pelztieren befaßt, die wesentlich ihres schönen, dichten Felles wegen gejagt werden. Zu ihnen gehören auch Marder, Iltis, Wiesel, Hermelin, Zobel und die übrigen Marderarten, die wir im nächstfolgenden Abschnitte für sich betrachten wollen. Es sei hier nur noch bemerkt, daß zum Ersatz des vielfach ausgerotteten einheimischen Wildes vielfach fremdes eingeführt wurde, so beispielsweise Hasen und Rotwild aus Ungarn; doch sind die großen Hoffnungen, die man an diese Blutauffrischung knüpfte, nur zum geringen Teile erfüllt worden. Mit gutem Erfolge hat man jedoch das südeuropäische Wildschaf, den Muflon, aus Korsika und Sardinien, im Harz, im Thüringerwald und in anderen Gebirgsgegenden eingeführt. Seine Lebensgewohnheiten wurden auf Seite 135 besprochen, so daß wir an dieser Stelle nicht näher darauf einzutreten brauchen.

Share on Twitter Share on Facebook