XXVI. Nützliche wilde Vögel.

Alle größeren einheimischen Vögel sind beliebte Jagdobjekte, von der scheuen Trappe und dem Urhahn bis zu den Rebhühnern. Die stattliche Trappe (Otis tarda) ist ein Bewohner der baumlosen Ebene, die außer der Brutzeit als Standvogel in geselligen Vereinen von 6–10, im Winter oft in Scharen von 50–100 Stück lebt. Von den entlegensten Brachfeldern, auf denen sie stets Nachtruhe hält, zieht sie morgens früh auf ihre Futterplätze, wo sie außer größeren Insekten und Sämereien aller Art hauptsächlich Teile grüner Pflanzen frißt. Dabei reckt der scheue Vogel oft den Kopf in die Höhe, um sich umzusehen. Geht er ruhig seiner Nahrung nach, so schreitet er langsam und gemächlich einher, läuft er davon, so holt ihn ein flüchtiger Hund nur schwer ein. Im Fluge bewegt er sich mit langsamen Flügelschlägen ohne sonderliche Anstrengung. Im März kämpfen die Männchen um die Weibchen, bis die Paare sich gefunden haben und zu brüten beginnen. In der zweiten Hälfte des Mai, wenn sich das Weibchen im jungen Getreide verbergen kann, bereitet es das Nest in Form einer Mulde im Boden und brütet darin in 30 Tagen seine 3 Eier aus. Die zunächst sehr unbeholfenen, erst nach einigen Tagen ordentlich laufen lernenden Jungen verbergen sich mit der Mutter meist im Getreide und leben zuerst nur von Insekten und deren Larven, später von zartem Grün. Sie werden von den Eltern sorgsam bewacht und kräftig selbst gegen ebenbürtige Feinde verteidigt. Da die Trappen besonders im Alter kein wohlschmeckendes Fleisch haben, werden sie hauptsächlich wegen der Schwierigkeit, mit der ihnen beizukommen ist, gejagt. Um sie leichter beschleichen zu können, bedient man sich des Schießpferdes oder des Bauernwagens, verkleidet sich gelegentlich auch einmal als Bauernfrau mit dem obligaten Tragkorb.

In höherem Ansehen als sie stehen beim Weidmann die Ur- und Birkhühner, von denen fast nur die Männchen im Vorfrühling — von Ende März an — auf der Balz, während welcher die sonst äußerst vorsichtigen Vögel weder sehen noch hören, geschossen werden. Das Urhuhn, d. h. großes Huhn (Tetrao urogallus), ist ein echter Waldvogel und lebte ursprünglich im Tiefland, wurde aber mit der Ausrodung des Waldes aus der Ebene ins Gebirge hinauf vertrieben. In Europa ist es heute von den Gebirgen der südeuropäischen Halbinseln bis Rußland und zum Eismeer und durch Sibirien bis nach Kamtschatka verbreitet. Das meiste Urwild kommt in Asien, aber auch noch in Rußland vor. Allen andern Waldarten zieht es den Kiefernwald vor, lebt aber nur in ausgedehnten Waldbeständen mit reichem Unterwuchs und ernährt sich vorwiegend von Kiefernadeln, Wacholderbeeren und anderer Pflanzenkost.

Das Birkhuhn (Tetrao tetrix) dagegen liebt gemischte, lockere Waldbestände mit zerstreutem Buschwerk und erhielt seinen Namen nach seiner Vorliebe für Birken. Es äst gern Laubknospen und hat einen bestimmten Standort, den es nur wechselt, wenn es beunruhigt wird. Sein Verbreitungsgebiet stimmt mit dem des vorigen überein, doch lebt es sowohl im Tiefland, als im Mittel- und Hochgebirge, und geht in letzterem über die Baumgrenze hinaus. Seine Balzzeit währt von Mitte März bis Mitte oder Ende Mai; dabei balzt der Birkhahn im Gegensatz zum Urhahn, der dies stets auf Bäumen tut, fast ausschließlich auf dem Boden, auch fleißiger und zu verschiedener Tageszeit, nicht bloß wie jener in der Morgen- und Abenddämmerung. Auf den Balzplätzen des Tieflandes und des Mittelgebirges, auf Waldblößen, Weiden oder Torfstichen balzen manchmal gleichzeitig 20 und mehr Hähne, im Hochgebirge treten sie dagegen mehr vereinzelt auf. Je schlechter ein Forst bewirtschaftet wird, desto eher ist Birkwild darin anzutreffen. In Rußland und Sibirien verbreitet es sich mehr und mehr nach Norden, indem es vielfach die Stände des durch die großen Holzrodungen vertriebenen Urwilds einnimmt. In Neufundland ist es mit Erfolg eingeführt worden. In Mitteleuropa ist es weniger zahlreich als das Urwild vertreten, dagegen ist es im Norden zahlreicher als jenes. Infolge der stärkeren und besseren Bodenbewirtschaftung nimmt es bei uns mehr und mehr ab, wie auch das Haselwild.

Das Haselhuhn (Tetrao bonasia) ist das kleinste der mitteleuropäischen Waldhühner und liebt im allgemeinen ähnliche Standorte wie das Urwild, meidet aber die dem Birkwild besonders zusagenden wilden oder verwilderten Holzbestände und Kahlschläge. Gern lebt es an Waldstellen, wo es leicht zwischen Laub- und Nadelholz wechseln kann. Es ernährt sich vorzugsweise von Laubholzknospen und Waldbeeren, wie auch von kleinen Tieren aller Art. Es lebt vorzugsweise in den gemischten Wäldern von Mittelgebirgen und in den Vorbergen und dem Waldgürtel der Alpen, obwohl es ursprünglich mehr ein Vogel des Tieflandes als des Gebirges ist. Am reichsten an Hasel-, wie überhaupt an Waldhühnern, ist heute noch die russische Tiefebene. Je mehr in andern Ländern der Wald aus dem Tieflande verschwand, um so mehr hat sich das Haselhuhn in deren Gebirge zurückgezogen. Je mehr die unterwuchslosen, geschlossenen Hochwälder aus Reinbeständen namentlich von Nadelholz verschwinden, um so seltener wird das Haselwild, weil ihm dadurch besonders die zu seiner Äsung notwendigen Beerenfrüchte entzogen werden. Es hält sich vorzugsweise am Boden auf, wo es durch Scharren allerlei Insektenlarven und Gewürm verschiedenster Art zu erlangen sucht. Es läuft sehr gewandt und bildet familienweise ganze Ketten im Wald, kommt jedoch manchmal auch einzeln vor. Da es sich bei Beunruhigungen im Gestrüpp oder im dichten Astwerk versteckt oder sich an den Boden drückt, wird es von Unkundigen auch in gutbesetzten Revieren kaum je wahrgenommen. Es ist ein treuer Standvogel und liefert ein hochgeschätztes Wildbret. Es erzeugt mit dem Schnee- und Birkhuhn Bastarde.

Unter den beiden Arten der europäischen Schneehühner liebt das Moorhuhn (Lagopus albus) feuchte, mit Krüppelwald, besonders mit Birken- und Weidenbeständen, abwechselnde Niederungen und Moorgründe. Es lebt meist im Gestrüpp der Tundren und Moore, nicht aber im Waldinnern. Dieser mehr nordische Vogel ist in den Mittelgebirgen Schottlands und Skandinaviens sehr häufig und findet sich überall zirkumboreal außer in Grönland und auf Island, wo nur das Alpenschneehuhn gefunden wird. In Deutschland findet es sich nur im nordöstlichsten Preußen, wo es im Sommer in unzugänglichen Mooren brütet. Einzelne Moorhühner des Nordens überwintern in ihrem Brutgebiet, die Mehrzahl aber begibt sich nach Süden bis dahin, wo der Nadelwald aufhört und die Birkenbestände beginnen, um im April oder Mai auf ihre nordischen Brutplätze zurückzukehren. In Schottland und Skandinavien wird es wegen seines wohlschmeckenden Fleisches eifrig gejagt und in sehr großen Mengen auf den Markt gebracht.

Tafel 65.

Im Heidegestrüpp brütendes schottisches Moorhuhn (Lagopus scoticus). Vom gemeinen nordischen Moorhuhn unterscheidet es sich durch braune Schwingen, graue Beine und vor allem dadurch, daß es im Winter nicht wie jenes weiß wird.
(Unretuschierte Naturaufnahme von Cherry und Kearton.)


GRÖSSERES BILD

Tafel 66.

Durch ihre Färbung geschützte brütende Waldschnepfe auf dem Nest.
(Nach Meerwarth, Naturstudien.)


GRÖSSERES BILD

Das Alpenschneehuhn (Lagopus mutus) lebt im Hochgebirge über 1800 m Höhe zwischen wilden Steinmassen, Zwergweiden, Alpenrosen, Legföhren und anderem Gesträuch. Im hohen Norden ist es der Begleiter des Schneehasen und Moschusochsen und durch sein dichtes Federkleid gut gegen die Kälte geschützt, weiß sich auch mit seinen gleich denen des Moorhuhns dicht befiederten Füßen tiefe Gänge in den Schnee zu graben, die es an seine Nahrung, die Knospen der verschiedensten Sträucher, bringen und es auch vor seinen Feinden schützen. Es ist kleiner und geselliger als das Moorhuhn und wird wegen seiner an Einfalt grenzenden Arglosigkeit leicht die Beute von Jägern und Raubvögeln. In Skandinavien bildet es, wie der Fisch an der Küste, so im Innern die gewöhnliche Fleischspeise, während das Moorhuhn mehr auf den Markt der südlichen Städte gebracht wird. Das Fleisch des Alpenschneehuhns ist indessen dunkler und weniger schmackhaft als dasjenige des Moorhuhns; es ähnelt dem Hasenwildbret.

Ein ausschließlicher Feldvogel, aber auch ein Freund von Gebüsch und niederem Gehölz, ist das Rebhuhn (Perdix cinerea). Es ist Standvogel und nur zum Teil Strichvogel, lebt im Winter familienweise, die übrige Zeit in einzelnen Paaren, die treu zusammenhalten. Im auf Saatfeldern, im hohen Wiesengras und Gestrüpp oder an Buschrändern gut versteckten Neste werden 10–12 Junge ausgebrütet, die von den beiden Eltern sorgsam behütet und zum Auffinden der aus Insekten, Getreidekörnern und anderen Sämereien, wie auch grünen Pflanzenteilen bestehenden Nahrung angeleitet werden. Erwachsen bilden sie mit den Eltern eine sogenannte Kette, die im Herbst mit Hilfe des Vorstehhundes gejagt wird. Hat derselbe mit seinem vorzüglichen Geruchssinn eine solche an den Boden geduckte Rebhuhnfamilie ausgekundschaftet, so bleibt er mit lang vorgestrecktem Hals und einer erhobenen Pfote wie angewurzelt stehen, bis der Herr sie sieht und auf sie schießen kann. Das im Grunde nicht sehr scheue Rebhuhn wird in Gegenden, wo es gejagt wird, sehr vorsichtig und weiß sich seinem Feinde durch rasches Verstecken zu entziehen. In Südeuropa tritt es seltener auf, desto häufiger aber in Mitteleuropa, wo es eines der gemeinsten Feldvögel und das gewöhnlichste Federwild ist. Auf Neuseeland wurde es vor einem Menschenalter mit Erfolg eingeführt.

Die alten Griechen und Römer fingen die Rebhühner mit Netzen, um sie teilweise zahm zu halten und die Männchen gegeneinander kämpfen zu lassen, wie dies heute noch auf den Kykladen mit Steinhühnern geschieht. Nach Oppian wurden sie in der Weise mit Netzen gefangen, daß man sie durch andere Rebhühner hineinlocken ließ, oder der mit einer Hirschhaut verkleidete Jäger schlich sich an sie heran, um sie in Schlingen oder auch Netzen zu fangen. Der etwas später, zu Beginn des 3. Jahrhunderts n. Chr. lebende Grieche Älian schreibt in seinem Buch über die Tiere: „Diejenigen Rebhühner (perdix), die eine helle Stimme oder große Kampfeslust haben, sträuben sich sehr, wenn sie von Menschen gefangen werden, weil sie wissen, daß sie nicht zum Schlachten, sondern deswegen gefangen werden, weil sie durch ihre Stimme und den Kampfesmut ergötzen sollen. Diejenigen aber, die sich bewußt sind, daß sie weder als Sänger, noch als Kämpfer geachtet sind und zum Braten gefangen werden, sind schlau genug, dem Menschen seinen Spaß zu verderben; denn sie fressen nichts, wovon sie fett werden könnten, dagegen Knoblauch in großer Menge. Wer das weiß, gibt sich demnach mit dem Fang dieser Tiere keine Mühe; wer solches aber nicht weiß und auf den Fang geht, der erlebt an seinem Braten wenig Freude.“

Ein weiterer Bewohner der Grassteppe und Getreidefelder ist die Wachtel (Coturnix communis), die die milderen Gegenden Europas von Süditalien nördlich bis Mittelschweden, aber auch weit ausgedehnte Gebiete von Afrika, namentlich aber die Steppenländer Asiens bis nach Nordchina bewohnt. In Europa beherbergen Ungarn und die südrussischen Steppen die meisten Wachteln; in Deutschland hat ihre Zahl besonders im Süden stark abgenommen. Sie ernährt sich wie das Rebhuhn von Insekten, Sämereien und grünen Pflanzenteilen, ist in der Morgen- und Abenddämmerung am tätigsten und verläßt nur in der Mittagshitze ihr Versteck, um sich zu sonnen und im Sande zu baden. Sie fliegt nur ungern und verkriecht sich viel lieber, als daß sie sich einer Gefahr durch Fliegen entzöge. Auf freiem Felde überrascht, drückt sie sich ganz flach auf den Boden, was sie auch tut, wenn sie aufgescheucht wurde und sich wieder niederwarf. Im Frühjahr ist das Männchen sehr kampflustig und schlägt sich auf Leben und Tod mit Nebenbuhlern um ein Weibchen. Dann läßt es fleißig seinen bekannten Schlag hören, den die Römer mit „dic cur hic (sage, weshalb bist du da),“ die Deutschen mit „Bück den Rück“ oder „Flick de Büx“ wiederzugeben versuchten. Wegen dieses seines Balzgesangs wird die Wachtel gern als Stubenvogel gehalten. Sie wird im umgitterten Raume bald ganz zahm und schreitet in ihm auch leicht zur Fortpflanzung. Sogar in den Bauernstuben läßt man sie gern brüten und schätzt den Vogel wegen seines stets munteren Wesens und der Vertilgung manchen Ungeziefers. Noch mehr als bei uns ist die Wachtel in Persien und der Bucharei ein beliebter Stubenvogel, der nicht nur zahlreich in Käfigen gehalten, sondern auch als lebendiges Spielzeug viel in den Händen getragen und gehätschelt wird. Den wilden Vogel schießt man im Herbst wie das Rebhuhn vor dem Hühner- oder Vorstehhund oder fängt ihn in Netzen, und zwar oft mit der Wachtelpfeife, einem kleinen Instrument, das den die Nebenbuhler in die Schranken fordernden Schlag der Hähne oder den Lockton des Weibchens „Krüb krüb“ genau nachahmen muß.

Erst im Juli paart sich die Wachtel. Schon während des Brütens trennt sich das Männchen vom Weibchen; denn die Wachteln führen kein Familienleben wie die Rebhühner. Das Nest der Wachtel findet sich, gut versteckt, meist zwischen Äckergewächsen, seltener im Wiesengras und Sommergetreide, bildet eine kleine, kunstlos mit Hälmchen ausgekleidete Vertiefung, in der 8–14 Eier ausgebrütet werden. Gleich nach dem Auskriechen laufen die Jungen mit der Mutter davon und werden bald selbständig.

Die Wachtel gehört bei uns zu den Zugvögeln. Viele Wachteln überwintern zwar schon in Südeuropa, die meisten gehen aber weit nach Afrika hinein, teilweise bis nach Südafrika. Ende September ziehen sie ab; Mitte September ist der Zug am stärksten, bis anfangs Oktober die letzten Nachzügler abreisen. Die Wachteln fliegen zwar gut, reisen aber gern in der Richtung eines leichten Windes, werden durch Gegenwind veranlaßt, Land oder auch nur Klippen oder Sandbänke, selbst das Verdeck von Schiffen, wo sie ermattet und verwirrt liegen bleiben, aufzusuchen und sollen sich sogar auf den Meereswellen eine Zeitlang ausruhen, kommen aber häufig darin um. In zahlloser Menge erscheinen sie auf ihrem Zuge in Südeuropa und Nordafrika und werden dort in Menge gefangen, so daß sie für die betreffenden Bewohner eine ergiebige Nahrungs- und Erwerbsquelle bilden. Außer der spanischen Küste, Sizilien und manchen Gegenden Nordafrikas ist besonders auch Capri wegen der Ergiebigkeit des Wachtelfangs berühmt. Frühere Bischöfe, zu deren Sprengel das Eiland gehörte, hatten einen bedeutenden Teil ihres Einkommens dem Wachtelfang zu verdanken, der mit Fuß- und Halsschlingen, mit Klebe- und Steckgarnen, vornehmlich aber mit italienisch roccoli genannten Schlagnetzen ausgeübt wird. Die gefangenen, fetten Tiere werden gerupft, ihnen die Köpfe und Füße abgeschnitten, der Bauch geöffnet und die Eingeweide herausgenommen, sie dann wie Heringe verpackt und versendet. Schon die alten Griechen und Römer lagen diesem Fange ob, wie auch die Kinder Israels auf ihrem Zuge durch die Wüste. Der griechische Schriftsteller Oppianos sagt, daß man die Wachteln, wenn sie mit geschlossenen Augen aus Furcht vor dem Meere aufs Land fallen, in Garnen fängt, indem man sie entweder durch in Käfigen gehaltene Wachteln lockt oder in die man sie treibt, indem man ein Kleid auf zwei Stäbe steckt, hochhält und so vorwärts schreitet. In einem kürzlich in Ägypten aufgefundenen Fragment des im 3. Jahrhundert v. Chr. lebenden alexandrinischen Dichters Kallimachos soll ein Priester auf einer der Kykladen ungünstigen Wind für den Wachtelfang bitten... „wenn sich der Wachteln (órtix) Volk stürzt in das Netz aus Garn“. In seiner Naturgeschichte berichtet Plinius von ihnen: „Die Wachteln (coturnix) sind kleine, bei uns mehr an der Erde als in der Luft lebende Vögel. Sie fliegen scharenweise über das Meer und bringen, wenn sie sich dem Lande nähern, selbst Schiffe in Gefahr; denn sie fallen oft in solcher Menge, und zwar bei Nacht in die Segel, daß die Schiffe versinken. Bei ihren Reisen haben sie bestimmte Gegenden, in denen sie sich niederlassen, um zu ruhen. Bei Südwind fliegen sie nicht, weil dieser Wind ihnen zu feucht und schwer ist, und doch wollen sie mit dem Winde fliegen, weil ihr Körper schwer und ihre Kraft gering ist. Die Anstrengung, welche ihnen der Flug verursacht, geben sie durch klagende Töne zu erkennen. Sie fliegen daher vornehmlich mit dem Nordwind und unter Anführung des Wachtelkönigs (eines größeren Vogels, der mit ihnen zugleich nach Süden zieht, aber natürlich sie nicht anführt). Die erste Wachtel, die sich dem Lande naht, holt sich der Falke. Ziehen sie nun weiter, so tun sie sich nach Begleitern um und überreden die Glottis, die Horneule (otus) und den Cychramus, mitzufliegen. Erhebt sich ein dem Zuge widriger Wind, so nehmen die Wachteln kleine Steinchen als Ballast in die Füße, oder den Schnabel voll Sand und fliegen dann weiter. Sie fressen vorzüglich gern giftige Sämereien und werden deshalb nicht verspeist. Sie sind das einzige Tier, das gleich den Menschen am bösen Wesen leidet, und deshalb pflegt man, so oft man eine Wachtel sieht, auszuspucken.“

Daß die Römer nicht wie ihre Nachkommen, die heutigen Italiener, die Wachteln gern gegessen hätten, ist kaum anzunehmen. Sagt doch Varro zu Ende der Republik ausdrücklich: „Manche Leute mästen in ihren Vogelhäusern auch Ortolane und Wachteln und verkaufen dann beide teuer.“ Auch die Griechen verzehrten diesen Vogel gern, aber noch lieber benützten sie die, wie uns bezeugt wird, mit Netzen gefangenen und mit Hirse gefütterten Wachteln, wie heute noch die Chinesen und Süditaliener, zu Kampfspielen. Der 125 n. Chr. geborene griechische Schriftsteller Lukianos sagt, in Athen seien die Wachtelkämpfe sehr beliebt und häufig gewesen. Die Leute hätten sich dabei in großer Menge versammelt; ja, es habe ein Gesetz bestanden, das den Jünglingen gebot, den Wachtel- und Hahnenkämpfen zuzusehen, um von diesen Vögeln, die mit Hartnäckigkeit auf Tod und Leben kämpfen, Tapferkeit zu lernen. Nach dem Berichte des Plutarch war der junge Alkibiades (450–404 v. Chr.) in seiner Vaterstadt Athen auf den Markt gekommen, wo das versammelte Volk gefragt wurde, wer freiwillige Steuern bezahlen wolle. Da meldete sich Alkibiades. „Über diese Freigebigkeit war das Volk entzückt, klatschte und schrie, da vergaß Alkibiades selbst vor lauter Freude die (Kampf-)Wachtel, die er zufällig unter dem Mantel trug, lies sie los und sie flog davon. Nun schrien die Leute noch ärger, jagten hinter der Wachtel her und es gelang dem Steuermann Antiochus, sie wieder einzufangen.“ Der Philosoph Platon sagt, indem er auf die übertriebene Wachtelliebhaberei seiner Zeitgenossen anspielt, im Lysis: „Mir ist denn doch ein braver Freund lieber als die beste Wachtel oder der beste Hahn“, und der Komödiendichter Aristophanes nennt die Söhne seines Kollegen Karkinos „Hauswachteln“, weil sie sich zu Hause immerfort zankten. Er sagt von der Wachtel, sie lasse ihre Stimme während des Kampfes ertönen, das Rebhuhn dagegen vorher und der Haushahn nach dem Siege. An einer andern Stelle schreibt er, die Athener hätten denen, die sie liebten, gern Purpurhühner, Wachteln oder Gänse geschenkt. Noch um 200 n. Chr. waren die Wachteln als Kampfvögel bei den Griechen beliebt, denn der damals in Alexandrien lebende Athenaios nennt Leute, die gar zu erpicht auf Kampfwachteln sind, Wachtelnarren. Von ihnen übernahmen die Römer diese Liebhaberei, so daß wir die Behauptung des Plinius, daß man in Rom keine Wachteln esse, dahin deuten können, daß sie von den reicheren Römern lieber zu Kampfspielen denn als Braten verwendet wurden. Noch heute ist in vielen Städten Italiens, insbesondere in Neapel, der Wachtelkampf eine beliebte Volksbelustigung. Die Wachtelhähne werden mit Hirse gefüttert und dann auf jedes Ende eines länglichen Tisches einer gesetzt. Alsbald nähern sich die Tiere und hauen so wütend mit Schnabelhieben aufeinander ein, daß die Federn fliegen und das Blut aus offenen Wunden fließt, bis eines besiegt ist und die Flucht ergreift. Der Besitzer der siegreichen Wachtel bekommt den ausgesetzten Preis und kann das Tierchen, wenn es mehrmals gesiegt hat, oft für 10–12 Goldstücke verkaufen, da der Käufer durch weitere Siege diese Summe reichlich wieder einbringen kann. Allerdings haben schon im Altertum die besseren Elemente von dieser Volksbelustigung gelassen. So schreibt Marcus Antonius, er habe vom Philosophen Diognetos gelernt, keine Wachteln zum Vergnügen zu halten und überhaupt sich nicht mit Albernheiten abzugeben. Übrigens wurde damals die Wachtel außer zum Kampf auch zu Spielen aller Art verwendet. So schreibt Julius Pollux von einem griechischen Spiele, das Wachtelhieb genannt wurde. Dabei setzte einer seine Wachtel in die Mitte eines gezogenen Kreises; ein anderer aber versetzte ihr einen schwachen Hieb mit dem Finger. Wich nun die Wachtel nach diesem Hiebe aus dem Kreise, so hatte der Besitzer der Wachtel die Wette verloren.

Denselben Griechen verdankten die Römer und in der Folge das ganze Abendland die Einführung des Fasans (Phasianus colchicus), von dem wir erfahren, daß ihn einst die unter Anführung des Jason zur Erlangung des von einem grimmigen Drachen gehüteten goldenen Vließes ausgezogenen Argonauten, d. h. Schiffer auf dem Schiffe Argo, am Flusse Phasis, im Lande Colchis südlich vom Kaukasus kennen lernten und danach phasianós, d. h. den phasischen Vogel nannten. Dieser ursprünglich Westasien bewohnende Vogel ist heute durch den Menschen nicht nur in den Mittelmeerländern, sondern in Europa bis England und Norddeutschland, d. h. soweit die klimatischen Verhältnisse es zuließen, verbreitet worden. Schon die Römer, die ihn von den Griechen mit demselben Namen übernommen hatten, brachten ihn wie den Pfau in ihre Kolonien nach Südfrankreich und Helvetien, von wo aus er allerdings erst zu Ende des Mittelalters als Wildling weiter nordwärts vordrang. Während er heute in ganz Süddeutschland, Böhmen und Österreich im Zustande vollkommener Wildheit lebt, wird er in Norddeutschland noch unter Obhut des Menschen in sogenannten Fasanerien gehalten, und, wenn freilebend, wenigstens in strengen Wintern gefüttert. Als nunmehr vollkommen eingebürgertes Wild wird der Fasan mit dem Hühner- oder Vorstehhund in seinem Lager aufgesucht und zum Schuß gebracht, oder nach Zerstreuung eines Volkes in Steckgarnen gefangen. Man beschleicht auch die Hähne beim Balzen und stellt, wenn viele auf einmal geschossen werden sollen, förmliche Treibjagden auf sie an, wie dies bei großen Herren Mode ist.

Eine Lieblingsjagdart vieler Jäger ist die auf dem sogenannten Schnepfenstrich, wenn im ersten Frühjahr die Schnepfen aus ihren in Südeuropa gelegenen Winterquartieren zu uns in ihre Brutgebiete zurückkehren. Was dieser Jagd ihren besonderen Reiz verleiht, ist das dabei zu beobachtende Wiedererwachen der Natur, wenn schon die Wildtauben, das Rotkehlchen, die Amsel, die Heidelerche, die Bachstelze aus dem Süden eingetroffen sind und mit ihren Werbelauten den Wald beleben. Man unterscheidet drei Arten von Schnepfen.

1. Die Waldschnepfe (Scolopax rusticula), die mit Ausnahme einiger nordischer Inseln alle Länder Europas, wie auch ganz Mittel- und Nordasien bewohnt. Im Norden trifft man sie während des Sommers in allen größeren Waldungen an, wo sie, ohne einen Unterschied zwischen Laub- und Nadelholz zu machen, feuchte, sumpfige Stellen, niemals aber eigentliche Sümpfe und freie Moräste bewohnt. Nur in der Dämmerung begibt sie sich auf Waldwiesen und Viehtriften in der Nähe des Waldes, wo sie sich von allerlei Getier ernährt, die sie mit ihrem feinfühligen, langen Schnabel aus der Erde zieht. Fleißig wendet sie zur Erbeutung von Würmern, Schnecken und Insektenlarven das vermodernde Waldlaub um und bohrt in Rinderdünger, wie auch in von jenen belebten weichen Bodenschichten ihren Schnabel ein, den sie zum Erfassen und Verschlingen ihrer Beute nur vorne öffnet, ohne ihn aus dem Boden herauszuziehen. Laufend weicht sie zwar häufig einer Gefahr, z. B. einem Hühnerhund, aus und duckt sich, ihrer Schutzfärbung wohl bewußt, zu Boden, aber, um etwas zu suchen, fliegt sie am liebsten. Dabei bewegt sie sich in geringer Höhe langsamer als die übrigen Schnepfenarten.

Die ungeheure Anzahl von Waldschnepfen, die auf ihrem Herbstzuge fast alljährlich gefangen und vertilgt wird und trotzdem immer wiederkehrt, legt die Vermutung nahe, daß das Hauptbrutgebiet der Waldschnepfe die dünn bevölkerten, einsamen Wälder Nordrußlands und Sibiriens sind. Jedenfalls ist die Waldschnepfe im Osten und Norden viel reichlicher als Brutvogel vertreten als im Westen und Süden. Während sie schon auf den Karpaten in ziemlicher Zahl brütet, gehört sie im waldarmen Frankreich und England zu den seltenen Brutvögeln und wird auch bei uns fast nur auf dem Durchzuge geschossen, wenn sie je nach der Witterung von Mitte März an in ihre nordische Heimat zurückkehrt. Ihre Straße ist nicht stets dieselbe, so daß man sie in einem bestimmten Revier nicht alle Jahre gleich häufig zu sehen bekommt. Der Balzflug, der gewöhnlich nur in einer Höhe von 12–15 m ausgeführt wird und in der Abend- und Morgendämmerung nicht viel länger als 1⁄4 Stunde dauert, niemals bei Kälte und Ostwind, besonders aber bei warmer, regnerischer Witterung und bei Südwestwind, der die stets mit dem Winde wandernden Schnepfen herbeiführt, stattfindet, ist eine Art Unterbrechung des Frühlingszuges, um dem Männchen ein Weibchen zu verschaffen oder einem schon gewonnenen seine Aufmerksamkeit zu erweisen. Wenn es dann liebetrunken mit dick aufgeblähtem Gefieder mit kurzen Flügelschlägen langsam unter Ausstoßen leiser, pfeifender und quaksender Töne über dem Gehölze streicht, fällt es dem Blei des Jägers zum Opfer.

2. Die Sumpfschnepfe oder Bekassine (Gallinago coelestis), deren Heimat ebenfalls der Norden Europas und Asiens ist. Auch sie überwintert in Südeuropa, Nordafrika und Indien und zieht Ende März und im April zu ihren Brutplätzen im Norden, um schon Ende August bis Oktober wieder ihre Rückreise in die Winterquartiere im Süden zu vollführen. In Norddeutschland, Dänemark, Skandinavien, Rußland und Sibirien ist sie sehr gemein und lebt dort auf sumpfigen Wiesen und Mooren zwischen Weiden- und Erlengebüsch. Ihr Nest findet sich auf kleinen Hügelchen und auf Grasbüscheln im Sumpf und enthält in der zweiten Hälfte des April vier Eier, die vom Weibchen ausgebrütet werden, während das Männchen morgens und abends über dem Nestplatz seinen eigentümlichen Balzflug vollführt. Mit dem Ausschlüpfen der Jungen hat der regelmäßige Balzflug ein Ende. Dank ihres geschützten Aufenthaltsortes und ihrer größeren Flugfertigkeit ist sie weniger Gefahren als die Waldschnepfe ausgesetzt. Wegen ihres schmackhaften Wildbrets, das jenes der Waldschnepfe entschieden übertrifft, wird sie allenthalben verfolgt, wenn auch nicht überall mit besonderem Eifer, da das Umherwaten im Sumpfe nicht jedermanns Sache ist. Wie die Waldschnepfen lassen sie sich auch in der Gefangenschaft halten, doch ist ihre Eingewöhnung keine sehr leichte.

3. Die Moorschnepfe (Gallinago gallinula), die kleinste aller Schnepfen. Sie ist ebenfalls ein Sumpfbewohner und hat ihre Heimat im Norden, besonders in Rußland und Westsibirien. Wie die andern Schnepfen wird sie an denselben feuchten Stellen bei ihrem Durchzuge geschossen, um als Leckerbissen verzehrt zu werden.

Von weiteren jagdbaren Vögeln sind die Enten und Gänse zu nennen, die besonders für die nordischen Völker eine wichtige Rolle spielen. Der bei uns häufigste Brutvogel unter den Wildenten ist die Stockente (Anas boscas), deren Nest man an buschreichen Ufern unter Weiden und Erlen, zwischen Schilfrohr und Sumpfpflanzen, im Grase oder auf mäßig hohen Bäumen in verlassenen Krähen- und Raubvogelnestern findet. Es enthält anfangs April 8–14 schmutzigweiße, von denen der, wie wir sahen, von ihr abstammenden Hausente nicht unterscheidbare Eier. Die nach 26tägiger Bebrütung aus ihnen ausschlüpfenden Jungen werden von ihrer Mutter auf versteckreiche Gewässer geführt, unter ihren Flügeln erwärmt und fast bis zur Erlangung vollständiger Flugfähigkeit sorgsam beschützt und geleitet. Sie ernähren sich mit der verschiedensten tierischen und pflanzlichen Speise. Während die Weibchen brüten und ihre Jungen aufziehen, vereinigen sich die Männchen zu kleineren oder größeren Gesellschaften. Die im Oktober ihr Jugendkleid verlierenden Jungen gehen dann mit den alten Artgenossen aus den stillen Gewässern auf die Flüsse, um hier Scharen zu bilden und, wenn das Wasser gänzlich zufriert, nach milderen Gegenden im Süden zu ziehen. In schräger Linie oder ein hinten offenes Dreieck bildend fliegen sie meist zur Nachtzeit nach Südeuropa, um schon im Februar oder März in ihr Brutgebiet zurückzukehren. Dieses erstreckt sich von der unteren und mittleren Donau, Süddeutschland und der Schweiz bis zur Waldgrenze im Norden und verbreitet sich auch über Nordasien und Nordamerika. Der äußerst scheue und vorsichtige, in der Gefangenschaft leicht zur Fortpflanzung zu bringende Vogel wird namentlich in Brüchen, wo er dem Samen des Schwadengrases nachfliegt, auf dem Morgen- und besonders auf dem Abendanstand erlegt. Auch fängt man ihn in Laufschlingen und mit Angeln, in großen Massen aber in den sogenannten Entenfängern oder Vogelkojen, die es freilich früher in größerer Menge als jetzt in Deutschland gab. Es sind dies fünfeckige Teiche, die an jeder der fünf Ecken spitz zulaufende, von Erdwällen umgebene und mit mannshohen Blendschirmen aus Schilfrohr eingefaßte Ausbuchtungen haben, die mit einem Netze bedeckt sind und in eine gewöhnliche Fischreuse endigen. Die Wälle und die Umgebung der Koje sind mit dichtem Buschwerk bepflanzt. Auf den Teichen und deren Ausläufen befinden sich zahlreiche zahme Enten, Spieß-, Pfeif- und Stockenten mit gestutzten Flügeln. Der Kojenwärter, der sich durch ein stets bei sich getragenes Torfräuchergefäß verwittert, streut dann seinen zahmen Enten Futter, meist Gerste, und lockt sie damit unter die Netze, wohin ihnen die Wildlinge ohne Bedenken folgen. Durch das Erscheinen des Kojenwärters aufgescheucht, wollen sie ihm entfliehen, wobei sie immer mehr in den Blindsack und schließlich in die Reuse geraten, wo sie getötet werden. Dann wird den Lockenten abermals Futter gestreut, und das Spiel beginnt von vorne. Ist eine Ausbuchtung zweimal abgetrieben, so kommt die nächste an die Reihe. So werden viele Tausende von Enten jährlich gefangen, z. B. auf der Insel Föhr in einem Herbst über 30000 Stück. Weniger aber als durch die Jäger und Entenfänger nimmt die Stockente infolge der zunehmenden Bodenkultur, besonders infolge der Trockenlegung von Wiesen und Sümpfen, bei uns ab.

Etwas kleiner als die Stockente ist die zu derselben Zeit nach Süden ziehende Schnatterente (Anas strepera), die ihren Namen dem schnatternden Rufe des Weibchens verdankt, an dem man sie, namentlich wenn das helle Pfeifen der Männchen dazwischen klingt, von allen andern in Deutschland vorkommenden Entenarten unterscheiden kann. Der auch durch einen eigentümlichen wippenden Flug ausgezeichnete Vogel bewohnt den Norden von Europa, Asien und Nordamerika und nistet mehr im Osten unseres Kontinents bis zum Schwarzen Meer. In Deutschland nistet er namentlich in Schlesien und in einigen Seen Ostpreußens. In das von ihr kunstlos hergestellte Nest legt das Weibchen 6–12 trüb olivengrünliche Eier, die sie selbst ausbrütet.

Häufiger als sie ist die Spießente (Anas acuta) mit langem, dünnem Hals und stark verlängertem Schwanz. Zu ihrem Aufenthalte wählt sie ausgedehnte Sümpfe mit vielen Wassergräben und freien Wasserflächen, dann große, schilfreiche Seen und verwilderte Teiche mit Wasserpflanzen aller Art, nicht aber buschreiche, im Walde versteckte Örtlichkeiten, wie sie die Stockente liebt. Hier findet man, bei uns in der zweiten Hälfte des April, 8–10 sehr bleiche, graugrüne Eier, die etwas kleiner als die der Stockente sind. Ihr Brutgebiet erstreckt sich über den Norden Europas, Asiens und Nordamerikas, wo sie ungefähr dieselben Gegenden wie die Stockente bewohnt, aber weiter nach Norden geht. Sie wandert vom Oktober an nach Süden und kehrt im März und April in ihr Brutgebiet zurück. Auf dem Zuge ist sie neben der Krick- und Pfeifente die häufigste Ente an der Nordseeküste.

Dasselbe Verbreitungsgebiet hat die Löffelente (Anas clypeata), die ihren Namen von dem vorn stark verbreiterten Schnabel hat. Sie zieht Ende August nach Südeuropa und Nordafrika, nach Indien und Südchina, um im März und April paarweise auf ihre Brutplätze zurückzukehren, wo man im Mai das zwischen Schilf und Binsen stehender Gewässer versteckte und mit 7–14 trüb gelblichweißen Eiern belegte Nest findet.

Die häufigste deutsche Sommerente nach der Stockente ist die Knäckente (Anas querquedula), obwohl sie später als jene bei uns ankommt und früher wieder abzieht. Sie hat ihren Namen von ihrer gewöhnlichen Stimme, ist klein und äußerst gewandt im Fliegen, so daß sie sich durch geschickte Schwenkungen selbst einem auf sie stoßenden Falken in der Regel zu entziehen vermag. Sie nistet vom Rhein bis nach Südschweden im Schilf oder Gebüsch an sumpfigen Gewässern. Ende April findet man 9–12 gelblichweiße Eier in ihrem Nest.

Ebenso zierlich von Gestalt, aber schöner wie sie ist die Krickente (Anas crecca), die ihr Brutgebiet weiter nördlich hat und auf dem Durchzuge fast überall an der deutschen Küste erscheint. Sie ist wenig scheu, fliegt schnell und geräuschlos und ist eine fertige Taucherin, die eine weite Strecke unter dem Wasser zurücklegen kann.

Ebenso mehr dem Norden eigentümlich ist die Pfeifente (Anas penelope), so genannt, weil sie beim Fluge einen lauten, pfeifenden Ton von sich gibt. Auch sie kommt auf dem Zuge regelmäßig an unsere Küsten und wird dann erbeutet. Ebenso im Norden, besonders in Rußland häufig ist die kleine Tafelente (Fuligula ferina), die mit einem vernehmbaren Rauschen fliegt und sich mit einem kleinen Anlauf von der Wasserfläche erhebt. Eigentliche Moore dagegen bevorzugt die verwandte Moorente (Fuligula nyroca). Sie gehört vorwiegend dem Osten von Europa an und reicht bis Turkestan.

Von den zahlreichen übrigen Enten ist besonders die Eiderente (Somateria mollissima) für den Menschen von Bedeutung, weil sie ihm die durch ihre Feinheit und Elastizität hochgeschätzten Dunen liefert. Sie ist ein echter Meeresvogel, der sich auf dem Lande nur schwerfällig fortbewegt und auch beim Fluge rasch ermüdet. Sie taucht vortrefflich und bleibt dabei gewöhnlich zwei Minuten unter Wasser. Sie taucht selbst in der stärksten Brandung unter und bringt von 20 bis 24 m tiefem Grunde ihre teils aus kleinen Tieren, besonders Miesmuscheln, teils aus Tang bestehende Nahrung in ihrem Kropfe herauf. Sie bewohnt den Norden der ganzen Erde und kommt in Europa von Jütland bis Spitzbergen vor. Je weiter nach Norden, um so häufiger wird sie. Schon in Mittelnorwegen lebt sie zu Tausenden, von den Küstenbewohnern durch besondere, leider nicht überall geachtete Gesetze geschützt und gehegt. Sie brütet mit Vorliebe auf kleinen Inseln, wohin der Eisfuchs, ihr gefährlichster Feind, nicht hingelangen kann, erst im Juni und Juli, und zwar nicht in einzelnen Paaren wie die echten Tauchenten, sondern in großen Gesellschaften zusammen. Das aus allerlei Stoffen der Umgebung, besonders Tang, höchst liederlich zusammengeschichtete Nest wird innen mit den feinen Dunenfedern ausgepolstert, die sich das Weibchen vom Bauche rupft. Diese sind bräunlichgrau und an der Wurzel weiß gefleckt, haften zwar so fest aneinander, daß auch bei starkem Wind nicht eine wegfliegt, trotzdem aber ballen sie sich nicht zusammen. Da, wo sich der Mensch um deren Brutgeschäft kümmert, indem er den Vögeln außer den Dunen auch die sehr wohlschmeckenden Eier nimmt, legt er alte Kisten und mit Brettern und Reisig überdeckte Steine zum Empfange der für ihn so überaus nützlichen Gäste bereit. So scheu der Eidervogel früher war, so zutraulich zeigt er sich jetzt, da er sich des Schutzes des Menschen sicher fühlt. Dreist kommen diese Vögel bis unmittelbar an das Gehöft des einsamen Küstenbewohners gewatschelt, ja begeben sich sogar in das Innere der Hütte, um sich einen passenden Platz zum Nest auszusuchen. So geschieht es nicht selten, daß manche Eidervögelweibchen in Kammern, Backöfen oder Ställen brüten und dadurch der Hausfrau fast lästig werden. Anfänglich begleitet das Männchen sein Weibchen regelmäßig bei allen diesen Fußwanderungen; wenn aber das Gelege vollständig geworden ist, verläßt es Nest und Weibchen und fliegt aufs Meer hinaus, wo es sich mit andern Männchen vereinigt und jenem das Brutgeschäft überläßt.

In bewohnten Gegenden kommt nun das Eiderentenweibchen nur selten dazu, seine erste Brut aufzuziehen, da die Nester regelmäßig der wertvollen Dunen und Eier beraubt werden. Einsichtige Eigentümer der Brutplätze von Eiderenten begnügen sich damit und lassen die Vögel dann gewähren; habsüchtige und unverständige Leute aber rauben ihnen nicht bloß die erste Brut von 4–6 Eiern, sondern auch die zweite, die aus 3, oder gar die dritte, die nur aus 2 Eiern, manchmal nur aus einem einzigen besteht und gleich der zweiten oft merklich kleinere Eier aufweist. Für das Wegnehmen der dritten Brut werden aber die Leute gewöhnlich durch den dauernden Abzug der Vögel bestraft. Da das Eiderentenweibchen, das sich, wenn ihm die Dunen wiederholt weggenommen wurden, trotzdem es sich den Bauch beinahe kahl rupft, für die späteren Gelege nicht mehr genug Dunen hat, so muß dann das Männchen herhalten, das sich auch vom Weibchen geduldig ausrupfen läßt, um es dann allerdings zu verlassen. Das Weibchen besorgt das Brüten und Aufziehen der Jungen allein. Die Norweger tragen die eben ausgeschlüpften Jungen gern in einem Korbe zum Meere, um sie dort auszuschütten. Ihnen folgen die besorgten Mütter, um wieder zu ihren Jungen zu gelangen, die sie dann an sich locken, um sie zum Leben im Wasser zu erziehen.

Für die armen Bewohner der Küsten des hohen Nordens ist der Handel mit Eiderdunen sehr wichtig; deshalb suchen sie die Eiderenten in die Nähe ihrer Wohnungen zum Brüten anzusiedeln, wo sie dann ganz zahm werden. Am wertvollsten sind die Dunen dann, wenn sie vor dem Brüten aus dem Nest genommen werden, da sie nachher meist verunreinigt sind. Ein Kilogramm gut gereinigter Dunen, zu dessen Gewinnung 10–15 Nester geplündert werden müssen, wird mit 30 Mark und darüber bezahlt. Zur Füllung eines Bettes sind etwa 2,5 kg Dunen nötig, die sich, auf einen kleinen Raum zusammengedrückt, bei nachlassendem Druck so schnell wieder ausdehnen, daß ein mit ihnen gefülltes Bett an Weichheit und Warmhalten seinesgleichen sucht. Die Eier werden wie die Hühnereier verwendet. Auch das Fleisch der Eiderente wird gegessen und ihr abgezogener Balg zur Anfertigung warmer Unterkleider verwendet. Geschossen wird die Eiderente auch auf dem hohen Meere selten. Der dort sehr scheue Vogel verlangt seines dichten Pelzes wegen einen tüchtigen Schuß mit grobem Schrot und ist so ungemein zählebig, daß er sich, wenn ihn der Schuß nicht augenblicklich tötet, durch Tauchen zu retten sucht, wobei er sich an Pflanzen auf dem Meeresgrund festbeißt, dort verendet und deshalb für den Schützen meist verloren geht.

Von den zahlreichen nordischen Vögeln dienen noch manche andere dem Menschen regelmäßig als Speise, so außer verschiedenen nordischen Enten und Gänsen auch die im hohen Norden brütenden Schwäne (Höcker-, Sing- und Zwergschwan), deren Fleisch, wenn die Tiere noch jung sind, äußerst zart und wohlschmeckend ist. Deren mit den Federn gargemachten Häute liefern ein kostbares Pelzwerk und die Dunen einen bedeutenden Handelsartikel. Auch Möven, Segeltaucher und Pelikane liefern gutes Fleisch, geschätzte Eier und ein zu Muffen und Verbrämungen beliebtes Pelzwerk. Noch wichtiger als sie sind für den Menschen die Gänse, von denen einzig die Graugans (Anser cinereus), die Stammutter unserer Hausgans, in Mitteleuropa brütet, während die übrigen Gänsearten mehr nördlich brüten und nur bei ihrem Durchzuge nach dem Süden bei uns geschossen werden. Nach der Überwinterung in Afrika erscheint dieses Tier bei uns in großen Gesellschaften mit viel Lärm, um in wasserreichen Einöden zu brüten. Hier kämpfen die jüngeren Männchen ums Weibchen, während die älteren schon gepaart sind. Das Weibchen legt, wenn es jung ist, 5, wenn es älter wird bis 10 trüb gelblichweiße Eier, die es mit von Brust und Bauch abgerupften Dunen umgibt. Es bebrütet sie mit der infolgedessen fast bloßgewordenen Haut und bedeckt sie beim jedesmaligen Verlassen des Nestes sorgsam mit Dunen, damit sie nicht etwa erkalten. Die den Eiern nach einer vierwöchentlichen Brutzeit entschlüpfenden Jungen werden von der Mutter noch einen Tag lang erwärmt, dann zum Aufsuchen zarter Pflanzennahrung aufs Wasser und später wieder aufs Land geführt, während der Vater ängstlich auf die Sicherheit der Seinen bedacht ist und sie beim geringsten Anzeichen von Gefahr warnt. Als junges Tier zu Ausgang der Ernte geschossen, liefert die Graugans einen vorzüglichen Braten, ist aber als scheuer, vorsichtiger Vogel schwer zu beschleichen. Sie wird meist morgens und abends auf dem Anstand erlegt. Meist verläßt sie uns im August, um nach Süden zu ziehen, wobei die flugfähigen Jungen schon im Juli den Eltern vorausgezogen sind. Die Graugans ist zierlicher und schlanker als die Hausgans, von der sie sich sonst nur durch ihr stets bräunlichgraues Gefieder unterscheidet.

Im September und Oktober trifft bei uns die den hohen Norden Asiens bewohnende Saatgans (Anser segetum) auf ihrem Zuge nach Süden ein, um entweder bei uns oder in südlicheren Gegenden zu überwintern und im April wieder auf ihre Brutplätze zurückzukehren. Etwas später als sie trifft die etwas kleinere, ebenfalls hochnordische Ackergans (Anser arvensis) teils als Durchzugsvogel, teils als Wintergast bei uns ein, während die dieselben Breiten bewohnende kurzschnäbelige Gans (Anser brachyrhynchus) mehr Westeuropa streift. Dagegen trifft man nicht selten bei uns im Winter die Nordasien bewohnende Bläßgans (Anser albifrons). Alle sind sehr vorsichtige, scheue Tiere, die sehr wohl den gefährlichen Jäger vom harmlosen Bauern zu unterscheiden vermögen. In China, wo sie in großer Zahl überwintern und gesetzlich geschützt sind, erweisen sie sich infolge des Schutzes, den sie genießen, viel zutraulicher gegen den Menschen als bei uns. Besonders zahlreich sind auch dort die Saatgänse, die sich sogar im Innern von Peking in Scharen niederlassen, während sie bei uns überall geschossen werden, wo sie sich zeigen.

In Waldrevieren gewinnt gelegentlich die Jagd auf Drosseln Wichtigkeit, da sie mitunter mehr abwirft als diejenige des übrigen Federwildes. Diese geschieht fast nur mit Dohnen in Form von an die unteren Baumäste aufgehängten Bügeln, die Vogelbeeren oder Holundertrauben als Lockspeise erhalten, bei deren Verzehrenwollen sich die armen Tiere an den heimtückischerweise angebrachten Schleifen aus Pferdehaar fangen und dabei erwürgt werden. Für solche Drosselarten, die, wie die Wacholder- und Ringdrossel, sich mehr an der Erde aufhalten, werden zwischen den von ihnen mit Vorliebe besuchten Wacholderbüschen Pferdehaarschleifen als sogenannte Laufdohnen am Boden befestigt.

Auch der Krammetsvogel, so genannt, weil er auf seinem Durchzuge im Herbst gern Krammets- oder Wacholderbeeren nascht, oder die Wacholderdrossel (Turdus pilaris) ist ein vorzugsweise im Norden brütender Vogel, dessen Heimat fast die Grenze des Baumwuchses erreicht. Hier nistet er als ein echter Waldvogel in großen Kolonien gesellig in den lichten, niederen Wäldern des Nordens, um im November zu uns zu kommen, in gelinden Wintern auch wohl ganz bei uns zu bleiben, meistens aber nach Südeuropa und selbst Nordafrika zu ziehen. Er wird wegen seines Fleisches geschätzt; doch kommen als Krammetsvögel auch seine Verwandten auf den Markt, vor allem auch die ebenfalls hochnordische Weindrossel (Turdus iliacus) und die außer im Norden auch auf den Alpen und anderen südlichen Gebirgen lebende Ringdrossel (Turdus torquatus). Schon von Mitte September an führt der Herbstzug diese Drosseln in beerenreiche Wälder Südeuropas, Kleinasiens, Persiens und Nordafrikas, von wo sie Ende März oder im April in ihre kalten Brutgebiete zurückkehren. Mit ihnen wird dann auch die am liebsten in hohen Wäldern lebende, Nadelholz dem Laubholz vorziehende Misteldrossel (Turdus viscivorus) erbeutet, die ein nicht minder wohlschmeckendes Fleisch besitzt. Sie bewohnt Nord- und Mitteleuropa und Nordasien bis zum Himalaja hinauf. Im Norden ist sie Zug-, weiter südlich dagegen Strich- und Standvogel, der im Vorfrühling und Spätherbst familienweise umherstreicht, um Futter zu suchen und sich dabei vielfach in den schnöden Dohnen fängt.

Wie heute noch in den romanischen Ländern Südeuropas, vor allem in Italien, so wurde früher auch bei uns Jagd auf die Gesamtheit der kleinen Vögel gemacht, die auf ihrem Durchzuge, besonders im Herbst, gut gemästet nach Süden ziehen. Man benutzte und benutzt heute noch dazu den Vogelherd, den schon der Sachsenherzog Heinrich der Sage nach bestellt haben soll, als er im Jahre 919 von den Franken und Sachsen in Fritzlar zum deutschen Könige gewählt wurde. Davon erhielt dieser eigentliche Gründer des Deutschen Reiches, der die Einheit des von ihm innerlich gefestigten Reiches herstellte, seinen Beinamen der „Finkler“ oder der „Vogelsteller“. Zur Anlage eines solchen Vogelherdes wählt der Vogelsteller zur Zugzeit im Herbst eine hochgelegene, von den Zugvögeln regelmäßig besuchte Stelle, etwa einen bebuschten Hügel auf der Zugstraße. Hier stellt er ein großes Schlagnetz auf, stellt im Bereiche desselben Futter zum Speisen der hungrigen und Wasser zum Tränken der durstigen Wanderer auf und ladet diese durch besondere Lockvögel ein, bei ihrem Durchzuge sich hier niederzulassen und zu stärken. Dazu tut auch der in einer Rasen- oder Laubhütte versteckte Papageno mit der Lockpfeife sein Möglichstes, bis die armen Wichte, wenn sie sich müde und hungrig oder durstig niederlassen, durch Niederfallen des Netzes infolge eines Ruckes an der Schnur, gefangen werden, wonach ihnen meuchlings der Hals umgedreht wird. Heute schämen wir feinfühlig gewordenen Kulturmenschen uns solcher Roheit und lassen die durch Insektenvertilgung äußerst nützlichen und durch ihren ansprechenden Gesang uns lieben Vögel, die doch keinen nennenswerten Nährwert haben, lieber am Leben und an ihrer nützlichen Arbeit in Wald und Feld. Anders die gefühlsrohen, noch von der römischen Kaiserzeit an Blutvergießen und Tierquälerei nicht nur keinen Anstoß nehmenden, sondern sich vielmehr noch daran erfreuenden Romanen, die diese kleinen Leichname gerupft, an dünnen Weidenruten aufgezogen, auf den Markt bringen und ihren Volksgenossen gegen geringes Entgelt zum Braten und Verspeisen mit einer Reis- oder Maisspeise verkaufen. Wie in den Städten Italiens kann man auch in Marseille solche Vögel für billiges Geld kaufen. Es ist eigentlich eine Schande, daß solche Leckerei in einem sonst so hochstehenden Kulturstaate heute noch geduldet wird.

Unter allen diesen Vögeln sind besonders die Lerchen von den Feinschmeckern geschätzt. Unter ihnen versteht man in erster Linie unsere mitteleuropäische Feldlerche (Alauda arvensis), die auf allen Ebenen mit Getreidebau, auf öden Heiden und auf feuchten Marschländern, nicht aber im Wald, auf kahlen Bergrücken und in Ortschaften angetroffen wird. Auf einem ihm zusagenden Gebiet wählt sich jedes Pärchen einen kleinen Bezirk aus, worin es keinen Nachbarn duldet. In jubilierenden Trillern läßt das Männchen, während das Weibchen brütet, immer höher gen Himmel steigend, seinen Balzgesang erschallen, um sein Brutrevier gegen allfällige Eindringlinge zu behaupten. 2–3mal im Jahre brüten sie und von Ende September an ziehen sie in großen Gesellschaften in die Winterherberge nach Süden, um schon Ende Februar scharenweise in ihre Heimat zurückzukehren. In gelinden Wintern können manche auch in unseren Gegenden zurückbleiben. Doch sind es nicht sie, sondern Haubenlerchen, welche wir dann auf unseren Straßen, selbst in Städten, nach Futter suchend, umhertrippeln sehen. Die Haubenlerche (Galerita cristata) ist ein Gattungsgenosse der Heidelerche, deren flötender, abwechselungsreicher Gesang dem der Feldlerche wenig nachsteht. Sie ist ein echter Steppenbewohner, der in den Ebenen Mittelasiens von China und der Mongolei an bis Südrußland Standvogel ist und erst seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts sich bei uns in Mitteleuropa einbürgerte. Bei ihrem Vordringen nach Westen folgte sie hauptsächlich den großen Heerstraßen, auf denen sie ihre Nahrung sucht, besonders auch, indem sie den unverdauten Haferkörnern im Roßmist nachgeht, und in deren Nähe sie auch gern brütet. Man sollte meinen, jeder feinfühlige Mensch ziehe die so nützliche lebende Lerche mit ihrem unsere Ackerfluren belebenden und die Laut gewordene Poesie des Feldes darstellenden herrlichen Gesang der gebratenen vor. Dies ist aber leider durchaus nicht der Fall. Sie wird heute auch bei uns in Menge gegessen, wenn auch ihr Konsum seit 1850 auf etwa den vierten Teil zurückging. Immerhin verbraucht Berlin deren noch 30000, Wien 36000 und Paris gar 1500000 jährlich. In Frankreich kamen um 1750 zuerst in Pithiviers, dem Safranzentrum, die Lerchenpasteten auf, denen sich in unserer Zeit die „Lerchen in Aspik“ als eine Glanznummer des Frühstücksprogramms der Schlemmer neben der Gänseleber mit Trüffeln hinzugesellten. Der deutsche Kaiser Wilhelm II. ist ein besonderer Verehrer dieser feinen Bissen und die dazu nötigen Lerchen fangen und liefern ihm als besonderes Privileg die Halloren in die kaiserliche Küche. Wenn solches noch bei uns an tonangebender Stelle geschieht, so haben wir keine Ursache, den Romanen ihre Grausamkeit und Herzlosigkeit vorzuwerfen, daß sie solch edle Sänger einem so schändlichen Lose opfern! Auch die Tatsache, daß die Lerchen gut schmecken, entschuldigt nicht die Brutalität, die in ihrem Verspeisen liegt. Wir können nur die rohe Gesinnung des Schriftstellers Rosner bedauern, der 1894 schrieb: „Eine ausgebeinte, feiste schmucke Lerche ist allerdings nur ein Bissen, aber ein Bissen von wunderbarer Saftfülle und geradezu köstlichem Wohlgeschmack, der den ganzen Schmeckapparat bis in die feinsten Fibern hinein in namenloses Entzücken versetzt.“

Von den Feinschmeckern Chinas werden gleicherweise die eßbaren Vogelnester als eine der feinsten Delikatessen geschätzt und in großen Mengen nach China eingeführt, wo sie als die Geschlechtstätigkeit anregendes Mittel gelten und schon aus diesem Grunde sehr gesucht sind. Deren Erzeuger sind eine Art Segler Südasiens und Indonesiens, die Salanganen (Collocalia nidifica), die unsere Uferschwalbe etwas an Größe übertreffen und an den Wänden dunkler Höhlen aus dem zähen Schleim ihrer Speicheldrüsen ihre sehr bald erhärtenden, getrocknetem arabischen Gummi gleichenden zierlichen Nester erbauen. Die Höhlen, in denen sie auf Java und sonst nisten, sind Eigentum bestimmter Personen, die sie besonders zur Nistzeit streng bewachen lassen, damit kein Unberufener sich unerlaubterweise solche Nester aneigne. Dreimal im Jahre brüten diese Tiere, wobei sich Männchen und Weibchen alle 6 Stunden ablösen sollen. Dabei wird von ihnen niemals von einem Neste zweimal Gebrauch gemacht, sondern sie bauen für jede Brut ein neues Nest, an dem sie etwa einen Monat lang zu arbeiten haben, während das alte Nest mit der Zeit stinkend wird und abfällt. Der Zahl der Bruten entsprechend wird dreimal im Jahre geerntet, sobald die Jungen halbwegs flügge geworden sind. Dabei geht gleichwohl etwa die Hälfte der Jungen zugrunde. Doch vermindert sich die Zahl der Salanganen nicht wesentlich, da man an den Orten, wo man an die Zukunft dieser Vögel denkt, jährlich wenigstens eine Brut ganz ausfliegen läßt. Eine einzige, vom Meer ausgewaschene große Höhle an der Südküste von Java liefert 500000 Nester; verteilt man nun diese auf drei Ernten, so ergibt es sich, daß über 33000 Salanganen darin ihrem Brutgeschäfte obliegen. Alljährlich werden etwas über 5 Millionen Salanganennester nach China ausgeführt, die einen Gesamtwert von 6 Millionen Mark repräsentieren. Man benützt sie hauptsächlich zu Suppen; sie quellen im heißen Wasser auf und schmecken an sich fade, sollen aber in der sorgfältigen Zubereitung, die ihnen die Chinesen angedeihen lassen, köstlich zu essen sein, wie mir solche berichteten, die mehrfach Gelegenheit fanden, sie bei vornehmen Chinesen zu essen.

Wie einst bei unseren Vorfahren, so steht heute noch bei den Hirtenvölkern der asiatischen Steppen, den Kirgisen, Baschkiren und wie sie sonst heißen mögen, die Jagd mit Falken und Adlern hoch in Ehren. Man beizt mit ihnen Antilopen und Hasen, wie auch Wölfe und Füchse; dabei erscheinen die Jäger noch in Prunkaufzügen auf prächtigen Pferden, die ganz an die Jagdaufzüge der Deutschen im Mittelalter erinnern. Die Abrichtung der Jagdfalken und übrigen zur Jagd gebrauchten Raubvögel war ein eigener Zweig der Jägerei in Europa. Im Abschnitte über die Geschichte der Jagd wurde Näheres darüber berichtet. Von Europäern, die sich noch heute diesem Sport widmen, sind außer Russen und dem Herzog von Bedford in England nur die englischen Offiziere in Indien zu nennen. Diese reiten gern mit einem Jagdfalken auf der mit starkem Lederhandschuh bekleideten Rechten auf die Antilopenjagd.

Am großartigsten wurde von jeher die Falkenjagd in Mittelasien betrieben. So schreibt der weitgereiste Venezianer Marco Polo von seinem vieljährigen Aufenthalt in Zentralasien vom Tatarenchan Kublai ums Jahr 1290: „Im März pflegt Kublai Chan Kambalu zu verlassen; er nimmt dann etwa 10000 Falkner und Vogelsteller mit sich. Diese werden in Abteilungen von 200–300 Mann im Lande verteilt, und was von ihnen erlegt wird, muß dem Chan abgeliefert werden.“ Der Franzose Tavernier, der sich viele Jahre in Persien aufhielt, erzählt im Jahre 1681: „Der König von Persien hält sich über 800 Falken, wovon die einen auf wilde Schweine, wilde Esel, Antilopen und Füchse, die andern auf Kraniche, Reiher, Gänse und Feldhühner abgerichtet — der fachmännische Ausdruck heißt abgetragen — sind.“ 1827 schreibt der Engländer John Malcolm über die Falkenjagd in Persien: „Man jagt zu Pferde, mit Falken und Windhunden. Ist eine Antilope aufgetrieben, so flieht sie mit der Schnelligkeit des Windes. Alsbald läßt man Hunde und Falken auf sie los; die letzteren fliegen nahe am Boden hin, erreichen das Wild bald, stoßen gegen dessen Augen und halten es auf; inzwischen kommen die Hunde heran und packen es.“

Bild 61. Der Angelnherzog Harald und seine Mannen reiten auf die Jagd.
Anfang des 1066 gestickten 70 m langen, 0,2 m breiten Teppichs von Bayeux.

Bei den Kirgisen und Baschkiren ist die Falknerei noch ein hochgeschätzter Betrieb, in welchem man Adler für großes und Falken, Habichte und Sperber für kleines Wild verwendet. Bei ihnen wird ein bewährter Jagdfalke so hoch bewertet, daß der glückliche Besitzer sich eher entschließen würde, sein Weib als seinen Vogel zu verkaufen. Die geschätztesten Jagdgehilfen des Menschen sind die Edelfalken, unter denen, wie wir bereits besprachen, der den hohen Norden bewohnende, fast rein weiße Jagdfalke (Falco candicans) im Mittelalter der geschätzteste war. Man bezog ihn damals vorzugsweise aus Island, wo er auch noch brütet. Sonst begnügte man sich meist mit dem über ganz Europa verbreiteten, alle Erdteile vom hohen Norden bis in die heiße Zone bewohnenden Wanderfalken (Falco peregrinus). Während er im Norden auch häufig auf der flachen Tundra vorkommt, wählt er in den heißeren Ländern die kühleren Gebirgszüge zu seinem Aufenthalt. Dort baut er sein Nest auf dem nackten Boden, hier wählt er zur Errichtung seines Horstes am liebsten Höhlungen in unzugänglichen, nackten Felswänden oder nistet, wo er solches nicht haben kann, auf hohen Waldbäumen. Dabei wählt er gern, um sich Mühe zu ersparen, das Nest eines andern Raubvogels, eines Reihers oder Raben. Ist ein solches, das ihm passen würde, besetzt, so vertreibt er den betreffenden Eigentümer mit Gewalt. Er ist ein äußerst mutiger Vogel, der mit raschen Flügelschlägen meist niedrig über die Erde dahinfliegt. Auf einen aufgescheuchten Vogel, den er rasch überstiegen hat, stößt er mit reißender Schnelligkeit schief von oben herab. Er vermag nur fliegende Vögel zu erbeuten, da er mit so großer Heftigkeit auf sie stößt, daß er sich beim Stoßen auf den Boden verletzen würde. Seine Beute bilden Vögel von der Größe einer Lerche bis zu der einer Ente, ja einer Wildgans. Im Walde sind es Ur-, Birk- und Haselhühner, auf dem Felde vorzugsweise Rebhühner, die er wegfängt, um sie stets auf freiem Felde zu verzehren, niemals aber im Gebüsch, weshalb Bussarde und Milane oft über ihn herfallen, um ihm seine Beute abzujagen. Indessen vertreibt ihn nur die freche Schmarotzermöve aus seinem Gebiet. In Deutschland ist jetzt der Wanderfalke als Brutvogel selten. Als solcher zieht er im Herbste nach Süden, um indessen durch Besucher aus dem Norden ersetzt zu werden. Oft schlägt der Wanderfalke sein Winterquartier auf Türmen in belebten Städten auf, von wo aus er den Tauben nachstellt. So nistete im Jahre 1880 sogar ein Paar auf dem Turm der Petrikirche mitten in Berlin. Als großer Schädling kann er nicht geduldet werden und wird deshalb von Jägern und Taubenzüchtern aufs eifrigste verfolgt. Gefangen hält er sich bei sorgsamer Pflege jahrelang im Käfig und nimmt hier mit allerlei Fleisch vorlieb, verlangt aber viel Nahrung. Er ist der gewöhnliche Jagdfalke der Vergangenheit und Gegenwart, der auch dem Dorf Falkenwerd bei Herzogenbusch in Flandern den Namen gab. Dort bestand Jahrhunderte hindurch die beste und zuletzt einzige Falknerschule Europas. Da früher die an Ort und Stelle gefangenen Vögel für den großen Bedarf nicht hinreichten, reisten die Angestellten der Falkner oder diese selbst weit herum, selbst nach Norwegen und Island, um solche zu fangen. Dies geschah vorzugsweise im Herbst. Man behielt in der Regel nur die Weibchen, und zwar am liebsten die von demselben Jahre, weil diese sich zur Dressur am besten eignen. Die zweijährigen galten auch noch als brauchbar, ältere dagegen ließ man wieder fliegen. Der Fang geschieht in folgender Weise: Der Falkner sitzt gut verborgen auf freiem Felde und hält eine auf dem Boden sitzende Taube an einer etwa 100 m langen Schnur fest. 40 m vom Falkner entfernt geht diese Schnur durch einen Ring, neben welchem ein Schlagnetz liegt, von dem eine Schnur ebenfalls zum Falkner verläuft. Ist ein Falke im Anzug, was durch einen unweit der Taube gefesselten, äußerst eifrigen und scharfsichtigen Wächter, nämlich einen Würger, schon zu einer Zeit angezeigt wird, da das menschliche Auge durchaus noch nichts zu erkennen vermag, so wird der Taube mit der Schnur ein Ruck gegeben, wodurch sie emporflattert, den Falken anlockt und von ihm in der Luft ergriffen wird. Sobald dies geschehen ist, zieht der Falkner die Taube und mit ihr den sie krampfhaft festhaltenden Falken allmählich bis zum Ringe, wo plötzlich das Schlagnetz beide zudeckt. Der frisch gefangene Falke muß zunächst drei Tage hungern und wird dann in der früher angegebenen Weise abgerichtet. Ein gut abgerichteter Vogel wird nicht selten mit 800 holländischen Gulden (= 856 Mark) bezahlt.

Jedenfalls ist die Kunst, Falken zur Jagd abzurichten, eine uralte, schon von den asiatischen Kulturvölkern des hohen Altertums geübte. Der Grieche Ktesias aus Knidos, der von 416–399 v. Chr. als Arzt am persischen Hofe in Susa lebte und eine wertvolle persische Geschichte schrieb, die uns leider nur in Auszügen und Bruchstücken erhalten blieb, berichtet von den Indern, daß sie gern mit dem abgerichteten Falken jagen. Ums Jahr 75 hören wir von der Falkenjagd bei den Thrakern. Damals war sie auch schon bei den germanischen Stämmen eingeführt, doch haben weder die Griechen, noch die Römer sie ausgeübt. Erst ums Jahr 480 n. Chr. hören wir vom römischen Geschichtschreiber Sidonius Apollinaris, daß des römischen Kaisers Avitus’ Sohn, Hecdicius, der erste war, der in seiner Gegend die von den Deutschen Falkenbeize genannte und jedenfalls auch ihnen entlehnte Jagd mit dem abgerichteten Falken einführte. Dieser Sport fand bei den Vornehmen alsbald großen Beifall und selbst die Geistlichen taten mit, so daß man schon im Jahre 506 auf einer Kirchenversammlung zu Agda das Führen von Jagdfalken und Jagdhunden verbot. Wie die deutschen Stämme die auf die Jagd abgerichteten verschiedenen Raubvögel seit dem frühen Mittelalter überaus hochschätzten, haben wir bereits gesehen. Auch ihre Fürsten jagten mit Vorliebe hoch zu Pferd hinter dem Jagdfalken her. So wird von Friedrich I. Barbarossa, dem zweiten Kaiser aus dem Haus der Hohenstaufen (1123–1190), berichtet, daß er selbst Falken, Pferde und Hunde zur Jagd abrichtete. Sein Sohn, der mit der Erbin von Sizilien, Konstantia, vermählte und in Messina verstorbene Kaiser Heinrich IV. (1165–1197) war gleicherweise ein großer Liebhaber der Falknerkunst. Und dessen Sohn, Friedrich II., der sich ganz als Sizilianer fühlte (1194–1250), war ein leidenschaftlicher Falkner, der sogar ein namhaftes Buch über die Kunst, mit Raubvögeln zu jagen, schrieb. Noch der prachtliebende, aber ausschweifende König Franz I. von Frankreich (1494–1547) hatte einen Oberfalkenmeister, unter welchem 15 Edelleute und 50 Falkner standen. Die Zahl seiner Jagdfalken betrug 300. Sein Rivale, Kaiser Karl V., belehnte die Johanniter, den ältesten der drei geistlichen Ritterorden, im Jahre 1530 mit den Inseln Malta, Gozzo, Comino und dem Lande Tripolis unter der Bedingung, daß sie ihm jährlich einen nordischen weißen Jagdfalken liefern sollten. Selbst die geistlichen Herrn schwärmten für Jagdfalken und nahmen sie selbst in die Kirche mit, bis sie die ihnen lästige Formalität des täglichen Messelesens gedankenlos genug absolviert hatten. Als ihnen solches von ihrem Oberhaupte verboten wurde, blieben doch die Barone, über die jener keine Macht hatte, auf ihrem Recht, die Jagdfalken während des Gottesdienstes auf den Altar setzen zu dürfen. Die ganze mittelalterliche Poesie strahlt die Freude aus an diesem ritterlichen Sport und spricht an unzähligen Stellen vom Falken als dem Lieblingsgenossen des höfischen Menschen jener Zeit.

Außer dem nordischen weißen Jagd- und dem stattlichen Wanderfalken wurde aber auch das verkleinerte Abbild des letzteren, der Baumfalke (Falco subbuteo), gelegentlich zur Jagd abgerichtet. Als der schnellste unter allen europäischen Raubvögeln fliegt er leicht und pfeilgeschwind und überholt alle andern Vögel, selbst Schwalben und Mauersegler. Mit bewundernswürdiger Gewandtheit verbindet er große Kühnheit und Entschlossenheit; auch er fängt niemals sitzende, sondern nur fliegende Vögel, auf die er schief von oben herab so reißend schnell stößt, daß man seine Gestalt nicht zu erkennen vermag. Allerhand kleine Vögel, vor allem Lerchen und Schwalben, bilden außer fliegenden größeren Insekten, wie Heuschrecken und Käfer, die Nahrung des niemals Aas berührenden Vogels. Die Lerchen fürchten ihn so sehr, daß sie entsetzt zur Erde stürzen und sich mit den Händen greifen lassen, wenn er plötzlich erscheint. Erblicken sie ihn aber rechtzeitig, so retten sie sich in die Höhe, in die er ihnen nicht folgt. Ist das Getreide hoch genug, so daß sich die Lerchen darin vor dem Baumfalken verbergen können, beginnt er, sich mehr den Schwalben zuzuwenden, die die meisten anderen Raubvögel necken und verfolgen, vor ihm jedoch, gewöhnlich in einem lärmenden Schwarm, eiligst in die Luft, ins Röhricht oder in ein anderes Versteck fliehen. Wo er sich auch zeigt, ist die ganze Gegend in einem Augenblick schwalbenleer. Sieht der Baumfalke eine vom Haupttrupp abgelöste Schwalbe, so verfolgt er sie sogleich. Falls sie noch jung und weniger gewandt als eine Alte ist, ist sie schon nach wenigen Stößen verloren. Alte Schwalben entwischen einem noch ungeübten jungen Baumfalken leichter, und auch alte Baumfalken ziehen mißmutig ab, wenn sie 4–10 Fehlstöße getan haben. Zuweilen leitet der Baumfalke, als ob er die Vögel verwirren wolle, seine Jagd mit eigentümlichen Schwenkungen ein, und manchmal jagen Männchen und Weibchen gemeinsam, ohne sich indessen beim Verzehren der Beute vertragen zu können. Mit seiner Beute kehrt der Falke nach seinem vorher innegehabten Standorte auf einem hohen Baume zurück, um sie dort gemütlich zu verzehren. Diesen Standort verläßt der kleine Räuber erst ziemlich spät am Morgen, überkreist dann seinen liebsten Aufenthaltsort, den Wald, und begibt sich erst nach Sonnenaufgang auf die Feldjagd, bei der er nicht selten dem Hunde eines Jägers folgt, um die von ihm aufgescheuchten Lerchen und andere kleine Vögel dicht vor dem Jäger wegzufangen. Zum Nestbau hat er ebensowenig Lust als seine Verwandten und die meisten anderen Raubvögel. Zum Nisten benutzt er am liebsten ein fremdes, besonders ein Krähennest, das meistens erst im Juni 3–4 Junge, wie beim Wanderfalken, enthält. Sobald sie flugfähig sind, werden sie von den Eltern im Fluge gefüttert. Im September und Oktober verläßt uns der Baumfalk, um im April wieder zu erscheinen. Er bewohnt sonst die gemäßigten Länder Europas von Schweden bis zum Mittelmeer und die entsprechenden Breiten Asiens und überwintert im Süden.

Sehr häufig wurde auch der bedeutend größere, statt 30 wie jener 50 cm wie der Wanderfalk langwerdende Habicht (Astur palumbarius) besonders von den alten Deutschen zur Jagd abgerichtet. Sein liebster Aufenthalt sind mit Feldern und obstbaumbepflanzten Wiesen abwechselnde Wälder in der Nähe von Dörfern. Dort baut er sich auf einem hohen Baum, sei es Laub- oder Nadelholz, sein Horst, in welchem man in der zweiten Hälfte des April 2–4 Eier findet. Die oben mit grau-, unten mit reinweißen Dunen bekleideten Jungen sitzen zuerst mit geschlossenen Zehen auf den Fersen, lernen erst nach Wochen stehen und sind erst nach zwei Monaten befiedert genug, um auszufliegen. Die Mutter ist so überaus anhänglich an ihre Jungen, daß sie ihretwegen alle Vorsicht außer acht läßt und nicht nur auf Kinder, sondern auch erwachsene Menschen, die die Jungen bedrohen, mit Wut stößt. Allerlei Vögel und kleine Wirbeltiere, selbst Hasen, bilden die Nahrung des Habichts. Ein lähmender Schrecken ergreift alle kleineren Vögel bei seinem Erscheinen, so daß sie oft starr sitzen bleiben und sich vom Räuber greifen lassen. Flüchtende Vögel sind nicht einmal im Gebüsch vor ihm sicher; er springt ihnen zu Fuß nach und zerrt sie aus den dichtesten Dornen hervor. Gleich dem ihm an Gewandtheit ebenbürtigen Sperber stürmt er Waldrändern oder Zäunen entlang, auch wohl über ein niedriges Dach hinweg oder zwischen zwei Gebäuden hindurch und ergreift seine Beute so schnell, daß der erschrockene Vogel erst zu lärmen beginnt, wenn der Habicht schon mit ihm davonfliegt. Von allen Seiten, selbst von unten her ergreift er fliehende Vögel und versteht es auch, im Gegensatz zu den Edelfalken, auf sitzende zu stoßen. Mit seinen scharfen Krallen tötet er sehr rasch die meisten Tiere, selbst Raben; mit den Fängen und nie im Schnabel trägt er seine Beute davon. Am besten kann man sich an ihn schleichen, wenn er vollgefressen auf einem Aste ruht. Dagegen ist er wegen seiner Raubgier in Fallen und auf Vogelherden leicht zu fangen. Den Verlust der Freiheit ertragen alte Vögel nicht leicht; selbst mit Hilfe ihrer geraubten Jungen gefangene und mit ihnen zusammengesperrte Habichte gebärden sich so wütend, daß sie zuerst die Jungen auffressen und sich dann gegenseitig überfallen, wobei meistens das größere und stärkere Weibchen übrig bleibt. Junge Habichte indessen werden leicht zahm. Aber auch Wildfänge verstand man früher durch ein drei Tage und drei Nächte andauerndes, den Schlaf verunmöglichendes Wiegen zu zähmen, um sie für die Jagd abzurichten. Denn wie heute noch in der Tartarei und in Indien, war er früher bei uns als Jagdgenosse des Menschen teilweise noch höher geschätzt als die Edelfalken, zu denen er übrigens damals gerechnet wurde. In der Jagdkunst übertrifft tatsächlich der Habicht mit dem ebenso gewandten und mutigen Sperber, der gleich jenem sowohl auf schnellfliegende als auch auf sitzende Vögel stößt, selbst die Edelfalken. Das Ausnehmen eines Habichtnestes im Bannwalde wurde schon bei den alten Deutschen streng bestraft, ebenso, wie wir sahen, der Diebstahl eines für die Jagd dressierten Habichts. König Eduard III. von England (1312–1377), der grimmige Gegner Frankreichs, dem er einen Teil seiner westlichen Besitzungen entriß, der Stifter des berühmten Hosenbandordens, setzte sogar den Tod auf den Diebstahl eines Habichts, und ließ jeden, der ein Habichtnest ausnahm, auf ein Jahr und einen Tag ins Gefängnis setzen. Der Habicht bewohnt als Brutvogel die gemäßigten und nördlichen Gegenden von Europa und Asien bis zum fernsten Osten in Japan; doch fehlt er in manchen Gegenden aus unbekannter Ursache.

Außer dem Habicht ist auch der bedeutend kleinere, im männlichen Geschlecht 31, im weiblichen 36–40 cm lang werdende Sperber (Accipiter nisus), wie bei den alten Deutschen, so noch heute bei asiatischen Steppenvölkern ein hochgeschätzter Beizvogel, der im südlichen Ural von allen Falken am meisten zur Jagd gebraucht wird, wenn auch hauptsächlich nur zu solcher auf Wachteln. Er kann am besten gezähmt werden, wenn man ihn im Dunenkleid aus dem Neste nimmt und schon ganz jung dressiert. Er gehört bei uns nebst dem Turmfalken zu den bekanntesten Raubvögeln; denn er dehnt namentlich im Winter seine Raubzüge ohne Scheu bis in belebte Ortschaften aus. Doch bleiben nicht alle Sperber den Winter über bei uns. Die meisten ziehen im September und Oktober weg, um im März und April auf ihre Brutplätze zurückzukehren. Das Brutgebiet des Sperbers erstreckt sich über ganz Europa, Nordwestafrika und die entsprechenden Gebiete Asiens. Hier hält er sich am liebsten in Feldgehölzen oder in kleineren, an Wiesen und Felder grenzenden Waldungen in der Nähe von Ortschaften auf, kehrt auch von seinen Jagdzügen und zur Nachtruhe dahin zurück. Im Stangenholz häufiger eines Nadel- als Laubholzes errichtet er sein Nest dicht am Stamm, oft aus einem gutgelegenen Krähennest hergerichtet und so groß, daß der lange Schwanz des brütenden Weibchens es nicht überragt. Dieses brütet von Mitte Mai bis Mitte Juni sein Gelege von 3–5 Eier aus, verteidigt seine Brut aufs energischste und greift selbst Knaben, die den Horstbaum ersteigen, mit Krallenhieben an. Beide Eltern tragen den Jungen Nahrung in solcher Fülle zu, daß nicht selten 8–10 kleine Vögel gleichzeitig auf dem Horste liegen, doch ist nur das Weibchen imstande, diese in entsprechender Weise für die Jungen zu zerlegen. So hat man beobachtet, daß junge Sperber, deren Mutter getötet worden war, bei vollbesetzter Tafel verhungerten, weil der Vater zu ungeschickt war, ihnen die Speise mundgerecht zu machen. Noch lange nach dem Ausfliegen werden die jungen Sperber von den Eltern geführt und unterrichtet, bis sie dieselbe Meisterschaft im Erhaschen der Beute wie jene erlangt haben; dann müssen sie sich ein anderes Jagdgebiet suchen. Mit reißender Geschwindigkeit streicht der Sperber auf seinen Jagdzügen dicht über die Erde dahin und schießt oft weite Strecken hindurch ohne Flügelschlag durch die Luft und mit angelegten Flügeln pfeilartig durch dichte Baumkronen. Er fliegt meistens niedrig, weiß alle sich ihm entgegenstellenden Hindernisse, wie Hecken und Zäune, leicht zu überwinden, biegt mit unglaublicher Schnelligkeit um scharfe Ecken und überrascht so wie ein Blitz aus heiterem Himmel die kleinen Vögel, deren Futter- und Sammelplätze er genau auszukundschaften versteht. Diese fürchten ihren unheimlichen Feind auch über alles und werfen sich sofort zu Boden oder verkriechen sich in ein nahes Mauseloch.

Der Sperber jagt alle Vögel von der Größe eines Zeisigs bis zu der einer Taube, mit Vorliebe Sperlinge, denen er sogar in vom Menschen besetzte Zimmer folgt. Dabei stößt er in schräger Richtung und von oben herab auf seine Beute, und immer unter einer raschen Schwenkung im Augenblick des Greifens, so daß er seine Beute von unten oder von der Seite zu packen kriegt. Hat der Sperber keinen besonders großen Hunger, so beschreibt er mit seiner Beute zuweilen zierliche Kreise in der Luft, bevor er sie nach Ausrupfen der großen Federn gemächlich auf einem Baumast verzehrt. Knochen, Federn und Haare gibt er wie alle Raubvögel in sogenannten Gewöllen von sich. Junge Nestvögel, namentlich solche, die am Boden ausgebrütet wurden, gehören zu seinem Lieblingsfutter; aber auch die Eier verschont er nicht. Die weit größeren Edelfalken und der Habicht fressen den Sperber als verhaßten Konkurrenten ohne Umstände, wenn sie seiner habhaft werden können. Auch der Mensch verfolgt ihn als überaus schädlichen Räuber gleich dem Habicht, wo er nur kann. Um ihrer habhaft zu werden, stellt er Käfige aus Drahtgitter auf, die unten einen Doppelboden haben, zwischen welchen eine Locktaube gesteckt wird. Oben ist dieser sogenannte Habichtskorb offen, in der Mitte hat er ein Trittholz, das mit einem Schlagnetz in Verbindung steht. Stößt nun der Räuber auf die Taube herab und berührt er das Trittholz, so löst sich alsbald das Schlagnetz aus und bedeckt die obere Abteilung des Korbes.

Eine beliebte Methode, um diese, wie auch die dem Menschen verhaßten kleinen Raubvögel, wie Raben und Elstern zu schießen, besteht in der Anwendung einer Krähen- oder Schuhuhütte. Diese ist auf einem freiliegenden, weithin sichtbaren Hügel angebracht und außen mit Rasen bedeckt. Ein Pfahl mit Querholz trägt den Uhu, den man durch Zerren an einer Schnur zum Flattern bringt, wenn ihn seine Feinde nicht bemerken sollten. Ringsum stehen eingegrabene Bäume mit dürren Ästen, auf denen sich die Vögel niederlassen können und von denen sie herabgeschossen werden können, wenn sie nicht schon beim Losfahren auf den Uhu erlegt werden.

Zum Schlusse geziemt es sich, unter den Vögeln, die mit dem Menschen in engerem Zusammenhange stehen, auch den weißen Storch (Ciconia alba) anzuführen, der im Gegensatz zu seinem einzigen, ebenso weit verbreiteten europäischen Gattungsgenossen, dem schwarzen Storch (C. nigra), seit dem hohen Altertum in Sage und Geschichte unzertrennlich mit ihm verbunden ist. Als das Einschlagen des Blitzes verhindernd und überhaupt glückbringend, siedelte er ihn auf den Giebeln seiner Wohnungen und Kirchen an, indem er ihm in einem flachen Korb oder in einem alten Wagenrad Nistgelegenheit bot, die er sonst auf hohen Bäumen mit ausgebreiteten Ästen oder abgebrochenem Wipfel suchte, um hier sein kunstloses Nest aus Stecken, Reisern, Schilfrohr und Erdklumpen zu bauen. Sein würdevolles Betragen, sein gravitätischer Gang und die Eigenschaft, sich von im Boden hausenden und darin die Seelen der darin Bestatteten in sich aufnehmenden Tieren zu ernähren und damit selbst ein Seelenträger zu sein, brachte ihn beim gemeinen Volke von jeher in den Geruch der Heiligkeit und garantierte ihm, als in vermeintlichem Besitze überirdischer Kenntnisse und Gaben seiend, Unverletzlichkeit. Bei den alten Germanen war er der Adebar oder Seelenträger, der die kleinen Kinder den Eltern bringen sollte. Bei den Orientalen zeigt er sich uns in den Märchen von Tausend und einer Nacht als ein verwunschener Prinz, dem die höchste Einsicht in künftiges Geschehen verliehen sein soll. Vom Menschen unterscheide er sich nur durch das Fehlen des Sprachvermögens. Was dem Storche aber an Stimmitteln fehlt, das ersetzt er reichlich durch sein Klappern, das schon von den Jungen im Neste geübt wird, beim Männchen stärker als beim Weibchen ist und bald Freude und Verlangen, bald Hunger, Zorn und Ärger ausdrückt. Mit Klappern erheben sich die Störche, wenn sie gegen Ende August in größeren Trupps nach dem warmen Süden verreisen, mit Klappern begrüßen sie im Frühjahr ihr Nest, wenn Ende Februar oder Anfang März zuerst das Männchen und einige Tage später das Weibchen nachts in ihre alte Heimat und Niststätte einrücken. Alljährlich kehrt dasselbe Paar dahin zurück, um ihre 3–5 Jungen großzuziehen, die nach dem Ausschlüpfen aus den Eiern noch mehr als zwei Monate hindurch unter der rührenden Pflege und Aufsicht der Eltern im Neste bleiben. In den ersten Tagen würgen ihnen die Alten halbverdauten Futterbrei in den Schnabel, indem sie dessen Spitze in den Mund nehmen, so daß die Jungen nur zu schlucken brauchen. Später würgen sie ihnen das Futter aus dem Kehlsack, zuerst ins Nest hinein, später an dessen Rand, und schließlich lassen sie dieselben ihre tierische Nahrung sich selbst suchen.

Schon die alten Griechen glaubten, wie uns Aristophanes und gleicherweise Aristoteles erzählen, die Störche hätten von alters her ein Gesetz, wonach die Jungen, sobald sie flügge sind, ihre Eltern ernähren müssen. Aristoteles sagt, daß die Störche und andere Vögel, wenn sie verwundet würden, Dosten (origanon) auflegen. Noch der gelehrte Plinius schreibt in seiner Naturgeschichte: „Man weiß noch nicht, woher die Störche (ciconia) kommen und wohin sie ziehen. Wollen sie fortziehen, so versammeln sie sich an einem bestimmten Orte, wobei keiner fehlt, er schmachte denn in menschlicher Gefangenschaft. Und sie beginnen nun den Zug, als wenn der Tag dazu durch ein Gesetz bestimmt sei. Niemand hat sie wegziehen sehen, obgleich jeder die Anstalten zu ihrem Abzuge bemerkt; ebensowenig sieht man sie zurückkehren, sondern nur, daß sie zurückgekehrt sind; denn beides geschieht zur Nachtzeit. In Asien liegt auf einer weiten Ebene ein Ort, welcher Pythonos Kome heißt; dort versammeln sich die Störche, murmeln, zerreißen den zuletzt kommenden und dann erst ziehen sie weg. Manche behaupten, der Storch habe keine Zunge (tatsächlich hat er eine, aber eine sehr kleine). Wegen Vertilgung der Schlangen wird er so hoch geehrt, daß Leute, die einen töteten, sonst in Thessalien mit dem Tode bestraft wurden. Die Störche kehren jedes Jahr zu ihrem Neste zurück. Die jungen ernähren ihre Eltern, wenn diese schwach werden.“ Und der Grieche Älianos schreibt: „Alexander der Myndier (der ein auch von Athenaios um 200 n. Chr. erwähntes naturgeschichtliches Buch schrieb) sagt, daß die Störche, wenn sie alt geworden sind, nach den im Okeanos gelegenen Inseln ziehen, dort menschliche Gestalt annehmen und für die fromme Liebe, die sie ihren Eltern erwiesen, den Lohn empfangen. Auch wollen die Götter dort, wie ich glaube, ein frommes und heiliges Geschlecht absondern, da ein solches sonst nirgends unter der Sonne ein Plätzchen findet. Mir scheint das keine Fabel. Und was hätte denn Alexander davon gehabt, wenn er sich solche Fabeln erdacht hätte. Ein verständiger Mann wie er lügt selbst dann nicht, wenn er den größten Vorteil davon haben könnte.“

Ähnliche Verehrung, wie bei den Abend- und Morgendländern der Storch, genoß bei den alten Ägyptern der heilige weiße Ibis (Ibis religiosa), der durch das Verschlingen und Wegschaffen von tierischen Leichen ebenfalls als ein Seelenträger galt und als solcher mit besonderen Eigenschaften ausgestattet gewähnt wurde. Der griechische Geschichtschreiber Diodorus Siculus schreibt: „Die Ägypter behaupten, der Ibis nütze durch Vertilgung der Schlangen, Heuschrecken und Raupen“, und Strabon sagt, daß sie in Ägypten, dank ihrer Unverletzlichkeit, sehr zutraulich seien. „In Alexandreia wimmeln alle Straßen von ihnen; sie sind nützlich, weil sie alles Tierische auflesen, namentlich die Abfälle der Fleisch- und Fischmärkte, andererseits aber lästig, da sie alles beschmutzen.“ Sein Kollege Älianos weiß die merkwürdigsten Dinge von diesem, nach ihm der Mondgöttin heiligen Tiere zu berichten, das nie aus Ägypten weggehe, weil dieses Land unter allen das feuchteste sei. Zum Ausbrüten seiner Eier brauche er so viel Tage als der Mond ab- und zunimmt. „Freiwillig wandert der Ibis nicht aus; fängt ihn aber jemand und bringt ihn mit Gewalt fort, so ist alle Mühe vergeblich; denn der Vogel hungert sich zu Tode. Er schreitet ruhig und wie ein Mädchen einher und geht immer nur Schritt vor Schritt. Die schwarzen Ibisse beschützen Ägypten gegen die aus Arabien kommenden geflügelten Schlangen, die weißen Ibisse aber vernichten die Schlangen, welche zur Zeit der Überschwemmung aus Äthiopien kommen. Ägypten wäre verloren, wenn es nicht von Ibissen beschützt würde. Er ist sehr hitziger Natur, frißt Schlangen und Skorpione. Nur sehr selten sieht man einen kranken Ibis. Den ganzen Tag geht er im Schmutze herum, sucht darin nach allerlei Dingen, steckt den Schnabel in alles, badet sich aber erst gehörig ab, bevor er schlafen geht. Um den Katzen zu entgehen, nistet er auf Palmbäumen; denn auf diese klettern die Katzen wegen der daran befindlichen Hervorragungen nicht gern.“ Tatsächlich bevorzugt der Ibis zum Nisten eine Mimosenart, die die Araber der dichten, ungemein dornigen, ja fast undurchdringlichen Äste halber harasi, d. h. die sich Schützende nennen. Aus den Zweigen des harasi besteht auch das innen mit Grashalmen ausgepolsterte flache Nest des Vogels, in welchem die 3–4 Eier ausgebrütet werden.

Zur Zeit der alten Ägypter haben die heiligen Vögel sich höchstwahrscheinlich im Zustande einer Halbgefangenschaft in Tempelhöfen fortgepflanzt. Heute tun sie dies bei guter Pflege nicht allzuselten in unseren Tiergärten. Noch heute stellt man dem Ibis im Sudan nicht nach, obgleich sein schmackhaftes Fleisch die Jagd wohl lohnen würde. So aßen auch die alten Griechen und Römer den Storch nicht. Erst der gottlose einstige Prätor Asinius Sempronius Rufus soll die Sitte, junge Störche zu essen, in Rom eingeführt haben, worauf Horaz in einer seiner Satiren auf seine genußsüchtige Zeitgenossen anspielt.

Wie die Ägypter den heiligen Ibis, so hielten die alten Griechen und Römer das prächtig gefärbte Purpurhuhn (Porphyrio hyacinthinus) in halber Gefangenschaft in den Höfen ihrer Villen und Heiligtümer. So schreibt der Grieche Älian von ihm: „Das Purpurhuhn (porphyríon) ist ein ausgezeichnet schönes Tier. Es badet sich im Staube wie im Wasser, frißt aber nicht gern vor Zeugen, daher am liebsten in einem Versteck. Die Menschen haben es sehr gern und füttern es mit großer Sorgfalt. Es paßt gut in prachtliebende, reiche Häuser, auch in Tempel, und geht in diesen als heiliger Vogel frei umher. Schwelger schlachten den Pfau, der ebenfalls schön ist, aber ich weiß von keinem Menschen, der das Purpurhuhn für die Tafel geschlachtet hätte.“ Mit dem Untergang der alten Kultur verschwand auch dieses Tier wieder aus der Nähe des Menschen.

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