XXXIII. PLAY OF THE TEN VIRGINS

One of the earliest attempts at dramatic composition in German. There is a tradition that it was played in 1322 before the Landgrave of Thüringen and that he was so overwhelmed by its picture of Christ as stern judge that he fell into a moody despair which endured five days and ended with an apoplectic stroke from which he died three years later.

Die erste Törichte spricht also:

Herr Vater, himmelischer Gott,

Tu’ es bei deinem bittern Tod,

Den du am Kreuze hast erduldet:

Verzeih’ uns armen Jungfraun, was wir verschuldet.

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Verleitet hat uns leider unsre Torheit;

Lass uns geniessen deiner grossen Barmherzigkeit,

Und Mariens, der lieben Mutter dein,

Und lass uns zu dem Gastmahl hier herein.

Jesus spricht also:

Wer die Zeit der Reue versäumet hat

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Und auch nicht büsste seine Missetat

Und kommt zu stehn vor meiner Tür,

Der findet keinen Eintritt hier.

Die zweite Törichte spricht:

Tu’ auf, o Herr, dein Tor!

Die gnadenlosen Jungfraun stehen davor

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Lieber Herr, wir bitten dich sehr,

Dass deine Gnade sich uns zukehr’.

Jesus spricht also:

Ich weiss nicht, wer ihr seid.

Da ihr zu keiner Zeit

Mich selber habt erkannt

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Noch die Taten meiner Hand,

So bleibt euch Gnadenlosen

Das Himmelstor verschlossen.

Die dritte Törichte spricht also:

Da Gott uns Heil versagt,

Beten wir zu der reinen Magd,

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Mutter aller Barmherzigkeit,

Dass sie uns huld sei in unsrem grossen Herzeleid

Und zu ihrem Sohn flehe für uns Armen,

Dass er sich unser woll’ erbarmen.

Die vierte Törichte spricht:

Maria, Mutter und Magd,

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Uns ward gar oft gesagt,

Du seiest aller Gnade voll;

Nun bedürfen wir der Gnade wohl.

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Dies bitten wir dich sehr

Bei aller Jungfrauen Ehr’,

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Dass du zu deinem Sohn flehest für uns Armen,

Er möge sich unser gnädig erbarmen.

Maria spricht also:

Tatet ihr je mir oder meinem Kinde etwas zu Frommen,

Es müsste euch jetzt zu statten kommen.

Das tatet ihr aber leider mit nichten,

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Drum wird unser beider Bitte wenig ausrichten.

Doch will ich’s versuchen bei meinem Kinde,

Ob ich vielleicht Gnade finde.

Maria fällt auf die Kniee vor unsern Herrn und spricht:

Ach, liebes Kind mein,

Gedenke der armen Mutter dein,

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Gedenke der mannigfaltigen Not,

Die ich erlitt durch deinen Tod.

Herr Sohn, da ich dein genas,

Hatt’ ich weder Haus noch Palas,

Ganz arm war ich;

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Das hab’ ich erlitten für dich.

Ich hatte mit dir Mühe, es ist wahr,

Mehr als dreiunddreissig Jahr;

Sieh, liebes Kind, das lohne mir

Und erbarme dich dieser Armen hier.

Jesus spricht zu Maria:

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Mutter, denkt an das Wort,

Das sie finden geschrieben dort:

Wolken und Erde sollen vergehn,

Meine Worte sollen immer stehn.

Du errettest den Sünder nimmermehr,

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Weder du noch das ganze himmlische Heer.

Die erste Törichte spricht also:

Ach Herr, bei deiner Güte

Erweiche dein Gemüte

Und erzürne dich nicht so sehr.

Bei aller Jungfrauen Ehr’

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Schau’ heute unser Elend an;

Es reut uns, was wir dir zu Leid je haben getan.

Nicht wieder wollen wir uns vergehen;

Erhöre deiner Mutter Flehen

Und lass uns arme Jungfrauen

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Die Festlichkeit beschauen.

Maria, aller Sünder Trösterin,

Hilf uns zum Freudensaal darin!

Maria spricht also:

Eure Fürsprecherin will ich gerne sein.

Wäret ihr nur von Sünde frei,

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Ihr kämet desto leichter herein.

Ich will aber für euch mein Kind Jesum bitten.

Liebes Kind, lass dich meiner Bitte nicht verdriessen!

Lass heute unsre Tränen vor deinen Augen fliessen,

Und denke an das Ungemach,

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Das ich erlitt an deinem Todestag,

Da ein Schwert durch meine Seele ging.

Also für jene Pein, die ich um dich empfing,

Belohne mich zu gunsten dieser Armen

Und ihrer lass dich nun erbarmen.

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Du bist ihr Vater, eine jede ist dein Kind;

Denke, wie lästig sie dir auch geworden sind

In manchem Ungemache,

Und in was für einer Sache

Der Sünder dich auch geplagt,

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Er ist dennoch die Schöpfung deiner Macht.

Mein Sohn, du trauter, guter,

Erhöre deine Mutter.

Hab’ ich dir je einen Dienst getan,

So nimm dich dieser Armen an,

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Damit die jammervolle Schar

Zu Himmel ohne Urteil fahr’.

Jesus spricht also:

Nun schweiget, Frau Mutter mein;

Solche Rede mag nicht sein.

Da sie auf der Erde waren,

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Gute Werke sie nicht gebaren,

Ihnen gemäss war alle Schlechtigkeit;

Drum versag’ ich ihnen meine Barmherzigkeit,

Nach der sie dort nie suchten,

Und schicke sie zu den Verfluchten;

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Ihre späte Reue soll nichts nützen.

Zu Gericht will ich jetzt sitzen:

Geht, ihr Verfluchten an Seel’ und Leibe,

Wie ich euch von mir jetzt vertreibe.

Geht in das Feuer unter die Hut

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Des übeln Teufels und seiner Brut!

Sünder, geh von mir!

Trost und Gnade versag’ ich dir.

Kehre von den Augen mein,

Fern bleibe dir meines Antlitz’ Schein!

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Scheide von meinem Reich,

Das du, dem Toren gleich

Durch deine Sünden verloren hast;

Trage mit dir der Sünden Last!

Gehe hin und schrei’ und heul’!

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Keine Hilfe wird dir je zu teil.

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