A gifted lyric poet whose life was short and full of trouble (1695-1723). In an age of poetic artificiality and pretense his verse is generally simple, sincere, and passionate. His work is mainly a record of suffering, the note of joy being relatively infrequent. He is a forerunner of those modern poets of whom one may say with Goethe’s Tasso: Mir gab ein Gott zu sagen, wie ich leide. The text follows Fulda’s edition in Kürschner’s Nationalliteratur, Vol. 38.
1 Studentenlied. Brüder, lasst uns lustig sein, Weil der Frühling währet Und der Jugend Sonnenschein Unser Laub verkläret; 5 Grab und Bahre warten nicht; Wer die Rosen jetzo bricht, Dem ist der Kranz bescheret. 290 Unsers Lebens schnelle Flucht Leidet keinen Zügel, 10 Und des Schicksals Eifersucht Macht ihr stetig Flügel; Zeit und Jahre fliehn davon, Und vielleichte schnitzt man schon An unsers Grabes Riegel. 15 Wo sind diese, sagt es mir, Die vor wenig Jahren Eben also, gleich wie wir, Jung und fröhlich waren? Ihre Leiber deckt der Sand, 20 Sie sind in ein ander Land Aus dieser Welt gefahren. Wer nach unsern Vätern forscht, Mag den Kirchhof fragen; Ihr Gebein, so längst vermorscht, 25 Wird ihm Antwort sagen. Kann uns doch der Himmel bald, Eh die Morgenglocke schallt, In unsre Gräber tragen. Unterdessen seid vergnügt, 30 Lasst den Himmel walten, Trinkt, bis euch das Bier besiegt, Nach Manier der Alten. Fort! Mir wässert schon das Maul, Und, ihr andern, seid nicht faul, 35 Die Mode zu erhalten. Dieses Gläschen bring’ ich dir, Dass die Liebste lebe Und der Nachwelt bald von dir Einen Abriss gebe! 40 Setzt ihr andern gleichfalls an, Und wenn dieses ist gethan, So lebt der edle Rebe. |
2 An Leonoren. Als er sich mit ihr wieder zu versöhnen suchte. Kluge Schönheit, nimm die Busse Eines armen Sünders an, Welcher dir mit einem Kusse Gestern Abends weh gethan, 5 Und auf deinen Rosenwangen Einen schönen Raub begangen. Ich gesteh’ es, mein Verbrechen Ist der schärfsten Strafe wert, Und du magst ein Urteil sprechen, 10 Wie dein Wille nur begehrt; Dennoch würd’ ich zu den Füssen Deiner Gnade danken müssen. Aber weil ihr Himmelskinder Eurem Vater ähnlich seid, 15 Welcher auch die gröbsten Sünder Seines Eifers oft befreit, Ach, so werden meine Zähren Deinen Zorn in Liebe kehren. Gönne mir nur dieses Glücke, 20 Bald mit dir versöhnt zu sein, Bis nach manchem kalten Blicke Deiner Augen Sonnenschein Mir und meiner Hoffnung lache Und mich endlich kühner mache. |
291 3 Die verworfene Liebe.Ich habe genug! Lust, Flammen und Küsse Sind giftig und süsse Und machen nicht klug; 5 Komm, selige Freiheit, und dämpfe den Brand, Der meinem Gemüte die Weisheit entwandt. Was hab’ ich gethan! Jetzt seh’ ich die Triebe Der thörichten Liebe 10 Vernünftiger an; Ich breche die Fessel, ich löse mein Herz Und hasse mit Vorsatz den zärtlichen Schmerz. Was quält mich vor Reu’? Was stört mir vor Kummer 15 Den nächtlichen Schlummer? Die Zeit ist vorbei. O köstliches Kleinod, o teurer Verlust! O hätt’ ich die Falschheit nur eher gewusst! Geh, Schönheit, und fleuch! 20 Die artigsten Blicke Sind schmerzliche Stricke. Ich merke den Streich, Es lodern die Briefe, der Ring bricht entzwei Und zeigt meiner Schönen: Nun leb’ ich recht frei. 25 Nun leb’ ich recht frei Und schwöre von Herzen, Dass Küssen und Scherzen Ein Narrenspiel sei; Denn wer sich verliebet, der ist wohl nicht klug; 30 Geh, falsche Sirene, ich habe genug! |
4 An Leonoren. Als er sie einer beständigen Liebe versicherte. Treuer Sinn, Wirf den falschen Kummer hin. Lass den Zweifel der Gedanken Nicht mit meiner Liebe zanken, 5 Da ich längst dein Opfer bin. Glück und Zeit Hasset die Beständigkeit; Doch das Feuer, so ich fühle, Hat die Ewigkeit zum Ziele 10 Und verblendet selbst den Neid. Meine Glut Leidet keinen Wankelmut; Eher soll die Sonn’ erfrieren, Als die Falschheit mich verführen, 15 Eher löscht mein eigen Blut. Grab und Stein Adeln selbst mein Redlichsein. Bricht mir gleich der Tod das Herze, So behält die Liebeskerze 20 In der Asche doch den Schein. |
5 An Leonoren. Gedenk an mich und meine Liebe, 292 Du mit Gewalt entrissnes Kind, Und glaube, dass die reinen Triebe Dir jetzt und allzeit dienstbar sind, 5 Und dass ich ewig auf der Erde Sonst nichts als dich verehren werde. Gedenk an mich in allem Leiden Und tröste dich mit meiner Treu! Die Luft mag jetzt empfindlich schneiden, 10 Die Wetter gehn doch all vorbei, Und nach dem ungeheuren Knallen Wird auch ein fruchtbar Regen fallen. Gedenk an mich in deinem Glücke, Und wenn es dir nach Wunsche geht, 15 So setze nie den Freund zurücke, Der bloss um dich in Sorgen steht! Auch mir kann bei dem besten Leben Nichts mehr als du Entzückung geben. Gedenk an mich in deinem Sterben; 20 Der Himmel halte dies noch auf; Doch sollen wir uns nicht erwerben, Und zürnt der Sterne böser Lauf, So soll mir auch das Sterbekissen Die Hinfahrt durch dein Bild versüssen. 25 Gedenk an mich und meine Thränen, Die dir so oft das Herz gerührt Und die dich durch mein kräftig Sehnen Zum ersten auf die Bahn geführt, Wo Kuss und Liebe treuer Herzen 30 Des Lebens Ungemach verschmerzen. Gedenk auch, endlich an die Stunde, Die mir das Herz vor Wehmut brach, Als ich, wie du, mit schwachem Munde Die letzten Abschiedsworte sprach; 35 Gedenk an mich und meine Plagen! Mehr will und kann ich jetzt nicht sagen. |
6 An seine Leonore. Bist du denn noch Leonore, Der so manch verliebter Schwur (Sinne nach, bei welchem Thore!) Unter Kuss und Schmerz entfuhr, 5 Ach, so nimm die stummen Lieder 293 Eben noch mit dieser Hand, Die mir ehmals Herz und Glieder Mit der stärksten Reizung band. Durch dein sehnliches Entbehren 10 Werd’ ich vor den Jahren grau, Und der Zufluss meiner Zähren Mehrt schon lange Reif und Tau; Meine Schwachheit, mein Verbleichen Und die Brust, so stündlich lechzt, 15 Wird des Kummers Siegeszeichen, Der aus unsrer Trennung wächst. Lust und Mut und Geist zum Dichten, Feuer, Jugend, Ruhm und Fleiss Suchen mit Gewalt zu flüchten 20 Und verlieren ihren Preis, Weil der Zunder deiner Küsse Meinen Trieb nicht mehr erweckt Und die Führung harter Schlüsse Ein betrübtes Ziel gesteckt. 25 Alle Bilder meiner Sinnen Sind mir Ekel und Verdruss, Da sie nichts als Gram gewinnen, Weil ich dich noch suchen muss. Nichts ergetzt mich mehr auf Erden 30 Als das Weinen in der Nacht, Wenn es unter viel Beschwerden Dein Gedächtnis munter macht. Jedes Blatt von deinen Händen Ist ein Blatt voll Klag’ und Weh, 35 Und ich kann es niemals wenden, Dass kein Stich ans Herze geh’; Die Versichrung leerer Zeilen Giebt den Leibern wenig Kraft, Welche Luft und Ort zerteilen. 40 O bedrängte Leidenschaft! |
7 Die seufzende Geduld. Morgen wird es besser werden, Also seufzt mein schwacher Geist, Den die Menge der Beschwerden Über allen Abgrund reisst. 5 Aber ach, wenn bricht der Morgen Und das Licht der Hoffnung an, Da ich die so langen Sorgen Nach und nach vergessen kann? Sklaven auf den Ruderbänken 10 Wechseln doch mit Müh’ und Ruh’, Dies mein unaufhörlich Kränken Lässt mir keinen Schlummer zu. Niemand klagt mein schweres Leiden, Dies vergrössert Last und Pein. 15 Himmel, lass mich doch verscheiden, Oder gieb mir Sonnenschein! Will ich mich doch gerne fassen, Wenn mich nur der Trost erquickt, Dass dein ewiges Verlassen 20 Mich nicht in die Grube schickt. |
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