Achtes Kapitel. Eine Episode.

Es war des Morgens um vier Uhr, als Pr. Moriz auf der Straße von vier starken, verkleideten Kerlen angehalten wurde. Er kam so eben aus den Armen der Signora Biondina, welche ihrem Galan eine seelige Nacht geschaffen hatte.

„Hör’ Er, Freund,“ sagte einer von den Verkleideten, indem er den Prinzen beim Arm faßte: „Er nimmts uns wohl nicht übel, daß wir so dreist sind, mit ihm ein Paar Worte zu plaudern.“

Ein Andrer. Freilich, wir haben lange auf Ihn warten müssen.

Prinz. (einen Schritt zurüktretend) Wer seid Ihr, und was wollt Ihr?

Verkleideter. Wer wir sind? das kann man Ihm nachher sagen. Was wir wollen? eine Bestellung wollen wir an Mann bringen.

Prinz. Warum fallt Ihr mich auf der Strasse an?

Verkleideter. Bewahre Gott, anfallen! Banditen fallen Leute an.

Ein Andrer. Hör Er, wer Er ist, wissen wir nicht, aber daß Er beim Prinzen Moriz in Diensten steht, das wissen wir.

Prinz. (horchend) So ists; nun weiter? Ein Dritter. Wenn ich nicht irre; so ist Er der Sekretair Flimmer.

Prinz. Ihr habts errathen.

Verkleideter. Grüss’ Er seinen Herrn von uns unbekannter Weise.

Prinz. Soll gern geschehn, wenn ihm anders mit Eurem Grus gedient sein wird.

Verkleideter. Gedient oder nicht gedient; das ist einerlei.

Prinz. Nur zur Sache, Schurken.

Verkleideter. Sehr Verbunden. Vors erste rathen wir ihm wieder zu erzählen was ihm geschehen ist.

In dem Augenblik stürzten die vier Bravo’s auf ihn zu. Ehe sich der Prinz besinnen konnte, ward sein Mund verknebelt, jeder seiner Arme von einem Kerl gehalten, sein Couteau de Chasse aus der Scheide gezogen und ihm auf die Brust gesezt.

Der Prinz strengte umsonst alle Kräfte an, sich loßzureissen, er war ohnmächtiger, als ein Kind, und die Kerls lachten. Der, welcher ihm den Stahl auf die Brust hielt, fing an zu reden.

Prinz!“ sagte er: „wir kennen Euch wohl, nur zu wohl. Ihr habt dem unglükseeligen Grafen von Duur einen Gifttrunk zugeschikt; er hat ihn am gestrigen Abend in einem Glase Brunnenwasser hinuntergeschlürft, und ihr seid also sein Mörder. Ihr seid gewarnt von unbekannten Fingern, aber Ihr habt gespottet, und in den Händen der Verspotteten seid Ihr jezt! — Was erwartet Ihr von denen, welche nach dem Rechte richten, und vor deren Stuhl Titel und Bettlergewand keinen Unterschied machen?“ — —

Eine lange, schrekliche Pause erfolgte. Der Prinz starrte den fürchterlichen Mann an, der die Todesworte so kalt hinsprach, und schauderte. Rings umher herrschte nächtliche Stille; die Sterne funkelten traurig durch die Lüfte, und der Mond ging hinter einem Wolkengebirg unter.

„Blutsünden,“ fuhr der Mann fort, vor dem jezt ein Prinz zittern mußte: „Blutsünden können nur mit Blut wieder abgewaschen werden!“ — —

Der Prinz versuchte eine Bewegung und stöhnte ängstlich.

„Jedoch wisset, daß Euch diese Schandthat vergeben ist. Vergeben ganz und gar, ohne alle Rüge und Ahndung, sobald Ihr binnen dreizehn Tagen ausser den Gränzen dieses Herzogthums seid, mit Eurem ganzen Gefolge. Eine Stunde Verzug ist Euch gefährlicher, als dem Grafen das Giftfläschgen! — Und nun Prinz vergeßt bei jedem Plan der Bosheit nicht dieser Nacht zu gedenken; vergesst nicht, daß es in der Welt auch Augen giebt, die ins Verborgne eindringen. — Gehabt Euch wohl!“

In dem Moment warf man ihm ein Pflaster über das Gesicht, ließ ihn loß und verschwand.

Moriz riß das Pflaster ab; entknebelte sich; sah mit funkelnden Augen umher, und begab sich fluchend nach seinem Pallast.

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