IX. Die Ölgewächse.

Hinsichtlich ihres Vermögens der Arbeitsleistung und Wärmebildung im Körper stehen die Fette hoch über den Eiweißkörpern und Kohlehydraten, d. h. den Stärkemehl und Zucker enthaltenden Nahrungsstoffen. Beträgt der Verbrennungswert dieser letzteren, sowohl der Eiweißkörper als der Kohlehydrate, 4,1 Wärmeeinheiten pro g, so beläuft sich dieser Betrag beim Fett auf 9,3 Wärmeeinheiten pro g. Bei dieser mehr als doppelten Nährkraft ist es kein Wunder, daß namentlich der in einem kalten Klima lebende Mensch, der reichlich durch Ausstrahlung verloren gehende Wärme zu ersetzen hat, mit Vorliebe fettreiche Speisen verzehrt, die er, solange er auf der Jägerstufe lebte, in den Fettablagerungen der von ihm erbeuteten Tiere fand. Noch heute klingt es in den Sagen aller Nordvölker durch, welch große Bedeutung dem Nierenfett und dem Knochenmark als vielbegehrtem Leckerbissen der Vorzeit zukam. Als der Mensch sich zum Viehzüchter erhob, konnte er dieses instinktive Bedürfnis nach Fett im fetten Fleische und dem Speck, später auch in der aus der Milch gewonnenen Butter seiner Herdentiere befriedigen.

Erst als er zum Hackbau sich erhob und infolgedessen notgedrungen an die von ihm bearbeitete Scholle gebunden war, suchte er seinen Fettbedarf aus dem Pflanzenreiche zu decken. Dieser war ein besonders großer, da die mehlreichen Samen und Wurzelknollen, wie auch die grünen von ihm verspeisten Pflanzenteile in der Regel auffallend arm an Fett sind. Deshalb war er darauf angewiesen, seine Mehlspeisen zu schmälzen; nur so schmeckten sie ihm. Wie heute noch unsere Landbevölkerung ihre Schmarren und Knödel in Schmalz oder Butter bäckt und Butter oder fetten Käse zum Brote genießt, so suchte die Hackbäuerin der Urzeit unter den Pflanzen ihrer Umgebung instinktiv nach solchen, die Fett in ihren Samen enthielten. Diese zerquetschte sie und genoß sie als solche; auf einer höheren Stufe jedoch preßte sie das Fett aus ihnen aus und benutzte es zum Schmälzen ihrer aus dem Mehl der verschiedenen Getreidearten bereiteten Fladen und Breie. Um solche Fettspender stets zur Hand und in größerer Menge zu haben, nahm sie solche in Hegung und vermehrte dann durch Kulturauslese den Ertrag an dem gewünschten Rohstoff.

Einer der ältesten Ölspender der Menschheit ist der Sesam (Sesamum indicum), der seit sehr langer Zeit in Südasien, speziell Indien, im großen kultiviert wird. Seine Heimat ist nach A. de Candolle das östliche tropische Asien, insbesondere Indonesien, wo er heute noch, beispielsweise auf Java, wild angetroffen wird. Der Berliner Botaniker Ascherson dagegen hält unter Berücksichtigung der pflanzengeographischen Ermittlungen Afrika für die Heimat der Sesampflanze, da von den 12 Arten der Gattung Sesamum nicht weniger als 10 diesem Erdteile angehören. Trotzdem scheint uns letztere Annahme wenig wahrscheinlich. Jedenfalls läßt sich für uns ihre Kultur zuerst in Indien nachweisen, wo der Engländer Watt in Behar und im nordwestlichen Himalaja eine der Sesampflanze sehr nahestehende wilde Art fand. Schon vor 3500 Jahren drang die Sesamkultur aus Indien in die Euphratländer, wo nach Herodots Zeugnis alles Öl aus Sesamsamen gewonnen wurde. Er schreibt darüber: „In Assyrien (und Babylonien) hat man kein Olivenöl, dagegen gebraucht man dort das Öl, das man vom Sesam (sḗsamon) gewinnt, der dort baumhoch wird.“ Nach Ägypten kam die Kultur des Sesams erst während der Mitte des letzten vorchristlichen Jahrtausends, wo ihn Theophrastos (390–286 v. Chr.) zuerst erwähnt. Früher war er im Niltal vollständig unbekannt und wird weder im Kult, noch auf den Denkmälern der alten Ägypter erwähnt; auch finden sich in den Grabbeigaben keinerlei Spuren von ihm. Auch das Alte Testament kennt ihn durchaus nicht, was doch der Fall sein müßte, wenn ihn die Juden vor ihrem Auszuge in Ägypten kennen gelernt hätten. Auch nach China kam er erst zu Beginn der christlichen Zeitrechnung; wenigstens wird erst in einem Buche des 5. Jahrhunderts seiner Erwähnung getan. Er heißt dort chi-ma, während er im Sanskrit tila, im Indischen gingils, im Malaiischen widjin und im semitischen Vorderasien simsim hieß, woraus dann die Griechen sḗsamon machten. Die alten Ägypter scheinen die Pflanze ake genannt zu haben, während sie die Samen derselben schemschem hießen. Letzteres ist also die ägyptisierte semitische Bezeichnung; demnach müssen es Semiten gewesen sein, die diese Kulturpflanze in Ägypten einführten. Wie diese uralte Kulturpflanze in der indischen Kultur eine wichtige Rolle spielt, so tat sie es auch im frühen Mittelalter bei den Arabern, die sie semsem nannten. Welche bedeutende Rolle sie bei jenen spielte, bekunden schon die Märchen aus Tausend und Einer Nacht, wo das Wort Sesam als semsem einen Zauberspruch zum Öffnen von Türen bildet.

Bild 29.
Der Sesam (sesamum orientale).

Heute bildet der Sesam eine sehr wichtige Nutzpflanze für China, Japan, ganz Süd- und Vorderasien, Ost- und Westafrika und neuerdings sogar Amerika; denn er hat sich fast das ganze Gebiet der Tropen und Halbtropen erobert. Er ist ein einjähriges, aufrechtes Kraut mit ungeteilten Blättern und einzeln in den Blattachseln stehenden, rachenförmigen, hellroten Blüten. Ein blühendes Sesamfeld gewährt einen sehr hübschen Anblick. Die reife Frucht ist eine längliche, stumpf-vierkantige Kapsel, welche von der Spitze nach der Basis aufspringt und in jedem Fache eine Anzahl etwa 3 mm langer und 1,5 mm breiter, zu beiden Seiten abgeplatteter Samen von braunschwarzer, rötlicher oder gelblicher Farbe trägt. Nach diesen Farbendifferenzen des Samens, die als Beweis uralter Kulturvarietäten ins ferne Altertum zurückgehen, unterscheidet man eine dunkle und eine helle Sesamsaat. Letztere gibt ein besseres, erstere aber ein reichlicheres Öl von gelber Farbe, fast ohne Geruch und von angenehm süßem Geschmack, das die vorzügliche Eigenschaft besitzt, nicht leicht ranzig zu werden. Da die Samen außer größeren Mengen Eiweiß durchschnittlich 56,8 Prozent Öl besitzen, ist ihr Nährwert ein sehr großer, so daß sie in Form von Mehl oder als daraus gewonnenes Öl und selbst als Ölkuchen die tägliche Nahrung für die große Mehrzahl der indischen Bevölkerung bilden.

Der Sesam gedeiht am besten in möglichst gleichmäßig warmem Klima auf leichtem, lehmig-sandigem Boden. Sein Anbau erfordert keine große Mühe und bringt in der Regel reiche Erträge. Die ganze Kultur der Pflanze liegt in den Händen der Eingeborenen, die ihn vorzugsweise als Brotkorn für ihren eigenen Bedarf bauen und nur aus dem Überschuß des Ertrages Öl pressen, das sie meist verkaufen. Eine vorzügliche Sorte baut man in Ägypten und Palästina an, wo aus Sesammehl die berühmte Fastenspeise chalba, eine Art mit Zitronat und Honig versetzter Kuchen, bereitet wird. Die grob zerstoßenen Samen dienen auch zur Herstellung eines nahrhaften Breies, der selbst Europäern mundet, und das gewöhnliche Brot, wie auch alle Kuchen, werden mit den ganzen Samen bestreut, so wie man bei uns den Mohn- oder Kümmelsamen verwendet. Meist jedoch wird auch hier das in ihnen enthaltene Öl ausgepreßt und im Haushalt als Speiseöl und zur Beleuchtung verwendet, während die Preßkuchen Menschen und Tieren als Nahrung dienen.

Das Sesamöl ist von süßlichem, sehr angenehmem Geschmack, völlig geruchlos und wird erst nach langer Zeit durch Aufnahme von Sauerstoff aus der Luft ranzig. Da die Sesamsamen durchschnittlich 56 Prozent desselben enthalten, ist der Ertrag daran ein sehr reichlicher. Doch schwankt bei ihnen wie bei allen hier zur Besprechung gelangenden andern Fettlieferanten der Fettgehalt je nach Klima und Kulturmethode; auch ist die Ausbeute an Öl je nach der Gewinnungsmethode verschieden. Stets werden die Samen zuerst in Stampfen oder neuerdings zwischen Walzen zerquetscht und unter Zusatz von Wasser auf Filtergängen gemahlen, um die Zellen, die das Öl enthalten, zu zerreißen. Aus den tropischen oder subtropischen Produktionsländern gelangt der als Überschuß der Ernte verkaufte Sesam meist als Samen nach Europa, und zwar hauptsächlich nach Marseille, wo erst das Öl in großen Pressen gewonnen wird, um dann bei der Kunstbutterbereitung, bei der Seifenfabrikation und zum Verschneiden des Olivenöls Verwendung zu finden. Die Rückstände, welche außer Fett noch 36 Prozent Eiweiß enthalten, liefern ein sehr wertvolles Viehfutter. Ostindien führt jährlich gegen 200 Millionen kg Sesamsamen und 13,5 Millionen kg Sesamöl aus; Ost- und Westafrika exportiert etwa halb soviel. Deutschlands Sesameinfuhr beträgt jährlich etwa 615 Millionen kg im Werte von 15 Millionen Mark.

In Indien, wie in ganz Südasien und Ozeanien stehen seit alter Zeit die 67 Prozent Fett enthaltenden Kokosnüsse als beliebtes Speisefett im Gebrauch. Das ölreiche, weiße Nährgewebe derselben ist für die Eingeborenen ein wichtiges Nahrungsmittel, das feingerieben den verschiedensten Mehlspeisen zugesetzt wird. Außerdem stellt es einen wichtigen Handelsartikel dar, das sich seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts den europäischen Weltmarkt erobert hat. Hierzu wird es an der Sonne getrocknet und heißt dann Kopra. Als solches kommt es nach Europa, wo es in großen Kesseln erwärmt wird; das dabei ausgeschmolzene Fett sammelt sich oben an und wird abgeschöpft. Es ist schön weiß und schmeckt milde, hat aber einen unangenehmen Geruch, wird auch leicht ranzig. Die moderne Technik hat es aber zustande gebracht, das Kokosnußfett von seinen unangenehm riechenden Bestandteilen zu befreien und ein Fett in den Handel zu bringen, das als sehr geschätzter, billiger und sehr haltbarer Ersatz für tierische Fette unter dem Namen Kunerol, Palmin usw. sich mit Recht einer zunehmenden Verwendung als Speisefett an Stelle oder gemischt mit Milchbutter erfreut. Der weitaus größte Teil des Kokosnußfetts wird aber zur Herstellung von Kerzen und Seifen verbraucht. Weil Kokosseife die einzige ist, die auch im salzigen Meerwasser schäumt, ist sie besonders bei den Seeleuten sehr beliebt. Die Gesamteinfuhr Deutschlands an Kopra beträgt gegenwärtig etwa 18 Millionen Mark, wovon es jetzt schon über ein Drittel aus seinen Kolonien decken kann. Weitaus am meisten liefert Samoa im Werte von gegen 3 Millionen Mark. Aus 7000 Früchten erhält man 1000 kg Kopra. Das Zerschneiden und Trocknen der Kokoskerne wurde zuerst von den Franzosen in Ostafrika praktiziert und dann von einer Hamburger Firma auch auf den Südseeinseln eingeführt.

Für den europäischen Markt war früher und ist heute noch das Olivenöl das wichtigste Speise- und Brennfett. Aus den am besten mit der Hand abgenommenen Oliven, die 56–70 Prozent Fett enthalten, wird bei schwacher Pressung in der Kälte das gelbliche, süße, feine Speiseöl gewonnen, während man bei stärkerem Druck und warmer Pressung das gewöhnliche Öl gewinnt, das vielfach als Lampenöl Verwendung findet, besonders aber bei der Seifenfabrikation benutzt wird. Dem guten Olivenöl der Provence verdankt die Marseiller Seife ihren guten Ruf, von der nach beiläufiger Schätzung jährlich 600000 Zentner gewonnen werden. Die Preßrückstände werden schließlich noch mit Wasser ausgekocht, wodurch allerdings nur geringwertige Ölsorten gewonnen werden, die höchstens als Maschinenöl dienen können. Sie sind trübe und werden in Knochenkohlefiltern geklärt. Aber selbst aus ihren Rückständen läßt sich durch langsame Zersetzung in halb mit Wasser gefüllten Zisternen, wobei sich alles noch vorhandene Öl auf der Oberfläche der fürchterlich riechenden Flüssigkeit sammelt und abgeschöpft wird, ein noch für Fabriken verwendbares Öl gewinnen. Solches Öl ist auch das Tournantöl, das in der Türkischrotfärberei eine große Rolle spielt.

Noch wichtiger als die bisher genannten Öle ist das Palmöl, das aus dem Fruchtfleisch der Ölpalme (Elaeis guineensis) gewonnen wird. Es kann geradezu als das wichtigste aller Fettstoffe aus dem Pflanzenreiche gelten, von dem Deutschland jährlich für gegen 40 Millionen Mark einführt. Es dient hauptsächlich zur Seifen- und Kerzenfabrikation, wird aber auch zur Herstellung von Kunstbutter verwendet. Die Preßrückstände bilden ein beliebtes Viehfutter, aber auch ein Verfälschungsmittel für Gewürze, namentlich für Pfeffer.

Die Heimat der Ölpalme ist, wie wir sahen, das tropische Westafrika, wo sie manchenorts weit sich erstreckende Wälder bildet. Eigentlich angebaut wird sie selten; in der Regel beschränken sich die Eingeborenen darauf, vor Beginn der Regenzeit die überflüssigen Wedel mit dem Buschmesser zu entfernen und die ganze Krone durch Ausbrennen von Ungeziefer zu reinigen. Sie haben dann nur zu ernten, aus den Palmnüssen das Fruchtfleisch auszubrechen, dasselbe durch Kochen in Wasser oder Liegenlassen in der Sonne zu erweichen und in Mörsern zu zerstampfen, wobei das Öl heraustritt. Dasselbe ist orangegelb, hat einen angenehmen Geschmack, riecht leicht nach Veilchenwurzel und hat bei Zimmertemperatur Butterkonsistenz. Den Negern dient es allgemein als Speisefett; doch wird es mit der Zeit weiß und ranzig. Den Überschuß ihres Öles und die Palmkerne verkaufen sie an die Europäer, die aus den letzteren in Europa vermittelst eigens dazu konstruierter Maschinen das Palmkernöl gewinnen, das noch wertvoller als das Palmöl aus dem Fruchtfleische der Palmnüsse ist.

In Westafrika ist auch die Schibutter beliebt, die aus den Samen des im Sudan heimischen Schibaums (Butyrospermum parkii) gewonnen wird. Hier findet sich der etwa 9 m hohe, zu den Sapotazeen gehörende Baum von der Tracht eines Apfelbaums vorzugsweise an trockenen und steinigen Orten von Senegambien bis zu den Ufern des Nils, meist im lichten Buschwald. Der Stamm ist rauh, reich verästelt und hat eine breite, aber nicht dichte Krone. Die langgestielten, ovalen, etwas lederigen, in der Jugend mit rostfarbenem Filz bedeckten Blätter sind büschelartig an den Enden der dicken Zweige zusammengedrängt. Die Blüten sind kurzgestielt und haben ebenfalls einen rostfarbenen Filzbelag. Die Früchte sind eirunde, einsamige, grüne Beeren, deren äußere Schicht von einem weichen, wohlschmeckenden, gelben Fleische gebildet wird, das die Eingeborenen gerne essen. Darunter liegt ein glänzendbrauner Samen von Taubeneigröße ohne Nährgewebe, aber mit ölreichen, fleischigen Kotyledonen (Samenlappen), die die Schibutter liefern. Diese ist ein hellgrünliches Fett von angenehmem Geruch und Geschmack, das nicht leicht ranzig wird und von den Eingeborenen zum Backen und Kochen, zum Einreiben des Körpers, zum Brennen in den Lampen usw. gebraucht wird. In der europäischen Industrie dient sie zur Herstellung von Kerzen und Seife. Hierzu ist sie so geeignet als das Palmöl, vor dem sie noch den Vorzug hat, daß sie nicht gebleicht zu werden braucht.

In den deutschen Kolonien Togo und Kamerun kommt der Schibaum überall in den Steppen wild vor. Die Neger bauen ihn kaum an, weil die wilden Bestände ihrem Bedarf vollständig genügen. Weil der Baum vorzugsweise im Innern vorkommt und der Transport an die Küste durch Träger viel zu teuer ist, lohnt sich der Absatz an die europäischen Faktoreien in den meisten Fällen schlecht. Mit den besseren Transportmitteln und der stärkeren Nachfrage würde sich auch das Angebot an Schinüssen steigern. Auch würde der Anbau des Baumes den Eingeborenen keine Schwierigkeit machen, zumal er mit dem schlechtesten Boden vorlieb nimmt und sehr geringer Feuchtigkeit bedarf. Aus Togo werden etwa für 30000 Mark Schifrüchte jährlich ausgeführt. Obwohl die Schibutter den Vorzug hat, sich auch bei der Berührung mit Luft lange zu halten, ohne ranzig zu werden, so eignet sie sich weniger für den Handel als die reifen Früchte. Aus diesen gewinnen die Eingeborenen das Fett, indem sie die Samen nach Entfernung der Schale in Wasser kochen und dann zerstampfen. Das sich an der Oberfläche sammelnde Öl wird abgeschöpft und erkalten gelassen.

Ähnlich wie die Früchte des Schibutterbaumes werden diejenigen eines im westafrikanischen Urwald wachsenden, ansehnlichen, 30–40 m hohen, von den Duallas in Kamerun nyabi genannten Baumes, den wir auf beifolgender Tafel gefällt vorführen, verwendet. Derselbe besitzt eine dicke Borke ähnlich der Eiche, darunter eine Milchsaft führende Schicht, und ein außerordentlich hartes, rötliches Holz ähnlich dem Mahagoni, nur noch feinporiger, das gerne als Werkholz benutzt wird, obschon der bei der Bearbeitung desselben entwickelte Holzstaub die Schleimhäute stark reizt. Die apfelgroßen, grünen Beerenfrüchte enthalten drei kastanienartige, nur länglichere Samenkerne, die bei der Reife in einem schleimigbreiigen Fruchtfleische liegen. Bei der während der Regenzeit erfolgenden Reife sammeln die Neger die abgefallenen Früchte, kochen sie in Wasser weich, drücken sie nach dem Erkalten mit den Händen aus und sieden das so entstandene Mus dann nochmals, wonach sie das weiße, gänseschmalzartige Fett abschöpfen. Trotz seinem etwas eigentümlichen Beigeschmack wird es von den Eingeborenen so gerne wie Palmöl als Speise zu ihrer sonst fettarmen Pflanzenkost gegessen.

Als weiteren Fettspender besitzt das tropische Westafrika den Butterfruchtbaum (Pentadesma butyraceum). Es ist dies ein hoher Baum mit gegenständigen, großen, länglicheirunden Blättern, großen, roten, einzelstehenden Blüten, aus denen fleischige Früchte von der Größe kleiner Melonen hervorgehen. In ihnen liegen 4 cm lange und 3 cm dicke rote Samen, aus deren fleischigen Kotyledonen die Eingeborenen ein gelbes Fett gewinnen, das sie als Zusatz zu ihrem fufu genannten Brei aus stärkemehlhaltigen Knollen sehr lieben.

Fernerhin wachsen dort einige baumartige Sapotazeen mit gestielten, lederartigen Blättern und eirunden Früchten, die als Illipenüsse von den Negern gesammelt werden, um aus den ölreichen, fleischigen Kotyledonen ein ebenfalls geschätztes Speisefett zu gewinnen. Ebenso finden sich dort baumartige Euphorbiazeen mit großen, langgestielten Blättern und Steinfrüchten, die als Osangilenüsse aus dem Kamerungebiet in den Handel kommen. Aus diesen, die von den Deutschen als Kerzennüsse bezeichnet werden, gewinnt man gleichfalls durch Kochen der Samen mit fleischigen, ölreichen Samenlappen ein als Speisefett geschätztes Öl.

In den Küstenregionen des tropischen Westafrika, aber auch im Innern, wächst stellenweise in größeren Mengen der zu den Leguminosen gehörende Owalabaum (Pentaclethra macrophylla) mit gelblichweißen Blüten und 60–80 cm langen und 10 cm breiten Hülsen, deren verholzte Klappen sich bei der Reife oft plötzlich und mit großer Gewalt zurückrollen, so daß die 8–10 Samen mitunter weit fortgeschleudert werden. Letztere sind 8 cm lang, 5 cm breit und 1 cm dick. Sie haben eine glänzende holzige Samenschale, die sie befähigt, wenn sie von den an der Küste befindlichen Bäumen aus ins Meer fallen, unbeschadet der Keimkraft weite Reisen mit den Meeresströmungen zu machen. So hat man an der norwegischen Küste wiederholt solche und andere Hülsen tropischer Leguminosen angeschwemmt gefunden, die noch vollkommen entwicklungsfähig waren. Die dicken Kotyledonen sind sehr ölreich, enthalten außerdem über 30 Prozent Stickstoff, sind also stickstoffreicher als unsere Hülsenfrüchte. Das daraus gepreßte Öl eignet sich sehr gut für die Kerzen- und Seifenindustrie, und die Preßrückstände liefern ein vorzügliches Viehfutter. Die Eingeborenen benutzen sie als geschätztes Nahrungsmittel, das sie teils roh, teils gekocht, teils zu einem sehr nahrhaften Brot gebacken genießen.

Nicht minder beliebt ist das Dika-Brot, das besonders die Gabunneger gerne essen. Es wird durch Einwirkung eines milden Feuers aus den ebenfalls sehr ölreichen Samen des Dikabaumes (Irvingia gabunensis) hergestellt. Es ist dies ein bis 30 m hoher, breit ausladender Baum des tropischen Westafrika mit langen Zweigen, welche erst nach den Enden zu reichlicher verästelt sind und große lederartige Blätter tragen. Die Frucht ist eine grüne, eirunde, ziemlich große Steinfrucht mit saftigem Fruchtfleisch, in welchem die sehr eiweiß- und ölreichen Samen stecken.

Große ölreiche Samen haben auch die bis 30 m hohen Karapabäume (Carapa guianensis), die die Küsten des tropischen Westafrika, aber auch Guianas und der Karaiben bewohnen. Ihre Frucht ist eine 10 cm dicke, fünffächerige, kugelige, holzige, in jedem Fache 6–8 kantige, kastaniengroße, braune Samen enthaltende Kapsel, welche sich mit fünf Klappen öffnet. Die rundlichen Samen enthalten eine braune, holzige Schale, welche sie befähigt, durch die Meeresströmungen getrieben, unbeschadet der Keimkraft, weite Seereisen zu machen. In ihren fleischigen Kotyledonen enthalten sie zu 60 Prozent ein für die Industrie sehr wertvolles Öl, das Karapaöl, dessen große Bitterkeit indessen eine Verwendung desselben bei der Bereitung von Speisen ausschließt; doch ist es für die Seifenfabrikation sehr gut geeignet. Gleichfalls in Guiana, wie auf den Antillen und an der westafrikanischen Küste wächst Carapa procera, das ein ähnliches bitteres Öl liefert, das von den Negern hauptsächlich zu dem Zwecke gewonnen wird, um ihre Körper zum Schutze gegen Insekten damit einzuschmieren. Carapa moluccensis in Südasien dagegen liefert ein Öl, das in der Seifenfabrikation verwendet wird. In Indien und Ceylon betrachten die Eingeborenen dieses Öl als ein gutes Mittel gegen Rheumatismus. Wie das westafrikanische Karapaöl dient dasjenige der Samen eines eben dort heimischen rankenden Strauches Omphalea diandra, die bis zu 65 Prozent eines bernsteinfarbenen Öles enthalten, den Negern zu mannigfacher Verwendung.

Ein anderer Fettspender, der im tropischen Afrika weit verbreitet ist und namentlich im Gebiet des oberen Niger und in Sierra Leone seit längerer Zeit, in Togo dagegen erst neuerdings von den Eingeborenen gepflanzt wird, ist Polygala butyracea, ein Strauch von mehr als 1 m Höhe mit rutenförmigen, behaarten Stengeln und langen, schmalen, kurzbehaarten Blättern. Endständig entwickeln sich aus den Blütentrauben Kapselfrüchte mit länglichen Samen, die 18 Prozent eines bräunlichgelben, butterartigen Fettes enthalten, das einen angenehmen, nußartigen Geschmack besitzt und die Speisen, denen es zugesetzt wird, trefflich würzt.

Ostafrika besitzt einen Ölspender im Fettbaum (Allanblackia stuhlmanni), einem von den Eingeborenen mkani genannten, über 20 m hohen Baum mit lederartigen, glänzenden Blättern und 30 cm langen goldgelben Früchten, von denen eine einzige 0,5 kg Fett liefert. Da dasselbe sich für die Kerzen- und Seifenfabrikation wohl eignet, dürfte dieser Baum einige Bedeutung erlangen, sobald bessere Verbindungen mit dem Innern hergestellt sein werden.

Wichtiger noch ist für das tropische Ostafrika eine riesige Schlingpflanze, die sich an den Bäumen des Urwaldes emporrankt. Es ist dies der Kouëme oder Talerkürbis (Telfairia pedata). Er bringt 30–50 cm lange und 15–20 cm breite, gelbe, gurkenartige Früchte hervor, die unter einer faserigen Hülle eine erhebliche Zahl von in Längsreihen angeordneten, dunkelbraunen, fast talergroßen, runden, auf beiden Seiten abgeplatteten Samen bergen. Ihr Geschmack ist ein angenehmer, mandelartiger; deshalb bilden sie in ähnlicher Weise wie bei uns die Mandeln eine beliebte Speise, die roh, geröstet oder gekocht von den Negern gegessen wird. Aber sie enthalten nicht bloß 59 Prozent eines schmackhaften, leicht verdaulichen Fettes, sondern auch viel Eiweiß, bilden also ein wertvolles Nahrungsmittel, das einst in größeren Mengen ausgeführt werden wird, sobald die Eingeborenen sie häufiger pflanzen und die Samen regelmäßig auf den Markt bringen werden. Zur Zeit scheitert ihre Einführung in die europäische Industrie daran, daß es noch keine Maschine zum Schälen der Samen gibt; und wiederum können Schälmaschinen erst dann gebaut werden, wenn eine größere, dauernde Anfuhr nach Europa gesichert ist. Übrigens existiert auch in Togo eine verwandte Kürbisart mit ähnlichen Früchten.

Südasien besitzt einen trefflichen Fettspender in der der Mangostane verwandten Garcinia indica, einem Baum mit hängenden Zweigen, dunkelgrünen Blättern, apfelgroßen Früchten mit purpurrotem Fruchtfleisch und nieren- oder halbmondförmigen Samen, aus denen man die Kokumbutter gewinnt, ein talgartiges, weißes, brüchiges Fett von schwachem, nicht unangenehmem Geruch, das bei 35°C. schmilzt, bei 24°C. erstarrt und zur Verfälschung der Schibutter, in England auch zur Bereitung von Pomade dient. Ferner im indischen Butterbaum (Illipe butyracea), einem etwa 16 m hohen Baum mit behaarten, verkehrt eiförmigen Blättern, hängenden, blaßgelben Blüten und länglichen Beerenfrüchten. Er ist im Himalaja heimisch und wächst in Ostindien auf Anhöhen. Seine Samen liefern die Fulwabutter, ein talgartiges, angenehm riechendes und schmeckendes, weißes Fett, das zur Herstellung von Seife, als Brennmaterial und auch zu medizinischen Zwecken verwendet wird. Vor allem aber wird es von den Eingeborenen als Speisefett geschätzt, das sich selbst im heißen Klima Indiens monatelang unverändert erhält. Deshalb wird es im Lande selbst völlig verbraucht, so daß es nicht im Handel erscheint. Auch die Preßkuchen dienen dem Menschen als Nahrung. Der Saft der Blüten wird auf Zucker verarbeitet.

Auch die Samen von Illipe malabrorum, dem Gallertbaum auf Malabar und Ceylon, liefern ein grünlichgelbes Speiseöl, das nicht leicht ranzig wird. Seine weißen, fleischigen Blüten und die gelblichen, dichtbehaarten, kugeligen Früchte werden gegessen. Der Mahdukabaum (Illipe latifolia) liefert in seinen Samen ein als Mahwabutter bezeichnetes Fett, das als Brenn- und Speiseöl, zur Herstellung von Seife usw. verwendet wird. Die Preßkuchen dienen zur Betäubung der Fische. Dieser Fettspender ist ein mäßig hoher Baum mit gelben, wohlriechenden Blüten und mit 5 cm langen, eiförmigen, braunen Früchten, der im gebirgigen Ostindien, besonders in Bengalen, wächst. Seine Blüten verwelken nicht nach der Befruchtung, werden vielmehr fleischig und speichern reichlich Zucker in den Blumenblättern auf, um erst nach dem Fruchtansatz abzufallen. Sie schmecken wie Rosinen, werden getrocknet und bilden eine wichtige Nahrung der Eingeborenen. Ein Baum liefert bis 150 kg der süßen Blüten. Sie sind um so mehr geschätzt, als sie mit großer Regelmäßigkeit auftreten und deshalb bei Mißernten eine wichtige Ersatzspeise bilden. Man verarbeitet sie auch auf Branntwein, der in Gudscherat und in Bengalen in großer Menge verbraucht wird, frisch den Europäern aber verderblich sein soll.

Den hier aufgezählten südasiatischen Fetten ähnlich ist in Südamerika das gelbliche, frisch nach Muskatnußbutter riechende, aber bald ranzig werdende Virolafett, das in der Kulturwelt zur Kerzen- und Seifenfabrikation dient. Unendlich viel wichtiger als Fettspender ist aber nicht nur für diesen Erdteil, sondern überhaupt die zur Familie der Leguminosen gehörende Erdnuß (Arachis hypogaea), deren Heimat Südamerika, und zwar speziell Brasilien ist, von wo sie sich noch vor dem Eintreffen der Weißen über das ganze tropische Amerika verbreitete, nach der Entdeckung des Erdteils durch Kolumbus bereits im 16. Jahrhundert nach Westafrika gelangte und sich bald über den Tropengürtel der Erde ausdehnte. Der Spanier Oviedo, der sich von 1513–1524 auf der Insel Kuba aufhielt, nennt sie zuerst in seiner Chronik von Indien (also Amerika) vom Jahre 1547. Er sagt von der Erdnuß, daß sie in den Gärten der Indianer gemein sei und von ihnen mani genannt werde, ein Name, den sie übrigens auch jetzt noch dort führt. Ausführlicher beschreibt sie der spanische Arzt Nikolaus Monardes (1493–1578) in seinem erst nach seinem Tode 1579 in Antwerpen gedruckten Werke über Indien. Er sagt darin, daß in Peru eine merkwürdige Frucht ohne Wurzel und Stengel in der Erde wachse gleich der Trüffel. Sie besitze mehrere Kerne, die, wenn die Früchte trocken seien, in ihnen klappern wie die Mandel in ihrem Gehäuse. Die Erdnuß bildet ein einjähriges, niedriges, sich am Boden ausbreitendes Kraut, das mit magerem, selbst sandigem Boden zufrieden ist, der aber durchaus einen bestimmten, wenn auch nicht sehr bedeutenden Kalkgehalt besitzen muß. Bei völligem Mangel an Kalk bringt nämlich die Erdnuß, wie eingehende Versuche unwiderlegbar bewiesen, ihre Früchte nicht zu voller und ausgiebiger Entwicklung.

Von dieser Nutzpflanze, die eine uralte Kulturform der in Brasilien nicht seltenen Arachis prostrata zu bilden scheint, unterscheidet man zwei Formen, welche aber nicht selten ineinander übergehen, nämlich eine niederliegende und weniger behaarte, die vorzugsweise in Afrika kultiviert wird, und eine aufrechte, etwas mehr behaarte, die vornehmlich in Asien gepflanzt wird. Nach diesen ihren Hauptkulturgebieten bezeichnet man sie auch als Arachis africana und A. asiatica.

Bild 30. Die Erdnuß (Arachis hypogaea).

Dieses in den größten Kulturformen bis 50 cm hoch werdende Kraut von ausgebreitetem Wuchs mit behaarten Stengeln und Blättern trägt eine Pfahlwurzel, welche an ihrem unteren Teile zahlreiche Nebenwurzeln entwickelt. Diese sind meist mit Bakteroidenknöllchen gespickt, jenen kleinen symbiontischen Laboratorien, in denen mit Hilfe der von der Pflanze herbeigelockten und in der Wurzel angesiedelten Stickstoffbakterien der sonst dem Gewächs unzugängliche Stickstoff der Luft zu salpeter- und salpetrigsauren Salzen gebunden wird. Auf diese Weise kann sich die Pflanze, wie die übrigen Leguminosen, die alle diese Lebensgemeinschaft mit bestimmten, mit dieser Fähigkeit der Stickstoffbindung ausgestatteten winzigen Bodenbakterien eingegangen sind, selbst in dem an gebundenem Stickstoff ärmsten Boden ansiedeln und darin vortrefflich gedeihen. Die Blätter sind abwechselnd gestellt und tragen nur zwei Paare länglicheiförmiger Fiederblättchen. Aus den Blattachseln entspringen kurze Ähren von 2–3 ziemlich großen, gelben Schmetterlingsblüten. Nach deren Verblühen infolge eingetretener Befruchtung streckt sich die bis dahin kaum entwickelte Blütenachse allmählich zu einem 5–20 cm langen, an seinem Ende den Fruchtknoten tragenden Stiel, wird, während er, so lange er die Blüte trug, positiv heliotropisch war, d. h. dem Sonnenlichte zustrebte, damit die die Befruchtung vollziehenden Insekten die Blüten leicht finden konnten, auf einmal negativ heliotropisch, d. h. flieht das Licht und bohrt sich mehr und mehr in die Erde ein, wo die Samen vor den Angriffen lüsterner Tiere geschützt heranreifen. Die Frucht ist eine mit einem Netz von stärkeren Längs- und schwächeren Querrippen bedeckte, ziemlich dickwandige Hülse, die 1–4, meist jedoch 2 bohnengroße, ölige, süße Samen mit dünner, spröder, weißlicher, rötlicher oder bräunlicher Schale umschließt. In ihnen fehlt zwar das Nährgewebe, doch ist der Nährstoffvorrat der jungen Pflanze in den dicken, fleischigen Kotyledonen aufgespeichert. Ihr großer Gehalt an Fett, Eiweißstoffen, Stärkemehl und Zucker (zusammen 80–85 Prozent des Gewichtes) verleiht den Samen einen sehr großen Nährwert, weshalb sie überall in den Tropen als Nahrungsmittel von den Eingeborenen sehr geschätzt werden. Sie werden von ihnen geröstet, gekocht oder gemahlen und gebacken gegessen.

Diese von allen Menschenstämmen heißer Landstriche fleißig kultivierte Nutzpflanze gedeiht als echte Tropenpflanze innerhalb des Tropengürtels weitaus am ergiebigsten, kann aber auch noch in den Subtropen gebaut werden. Sie gedeiht auch ohne große Feuchtigkeit auf sandigem Boden. Das Pflanzen findet kurz vor oder bei Beginn der Regenzeit statt und ist sehr einfach. Man macht nämlich in bestimmten Abständen kleine Löcher in den Boden und legt in jedes zwei Samen. Nach 10–12 Tagen erscheinen dann die jungen Keimlinge, die bald zu buschigen Pflanzen aufwachsen. Der Raum zwischen den jungen Erdnußpflänzchen muß in der Folge durch Jäten von Unkraut freigehalten werden. Bei der Ernte, die in der Regel am Ende der auf die Regenzeit folgenden Trockenperiode stattfindet, wenn sämtliche Blätter abgestorben sind, wird der Boden leicht mit der Hacke oder einem anderen Gerät gelockert und die mehr oder weniger vertrockneten Reste mit den anhängenden Früchten vorsichtig ausgehoben. Diese bleiben nun zum Trocknen 14 Tage am Boden liegen; dann erst werden sie abgepflückt und verwendet oder in entsprechender Verpackung nach Europa gesendet.

In neuerer Zeit werden die Erdnüsse, welche 38–55 Prozent eines dem Olivenöl ähnlichen und demselben fast gleichwertigen fetten Öles enthalten, zur Darstellung des Erdnußöles in großen Mengen auch nach Europa gebracht, und zwar meist nach Marseille, wenig nach Deutschland. Dort wird das Öl fabrikmäßig aus ihnen gewonnen. In erster Linie dient es zur Seifebereitung; daneben findet ein großer Teil als Speiseöl und bei der Schokoladefabrikation Verwendung, meist mit Olivenöl vermischt, dessen etwas herber Geschmack durch das milde Erdnußöl gemildert wird. Dieses gemischte Speiseöl kommt unter dem Namen Oliven- oder Tafelöl in den Handel. In der Regel werden die Erdnüsse dreimal ausgepreßt. Die erste Pressung liefert das feinste Tafelöl, die zweite Öl zur Seifenbereitung, die dritte Schmieröl. Die eiweiß- und stärkemehlreichen Rückstände werden zu sogenannten Erdnußkuchen geformt und in gleicher Weise wie die Kokosnuß-, Sesamkuchen usw. als außerordentlich nahrhaftes Viehfutter in der Landwirtschaft verwendet. Auch das Erdnußstroh wird vom Vieh sehr gern gefressen. Für die Menschen aber sind in den Hülsen geröstete Erdnüsse ein beliebter Leckerbissen, nach welchem besonders die Kinder sehr lüstern sind. Wie in Nordamerika, wo sie peanuts heißen, werden sie auch bei uns in zunehmendem Maße verzehrt. Außerdem finden sie, gemahlen und mit Zucker und Gewürzen versetzt, zur Herstellung von Biskuits und Suppen von sehr hohem Nährwert, die in ihrem Geschmack lebhaft an Bohnensuppe erinnern, vielfache Verwendung. Auch würden sie sich sehr zur Vermischung mit Schokolade eignen.

Seinen Bedarf an Erdnüssen deckt der europäische Großhandel zum weitaus größten Teil aus Westafrika, wo sie an der Küste vom Senegal bis zum Kunene überall in ziemlicher Menge angepflanzt werden. Und zwar liegt die gesamte Erdnußkultur bemerkenswerterweise in den Händen der Eingeborenen, ist also ein Erzeugnis freiwilliger und selbständiger Negerarbeit. Diese Leute sind also doch nicht ganz so faul, wie sie in der Regel von den Europäern gescholten werden. Schon im Jahre 1902 betrug die westafrikanische Ausfuhr an Erdnüssen 160 Millionen kg im Werte von 21,5 Millionen Mark. Daran beteiligt sich in erster Linie Senegambien, wo die französische Kolonialregierung diesem Erzeugnisse verstärkte Aufmerksamkeit zuwendet. In diesem Lande, das nach Dr. Westermann schon im Jahre 1837 670000 kg ausführte, betrug die Erdnußausfuhr im Jahre 1897 76 Millionen kg im Werte von etwa 15 Millionen Mark. Sierra Leone verschifft jährlich 30000 kg, Oberguinea etwa 10 Millionen kg (1840: 1200 kg). In Togo, Kamerun und Deutsch-Ostafrika, wo der Anbau der Erdnuß seit langem bekannt ist und ebenfalls ausschließlich von den Eingeborenen geübt wird, beträgt die Ausfuhr zusammen jetzt schon etwa 3 Millionen kg im Werte von etwa 400000 Mark. Sie wird aber mit den Jahren bedeutend steigen, da die Kultur dieser Nutzpflanze wegen der geringen Anbauschwierigkeiten und der großen Ergiebigkeit auch hier einen gewaltigen Aufschwung zu nehmen beginnt.

Eine weitere ölreiche Hülsenfrucht, die ihre Samen ebenfalls erst in der Erde reifen läßt, ist die Erderbse (Voandzia subterranea). Es ist dies ein im tropischen Afrika in umfangreichem Maße angebautes einjähriges Kraut, das außer einer Pfahlwurzel weithin auf dem Boden kriechende Verzweigungen des Stengels entwickelt. Es trägt kleeartige dreiteilige Blätter und kurzgestielte einzelne Blüten, die nach der Befruchtung sich dem Boden zuwenden und sich durch eine drehende Bewegung der Blütenachse, unterstützt von rückwärts gerichteten steifen Borsten, in denselben hineinbohren. Die in der Erde reifenden Früchte sind kurze Hülsen mit in der Regel nur einem Samen, der länglich-kugelig, dunkelbraun oder gelblich, größer als eine Erbse ist und reichlich Öl enthält. Besonders in Ostafrika, wo die Heimat der Pflanze zu suchen ist, werden die Früchte gerne gegessen, kommen aber nicht in nennenswerten Mengen zum Export.

Bild 31. Die Erderbse (Voandzia subterranea).
a ganze Pflanze, b einzelne Frucht.

Afrika ist auch das Ursprungsland der Rizinusstaude (Ricinus communis), die an mehreren Orten, wie im Ambolande, am Kilimandjaro, in Abessinien und Kordofan wildwachsend angetroffen wird und stellenweise größere Bestände bildet. Diese wegen ihrer schönen Erscheinung bei uns öfter in Gärten als Zierpflanze gezogene große, einjährige Staude wird in Europa nur 2–2,5 m hoch, während sie in ihrer Heimat bis 12 m Höhe erreicht. Ihre großen, handförmig gelappten Blätter dienen in Bengalen als Futter des großen Eria-Seidenspinners (Saturnia cynthia), der dort zur Gewinnung einer allerdings gelben Seide gezogen wird. Die 16 Varietäten, die es von ihr gibt, weisen auf eine uralte Kultur im Schwarzen Erdteil hin; und tatsächlich haben schon die ältesten Ägypter sie angepflanzt. Sie hieß bei ihnen dekam und der Same kiki. Die alten Griechen nannten aber die Pflanze selbst kiki und sagten, daß die Ägypter daraus ein Brennöl herstellen. Schon Herodot im 5. vorchristlichen Jahrhundert schreibt, daß die Ägypter den Wunderbaum (sillikýprion), den sie kiki nennen, anpflanzen. „Dieser trägt seine übelriechenden Früchte sehr reichlich. Sie werden gesammelt, zerstampft, gepreßt, oder geröstet und dann gekocht. So fließt das Öl aus, das ebenso gut wie Olivenöl in der Lampe brennt, aber stark rußt.“ Der 400 Jahre später lebende griechische Geograph Strabon sagt: „In Ägypten wird der kiki auf Feldern angebaut. Er liefert Öl, das fast überall den Bauern zum Brennen und ärmeren Leuten, sowohl Männern als Weibern, zum Salben dient.“ Und der griechische Arzt Dioskurides im 1. Jahrhundert n. Chr. meint, das Kikiöl tauge nicht als Speise, wohl aber als Brennöl und zum Herstellen von Pflastern.

Zur Gewinnung von Brennöl hat sich die Pflanze vom Niltal über Westasien nach Indien verbreitet. Bei den alten Juden hieß sie kikajon, wie wir aus der Stelle beim Propheten Jonas lesen, der unter Jerobeam II. von Israel, dem Sohn und Nachfolger des Joas (regierte von 790–749 v. Chr.), von Jahve den Auftrag erhielt, dem gottlosen Ninive den Untergang anzudrohen, wenn es sich nicht bessere. Und als sich die Bewohner tatsächlich zu Gott wandten und verschont blieben, ging Jonas verdrossen aus der Stadt hinaus, „setzte sich gegen Morgen der Stadt und machte sich daselbst eine Hütte; in deren Schatten setzte er sich, bis er sähe, was der Stadt widerfahren würde. Gott der Herr aber verschaffte ihm einen kikajon (von Luther fälschlich mit Kürbis übersetzt) — also eine Rizinusstaude —, der wuchs über Jonas, daß er Schatten gab über sein Haupt. Und Jonas freute sich sehr über den kikajon; aber der Herr sandte des Morgens, da die Morgenröte anbrach, einen Wurm, der stach den kikajon, daß er verdorrete.“

Heute wird die Rizinusstaude außer in Westafrika besonders in Süd- und Ostasien, wie auch in Amerika in großer Menge zur Ölgewinnung angebaut. Man sät sie meist als Zwischenfrucht zu Beginn der Regenzeit und schneidet am Ende der Trockenzeit die Rispen, kurz bevor sich die Fruchtkapseln öffnen, ab, um sie an der Sonne zu trocknen. Dabei öffnen sie sich von selbst und lassen die ziemlich großen, meist glänzendgrauen, mitunter auch schwarzen oder rotbraunen Samen herausfallen. Diese sind innen weiß, öligfleischig, talgweich, enthalten 52–55 Prozent des durch Pressung gewonnenen gelblichen, dickflüssigen Rizinus- oder Kastoröls, das bekanntlich ein mildes Abführmittel ist, aber gleichwohl von den Chinesen vielfach als Speiseöl benutzt wird. In Südasien wird es meist als Brennöl gebraucht, da es ein helles, weißes Licht gibt. Sonst wird es vielfach zur Herstellung von Kerzen und Seifen verwendet. Leider wird es an der Luft leicht ranzig, so daß in Europa die Samen eingeführt werden, aus denen hier erst das Öl gepreßt wird. Da aber die Rückstände das Ricin, ein äußerst heftiges, das Blut zur Gerinnung bringendes Gift enthalten, sind sie trotz ihres hohen Nährwertes als Viehfutter ungeeignet.

Noch viel schärfer reizend wirkt auf die Darmschleimhaut das Krotonöl, das aus den Früchten von Croton tiglium, einem nur 4 bis 6 m hohen, in Indien heimischen Baum aus der Familie der Wolfsmilchgewächse gewonnen wird. In seiner Heimat wird er als Schattenspender für Kaffee-, Kakao-, Vanille- und Kardamompflanzen oder zur Bildung von Hecken, die von allen Tieren streng gemieden werden, angebaut. Von dem zähflüssigen gelben Öl genügt ein Tropfen zur ausgiebigen Darmentleerung und, ebensoviel auf die Haut gebracht, bewirkt Blasen. Ebenfalls, wenn auch schwächer abführend, ist das tiefgelbe, zähflüssige Purgiernußöl, das von den Samen der im nördlichen Südamerika heimischen Jatropha curcas stammt. Als Heckenpflanze oder Stützpflanze für Vanille und Pfeffer wird der Strauch jetzt in fast allen, tropischen Ländern gezüchtet, am ausgedehntesten wohl auf den Kapverdischen Inseln, die jährlich bis 5 Millionen kg Samen nach Europa ausführen, um hier das Öl zu pressen, das ein vorzügliches Brennöl ist und auch als Schmieröl und in der Seifenfabrikation befriedigt.

Tafel 55.

Schibutterbäume in der Steppe von Togo (nach Photographie von W. Busse in „Karsten und Schenck, Vegetationsbilder“).

(Phot. von Missionar Schkölziger.)

Szenerie aus dem Urwald am Mongofluß bei Bombe in Kamerun.

Im Vordergrund ist ein zur Gewinnung von Bauholz gefällter Naybibaum, dessen Früchte zur Bereitung einer weißen Pflanzenbutter verwendet werden. Dahinter befindet sich eine junge Ölpalme.

Tafel 56.

(Copyright by F. O. Koch.)

Rizinusplantage in Ostafrika.

Karnaubapalme (Copernicia cerifera) in Brasilien (nach Photographie von Ule in „Karsten und Schenck, Vegetationsbilder“).

Ein Öl, das zunehmende Bedeutung in der Industrie erlangt hat und von dem Deutschland jährlich, zumeist aus Amerika, für 25 bis 30 Millionen Mark einführt, ist das Baumwollsamenöl, das in China und in Mittelasien schon seit Jahrhunderten in sehr primitiven Mühlen gewonnen wird. Aus ägyptischem Baumwollsamen gepreßtes Öl wurde zuerst 1852 versuchsweise auf den europäischen Markt gebracht. Bis man auf diese neue Verwendungsmöglichkeit aufmerksam wurde, bildeten die Samen der Baumwollarten bei der Gewinnung des Spinnstoffes ein Nebenprodukt, das lange Zeit als lästiger, wertloser Abfall angesehen und als solcher verbrannt oder in den nächsten Fluß geschüttet wurde. So hat der Mississippi Millionen Zentner davon in den Atlantischen Ozean getragen. Heute ist dieses lästige Abfallsprodukt ein so wertvoller Rohstoff geworden, daß die Samenernte und das daraus gewonnene Öl noch lukrativer sind als die Baumwollernte selbst. Von einem 1 Hektar großen Baumwollfeld kann man etwa 1000 kg Samen ernten, und da diese 20–25 Prozent fettes Öl enthalten, so ist deren Ausbeute sehr beträchtlich. Die Baumwollsamen werden in Ölmühlen gemahlen und das daraus gewonnene Öl dient hauptsächlich zur Herstellung von Kunstbutter und Seife. Es ist dickflüssig, trübe, von brauner bis schwarzbrauner Farbe, gereinigt dagegen hellgelb und von angenehmem nußartigem Geschmack. Es findet namentlich in Nordamerika als Speiseöl, aber auch zur Verfälschung anderer wertvoller Speiseöle Verwendung. Das in den Vereinigten Staaten unter dem Namen Olivenöl verkaufte Tafelöl besteht zu 90 Prozent aus Baumwollsamenöl. Die Preßrückstände, die man heute schalen- und haarefrei herzustellen vermag, bilden ein sehr wertvolles Kraftfutter für das Vieh.

Im Gegensatz zu den anfänglich besprochenen Fettstoffen, die nicht trocknende Öle darstellen, sind die beiden letztgenannten, das Rizinus- und Baumwollsamenöl, trocknende Öle, welche infolge des Besitzes von Olëinsäure an der Luft zu einem durchsichtigen, harzartigen Körper eintrocknen. Zu solchen gehören ferner das Lein-, Leindotter-, Mohn-, Hanf-, Raps-, Rübsen-, Sonnenblumensamen-, Haselnuß-, Walnuß-, Kürbissamenöl u. a. m.

Die älteste in Europa nachweisbare, Fett liefernde Kulturpflanze ist der Lein oder Flachs, den schon die neolithischen Pfahlbauern nicht bloß zur Gewinnung eines Faserstoffes, sondern vor allem auch zum Verspeisen der ölreichen Samen anpflanzten, wie sie dies gleicherweise mit dem Mohn taten, dessen Samen sich ebenfalls in ihrer Hinterlassenschaft im moorigen Schlamm der seither größtenteils verlandeten Seen an den Stellen vorfand, die einst Pfahlbauansiedelungen trugen. Er wurde teils allein, teils mit anderen Körnerfrüchten zusammen in Form von Brei oder Fladen verspeist. So fand man in der Hinterlassenschaft des neolithischen Pfahlbaues von Robenhausen im Kanton Zürich eine Art Flachskuchen in Form einer aus Flachssamen zusammengesetzten dünnen Scheibe, außerdem Reste eines Hirsebrotes, dem einzelne Weizenkörner und Flachssamen beigemengt sind. Heute noch wird in Indien der Lein nur seiner ölreichen Samen wegen angebaut, während seine Fasern keine Verwendung finden; auch in Abessinien dient der Lein ausschließlich als Speisepflanze. Noch im Altertum aßen die Mittelmeervölker seine Samen regelmäßig; deshalb finden wir sie unter den Totenspeisen der Ägypter aus dem alten und mittleren Reiche, also bis zur Mitte des vorletzten christlichen Jahrtausends. Ebenso finden wir sie bei den alten Griechen zeitig als beliebte Speise neben den Mohn- und Sesamkörnern; und zwar wurden sie mit Vorliebe als Beimischung zu Hirsebrot verwandt oder für sich als Brei, oftmals mit Honig vermengt, genossen. Urkundlich erwähnt sie zuerst in solcher Zubereitung im 7. vorchristlichen Jahrhundert der Dichter Alkman aus der Stadt Sardes in Kleinasien, der von süßen Kuchen, aus Mohn-, Lein- und Sesamsamen spricht. Der griechische Geschichtschreiber Thukydides berichtet, daß in dem 431–404 v. Chr. zwischen der dorisch-spartanischen und der ionisch-attischen Bundesgenossenschaft geführten sogenannten peloponnesischen Kriege, der die Macht Athens brach, gleichzeitig aber ganz Griechenland schwächte, Taucher der von den Athenern belagerten Inselstadt Sphakteria unter dem Wasser in Schläuchen Mohnsaat in Honig und zerstoßene Leinsaat als willkommene Speise zuführten. Auch in dem nördlich vom Po gelegenen Oberitalien gab es nach Plinius um die Mitte des 1. Jahrhunderts n. Chr. bei den dort wohnenden keltischen Stämmen eine sehr süße ländliche Speise aus Leinsaat, die aber damals nur noch bei Opfern Verwendung fand, von den Lebenden aber nicht mehr gegessen wurde.

Während heute die meisten Länder den Lein als Gespinstpflanze bauen, wird er außer in Indien und Abessinien nur noch in Ägypten und Rußland vornehmlich der ölhaltigen Samen wegen kultiviert. Nur die guten, ausgereiften Samen dienen in diesen Ländern zur Aussaat; die minder guten oder unreifen dagegen werden zur Gewinnung eines als pflanzliches Speisefett sehr geschätzten Öles benutzt, mit dem man in jenen Gegenden wie auch manchenorts in Europa, z. B. in Böhmen, Schlesien, Thüringen und wohl auch Brandenburg, das landesübliche Gebäck schmälzt. Die Fruchtkapseln der Leinpflanzen enthalten je zehn eiförmige, glatte, bräunliche Samen, die 31–35 Prozent eines aus indischen Produkten hellgelben, aus nördlicheren dagegen bräunlichgelben Öles bergen, das durch kaltes Pressen in feinerer Qualität als Speiseöl, durch warmes Pressen dagegen in geringerer Qualität als Industrieöl gewonnen wird. Doch müssen die Samen vorher 2 bis 6 Monate lagern, da das Öl sonst trübe und schleimig wird. Das meist goldgelbe, dickflüssige, etwas scharf, aber sonst angenehm schmeckende und riechende Öl wird an der Luft durch Sauerstoffaufnahme leicht ranzig, heller und trocknet ein. Bis auf 290°C. erhitzt, wird es zäher, trocknet leichter ein und liefert den Firnis, der als schützender Überzug auf Holz und Eisen gebraucht wird. Ganz besonders wird er mit Mennige verrieben zum konservierenden Anstrich aller Eisenkonstruktionen an Brücken, Häusern, Einhegungen usw. verwendet, da er mit jener eine äußerst fest haftende, lange vor Rost schützende Vereinigung eingeht. Auf diesen ersten Überzug wird dann in der Regel graue Ölfarbe aufgetragen. Auf höhere Temperatur gebracht wird es noch konsistenter und als Buchdruckerfirnis brauchbar. Auch zu wasserdichten Stoffen, besonders zu Linoleum, wird es verwendet. Mit Schwefel zusammengeschmolzen, liefert es eine plastische, erhärtende, aber brüchige Masse, die zur Verfälschung und als sehr schlechter Ersatz für Kautschuk auf den Markt gelangt. Die frischen Leinsamen werden bekanntlich in der Apotheke geführt, weil sie in Wasser gekocht, wie die Quittensamen und andere, große Mengen Schleim aus der obersten Samenschale abgeben, welcher zu Umschlägen und als Breikissen gebraucht wird. Die nach dem Pressen zurückbleibenden Reste endlich bilden als Lein- oder Ölkuchen ein vorzügliches Viehfutter.

Bis zum Mittelalter hat man die Samen dieser Ölpflanze zerquetscht und gegessen. Erst nach der Zeit der Kreuzzüge begann man das Öl als solches zu gewinnen und zu verwenden. Vorher hatte man in Deutschland alles zu ritualen und Speisezwecken verwendete Öl für Kirchen und Klöster in Form von Olivenöl aus dem Süden, aus den romanischen Ländern als vielbegehrten Handelsartikel eingeführt. Dieser Import hörte dann auf, und da das einheimische Öl billig zu stehen kam, fand es bald ausgedehnte Verwendung. Dabei wurde seit dem 13. Jahrhundert neben dem Leinsamen auch der 51–55 Prozent Öl enthaltende Mohnsamen als Fettspender gezogen, um aus letzterem das mâgöl zu gewinnen. Denn mâgo oder mâg hieß althochdeutsch der Gartenmohn, den schon Karl der Große in den Verordnungen für seine Landgüter anzupflanzen befahl. Auch der fränkische Mönch Walahfried Strabo empfahl um die Mitte des 9. Jahrhunderts dessen Anbau in einem uns erhaltenen lateinischen Gedicht, weil den Körnern schlafbringende Kraft innewohne. Zur Gewinnung der ölreichen Samen haben schon die neolithischen Pfahlbauern eine der Stammpflanze des Gartenmohns sehr nahe stehende Mohnart in ziemlicher Menge angebaut. Dies beweist uns die große Menge von Mohnkörnern, die sich in manchen ihrer einstigen Niederlassungen vorfanden. So kam in Robenhausen, wo wir selbst schon vor 20 Jahren Ausgrabungen beiwohnten, außer zahlreichen vereinzelten Sämchen ein Mohnkopf und ein ganzer Kuchen aus verkohlten Mohnsamen zum Vorschein, der aus Tausenden kleiner, zu einer Masse zusammengebackener Sämchen besteht. Es scheinen also schon damals die Samen in Form von Mohnkuchen gegessen worden zu sein. Aber ein Öl daraus zu pressen, verstand man damals wie noch lange später nicht. Erst nach den Kreuzzügen kam solches in Mitteleuropa auf, und im späteren Mittelalter trat dann die Erzeugung von Öl aus Mohnsamen so sehr in den Vordergrund, daß man die Pflanze selbst mâgöl nannte.

Heute ist in den weiten Gebieten, in denen Opium gewonnen wird, der Mohnsamen ein wichtiges Nebenprodukt, und zwar gibt der weiße Mohnsamen feineres Öl, während der blauschwarze einen reicheren Ertrag daran liefert. Man gewinnt aus ihnen 60–80 Prozent eines dünnflüssigen, klaren Öles. Und zwar finden auch hier zwei Pressungen statt. Das erstemal wird der Samen kalt gepreßt. Dadurch gewinnt man ein blaßgelbes Öl von angenehmem Geschmack und Geruch, das den großen Vorteil hat, schwer ranzig zu werden; deshalb findet es vorzugsweise als Speiseöl Verwendung. Bei der zweiten warmen Pressung erhält man das dunkelgefärbte sogenannte rote Mohnöl, das unangenehm nach Leim riecht und einen kratzenden Geschmack besitzt, weshalb man es nur industriell verwendet. Besonders dient es zur Seifenfabrikation, aber auch zur Herstellung von Firnis und Malerfarben, da es ebenfalls an der Luft mit der Zeit eintrocknet. Zur Bereitung feiner Ölfarben benutzt man lieber das Öl der 40 bis 70 Prozent davon enthaltenden Walnußkerne, das ohne rissig zu werden trocknet. Auch als Speiseöl ist letzteres vortrefflich und fand früher auch als Brennöl Verwendung, da es ein schönes, helles Licht liefert. In derselben Weise werden bisweilen auch die 60 Prozent Fett enthaltenden Haselnüsse zur Ölgewinnung gepreßt. Soweit der Haschisch im Orient als betäubendes Genußmittel Verwendung fand, verzehrte man auch die 31–33 Prozent Öl enthaltenden Samen des ihn liefernden Hanfes als willkommene pflanzliche Fettspeise. Erst sehr viel später fanden die zähen Fasern der Stengel dieser Pflanze zu allerlei Gespinsten Verwendung, zu welchem Zwecke ausschließlich der mittelasiatische Hanf aus dem Morgenlande in Europa eingeführt wurde. Zuerst bauten ihn hier nach dem Berichte des griechischen Geschichtschreibers Herodot die Skythen, aber noch nicht zur Verwendung des Faserstoffs, wie ausdrücklich bemerkt wird, sondern als Genußmittel an, um sich durch Verbrennen der Hanfsamen auf im Feuer heiß gemachten Steinen in niederen, allseitig geschlossenen Zelten aus Wollfilzdecken mit einem tragenden Gerüst aus Holzstangen zu betäuben. Die ölreichen Samen jedoch werden sie kaum gegessen haben, da sie wohl aus der Milch ihrer Herdentiere Butter gewannen, die sie zur Schmälzung ihrer Mehlgerichte verwendeten.

Viel wichtigere Ölpflanzen sind bei uns Raps und Rübsen, die heute fast in ganz Europa, besonders aber in Frankreich und Belgien viel angepflanzt werden. Sie treten uns geschichtlich erst spät, und zwar zuerst um Erfurt herum angebaut, entgegen, breiteten sich dann aber auch am weitesten aus, da sie sich vorzüglich zum Brennen am Docht eigneten. Aus diesem Grunde hielt man sie in der Vorzeit, bevor das Petroleum als Beleuchtungsmittel aufkam, in hohen Ehren. Das Rapsöl ist dickflüssiger als das olivenbraune Rüböl. Heute dienen sie weniger als Brenn-, denn als Schmieröle, werden aber auch der Kunstbutter zugesetzt, um sie salbenförmig, streichfähig zu machen. Bei dem ungeheuren Bedarf der Seifen- und Schmierölindustrie genügen aber die europäischen Kulturen nicht, vielmehr werden aus Ostindien große Mengen davon importiert. Der Raps ist eine gelbe Kohlrübe, auch Erdrübe genannt, die, weil man sie in Blüten schießen läßt, nur eine dünne und holzige Pfahlwurzel hat; der Rübsen ist die dem Raps entsprechende Form der weißen Rübe. Beide werden in zwei Formen gezogen, als im Herbste gesäte und im folgenden Sommer zur Reife gelangende Winterform und eine andere, im Frühjahr gesäte, die noch in demselben Jahre ihren Vegetationszyklus vollendet. Dabei ist die Winterform ölreicher als die Sommerform. So enthält der Sommerraps 35 Prozent, der Sommerrübsen 34 Prozent Öl, während der Winterraps 37–39 Prozent und der Winterrübsen 35–38 Prozent desselben aufweist. Die Kultur dieser Fettspender ist in vorgeschichtlicher Zeit von um die Nord- und Ostsee wohnenden Völkern vorgenommen worden und hat sich im vorletzten vorgeschichtlichen Jahrtausend nach Westasien und im letzten vorgeschichtlichen nach Ostasien verbreitet.

Ein anderer als Fettspender wichtiger Kreuzblütler ist der Flachs- oder Leindotter (Camelina sativa), eine 0,3–1 m hohe einjährige Pflanze mit kleinen, gelben Blüten und länglichen, dottergelben, sehr kleinen Samen, die 27–31 Prozent Fett enthalten. Diese im gemäßigten Europa wie in Nordasien heimische Pflanze wird besonders in Belgien, in den Niederlanden und in Süddeutschland als Ölpflanze angebaut. Sie ist in ihrem Ertrage sicherer als der Sommerraps und der Sommerrübsen und wird gern angebaut, wenn der Winterraps infolge zu intensiver Kälte zugrunde ging. Dagegen saugt sie den Boden stärker aus und ist weniger einträglich als jener. Das hellgelbe, fast geruch- und geschmacklose aus den Samen gewonnene Öl dient als Speiseöl und zur Seifenfabrikation; nur wird es leicht ranzig.

Die weißen, grauen, gelben bis schwarzen Samen der aus Mexiko stammenden Sonnenblume enthalten etwa 32 Prozent klares, blaßgelbes, geruchloses, angenehm schmeckendes Öl, das sich gut als Speiseöl verwenden läßt, meist jedoch der Seifen- und Firnisfabrikation dient. Als die Europäer in das atlantische Gebiet Nordamerikas gelangten, fanden sie außer Mais, das als Hauptnährfrucht diente, Bohnen, Kürbis, Tabak auch Sonnenblumen von den Indianern angepflanzt, deren Samen man röstete und zu Mehl zerrieb. Bald nach der Entdeckung Amerikas gelangte die Sonnenblume nach Europa und verbreitete sich allmählich bis Südasien. Heute stammt das meiste in den Handel gelangende Sonnenblumensamenöl aus Ungarn, Italien, dem südlichen Rußland und Indien.

Selbst die Bucheckern, die 15–28 Prozent Fett enthaltenden Früchte der Rotbuche, werden in Thüringen, Hannover, am Rhein und in Frankreich gepreßt und das hellgelbe, klare, mild schmeckende, fast geruchlose Bucheckernöl daraus gewonnen. Kalt gepreßt liefert es ein gutes Speiseöl und dient zur Fälschung des Mandelöls; heiß gepreßt dagegen ist es bräunlich, dient als Brennöl und zur Seifenbereitung, wobei es weiche, gelbliche, später grünlich werdende Seifen liefert. Die Preßrückstände können nur an Schweine und Wiederkäuer, nicht aber an Pferde verfüttert werden, da sie das giftige Cholin enthalten, gegen das die ersteren unempfindlich sind, das aber Pferden schädlich wird.

Reiche Buchensamenjahre, wie sie alle 8–10 Jahre vorkommen, liefern unendliche Massen dieser köstlichen, billigsten Ölfrucht, die man meist nutzlos im Walde verfaulen läßt, statt sie auszunützen. Am ausgiebigsten sammelt man die Bucheckern durch Anschlagen stärkerer Äste mit einem hölzernen Hammer, wobei die herabfallenden Früchte in untergelegte Tücher aufgefangen werden. Die Herstellungskosten für einen Liter Bucheckernöl, das als Back- und Salatöl meist allen anderen Schmälzmitteln vorgezogen wird, stellen sich insgesamt auf höchstens 40 Pfennige. Die Aufbewahrung desselben geschieht am besten in großen, gut verschlossenen Steinkrügen; auch empfiehlt es sich, dasselbe nach Verlauf eines halben Jahres nochmals abzudampfen. Derart behandelt hält es sich wenigstens drei Jahre lang ohne zu verderben.

Die Früchte des zum Färben dienenden Saflors (Carthamus tinctorius), die 20 bis 30 Prozent eines sich besonders als Brennöl eignenden Öles enthalten, und die der Nigersaat (Guizotia abessinica), einer Pflanze des tropischen Afrika, die 40–50 Prozent enthalten, werden ebenfalls auf fettes Öl verarbeitet. Das Nigersaatöl erinnert durch den Geschmack an Nußöl und findet besonders in Ostindien, wo man den Wert dieses Öles schon lange schätzen gelernt hat, bei der Zubereitung von Speisen vielfach Verwendung. Die Nigersaat gedeiht sehr leicht auf jedem Boden und liefert schon vier Monate nach der Aussaat reife Samen. Die Pflanze ist eine bis 1,5 m hohe, an ihren oberen Teilen rauhhaarige, unten dagegen fast kahle Komposite mit gegenständigen, schmalen, gezähnten Blättern und gelben Blüten, die nach der Befruchtung durch Insekten etwa 5 mm lange und 3 mm breite, glänzendschwarze Samen liefern. Da sie sehr eiweißreich sind, geben die Preßrückstände ein außerordentlich nahrhaftes und deshalb gesuchtes Futter. In ihrer Heimat, dem tropischen Afrika, hat dieser wichtige Fettspender nicht die verdiente Kultur gefunden. Nur in Abessinien baut man ihn in umfangreicherem Maße an. Besonders hat aber Ostindien den Wert dieser Ölpflanze erkannt und kultiviert sie in Menge. Neuerdings sollte ihr in Ostafrika, wo sie heimisch ist, vermehrte Aufmerksamkeit geschenkt werden, da sie in ihren Samen einen wertvollen, viel nach Europa eingeführten Handelsartikel bildet.

Aus den Samen von Bactris minor wird auf Trinidad und Jamaika ein gelbliches Fett mit Veilchenaroma und süßem Geschmack, die Macajabutter, gewonnen und allgemein als Speisefett verwendet. Sehr ergiebig sind die Samen von Litsea sebifera, deren Fett der Kerzenfabrikation dient. Die Früchte eines einzigen Baumes geben genügend Material zur Herstellung von 500 Kerzen. Das Rettichöl wird in China wie das Sesamöl zur Bereitung der schwarzen Tusche zum Schreiben verwendet; das Senföl dagegen, das zu 22–29 Prozent in den Senfsamen enthalten ist, dient in Indien als ausgezeichnetes Brennöl. Heute wird der Senf in Indien nicht mehr als Gewürzpflanze, sondern fast nur noch zur Gewinnung dieses Öls kultiviert.

Ein sehr feines, geruch- und farbloses, süßliches Öl ist dasjenige von Moringa oleifera, das Behenöl, das für die Parfümerie und Uhrenmacherei sehr geschätzt wird. Ebenfalls für die Kosmetik von Bedeutung ist das Mandelöl, zu dessen Bereitung man süße und bittere Mandeln mischt; doch enthalten die bitteren Mandeln weniger Öl, nämlich nur 43–48 Prozent, als die süßen, die 50–55 Prozent davon aufweisen. Da sie aber außerdem über 24 Prozent Eiweißkörper besitzen, so liefern die nach der Pressung zurückbleibenden Preßkuchen ein sehr gutes Viehfutter. Das Mandelöl ist hellgelb, geruchlos, angenehm schmeckend, dünnflüssiger als Olivenöl, wird aber leicht ranzig. Es kommt mit Mohn-, Nuß-, Pfirsichkern- und Aprikosenkernöl verfälscht in den Handel. Letztere beiden Öle werden auch an und für sich von Südfrankreich aus als „süßes Mandelöl“ verkauft. Echtes Mandelöl, das in der Parfümerie und zur Fabrikation der sehr festen Mandelseife verwendet wird, stammt fast nur aus England.

In den bitteren Mandeln ist das Mandelöl an das Amygdalin gebunden, einen Körper, der ihnen den bitteren Geschmack verleiht. Außerdem ist darin ein Ferment, Emulsin genannt, enthalten, welches beim Verreiben der bitteren Mandeln mit Wasser das Amygdalin in Traubenzucker, Bittermandelöl und Blausäure spaltet. Da nun etwa 0,8 Prozent der Verbindung Bittermandelöl-Blausäure in den bitteren Mandeln enthalten ist, so ist es begreiflich, daß bittere Mandeln eine giftige Wirkung äußern. Ein Dutzend derselben kann bei Erwachsenen schon schwere Vergiftungen hervorrufen. Das Bittermandelöl wird in der Likörfabrikation und Medizin, am häufigsten aber zum Parfümieren billiger Seifen, z. B. der Kokosnußseifen, verwendet. Allerdings hat hier der Mensch tätig eingegriffen und es der Natur gleichgetan, indem er im synthetisch aus Benzol und Salpetersäure hergestellten Nitrobenzol, auch Mirbanöl genannt, einen vollständigen Ersatz für das Bittermandelöl als Parfümeriemittel schuf. Deshalb ist letzteres in der gewerblichen Verwendung fast völlig durch das künstliche Produkt verdrängt worden. Aus den süßen Mandeln dagegen wird die für kosmetische Zwecke geschätzte Mandelkleie hergestellt.

Ebenfalls in der Parfümerie, Pharmazie und Seifenfabrikation viel verwendet wird die aus den Kakaobohnen gewonnene Kakaobutter, die zu 52 Prozent in diesen enthalten ist. Sie wird in der Weise aus ihnen ausgezogen, daß die gerösteten und geschälten Bohnen auf etwa 80°C. erwärmt, in Zwilchsäcke gepackt und das Öl dann zwischen warmen Preßplatten ausgequetscht und hernach filtriert wird. Es ist weißlich, von mildem, angenehmem Geschmack und Geruch nach Kakao und wird schwer ranzig. In gleicher Weise wird das Fett der Muskatnüsse, die Muskatbutter, aus den zurückgestellten, kleinen, schadhaften, feingemahlenen Nüssen durch Auspressen in erwärmtem Zustande gewonnen. Die talgartige, rötlichbraune Masse wird dann in Metallgefäßen erstarren gelassen und kommt in kleinen Würfeln in den Handel. Sie riecht angenehm nach Muskatnuß und dient besonders der Parfümfabrikation.

Zur Kerzenfabrikation dient der chinesische Talg, das weiße bis grünliche Fett der Samen des chinesischen Talgbaumes (Sapium sebiferum), von welchem diese ganz umhüllt sind. Dieser Baum ist eine kahle, in China und Japan heimische Euphorbiazee, die in diesen Ländern seit alter Zeit kultiviert wird. Er wurde aber auch nach Ostindien und allen wärmeren Ländern beider Erdhälften verpflanzt und gedeiht meist sehr gut. Die in den Monaten November und Dezember gesammelten Samen werden in große, mit Löchern versehene Holzzylinder gebracht und mit heißem Wasserdampf behandelt, wobei der Talg abfließt, um nach dem Erstarren noch einmal geschmolzen und filtriert zu werden. Er bildet erstarrt mattweiße, brüchige Stücke, die in mächtigen Platten von 40–50 kg Gewicht in den Handel gelangen und vornehmlich in der Kerzenfabrikation Verwendung finden. Die zurückgebliebenen Samen, deren Nährgewebe sehr ölreich ist, werden in Steinmörsern zerstampft, mit Wasser erhitzt und gepreßt, wobei ein von den Chinesen fing-yu genanntes flüssiges Fett erhalten wird, das man zur Firnisfabrikation und als Brennöl benützt.

Diesem chinesischen Talg ähnlich ist der in Ostindien durch Auskochen der gerösteten und gemahlenen Samen der Vateria indica gewonnene Vateriatalg, der zuerst gelblich, später aber farblos ist, ganz angenehm schmeckt und riecht und in England zur Kerzenfabrikation dient.

Sehr verbreitet ist im Pflanzenreich die Ausscheidung eines Überzuges von Wachs an Organen, besonders Blättern, bei denen die Verdunstung herabgesetzt werden soll. Auch an Früchten ist gelegentlich dieser Wachsüberzug zu finden, man denke nur an den leichten Wachsüberzug unserer Pflaumen und Zwetschen, der sie wie bereift erscheinen läßt. Allerdings ist in der Regel die Wachsausscheidung eine viel zu geringe, als daß sie sich ausbeuten und technisch verwerten ließe. Nur ganz ausnahmsweise ist dies der Fall, so bei der in Nordamerika heimischen Wachsgagel (Myrica cerifera). Es ist dies eine unserer, auf den norddeutschen Heiden weit verbreiteten, stark riechenden Gagel (Myrica gale) verwandte Art, deren erbsengroße, braune Früchte von einer schneeweißen Wachskruste bedeckt sind. Kocht man die Beeren in Wasser, so sinken sie unter und das Wachs sammelt sich an der Oberfläche der Flüssigkeit als fettige Masse an, wird abgeschöpft und in flachen Schüsseln erkalten gelassen. Ein Strauch gibt 10–15 kg Beeren mit etwa 25 Prozent dieses als Myrica- oder Myrtenwachs bezeichneten vegetabilischen Wachses. Es ist härter als Bienenwachs, geschmacklos, von schwachem Balsamgeruch und wurde von den Indianern in Menge verzehrt. Jetzt dient dieses Myrtlewachs, wie es die Amerikaner nennen, zur Anfertigung von Kerzen, die nach dem Auslöschen einen angenehmen Geruch verbreiten. Diesem ähnlich ist das von Myrica carolinensis in Nordamerika, von Myrica carcassana in Neugranada und Myrica quercifolia, M. cordifolia und M. laciniata am Kap der Guten Hoffnung durch ebenfalls Auskochen mit Wasser gewonnene grünliche, sehr schwach balsamisch riechende vegetabilische Wachs, das wie Bienenwachs benutzt und mit diesem vermengt verwendet wird.

Auf dieselbe Art wird in China und Japan das sogenannte Japanwachs aus den Beeren des von Japan längs der Ostküste Asiens bis in den Himalaja verbreiteten Wachs-Sumachs (Rhus succedanea) gewonnen und ebenfalls meist zu Kerzen verarbeitet. Auch die Beeren von Rhus vernicifera und silvestris werden in gleicher Weise durch Auskochen und Pressen zur Gewinnung von Wachs verarbeitet. Dieses ist blaßgelb, nach längerem Liegen außen dunkelgelb bis bräunlich mit schneeweißem Anflug. Es ist das für den Handel weitaus wichtigste Pflanzenwachs, das seit dem Jahre 1854 in großen Mengen in Form zentnerschwerer Blöcke oder Scheiben nach Europa und Amerika gelangt. Von ihm werden in London allein jährlich mehr als 200000 kg umgesetzt. Es hat die Eigentümlichkeit, beim Einschmelzen bis 30 Prozent Wasser aufzunehmen, es wird daher auch oft mit Wasser verfälscht. In Japan wird es als Ersatz für tierischen Talg und Bienenwachs, auch zum Aufpolieren von gedrechselten Gegenständen aus Holz, bei uns dagegen hauptsächlich für Wachsstreichhölzchen und Wachskerzen, überhaupt als Zusatz zu Bienenwachs verwendet; es ist nämlich nur halb so teuer wie dieses. Ein naher Verwandter des Wachs-Sumachs ist übrigens der giftige Firnis-Sumach (Rhus vernicifera), ein hoher Baum, aus dessen Stamm durch Einschnitte der Firnis gewonnen wird, mit Hilfe dessen die Japaner ihren so vortrefflichen, unverwüstlichen Lack herstellen, der in einem späteren Abschnitte eingehender besprochen werden soll.

Außerordentlich reich an einem wachsartigen Harz sind manche Balanophoren, fleischige Wurzelschmarotzer der Tropen von staudenartiger Tracht, die, weil sie des Blattgrüns und größerer Blätter völlig entbehren, eher an Pilze als an hoch organisierte Gewächse erinnern. Die getrockneten Pflanzen brennen angezündet mit leuchtender Flamme, deshalb werden sie beispielsweise in Südamerika als siejas auf den Märkten verkauft und an kirchlichen Feiertagen wie Kerzen verbrannt. Auf Java zerstößt man solche frische Balanophoren zu Brei und bestreicht mit dieser Paste dünne Bambusstäbchen, welche als Taschenkerzchen dienen.

Technisch wichtiger ist das Wachs der Wachspalme (Ceroxylon andicola), die auf den Anden Südamerikas in den Staaten Columbien, Ekuador und Neugranada in 2000–3000 m Höhe wächst. Sie besitzt einen bis 75 m hohen, geringelten Stamm von mehr als 30 cm Durchmesser, der in der halben Höhe anschwillt und von unten bis oben von einer etwa 6 mm starken Schicht blaßgelben, spröden Wachses bedeckt ist, das ihm ein marmorartiges Aussehen verleiht. Obschon es zu ⅖ mit Harz vermischt ist, wird es ziemlich wie Bienenwachs benutzt und neuerdings in großer Menge in die verschiedenen Kulturländer, auch nach Europa, eingeführt. Die gefiederten Blätter werden 6–7,5 m lang und sind oben dunkelgrün, unten silberweiß. Das Wachs, das einen namhaften Handelsartikel bildet, gewinnt man durch Abschaben der gefällten Stämme, von denen jeder etwa 12 kg liefert. Mit Talg zusammengeschmolzen gibt es eine gute Kerzenmasse, die aber gelb ist, weil dieses Baumwachs nicht gebleicht werden kann. Das Holz ist sehr dauerhaft und wird besonders als Bauholz geschätzt. Mit den Blättern deckt man, wie mit denjenigen der meisten anderen Palmenarten, Dächer und benutzt sie zu allerlei Flechtwerk.

Ebenfalls in Südamerika, aber im östlichsten Zipfel dieses Kontinents, nämlich in den brasilischen Provinzen Ceara, Pernambuco und Rio Grande besonders an Flußufern heimisch, ist die gleichfalls Wachs liefernde Karnaubapalme (Copernicia cerifera). Es ist dies ein 12–15 m hoher Baum, dessen blaugrüne, bereifte, bis 2 m langen Blätter eine kugelrunde Krone bilden. Auf feuchtgründigem Boden bildet er oft ansehnliche Bestände. Sein Holz ist sehr dauerhaft und wird als Nutzholz verwendet, während die Blätter zu Bedachung der Hütten und als Flechtmaterial dienen, auch einen starken Faserstoff zur Herstellung der in jedem Hause statt der Betten gebräuchlichen Hängematten, von Stricken usw. liefern. Die jüngeren derselben, die als Viehfutter verwendet werden können, liefern ein strohgelbes Wachs, das beide Blattflächen bedeckt. An der Oberseite der Blätter ist die Wachsschicht dicker und sitzt loser, so daß sie sich beim Schütteln der Blätter in Form kleiner Schuppen ablöst, an der Unterseite jedoch ist sie dünner und sitzt fester, so daß man das betreffende Wachs nur durch Abschaben gewinnen kann. Wenn die jungen Fächerblätter sich eben auszubreiten beginnen, schneidet man sie vorsichtig ab, trocknet sie und klopft sie so lange mit einem Stock, bis die Wachsschichten vollständig abgefallen sind. Das so erhaltene grauweiße Pulver wird dann über einem freien Feuer zusammengeschmolzen oder mit wenig Wasser in einem Topfe gekocht. Nach einer anderen Methode taucht man die Blätter in heißes Wasser und sammelt das auf der Oberfläche sich abscheidende flüssige Wachs, um es in tönerne Formen zu gießen, in denen es zu etwa 2 kg schweren Kuchen erstarrt. Dieses rohe Karnauba-Wachs ist schmutzig gelblichgrün, stellenweise bräunlich, hart, spröde, geschmacklos und wird — früher ausschließlich in Europa, jetzt meist schon in Brasilien — gereinigt und ist dann von blaßgrünlich-gelber Farbe, dichtem Gefüge und sehr schwach aromatischem Geruch. Es wird seit dem Jahre 1852 in zunehmendem Maße auch nach Europa ausgeführt, um hier zur Herstellung von Siegellack, Kerzen, weichen Firnissen, als Schuhmacherwachs und zum Glänzendmachen des Sohlleders verwendet zu werden. Es läßt sich so wenig als das Wachs der Wachspalme künstlich bleichen, doch wird ihm seine Sprödigkeit durch Beimengung von Talg oder Bienenwachs genommen. Viele Menschen beschäftigen sich ausschließlich mit der Gewinnung desselben. Jährlich werden etwa 2 Millionen kg exportiert und fast ebensoviel im Lande selbst verbraucht. Aus den trockenen Blättern flicht man Matten, die violetten, haselnußgroßen, bitteren Früchte werden roh oder gekocht von den Indianern gegessen und deren geröstete und gemahlene Kerne geben ein nahrhaftes Getränk als Ersatz des Kaffees. Aus dem Marke des Stammes gewinnt man ein schmackhaftes Mehl und die Blattknospen geben einen trefflichen Palmkohl.

Außer als Nahrung haben die verschiedenen Fettkörper im Laufe der Kulturentwicklung der Menschheit besonders zur Gewinnung von Seife und Beleuchtungsmaterial eine große Bedeutung gewonnen. Die Seife ist eine keltische Erfindung, bestehend aus einer Mischung von Fett mit Asche, später mit Aschenlauge, und stellt chemisch betrachtet ein Salz dar, in welchem alkalische Basen mit Fettsäuren verbunden sind. Von den Alkalien werden sowohl Kali als Natron verwendet; zuerst benutzte man sie zusammen, später aber, als man beide voneinander zu scheiden vermochte, getrennt, wobei die Kaliseifen als eine weiche, schmierige Masse, die Natronseifen jedoch in harter Form gewonnen wurden. Die keltische Bezeichnung für die Seife ist saipo, ein Wort, das im Deutschen sich als Seife erhielt. Unter der Bezeichnung sapo gelangte sie zu den Römern, die vorher, wie alle antiken Völker, außer gefaultem Urin oder gewissen, Saponine oder Seifenstoff enthaltenden Pflanzenabkochungen vor allem die Holzasche als natürliche Soda zum Waschen benutzt hatten. Nach Plinius bereiteten die Gallier feste und flüssige Seife aus Ziegentalg und Buchenasche und benutzten sie als äußerliche Arznei und Haarverschönerungsmittel. Erst Galenos (131–200 n. Chr.) spricht von der deutschen Seife, die als Reinigungsmittel benutzt werde. Durch die Verwendung von gebranntem Kalk bei der Herstellung der Aschenlauge wurden dann später bessere Seifen erzielt. Nachdem die Seifensiederei aus einem in jedem Haushalt für sich hergestellten Geschäft in den gewerblichen Betrieb übergegangen war, scheint sie sich jahrhundertelang durch das ganze Mittelalter hindurch ohne besondere Fortschritte erhalten zu haben. Schon im 9. Jahrhundert hatte Massalia, das heutige Marseille, einen bedeutenden Seifenhandel, und zwar diente dort vorzugsweise das Olivenöl als Fett bei der Seifenbereitung. Ihm verdankt die Marseillerseife bis auf den heutigen Tag ihren guten Ruf. Im 15. Jahrhundert lag der Seifenhandel besonders in den Händen Venedigs, und im 17. Jahrhundert hatten Savona, Genua neben Marseille die Führung darin. Eine mächtige Förderung erhielt die Seifenindustrie seitdem der französische Chemiker Chevreul die Natur der Fette und mithin das Wesen des Verseifungsprozesses kennen gelehrt, andererseits die Entwicklung der Sodaindustrie einen mächtigen Anstoß zur Verbesserung des Verfahrens der Seifengewinnung gegeben hatte. Gegenwärtig wird aus Liverpool allein mehr Seife jährlich ausgeführt als vor der Begründung der Sodaindustrie aus sämtlichen Häfen Großbritanniens zusammengenommen. Weiterhin wurde die Seifenindustrie durch die Einführung von Palmöl, Kokosöl, südamerikanischem und australischem Tiertalg und nordamerikanischem Fichtenharz begünstigt. Das Kokosöl gestattete die Herstellung der Leimseifen; es kam um 1830 zuerst nach Deutschland und Douglas bereitete aus ihm auf kaltem Wege die erste Kokosnußöl-Sodaseife für medizinische Zwecke. Heute führt Deutschland rund 1,8 Millionen kg Seife ein und 10 Millionen kg Seife aus. Was es selbst verbraucht, ist nicht anzugeben, doch stellt dies eine sehr große Menge dieses heute völlig unentbehrlichen Reinigungsmittels dar.

Wie die Seifenbestandteile, das Öl und die Holzaschenlauge, so entstammt auch alles Beleuchtungsmaterial direkt oder indirekt dem Pflanzenreiche. Der älteste Lichtspender ist das flackernde Holz des Herdfeuers, das seinen warmen Schein schon dem unstet nach tierischer Beute umherschweifenden Höhlenbewohner der Urzeit, wie dem durch Feldbau und Viehzucht ansässig gewordenen Neolithiker in seiner bescheidenen Behausung erstrahlen ließ. Ihm folgte auf einer späteren Stufe als spezifiziertes Beleuchtungsmittel der schräg in einen Ständer aus unverbrennlichem Material, am besten aus Metall, sobald solches bekannt und zu haben war, gesteckte Kienspan; denn schon sehr früh wird der Mensch die Beobachtung gemacht haben, daß Holz um so leichter und mit um so größerer Flamme brennt, je harzreicher es ist. Deshalb suchte er bei den Nadelhölzern die harzreichsten Teile, das Wurzelwerk, zur Beleuchtung zu erlangen. Die Kulturvölker des Altertums benutzten daneben auch mit Pech und Wachs getränkte Flachsschnüre, und in späterer Zeit in Pech getauchte oder mit Wachs überzogene getrocknete Binsen oder Streifen von dürrem Papyrusmark. Auch Schilfrohr, dessen Höhlung mit Fett ausgegossen war, diente als Vorläufer der Kerze. Diese selbst scheint erst in der römischen Kaiserzeit als candela — das sich im französischen chandelle erhielt — aufgekommen zu sein und wurde schon damals sowohl aus Wachs, als aus Talg hergestellt und demnach als cerea (von cera = Wachs) oder sebacea (aus sebum = Talg) unterschieden. Man stellte sie in der Weise her, daß man dürre Binsenstengel oder Streifen von Papyrusmark, später auch Flachsfäden als Docht so oft in geschmolzenes Fett oder Wachs tauchte, bis die Fetthülle im Verhältnis zum Kern eine ansehnliche Dicke erreicht hatte. Besonders bei Leichenbegängnissen wurden bei den vornehmen Griechen und Römern der späteren Zeit große Kerzen in den Dimensionen unserer Kirchenlichter getragen, während im Haushalte besonders bei festlichen Anlässen kleinere gebraucht wurden, die man in Leuchter der verschiedensten Konstruktionen steckte. War der Lichtträger sehr hoch, damit die dareingesteckten Kerzen weithin leuchteten, so hieß er (nach candela = Kerze) candelabrum.

In Deutschland wurde die Talgkerze erst im 9. Jahrhundert bekannt und begann hier allmählich den bis dahin üblichen Kienspan zu verdrängen. Wachskerzen dagegen kamen erst im 14. Jahrhundert in Gebrauch, waren aber auch an Höfen reicher Fürsten immer noch etwas Kostbares, mit dem man sehr sparsam umging. Im Laufe des 15. Jahrhunderts erst wurde der Gebrauch von Wachskerzen durch die katholische Kirche immer mehr gesteigert und dehnte sich im 16. Jahrhundert ins Fabelhafte aus; so wurde beispielsweise zu Luthers Zeiten allein in der Schloßkirche zu Wittenberg etwa 36000 Pfund Wachskerzen im Jahre als Opferspenden verbrannt. Dieser mit dem Kult in Zusammenhang stehende Luxus blieb aber auf die Gotteshäuser beschränkt; denn die Bürger und Bauern begnügten sich in ihren Häusern mit den viel billigeren Talglichtern, deren Herstellung die Hausfrau immer noch selbst besorgte. Im November, wenn die Feldarbeit beendet war, begann wie für den Mann die Drescharbeit in der Tenne, so für die Frau die Zeit des „Lichtstippens“. Durch wiederholtes Eintauchen des aus Leinen und später Baumwolle angefertigten Dochtes in geschmolzenen Talg wurden die Lichter auf die gewöhnliche Dicke gebracht. Erst seit dem 17. Jahrhundert wurden die Unschlittkerzen auf der Form gegossen, und zwar dünnere für die Werktage und dickere für die Feiertage.

Zu Anfang des 19. Jahrhunderts begann man den Talg durch Entfernung der Ölsäure vermittelst Pressen härter zu machen und ihm das öligschmierige Aussehen zu nehmen. 1823 erschienen die wichtigen Untersuchungen über die Fette tierischen Ursprungs des französischen Chemikers Chevreul, denen zufolge zwei Jahre später Cambacérès, der zuerst die geflochtenen und außerdem chemisch mit Schwefelsäure zubereiteten Dochte in Anwendung brachte, Kerzen aus Fettsäuren herzustellen versuchte; doch waren diese braun, fühlten sich immer noch fettig an und verbreiteten einen unangenehmen Geruch. Die ersten einigermaßen brauchbaren Kerzen brachte ein Herr von Milly in Paris auf. Er war vormals Kammerherr Karls X. gewesen, hatte aber durch die Julirevolution und die danach folgende Abdankung des Königs 1830 seinen Posten verloren; deshalb errichtete er, um sich eine neue Existenz zu gründen, zu Paris eine kleine Fabrik zur Herstellung von Kerzen. Die erste Entdeckung, die er machte, bezeichnete schon einen sehr erheblichen Fortschritt. An Stelle der kaustischen Soda, die Chevreul und sein Teilhaber Gay-Lussac zur Verseifung der Fette seit 1825 angewandt hatten, benutzte er dazu den Ätzkalk und erhielt dadurch eine Kalkseife, aus der die Fettsäuren zur Herstellung von Kerzen sich mit Hilfe der Schwefelsäure leicht abscheiden ließen. Durch anfänglich kalte, im Verlaufe jedoch gesteigerte und zuletzt warme Pressungen waren die bei gewöhnlicher Temperatur festen Fettsäuren leicht von der Olëinsäure zu trennen. Die aus den festen Fettsäuren, der Palmitin- und Stearinsäure (vom griechischen stéar = Fett), die in der ersten Zeit als eine einzige betrachtet und ihrer perlmutterartig glänzenden Krystalle wegen (nach dem lateinischen margarita = Perle) Margarinsäure genannt wurden, bis man auch sie voneinander zu scheiden vermochte, bereiteten Kerzen hatten jedoch den einen Übelstand, daß der Masse ein kleiner Rest Kalk beigemengt blieb, der sich beim Verbrennen in den Docht sog und dessen Porosität verringerte. Auch darin schaffte Milly Abhilfe, indem er den Docht statt wie nach Cambacérès mit Schwefelsäure mit Borsäure tränkte, welche alle Aschenbestandteile zu winzigen, glasartigen Kügelchen zusammenschmilzt. Ebenso begegnete er dem für die Kerzenfabrikation fatalen Bestreben der nunmehr vorzugsweise zur Herstellung von Kerzen verwendeten Stearinsäure zu kristallisieren und infolgedessen im Innern der Formen Hohlräume zu bilden. Man hatte zwar in der arsenigen Säure schon ein Mittel gegen diesen Umstand in Anwendung gebracht, doch war dasselbe zu gesundheitsgefährlich, um sich auf die Dauer im Gebrauch halten zu können.

Milly fand zuerst, daß ein geringer Zusatz von Wachs zur Stearinsäure eine gleichmäßige und durchgängig zusammenhängende Masse gebe. Späterhin entdeckte er, daß die Stearinsäure nur kristallisiert, wenn sie in sehr dünnflüssigem Zustande in die Formen gegossen wird, daß sie aber ein völlig gleichmäßiges Gefüge erhält, wenn sie bei einer Temperatur verarbeitet wird, die dem Schmelzpunkte so nahe liegt, daß die Masse eben nur fließend erhalten wird.

Solchergestalt verbesserte Stearinkerzen brachte Milly 1834 unter dem Namen bougies de l’étoile in den Handel, doch waren sie in der ersten Zeit ihres hohen Preises wegen mehr ein Luxusgegenstand für Reiche als ein volkstümlicher Beleuchtungsartikel. Um sie zu einem Gegenstand allgemeinen häuslichen Verbrauchs zu machen, bedurfte man weiterer Verbesserungen in der Methode der Stearinfabrikation. Den wesentlichsten Vorteil zog man aus der Entdeckung, daß die flüssige Olëinsäure ein sehr wertvolles Material für die Seifenfabrikation sei, das das Olivenöl sogar in vielen seiner Eigenschaften zu ersetzen imstande ist. Durch Höherwertung des einen Bestandteils mußten aber die anderen sich billiger gestalten, und diese wirtschaftliche Tatsache kam der Stearinsäure zugute. Auch konnte man jetzt im festen Material dem geflochtenen Docht eine so starke Drehung geben, daß sich die Spitze desselben fortwährend nach außen drehte und so an der Peripherie der Flamme stets genug Sauerstoff zur Verbrennung zu Asche fand. Im Jahre 1839 gab es allein in Paris neun Fabriken, die solche neue, immer höheren Ansprüchen genügende Kerzen herstellten. Andere Länder blieben nicht zurück, und ganz besonders gelangte diese neue Industrie in Österreich zu großer Bedeutung.

Bild 32. Lampe der Mammutjäger der frühen Nacheiszeit aus einem roten Sandsteingeröll mit einer Art Griff, aus der Höhle von La Mouthe in der Dordogne. Auf der Unterseite ist der Kopf eines Steinbocks eingeritzt. (⅓ natürliche Größe.)

Als Beleuchtungsmittel noch viel gebräuchlicher als die Kerzen waren seit dem frühesten Altertum die Lampen, in denen zuerst tierisches, später auch pflanzliches Fett vermittelst eines aus einem Holzsplitter oder noch besser aus irgend welchen getrockneten Pflanzenfasern bestehenden Dochts verbrannt wurde. Die älteste Lampe war ein ausgehöhlter Stein, und erst nach Erfindung der Töpferkunst eine aus Ton gebrannte, zuerst offene und später, zum Schutze gegen das Ausschütten und das Hineingelangen von Verunreinigungen mehr oder weniger geschlossene kleine Schüssel. Solche Lampen, in denen besser als fester tierischer Talg nach der Erlangung von ölspendenden Kulturpflanzen flüssiges fettes Öl verbrannt wurde, besaßen schon die ältesten Ägypter und Assyrer. Meist waren sie aus Ton gebrannt, seltener aus Metall und nur ausnahmsweise aus Alabaster oder Glas hergestellt. Sie bestanden aus einem runden oder ovalen Ölbehälter mit einer meist in der Mitte gelegenen Öffnung zum Eingießen des Öles, einer oder mehreren vorspringenden Tüllen für den Docht an der einen und einem Griff oder Henkel an der anderen Seite. Von den einfachsten bis zu den kunstvollsten, kostbarsten Formen waren alle Übergänge vorhanden, darunter außer kleinen auch große, die bis zu 12 und mehr Flammen nebeneinander brennen lassen konnten. Sie hingen an Ketten oder standen wie die Kerzen auf einem bei den Römern ebenfalls candelabrum genannten Träger. Aus der römischen Kaiserzeit haben uns, abgesehen von den Funden in Pompeji, besonders die Gräber eine reiche Ausbeute an Lampen geliefert, da es Sitte war, den Toten Lampen mitzugeben, die eigens zu diesem Zwecke fabriziert wurden und nicht zu praktischem Gebrauch geeignet waren.

Die ersten Christen verzierten ihre Lampen mit christlichen Emblemen, wie dem Christusmonogramm, dem Lamm, der Taube oder dem ein Lamm auf seinem Rücken tragenden guten Hirten. Aus den beim Katakombenkultus gebrauchten Lampen zum Aufhängen vermittelst Kette an der Decke oder einem Holz- oder Metallarm entwickelte sich die während des ganzen Mittelalters gebrauchte Hängelampe, die sowohl für Kultuszwecke in christlichen Kirchen und muhammedanischen Moscheen, als auch für Profanzwecke überall im Gebrauche stand. Das übliche Öl, das darin verbrannt wurde, war in Europa meist Rüböl und der Docht ein massiver Runddocht, während der Flachdocht erst 1783 durch Leger in Paris, der hohle Docht 1789 durch den in Genf geborenen Techniker Argand in London aufkam. Letzterer war auch der Erfinder des nach ihm benannten Brenners mit doppeltem Luftzug, indem er den bis dahin über der Flamme angebrachten blechernen Zugzylinder durch einen gläsernen ersetzte.

Eine vollständige Umwälzung in der Lampenfabrikation brachte die Einführung des Petroleums hervor, für die Silliman in den Vereinigten Staaten 1855 die erste Lampe konstruiert haben soll. Zwar hatte man schon im Altertum gelegentlich Erdöl in Lampen gebrannt. So berichten Dioskurides und Plinius um die Mitte des 1. Jahrhunderts n. Chr. vom Erdöl von Agrigent auf Sizilien, das als „sizilisches Öl“ in Lampen gebrannt wurde. Auch das Erdöl der „Pechquelle“ bei Bechelbronn im Unterelsaß, die schon 1498 erwähnt wird, soll im 16. Jahrhundert zum Brennen in Ampeln benutzt worden sein. Im 19. Jahrhundert diente das zu Amiano unweit Parma gefundene Erdöl zur Beleuchtung einiger italienischer Städte, namentlich Genuas. Seit uralter Zeit betrachtete man die mancherorts aus dem Boden hervorsickernde brennbare Flüssigkeit mit heiliger Scheu und benutzte sie als geschätzte Medizin. Die heiligen Feuer der Erdölgegend von Baku waren den Anhängern Zoroasters ein Gegenstand religiöser Verehrung und sind es ihren Nachkommen, den Parsen, bis auf den heutigen Tag geblieben. Weil ihre Priester an den Orten, wo das „ewige Feuer“ brannte, die Versöhnung mit Gott vermittelten, nannte man sie nephtar, d. h. Versöhnungsorte, wovon sich der Name Naphtha für Petroleum oder Erdöl ableitet. Erst vom Jahre 1859 an datiert der Beginn der Petroleumbenutzung in weiteren Kreisen, zuerst der Vereinigten Staaten, dann auch Europas und der ganzen Kulturwelt. 20 Jahre später wurde die Petroleumlampe durch die Konstruktion der Glühlampe von Edison entthront, die ganz wesentlich zur Verbreitung des elektrischen Lichtes in den Haushaltungen beitrug.

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