VIII. Eßbare Knollengewächse.

Außer den mancherlei Früchten waren wohl die stärkemehlreichen Wurzelknollen, die keine Gifte oder sonst schädliche Stoffe enthielten, die vom Menschen zur Stillung seines Hungers am meisten gesuchten Pflanzenteile. Am Feuer geröstet, waren sie sehr wohl geeignet, seinen stets regen Hunger zu stillen. Daß dabei die Menschen der Urzeit keine Kostverächter waren und viele Wurzelknollen und andere Teile von Pflanzen aßen, die wir heute zu essen verschmähen, das ist ganz selbstverständlich. So verzehrten die Pfahlbauern Mitteleuropas zur späteren Stein- und Bronzezeit nicht bloß die mehlreichen Früchte der Wassernüsse (Trapa natans), deren Schalen wir in ihren Speiseabfällen finden, sondern wohl auch deren fleischige Wurzeln, die heute noch viele Liebhaber unter den Naturvölkern finden. So werden sie, wie die nach Kastanien schmeckenden Nüsse, geröstet, in Menge selbst von den Bewohnern Kaschmirs, und in einer nahe verwandten Art (Trapa bicornis) von den Chinesen, die sie in besonderen Teichen kultivieren, als Speise namentlich der ärmeren Volksklasse gegessen.

Den alten Ägyptern dienten zu demselben Zwecke die Wurzelknollen der Papyrusstaude und verschiedener Seerosen. Man aß sie roh, geröstet oder gekocht und verwendete sie, zu Brei zerstoßen, wie die alten Schriftsteller berichten, insbesondere zur Ernährung der Kinder, die noch keine gröbere Kost ertragen konnten. An der in ihrer Gestalt und Farbe unserer weißen Seerose ähnlichen ägyptischen Lotospflanze (Nymphaea lotus) und deren Schwester, der himmelblauen Seerose (Nymphaea coerulea), war aber nicht bloß der knollige Wurzelstock, dessen angenehm süßlicher Geschmack gerühmt wird, als Speise geschätzt, sondern auch die kleinen braunen, eiweißhaltigen Samen, die in einer fächerreichen, kugeligen Frucht von schmutziggrüner Farbe liegen. Die Lotospflanze hieß bei den alten Ägyptern suschin, im Hebräischen — daraus entlehnt — schuschan, eine Bezeichnung, welche später auf die weiße Lilie überging und uns in dem Namen Susanna erhalten ist. Noch heute heißt die weiße Lilie im Arabischen susan. Auch bei den ältesten Griechen wurde die weiße Lotos als Lilie (leírion) bezeichnet. Der älteste griechische Geschichtschreiber, Herodot, der um 460 v. Chr. selbst in Ägypten war, berichtet darüber: „Die Früchte der Lotospflanze (lōtós) aber schneiden sie (die Ägypter) ab und trocknen sie an der Sonne. Hierauf zerstoßen sie die darin befindlichen Körner, welche dem Mohn ähnlich sind, und bereiten sich mit Hilfe des Feuers Brot daraus. Auch die Wurzel ist eßbar und schmeckt nicht übel; sie ist rundlich und von der Größe einer Quitte.“ Nach ihm berichtet der große, pflanzenkundige Schüler des Aristoteles, Theophrast (390–286 v. Chr.): „Der Lotos wächst in Ägypten auf den Feldern, wenn sie der Nil überschwemmt. Ihre weiße Blüte schließt sich bei Sonnenuntergang und verbirgt die Frucht; bei Sonnenaufgang aber tritt sie wieder über das Wasser und öffnet sich. Dies wiederholt sie bis die Frucht reif ist und die Blumenblätter abgefallen sind. Die Frucht ist so groß wie der größte Mohnkopf und ebenso in Fächer geteilt. In dieser liegt der Same dicht und sieht so aus wie Hirsekorn (kénchros). Die Ägypter legen die reifen Früchte in Haufen zusammen und lassen sie liegen, bis die Schale gefault ist, worauf die Samen herausgenommen werden. Diese trocknet man, zerstampft sie und bäckt Brot daraus. Die Wurzel des Lotos heißt kórsion, ist rund, so wie eine Quitte, hat eine schwärzliche Rinde wie die Kastanie. Das Innere ist weiß; gekocht oder gebraten wird es wie Eidotter gegessen und ist sehr wohlschmeckend. Man kann sie auch roh essen.“

Als dann um 500 v. Chr. von Persien her der rosenrot blühende indische Lotos (Nelumbium speciosum) im Niltal eingeführt und kultiviert wurde, haben die Ägypter auch dessen olivenkerngroße, braune, in Vertiefungen der der Brause einer Gießkanne ähnelnden Frucht steckenden Samen und die mehlreichen Wurzelknollen gern gegessen. Der vorhin erwähnte Herodot meint sie, wenn er sagt: „Neben dem Lotos haben die Ägypter auch noch andere im Wasser wachsende Lilien, deren Frucht einer Wespenwabe gleicht, worin Samen, so groß wie Olivenkerne, in Menge sitzen; man ißt sie frisch und gedörrt.“ Diese Samen waren die kýamoi aigýptioi oder fabae aegyptiacae, d. h. ägyptischen Saubohnen der griechischen und römischen Schriftsteller des Altertums, die eine sehr beliebte Volksnahrung der alten Ägypter bildeten und nur von den Priestern gemieden wurden, da die sie erzeugende Pflanze in den Kult aufgenommen war und als heilig galt. Von dieser Pflanze, der heiligen padma der Inder, die noch heute in ihrer Heimat Südasien, besonders aber in China und Japan der mehlreichen Wurzelknolle und der wohlschmeckenden Samen wegen in stehenden Gewässern viel gezogen wird, schreibt Theophrast in seiner Pflanzenkunde: „Die kýamos wächst in Sümpfen und stehenden Gewässern Ägyptens. Ihre Stämme werden bis vier Ellen lang, sind fingersdick, krustenlos, haben aber inwendig Scheidewände, welche quer durchgehen. Auf den Stämmen stehen die Fruchtköpfe, die wie runde Wespennester aussehen und in jeder Vertiefung eine etwas hervorragende saubohnenähnliche Frucht tragen. Es sind in jeder Frucht gewöhnlich 30 Bohnen enthalten. Die Blume ist doppelt so groß wie eine Mohnblume und tief rosa gefärbt. Die Frucht steht über der Wasserfläche. Neben den Früchten kommen große Blätter hervor, wie breitkrempige Hüte; ihre Stiele sehen aus wie die der Früchte. Die Wurzel ist dicker als die des dicksten Schilfes und hat ebensolche Scheidewände wie der Stamm. Sie wird roh, gekocht und geröstet verzehrt. Die Pflanze wächst häufig wild, wird aber auch gesät, indem man deren Samen in Ton wickelt und mit diesem ins Wasser senkt. Wo die Pflanze einmal steht, da dauert sie sehr lange aus. Die Wurzel ist stark, der Schilfwurzel ähnlich, aber dornig. Deswegen vermeidet sie das Krokodil, weil es fürchtet, seine Augen an den Dornen zu verletzen. Die Pflanze wächst auch in Syrien und Kilikien, trägt dort aber keine reifen Früchte. Sie wächst auch bei Torone in Chalchidike in einem mäßig großen See und in diesem bringt sie ihre Frucht zur Reife.“ Später schreiben der aus Kilikien gebürtige griechische Arzt Dioskurides um die Mitte des 1. Jahrhunderts n. Chr. und der um 200 n. Chr. in Alexandria und Rom lebende, aus Naukratis in Ägypten stammende griechische Grammatiker Athenaios, daß der kýamos aigýptios in Ägypten in reicher Fülle wachse, sich aber auch in Asien und Kilikien in stehenden Gewässern finde. Die eßbaren Samen würden auch kibórion genannt, während die Wurzel kolokásia genannt und ebenfalls gegessen werde.

Schon bei den ältesten Griechenstämmen war die durch unbestimmte Berichte aus Ägypten beeinflußte Sage von den Lotophagen, d. h. Lotosessern, sehr verbreitet. Läßt doch schon Homer in der Odyssee seinen Helden Odysseus zu den Lotophagen, worunter wohl zweifelsohne die Ägypter zu verstehen sind, gelangen und erzählt in phantasiereicher Weise von der seltsamen Wirkung der Frucht:

„Doch von den Lotophagen geschah nichts Leides den Männern

Unserer Schar; sie reichten vom Lotos ihnen zu kosten.

Wer des Lotos Gewächs nur kostete, süßer denn Honig,

Nicht an Mahnung zum Aufbruch dachte der, noch an die Rückkehr,

Sondern sie trachteten dort in der Lotophagen Gesellschaft

Lotos pflückend zu bleiben und abzusagen der Heimat;

Aber ich führt an die Schiffe die Weinenden wieder mit Zwang hin,

Zog sie in die geräumigen Schiffe und band sie fest an die Bänke;

Doch die andern ermahnt ich und trieb die werten Genossen

Schleunig hinwegzufliehn, in die hurtigen Schiffe sich rettend,

Daß nicht einer, vom Lotos gereizt, noch vergäße der Heimat.

Alle stiegen hinein auf die Ruderbänke sich setzend,

Saßen gereiht und schlugen die grauliche Woge mit Rudern.“

Nun kann aber dieser honigsüße Lotos Homers nicht die Frucht der ägyptischen Lotosblume, die keineswegs süß ist, gewesen sein, sondern war vermutlich diejenige des dem Judendorn nahe verwandten Zizyphus lotos, eines dort und in anderen Ländern am Mittelmeer wachsenden Strauches mit längeren Dornen und größeren Früchten, die ein gelblichweißes, mehliges Fruchtfleisch von schleimigem, sehr süßem, an Datteln erinnerndem Geschmack besitzen und heute noch im Orient, wo der Strauch wild wächst, gern von der einheimischen Bevölkerung gegessen werden.

Tafel 49.

Japanische Bäuerin mit Wurzelgemüsen und Blumen.

Japanischer Bauer mit Regenmantel aus Reisstroh.

Tafel 50.

Papyrusdickicht am Flusse Anapo bei Syrakus.

Fünf Monate alter Maniok oder Cassave (Manihot utilissima) in Buenga, Westafrika.

Der Papyrus (Cyperus papyrus) — altägyptisch ha — ist ein niemals in schnellfließenden, tiefen Gewässern, sondern im seichten Wasser der Strombuchten, am Rande der Seen und in Sümpfen wachsende, bis 5 m hohe Grasart des tropischen Afrika, die einst in ganz Ägypten sehr häufig war, heute aber nur noch in Nubien und den Ländern am Oberlaufe des Nils wildwachsend in ausgedehnten Beständen angetroffen wird. Ihre fleischige Grundachse ist ein Hauptnahrungsmittel der Flußpferde, die sie mit ihren kräftigen, weit vorstehenden Schneidezähnen leicht aus dem schlammigen Boden heben, um sie schmatzend zu verzehren. Ihrem Beispiel folgten die Menschen. Wie heute noch die Stämme im oberen Nilgebiet, so haben schon die alten Ägypter die saftige, mehlreiche, aromatisch schmeckende Grundachse der Papyruspflanze, die erst im Alter verholzt, roh und gekocht als beliebte, billige Speise gegessen. Auch das untere Ende des saftreichen dreikantigen Stengels wurde von ihnen, weil infolge des reichen Zuckergehaltes süß schmeckend, gern wie anderwärts das Zuckerrohr gekaut, um den Saft auszusaugen. Schon der Vater der griechischen Geschichtschreibung, Herodot (484 v. Chr. in der kleinasiatischen Stadt Halikarnaß geboren, bereiste Ägypten und Babylonien, war seit 456 wieder in Griechenland, ging dann 443 nach der griechischen Pflanzstadt Thurii in Süditalien, wo er um 424 verstarb) schreibt: „Die Bewohner des ägyptischen Marschlandes reißen den Papyrus (býblos), der alljährlich nachwächst, aus dem Schlamm, schneiden das Obere ab, um es sonst zu verwenden; das ellenlange Wurzelstück dagegen essen oder verkaufen sie. Soll es recht gut schmecken, so wird es zuvor in einem heißen Ofen geröstet und dann erst gegessen.“ Eine ausführliche Beschreibung der Pflanze und ihres Nutzens gibt uns der pflanzenkundige Theophrast (390–286 v. Chr.), der von ihr sagt: „In Ägypten kommen zahlreiche Wasserpflanzen vor; dieselben sind im allgemeinen süß und eßbar. Der pápyros wächst nicht in tiefem Wasser, sondern nur etwa 2 Ellen oder auch weniger tief. An Dicke kommt die Wurzel der Handwurzel eines starken Mannes gleich und dabei wird sie über 10 Ellen lang. Sie tritt über den Boden hervor, schickt seitlich viele dünne Wurzeln nach unten, nach oben aber dreikantige, bis 4 Ellen hoch wachsende Stengel, die man insbesondere pápyros heißt. Solche Stengel treibt die Wurzel überall in Menge. Diese sind zu vielerlei brauchbar. Man macht aus ihnen Fahrzeuge, und aus dem Baste (bíblos) werden Segel, Matten, Seile, Kleider und viele andere Dinge geflochten. Im Ausland ist das daraus gewonnene Papier (ta bíblia) allgemein bekannt. Für die Eingeborenen ist aber die Nahrung, die sie aus dem pápyros ziehen, am wichtigsten. Sie kauen ihn roh, gekocht und geröstet, verschlucken den Saft und speien das übrige aus. Die (älteren) Wurzeln dienen statt Holz zum Brennen und zum Verfertigen von allerlei Geräten.“ Fast dreihundert Jahre später schrieb der aus Sizilien gebürtige griechische Geschichtschreiber Diodor, da er vom häuslichen Leben und der Kinderpflege der Ägypter handelte, daß den Eltern unglaublich wenig Kosten für die Ernährung der Kinder erwachsen, „denn sie kochen ihnen die nächste beste einfache Speise; auch geben sie ihnen von der Papyrusstaude den untern Teil zu essen, soweit man ihn im Feuer rösten kann... Daher kostet ein Kind seinen Eltern, wenn es erwachsen ist, im ganzen nicht über 20 Drachmen“ (etwa 12 Mark).

Ein naher Verwandter des Papyrus ist das eßbare Cypergras (Cyperus esculentus), auch Erdmandel genannt, deren Knollen man auch bisweilen mit anderen Pflanzenresten in den altägyptischen Sarkophagen als beliebte Totenspeise findet. So fand man welche in Gräbern des mittleren Reiches (2160–1788 v. Chr.) in Der el bahri bei Theben. Die im Berliner ägyptischen Museum aufbewahrten sollen nach A. Braun rundlicher und kleiner sein, als die heutigentags in Ägypten kultivierten. Die Pflanze hieß bei den alten Ägyptern gaiu und die Wurzelknolle schabin. Der erste Grieche, der die Pflanze erwähnt, ist Theophrast. Er sagt von ihr: „Die malinathállē wächst in der Nähe der Flüsse Ägyptens auf sandigem Boden, ist rund von Gestalt, an Größe der Mispel gleich, ohne Kern und ohne Schale. Aus dieser Masse kommen Blätter wie beim Zypergras hervor. Die Leute sammeln die Knollen und kochen sie in Gerstenbier; auf diese Weise werden sie sehr süß. Sie werden auch allgemein zum Nachtisch gegessen.“ In ähnlicher Weise drückt sich der ältere Plinius (23–79 n. Chr.) aus: „In Ägypten wächst das anthalion; es hat die Größe und Rundung einer Mispel, weder Kern noch Schale, aber Blätter wie Zypergras. Es wird gegessen, nachdem es durch Feuer zubereitet ist.“ Noch heute ist die Erdmandel oder Chufa eine für die Völker Nordafrikas sehr wichtige und deshalb allgemein angebaute Nährpflanze, deren Knollen überall in den Basaren, auch in Ägypten und im Orient als hab el asis, d. h. vorzügliche Knolle, zu kaufen sind. Aus letzteren bereiten die Araber ein sehr süßes, wohlschmeckendes Getränk, scherbet genannt (vom Arabischen schariba = trinken abzuleiten). Überall, wo die Araber einst herrschten, wurde die Pflanze häufig angebaut, so auch in Sizilien und Süditalien, und neuerdings wird sie wegen des süßen Geschmacks ihrer nahrhaften Wurzelknolle auch in Süddeutschland und Österreich kultiviert. Vielfach trifft man sie auch in Südasien und sogar in Amerika an. Die stärkemehl-, öl- und zuckerreichen Wurzelknollen von ausgezeichnetem mandelartigem Geschmack werden vielfach in den Handel gebracht und dienen zur Gewinnung eines als Speiseöl sehr geschätzten Öles. Da die Pflanze auch längere Trockenzeiten mit Leichtigkeit zu überstehen vermag, so bilden ihre Knollen, die roh und gekocht in der verschiedensten Zubereitung gegessen werden, in dem trockeneren Südafrika eines der wichtigeren Nahrungsmittel, weshalb die Erdmandel in vielen Teilen Afrikas, u. a. auch in Deutsch-Südwestafrika, angebaut wird.

Auch die nahrhaften Wurzeln verschiedener anderer Pflanzen wurden und werden manchenorts vom Menschen gegessen. So bildeten die mehlhaltigen Wurzelstöcke gewisser Farnkräuter die fast ausschließliche Pflanzennahrung der Maori Neuseelands vor ihrer Entdeckung durch die Europäer. Sie waren um 1300 n. Chr. von Norden her auf dieses Eiland eingewandert und bewohnten ausschließlich die Nordinsel, sich hier vorzugsweise vom Fischfang und der Jagd ernährend. Noch als der berühmte Seefahrer James Cook den Südwinter 1773 bei ihnen verbrachte, hatten sie daran und am Fleische der gewaltigen, flügellosen Vögel, die in zahlreichen Arten jene Insel bewohnten, genügend zu essen; als aber letztere zu Beginn des 19. Jahrhunderts ausgerottet wurden und die Eingeborenenbevölkerung sich so weit vermehrt hatte, daß die Fleischnahrung als notwendige Zukost zur eiweißarmen Wurzelnahrung im Innern, wo kein Fischfang möglich war, mangelte, da begannen die Maori notgedrungen, sich gegenseitig aufzufressen, bis die Europäer durch Einführung der Schweine als Eiweißnahrung und der Kartoffeln an Stelle der viel geringwertigeren Farnwurzeln als Pflanzenkost der chronischen auf dieser übervölkerten Insel herrschenden und zu den Gräueln des Kannibalismus führenden Hungersnot ein Ende machten, worauf der Menschenfraß von selbst aufhörte. Heute noch dienen allerlei Farnwurzeln, namentlich von Pteris aquilina, im Himalaja und in Japan zur Ernährung des Menschen.

Noch häufiger aber werden andere stärkemehlhaltige Wurzelstöcke als Nahrung benutzt, so vor allem diejenigen der in der ganzen Inselwelt des Stillen Ozeans und Südasiens heimischen Tahitipfeilwurz (Tacca pinnatifida), auf Tahiti und den benachbarten Inseln pia genannt. Diese niedrige, ausdauernde Staude wird hier überall, wie auch in Queensland, dem malaiischen Archipel, Indien, Südchina und der Ostküste von Afrika um Sansibar herum wegen ihrer stärkemehlreichen Wurzelknollen kultiviert, obgleich dieselben eine Schärfe besitzen, welche selbst durch mehrmaliges Auswaschen nicht vollständig entfernt werden kann. Von den Europäern wird sie deshalb gewöhnlich mit Essig gegessen, der die Schärfe unterdrückt. In China und Cochinchina dienen auch die gekochten Blattstiele zur Nahrung. Von dieser Pflanzenknolle wird ein sehr geschätztes Stärkemehl gewonnen, das als ostindisches Arrowroot, d. h. Wurzelmehl, in den Handel gelangt, meist aber an Ort und Stelle verbraucht wird. Neuerdings wird diese Pfeilwurz mit bestem Erfolg auch im Kamerungebiete und in Deutsch-Südwestafrika angebaut und zur Gewinnung von Stärkemehl benutzt, das vielfach auch von den Fidschi-, Samoa- und Sandwichinseln, wie auch von Neuguinea in den Handel kommt.

Sonst wird das Arrowroot des Handels meist aus Wurzelstöcken verschiedener im tropischen Südamerika heimischer Pflanzen aus der Familie der Marantazeen, einer Art Gewürzlilien, gewonnen. Dieses Wurzelmehl gewannen die Indianer schon lange vor ihrer Bekanntschaft mit den Europäern und nannten es aruruta (von aru Mehl und ruta Wurzel), woraus die Engländer irreführenderweise ihr arrowroot machten, was also „Wurzelmehl“ und nicht „Pfeilwurz“ bedeutet, wie man glauben könnte. Das beste Stärkemehl liefert Maranta arundinacea, eine 2–3 m hohe Staude mit geradem, schlankem Stengel, langen, ovallanzettlichen, unterseits etwas behaarten Blättern, kleinen weißen Blüten, die in kurzen Ähren an den verzweigten Blütenständen erscheinen und welchen Kapselfrüchte von der Größe der Johannisbeeren folgen. Der fleischige Wurzelstock verzweigt sich im Boden; seine einzelnen Glieder, „Finger“ genannt, werden 25 bis 45 cm lang, sind weiß und müssen zur Zeit des Absterbens der Stengel, wenn sie am stärkereichsten sind, geerntet werden. Wenn der Wurzelstock jung ist, enthält er nur 7–8 Prozent Stärkemehl, dann wächst der Gehalt allmählich und erreicht im 10.–12. Monat, je nach der Gunst des Klimas, 25–26 Prozent. Die abgeschnittenen Stauden dienen als Gründüngung, während die mit Hacken ausgegrabenen Wurzelstöcke geschält, gewaschen, zwischen Walzen zerquetscht und die Stärkemehlkörnchen auf feinen Sieben ausgeschlämmt werden. Darauf folgt die Trocknung in großen, flachen Kupferpfannen, in welche die Stärke mit neusilbernen Schöpflöffeln übertragen wird, und darauf das Verpacken in Fässer oder noch besser in Zinnkisten. Aus ihrer Heimat im tropischen Südamerika war die Pfeilwurz vor der Ankunft der Europäer überall in Westindien verbreitet und wird schon lange auch in Ostindien, Afrika und Australien im großen kultiviert. Besonders in Süd- und Westafrika hat sich ihr Anbau in neuerer Zeit sehr gehoben. Natal führt davon jährlich bis zu 300000 kg aus, wovon das kg im Großhandel etwa 1 Mark kostet. Solches Arrowroot wird in Westindien auch von Calathea allouya gewonnen, einer Pflanze mit rundlichen, kleinen Knollen, die wie die Maranta von den Eingeborenen Guianas und Westindiens häufig als Knollenpflanze bei den Häusern angebaut wird. Dann wird aus verschiedenen Cannaarten, die mit Maranta nahe verwandt sind und wie diese kultiviert werden, Arrowroot gewonnen, das unter dem Beinamen Tulema (verdorben aus tous les mois) bekannt ist, Canna discolor aus Mittelamerika soll wenig, aber eine sehr gute Sorte geben, die in Trinidad unter dem Namen Cannaroot in den Handel kommt. Während die verschiedensten südamerikanischen Cannaarten, so namentlich C. gigantea aus Brasilien und C. paniculata aus Peru, zur Stärkemehlgewinnung angepflanzt werden, wird nur die ebenfalls in Peru heimische Canna edulis in Süd- und Mittelamerika, wie seit langer Zeit auch im östlichen Australien für den Export im großen angebaut. In ihrer Heimat Peru heißt sie adeira und werden ihre Knollen wie bei uns die Kartoffeln gegessen. Sie ist außerordentlich zähe und genügsam an den Boden und wird im Gegensatz zur weißen Arrowrootpflanze (Maranta arundinacea mit der weißen Blüte), weil sie scharlachrote Blüten und dunkelpurpurfarbene Früchte besitzt, die rote Arrowrootpflanze genannt. In Queensland hat sie infolge ihrer leichteren Erntebereitung, trotzdem ihr Produkt weit geringere Preise erzielt, die Marantakultur schon fast ganz verdrängt. Sonst kommt die meiste Cannastärke von St. Kitts in Westindien nach London auf den Markt.

Andere nennenswerte Arrowrootquellen sind einige Ingwerarten Ostindiens aus der Gattung Curcuma, deren eine die als Gewürz gebrauchte Gelbwurz liefert; die beste Sorte liefert Curcuma angustifolia. Das daraus gewonnene Stärkemehl wird meist auf den indischen Basaren unter einheimischen Namen verkauft und kommt kaum in den europäischen Handel, doch soll es vielfach zur Verfälschung des echten Arrowroots aus Maranta arundinacea gebraucht werden. In Westindien dient zu der seltener vorkommenden Verfälschung derselben eine ihr ähnlich sehende Stärke, die von verschiedenen Cycadeen oder Palmfarnen, besonders Zamia tenuis, furfuracea und pumila, gewonnen wird. Dem gleichen Zwecke dienen die im Tieflande Mexikos wachsenden großen Samen des Palmfarns Dioon edule. In Chile ist Astroemeria pallida eine Arrowrootquelle; das gewonnene Produkt dient aber nur dem einheimischen Verbrauch.

Eine als Nahrungsmittel außerordentlich wichtige Knollenfrucht liefert die südamerikanische Wolfsmilchart Manihot utilissima. Dieses Wurzelgewächs wird in Westindien und den Vereinigten Staaten Cassava, in Zentralamerika, Kolumbien, Venezuela, Peru, Ekuador und Bolivien Yuca, in Brasilien, Argentinien und Paraguay aber Mandioca genannt. Und als Maniok wird es auch von den Europäern in Amerika gewöhnlich bezeichnet, während es die in Westafrika, wo es früh durch südamerikanische Sklavenhändler eingeführt wurde, lebenden Weißen als Cassada oder Stockyams bezeichnen. Besonders an der Küste Westafrikas, wo es die Eweer Agbeli nennen, wird es neben dem ebenfalls aus Südamerika eingeführten Mais als Hauptbrotfrucht gepflanzt. Man unterscheidet in seiner Heimat bittern und süßen Maniok; der letztere wird als Manihot aipi bezeichnet, ist mehr in Südbrasilien, Paraguay und Nordargentinien zu Hause, hat lange Staubbeutel und ungeflügelte, nur etwas eckige Kapseln, während ersterer dagegen mehr aus Nordbrasilien, Guiana und Westindien stammt und kurze Staubbeutel und breitgeflügelte Kapseln besitzt. Obschon der süße Maniok, namentlich in kühleren Gegenden, besser gedeiht als der bittere, auch in bezug auf den Boden weniger anspruchsvoll ist und kürzere Zeit, nämlich 8–10 Monate, zur Reife gebraucht, wird er weniger als der bittere angebaut, der reicheren Ertrag geben soll und dessen Knollen sich im Boden auch besser halten sollen als die süßen. Sie sind größer als letztere und nicht weißlich, sondern dunkel gefärbt. Die Pflanze gehört zu den halbholzigen Sträuchern, der weißliche, spröde Stengel ist mit dickem Mark gefüllt, mehrfach verästelt und wird 1,5–2 m, unter günstigen Verhältnissen sogar 3 m hoch. Er ist schwach mit bläulichgrünen, drei- bis siebenlappigen Blättern besetzt und trägt rispiggestellte unscheinbare Blüten männlichen und weiblichen Geschlechts, aus welch letzteren Kapselfrüchte hervorgehen. Die fleischigen Wurzeln stehen in Büscheln beisammen und bilden den Dahlien- oder Georginenknollen ähnliche, nur bedeutend größere und schwerere, außen meist rotbraun, innen dagegen gelbweiß wie die Kartoffel gefärbte, fingerförmig auseinanderstehende Knollen mit derber Schale. Meist erreichen sie nur 30–45 cm Länge, können aber auch bis 70 cm Länge und ein Gewicht von 4–5 kg erlangen. Sie enthalten gleich dem Strauche einen äußerst giftigen Milchsaft, der schon wenige Minuten nach dem Genuß den Tod herbeiführt. Durch Unkenntnis dieser Verhältnisse bei der ihnen bis dahin unbekannten Knollenfrucht gingen zahlreiche der schwarzen, aus Ostafrika mitgenommenen Suaheliträger auf dem letzten großen Zuge Stanleys kongoaufwärts zum Entsatze von Emin Pascha an Vergiftung zugrunde. Glücklicherweise läßt sich aber das Gift, das aus Blausäure besteht, schon teilweise durch sorgfältiges und wiederholtes Auswaschen, vollständig aber durch Rösten und Kochen entfernen. Die Hitze verflüchtigt es so schnell, daß dünne Wurzelschnitten, einige Stunden an der Sonne getrocknet, dem Vieh als Futter verabreicht werden können, und sogar, falls sie völlig trocken sind, auch vom Menschen gegessen werden dürfen. Vor ihrer Zubereitung raspelt und zerreibt man die Knollen, preßt die Masse aus, wäscht sie wiederholt im Wasser aus und drückt sie schließlich durch ein Bambusrohrgeflecht. Das dabei Zurückbleibende ist das Mandiocamehl, in Südamerika meist nur farinha, d. h. Mehl genannt, das, zu Brot oder Kuchen gebacken oder mit Wasser zu Brei verrührt, in einem großen Teile Südamerikas für die ärmere Bevölkerung das ist, was die Kartoffel für Irland. Aus dem durch das Bambusgeflecht abgelaufenen Wasser schlägt sich reines Stärkemehl nieder, das als Tapioka (aus dem tipiok der Indianer entstanden), Manioksago oder brasilianisches Arrowroot in den Handel gelangt und als Kindermehl oder zu feinem Backwerk verwendet wird. Damit sich das Mandiocamehl leichter zu Brot backen läßt, wird es in Amerika vielfach mit Weizenmehl vermischt. Als Würze zu den etwas fade schmeckenden Maniokklößen oder dem Tapiokabrei genießt man vielfach den mit Pfeffer gekochten frischen Milchsaft der Pflanze, und sogar die Blätter werden gekocht als Gemüse gegessen. Da die Kultur des Manioks eine äußerst einfache ist, die Pflanze selbst mit geringem Boden vorlieb nimmt und bei geringer Arbeit einen hohen Ertrag liefert, so ist es kein Wunder, daß sie sich aus ihrem Stammland Brasilien, wo sieben verschiedene Arten derselben angebaut werden, über ganz Südamerika, Mexiko und die Antillen schon vor der Ankunft der Europäer verbreitet hatte. Im 16. Jahrhundert kam sie durch die Portugiesen nach Westafrika, wo sie sich mit der Zeit weithin verbreitete; später ward sie auch nach Asien gebracht und wird da stellenweise angebaut, so besonders auf der Halbinsel Malakka. Doch nimmt heute noch Brasilien weitaus die erste Stelle in bezug auf den Export von Tapioka ein. Hat doch dieses Land eine Jahresausfuhr von 15 Millionen kg im Wert von über einer Million Mark, nach ihm kommt Singapur mit 12,4 Millionen kg. Die deutschen Kolonialgebiete in Westafrika produzieren fast nur für den Eigenbedarf, weil von seiten der Europäer bis jetzt keine Nachfrage nach diesem Artikel besteht. Doch hat Togo immerhin im Jahre 1906 schon 250000 kg im Werte von fast 22000 Mark ausgeführt. Die Kultur ist so überaus einfach und ergiebig, daß sie selbst dem arbeitsscheuen Neger einleuchtet und sich von selbst bis nach Westafrika quer durch den Kontinent ausbreitete. Sowohl in Deutsch-Ostafrika als auch namentlich im portugiesischen Teile spielt sie heute eine große Rolle. Der Maniok, der von den Deutschen Westafrikas im Gegensatz zum eigentlichen, wie wir gleich sehen werden, rankenden Yams auch als Stockyams bezeichnet wird, gedeiht am besten auf trockenem Sandboden, während er bei zu großer Feuchtigkeit, z. B. im Gebirge, durch starken Giftgehalt ausgezeichnet ist und dann mit der größten Vorsicht durch die vorhin genannten Maßnahmen entgiftet werden muß.

In seiner Heimat Brasilien, wie in Afrika und auf Malakka, wird der Maniok in der denkbar einfachsten Weise angepflanzt, indem man ein Stück Urwald mit Axt und Feuer lichtet und den Grund behackt. In Abständen, die mit Rücksicht auf die Größe des sich entwickelnden Strauches durchschnittlich 1,5–2 m betragen, werden etwa 30 cm lange Stengelstücke, an denen in ausgiebigster Weise Knospen angelegt sind, die in der folgenden Vegetationsperiode zur Entwicklung gelangt wären, bis nahezu zur Hälfte schräg in den Boden gesteckt. Schon nach 2 bis 3 Wochen bemerkt man das Austreiben der Knospen, welche sich dann sehr schnell entwickeln, so daß bereits nach sieben Monaten, während welcher nur ein- bis zweimal zur Beseitigung des gröbsten Unkrauts gehackt zu werden braucht, die Ernte der Knollen beginnen und infolge der stetigen Entwicklung neuer Knollen mehrere Monate fast ununterbrochen fortgesetzt werden kann. Dabei müssen die Knollen, die sich an der Luft nicht gut halten, bis zu ihrem Verbrauche im Boden belassen werden, worin sie sich ausgezeichnet konservieren. In Westafrika wird der Maniok in ausgedehnten, meist sorgsam gehegten Feldern bei den Negerdörfern gebaut, indem um jede Pflanze ein Erdhaufen zusammengeharkt wird, welcher infolge der Belaubung der über Mannesgröße erreichenden Stauden meist frei von Unkraut bleibt. Dabei kann man auf einen Ernteertrag von 5 kg Knollen pro Pflanze rechnen mit einem Mehlertrag von etwa 33 Prozent. Die anfänglich leeren Abstände benützt man vielfach zum Anbau schnellwachsender Pflanzen wie Mais oder Bergreis und legt häufig Mischkulturen von Maniok und Bananen an. Auch der Maniok hat seine Feinde, von denen namentlich Raupen mitunter in größeren Mengen an die Pflanze herangehen. Bedeutend mehr wird aber die durch einen Fadenpilz hervorgerufene Kräuselkrankheit der jungen Triebe gefürchtet. Einfallende Schwärme von Wanderheuschrecken können durch Abfressen des für sie trotz der Giftigkeit unschädlichen Laubes großen Schaden anrichten, ebenso Wildschweine und in Amerika Agutis durch Wegfressen der Knollen trotz ihrer Bitterkeit. Die Blätter fallen vielfach auch Hirschen und Antilopen zum Opfer.

Bild 21. Die Batate oder süße Kartoffel (Ipomaea batatas).
Blühender Zweig und Wurzelknollen.

Eine andere uralte Kulturpflanze des tropischen Amerika ist die Batate oder süße Kartoffel (Ipomaea batatas), die durchaus nicht mit der gemeinen Kartoffel verwandt ist, sondern ein Windengewächs mit eßbaren Wurzelknollen ist. Wegen der großen Ähnlichkeit der letzteren mit den Kartoffelknollen in Verbindung mit deren ausgesprochen süßem Geschmack wurden sie als süße Kartoffeln bezeichnet. Die Pflanze ist ausdauernd, sie hat aus einer Wurzel mehrere lange, auf dem Boden kriechende Stengel, langgestielte, breite, tiefeingeschnittene Blätter, zu 3–4 an einem ebenfalls langen Stiele aus den Blattwinkeln hervorbrechende große, purpurrote, rötliche oder weiße Trichterblüten und entwickelt mehrere lange, walzen- oder spindelförmige, spitz zulaufende, außen purpurrote, weiße oder gescheckte, inwendig aber weiße, weiche mehlreiche Wurzelknollen, die im allgemeinen nur ein Gewicht von 1–2 kg erreichen; doch sind solche von 6 kg keine Seltenheit, und auf Java soll man sogar Knollen von 25 kg gezogen haben. Obschon die Pflanze noch nirgends im wilden Zustande angetroffen wurde, so ist doch höchst wahrscheinlich Brasilien ihre engere Heimat, da dort verwandte wilde Ipomaea-Arten angetroffen werden, deren Knollen gleichfalls gegessen werden können. Seit den ältesten Zeiten wird sie durch das ganze tropische Amerika von Paraguay und Peru, in welch letzterem Lande sie apichu genannt wird und nach den Gräberfunden von Ancon schon von den vorgeschichtlichen Indianerstämmen angepflanzt wurde, bis Mexiko und den Antillen kultiviert, und zwar in einer großen Zahl von Kulturvarietäten, die indessen nicht durchweg beständig zu sein scheinen. Sie wurde im Jahre 1519 in Europa bekannt, indem Pigafetta über ihre Kultur in Brasilien berichtete. Bald darauf wurde sie in Spanien eingeführt und von dort und den Kanaren kam sie noch vor der Kartoffel nach England. Wegen ihrer großen Vorzüge als Nährfrucht verbreitete sie sich sehr rasch über die Alte Welt und fand sich schon im 17. Jahrhundert in ausgedehntem Maße in Ostasien, besonders China, angepflanzt. Man baut sie gegenwärtig außer sehr allgemein in Amerika, wo sie sich den ganzen Süden der Vereinigten Staaten erobert hat, in Nordafrika, Ostindien, China, Japan und dem malaiischen Archipel an. Selbst in Südeuropa hat man sie einzubürgern versucht; doch ist es ihr hier nicht warm genug, so daß sie nicht recht zu gedeihen vermag.

Die Kultur der Batate, deren Namen die Engländer als die ihnen von den beiden Knollengewächsen zuerst bekannt gewordene als potatoe auf die Kartoffel übertrugen, erfordert in den warmen Ländern sehr wenig Arbeit. Sie wächst in jedem Boden, ist aber für ausgiebige Düngung dankbar. Man steckt die Saatknollen, oder falls man Stecklinge erhalten kann, meist diese in Abständen von 1 m in den Boden, nachdem der Boden durch Hacken gelockert und das Unkraut als Gründüngung untergegraben ist. Die beste Pflanzzeit ist in den Tropen die zweite Regenzeit oder, falls nur eine existiert, die zweite Hälfte derselben; doch pflanzt man meist während der ganzen Regenzeit, um stets frische Süßkartoffeln zu haben. Meist setzt man sie als Zwischenfrucht auf Feldern, die zum zweiten Male Mais tragen. Und zwar wählt man die Zeit, da der Mais schon 30–40 cm hoch ist und als Schattenpflanze für die jungen Bataten dienen kann. Nach zwei Monaten wird der Mais geerntet, nach fünf Monaten aber die Bataten entweder ohne Zwischenfrucht, oder man sät noch einmal Mais dazwischen. Andere Zwischenfrüchte, wie z. B. Bananen, wählt man jetzt nicht mehr oder nur selten. Dadurch, daß die Stengel der Bataten auf dem Erdboden kriechen und mit zahlreichen Blättern versehen sind, unterdrücken sie die Entwicklung von Unkräutern. Man braucht also nicht zu hacken, sondern kann den Boden fest lassen, wodurch auch die Ausbildung großer und mehr runder Knollen begünstigt wird. Bei der Ernte, welche etwa Anfang April beginnt, werden die Knollen für den jedesmaligen Bedarf oder in gewissen, meist nicht sehr großen Quantitäten mit möglichster Schonung der Pflanze herausgenommen. Diese setzt dann fortwährend neue Knollen an, so daß die Felder oft erst nach zwei bis drei Jahren erneuert werden. Nachher aber werden die Blätter kleiner und die Knollen bleiben aus, so daß die Kulturen frisch angelegt werden müssen. Die Ernte soll man möglichst nur bei trockenem Wetter vornehmen. In vielen Fällen heben die Knollen zur Zeit der Ernte, da das Laub gelb zu werden beginnt, die Erde empor und lassen sich leicht auffinden und mit der Hacke ausgraben. Der Wert der durch einen großen Reichtum an Stärkemehl und Milchsaft ausgezeichneten Knollen wird durch ihre geringe Haltbarkeit beeinträchtigt, zumal in einem feuchten Klima. Vor allem müssen sie in einem trockenen, luftigen Raum aufbewahrt werden. Zu diesem Zwecke baut man gutgedeckte Scheuern, worin sie aufgehängt oder, wie es die Neger meist machen, lose aufeinander geschichtet werden. Man ißt sie aber meist bald nach der Ernte und bereitet sie in derselben Weise wie die Kartoffeln zu, indem man sie in Butter geröstet und als Puree oder Salat zubereitet ißt. Sie sind sehr bekömmlich und nahrhaft, zart und von angenehmem, süßem Geschmack, sind leichter verdaulich, stehen aber für unser Empfinden in bezug auf Wohlgeschmack weit hinter den Kartoffeln zurück. Im Ofen getrocknet oder in Zucker eingelegt, lassen sie sich auch konservieren; auch benutzt man sie zur Gewinnung eines berauschenden Getränkes, das in Westindien mobby, bei den Portugiesen aber marmoda heißt. Die von Würmern angefressenen, die leicht faulen, und die unreifen Knollen können als Viehfutter verwendet werden. Als ebensolches dienen auch die Blätter und Stengel; erstere werden bisweilen auch solange sie jung sind wie Spinat gekocht vom Menschen gegessen, schmecken aber nicht sehr gut.

Unter der Bezeichnung Yams oder Igname werden seit uralter Zeit verschiedene kletternde Knollenpflanzen aus der Gattung Dioscorea (nach dem griechischen Arzte Dioskurides im 1. Jahrhundert n. Chr. so genannt) im tropischen Amerika, in Afrika und Asien kultiviert, deren wilde Stammformen meist nicht mehr zu finden sind. Von den zahllosen Formen sind Dioscorea batatas, sativa und alata die wichtigsten. Unter ihnen hat die erstgenannte mit Sicherheit in China und dem indo-malaiischen Gebiet ihre Heimat; hier wird sie in den ältesten auf uns gekommenen Schriften mit einheimischen Namen erwähnt. Ferner hat sich herausgestellt, daß der in Südamerika für sie gebräuchliche Name Igname, der sich mit dem Gewächs weithin verbreitet hat und beinahe ebenso oft gebraucht wird als die Bezeichnung Yams, aus Westafrika stammt und wahrscheinlich mit der Frucht durch Sklaven dahin gelangte. Alle Yamsarten sind windende Pflanzen mit bis 6 m langem, dünnem, hartem, vielfach noch mit Dornen ausgestattetem Stengel, spiral darum herumlaufenden herzförmigen Blättern, getrennt geschlechtigen, unscheinbaren grünen, der Johannisbeertraube ähnlichen Blüten, harten, herzförmigen, ungenießbaren Früchten, 0,5–1 m und mehr langen, bis 10 kg schweren fleischigen Knollen mit dunkler Rinde und mehlreichem Inhalt. Bei vielen sind letztere stark bitter oder geradezu giftig, in welch letzterem Falle sie einen ekelhaften Geruch beim Kochen von sich geben. Durch Wässern und längeres Kochen werden aber diese Stoffe vollständig beseitigt, so daß sie dann eine sehr wohlschmeckende Speise abgeben, die an Nährwert der Kartoffel gleichkommt. Sie werden geschält, zerschnitten, weich gekocht, in Holzmörsern zerstampft und der so entstandene dicke Brei mit Pfeffer und Öl gewürzt verzehrt.

Bild 22. Der Yams (Dioscorea batatas). Ein rankender Zweig und junge Wurzelknollen.

Der Yams verlangt einen guten, durchlässigen, humusreichen Boden, weshalb er meist auf früherem Waldboden kultiviert wird, und ein feuchtwarmes Klima. Als Saatgut dienen kleine Knollen, die vielfach nicht unterirdisch, sondern an den Blattwinkeln entstehen. Solche überirdische Knollen werden besonders von einigen afrikanischen Yamssorten erzeugt, die speziell in Abessinien kultiviert werden und überhaupt keine unterirdischen Knollen bilden. Je größer die gepflanzten Knollen oder Knollenstücke sind, um so kräftigere Schößlinge treiben sie aus und um so mehr Frucht setzen sie an. In Abständen von 1 m häufelt man die Erde zu kleinen Hügelchen auf, pflanzt die Knollen dort ein und steckt gleichzeitig bei jeder eine Stange, die zwar nicht die Höhe, aber die Stärke einer Hopfenstange haben muß. Sobald die Ranken einige Fuß lang sind, bindet man sie wie Bohnenranken an. Im übrigen besteht die Pflege in mehrmaligem Jäten des Unkrauts und Auflockern des Bodens, außerdem in wiederholtem Anhäufeln nach Bedarf um die sich bildenden Knollen herum. Eine Zwischenfrucht ist nicht zu empfehlen, höchstens etwa Mais oder Bataten, wobei dann aber selbstverständlich größere Abstände nötig sind.

Im ganzen wird der Yams von den Kolonisten nur selten feldbaumäßig wie von den Eingeborenen angepflanzt, sondern nur zum Hausgebrauch in Gärten den Zäunen entlang, oder zur Belaubung von Veranden gleich den Zierkürbissen gezogen. Nach 9–11 Monaten sind die Knollen reif, was man am Welken der Stengel merkt; man wartet aber, bis die Stengel völlig abgestorben sind und ihre sämtlichen Nährstoffe in die Knollen geschafft haben. Der Durchschnittsertrag darf auf 2–4 kg per Pflanze gerechnet werden, was bei Abständen von 1 m 20–40000 kg pro Hektar ergibt. Hat man schwächliche oder kleine Knollen zur Aussaat benutzt, so braucht man mehrere Jahre zum Erzielen von großen Knollen; da muß man mit 1 kg schweren Knollen zufrieden sein. Mittelstarke Saatknollen geben Ernteknollen von 2–5 kg. Riesenknollen von 15–18 kg sind ausnahmslos das Produkt des Wachstums mehrerer Jahre. Auf den Fidschiinseln, wo die Yamskultur durch die Eingeborenen in hoher Blüte steht, versteht man Knollen von 1,8 m Länge und 50 kg Gewicht zu erzielen. Die Leute dort geben an, daß man zur Erzielung von so großen Knollen einen harten, nicht bearbeiteten Boden brauche; auch bereitet man den Pflanzen durch untergelegte Steine einen künstlichen Widerstand und pflegt dabei zu sagen, der Yams müsse sich erst ärgern, um seine ganze Kraft zu zeigen. Auch die Eingeborenen von Neuguinea vermögen Riesenknollen von 40 kg Gewicht zu erzielen.

In ganz Westafrika ist der Yams neben dem Maniok eine der wichtigsten Nährpflanzen, ja geradezu die Kartoffel der Eingeborenen und der dort lebenden Europäer. An der Küste gedeiht er nicht so gut wie im Binnenlande; hier ist neben Mais der Cassava oder Stockyams genannte Maniok die Hauptknollenfrucht, während die Knollen des gewöhnlichen Yams in großen Mengen aus dem Innern eingeführt werden. Im Binnenlande, in welchem der Yams zu Hause ist, wächst er dort am besten, wo am Fuß der sanft ansteigenden Gebirgszüge und in den Tälern sich ein guter, lockerer Humusboden abgelagert hat. Schon im Monat Februar, zur Zeit des Harmattan und am liebsten nach dem Grasbrand, der den Boden mit seiner fruchtbaren Asche düngt, begibt sich der schwarze Yamsbauer in den Busch, um sich entweder auf dem eigenen Land oder dem seiner Familie oder seines Stammes den Platz für die anzulegende Pflanzung herzurichten, indem er mit seinem Buschmesser den Boden vom niedrigen Gestrüpp, Buschwerk und Gras, falls der Brand letztere noch nicht vernichtet hat, säubert. Palmen und größere Laubbäume bleiben als wohltuende Schattenspender stehen, außerdem leitet er die rasch wachsenden Yamslianen durch Palmrippen zu diesen Bäumen, an denen sie dann ähnlich wie der Hopfen hoch hinaufranken. Zu dichte Baumgruppen lichtet der Neger dadurch, daß er den einen oder andern Baum unten über der Erde am Stamm abbrennt. Dadurch stirbt er ab, wird dürr und liefert im kommenden Jahr gutes Brennholz für die Küche. Das abgehauene und rasch dürr gewordene Gestrüpp wird nun auf Haufen gebracht und an Ort und Stelle verbrannt. Dann werden in 1–1,5 m Abständen mit der Hacke rundliche Erdhaufen in der Größe unserer Ameisenhügel gemacht und in jeden solchen mit der Hand eine kleine Yamsknolle mit 1–2 Triebaugen gepflanzt. Leicht mit Erde zugedeckt, treibt sie schon nach 2–3 Wochen eine armlange Ranke, die nun einen Pfahl erhält. Ist ein Baum in der Nähe, so erhält die Yamsranke nur eine Palmrippe der Ölpalme, die zwar im Boden rasch morsch wird, aber nur dazu dienen soll, sie auf den benachbarten Baum zu leiten. Die übrigen Pflanzen erhalten im Busch gehauene, unten zugespitzte und in den Boden gesteckte Pfähle wie unsere Bohnenstangen. Nun hat der Yamsbauer während der folgenden 6–8 Monate bis zur Ernte den Boden mit der kurzen Hacke zu lockern und vom Unkraut freizuhalten. Ist das Yamsfeld weit entfernt, so baut sich der Neger dabei eine kleine Hütte, in der er mit den Seinigen haust. Für die jungen Söhne pflanzt der Vater gewöhnlich eine Reihe von 20 bis 30 Yamsstöcken, deren Ertrag sie für sich verkaufen dürfen. Auch die Frau bekommt 2–3 Reihen, etwa 60–80 Yamspflanzen, über deren Ertrag sie frei verfügen kann. Ist der Mann gut zu ihr, so darf sie zwischen den einzelnen Yamsreihen Tomaten, Fetri oder Kaschokeln, Pfeffer und Zwiebeln pflanzen. Zu Anfang Oktober schneidet der Neger die Yamsranke am Kopfe der Knolle in der Weise ab, daß noch eine dünne Scheibe an ihr hängen bleibt, und pflanzt sie in denselben Hügel etwas abseits gleichsam noch einmal. Die ausgewachsenen, armdicken, 30–50 cm langen und bis 10 und 12,5 kg schweren, reifen Knollen werden vorläufig noch im Boden belassen und nach Bedarf daraus entnommen. Bringt der Neger mehrere Lasten Yams nach Hause, so werden die einzelnen Stücke an einer schattigen, kühlen Ecke im Hof in die Erde gegraben, damit sie frisch bleiben, und nach Bedarf in der Küche verbraucht. Die wieder gepflanzte Ranke setzt bei günstiger Witterung 3, 4 und mehr kleine, etwas verkrüppelte Knollen, teta genannt, an. Diese Knollen sind nach 6 bis höchstens 8 Wochen reif und bilden die Saatfrucht für das nächste Jahr. Ende November, wenn die Ranken dürr geworden sind, werden die großen und kleinen Knollen geerntet. Diese Yamsernte ist der willkommene Anlaß zu einem fröhlichen mit Schmaus, Trinkgelagen aus Palmwein und Tanz gefeierten Fest. Für die westafrikanischen Neger, die wir hier besonders im Auge haben, ist es zugleich das Neujahrsfest. Lautes Freudengeschrei ertönt überall auf den Feldern und in den Dörfern. Am Morgen opfern die Priester den Fetischen, in denen sie die Geister ihrer Verstorbenen hausend wähnen, Yams mit Palmöl gemischt. Man beschenkt sich gegenseitig mit Yams, und das Lieblingsgericht der Neger, der „Fufu“, wird in großen Mengen aus der Frucht hergestellt und verzehrt. Zu diesem Zwecke werden die Yamsknollen von den Weibern auf denen sonst alle Arbeit ruht, geschält, zerkleinert und gekocht, um dann zuletzt in einem mörserartig ausgehöhlten Holzblock mit Holzstampfern zu Brei gestampft zu werden. Dieser Brei wird dann in Form eines brotleibähnlichen Klumpens aufgetischt und, da er etwas fade schmeckt, mit Palmöl- und Pfeffersuppe, die daneben gestellt werden, gewürzt gegessen. Der Hausherr bekommt mit seinen Söhnen eine besondere Schüssel, die Hausfrau mit ihren Töchtern desgleichen. Beim Essen trennt jeder mit Zeige- und Mittelfinger ein Stück des Brotbreies ab, drückt mit dem Daumen eine Vertiefung hinein und fährt mit dem Stück durch die daneben stehende scharfe Sauce, um bei dieser Prozedur möglichst viel davon in der eingedrückten Höhlung aufzufangen. Schnell, ohne lange gekaut zu werden, wird der Bissen hinuntergeschluckt. Was der Neger täglich an Yams gebraucht, holt er sich jeweilen vom Felde. Sobald aber die Ranken dürr geworden sind, werden die Yamsknollen ausgegraben und in das auf der Plantage aus dünnen Pfählen mit quer daran festgebundenen Palmrippen errichtete und mit Palmblättern gedeckte Yamshaus gebracht, wo sie möglichst trocken aufbewahrt werden müssen. An den vier Innenwänden des überaus luftigen Yamshauses wird jede Knolle vermittelst Schlingpflanzen festgebunden und hält sich so 6–8 Monate, gröbere Sorten sogar 10–12 Monate lang, da die Luft beständig Zutritt hat. Diese Eigenschaft ist von großer Bedeutung, da er die einzige Frucht bildet, die im Lande aufbewahrt werden kann. Mais, der zweimal im Jahre geerntet wird, ist schon nach kurzer Zeit vom Kornwurm angegriffen, und die Wurzelknolle des Maniok oder Stockyams hält sich ausgegraben höchstens drei Tage. Missionar Fies hat die Namen von 42 Yamssorten aus Togo notiert und sagt, es gebe noch weitere, denen aber keine große Bedeutung zukomme. Ist die Yamsernte gut ausgefallen, so verkauft der Yamsbauer von den Früchten an die Küstenneger oder auch an die Europäer, die ihn ebenfalls gerne essen; denn der Handel mit dem verhältnismäßig hoch im Preise stehenden Yams ist recht einträglich und dürfte in der wirtschaftlichen Entwicklung der hier gelegenen deutschen Kolonien, besonders von Togo, eine wichtige Stellung einnehmen.

Bild 23. Der Taro (Colocasia esculenta).
Die in der Erde ruhende Knollenwurzel ist nicht sichtbar.

Tafel 51.

In Holzmörsern Yamsknollen zum Fufu genannten Brei zerstampfende Frauen an der Goldküste in Westafrika.

Neger mit Yamsknollen, Kokosnüssen und Bananen auf Jamaika.

Tafel 52.

Yamsknollen, Ananas und Bananen in Kamerun.

Frauen in Bonaberi, Kamerun, gekochte Yamsknollen stoßend, um Fufu daraus zu bereiten.

Neben dem Yams spielen die Knollen eines in Polynesien Taro, in Westafrika aber Dinde genannten Aronsstabgewächses mit der lateinischen Bezeichnung Colocasia antiquorum, eine sehr wichtige Rolle. Während der Regenzeit und der ersten Hälfte der Trockenzeit ist er für die Polynesier und an der Küste lebenden Neger Westafrikas sogar die wichtigste Feldfrucht. Auch im malaiischen Archipel, in Ostasien bis Japan, in Indien, Südarabien, Ägypten und Ostafrika ist die Tarokultur recht verbreitet, wenn sie auch fast nirgends als Hauptkultur betrieben wird. Ebenso ist sie durch den Einfluß der Araber nach Algerien und Südspanien gelangt, doch spielt sie hier, wie auf den Kanaren, in Westafrika und in Amerika eine sehr untergeordnete Rolle. Der Taro ist eine mehrjährige Pflanze mit langgestielten, breiten Blättern in Herzform, einem kolbenförmigen, von einer großen Scheide umgebenen Blütenstand von etwa 15 cm Länge und einer bis kopfgroßen, rundlichen Wurzelknolle, neben welcher sich am Wurzelhalse noch kleine Tochterknollen entwickeln. Je nach den verschiedenen Arten, die sich schon äußerlich an der verschiedenen, grünen oder violetten Färbung der Blattrippen und Stengel unterscheiden lassen, sind die Knollen außen weiß, gelblich, rötlich oder violett, innen aber stets weiß und recht stärkereich. Sie enthalten 2,5 Prozent Eiweiß und 15 Prozent Stärke. Roh können sie nicht gegessen werden, da sie einen scharfen Stoff enthalten, der aber schon beim Kochen und Rösten in Asche oder auf heißen Steinen, welch letzteres Verfahren fast ausschließlich in der Südsee geübt wird, verschwindet. Man genießt sie in der verschiedensten Zubereitung wie unsere Kartoffeln, besonders auch in Form von Taroschnitten geröstet, und ißt auch die Blätter, nachdem man die starken Rippen von ihnen entfernt hat, gekocht als Gemüse.

Die Heimat des Taro ist Südasien, speziell Indien, von wo aus sich die Nutzpflanze allseitig verbreitete, soweit der Mensch sie in Pflege nahm. In China wird sie etwa seit dem 1. Jahrhundert n. Chr. erwähnt. Die ersten europäischen Seefahrer trafen ihre Kultur bereits in Japan und in ganz Ozeanien, bis zum nördlichen Teile Neuseelands vor. Bei den Kulturvölkern Westasiens und des Mittelmeergebiets ist die Pflanze im Altertum nicht heimisch geworden, nur im Niltal wurde sie etwa seit der Mitte des letzten vorchristlichen Jahrtausends gepflanzt, wie uns Theophrast berichtet. Die Beschreibung von Dioskurides und Plinius um die Mitte des 1. Jahrhunderts n. Chr. einer ägyptischen Knollenpflanze, dürfte sich eher auf den indischen Lotos als auf sie beziehen. Aber im Mittelalter wurde sie unter der arabischen Bezeichnung kolkâs, woraus dann von den abendländischen Gelehrten, insbesondere vom Venezianer Prosper Alpino, der eine Reise nach Ägypten ausführte, wonach er ein Buch über „ägyptische Pflanzen“ schrieb, und als Professor der Botanik in Padua 1617 starb, die Bezeichnung colocasia entstand, im Niltal häufig gepflanzt und breitete sich damals über Nubien und Sennar nach Afrika aus.

Die Kultur des Taro ist derjenigen des Yams ähnlich, nur daß man natürlich, da sie keine Kletterpflanze ist, keiner Stangen bedarf. Am besten eignet sich dazu sandiger Lehm, der recht feucht sein und durch fleißiges Behacken locker gehalten werden muß. Das Wärmebedürfnis der Pflanze ist kein besonders großes, vielmehr verlangt sie außer reichlicher Wasserzufuhr Schatten, den man ihr meist durch Dazwischenpflanzen von Bananen zuteil werden läßt. Andererseits benutzt man sie wiederum vielfach und mit Erfolg zur Beschattung junger Kaffee- und Kakaopflanzen. Die Vermehrung geschieht entweder durch die Tochterknollen, die aber viel Zeit zur Entwicklung brauchen, oder zweckmäßiger durch den oberen Teil der Knollen früherer Ernten, die in Abständen von etwa 1 m gepflanzt werden. Die Güte und Zartheit des beim Kochen eine gelbliche Farbe annehmenden und einen etwas schleimigen, jedoch nicht unangenehmen Geschmack aufweisenden Fleisches der 0,5–2 kg schweren Knollen hängt neben der Sorte, der Feuchtigkeit und dem Boden, von der Sorgfalt der Bearbeitung ab. Namentlich muß das Feld von Unkraut rein gehalten werden. Schon nach zwei Monaten sind die ersten Knollen genießbar, nach fünf bis sechs Monaten haben die frühreifen Sorten bereits ihre definitive Größe erreicht, die anderen werden nach acht bis zwölf Monaten geerntet; länger darf man nicht warten, da sonst die Knolle wieder austreibt. Die gleichfalls gut brauchbaren Tochterknollen kann man aber schon vorher mit Vorsicht ausgraben, ohne die Pflanze zu schädigen. Nur in Gegenden mit ausgeprägter Trockenzeit welken die Blätter vollständig; man muß sich deshalb die Zeit des Auspflanzens merken, um die Erntezeit nicht zu verpassen. Ein großer Vorteil ist, daß die Knolle sich im Boden wenigstens einige Monate hindurch hält, so daß man ernten kann je nach Bedarf; auch ist die Zahl der Tochterknollen in gutem Boden eine sehr reiche, was die Vermehrung sehr erleichtert. Nur einen Nachteil besitzt der Taro, daß er nämlich in bezug auf Boden und Klima wählerisch ist und bedeutend weniger Ertrag gibt als die meisten anderen, für den Anbau zur Verfügung stehenden Knollengewächse.

Außer dem Taro werden übrigens in Ostasien und Polynesien noch eine Reihe anderer Aronsstabgewächse wegen ihrer mehlhaltigen Knollen angebaut, so z. B. die 1 m hohe Alocasia macrorhiza mit noch größeren Blättern, deren Knolle aber dem Taro an Güte nachsteht und zudem einen außerordentlich scharfen, giftigen Saft enthält. Zur Entfernung desselben muß sie lange eingeweicht und unter Erneuerung des Wassers gekocht werden. Ferner werden in denselben Gegenden hier und da Arten der Gattung Amorphophallus kultiviert, die aus einer mächtigen, oft über 15 kg schweren Knolle nur ein einziges, bis 3 m hohes, riesiges, mehrfach gelapptes Blatt erzeugen, nach dessen Absterben dann ein ebenfalls sehr großer, kolbiger, mit dunkelvioletter Scheide umgebener Blütenstand hervortreibt, der in der Vollblüte einen ekelhaften Aasgeruch verbreitet. Die Schärfe der Knollen muß ebenfalls durch mehrfaches Auswässern und längeres Kochen zerstört werden. In Japan wird besonders Alocasia rivieri kultiviert, aus deren Knollen die Japaner ein konniyak genanntes Stärkemehl gewinnen. Auf den Molukken wird zuweilen die auch in wildem Zustande sehr gemeine Alocasia campanulata gepflanzt. Andere Arten werden in Vorderindien und Afrika benutzt, freilich aber nicht kultiviert.

Den Taro vertreten im tropischen Amerika seit alter Zeit andere Aronsstabgewächse der Gattung Xanthosoma, die in Westindien Taya, in Brasilien dagegen Mangareto genannt werden. Wie der Maniok und andere amerikanische Nutzpflanzen sind sie dann durch die Portugiesen schon sehr früh nach Westafrika übergeführt worden, wo sie in manchen Gegenden der Küste, z. B. in Kamerun, noch heute eine weit größere Rolle spielen als der Taro. Von den asiatischen Arten unterscheiden sich die Pflanzen leicht durch den milchigen Saft, während er beim Taro durchsichtig ist. Die wichtigste Art ist Xanthosoma sagittifolium, die wegen ihrer weißen, ganz angenehm, wenn auch weniger gut als die Kartoffel schmeckenden mehligen Knollen Mangareto branco, d. h. weiße Mangareto genannt wird. Die apfelgroße, als sehr schmackhaft geltende Hauptknolle wird von einer Anzahl nur nußgroßer Tochterknollen umgeben, die besser als die größeren schmecken. Die violette Taya hat violette Blattstiele und grünviolette Blätter; eine andere Sorte wird Bananentaya genannt. Die Touca besitzt viel kleinere und mehr graugrüne Blätter; ihre besonders wohlschmeckenden Knollen sind innen gelb und behalten die Farbe auch beim Kochen. Auch von diesen Pflanzen ißt man die gekochten Blätter als Gemüse.

Ein anderes amerikanisches Knollengewächs, das mühelos reiche Ernten liefert, ist eine Kürbisart, die schon die Azteken in Mexiko kultivierten. Sie nannten sie chayotli, was „stacheliger Kürbis“ heißt. Daraus wurde ihre heutige mexikanische Bezeichnung Chayote. Ihre Verbreitung nach Westindien, wo sie Chocho genannt wird, wurde durch die Tatsache begünstigt, daß sie außer den mehlreichen Wurzelknollen, die oft 10 kg schwer werden und äußerlich wie im Geschmack der Yamswurzel gleichen, nur im frischen Zustande ein bitteres, abführendes, durch Kochen in Wasser leicht zu beseitigendes Prinzip enthalten, 10–15 cm lange, rauhhaarige, bleichgrüne oder gelblichweiße Früchte liefern, welche große, eßbare Samen enthalten. Letztere können roh kaum genossen werden, schmecken auch gekocht recht fade, doch lassen sich aus ihnen durch Hinzufügen von Zucker und Zitronensaft ausgezeichnete Marmeladen und Fruchtspeisen herstellen. Sie vertragen auch gut den Export, nur muß man sich vor Verletzung derselben hüten, da sie dann alsbald zu faulen beginnen. Gute Sorten haben etwa Nußgeschmack und sind viel mehliger als der Kürbis oder die Gurke. In Algier und auf Réunion hat man sie als Gemüseobstpflanze eingeführt, auch findet man sie jetzt vielfach in Ostindien angepflanzt. Wo sie sehr häufig ist, wie in Westindien, dient die Frucht auch als Schweinefutter, aber wohl nirgends in so ausgedehntem Maße wie in Jamaika, wo diese Pflanze eigens zum Zwecke der Schweinemast angebaut wird. Die jungen, noch nicht beblätterten Sprosse werden in Mexiko als Spargel gegessen und sollen ähnlich wie dieser schmecken. In Paris und anderswo wird das leichte Fasergewebe der Pflanze zur Herstellung von Damenhüten verwendet. Die Kultur erfolgt wie bei einem gewöhnlichen Kürbis in sandiger Erde in Abständen von 1 m in der einen und von 3 m in der andern Richtung durch Pflanzen der der Frucht entnommenen Samen. Wenn nicht geduldet wird, daß das Unkraut den Boden überwuchert, wachsen die Pflanzen außerordentlich schnell und liefern noch in demselben Jahre eine Ernte ihrer großen, grünen, stacheligen Früchte. Im nächsten Jahre kann eine Aberntung von Wurzelknollen stattfinden; diese erzeugt nämlich Nachkommen, die abgelöst werden können, ohne daß die Lebenstätigkeit der Pflanze gestört wird. Zugleich kann abermals eine Ernte von Früchten stattfinden. Diese Doppelernten können noch sechs bis sieben Jahre wiederholt werden, wenigstens in Gegenden, wo kein Frost auftritt. Nach Ablauf dieser Zeit ist aber die Pflanze erschöpft und muß durch Stecken eines Sämlings neu gepflanzt werden. Da sie keinerlei Kulturarbeit erfordert und sich innerhalb der heißen Zone leicht an Boden und Klima anpaßt, verdient sie als äußerst nützliches Tropengewächs allgemeine Beachtung und weitere Verbreitung.

Das weitaus nützlichste Kulturgewächs aber, das der an Pflanzen mit eßbaren Wurzelknollen so reiche Kontinent Amerika den Ländern mit gemäßigtem Klima, so vor allem auch Europa schenkte, ist die Kartoffel (Solanum tuberosum). Bedenken wir, daß allein Deutschland jährlich etwa 30 Milliarden kg Kartoffeln erzeugt und zum weitaus größten Teil als Nährfrucht verbraucht, ferner daß in diesem Lande ein volles Achtel des Ackerlandes auf den Anbau dieser Knollenfrucht verwendet wird, so kann man schon daraus ermessen, welche ungemein große Bedeutung dieser Amerikanerin allenthalben, wo Europäer sich niedergelassen haben, zukommt. Sie stammt aus den gemäßigten Gegenden des westlichen Südamerika, dem Gebiete der Anden von Chile und Peru, und wurde daselbst seit ältester Zeit von den Eingeborenen als Nahrungsmittel verwendet und im Laufe vieler Jahrhunderte durch Kulturauslese zu der hochgezüchteten Knollenfrucht, wie sie den Europäern bei der Entdeckung des Inkareiches entgegentrat, entwickelt. Ihr Wert beruht ausschließlich in den stärkemehlreichen Knollen, die keine Wurzelanschwellungen, sondern zu Reservestoffspeichern verdickte unterirdische Stengel analog den Ausläufern der Erdbeerpflanze sind und wie die übrigen Teile der Pflanze namentlich dicht unter der Haut den Giftstoff Solanin enthalten, der allerdings bei den Kultursorten ein sehr unbedeutender ist und leicht durch Kochen beseitigt wird. Immerhin sind auch bei uns schon Vergiftungsfälle vorgekommen, so namentlich, wenn zu junge, unzeitige Knollen mit der Schale gegessen wurden. Die Blätter erzeugen das Stärkemehl, das in den unterirdischen, verdickten Stengeln aufgespeichert wird. Im Gegensatz zu diesen blaß bleibenden Trieben unter der Erde ergrünen die oberirdischen Triebe und erzeugen außer den dunkelgrünen Blättern, welche mit Hilfe der Energie der Sonnenstrahlen die Kohlensäure der Luft zerlegen, den Sauerstoff ausatmen und den Kohlenstoff zurückbehalten, um ihn in Verbindung mit den Bestandteilen des Wassers zum Aufbau der Stärkemehlkörnchen zu verwenden, an ihrem Gipfel Dolden von weißen, rötlichen oder violetten Blüten, je nachdem die Knollen weiße, rötliche oder violette Schalen bilden. Die Frucht ist die bekannte grüne, zuweilen weißliche, etwas über kirschgroße Beere, die viele Samen enthält. Die Zucht aus Samen ist zur Bildung neuer Formen durch Kreuzung von einer gewissen Bedeutung; doch wird sie für die Vermehrung der Pflanze nicht verwendet, da die Knollen der daraus gezogenen Kartoffeln, wie diejenigen der wild wachsenden Arten höchstens pflaumengroß werden. Letztere sind erst durch langjährige Kultur dazu gebracht worden, viel größere Knollen zu erzeugen, die man dann auf vegetativem Wege vermehrt.

So wird die Kartoffel lediglich durch Knollen vermehrt, die, sobald sie über eine bestimmte Größe hinausgehen, unbeschadet der Wachstumsmöglichkeit in Stücke geschnitten werden können, an denen dann die daran befindlichen Augen austreiben. Durch die Boden-, weniger durch die Klimaverschiedenheit nimmt die Kartoffel unter auffallender Vergrößerung mannigfaltigste Form, Farbe und Beschaffenheit an und ändert sich der Ertrag und der Stärkemehlgehalt ihrer Knollen. Sie gedeiht am besten in einem tiefgründigen, lockeren, etwas sandigen Boden in warmer, sonniger Lage; in feuchtem Lehmboden oder in nassem Moorboden verringert sich sowohl der Ertrag an Knollen, als auch ihr Stärkemehlgehalt ganz bedeutend. Die Saatknollen wählt man im Herbst aus und lagert sie sorgfältig. Im Frühjahr setzt man sie in Reihen. Die Triebe entwickeln sich nun kranzförmig rings um die Mutterknolle und werden in der Weise angehäufelt, daß in die Mitte derselben Erde gebracht wird, so daß die unbedeckt bleibenden beblätterten Stengel sich sternförmig nach außen niederbiegen und bei mehrmaligem Anhäufeln ein flacher Erdhügel entsteht, in welchem sich die jungen Knollen ausbilden. Die frühesten Sorten werden schon Mitte Juli reif, doch erfolgt die Haupternte erst im September und Oktober, nachdem das Kraut abgedorrt ist. Das Ausnehmen geschieht mit Hacke und Forke (vom lateinischen furca, Gabel), oder mit dem Pfluge. Die großen Ansprüche, welche die Aussaat und die Ernte der Kartoffeln an die menschliche Arbeitskraft stellen, haben neuerdings zur Erfindung von besonderen Maschinen zum Legen und Ausgraben der Knollenfrüchte geführt. Zur Erzielung gesunder und sehr großer Kartoffeln sollte jede Saatknolle einen Wachsraum von 1 qm erhalten; doch begnügt man sich meist mit einem bedeutend kleineren Raum. Durchschnittlich erntet man pro Hektar 13000–18000 kg, doch können die Erträge unter günstigen Umständen auf 20000–40000 steigen. Die Knollen sollen in trockenen, kühlen Kellern aufbewahrt werden. Gleich nach der Ernte reifen sie noch nach, wobei sie Kohlensäure abgeben und Wärme entwickeln, wie alle Lebewesen überhaupt beim Lebensprozesse. Bald nimmt dann die Lebenstätigkeit ab und ruht fast völlig, bis sie im Frühjahr neu erwacht. Dies geschieht um so später, je kühler und trockener sie lagern. Sie halten deshalb im Frühjahr auf einem luftigen Boden viel länger ohne zu keimen als im Keller, und wenn sie auch einschrumpfen, so werden sie durch Legen ins Wasser leicht wieder glatt. In den austreibenden Keimen findet sich besonders der Giftstoff Solanin, so daß diese sorgfältig vor dem Genusse der Knollen entfernt werden müssen. Bis zum Frühjahr verlieren sie etwa 10–12 Prozent ihres Gewichtes durch Atmung. Bei starken Kältegraden tritt ein Erfrieren der Kartoffeln ein, wobei das Leben der Knollen getötet wird und sie nach dem Auftauen infolge der Desorganisation sehr rasch faulen. Bei geringen Kältegraden, schon bei +2–3°C., tritt ein Süßwerden der Kartoffeln ein, was oft auch Erfrieren genannt wird. Die Ursache liegt darin, daß bei derartigen Temperaturen die Knollen den aus dem Stärkemehl sich bildenden Zucker nicht veratmen können und ihn aufspeichern. Bewahrt man solche süßgewordene Kartoffeln mehrere Tage bei Temperaturen von 10–16°C. auf, so verliert sich dieser unangenehme Geschmack infolge Verbrennens des angesammelten Zuckers. Wird eine Kartoffel gekocht, deren Reservevorrat noch intakt ist, dann quellen die in ihr enthaltenen Stärkekörner durch Wasseraufnahme stark auf, drücken mit großer Kraft gegen die Wände der Zellen, in denen sie eingeschlossen sind, und bewirken dadurch, daß die Gänge und Spalten zwischen den einzelnen Zellen und die Zellen selbst aufgerissen werden bis zu ihrer völligen Trennung. Zu junge Knollen und solche, aus denen im Frühjahr das Stärkemehl teilweise wieder verschwunden ist, indem es zur Ernährung der austreibenden Knospen verwendet wurde, werden begreiflicherweise nicht mehr „mehlig“.

Die Kartoffel wird jetzt überall auf der bewohnten Erde kultiviert, wo es ihr nicht zu warm oder zu kalt ist. In Europa geht sie bis zum 70° nördlicher Breite und in Deutschland bis zu 1000 m Meereshöhe; im Kanton Bern findet sie sich noch bei 1400 m und im Kanton Wallis am Simplon mit der Saubohne sogar bis zu 2000 m über Meer angebaut. Die gegen 3000 kultivierten Spielarten werden nach der Form in runde oder Lärchenkartoffeln, spitze oder Hornkartoffeln und lange oder Nierenkartoffeln, nach der Reifezeit in frühe, mittelfrühe und späte Kartoffeln, endlich nach der Verwendung in Speise-, Futter- und Brennkartoffeln eingeteilt. Letztere werden vorzugsweise zur Bereitung von Spiritus verwendet. Sie enthalten 9–25, im Mittel 18 Prozent Stärkemehl neben bloß 0,6–4,4, durchschnittlich 2,0 Prozent Eiweißstoffen und rund 1 Prozent Gummi und Salzen, besonders viel Kalisalzen. Indem nun diese Kalisalze nach dem Essen von Kartoffeln ins Blut gelangen, entziehen sie der Chlornatrium-, d. h. Kochsalzlösung des Blutes teilweise das Natron, das sich mit dem Kali als dem stärkeren Alkali verbindet und als für den Körper nicht weiter verwendbarer Stoff durch die Nieren ausgeschieden wird. Dieser Kochsalzverlust muß nun durch Einnahme dieser Verbindung gedeckt werden; deshalb schmeckt uns die Kartoffel nur mit Salz und mit gesalzenen Speisen wie Heringen, die gleichzeitig das ihr fehlende Eiweiß enthalten. Jedenfalls ist die Kartoffel weniger nahrhaft als das Getreide, weil in ihr das Stärkemehl mit einer weit geringeren Menge Eiweiß als in jenen verbunden ist. Unmöglich können wir mit ihr allein auskommen, sondern müssen Fett durch Schmälzen und etwas Eiweiß in Form von Hülsenfrüchten, Brot oder Fleisch dazu genießen. Dann ist sie eine sehr gute Speise, die wir auch tatsächlich nicht mehr missen möchten.

Diese Knollenfrucht wurde zuerst von den Indianern der chilenischen Anden in Pflege genommen und nach und nach durch Kulturauslese zur großknolligen, nahrhaften Nutzpflanze erhoben. Die noch jetzt zwar nicht mehr auf dem Festlande, wohl aber auf der chilenischen Insel Chiloe an steilen, felsigen, meist in der Nähe der Seeküste in gemäßigter Lage wildwachsend angetroffene Kartoffelpflanze bringt nur kleine, unschmackhafte, wässerige Knollen hervor und hat immer weiße, und zwar im Gegensatz zur kultivierten, wohlriechende Blüten. Im alten Kulturreiche der Inkas, das außer Peru auch Chile und Ekuador umfaßte, wurde diese Nährfrucht, die, nach der Zahl der schon damals vorhandenen Spielarten zu urteilen, schon seit Jahrtausenden in Kultur gestanden haben muß, überall angepflanzt, als der vormalige Schweinehirt, dann Soldat Francisco Pizarro mit einem Häuflein von Glücksrittern wie er selbst, die Uneinigkeit im Hause der „Sonnensöhne“ klug benutzend, durch Treulosigkeit, Verrat und unerhörte Grausamkeit das Land im Jahre 1533 einnahm, um dann 1541 63jährig von seines Genossen Almagros Sohn ermordet zu werden. Zuerst finden wir die Kartoffel in einer im Jahre 1553 in Sevilla gedruckten Chronik Perus von Petrus Ciça als trüffelartige Frucht erwähnt. Bald nach 1560 brachten die Spanier sie in ihre Heimat nach Spanien, von wo aus sie nach Italien gelangte. Hier nannte man sie nach ihrer Ähnlichkeit mit der Trüffel tartufulo, d. h. Trüffel, woraus dann die Deutschen, als sie von Italien her mit dem Knollengewächs bekannt wurden, ihre zu Anfang des 17. Jahrhunderts noch allgemein gebräuchliche Bezeichnung Tartuffel bildeten, das später in Kartoffel umgeändert wurde. Der Erneuerer der Botanik Clusius (eigentlich Charles de l’Ecluse, 1526 in Arras geboren, war von 1573–1587 Hofbotaniker in Wien und von 1593 bis zu seinem 1609 erfolgten Tode Professor der Pflanzenkunde in Leiden in Holland), schreibt in seinem 1609 erschienenen Buch über ausländische Pflanzen, dieses Knollengewächs sei in Italien sehr gemein; man genieße die als tartufoli bezeichneten Knollen wie die Rüben und den Pastinak zum Fleisch, füttere aber damit vorzugsweise die Schweine. Die ersten Kartoffeln erhielt jener Gelehrte zu Anfang des Jahres 1588 von einem Freunde aus Belgien zugesandt. Damals war sie aber, durch die spanische Herrschaft eingeführt, teilweise schon in Burgund in Kultur.

Unabhängig von der Einführung durch die Spanier in die iberische Halbinsel, von wo sie sich dann nach Italien und dem übrigen Südeuropa verbreitete, gelangte die Kartoffel nach England. Und zwar herrschte im 18. und teilweise noch im 19. Jahrhundert bei den Gelehrten allgemein die Ansicht, daß sie zuerst durch den Engländer Franz Drake nach England eingeführt worden sei, von wo aus sie dann ihren Siegeszug nach dem europäischen Kontinent angetreten habe. Deshalb wurde diesem verdienten Manne 1853 ein Denkmal in der badischen Stadt Offenburg gesetzt. Diese Annahme hat sich bei genauerer Untersuchung als durchaus unrichtig erwiesen. Diesem Manne kommt nur das Verdienst zu, die Batate oder süße Kartoffel nach Europa gebracht zu haben, wo es ihr allerdings nur im Süden warm genug war, um zu gedeihen. So verbreitete sie sich bald über die heißen Gegenden der Alten Welt, ohne den Völkern Europas einen nennenswerten Nutzen zu bringen. Die Kartoffel dagegen gelangte zuerst auf britisches Gebiet durch den Sklavenhändler Hawkins, der sie bald nach 1565 aus Peru nach Irland brachte. Sie fand aber in jenem Lande, das heute diese Knollenfrucht vor allen anderen der Erde konsumiert, zunächst noch keine Beachtung. Im Jahre 1584 wurde sie durch den Schiffskapitän Walter Raleigh aus Virginien abermals nach Irland gebracht, wo er sie zunächst auf seinem Gute Yonghal pflanzte; von dort aus kam sie nach Lancashire in England. Dann soll Thomas Herriott 1586 ebenfalls Kartoffelknollen aus Virginien nach England gebracht haben. Doch ist hierzu zu bemerken, daß die Kartoffel in Virginien selbst im 16. Jahrhundert noch nicht kultiviert wurde, sondern vermutlich auf dem Handelswege, wenn nicht durch Raub auf einem Flibustierzuge in den Besitz der dort niedergelassenen Engländer gelangte, um von diesen den Schiffskapitänen nach Europa mitgegeben zu werden. Durch Franz Drake erhielt der Botaniker Gerard außer Bataten auch einige Saatkartoffeln, die er 1596 in seinem Garten in London anpflanzte. 1610 brachte Walter Raleigh abermals Kartoffeln aus Nordamerika nach seiner Heimatinsel Irland. Hier aber fand sie immer noch keine Aufnahme beim Volke, bis die Royal Society 1663 ihren Anbau durch alle möglichen Mittel zu befördern suchte, um der hier infolge von Mißernten des Getreides immer wieder auftretenden Hungersnot zu steuern. Trotz allen Bemühungen von Privaten und gemeinnützigen Gesellschaften, diese Nährfrucht im Lande einzuführen, wurde die Kartoffel in England erst um die Mitte des 18. Jahrhunderts allgemeiner bekannt.

In Deutschland wurde die Kartoffel zuerst 1588 als Kuriosität in den kaiserlichen Gärten von Frankfurt am Main und Wien durch den bereits genannten Clusius unter der Bezeichnung Papas peruvianorum gepflanzt. Erst der von einem Hugenotten aus Amiens in der Picardie stammende, 1560 in Basel geborene und hier 1624 als Stadtarzt und Professor für Anatomie und Botanik verstorbene Kaspar Bauhin gab ihr im Jahre 1590 den ihr bis auf den heutigen Tag verbliebenen wissenschaftlichen Namen Solanum tuberosum. In Frankreich kam die Kartoffel als große ausländische Rarität 1616 auf die königliche Tafel, ein Jahr nachdem der 1601 als Sohn Heinrichs IV. und der Maria von Medici geborene Ludwig XIII. unter Vormundschaft seiner Mutter die Regierung seines Reiches angetreten hatte, als sein Vater dem Anschlage des Mörders Ravaillac erlegen war. Um 1630 scheint sie zuerst in Lothringen und im Lyonnais angebaut worden zu sein; aber das ganze 16. Jahrhundert hindurch wurde sie nur versuchsweise angepflanzt und spielte als Nährmittel noch keinerlei Rollen. Noch unter Ludwig XIV. (1638 geboren, regierte seit seines Vaters Tod am 14. Mai 1643, zuerst unter Vormundschaft seiner Mutter Anna von Österreich und des Ministers Jules Mazarin, dann nach des letzteren Tode 1661 selbständig bis zu seinem 1715 erfolgten Tode, sein Reich in völliger Zerrüttung hinterlassend) war sie nur ein Leckerbissen der Vornehmen, von dem das gemeine Volk nichts wissen mochte. Um sie nun bei der konservativ an ihrem Hirse- und Haferbrei nebst Weizen- und Roggenbrot hängenden Landbevölkerung einzuführen, soll ein findiger Apotheker folgende List angewandt haben. Er versah mit Kartoffeln bestellte Felder mit Warnungstafeln, auf denen allen, die es wagen sollten, die kostbaren Feldfrüchte zu stehlen, empfindliche Strafen angedroht wurden. Durch diesen Kunstgriff soll dann erzielt worden sein, was durch einfache Empfehlung nicht erreicht werden konnte. Die Bauern der Umgegend stahlen die verbotene Frucht und lernten sie so kennen. Der König — es soll Ludwig XV. gewesen sein —, die Königin und die Höflinge sollen sogar eine Zeitlang die Kartoffelblüte im Knopfloche getragen haben, um diese Knollenfrucht bei den Untertanen beliebt zu machen. Aber trotz allem Liebeswerben beharrten die französischen Bauern bei der Ablehnung der Kartoffel. Erst durch Parmentier, der sie in Deutschland kennen gelernt hatte, fand sie bald nach 1770 zunächst im Osten des Landes weitere Verbreitung. Als der Engländer Arthur Young kurz vor der großen Revolution von 1791 das Land bereiste, war sie in weiten Gebieten, namentlich in Westfrankreich, eine noch fast unbekannte Nährfrucht, und unter hundert Bauern, meint er, hätten sich gewiß neunundneunzig geweigert, sie auf irgendwelche Weise zubereitet auch nur in den Mund zu nehmen. Hier wie anderswo trugen erst die Hungersnöte von 1793 und 1817 zur Überwindung des Vorurteils gegen die Amerikanerin das ihrige bei, so daß sich die Bevölkerung nach und nach entschloß, sie bei sich einzuführen.

In Deutschland trugen die Nöte des Dreißigjährigen Krieges viel zur Einführung der Kartoffel bei, so daß sie hier früher als in Frankreich sich allgemeinerer Anerkennung erfreute. Schon um die Mitte des 17. Jahrhunderts wurde sie in Baden, Franken, Sachsen, Braunschweig und Westfalen gebaut. Friedrich II., der Große, der von 1740 bis 1786 regierte, verbreitete durch Gewaltmaßregeln den Anbau der schon 1738 in Preußen eingeführten Kartoffel in Pommern und Schlesien. Im Siebenjährigen Krieg, den er im Bunde mit England gegen Österreich, Rußland, Frankreich, Schweden, Sachsen und die Mehrzahl der deutschen Reichsstände von 1756–1763 führte, zeigte sich dann der Nutzen der Einführung dieser Mehlfrucht, ohne welche die Not und das Elend im Mißjahr 1770 noch viel größer geworden wären. Aber auch in Deutschland begann erst nach Abschaffung der reinen Brache ums Jahr 1780 ihr Anbau im großen. Als nach den Befreiungskriegen die wohlfeile Zeit anbrach, begann man sie in umfangreichem Maße auch als Viehfutter und zur Spiritusbrennerei zu verwenden. Um 1726 kam sie nach Schweden, um 1730 wurde sie bei Bern kultiviert und um 1760 war sie in den meisten Ländern eine bekannte Frucht, die von 1770 an größere Verbreitung in Böhmen und Ungarn fand. Nach Böhmen war sie von Brandenburg aus gekommen, weshalb sie in jenem Lande heute noch Bramborg heißt. Aber erst im 19. Jahrhundert wurde sie die beliebte und geradezu unentbehrliche Speise, als welche sie uns heute entgegentritt. Auch die russische Regierung wollte nicht zurückbleiben und ermunterte das Volk zu deren Anbau durch das Aussetzen von Prämien. In Griechenland verbreitete sich der Kartoffelbau erst, als der zum Könige des Landes ernannte Prinz Otto von Bayern 1833 mit bayerischen Truppen in Nauplia landete und die Verwaltung des Landes nach abendländischem Muster organisierte. Die Engländer verpflanzten sie in alle ihre Kolonien; schließlich fand sie auch im nördlichen China Aufnahme. Heute ist sie über die ganze Kulturwelt verbreitet und schätzt man die Produktion in Europa und den Vereinigten Staaten auf etwa 200 Milliarden kg, was eine ganz respektable Zahl bedeutet.

Bild 24 und 25. Der die Kartoffelkrankheit bewirkende Pilz Phytophthora infestans.
a ein von diesem Pilz befallenes Kartoffelblatt; b Schnitt durch dasselbe mit den durch die Spaltöffnungen des Blattes zutage tretenden Sporenbehälterträgern; c Reifer Sporenbehälter; d junger Sporenbehälter mit sich zu Sporen teilenden Zellen; e freibewegliche Sporen mit den die Bewegung vermittelnden Wimperfäden.

Bild 26. Der Koloradokäfer (Doryphora decemlineata). a erwachsener Käfer, b Eierhäufchen, c Larven in verschiedenen Stadien, d Puppen.

Mit dem allgemeineren Anbau der Kartoffel stellten sich aber auch verschiedene Krankheiten, wie sie mit Vorliebe die Kulturgewächse heimsuchen, ein. So verursachte von 1845–1850 die von einem Schmarotzerpilze aus der Familie der Peronosporeen (Phytophthora infestans) hervorgerufene Kartoffelkrankheit verheerende Epidemien in ganz Mitteleuropa. Vereinzelt war sie schon seit 1830, nach ihrer Einschleppung aus Amerika, in Deutschland beobachtet worden, doch erst seit dem regenreichen Sommer 1845, der zu ihrer Entwicklung sehr günstig war, fand sie allgemeine Verbreitung. Seit dieser Zeit ist sie nie mehr ganz verschwunden; doch ist die Wirkung des Pilzes offenbar in den letzten Jahrzehnten eine schwächere geworden und verursacht nur noch in sehr nassen Sommern größeren Schaden. Durch Infektion der Knollen verursacht sie die Knollenfäule, die sich nur durch Verwendung gesunder Knollen als Saatgut verhüten läßt. In neuerer Zeit hat man mehrfach widerstandsfähigere Sorten mit dickeren Schalen gezüchtet, die von der Krankheit weniger zu leiden haben. Von tierischen Feinden schaden der Kartoffel namentlich Engerling, der Drahtwurm, die Raupen der Nonne und Saateule, wie auch des Totenkopfes, endlich der nach seiner Heimat, den Tälern des Koloradoflusses im nordamerikanischen Felsengebirge, als Koloradokäfer bezeichnete Blattkäfer Doryphora decemlineata, der zuerst die Kartoffelernten der westlichen Staaten Nordamerikas Jahre hindurch dermaßen vernichtete, daß man in vielen Distrikten den Anbau der Kartoffeln ganz aufgab. Unaufhaltsam schritt der Koloradokäfer seit 1859 nach dem Osten der Union vor, überall permanente Kolonien gründend, und trat 1877 in der Nähe von Mühlheim am Rhein und bei Torgau in Schlesien auf, ohne daß ermittelt werden konnte, wie er dorthin gelangt war, obschon die meisten Staaten Europas versucht hatten, durch ein im Frühjahr 1875 erlassenes Verbot der Einfuhr amerikanischer Kartoffeln sich den lästigen Schmarotzer vom Leibe zu halten. Dank dem sofortigen energischen Eingreifen der preußischen Regierung vermochte die Gefahr in der Folge abgewendet zu werden, wenn der Koloradokäfer auch 1888 nochmals bei Torgau, wo man ihn vernichtet wähnte, in größerem Maße auftrat.

Von anderen südamerikanischen Nachtschattenarten mit knolligen Reservestoffspeichern ist noch die Sumpfkartoffel (Solanum commersoni) zu erwähnen, die in Argentinien und Uruguay heimisch ist und am La Plata häufig neben der Kartoffel gezogen wird, da sie mancherlei Vorzüge vor jener besitzt. Am besten gedeiht sie in schwerem, nassem Lehmboden, wobei das gelbe, bisweilen grünliche Fleisch seine ursprüngliche Bitterkeit mehr und mehr verliert. Als die Europäer nach Südamerika vordrangen, war sie die in Brasilien, wo die Kartoffel völlig unbekannt war, allein kultivierte Knollenfrucht aus der Familie der Nachtschattengewächse. Später wurde sie hier durch die eigentliche Kartoffel völlig zurückgedrängt. Auch in Europa hat sie sich bis jetzt nicht einzubürgern vermocht. So werden besonders in Frankreich fortgesetzt Versuche zu ihrer Akklimatisation gemacht, doch hat es bis jetzt nicht glücken wollen, sie hier zur Reife zu bringen. Im Jahre 1901 tauchte dort plötzlich in der Kultur des Gutsbesitzers Labergerie in Verrières (Dep. Vienne) eine sehr ertragreiche und gegen die gewöhnliche Kartoffelkrankheit widerstandsfähige Varietät mit violettem Fruchtfleisch auf. Außerdem zeichnete sie sich dadurch aus, daß sie auch in den Blattachseln sehr große Luftknollen erzeugte, die bis 21 cm lang, 8 cm breit und 850 g schwer wurden. Fünf an einem Bächlein gepflanzte Stöcke gaben 10 kg Knollen, ein anderer deren 2,5 kg, darunter eine gegliederte Knolle von 1 kg Gewicht. Allerdings zeigte diese vielversprechende violette Abart zahlreiche Rückschläge in den gelben Urtypus. In Deutschland und Österreich waren die Ergebnisse hauptsächlich wegen des Ausbleibens der Reife noch weniger günstige; doch dürfte diese Kartoffel in einem warmen Klima vielversprechend sein. Zudem ist sie leicht durch Kultur auf fruchtbarem Boden dahin zu bringen, daß ihr Fruchtfleisch seine Bitterkeit verliert.

Die Indianer der Anden von Peru und Bolivia, denen wir die für die Kulturwelt so überaus wichtige Kartoffelkultur verdanken, bauen außer der Kartoffel eine Reihe anderer Knollengewächse an, von denen dem einen oder anderen vermutlich eine größere Zukunft beschieden sein mag. Unter ihnen ist die von den Peruanern Oca genannte Oxalis tuberosa die wichtigste. Diese Verwandte des Sauerklees hat große, gelbe, in langgestielten Dolden stehende Blüten mit am Rande gekerbten Blumenblättern und je nach der Sorte längliche oder runde, bis 7 cm lange, im allgemeinen unter Hühnereigröße bleibende außen weiße, gelbe, rosafarbene oder rotviolette Knollen, die 10–12 Prozent Stärkemehl enthalten, sich leicht kochen lassen und auch gut schmecken, aber 6–10 Tage der Sonnenwärme ausgesetzt werden müssen, um den ihnen sonst innewohnenden säuerlichen Geschmack zu verlieren. Bei längerem Aussetzen an die Sonne verlieren die Knollen einen Teil des Saftes und bekommen einen deutlich süßen Geschmack. Durch Frost und Mazerieren in stehendem Wasser bereiten sich die Peruaner eine Art Käse, Caya genannt, der trotz seines ekelhaften, faulendem Fleisch ähnlichen Geruches von den Eingeborenen sehr geschätzt wird. Die Vermehrung geschieht durch Knollen, die man in Abständen von einem Meter einlegt; die Ernte erfolgt im Herbst, wenn das Kraut durch Frost zerstört ist. Die Knollen lassen sich an einem kühlen Ort oder in trockenem Sand gut aufbewahren; auch kann man sie den Winter über in der Erde lassen. Ihre Zubereitung geschieht wie bei der Kartoffel; meist werden sie geschält und etwa 20 Minuten in Wasser gekocht mit Zusatz von etwas Soda, die ihnen eine schöne Bernsteinfarbe gibt. Mit Pfeffer und Salz geben sie ein angenehm schmeckendes, leicht verdauliches Gericht. Der Hauptvorzug der Oca vor der Kartoffel besteht in ihrer Ergiebigkeit, die dadurch außerordentlich gesteigert werden kann, daß man sie anhäufelt. Die Blätter und Spitzen der Schößlinge können wie Sauerampfer als Gemüse gekocht oder als Salat genossen werden. Sie ist seit längerer Zeit in Mittelfrankreich eingeführt. Eine andere, aus Mexiko stammende vielblätterige Sauerkleeart (Oxalis esculenta) hat rübenförmige Knollen von 10–20 cm Länge und 2–5 cm Dicke. In Wasser mit Salz gekocht sollen sie ähnlich wie gelbe Rüben schmecken; auch lassen sich die Blüten als Salat und die Blätter wie Sauerampfer verwenden. Beide Arten verdienen es, in den Bergregionen der Tropen angebaut zu werden.

Auf der Hochebene der Anden Perus wird auch eine als Maca bezeichnete Art Kapuzinerkresse (Tropaeolum tuberosum) ihrer kastanienförmigen Knollen wegen gepflanzt. Frisch soll sie wässerig und von fadem Geschmack sein, doch wird sie von den Eingeborenen gerne gegessen und deshalb viel angebaut. Ähnlich wie die Oca kann man auch sie durch Besonnung und nachheriges Gefrierenlassen zum Süßwerden, zur Einschrumpfung und zu jahrelanger Haltbarkeit bringen. Ebenso werden in Chile die Knollen einiger Arten der Gattung Tropaeolum von den Eingeborenen gegessen und teilweise angebaut. Wichtiger als diese ist der Ulluco (Ullucus tuberosus), eine Meldenart mit zarthäutigen, je nach der Varietät außen weiß, rosa, rötlich, gelb, violett, innen dagegen gelb bis grünlich gefärbten, länglichen oder runden Knollen, die etwas kleiner sind als Kartoffeln. Die kletternden, überall Wurzeln bildenden Stengel tragen langgestielte, herzförmige, glänzend-grüne, dicke Blätter. Es gibt unter ihnen schlechtere und bessere Sorten; letztere werden sehr gerühmt, schmecken aber in Wasser gekocht etwas fade, weshalb man sie mit Pfeffer ißt. Auf solche Weise gewürzt munden sie sehr und sollen an Güte den Ocas gleichkommen, sollen aber schwerer verdaulich sein und sich frisch nur zwei Monate halten. Besonnt aber und dem Frost ausgesetzt, sollen sie sich wie die vorigen über ein Jahr aufbewahren lassen. Außerdem läßt sich das Kraut wie Spinat benutzen. Die Ernte findet im Spätherbst statt, wenn das Kraut abgestorben ist, und zwar ist die Ergiebigkeit eine ganz außerordentliche. So hat man beispielsweise aus fünf ausgepflanzten Knollen in Gent und in Riga nicht weniger als 2000 allerdings meist ziemlich kleine Knollen erzielt.

In weit tieferen Lagen als die vorgenannten Knollengewächse gedeiht in den Bergen von Venezuela und Kolumbien ein als Arracacha bezeichnetes Doldengewächs mit fast einem halben Meter langen, dreiteilig gespaltenen Blättern und gelblichen oder dunkelvioletten Blüten. Die Güte und der Nährwert der Knolle wird vielfach von den Reisenden gerühmt. Sie wird wie die Kartoffel verwendet, auch Stärkemehl und ein alkoholisches Getränk wird daraus gewonnen; doch wird die Pflanze kaum je außerhalb ihrer Heimat angetroffen, da sie sich nicht sehr leicht akklimatisiert. Eine dieser als Arracacia xanthorhiza genannten Umbellifere nahe verwandte Art, Arracacia moschata wird in Mexiko in ähnlicher Weise benutzt und ziemlich häufig angepflanzt. Auch sie dürfte vor allen Dingen für solche Gebirgsgegenden in den Tropen in Betracht kommen, wo die Kartoffel wegen zu großer Feuchtigkeit schlecht gedeiht, während die vorher besprochenen Knollengewächse in besonders hohen und trockenen Gebirgsgegenden der Tropen versucht werden sollten.

Im östlichen Nordamerika dagegen ist ein anderes Knollengewächs heimisch, das sich sehr wohl zum Anbau in kälteren Gegenden eignet und auch in Mitteleuropa reiche Erträge liefert. Es ist dies der Erdapfel oder Topinambur (Helianthus tuberosus), ein im Staate Indiana wildwachsend gefundener Verwandter unserer Sonnenblume (Helianthus annuus), der schon von den Indianern im Gebiet der heutigen Vereinigten Staaten und von Kanada angepflanzt wurde. Er hat einen 2,5–3,8 m hohen, blattreichen Stengel und gelbe, 8 bis 10 cm im Durchmesser haltende Blütenköpfe, die bei uns nur in warmen Herbsten zur Entwicklung gelangen. Zuerst kam er 1617 nach England und ein Jahr später durch Lescarbot nach Frankreich, wo man ihn bald darauf als topinambaux zu verkaufen anfing. Die Wilden aber nannten ihn, wie letzterer Autor in seiner histoire de la nouvelle France erzählt, chiqiuebi. Der erste Europäer, der in Nordostamerika die Bekanntschaft der ovalen, außen rötlichen, innen aber weißen, spitz zulaufenden Knollen bei den Indianern machte, war der Engländer Champlain, der im Jahre 1603 berichtet, daß die Eingeborenen diese den Geschmack von Artischocken besitzenden Wurzeln anbauen. Auch der Name Topinambur scheint aus der Sprache eines nordamerikanischen Indianerstammes herzurühren. Die Pflanze gedeiht noch im schlechtesten Boden und ist winterhart; ihr Ertrag kommt im allgemeinen demjenigen der Kartoffel ziemlich nahe, dabei ist sie viel einfacher und billiger zu pflanzen. In nahrhaftem Boden setzt eine Pflanze 4–5 kg sehr nahrhafter, nach dem Kochen in Wasser angenehm süßlich schmeckender Knollen an. Diese können im November geerntet und den Winter über in trockenem Sand aufbewahrt werden; oder man kann sie auch im Boden belassen und nach Bedarf herausnehmen, in welchem Falle sie mit Stroh bedeckt werden, damit die Erde zur leichteren Entnahme frostfrei bleibe. Trotz der großen Vorzüge hat die Pflanze, nachdem sie kurz nach dem 1648 zu Ende gegangenen Dreißigjährigen Krieg nach Deutschland eingeführt wurde, nur vorübergehend für den Menschen Bedeutung als Nährpflanze erlangt und wurde im Laufe des 18. Jahrhunderts durch die Kartoffel verdrängt. Noch dient sie in manchen Gegenden dem Menschen zur Speise, doch wird sie bei uns fast nur noch als Viehfutter und zur Spiritusgewinnung angepflanzt, obschon ihre Wurzelknollen einen sehr angenehmen Artischockengeschmack besitzen und sehr nahrhaft sind. In neuester Zeit bindet man den Flugsand mit Vorliebe mit Topinambur.

Weit größere Bedeutung als er scheint eine andere nahe Verwandte aus dem südlichen Nordamerika erlangen zu wollen. Es ist dies der Helianthi, in seiner Heimat meist Salsifis genannt, ein Kreuzungsprodukt von Helianthus doronicoides und decapetalus, das eine Pflanze von 3,5 m Höhe mit dunkelgrünem Laub und goldgelben Blütenköpfchen darstellt. Das Kraut gibt ein vorzügliches Grünfutter und die saftigen, verdickten Wurzeln bilden ein sehr schmackhaftes, leichtverdauliches und dabei sehr nahrhaftes Gemüse, das mit der Zeit noch große Bedeutung erlangen wird. Der Ertrag ist sehr bedeutend, indem eine einzige Pflanze bis 9,5 kg Wurzelknollen ergibt. Ein Hektar Land mit Helianthi bepflanzt bringt wenigstens 100000 kg Knollen, also um die Hälfte mehr, als wenn die Fläche mit Kartoffeln bepflanzt worden wäre. Man pflanzt ihn von November bis Ende April in irgendwelchen gedüngten Boden. Ein einmaliges Behacken und Behäufeln genügt. Gegen Mitte November beginnt die Ernte, sobald die Stengel vertrocknet sind. Man kann aber auch die Knollen an Ort und Stelle im Boden lassen, die Büschel abschneiden und die Oberfläche mit einer guten Schicht Stroh bedecken, damit der Frost das Herausnehmen der Knollen nicht erschwere. Die Pflanze widersteht der größten Hitze wie der größten Kälte Nordamerikas und ist berufen, nicht als Ersatz der Kartoffel, wohl aber als wichtiges, billiges Wintergemüse eine ungemein bedeutende Rolle zu spielen. Sind die Knollen des Helianthi gegen das Frühjahr hin geschrumpft, so genügt es, sie einige Stunden ins Wasser zu legen, damit sie Aussehen und Geschmack von frischen erhalten.

Dem östlichen Nordamerika, von Kanada bis Virginien, gehört eine dem Topinambur ähnliche Knollenwurzel von Apios tuberosa an. Dieselbe soll wie Artischocken schmecken und wird stellenweise angepflanzt und als Speise gegessen. Desgleichen finden ihre Samen Verwendung. Für die Westküste Nordamerikas jenseits des Felsengebirges dient die mehlreiche Wurzel von Lupinus littoralis denselben Zwecken. Am meisten wird sie von den Bewohnern des Staates Kolumbia als Nahrung benutzt. Eine dritte Leguminose, die Batatenbohne (Stizolobium tuberosum) auf den Antillen, zeichnet sich durch eine kindskopfgroße Knollenwurzel, eine vierte, die Rübenbohne (Pachyrhizus angulatus) auf den Philippinen und Molukken, durch eine dicke, rübenartig schmeckende Wurzel aus. Sie ist im ganzen tropischen Asien bekannt und wird teilweise angebaut. Von der Batatenbohne dienen auch die Samen dem Menschen zur Nahrung.

Im Orient werden die großen Zwiebeln von Crocus edulis, zur Zeit, da sie eben zu treiben beginnen, gern gegessen und kommen in Menge auf den Markt. In ähnlicher Weise wird in der Türkei die Zwiebel des Safrans roh oder gekocht verzehrt. Als Gemüsepflanze kommt für uns Europäer neuerdings auch der in China und Japan heimische Knollenziest (Stachys tuberifera) in Betracht, der ebenfalls sehr nahrhafte Wurzelknollen bildet, die kastanienähnlich schmecken und sehr leicht verdaulich sind, so daß sie sich besonders für Leute mit schwacher Verdauung eignen. Die Pflanze wurde 1887 zuerst in Crosnes in Frankreich eingeführt, gedeiht mit Leichtigkeit in einem durchlässigen, nahrhaften Boden und leidet nicht durch Frost. Nach dem Absterben des Krautes können die Knollen geerntet werden, doch läßt man sie gewöhnlich bis zum Gebrauch im Boden, da sie sich außerhalb der Erde nicht lange halten. Ihr Geschmack ist sehr fein; mit Vorliebe werden sie wie die vorigen mit holländischer Sauce zubereitet.

Bild 27. Fruchtkörper einer Trüffel (Tuber rufum), schwach vergrößert. Im Innern dunkle Scheidewände, an denen die Sporenmasse ausreift.

Berühmt durch äußersten Wohlgeschmack sind manche unterirdische Knollenbildungen bei Pilzen. Von den in Europa wachsenden sind die Trüffeln die geschätztesten. Es sind dies die unter der Erde sich bildenden fleischigen Fruchtkörper einiger Pilze aus der Familie der Tuberazeen, deren als Mycel bezeichnetes feines Geflecht von weißen Fäden sich spinnwebeartig im Waldboden ausbreitet und nach Art der Mykorrhiza in Symbiose mit den Wurzeln der verschiedensten Waldbäume lebt. Vorzüglich gedeihen diese Pilze im humusreichen, kalkhaltigen Boden um Eichen, Hain- und Rotbuchen, Kastanien und Haselnußsträucher. Wird der Waldbestand abgeholzt, so verschwinden auch die Trüffeln; wenn aber der Boden wieder mit Gehölz bewachsen ist, so erscheinen sie alsbald aufs neue. Von den etwa 50 Arten in Europa ist die in den Laubwäldern, besonders Eichenwaldungen, Südfrankreichs und Italiens, selten auch in der Rheingegend vorkommende schwarze Trüffel (Tuber melanosporum) mit dunkelbrauner Oberfläche und schwärzlichen Adern besser als die außen gleichgefärbte, innen aber mit schwärzlichgrauen Adern durchzogene Tuber brumale, die bis zu 1 kg schwer und dann über faustgroß wird. Die meisten in den Handel kommenden Trüffeln haben die Größe einer mittleren Kartoffel oder einer welschen Nuß, sind kugelig und mit zahlreichen Wärzchen besetzt. Sie zeigen die Härte einer Kartoffel und sind außen schwarzrötlich, innen dagegen hell- oder dunkelviolett gefärbt. Am geschätztesten sind die von Périgueux in Südfrankreich versandten sogenannten Périgordtrüffeln, die man durch zu diesem Zwecke abgerichtete Hunde oder Schweine, die dem aromatischen Geruch des Fruchtkörpers des Trüffelpilzes nachgehen und den Erdboden an den Stellen, wo sich solche finden, aufzuwühlen beginnen, aufsucht. Übrigens gibt es in Frankreich auch viele geübte Trüffelsucher, die ohne weitere Hilfsmittel das Vorhandensein von Trüffeln an gewissen Veränderungen, kleinen Spalten oder dergleichen, der Bodenoberfläche erkennen. Sie liegen 2 bis 10 cm tief und geben den spezifischen Geruch von sich, um allerlei Insekten und Würmer herbeizulocken, die die winzigen Sporen, mit denen sie sich beim Fressen an der Trüffel besudeln und die sie auch in ihrem Kote von sich geben, zu verbreiten haben.

Bei der in Südfrankreich betriebenen Trüffelkultur handelt es sich nicht um die Aufzucht aus den Sporen, die bis vor kurzem nicht gelingen wollte, sondern um Verbreitung und reichlichere Entwicklung bereits im Boden befindlicher Mycelien durch die von ihnen bewohnten Wurzeln lebender Bäume, besonders Eichen. Bei Aufzucht von solchen Sämlingen aus Trüffelrevieren lassen sich schon nach zehn Jahren reichliche Trüffelernten gewinnen. Erst in jüngster Zeit hat man regelrechte Trüffelkulturen zustande gebracht, indem man die in Laboratorien zum Keimen gebrachten Sporen der Trüffel mit Rübenschnitzeln oder zerkleinerten Eicheln vermischte und die darin erzielten Mycelien, d. h. Pilzfäden, mit der Beigabe von Rüben oder Eicheln in jungen Eichenwäldern sorgfältig in den Boden eingrub, damit der Pilz die Symbiose mit dem Wurzelgeflecht der Bäume eingehe. Solche Kulturen lassen schon nach 4 bis 5 Jahren die erste ausgiebige Trüffelernte gewinnen. Der französische Trüffelhandel datiert seit dem Jahre 1770 und erstreckt sich jetzt nicht bloß über Süd-, sondern auch Mittelfrankreich. Am meisten dieses von den Feinschmeckern überaus hochgeschätzten Leckerbissens erzeugt die Provence. Besonders berühmt sind die Trüffelkulturen am Fuße des Mont Ventoux im Departement Vaucluse, der bei allen Gebildeten durch die Schilderung bekannt ist, die der berühmte italienische Dichter Francesco Petrarca von seiner im Jahre 1336 mit seinem Bruder Gerardo unter großen Schwierigkeiten und ohne Führer unternommenen Besteigung gab, als die Freude an pittoresker Naturbetrachtung zum erstenmal bei den Menschen des Abendlandes zum Durchbruch gelangte. Die Abhänge dieses Berges wurden seit 1858 neu mit Eichen aufgeforstet, die nun eine reiche Trüffelernte abwerfen. Seither kommt in der Stadt Apt im Departement Vaucluse jeden Winter eine Trüffelernte von 15000 kg zu Markt. Der Ertrag dieser Knollenart für ganz Frankreich läßt sich auch nicht annähernd abschätzen, doch muß er ein ganz gewaltiger sein, wenn man bedenkt, daß die Ausfuhr dieses Landes sich auf mehr als 1,5 Millionen kg im Werte von etwa 35 Millionen Franken jährlich beziffert.

Bild 28. Das Innere der Trüffel, sehr stark vergrößert. Das Pilzmyzel endet in Fruchtschläuchen (asci), in denen je vier mit stacheliger Hülle umgebene Sporen sich befinden. (Nach Tulasne.)

Das Trüffelsammeln, das heute berufsmäßig betrieben wird, war früher ein Sport, dem viele große Herren mit Leidenschaft oblagen. Damals beherrschten die vornehmen Dilettanten das Feld, das heute einen lohnenden Beruf für viele bildet. Der Herzog Victor Amadeus II. von Savoyen (1675–1730), der im Frieden von Utrecht 1713 außer dem Königstitel die Insel Sizilien bekam, die er dann 1720 gegen die Insel Sardinien vertauschte, hatte eine besondere Vorliebe für die Trüffel„jagd“, wie sie von den Franzosen gern genannt wird. Sein Sohn Karl Amadeus III., der von 1730 bis 1773 das Land regierte, teilte diese Vorliebe und hielt sich ganze Meuten von Trüffelhunden und erfahrenen Jagdgehilfen, mit denen er alljährlich mehrmals große Trüffeljagden abhielt. Mit Vorliebe wurden solche den Gästen zu Ehren abgehalten. Auch der Herzog von Cumberland war ein passionierter Trüffeljäger, gleich Ludwig XV. und vielen deutschen und polnischen Königen. Zu diesem Zwecke wurden an den Höfen des 18. Jahrhunderts stets sorgfältig abgerichtete Trüffelhunde gehalten, deren erste Exemplare ums Jahr 1720 von Burgund nach Deutschland kamen.

In Deutschland kommt die schwarze Trüffel nur im wärmeren Südwesten, besonders im Rheintal vor. Hier könnte sie mit Erfolg gezüchtet werden, wodurch viel deutsches Geld, das für französische Trüffeln außer Land geht, im Lande behalten werden könnte. Außer den beiden genannten berühmtesten Trüffelarten werden aber noch verschiedene andere gegessen, so die weiße italienische Trüffel (Tuber magnatum) mit hellbrauner, glatter Oberfläche und starkem knoblauchartigem Geruch, dann Tuber aestivum und T. mesentericum, deren Fruchtfleisch mit hellbraunen Adern durchzogen ist, ferner die sogenannte Holztrüffel (Tuber excavatum und T. rufum), die alle am häufigsten in Frankreich und in Italien, doch auch stellenweise in Deutschland vorkommen. Eine der wichtigsten Arten für letzteres Land ist die sogenannte weiße deutsche Trüffel (Choiromyces maeandriformis) mit etwa faustgroßen, außen blaßbraunen, innen weißen, mit wenigen dunkeln Adern durchzogenen Knollen. Sie findet sich besonders in Schlesien und Böhmen, außerdem in Oberitalien und England. Volkswirtschaftlich von großer Bedeutung sind zwei in den Mittelmeerländern vorkommende Arten, Terfezia leonis und T. boudieri, die schon von den Römern sehr geschätzt wurden und von ihnen in großer Menge aus Nordafrika und später auch aus Syrien bezogen wurden. Hier überall schmarotzen diese Pilze an den Wurzeln von Helianthemumarten. Von der nordafrikanischen Bezeichnung terfez für sie ist nicht nur die wissenschaftliche Bezeichnung Terfezia, sondern wahrscheinlich auch die italienische Benennung tartufi und daraus unser Trüffel wie auch Kartoffel (aus dem Italienischen tartufoli) abzuleiten. Diese Trüffelarten besitzen ein sehr angenehmes Aroma und galten bei den Alten wie alle Trüffeln überhaupt als die Sinnlichkeit anregendes Mittel. Sie wurden damals schon gebraten oder mit Rotwein gekocht und mit Olivenöl genossen, auch als Bestandteil von Pasteten, oder als Zusatz zu Fleischspeisen, Brühen, Suppen usw. verwendet. An den Rändern der Sahara kommen diese letztgenannten Arten in solchen Mengen vor und werden von der Eingeborenenbevölkerung, besonders in Algerien, in derartigen Quantitäten gesammelt, daß sie für jene fast ebenso wichtig ist als die Kartoffeln für uns. Die Trüffeln müssen in luftigen Räumen aufbewahrt werden und kommen in Fässern verpackt oder als Konserven oder in Wein gekocht und dann in Öl eingemacht in den Handel. Frische Trüffeln halten sich im Erd- oder Sandbett in guten Kellern bis 14 Tage und länger.

Den Trüffeln schließen sich naturgemäß, obschon sie keine unterirdischen Knollen, sondern oberirdische Fruchtkörper in Form von Hüten bilden, die verschiedenen andern eßbaren Pilze an, die im Gegensatz zum grünen Gemüse verhältnismäßig sehr reich an Eiweiß sind, so daß man sie mit Recht als das Fleisch des Waldes bezeichnet hat. Durch ihre Schmackhaftigkeit und ihr angenehmes Aroma haben sie von jeher ihre Liebhaber besonders bei den Feinschmeckern gefunden, wenn sich auch die große Menge des Volkes, aus Angst sich zu vergiften, bis jetzt, sehr mit Unrecht, ablehnend dagegen verhielt; denn es sind an wirklich giftigen Pilzen noch sehr wenig Menschen gestorben. Diejenigen, die davon krank wurden, wurden es dadurch, daß sie im Übermaß alte, bereits in Zersetzung übergegangene Pilze aßen. Solche nachteilige Folgen können aber auch von andern überständigen und in zu großen Mengen gegessenen Speisen hervorgerufen werden.

Die Pilze verdienen es in der Tat, ein Volksnahrungsmittel zu werden, da sie nicht nur herrlich schmecken, sondern auch recht nahrhaft sind. Wenn sie auch zu neun Zehnteln aus Wasser bestehen, so ist doch ein Viertel des verbleibenden Restes für den Menschen ausnutzbares Eiweiß, so daß sie bei den steigenden Lebensmittelpreisen und der zunehmenden Fleischteuerung gerade für die weniger Bemittelten einen willkommenen Ersatz des Fleisches bilden. 1 kg frische Pilze enthält etwa ebensoviel ausnutzbares Eiweiß als 100 g frisches Fleisch. Und zwar sind junge Pilze nach den Untersuchungen von Kohlrausch und Lösecke eiweißreicher als alte. So beträgt der Eiweißgehalt des getrockneten Hutes junger Pilze nach Margiewicz beim Steinpilz 44,99 Prozent, beim Birkenröhrling 43,90, beim Rothautröhrling 40,91, beim Butterröhrling 40,74, beim Filzröhrling 39,85, beim echten Reizker 38,12, beim Hallimasch 28,16, beim echten Gelbling 27,77 Prozent. Zudem besitzen sie außer etwas Fett und Kohlehydraten einen reichen Gehalt an Nährsalzen, besonders phosphorsauren und Kaliverbindungen, so beim getrockneten Steinpilz, als dem nährsalzreichsten, 19 Prozent, während im besten Ochsenfleisch nur 17 Prozent davon enthalten sind. In frischem Zustande beträgt der Nährsalzgehalt durchschnittlich ½–2 Prozent. Auf die Trockensubstanz berechnet enthält an Nährsalzen der Steinpilz also 19 Prozent, der Pflaumenrößling 15, der Nelkenschwindling 10,75, die Spitzmorchel 9,0, der echte Gelbling 8,19, der Butterröhrling 6,38, der Traubenziegenbart 6,23, der Kuhröhrling 6,0, das Schafeuter 2,8 Prozent. Bei diesem Nährwert lohnt es sich schon der Mühe, die zahlreichen eßbaren Pilze, die der Wald umsonst bietet, und die der Mensch aus Unkenntnis und Trägheit darin verfaulen läßt, zu sammeln, wobei das Suchen dieser Pflanzen an sich schon Körper und Geist günstig beeinflußt. Welche Freude bietet nicht eine solche Exkursion für alt und jung, welcher Jubel schallt da nicht durch Wald und Feld, wenn sich die verschiedensten Pilze an den dem Kenner wohlbekannten Standorten finden, und wie schmecken zu Hause diese Schwämme, die man selbst gesucht hat, weit besser als Markthallenware! Zudem lassen sie sich durch Trocknen oder Sterilisieren oder Einmachen in Essig konservieren und so jederzeit als schmackhafte Würze und Beilage verwenden. Um die eßbaren von den giftigen Pilzen zu unterscheiden, gibt es zahlreiche Pilzbüchlein mit schön kolorierten Tafeln, unter denen das vom Kaiserlichen Gesundheitsamte in Berlin herausgegebene Pilzmerkblatt, das zur Orientierung vollkommen genügt, schon für 10 Pfennige zu haben ist. Hauptsächlich sollte es die Schule übernehmen, auf Ausflügen die Jugend mit den eßbaren und nichteßbaren Pilzen bekanntzumachen. So würde die übertriebene Furcht vor giftigen Pilzen durch Aufklärung weiterer Volksmassen am ehesten zu beheben sein; denn es gibt glücklicherweise nur verhältnismäßig wenig giftige Pilze, und diese sind zudem von der Natur als solche deutlich gekennzeichnet, so daß man sie mit einiger Übung leicht und untrüglich als solche herausfinden kann. Die Hauptsache aber bleibt stets, daß die Pilze frisch und in mehr jugendlichem Zustande gepflückt als Speise verwendet werden, da alte, verdorbene Exemplare von eßbaren Sorten vielfach ebenso schädlich als die eigentlich giftigen sind. Fast alle Pilzvergiftungen lassen sich darauf zurückführen, daß solche verdorbene Pilze verspeist wurden. Und wer im Volke sie nicht selbst essen mag, der sammle und verkaufe sie und kaufe sich mit dem daraus erworbenen Gelde eine ihm besser zusagende Speise. Die Armen ernähren sich auch nicht mit Erdbeerschnitten, obgleich die Erdbeeren im Walde umsonst zu haben sind.

Tafel 53.

Champignonkultur der Konservenfabrik Amieux frères in unterirdischen Gewölben bei Paris.

Champignonernte für Amieux frères in Paris.

Tafel 54.

Verarbeitung von Champignons in der Konservenfabrik Amieux frères in Paris.

Der geschätzteste der eßbaren Hutpilze und der einzige unter ihnen, der im großen Maßstabe künstlich gezüchtet wird, ist der Feldblätterschwamm oder Brachpilz (Agaricus campestris), besser unter dem französischen Namen Champignon bekannt. Er findet sich vom Mai bis Oktober auf sandigen Waldwiesen und auf Weideplätzen, in gedüngten Feldern und Obstgärten, in Weingärten und an Waldrändern in Europa, Asien, Nordamerika und Nordafrika und bildet bis 10 cm breite, weiße bis bräunliche fleischige Hüte. Eine besonders aromatische Varietät wird vielfach in Kellern und andern dunkeln Räumen mit möglichst gleichmäßiger Temperatur gezogen. Bei der Anlage solcher Kulturen bringt man nicht zu alte käufliche Champignonbrutziegel aus Pferde- und Kuhmist mit etwas Gartenerde, die mit den Myzelien des Brachpilzes durchwachsen sind, in Beete von frischem, strohfreiem, durch vorherige Behandlung nicht mehr gärungsfähigem Pferdemist, die nach 3–4 Wochen etwa 3 cm hoch mit lockerer, sandiger Erde bedeckt werden. Die Brutbeete werden durch öfteres Begießen feucht gehalten. Dabei durchwuchert das Pilzfadengeflecht rasch das gesamte Nährsubstrat und schreitet dann, nachdem es ihm seine Nährstoffe entzogen hat, zur Bildung der Fruchtkörper. Wenn letztere nach 7–8 Wochen hervorbrechen, werden sie, bevor sich der Hut zu sehr in die Breite entwickelt hat, an der Stielbasis mit einem Messer abgeschnitten und auf den Markt gebracht. Läßt der Ertrag nach einigen Wochen nach, so werden neue Beete angelegt. Besonders um Paris herum wird die Champignonkultur in den zahllosen unterirdischen Steinbrüchen mit ihrer gleichmäßigen Wärme im großen betrieben und bildet für zahllose einfache Leute eine lohnende Beschäftigung, die auch in Deutschland mit aller Energie betrieben werden sollte; denn dieser vortreffliche Speisepilz wird in der feinen Küche sehr viel verwendet und der aus ihm bereitete Extrakt bildet ein vorzügliches Würzmittel für Suppen und Saucen. Schon die römischen Feinschmecker schätzten seinen delikaten Geschmack sehr und Kaiser Nero, dem es gewiß nicht an guten Bissen fehlte, soll ihn sogar als Götterspeise bezeichnet haben. Bis in unsere Zeit gab es Gourmets, besonders französische, die diesen beliebten Pilz gern eigenhändig sammelten und zubereiteten. Franzosen waren es auch, die den Champignon in deutsche Küchen einführten, namentlich vornehme Emigranten, die, auf den Broterwerb angewiesen, sich in der Fremde nicht selten der in ihrer Heimat hochkultivierten Kochkunst widmeten und dadurch mitunter ein Vermögen erwarben. Die einfachste Art der Zubereitung ist, ihn in frischer Butter zu dünsten und mit ein wenig Zitronensaft zu beträufeln. Manche Leute behaupten, daß sein Aroma angenehmer hervortrete, wenn man statt Butter Ochsenmark verwende. Auch in Ausbackteig gebacken schmeckt er nicht übel, und wohl kaum ein anderer Pilz findet so viel Verwendung wie er zu Saucen, Ragouts und Frikassees.

Neben dem Champignon wird der Steinpilz (Boletus edulis), in Frankreich cèpe genannt, sehr geschätzt und kommt getrocknet in Schnitzen und als Ölkonserve in den Handel. Ihn durch Aussäen von Sporen auf Stellen im Walde zu übertragen, wo er bisher fehlte, ist nicht gelungen, wohl aber bei der Nußkraterelle (Craterellus nucleatus), die im Aroma nur der Perigordtrüffel nachsteht. In Japan wird ein außerordentlich schmackhafter Pilz (Agaricus shitake) in großen Massen gezüchtet, indem seine Kultur für ganze Distrikte des japanischen Waldes die einzige Art der Forstbenutzung bildet. Nach dem Laubfall werden jüngere Stämme und armdicke Äste verschiedener Laubholzarten gefällt, etwa 100 Tage im Walde liegen gelassen und dann in meterlange Stöcke zersägt, die mit tiefen Einschnitten versehen werden. Die an den Pilzkulturplätzen stets gegenwärtigen Sporen des Schitakepilzes nisten sich in diese Wundstellen ein, das sich entwickelnde Pilzmyzel verwandelt das Holz in eine weißliche, brüchige Masse und schon im Herbst des ersten Jahres, besonders aber im zweiten und in den folgenden vier Jahren nach der Infektion brechen teils aus der Rinde, teils aus der Schnittwunde die Pilze hervor, die merkwürdigerweise je größer, desto besser und teuerer sind. Prof. Mayr hat versucht, den Schitakepilz bei uns einzuführen. Dabei zeigte es sich, daß Buche, Hainbuche und Birke sich am besten zur Aufzucht desselben eignen, daß jedoch die jungen Kulturen sehr unter den einheimischen Pilzen, die sich an denselben Stellen ansiedeln, und unter Schneckenfraß zu leiden haben. Doch sollen die Versuche fortgesetzt werden. Jedenfalls wäre der Pilz geeignet, im Regenwalde der tropischen und subtropischen Kolonien am Holze der wertlosen Baumarten, die doch nur das Wachstum der wertvollen behindern, gezüchtet zu werden.

Schon die Römer der Kaiserzeit schätzten die Trüffel, die sie tuber nannten, wie auch die verschiedenen anderen Speisepilze. Am höchsten stand in ihrer Wertschätzung der in den Wäldern von ganz Italien heimische und heute noch beim Volke als Speise beliebte Kaiserling (Agaricus caesareus), den sie boletus nannten. Er sieht dem Fliegenschwamm ähnlich, weshalb verhängnisvolle Verwechslungen vorkommen können. Plinius schreibt in seiner Naturgeschichte, daß er, wie auch die Steinpilze (suillus), zu seiner Zeit bei den Vornehmen in Mode kam. Beide wachsen um die Wurzeln von Eichen, und zwar wachsen die besten an denen der Stieleiche; „die unter Steineichen, Zypressen und Pinien aber sind schädlich. Man ißt sie auf gut Glück und sie bilden jedenfalls eine vortreffliche Speise, doch sind sie auch schon zu entsetzlichen Verbrechen benutzt worden. So ist der Kaiser Tiberius Claudius durch Gift ums Leben gekommen, das seine (zweite) Gemahlin Agrippina unter ein Gericht Kaiserschwämme gemischt hatte.“ Der Geschichtschreiber Suetonius (70–140 n. Chr.), der Geheimschreiber des Kaisers Hadrian, sagt in seiner Biographie des 52 n. Chr. erst 43 Jahre alt vergifteten Kaisers Claudius, dieser sei sehr gierig nach diesen Schwämmen gewesen. Und in der Biographie Neros bemerkt er dazu: „Wenn auch Kaiser Nero nicht an der Vergiftung seines Stiefvaters Claudius geradezu schuld gewesen ist, so hat er doch jedenfalls darum gewußt: Das leugnete er auch gar nicht und nannte die Kaiserlinge (boletus) — denn in diesen war das Gift dem Claudius beigebracht worden — eine Speise für Götter.“ Und derselbe Autor sagt in seiner Biographie des Tiberius: „Kaiser Tiberius gab dem Asellius Sabinus 200000 Sesterzien (etwa 30000 Mark) für einen Dialog, worin der Kaiserling, die Feigendrossel, die gewöhnliche Drossel und die Auster (als die feinsten Leckerbissen) um den Vorrang stritten.“ Der Satiriker Martial (40–120 n. Chr.) erwähnt in seinen Gedichten öfter den Kaiserling. In einem Epigramm sagt er: „Ich begreife wahrhaftig nicht, Poeticus, wie du mich zu Tische laden und dabei so grob sein kannst, mir Mießmuscheln, an denen ich mir die Lippen zerschneide, Steinpilze (suillus), die für die Schweine gehören, und eine im Käfig krepierte Elster vorzusetzen, während du deinen Bauch mit gemästeten Austern, Kaiserlingen und zarten Turteltauben anfüllst.“ In einem andern ruft er aus: „Bist du denn verrückt, Caecilianus, daß du dich allein hinsetzest und Kaiserlinge vor aller Welt issest (ohne mich zu solchem Mahle einzuladen)? — Du bist ein gefräßiges Leckermaul und ich wünsche dir einen Kaiserling in den Hals, wie ihn Kaiser Claudius gegessen hat.“ Und in einem seiner Xenien meint er von einem Schlemmer: „Silber, Gold und kostbare Kleider entbehrt das Leckermaul leicht, aber Kaiserlinge wahrhaftig nicht.“

Der griechische Arzt Claudios Galenos (131–200 n. Chr.) bezeichnet in seiner Schrift über die Eigenschaften der Nahrungsmittel die Kaiserlinge, die auf allerlei Weise gewürzt gegessen werden, als geschmacklos, aber jedenfalls als die unschädlichste Sorte Pilze: „Nach ihnen folgen dem Range nach die Champignons (amanítai). Der Sicherheit wegen sollte man andere Pilze gar nicht anrühren, denn es sind schon viele Leute durch sie vergiftet worden. Ich kenne sogar jemand, der nach dem reichlichen Genuß nicht gehörig gekochter Kaiserlinge (bōlítēs), die doch für ganz unschädlich gelten, schwere Zufälle, Ohnmacht und kalten Schweiß bekam, und sich nicht eher erholte, als bis er die Schwämme ausgespien hatte.“ Plinius empfiehlt an dritter Stelle die Steinpilze (Boletus edulis), von den Römern suillus, d. h. Schweinepilz genannt. „Diese aber“, fährt er fort, „werden am leichtesten zu Vergiftungsversuchen gebraucht. So sind vor kurzer Zeit ganze Familien und ganze Tischgesellschaften damit ums Leben gekommen, so Annaeus Serenus, Oberst bei der Garde Neros, so Tribunen und Zenturionen. Wie ist es möglich, daß jemand sich nach einer so gefährlichen Speise kann gelüsten lassen?

Manche haben die Pilze nach den Bäumen, bei denen sie wachsen, als eßbar oder giftig unterscheiden wollen; aber diese Unterscheidung kann denen nicht helfen, die von fremden Leuten gesammelte Pilze kaufen. Alle giftigen Pilze sehen bläulich aus, und sie sind für um so giftiger zu halten, je ähnlicher der Saft des Baumes, bei dem er gewachsen, dem des Feigenbaumes (also milchig) ist.

In manchen Fällen können Pilze auch als Heilmittel gebraucht werden. So hält Glaucias die Kaiserlinge für magenstärkend. Die Steinpilze werden, mit einer Binse durchstochen, aufgehängt und getrocknet; so kommen sie von Bithynien aus in den Handel. Sie werden gegessen um rheumatische Entzündungen des Unterleibs zu heilen, dienen auch äußerlich gegen Fehler der Haut.

Ich will ferner noch einige allgemeine Bemerkungen über die Zubereitung der Pilze geben, weil sie der einzige Leckerbissen sind, den die vornehmen Leute eigenhändig zubereiten, wobei sie im voraus in Erwartung des bevorstehenden Genusses ganz selig sind, und die Pilze mit Elektron- (Silber und Gold gemischt) oder Silbermessern zerschneiden.

Schädlich sind diejenigen Pilze, die beim Kochen härter werden; solche werden unschädlich, wenn man sie mit Zusatz von Soda tüchtig durchkocht. Auch dadurch schützt man sich vor Vergiftung durch sie, daß man sie mit Fleisch oder mit Birnenstielen kocht. Auch Birnen, welche gleich nach den Pilzen gegessen werden, sind nützlich; ferner ist Essig ein Mittel, das ihrem Gifte entgegenwirkt.“

Der Arzt Galenos rät gegen Pilzvergiftung Wermut oder Raute mit Essig zu trinken und fährt fort: „Asklepiades gibt bei Pilzvergiftung rohen Rettich in Menge zu essen und ungemischten Wein dazu zu trinken. Ich aber habe in Mysien einen Mann kennen gelernt, der denjenigen, die an Pilzvergiftung litten, Hühnermist eingab, und ich habe dann selbst Versuche mit diesem Mittel angestellt, indem ich den Mist fein zerrieb und in mit Wasser oder Honig gemischten Essig tat. Die Patienten bekamen alsbald, nachdem sie die Mischung getrunken hatten, Erbrechen und genasen sodann. Dabei ist zu beachten, daß der Mist von freigehenden Hühnern weit wirksamer ist als derjenige von eingesperrten.“

Auch die Trüffeln fanden bei den alten Griechen und Römern ihre Liebhaber. So sagt Plinius von den Trüffeln (tuber), die Martial in einem Epigramm an Wohlgeschmack nur den Kaiserlingen nachstehen läßt: „Sie sollen nach heftigen, im Herbst eintretenden Regengüssen und Gewittern entstehen. Ihre Entstehung und die Tatsache, daß sie ganz ohne Wurzel wachsen, berechtigen, sie zu den wunderbaren Dingen zu rechnen. Sie liegen ganz in der Erde ohne mit ihr in irgend einem Zusammenhang zu stehen und ohne sie emporzutreiben. Sie haben eine eigentümliche Rinde und finden sich meist in trockenem, sandigen Boden unter Gebüsch. Sie erreichen die Größe einer Quitte und die Schwere eines Pfundes. Es gibt zwei Arten derselben: eine sandige, welche den Zähnen schadet, und eine reine. Übrigens unterscheidet man sie nach ihrer braunroten oder schwarzen und inwendig weißen Farbe. Am höchsten werden die afrikanischen geschätzt. Wie sie entstehen, und ob sie Leben haben, weiß man nicht, wohl aber, daß sie zuletzt verfaulen. Dem gewesenen Praetor Lartius Licinius, der zu Carthago in Spanien (dem heutigen Cartagena) die Rechtspflege verwaltete, ist es, wie ich weiß, vor wenigen Jahren passiert, daß er auf einen Denar, der in eine Trüffel eingewachsen war, so biß, daß sich seine Vorderzähne schief bogen, woraus man auf die Art und Weise, wie die Erde sich zu Trüffeln ballt, schließen kann. Als sicher kann man es jedenfalls ansehen, daß sie entstehen, aber auch als sicher, daß man sie nicht anpflanzen kann.

Den Trüffeln ähnlich ist das Misy in der Provinz Cyrenaika (dem heutigen Barka in Tripolis); es zeichnet sich durch lieblichen Geruch und Geschmack aus, ist aber fleischiger; auch ist ihnen in Thracien das iton und in Griechenland das geranion ähnlich. — Bei Mytilenä soll es nun Trüffeln geben, wenn Trüffelsamen durch Überschwemmung von Tiarä, wo sie sehr häufig sind, herabkommt. In Kleinasien finden sich die beliebtesten zu Lampsacus und Alopekonnesus, in Griechenland um Elis.“

Endlich sagt der griechische Arzt Galenos, der einer der gesuchtesten Ärzte Roms war und zur Zeit des Septimius Severus daselbst starb: „Die Trüffel (hýdron) muß man zu den Wurzeln oder Knollen zählen. Sie haben an sich wenig Geschmack, werden mit Gewürz gegessen, und sind unschädlich.“

Wie in Europa, so finden übrigens auch überall anderwärts verschiedene Pilze als geschätzte Nahrung des Menschen Verwendung, unter denen wir wegen seiner außergewöhnlichen Größe nur den als indian potatoe bezeichneten Riesenpilz Lycoperdon solidum erwähnen wollen, der überall in den Südstaaten der nordamerikanischen Union auf eben abgeholztem Waldboden erscheint. Er erreicht ein Gewicht von 8–15 kg und wurde von den Indianern gern verzehrt. Ebenso lebten einst die in die Wälder flüchtenden Negersklaven fast gänzlich von ihm.

Wie die Pilze sind auch viele Arten von Seetang eine vom Menschen gern gegessene, von der Natur gespendete Speise. So werden eine ganze Anzahl derselben an den verschiedenen Küsten teils roh, teils gekocht gegessen. Manche derselben enthalten außer knorpligem Schleim auch ziemliche Mengen von Stärkemehl und Zucker. Ebenso verhält es sich mit manchen Flechten, unter denen die Mannaflechte (Lecanora esculenta) die bekannteste ist. Sie wächst vorzugsweise in den Steppen von Südrußland bis Zentralasien in großer Menge auf sonst von Vegetation völlig entblößtem, lehmigem Boden oder nacktem Fels, locker mit der Unterlage, auf der sie haftet, verbunden, ohne von ihr Feuchtigkeit, sondern nur einige Nährsalze zu verlangen. Sie wird daher durch Winde, die ja in diesen Steppen eine außerordentliche Gewalt annehmen, leicht losgerissen, in Vertiefungen angesammelt, oder durch heftige Stürme auch wohl in weitere Entfernungen getragen, wo sie dann das höchst merkwürdige Phänomen des Mannaregens hervorbringt, das in Kleinasien und Persien zu verschiedenen Malen und auch an anderen Orten beobachtet wurde. Diese meist in haselnußgroßen Stücken gefundene Flechte enthält außer Stärkemehl und Inulin über 23 Prozent Gallerte und wird von den armen Steppenvölkern, vermahlen und zu Brot gebacken, gern gegessen. Sie wurde fälschlicherweise von Ehrenberg für das Manna der Bibel erklärt, das wir unter den Zuckerarten kennen lernen werden.

Überall im Norden wird auch die als „isländisches Moos“ bezeichnete Renntierflechte (Cetraria islandica) als ein nach Entfernung des ihr anhaftenden Bitterstoffes durchaus nicht zu verschmähende Nahrung nicht nur für die Renntiere, die sich hauptsächlich von ihr ernähren, sondern auch für den Menschen gegessen und teilweise ebenfalls zu Brot verbacken. In den zirkumpolaren Gegenden, wo es mit der pflanzlichen Nahrung sehr übel bestellt ist, nimmt der hungrige Mensch dankbar solche Nahrung entgegen. Und wenn Eskimos ein Renntier erlegt haben, ist ihnen der mit dieser Flechte erfüllte Renntiermagen ein sehr geschätzter Leckerbissen, dessen Inhalt sie sorgfältig sammeln, um ihn mit Blut vermischt für festliche Anlässe aufzubewahren, bei denen er dann nur mit Herbeiziehung der allerbesten Freunde als eine Leckerei ohnegleichen gegessen wird. Doch muß man schon ein genügsames Kind der Arktis sein, um an einem solchen Kompott ein so großes Wohlgefallen zu haben.

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