V. Die Fruchtbäume. Zweiter Teil.

Mit den im vorigen Abschnitte aufgezählten Fruchtbäumen ist das Verzeichnis der der alten Kulturwelt geschenkten Gaben der Ceres noch lange nicht erschöpft. Man denke zunächst nur an die große Schar von köstliche Frucht tragenden Palmen, denen im Haushalte des Menschen die allergrößte Bedeutung zukommt. Schon durch ihre äußere Erscheinung bestimmen sie vielerorts den Charakter der Landschaft; denn in den Tropen erreichen sie vielfach eine gewaltige Größe und genießen infolge ihrer ungemein großen Nützlichkeit eine hohe Verehrung, ja mancherorts geradezu göttliche Ehre.

In Europa gibt es gegenwärtig nur eine einzige wildwachsende Palme, die ganz unscheinbar ist und auch dem Menschen nur geringen Nutzen gewährt. Es ist dies die Zwergpalme (Chamaerops humilis), welche in Südspanien, in Süditalien und in Griechenland an heißen, trockenen Standorten Gestrüppe bildet. Besonders häufig aber ist sie im trockenen, warmen Nordafrika, wo sie den europäischen Kolonisten das größte Hindernis bei der Urbarmachung des Bodens bildet, indem ihre über 1 m tief eindringenden Wurzeln darin ein undurchdringliches, kaum zu beseitigendes Geflecht bilden, deren Ausrodung überaus mühevoll und kostspielig ist. Ihr Stamm ist so niedrig, daß er oft kaum über die Erde emporragt; er trägt eine Krone von fächerförmigen Blättern, an deren Achseln die mit gelben, zweihäusigen Blüten besetzten Blütenstände hervortreten. Die weiblichen erzeugen einsamige Beeren, die eine gewisse Ähnlichkeit mit Oliven aufweisen.

Die früher als lästiges Unkraut betrachtete Palme hat sich als Nutzpflanze erwiesen, indem aus den Fasern ihrer Blätter Polstermaterial für Matratzen und Kissen gewonnen wird, das gegenüber den Pferdehaaren den Vorzug besitzt, 75 Prozent billiger zu sein und nicht von Insekten angegriffen zu werden. Der Verkaufspreis der Rohblätter am Gewinnungsorte in Algerien, wo die Pflanze am häufigsten ausgebeutet wird, beträgt 2 Mark pro Zentner, und da ein fleißiger Mann 4 Zentner in einem Tage schneiden kann, so verdient er einen guten Taglohn. Dies gilt in bezug auf die öffentlichen Ländereien Algeriens, wo die Blätter der Zwergpalme von eingewanderten Spaniern, die gleichzeitig Spartgras schneiden, und von Arabern abgeerntet werden, während die Frauen und Kinder sie hecheln. Solche gehechelte Blätter gelten 8–9 Mark pro Zentner und kommen seit 1845 in zunehmendem Maße als „vegetabilisches Pferdehaar“ nach Europa, besonders Frankreich, in den Handel. Außerdem werden die Blätter neuerdings auch zur Papierfabrikation benutzt.

Von dieser Zwergpalme erhielt die kleine Insel Palmaria bei Spezia ihren Namen, da sie von ihr einst förmlich überwuchert war. Schon der treffliche griechische Botaniker Theophrastos (350–286 v. Chr.) unterschied sie deutlich von der Dattelpalme, obschon sie denselben Namen trug. Er sagt, sie wachse häufig auf Kreta, aber noch mehr auf Sizilien und aus ihren breiten Blättern würden Körbe und Matten geflochten. Noch heute ist dies der Fall, außerdem verfertigt man Kehrbesen aus ihnen, dreht Stricke daraus und ißt gelegentlich die jungen Gipfeltriebe, Wurzeln und Früchte. Von dieser wenig schmackhaften Kost ernährten sich nach dem Berichte des Cicero (106–43 v. Chr.) in seiner zweiten Rede gegen Verres die Matrosen der an der Küste Siziliens von ihrem Führer verlassenen Flotte. In einer Satire des römischen Dichters Horaz (65–8 v. Chr.) ist von aus Blättern dieser Palme verfertigten Kehrbesen die Rede, mit denen die Mosaikfußböden gereinigt würden, und der zu Gades in Spanien geborene römische Ackerbauschriftsteller Columella im 1. Jahrhundert n. Chr. spricht von daraus verfertigten Palmmatten, mit denen sein Onkel zu Gades (Cadix) in der das südliche Spanien umfassenden Provinz Baetica während der größten Sommerhitze seine Weinreben bedecke.

Die erste größere Palme, die uns an der Riviera durch ihre zierliche Erscheinung erfreut, ist die Dattelpalme (Phoenix dactylifera), die hier als weit nach Norden vorgeschobener Vorposten des sonnenreichen Südens erscheint und auch niemals Früchte zeitigt. Durch ganz Nordafrika von Marokko und den Kanaren bis Syrien, Persien und Arabien ist sie der heutigen muhammedanischen Bevölkerung eine zum Lebensunterhalt völlig unentbehrliche Fruchtpflanze, deren zierliche Kronen von Fiederblättern überall, wo sie auftauchen, die menschlichen Ansiedelungen ankündigen. Ihre süßen, sehr wohlschmeckenden und nahrhaften Früchte bilden das tägliche Brot und zugleich den wichtigsten Handelsartikel der Araber, die sich ihren Anbau sehr angelegen sein lassen. Sie gedeiht am besten zwischen dem 19. und 35.° nördlicher Breite, und bedarf nach Norden zu einer mittleren Jahreswärme von 21–23°, um genießbare Früchte zu zeitigen. Sie verlangt Sandboden mit Grundwasser zu ihrem guten Gedeihen und will ihren Blätterschopf in der Sonnenglut baden. Kein Sturm bricht oder entwurzelt sie, da ihr Stamm von den verflochtenen Fasern der Blattstiele umgeben wird und ihre zahlreichen, sehr tief reichenden, zähen Wurzeln sie überaus fest im Boden verankern. Ihr 20–30 m, in einzelnen Fällen sogar 40 m hoher Stamm trägt einen Schopf von 40 bis 80 Stück 2–3, ja 4 m langer, graugrüner Fiederblätter, die das Licht durchlassen, so daß an ihrem Fuße noch Gemüse und kleinere Fruchtbäume gedeihen. Zudem spenden sie willkommene Kühlung, indem die Blätter, je stärker sie von der Sonne bestrahlt werden, um so mehr Wasser verdunsten lassen, wobei Wärme gebunden wird. Meist bildet sich in jedem Jahr nur ein neues Blatt, während ein altes abstirbt; dies fällt nicht ab, wird aber bei den in Kultur befindlichen Bäumen von Menschenhand entfernt.

Die einzelnen Exemplare der Dattelpalme sind männlich oder weiblich und bringen ihre Fruchtorgane in großen Rispen hervor. Jede Rispe enthält beim männlichen Baum etwa 12000 Blüten, beim weiblichen dagegen 100–200 Fruchtansätze. Dabei überträgt die Luftströmung den Pollen von den hängenden Rispen des männlichen auf die Blütenstände des weiblichen Baumes. Die Getrenntgeschlechtlichkeit dieser Pflanze, deren weibliche Individuen die Datteln hervorbringen, war bereits den alten Babyloniern, Ägyptern und Griechen bekannt, und sie wußten sehr gut, daß Gruppen von vereinzelt stehenden weiblichen Bäumen nur dann Frucht ansetzen, wenn stäubende männliche Blütenrispen in ihre Kronen aufgehängt werden.

Derselbe Prozeß der Auslese und Kultur, der aus einem Wildling den edlen Ölbaum schuf, hat auch in Südwestasien in vorgeschichtlicher Zeit die Dattelpalme geschaffen. Als die Stammpflanze derselben gilt die wilde Dattelpalme (Phoenix silvestris), die noch heute in Iran und dem wüstenhaften Vorderindien weit verbreitet gefunden wird, aber kaum eßbare, kleine, herbe Früchte liefert. Als Ursprungsland der Dattelkultur wird meist Südarabien angesehen, doch ist die älteste für uns nachweisbare Stätte der Anpflanzung des veredelten Baumes Babylonien, das Tiefland des Euphrat und Tigris, zu einer Zeit bevor noch die semitische Einwanderung hier stattfand, die diesen Fruchtbaum als höchst kostbares Kulturgut mit andern solchen Kulturgütern übernahm. Schon die Siedelungen des altbabylonischen Volkes von Sumer und Akkad waren, wie heute noch diejenigen der Araber, im Schatten der Dattelpalmen errichtet. Ein uns erhaltener babylonischer Hymnus zählt uns 360 Arten — eine mystische astrologische Zahl, die bei diesen abergläubigen Menschen eine große Rolle spielte — von Nutzen dieses Baumes auf, der bei den Assyrern, wie uns verschiedene Basreliefs auf Alabaster beweisen, geradezu als heilig verehrt wurde. Der älteste griechische Geschichtschreiber, Herodot, der ums Jahr 460 v. Chr. Babylonien selbst bereiste, berichtet in seiner Geschichte des Orients und Griechenlands, daß die Dattelpalme der einzige Baum sei, der in den Ebenen Babyloniens gepflanzt werde und dort in ganzen Hainen wachse. „Man sieht dort weder Ölbäume, noch Reben, noch Feigenbäume. Nur Dattelpalmen wachsen überall und tragen Früchte, aus welchen man Speisen, Wein und honigsüßen Saft gewinnt. Die Leute pflegen ihre Palmen sehr gut und binden die Blütenrispen der männlichen Bäume in die Krone der weiblichen, fruchttragenden, damit die Gallwespe (psēn) von jenen auf diese übergehe und sie zur Reife bringe. Geschieht dies nicht, so fallen die Früchte ab. Es tragen nämlich die männlichen Dattelbäume in ihren Rispen Gallwespen wie die Feigenbäume.“ Diese Behauptung, die kein anderer Schriftsteller des Altertums wiederholt, war natürlich unrichtig, indem dies geschieht, damit der Wind die Befruchtung vornehme. Er schloß nur aus der in seiner Heimat am Feigenbaum geübten Sitte auf diese ihm sonst unerklärliche babylonische Gepflogenheit, die später der große Schüler des Aristoteles, Theophrastos (390–286), ganz richtig erklärt, indem er bemerkt, daß man dies tue, um den Blütenstaub sicher auf die weiblichen Blüten gelangen zu lassen.

Herodot berichtet weiter: „Meistens führen sie (die Babylonier) Krüge von Palmwein darauf“ — nämlich auf ihren runden, gepichten Fahrzeugen, auf denen sie den Euphrat hinunter nach Babylon fahren. Eingehender berichtet uns der griechische Geschichtschreiber Xenophon, ein Schüler des Sokrates (440–355 v. Chr.), über die von ihm in Babylonien beobachteten Dattelpalmen. Als er im Jahre 400 die zehntausend Mann griechischer Truppen, die dem jüngeren Kyros gegen dessen Bruder Artaxerxes Mnemon zu Hilfe gezogen waren, nach der unglücklichen Schlacht bei Kunaxa über das armenische Hochland nach der Südküste des Schwarzen Meeres und von da weiter nach Byzanz führte, baute er, um die breiten, brückenlosen Kanäle zu passieren, Brücken aus Palmstämmen und quartierte dann seine Leute in Dörfern ein, in denen großer Vorrat von Getreide, Dattelwein und Dattelessig war. „Die Datteln selbst, welche dem Gesinde gegeben wurden, waren so wie diejenigen, welche man in Griechenland sieht; diejenigen aber, die für die Herrschaft bestimmt waren, besaßen eine wundervolle Schönheit und Größe. Der Farbe nach waren sie dem Bernstein gleich. Auch wurden sie getrocknet zum Verspeisen aufbewahrt. Aß man die getrockneten zum Trank, so schmeckten sie zwar süß, bewirkten aber Kopfweh. Dort aßen die Soldaten auch zum erstenmal das Hirn der Dattelpalme (enképhalon tu phoínikos). Sie bewunderten das Aussehen und den eigentümlich angenehmen Geschmack dieser Speise; aber sie bewirkte ebenfalls starkes Kopfweh. Übrigens stirbt jede Palme ab, wenn ihr das Gehirn genommen wird.“ Und an einer anderen Stelle schreibt er: „Sie (die Soldaten) fuhren dann auf ihnen (den wasserdicht zusammengenähten und mit Heu ausgestopften Fellen, die ihnen als Fahrzeuge dienten) hinüber (über den Euphrat) und holten sich aus der Stadt (Charmande) aus Datteln hergestellten Palmwein und Hirsebrot, dergleichen in der Gegend im Überfluß zu haben war.“

Auch der ältere Plinius sagt um die Mitte des 1. christlichen Jahrhunderts, daß nicht nur der aus den in Wasser eingeweichten Datteln gepreßte Dattelwein, sondern auch die frischen Datteln Kopfweh verursachen, getrocknet weniger. Die Dattelpalme sei nach dem Weinstock und Ölbaum der edelste Baum; man unterscheide viele Sorten, von denen die sogenannten königlichen Datteln zu Babylon die berühmtesten seien. Im Süden seien auch die Syagren (d. h. Wildschweindatteln) und Margariden berühmt; letztere seien kurz, rund und weiß, weshalb sie auch ihren Namen von der Perle (margarita) erhalten hätten. Nach diesen seien die Sandaliden (d. h. Sandalendatteln) und Karyoten (d. h. Nußdatteln)[1] die geschätztesten. Vorzugsweise sei Judäa durch seine Dattelpalmen berühmt. Ihr Hauptwert bestehe in dem fetten Safte mit weinartigem, süßem Honiggeschmack. Die weniger saftigen dortigen Datteln heißen Nikolaen;[2] sie seien ungemein groß, so daß vier davon zusammen die Länge einer Elle ausmachen. Weniger ansehnlich, aber im Geschmack fast ebensogut wie die Karyoten seien die Adelphiden (d. h. Geschwisterdatteln), während die dritte hierher gehörige Art, die Pateten (d. h. zertreten aussehenden Datteln), zu viel Saft haben, weswegen sie noch am Baume platzen und dann wie zertreten aussehen. Eine mehr trockene Sorte seien die langen, schlanken Daktylen (die den eigentlichen Dattelnamen tragen); „diese, die wir den Göttern weihen, nennen die Juden, welche sich durch Verachtung der Götter auszeichnen, Chydäen (d. h. Ausschuß).“

Daß dieser edle Fruchtbaum schon sehr früh von Babylonien nach Syrien und Palästina gelangte, kann uns nicht überraschen. Allerdings gedieh er in letzterem Lande in den höheren Lagen nicht mehr recht, so daß er im Alten Testament keine nennenswerte Rolle als Fruchtbaum spielte. Noch David, der zweite König von Israel, der Jerusalem zur Residenz erhob und nach Sauls Fall 40 Jahre lang (1033–993 v. Chr.) den Thron von Juda behauptete, zählt die Dattelpalme nicht unter den Bäumen auf, die man in den Gärten pflanzen solle. Aber in den Ebenen und an der Küste Syriens gedieh sie vortrefflich und war bald ein durchaus unentbehrlicher Fruchtbaum, den auf ihren Küstenfahrten zu verbreiten sich die schiffahrtkundigen Phönikier angelegen sein ließen. Sie brachten ihn zuerst bei der Aussendung von Kolonien nach Nordafrika, wo das von ihnen gegründete und später mit Rom rivalisierende Karthago die Dattelpalme als Wappenbild auf ihre Münzen schlug.

Durch die regen Verbindungen mit Syrien und Babylonien gelangte die Dattelpalme schon zu Ende des 3. vorchristlichen Jahrtausends, etwa gleichzeitig mit dem Feigenbaum, nach Ägypten, wo sie uns in den Darstellungen an den Wänden der Gräber der 12. Dynastie, also zu Beginn des mittleren Reiches unter der Bezeichnung bunnu oder phunnu zum erstenmal als offenbar nicht mehr seltener Fruchtbaum entgegentritt. So sehen wir in einer hübschen Darstellung des Grabes Nr. 2 zu Beni Hassan, wie erwachsene Bäume dieser Art gefällt werden, was wohl nicht der Fall gewesen wäre, wenn dies eine kostbare Neueinführung gewesen wäre. In der Folge war die Dattelpalme ein in Ägypten viel angepflanzter und neben der Dumpalme häufig dargestellter Baum, dessen Früchte zahlreich unter den Totenbeigaben gefunden werden. Aus den Stengeln der Fiederblätter — altägyptisch bai genannt — stellte man Stöcke, Käfige und leichte Stühle her, während die Fiedern selbst — altägyptisch utu — zum Flechten von Matten, Körben, Sandalen und dergleichen mehr dienten. Von den altägyptischen Ärzten wurden den Kranken häufig Datteln zum Abführen verordnet.

Neben der Dattelpalme wurde von den alten Ägyptern auch ein dem Sonnengotte Ra geheiligter, besonders in der Sonnenstadt Heliopolis verehrter adlerähnlicher Vogel, der sich alle 500 Jahre selbst verbrennen und aus der Asche verjüngt auferstehen sollte, ebenfalls bunnu oder phunnu genannt. Nun besteht zweifellos zwischen diesen beiden gleichgenannten Dingen irgend eine nicht mehr zu ergründende sagenhafte Beziehung, die den Griechen durch Vermittlung phönikischer Handelsleute zu Gehör kam. So nannten sie diesen mythischen Vogel und die Dattelpalme aus phunnu verändert phoínix und gaben den semitischen Kaufleuten von der Küste Syriens selbst diese Bezeichnung, während später die Römer diesem Handelsvolke den sichtlich aus bunnu abgeleiteten Namen puni oder poeni gaben.

Dem homerischen Zeitalter war die Dattelpalme noch durchaus fremd. Erst an einer Stelle der Odyssee, die nicht früher als aus dem 9. vorchristlichen Jahrhundert stammen dürfte, wird in Worten höchster Bewunderung von einer heiligen Palme auf der Insel Delos gesprochen, mit der der vielgewanderte Dulder Odysseus die schlanke Tochter des Königs der Phäaken, Nausikaa, vergleicht, die ihn nach seinem Schiffbruch, als er nackt und ohne irgend welche Habe von den Wogen ans Land geworfen wurde, freundlich aufnahm und zu ihrem Vater Alkinoos geleitete. Es war das die einzige Palme, die er auf seinen weiten Wanderungen sah; ja, er sagt von ihr, daß sonst nirgends auf Erden ein solcher Baum wachse, als nur dort: „denn nicht trägt ein solches Gewächs sonst irgend die Erde.“

Wenn schon die zierliche Gestalt des nicht Frucht tragenden Baumes im Abendlande solches Entzücken erregte, so wird man begreifen, daß im Morgenlande selbst, wo der Baum durch seine wohlschmeckenden, nahrhaften Früchte dem Menschen ganz unentbehrlich ist, er als Inbegriff der durch große Nützlichkeit hervorgehobenen Schönheit von den Dichtern in den schönsten Bildern besungen wird. Wer denkt da nicht an die Stelle im Hohen Lied des Alten Testaments, dem einzigen uns erhaltenen, ums Jahr 800 v. Chr. entstandenen und ganz mit Unrecht dem König Salomo zugeschriebenen Erzeugnis der weltlichen Lyrik der Hebräer, da der Sänger seine Geliebte in begeisterten Worten beschreibt und von ihr sagt: „Dein Wuchs gleicht der Palme und deine Brüste den Datteltrauben“, dann an den Gebrauch der Israeliten und Vorderasiaten überhaupt, ihre Töchter mit Vorliebe tamar, d. h. Dattelpalme zu heißen.

Die athenische Sage berichtet, daß ihr mythischer König Theseus nach der Überwindung des Minotaurus auf seiner Heimfahrt von Kreta auf Delos gelandet sei und mit seinen Genossen zu Ehren des dort verehrten Gottes Apollon ein Kampfspiel aufgeführt habe. Die Sieger seien dann mit Zweigen jener berühmten Palme geschmückt worden, und seither sei der Palmwedel das Symbol des Siegers und der Siegesfreude. Schon in der Mitte des 7. vorchristlichen Jahrhunderts stiftete der Tyrann Kypselos, der Herrscher der auf phönikischen Ursprung zurückgehenden Stadt Korinth, eine eherne Palme als Weihgeschenk für den delphischen Apollon, wie später auch die Athener nach ihrem Doppelsiege über die Perser am Flusse Eurymedon im Jahre 466 v. Chr. Endlich prägten Ephesus und andere Griechenstädte, so auf Kreta und Euböa, Palmen auf ihre Münzen.

Von den Griechen kam die Dattelpalme zu den Römern, die vorher bloß die auf heißen Standorten Siziliens und Unteritaliens wachsende Zwergpalme (Chamaerops humilis) gekannt hatten. Auch bei ihnen war der Palmwedel das Abzeichen und der Preis des Siegers in den öffentlichen Spielen wie bei den Triumphzügen, und mit ihm bestickten sie als ganz besondere Auszeichnung die tunica palmata, das kurzärmelige, wollige Unterkleid, das die Männer unter der Toga trugen. Die ersten Dattelpalmen auf italienischem Boden pflanzten die unteritalischen Griechen um die dem Apollon geweihten Tempel und von ihnen drangen sie mit der Zeit zu den Römern vor, von denen der Geschichtschreiber Livius das erste Exemplar aus dem Jahre 291 v. Chr. aus dem Hain des Apollo in der Hafenstadt Antium in Italien erwähnt. Aber erst im letzten vorchristlichen Jahrhundert kamen die Früchte dieses Baumes als Handelsartikel durch die Vermittlung der Griechen häufiger zu den Römern unter der dem semitischen Worte dafür dachel entlehnten griechischen Bezeichnung dáktyloi, woraus das lateinische dactyli und zuletzt unser deutsches Wort Dattel wurde. Daß nun die Griechen aus dem von den Phönikiern gehörten Wort dachel dáktyloi machten, mag wohl auf einer Ideenverbindung mit dem Worte Finger, was dáktylos eigentlich bedeutete, beruhen, da diese Früchte entfernt fingerförmige Gestalt besitzen.

Da die Dattelpalme auf europäischem Boden keine süße Frucht trägt, sind mit dem Untergang der antiken Welt auch die anmutigen hier gepflanzten Exemplare, weil keine Früchte tragend, als nutzlos zugrunde gegangen. Die Araber dagegen verbreiteten dieses ihr heimatliches Gewächs überall hin, wo sie ihren Fuß setzten. So soll der Kalif Abdurrahman I. um das Jahr 756 in einem Garten bei Cordova mit eigener Hand die erste Dattelpalme auf spanischem Boden gesetzt haben, von der alle übrigen in Spanien abstammen sollen. Oft soll er sie in sehnsüchtiger Erinnerung an die arabische Heimat betrachtet haben. Die Sarazenen brachten den Baum wiederum nach Sizilien und Süditalien, wo sich seiner in der Folge die Christen bemächtigten, um die Blattwedel am Palmsonntage weihen zu lassen und das Jahr über als Schmuck in ihren Wohnungen aufzubewahren. Dieser Sitte verdankt Italien seinen größten Palmenhain, der sich bei Bordighera zwischen San Remo und Ventimiglia unter fast 44° nördlicher Breite befindet. Eßbare Früchte liefern sie natürlich hier nicht, dafür aber müssen sie ihre Blattwedel opfern. Die Einwohner dieses Städtchens haben das durch Gewohnheit geheiligte Vorrecht, zum Osterfest Palmen nach Rom zu liefern, und diese Industrie schuf mit der Zeit die über 4000 Stämme zählende Palmenanpflanzung. Dieses Vorrecht verlieh Papst Sixtus V. im Jahre 1586 der Familie Bresca als Belohnung dafür, daß ein Glied dieser Familie, ein Schiffskapitän, in jenem Jahre, während der Aufstellung des unter Kaiser Caligula 39 n. Chr. aus Heliopolis in Ägypten nach Rom gebrachten und damals den vatikanischen Zirkus schmückenden Obelisken auf dem Platz von St. Peter in Rom, als die trockenen Taue zu versagen drohten, durch den rechtzeitigen Ruf: „Wasser auf die Taue!“ dem die Aufstellung besorgenden Baumeister Fontana aus schwerer Verlegenheit half.

Den Palmwedel hat die christliche Kirche, wie so viele andere Symbole der Bildersprache des Orients entnommen. Wie Palmenwedel bei den Festen des Osiris in Ägypten, beim feierlichen Einzuge der Könige in Jerusalem prangten, die Sieger in Olympia schmückten und die Festgewänder römischer Imperatoren zierten, so bedient sich ihrer heute noch die katholische Kirche in Erinnerung an den Einzug des Christus (d. h. Messias) in die jüdische Hauptstadt. Bei der Feier des Palmsonntags sollen sie nicht bloß ein Zeichen des Sieges des Urhebers des Christentums, sondern zugleich ein Bild himmlischer Reinheit sein, deren Beispiel jener gab. Damit nun die Palmwedel möglichst farblos weiß bleiben, d. h. sich ohne Ausbildung des Blattgrüns entwickeln, werden die Kronen vom Hochsommer an fest zusammengebunden, so daß die innersten Blätter, vom Licht unberührt, vergeilen. Der Reisende, der um diese Zeit die Riviera di Ponente besucht, sieht dann die Palmwipfel in Form von riesigen Kugeln und begreift anfangs nicht, was diese Verstümmelung des schönen Baumes bezweckt. Im Dunkeln gehalten, werden solche Wedel auch schlank und lang. An ihren Enden laufen sie spitz aus und bleiben biegsam und weich, so daß sie leicht in beliebige Formen geflochten werden können.

Aber auch das ältere Judentum benutzt noch die Palmwedel in Verbindung von Myrte und Bachweide zum Feststrauß für das Laubhüttenfest, das ursprünglich ein Erntefest war. Es verlor aber nach der Zerstreuung der Juden, die sich in der Fremde dem Handel zuwandten, diese seine Bedeutung und behielt nur die andere geschichtliche bei, eine Erinnerung an den göttlichen Schutz während der Wüstenwanderung zu sein, als ihre Vorfahren unter Mose in Hütten aus Palmzweigen wohnten. Die Bestandteile dieses, bei jenem im Oktober gefeierten Feste zur Aufstellung gelangenden Straußes mußten gewisse Bedingungen erfüllen, so auch der Palmwedel, der für die Juden grün bleiben muß. Der Schopf zu diesem Zwecke gehaltener Palmen wird in Bordighera weniger stark zusammengebunden, so daß auch die jüngeren Blätter etwas Licht erhalten und ergrünen können. Sie bleiben zugleich kürzer, schließen mit stumpfer Spitze ab und werden härter als diejenigen für die Katholiken.

Früher trug auch die Umgegend des kalabrischen Reggio und von Palermo auf Sizilien ganze Palmenwaldungen, die aber als Nachlaß der ungläubigen Sarazenen von den Christen zerstört wurden. Einzig in Südspanien, bei Elche, befindet sich noch ein aus mohammedanischer Zeit herrührender Palmenwald von etwa 60 000 Stämmen, der nicht nur Blätter für fromme Gläubige liefert, sondern auch genießbare Früchte zeitigt. An der Riviera wird neuerdings sehr häufig neben der Dattelpalme die ihr sehr ähnliche kanarische Phönix gepflanzt, von ihr nur durch gedrängteren, üppigeren Wuchs und kräftigere Blattentwicklung verschieden. Ihre Blätter werden gleichfalls häufig zu der an der Riviera blühenden Palmenflechterei benutzt.

In den Oasen Nordafrikas und Westasiens ist die Dattelpalme das wichtigste Kulturgewächs, ohne welches der Mensch hier nicht existieren könnte. Hier treibt sie ihre Wurzeln sehr tief in den Boden, bis die wasserführende Schicht erreicht ist, so daß sie ohne künstliche Bewässerung üppig gedeiht. Alles an ihr wird von den armen Oasenbewohnern verwertet. Die Früchte sind das fast ausschließliche Nahrungsmittel, das roh, getrocknet oder gekocht täglich mehrmals gegessen wird. In Körbe gepreßt oder in Sand gegraben, können sie bis zwei Jahre aufbewahrt werden und verderben selbst in der brennendsten Sonnenhitze nicht. Deshalb bilden Datteln auf den Karawanenreisen ein unentbehrliches Proviantmittel. Der Stamm der Dattelpalme liefert die Pfosten der Häuser, die Gerüste zu den Ziehbrunnen, die Bretter zu Türen und das Werkzeugmaterial überhaupt. Die Blätter dienen zur Bedachung der Hütten, die Rippen zur Einzäunung der Grundstücke wie auch zu Wanderstäben; ihre Fiedern werden zu Sandalen und Körben geflochten. Aus dem Fasergewebe der Blattansätze werden sehr haltbare Stricke gedreht, die besonders widerstandsfähig gegen Salzwasser sind und deshalb vielfach in der Schiffahrt Verwendung finden; die Herzblätter der Stammspitze liefern den wohlschmeckenden Palmkohl und durch Anzapfen des Stammes erhält man einen zuckerhaltigen Saft, der vergoren einen berauschenden Wein liefert. Meist aber wird solcher Dattelwein durch Gärenlassen von mit Wasser verdünntem Dattelhonig gewonnen, der durch Auspressen der frischen Datteln erhalten wird.

Die Fortpflanzung der Dattelpalme geschieht bisweilen durch die Fruchtkerne, in denen das Nährgewebe für den Embryo in Form von hornartig hartem Holzstoff angehäuft ist, das dann durch Fermente gelöst und in Zucker verwandelt wird, um dem jungen Pflänzchen zum Wachstume zu dienen. Am häufigsten aber wird dieser Fruchtbaum durch Schößlinge vermehrt, die man im Herbste aus der unmittelbaren Nähe des Mutterbaumes ausgräbt, verpflanzt und etwa drei Monate lang begießt, von wo an sie sich selbst erhalten können. Nach sechs bis acht Jahren beginnen diese die ersten Blüten zu treiben, aber erst vom 20. Jahre an liefern sie volle Erträge, die bis zum 70. oder 80. Jahre andauern. Von da an wird der Ertrag geringer, und etwa im Alter von 100 Jahren sterben die Bäume ab.

Stets werden die weiblichen Dattelpalmen in der Weise befruchtet, daß man in ihre Rispen Teile eines stäubenden männlichen Blütenstandes befestigt oder darüber schüttelt, damit der Pollen in reichen Mengen auf erstere hinunterfalle. In einem Fruchtstande gelangen meist über hundert Beeren zur Entwicklung, die dann im Herbste geerntet werden, doch nicht gleichzeitig. Man pflückt nämlich diejenigen, die als Vorrat aufbewahrt werden sollen, vor ihrer völligen Reife, um sie an der Sonne ausreifen, zugleich aber auch trocken und fest werden zu lassen. Die am Baume völlig reif gewordenen ißt man vorweg. Als Durchschnittsernte rechnet man auf einen Baum einen Jahresertrag von 50 kg, die an Ort und Stelle etwa drei Mark wert sind.

Endlich hat die Dattelpalme auch in der Kunst eine wichtige Rolle gespielt. Bei den alten Babyloniern gab ihr Stamm den Anlaß zur Entstehung der später aus Stein nachgebildeten runden Säule, während ihr Wipfel das in der babylonischen und assyrischen Kunst so beliebte Motiv der Palmette gab, welches dann die Griechen aus dem Orient übernahmen. In Ägypten dagegen wurden die Säulen aus Papyrus und Lotus nachgeahmt; dadurch entstand die kanelierte Säule, die die Griechen von dorther übernahmen und in ihrer dorischen und korinthischen Säule weiter bildeten. Da sie ihnen aber nüchtern vorkam, wurde sie mit den Blättern des im Mittelmeergebiet in mehreren Arten verbreiteten Acanthus gekrönt, wodurch das korinthische Kapitäl entstand. Die Voluten des ionischen Kapitäls dagegen sind wahrscheinlich den gewundenen Gehäusen der Tonnenschnecken (Dolium) nachgebildet. So hat die Dattelpalme den weitgehendsten Einfluß auf die allgemeine Kultur des in ihrem Bereiche lebenden Volkes ausgeübt.

Die im tropischen Afrika einheimische und namentlich an den Flußufern sehr verbreitete Ukindu- oder wilde Dattelpalme (Phoenix reclinata) liefert ungenießbare, holzigtrockene Früchte, doch werden die Fiedern der Blätter zu Flechtereien aller Art benutzt. Wichtiger als sie ist die indische Dattel-Zuckerpalme (Phoenix silvestris), die nur 9 bis 13 m hoch wird und eine dichte, halbkugelige Krone aus 3 bis 5 m langen Fiederblättern trägt. Sie wird in ihrer Heimat, besonders in Bengalen, seit unvordenklicher Zeit zur Gewinnung von Palmenzucker kultiviert. Ende Oktober entfernt man an ihr die unteren Blätter, die zum Flechten von Matten und Säcken für die Zuckerverpackung oder als Brennmaterial dienen, und macht einige Tage später an jener entblößten Stelle einen Einschnitt in den Stamm, in welchen man ein gespaltenes Bambusröhrchen einsetzt, das den aus der Wunde rieselnden süßen Saft in ein Gefäß leitet. Der Saft fließt besonders nachts, und zwar um so stärker, je kühler sie ist. Früh morgens geht der Eigentümer mit seinen Gehilfen von Baum zu Baum, um den Saft zu sammeln und sofort an Ort und Stelle zu einem gur genannten Sirup zu kochen. Dieser wird meist verkauft und von besonderen Zuckerkochern zu Palmenzucker eingedickt. Wenn der Saftfluß nach etwa acht Tagen erschöpft ist, so läßt man die Wunde zuheilen und versucht eine Woche später an einer anderen Stelle nach vorhergehendem Schälen des Stammes weiteren Saft zu gewinnen. Ein vollkräftiger Baum kann während der Erntezeit in 50 Nächten abgezapft werden und liefert 240 Sihr (= 100 Liter) süßen Saft, aus denen 24 Sihr (= 10 Liter) Sirup eingekocht wird. Die Bäume werden aus Samen auf gutgedüngtem Boden gezogen und werden nach Ablauf des fünften Lebensjahres zum erstenmal angezapft. Die erste Ernte beträgt nur die Hälfte des Ertrags eines vollkräftigen Baums. Durchschnittlich beträgt die Erntefähigkeit 40, unter besonders günstigen Verhältnissen 45 bis 50 Jahre.

Ganz außerordentliche Wichtigkeit kommt der Königin der Palmen, der Kokospalme (Cocos nucifera) zu, die überall in den Tropen in der Nähe der Küsten schon seit sehr langer Zeit eine geradezu unentbehrliche Nutzpflanze bildet. Da die übrigen 28 Arten der Palmengattung Cocos im Küstengebiet von Mittelamerika heimisch sind, muß auch sie, die man nirgends mehr wild findet, von dorther stammen, wie zuerst Martius vermutete. Sie hat sich teils durch den Menschen, der sie überall mit sich nahm, teils durch die Meeresströmungen über den ganzen Tropengürtel verbreitet. Als ausgeprägte Strandpflanze, von der man sagt, daß sie nur soweit gedeiht, als der Seewind sie erreicht, sind nämlich ihre mächtigen, undeutlich dreikantigen Früchte auf lange andauernden Transport durch die salzige Flut eingerichtet. Zu diesem Zwecke haben sie eine 2 Finger dicke, außerordentlich zähe und dauerhafte Faserhülle, die als Schwimmkörper dient; außerdem ist der Keimling in eine steinharte Schale eingeschlossen, welche auch nach allfälliger Auflösung der äußeren Faserhülle den zarten Keimling vor der schädlichen Einwirkung des scharfen Meerwassers abhält. Dieser Umstand erklärt es, weshalb die zierliche Palme, deren wehende Blätterkronen einen der schönsten und charakteristischen Züge der tropischen Landschaft bilden, sich auch ohne Zutun des Menschen als vielfach einzigen Vertreter der Baumvegetation auf allen Koralleninseln der Südsee angesiedelt hat.

Ursprünglich ist die Kokospflanze eine ausschließliche Küstenpflanze. Erst durch den Menschen wurde sie auch fern von der Küste angesiedelt. Da, wo sie ihre Wurzeln ins Grundwasser tauchen kann, das auch salzig sein darf, gedeiht sie nämlich auch fern von der Salzflut. So hat man sie neuerdings nicht bloß in Indien und auf Ceylon, sondern auch in Ostafrika bis 500 km vom Meere entfernt angesiedelt. Und sie kommt hier so gut als an der Küste fort. Sie wird gewöhnlich nur etwa 20 m hoch, kann aber gelegentlich 25 bis 30 m Höhe erreichen. Auf ihrem von den vorherrschenden Winden meist etwas gekrümmten, schlanken, geringelten Stamm von 30 bis 60 cm Durchmesser erhebt sich eine Krone von 10–12 bis 5 m langen, gefiederten Blättern, deren unterseits rinnenförmig ausgehöhlter Stiel am Grunde von einem zähen, braunen Geflecht umgeben ist. Aus den Achseln der untersten Blätter kommen die bis 1 m langen, zusammengedrückten Blütenscheiden hervor, welche lange, vielfach verzweigte Kolben mit gelben männlichen und grünen weiblichen Blüten umschließen. Aus letzteren gehen die 29 : 26 cm messenden, blaß aschgrauen bis rötlichen Früchte hervor, die fast ein Jahr zu ihrer Reife brauchen. Ein jeder Fruchtkolben, deren mehrere gleichzeitig am Baume zu sehen sind, trägt 10 bis 30 Nüsse. So reifen das Jahr über an einem Baume günstigenfalls bis 150 Nüsse; doch rechnet man durchschnittlich nur auf einen Jahresertrag von 60 bis 80 Nüssen per Baum in vier bis fünf Ernten. Die junge Nuß ist mit einer milchigen Flüssigkeit, der Kokosmilch, erfüllt, die einen süßlichen, etwas zusammenziehenden Geschmack besitzt und frisch ein angenehmes, kühlendes Getränk bildet. Bei der Reife verdichtet sich diese milchige Flüssigkeit in den äußeren Partien zu einem festen, weißen Kern, der neben Eiweißstoffen besonders reichlich Fett enthält. In der Höhlung dieses festen Teiles des Nährgewebes findet sich aber auch nach der Reife noch ein flüssiger Teil als Milch, welche später bei der Keimung zuerst zur Verwendung gelangt. Der kleine Keimling liegt im festen Nährgewebe unterhalb des Keimlochs des nicht fehlgeschlagenen Fruchtknotenfaches.

Tafel 23.

Dattelpalmen in Algier.

Dattelernte in einer nordafrikanischen Oase.

Tafel 24.

Fruchttragende Kokospalme in Westafrika mit einem Neger, der im Begriffe ist sie zu besteigen, um Nüsse herunterzuholen.


GRÖSSERES BILD

In einem zusammenhängenden, dichten Besiedelungsgebiet wächst die Kokospalme besonders in ganz Südasien, der indischen und polynesischen Inselwelt in dichten Hainen und befriedigt die meisten Lebensbedürfnisse der Eingeborenen, deren Existenz sich ohne sie gar nicht mehr denken ließe. Keine andere Nutzpflanze läßt sich an vielseitiger Verwendung auch nur annähernd mit ihr vergleichen. Von ihr sagt ein indisches Sprichwort, daß sie 999 Nutzanwendungen gewähre und die 1000. sei überhaupt noch nicht gefunden. Aus der Rinde der Kokospalme gewinnt man den Kokosgummi, womit sich die Bewohner von Tahiti und anderer Inseln der Südsee die Haare bestreichen, um ihnen Halt zu geben. In Indien werden die äußeren, gerbstoffhaltigen Teile des Stammes zum Gerben benutzt. Der vom 35. Jahre an stark verholzende Stamm dient als oft einziges Nutzholz zum Bauen und zur Herstellung der Möbel und verschiedensten Geräte. Zur Anfertigung feiner Möbel wird er besonders viel nach England ausgeführt. Die Blätter benutzt man zum Dachdecken, sowie zu Matten und anderen Geflechten, wie besonders Hüten und Regenschirmen, die Blütenscheiden und alten, ausgetrockneten Blätter zusammengerollt zu Fackeln, die Mittelrippe zu Kämmen, die zusammengebundenen Blätter zu Besen. Das junge Mark unter der Endknospe, das einen süßen, an Haselnuß erinnernden Geschmack besitzt, wird wie die ganz jungen Blätter als Gemüse, sogenannten Palmkohl, gegessen. Das Fasernetz am Grunde der Blätter, noch mehr aber die faserige Hülle der Früchte dient zu unverwüstlichen Tauen, Stricken und Geflechten, besonders Matten, Teppichen und Läufern, aber auch zu Besen, Pinseln und Bürsten. Aus den noch geschlossenen Blütenscheiden wird durch Umschnürung mit jungen Kokosblättern und Anschneiden der Toddy genannte Palmwein und aus diesem durch Destillation Arrak, durch Einkochen ein Sirup und endlich ein sehr angenehm schmeckender brauner Zucker, der Palmzucker (tschakara, mit dem Sanskritworte sackara, von dem unser Zucker abstammt, zusammenhängend), von dem über 110 Millionen kg jährlich produziert werden, gewonnen. Der dünnmilchige Saft besonders der unreifen Früchte dient als überaus angenehmes, erfrischendes Getränk, während der wie Haselnuß schmeckende weiße Kern roh verspeist oder zerrieben dem Curry und anderen Speisen hinzugefügt wird, auch preßt man aus ihm das zu 68 Prozent in ihm enthaltene Öl in Form eines weißen, dem Schweineschmalz ähnlichen, bloß etwas unangenehm riechenden Fettes, das zum Schmälzen der Speisen, als Brenn- und Salböl dient, zu welch letzterem Zwecke es vielfach mit Sandelholz parfümiert wird. Besonders aber dient es wie das afrikanische Palmöl zur Herstellung von Kerzen und Seifen. Kokosseife ist besonders bei Seeleuten sehr beliebt, da sie die einzige ist, die auch im Meerwasser schäumt. 15 Nüsse geben durchschnittlich 2 Liter Kokosnußfett. Die Preßrückstände geben ein wertvolles Viehfutter. Die harte Schale liefert Gefäße und Löffel und wird in Europa zu allerlei Drechslerwaren, namentlich Knöpfen, verarbeitet.

Welch ungeheure Werte der Mensch der Kokospalme verdankt, kann man sich einigermaßen vorstellen, wenn man bedenkt, daß einzig die Insel Ceylon, auf der die Europäer erst seit etwa 30 Jahren systematisch größere Anpflanzungen dieser Palme vornahmen, aus ihren wenigstens 30 Millionen Kokosbäumen jährlich einen Ertrag von rund 325 Millionen Mark bezieht, während der Reis einen solchen von 112 Millionen Mark, der neuerdings im großen Maßstabe gepflanzte Tee aber einen solchen von 100 Millionen Mark liefert. Deshalb wird die Kokospalme auch in allen tropischen Kolonien Deutschlands in Menge kultiviert. Die größten und wertvollsten Bestände besitzen die Südseeinseln, wo sich neben den Kokoshainen der Eingeborenen auch große, von Europäern angelegte Kokosplantagen befinden. In Afrika wird sie in den Küstenstrichen fast nur von den Eingeborenen kultiviert. Trotzdem haben die deutschen Kolonien im Jahre 1906 für 6¼ Millionen Mark der als Kopra bezeichneten getrockneten Kokosnuß exportiert. Da die Gesamteinfuhr Deutschlands an Kopra in demselben Jahre 16,9 Millionen Mark betrug, so ergibt sich, daß dieses Land jetzt schon mehr als ein Drittel seines Koprabedarfes aus seinen Kolonien zu decken vermag.

Die Eingeborenen der Tropen pflanzen die Kokospalme gern in und um ihre Dörfer an, meist nur in kleineren Beständen, seltener als größere Pflanzungen. Diese werden in der Regel von den Europäern angelegt. Die Kultur der Kokospalme ist eine höchst einfache. Die Vermehrung geschieht ausschließlich durch die Früchte, welche man nach der Ernte noch 3–4 Wochen lang ausreifen und ankeimen läßt, bevor man sie zur Aussaat verwendet. Wenn der Keimling etwa 2 cm aus der Frucht herausragt, werden die Nüsse ihrer Länge nach in Furchen eines aus sandiger, reich mit Salz oder Asche gedüngter Erde bestehenden Saatbeetes gelegt und lose mit Erde bedeckt. Nach 7 bis 9 Monaten werden die jungen Palmen an ihren definitiven Bestimmungsort gebracht, wobei man sie etwa 7 m auseinander pflanzt. Doch müssen sie noch längere Zeit bei allzu großer Hitze beschattet, gegen das weidende Vieh beschützt und regelmäßig mit Holzasche gedüngt werden. Nach dem ersten Jahre fangen die Blätter an gefiedert zu werden, d. h. sie verlieren ihre für das Jugendstadium charakteristische zusammenhängende Form. Am Ende des zweiten Jahres haben sie am Grunde einen Durchmesser von 8 cm. Im dritten Jahre nimmt der Fuß der Krone die Gestalt eines Hufeisens an und der Stamm beginnt sich über die Erde zu erheben. Im vierten Jahre hat er 12 und im fünften Jahre 24 Blätter. In den folgenden Jahren setzt er noch weitere 12 Blätter an, damit ist seine Krone vollständig. Nun wendet sich das Wachstum mehr auf den Umfang der Pflanze. Vom siebenten oder achten Jahre an beginnt die Palme zu blühen und das ganze Jahr hindurch Früchte zu zeitigen. Die volle Tragfähigkeit tritt aber meist erst im zwölften Jahre ein und dauert bis zum sechzigsten bis achtzigsten Jahre, dann nimmt der Ertrag ab, so daß der Baum schließlich umgehauen und durch eine junge Kokos ersetzt wird. Doch kann der Baum ein Alter von 90–100 Jahren erreichen.

In bezug auf den Boden ist die Kokospalme nicht besonders wählerisch, wenn sie nur genug Wasser, am liebsten brackiges hat. Am besten sagt ihr ein tiefgründiger, humusreicher Lehm zu. Außer Wind, der ihr überall an der Küste in reichem Maße zuteil wird, verlangt sie vor allem reichen Sonnenschein. Luft und Licht sind zwei ihrer wichtigsten Lebensbedingungen. Im Schatten verkümmert sie; daher finden wir niemals Kokospalmen im geschlossenen Hochwalde. Im Halbschatten wächst sie mangelhaft, bildet nur einen ganz dünnen Stamm und die wenigen Früchte, die sie hier hervorbringt, sind klein und unansehnlich.

Begreiflicherweise war dieses Tropengewächs, das sehr früh die Gestade Indiens besiedelte, den älteren Kulturvölkern am Mittelmeer unbekannt. Die erste Beschreibung von ihm gab unter den Griechen der pflanzenkundige Aristotelesschüler Theophrast (390–286 v. Chr.) in seiner Naturgeschichte der Gewächse nach dem Bericht, den er über die Kokospalme durch Begleiter Alexanders des Großen auf dessen Zuge nach Indien erhalten. Er nannte sie kúki. Der ägyptische Großkaufmann Kosmas aus Alexandrien, der ums Jahr 550 mit seinem Begleiter Menas auf einer Handelsreise bis Südafrika und Indien gelangte und später als Mönch seine Reise beschrieb, sah in den Küstengebieten Indiens, der von ihm Taprobane genannten Insel Ceylon und auf den Malediven, die er besuchte, in Menge die von ihm argéllion genannte Kokospalme; es ist dies das nargil der Perser und Araber, das aus dem indischen narikela stammt. Er sagt, daß man den von ihr gewonnenen süßen, in alkoholische Gärung übergehenden Saft konchusúra nenne. Nach ihm hat der weitgereiste Venezianer Marco Polo mit seinem Vater Niccolò und seinem Oheim Maffeo Polo 1293 und 1294 auf seiner Heimreise von China über Indonesien und Indien die Kokospalme häufig gesehen und in seinem während der Gefangenschaft bei den Genuesen diktierten Bericht beschrieben. Er nennt sie nur den „Palmbaum mit den indischen Nüssen“. Der Name Kokosnuß wurde erst nach des Portugiesen Magelhaens’ Fahrten, der als erster Europäer die nach ihm benannte Meerenge zwischen Patagonien durchfuhr und im November 1520 in den Stillen Ozean gelangte, um am 27. April 1521 in einem Gefecht auf der Marianeninsel Matan umzukommen, bei den Seeleuten bekannt. Nach Garcias und Klöden soll er daher stammen, daß die portugiesischen Seeleute sie infolge der Ähnlichkeit der drei Keimlöcher der inneren Frucht mit den beiden Augen und der Nase einer Meerkatze (macoco) coco nannten. Die Erforscher der malaiischen Inselwelt Rumphius und Thunberg im 17. Jahrhundert nannten die Kokospalme nach der Bezeichnung der Amboinesen Kulapa-Baum. Da sie im Sanskrit Indiens als narikela vorkommt, muß sie dort schon vor 3–4000 Jahren bekannt gewesen sein. An der Malabarküste wird sie als tenga, d. h. Südfrucht bezeichnet, weil sie von Süden her, speziell aus Ceylon, dort eingeführt wurde. Auf Tahiti heißt sie ari, wie sie auch von manchen Malaienstämmen genannt wird. Jedenfalls hat sich diese von Martius als „wandelnde Seeuferpalme“ bezeichnete Kulturpflanze, die unfruchtbar bleibt, wenn sie nicht vom Menschen gepflegt wird, zunächst durch die Meeresströmungen, dann durch den Menschen von der pazifischen Küste Mittelamerikas zuerst über ganz Ozeanien und dann die südasiatische Inselwelt verbreitet und wurde erst nach der Entdeckung Amerikas im Bereiche des Atlantischen Ozeans, in Westafrika, an den Küsten Brasiliens und im Gebiete ganz Westindiens angesiedelt. Dagegen fanden die ersten Spanier, die von Mexiko nach der Küste des Stillen Ozeans hinabstiegen, sie reichlich auf der Westküste Mexikos wie ganz Mittelamerikas angepflanzt. Neu-Kaledonien ist die südlichste Insel, an deren Nordküste die Kokospalme noch gedeiht. Ihre nördlichste Verbreitung aber hat sie auf den Sandwich-Inseln, beinahe unter dem Wendekreis des Krebses, gefunden, wo sie aber infolge ungenügender Sonnenwärme nur spärlich Früchte hervorbringt. Dort genossen in vorchristlicher Zeit nur die Männer die Früchte, die den Weibern tabu waren und nicht einmal von ihnen berührt werden durften, bis einmal eine mutige Häuptlingsfrau, von ihrem Manne gegen die Rache der Priester beschützt, dieses altgeheiligte Verbot übertrat und, da sie von den Göttern für diesen Frevel nicht bestraft wurde, ihrem Geschlecht das Recht zum Genuß der herrlichen Früchte verschaffte.

Eine besonders für Westafrika sehr wichtige Palme ist die Ölpalme (Elaeis guineensis), deren Vorkommen auf das tropische Afrika beschränkt ist. Von der Westküste, wo sie sich in einem breiten Streifen vom Gambia- bis zum Kuanzafluß findet, dringt sie nordöstlich bis zum Albertsee und südöstlich bis zum Nordende des Nyassasees vor. Sie kommt also auch im ganzen Kongobecken vor, wird aber im wilden Zustande nur verhältnismäßig selten angetroffen. Die einzige außer ihr noch vorhandene Elaeis-Art, Elaeis melanococca, die gleichfalls rote, zur Gewinnung von Öl benützte Früchte besitzt, hat ihre Heimat im tropischen Amerika, wo sie um Bahia, an der Mündung des Amazonenstroms, in Guiana, Venezuela und auf dem Isthmus von Panama wild wächst. Deshalb vermutet man, daß auch die westafrikanische Ölpalme im Dorado der Palmen, dem nördlichen Südamerika und Mittelamerika, ihre ursprüngliche Heimat hat, von der sie schon im Tertiär auf der damals noch bestehenden Landbrücke nach Westafrika gelangte.

Die westafrikanische Ölpalme ist ein sehr schönes Gewächs, gedeiht aber nur dort, wo ein feuchtes, heißes Klima herrscht. Nur unter den natürlichen Lebensbedingungen, im Walde, erreicht sie ihre normale Höhe von 20 m, in der Kultur aber wird sie meist bloß 10–15 m hoch. Ihr tief geringelter, mannsstarker Stamm schwillt vielfach über dem Boden etwas an und ist unter den natürlichen Verhältnissen im obersten Teil meist noch mit den Resten abgestorbener Blattstiele bedeckt. In der Entfernung dieser, damit die Palme zum Herunterholen der reifen Früchte bestiegen werden könne, beschränkt sich in der Regel die ganze Pflege seitens der Eingeborenen. Die schöne Blattkrone besteht aus 20–25 Wedeln bis zu 7 m Länge mit etwa 1 m langen Fiedern, die sich aber schlecht zum Flechten eignen. In den Blattachseln des Wipfels brechen die mit kätzchenartig angeordneten Blüten reichlich besetzten Blütenstände hervor, die, wie bei den meisten Palmen, getrennten Geschlechts sind, jedoch in der nämlichen Krone, nicht auf verschiedenen Individuen sich entwickeln. Eine Palme bringt während des Jahres durchschnittlich drei bis vier der massigen, nicht herabhängenden Fruchtstände zur Reife. Sieben Monate nach der Blüte reifen die Früchte heran. 600–800, ja bis 1500 an der Zahl finden sie sich an einer riesigen, meist 20–30, gelegentlich bis 50 kg schweren Traube, durch kurze Stacheln voneinander getrennt. Sie sitzen sehr fest und sind wegen ihres gedrängten Wachstums unregelmäßig abgeplattet und erscheinen fett glänzend, von hochgelber bis zinnoberroter Farbe. Am Oberteile sind sie braunschwarz angelaufen. Zu äußerst bestehen sie aus einer dünnen Lage eines fettreichen, faserigen Fleisches, das eine dickschalige, steinharte, mit einem bläulich weißen Kerne versehene Nuß umschließt. Etwa ein Drittel des Gewichtes der Fruchtstände wird von den Früchten selbst gebildet. Deren ölhaltiges Fruchtfleisch bildet eine Lieblingsnahrung der Affen und Papageien, aber auch des Menschen, der es roh oder noch häufiger gekocht in Form der bei den Negern sehr beliebten Palmölsuppe verzehrt. Besonders aber gewinnt er daraus das für ihn so wichtige Palmöl, das ihm als Fettzusatz zu seiner an Fett sonst so armen Pflanzenkost, außerdem aber zur Beleuchtung, zum Einreiben des Körpers und als Arznei dient.

Zur Ölgewinnung wird der ganze Fruchtstand der Ölpalme abgehauen, sobald die Palmnüsse reif sind. Dann werden die einzelnen Früchte ausgebrochen und deren äußeres Fleisch durch Kochen in Wasser oder durch Liegenlassen an der Sonne erweicht. Darauf werden sie in Mörsern gestampft, wobei sich das Fleisch vom Kern löst und zugleich das im Fruchtfleisch enthaltene Öl heraustritt. Dieses schön orangerote, wohlschmeckende Palmöl wird zum geringeren Teil von den Eingeborenen selbst im Haushalt verwendet, zum größeren Teil jedoch an die europäischen Faktoreien verkauft. Im tropischen Westafrika, wo die Ölpalme manchenorts ausgedehnte Wälder bildet, wird es in solchen Mengen erzeugt, daß es gegenwärtig den wichtigsten Handelsartikel dieser Gegenden bildet.

Aus den nach der Ölgewinnung übrigbleibenden bräunlichen, harten Kernen wird das weiße Palmkernöl gewonnen, das sogar noch feiner und wertvoller als das Palmöl ist. Dies wird von den Eingeborenen auf sehr primitive Weise durch Aufklopfen der Kerne und Auspressen des Samens gewonnen. Der weitaus größte Teil der Kerne gelangt aber in die Faktoreien, um nach Europa gesandt zu werden, wo die Ölgewinnung aus diesen vermittelst eigens dafür konstruierter Maschinen geschieht. Die Abfälle bei der Ölbereitung, Palmkuchen genannt, geben ein ausgezeichnetes Viehfutter.

Der Nutzen der Ölpalme beschränkt sich aber nicht bloß auf die ölreichen Früchte. Sie liefert nämlich außerdem in ihren stattlichen Wedeln das Material zur Umzäunung von Gehöften und zu größeren Fischereianlagen, sowie paarweise zur Herstellung leichter und zäher Tragkörbe. Die starken Blattrippen dienen als geschätztes Material für den Hausbau und zur Herstellung von Palisaden, aus den Fiederblättern werden Körbe und viele andere Geräte geflochten und aus den Rippen gute Besen hergestellt. Die außerordentlich festen Gefäßbündel der Wedelstiele vertreten die Stelle von Darmsaiten bei den Musikinstrumenten der Eingeborenen. Endlich wird aus der Ölpalme der bei den Eingeborenen so beliebte, frischem Äpfelmost ähnliche, anfangs süße, bald aber durch Hefegärung stark alkoholhaltige und dann berauschende Palmwein gewonnen. Zur Erlangung kleinerer Mengen davon schneidet man die männlichen Blütenstände ab, zu derjenigen größerer Mengen jedoch wird die Palme mit axtartigen Werkzeugen gefällt, indem man damit das ganze Wurzelwerk durchhaut. Nachdem die Stämme 1–2 Wochen am Boden gelegen haben, schneidet man ihnen mit dem Buchmesser die Wedel ab und höhlt da, wo das Mark in das Herzblatt ausläuft, von oben aus ein ziemlich großes Loch in den Stamm, das mit einer kleinen Öffnung bis auf die untere Seite desselben durchgeführt wird. Durch dieses Loch wird eine dünne Holzröhre gesteckt, durch welche der Saft tropfenweise in einen untergestellten Topf abläuft. Durch Schneiden und Brennen wird das Loch täglich etwas erweitert, ein Vorgang, den die Neger als das „Rufen des Palmweins“ bezeichnen. In den ersten 16 Tagen fließt der süßeste Saft aus, dann wird der Ausfluß stärker, aber das Produkt ist wässeriger. Nach höchstens 30 Tagen ist der Saftreichtum des Stammes erschöpft. Dieser Palmwein wird von den Eingeborenen dem von der Kokospalme gewonnenen vielfach vorgezogen.

Bei dem großen Nutzen der Ölpalme für den Menschen kann es uns nicht wundern, daß der dem Neger so unentbehrliche Fruchtbaum im 18. Jahrhundert durch westafrikanische Negersklaven nach Westindien gebracht wurde, wo er in ähnlicher Weise wie in seiner Heimat kultiviert wird. Am besten gedeiht er im lockeren Buschwald, wo auch die Fruchtstände am größten werden. Sonst wächst er auch willig auf trockenem und leichtem, wie auf feuchtem und schwerem Boden. Entweder werden zuerst Stecklinge aus reifen Früchten gezogen und dann in Abständen von etwa 2 m verpflanzt, oder die Früchte werden gleich in entsprechenden Entfernungen in den Boden gesteckt. Der Baum braucht bis zur vollen Entwicklung etwa 10 Jahre; dann fängt er an zu blühen und Früchte zu tragen, was wenigstens bis zum 60. Jahre andauert. Da jedes Jahr 3–7 Früchtbündel zur Reife gelangen, kann man im Durchschnitt bei geregelter Kultur wohl auf 50 kg Früchte pro Baum rechnen. Da nun 250 kg frischer Früchte 24,5 kg Öl im Fruchtfleisch und 32 kg Kerne liefern, die ihrerseits etwa 15 kg Kernöl abgeben können, so besteht also fast ⅙ des Fruchtgewichtes aus Öl. Da aber dieses nicht restlos aus ihnen gewonnen werden kann, so ist die wirkliche Ausbeute eine bedeutend geringere und beträgt oft nicht einmal die Hälfte des tatsächlich Vorhandenen. So gewinnt der Neger mit seinen unvollkommenen Verfahren aus 50 kg Früchten, die also die mittlere Jahresernte einer Palme darstellen, bloß 2,94 kg Öl und 3,84 kg Kerne. Die Fruchtfleischrückstände enthalten noch sehr viel brauchbares Fett, das durch kräftigeres Pressen leicht zu gewinnen wäre.

So lange die Ölpalmen jung sind, müssen sie namentlich gegen die Glut der regelmäßig am Ende der Trockenzeit von den Negern angefachten Steppenbrände geschützt werden. Haben sie aber eine gewisse Höhe erreicht, so ertragen sie, ohne Schaden zu erleiden, sowohl die Umschließung durch andere, sie überragende Gewächse, als auch monatelange Überschwemmung ihres Standortes und die auflodernden Flammen der Grasbrände.

Im Zentrum der Palmenentwicklung, dem Waldgebiet des nördlichen Südamerika, ist die Weinpalme (Raphia vinifera) heimisch, die außerdem in Brasilien und Westafrika verbreitet ist. Der Stamm erreicht bloß 5–10 m Höhe, besitzt aber bis 15 m lange Blätter mit gewaltigen, oft über 2 m langen Fiedern. Durch Abschneiden der sich entwickelnden Blütenkolben werden große Mengen eines zuckerigen Saftes gewonnen, der durch alkoholische Gärung einen ebenfalls viel genossenen Palmwein liefert; dieser soll aber an Güte dem von anderen Palmen gewonnenen nicht gleichkommen. In Südasien und Indonesien werden verschiedene andere Palmen als Weinpalmen bezeichnet, da sie ebenfalls zur Bereitung von Palmwein benutzt werden.

Andere Palmengattungen liefern in ihren steinharten, weißen Früchten einen wertvollen Ersatz für das durch die zunehmende Ausrottung der Elefanten und die allmählich sich vermindernde Mammutelfenbeingewinnung in Nordsibirien immer seltener und kostbarer werdende Elfenbein. Es sind dies die von verschiedenen Palmenarten stammenden, als „vegetabilisches Elfenbein“ auf den Markt gelangenden Steinnüsse. Zuerst erlangten als solches die Nüsse der südamerikanischen Steinnußpalme (Phytelephas macrocarpa) Bedeutung, die seit dem Jahre 1826 in zunehmender Menge in der Kulturwelt Verwendung finden und deshalb einen der wichtigsten Handelsartikel des Staates Kolumbia bilden. In ihrer Heimat, den Wäldern am Magdalenenstrom und dessen Zuflüssen, werden sie von den Eingeborenen schon seit uralter Zeit zu allerlei Schnitzereien verwendet. Zwei Spanier, Ruiz und Pavon, machten bereits in einem 1798 erschienenen Werke die wissenschaftliche Welt auf diese Palme und ihre Nüsse aufmerksam und gaben ihr den bis heute in Geltung gebliebenen lateinischen Namen Phytelephas macrocarpa, der die großfrüchtige Pflanzenelfenbeinpalme bedeutet.

Tafel 25.

Ölpalmenhain in Westafrika.

Ansicht eines sumatranischen Dorfes mit einer blühenden Zuckerpalme in der Mitte und einem Bambustrieb rechts.

Tafel 26.

Gruppe von Kokospalmen auf Java.

Verschiedene Palmenarten auf Java.

Tafel 27.

Junger Singhalese auf Ceylon mit zwei Fruchtbündeln von Arekanüssen und zwei Kakaofrüchten davor.

Sagopalmen auf Celebes.

Tafel 28.

Auf Arekapalmen kletternde Inder, die ihre Füße zum besseren Kletternkönnen mit einem Tuch verbunden haben.


GRÖSSERES BILD

Die Steinnußpalme ist auf Südamerika beschränkt, liebt feuchte Standorte und steigt den Flußläufen entlang aus den Niederungen bis zu 1000 m Höhe. Sie wächst meist in Gruppen, selten in größeren Beständen. Der höchstens 6 m hohe Stamm ist teils von seinem eigenen Gewicht, teils von den Luftwurzeln auf den Boden gedrückt. Darin und in ihrem ganzen übrigen Aussehen gleicht sie auffallend der vorhin erwähnten südamerikanischen Ölpalme (Elaeis melanococca). Bei der nahe mit ihr verwandten Steinnußpalme mit etwas kleineren Früchten (Phytelephas microcarpa) ist die Stammbildung fast ganz unterdrückt, so daß sie sich mit ihrem Wipfel nur wenig über den Boden erhebt.

Die Bäume sind getrennt geschlechtig, und zwar sind die männlichen Exemplare stärker und aufrechter als die weiblichen. In den Achseln der riesigen Blätter entwickeln sich die Blütenstände, welche an den weiblichen Palmen über kopfgroße, kugelige Sammelfrüchte bilden, die aus je sechs oder mehr eng aneinander gepreßten, holzigen Einzelfrüchten mit höckeriger Oberfläche bestehen, die wiederum vier bis sechs hornige Samen in besonderen Fächern aufweisen. In diesen 20–60 g schweren, etwa hühnereigroßen Samen, den Steinnüssen, liegt von einer schwarzbraunen Schale umgeben der weiße, sehr harte Kern, bestehend aus einem von dickwandigen Steinzellen mit reichlich Eiweiß und Öl im Innern gebildeten Nährgewebe, das selbst nach 24stündigem Liegen im Wasser nicht wesentlich erweicht. Beim Keimen aber sieht man diese steinharte Masse plötzlich weich werden, indem dabei Fermente ausgeschieden werden, die dem Keimling den wie beim Dattelkern sehr harten Reservevorrat lösen und ihn in Form von Traubenzucker für dessen Wachstum zugänglich machen. In diesem Stadium läßt sich ein angenehm schmeckendes, süßes Getränk aus ihnen gewinnen, das als solches, oder erst gegoren, von den Eingeborenen genossen wird. Diese Keimung der Samen erfolgt, wie Kulturversuche ergaben, sehr leicht an feuchten Orten der Tropen, so daß für die Anzucht der Steinnußpalme keinerlei Vorrichtungen wie Saatbeete erforderlich sind.

Diese Palmnüsse bilden den wichtigsten Handelsartikel für die am Meerbusen von Mexiko gelegenen Teile Südamerikas, und zwar sind naturgemäß diejenigen Sorten am geschätztesten, deren Inneres dem echten Elfenbein in Farbe und Tönung am nächsten kommt. Besonders trifft dies bei der Sorte „Savanilla“ zu, deren gelblicher Kern gebrauchtem Elfenbein auffallend ähnelt. Sie werden auf der Drehbank bearbeitet und besonders in der Beinknopfindustrie in ungeheuren Mengen verbraucht. Da sie sich gut färben lassen, verfertigt man auch künstliche Korallen, Türkise usw. daraus. Die Abfälle werden zur Darstellung von Pflanzenalbumen, einem speziell für Färbereizwecke dienenden Eiweiß, leider aber auch zur Verfälschung von gepulverten Gewürzen, die kaffeebraune Steinschale gepulvert zur weiteren Verschlechterung von Kaffeesurrogaten verwendet.

Seit dem Jahre 1876 werden in zunehmendem Maße auch Steinnüsse aus Polynesien unter der Bezeichnung Tahitinüsse bei uns eingeführt, die genau dieselben Eigenschaften wie die südamerikanischen besitzen, sich aber infolge ihrer ansehnlicheren Größe noch besser verwenden lassen. Wie sich später herausstellte, stammen sie nicht von den Tahiti- oder Gesellschaftsinseln, sondern von den weiter im Westen gelegenen Karolinen, Salomons- und Fidschiinseln von drei verschiedenen Arten der Palmengattung Coelococcus, die auf den genannten Inseln in größeren Beständen gedeihen und einen recht ansehnlichen Export herbeigeführt haben. Im Gegensatz zu den südamerikanischen Steinnüssen enthalten sie innerhalb der Steinzellen Kriställchen von oxalsaurem Kalk in der Öl- und Eiweißschicht eingebettet, bedürfen daher zu ihrer Bearbeitung eines besonders gehärteten Stahls. Sie dienen ebenfalls vorzugsweise der Knopffabrikation; jährlich werden etwa 13 Millionen kg derselben gegenüber 38 Millionen kg südamerikanischer Steinnüsse über Hamburg eingeführt.

Von großer Bedeutung für sämtliche Südasiaten und Indonesier ist die ursprünglich in Südasien heimische Arekapalme (Areca catechu), die wegen ihrer diesen Menschen als Genußmittel unentbehrlichen Nüsse in den Tropen daselbst häufig angepflanzt wird. Es ist dies eine wunderbar zierliche Palme von 10–20 m Höhe mit dünnem, kerzengeradem, weißem Stamm und einer Krone von dunkelgrünen Fiederblättern, deren einzelne Fiedern etwas nach aufwärts gebogen sind, und leicht vom Winde bewegt werden, so daß die bilderreiche indische Dichtung diese Palme mit einem von der Gottheit in die Erde geschossenen Pfeile vergleicht, dessen Kielfedern noch vom Fluge erzittern. Viele Europäer bezeichnen sie als die anmutigste aller asiatischen Palmen, ja manche als die schönste der Palmen überhaupt. Das Wichtigste und Wertvollste an ihr sind die an einem nahezu 0,5 m langen Kolben erzeugten, im reifen Zustande orangefarbenen Früchte von der Größe kleiner Hühnereier, die unter einer glatten Außenhaut eine dicke, faserige Mittelschicht und unter dieser eine gelbliche, dünne Schale besitzen, an welcher der Same fest angewachsen ist. Letzterer ist sehr hart und enthält ein weißes, von fast bis zum Zentrum eindringenden schwarzen Platten durchzogenes Nährgewebe, das sehr reich an einem Katechu genannten Gerbstoff ist, der als solcher daraus gewonnen und in großen Mengen ausgeführt wird. Noch viel wichtiger aber ist ihr Gebrauch als Genußmittel der Eingeborenen. Die Nuß ist nämlich ein wesentlicher Bestandteil des „Betels“, der in ganz Süd- und Ostasien mit Leidenschaft von jedermann gekaut wird. Man wickelt zu diesem Zwecke ein Stückchen derselben in das Blatt des Betelpfeffers (Piper betel) ein, fügt etwas gelöschten Kalk, dann Gambir und eventuell Gewürze wie beispielsweise Kardamomen hinzu und kaut dies wie die Arbeiter und Matrosen bei uns den Priemchentabak. Durch den Reiz dieses Gemisches werden große Mengen eines roten Speichels ausgeschieden, der Zahnfleisch und Zähne rot färbt und jene Betelkauer zu Virtuosen des Spuckens gemacht hat, die darin höchstens durch die gumkauenden Yankees übertroffen werden.

Die Arekapalme gedeiht sowohl in Meereshöhe, wo sie häufig im Verein mit der Kokospalme gezüchtet wird, als auch in größeren Erhebungen, wenn auch selten über 1000 m über Meer. Sie ist seit unvordenklicher Zeit über ganz Südasien verbreitet und, da sie im wilden Zustande nicht mehr vorzukommen scheint, ist es unmöglich, mit absoluter Sicherheit ihre engere Heimat festzustellen. Doch kann kaum ein Zweifel darüber bestehen, daß dies die Sundainseln sind. Zur Gewinnung der ihnen geradezu unentbehrlichen Arekanüsse wird sie von den Eingeborenen jeweilen in nur wenigen Exemplaren um ihre Wohnungen gepflanzt. Die Früchte fallen erst nach der Vollreife von den Fruchtzapfen ab. Unter besonders günstigen Umständen beträgt die Jahresproduktion einer Palme 800 Früchte, doch können durchschnittlich nicht mehr als 250–300 angenommen werden. Die Tragbarkeit beginnt im fünften und endet gewöhnlich im dreißigsten Jahre. Ausgedehnte Arekapalmenplantagen gibt es auf Ceylon, das außer seinem eigenen großen Verbrauch etwa 13 Millionen kg davon jährlich ausführt, dann besonders in Nordindien und auf der Halbinsel Malakka. Neuerdings wird sie auch auf den Philippinen, in Neuguinea, ganz Indonesien und Ostafrika für den Export angepflanzt; denn für mehrere hundert Millionen Menschen ist ihr Genuß zum Kauen ein geradezu unentbehrliches Reizmittel, dem sie so wenig als die Gewohnheitsraucher dem Tabak entsagen würden.

Die Betelnüsse werden gepflückt, bevor sie vollständig reif sind, in dem Zustande nämlich, in welchem die unter der faserigen Hülle liegende Schale noch nicht ganz verhärtet ist. Für die Beurteilung ihrer Güte ist die Größe durchaus nicht maßgebend, sondern nur das Aussehen des aufgeschnittenen Kerns. Wenn der weiche, markige Teil, der den härteren roten Teil durchsetzt, eine bläuliche Schattierung besitzt und der rote, gerbstoffhaltige Teil tiefrot ist, wird die Nuß für erste Qualität erklärt. Wenn aber der markige Teil weiß ist und zu sehr vorherrscht, was der Fall ist, wenn sie zu reif geworden ist, so besitzt sie dann nicht mehr den gewünschten, stark zusammenziehenden Geschmack und wird daher als geringwertig betrachtet. Meist werden die Nüsse, nachdem sie von ihrer faserigen Hülle befreit wurden, mit einem scharfen Messer halbiert und an der Sonne getrocknet. Manchmal werden die Halbstücke vor dem Trocknen gekocht. Am geschätztesten ist der Artikel, wenn er in folgender Weise hergestellt wurde. Die — also unreif — geernteten Nüsse werden enthülst und in wenig Wasser gekocht. Dabei entsteht eine rote, dicke, gallertige Brühe, die eingedampft und getrocknet wird. Sie dient zum Einreiben der Nüsse, nachdem dieselben in Stücke geschnitten und an der Sonne getrocknet wurden. Die Stücke werden dadurch glänzend schwarz und in dieser Zubereitung als eine Delikatesse ersten Ranges betrachtet. Auch ungeschnitten werden die Nüsse zuweilen getrocknet, im übrigen aber nach demselben Verfahren behandelt. Der Verbrauch an den Produktionsorten der Nüsse geschieht häufig ohne jede Zubereitung oder nach einem kurzen Einweichen in heißem Wasser.

Die Kultur der Betelpalme erfolgt wie diejenige der Kokospalme. Oft werden beide Palmen durcheinander auf demselben Grundstücke angebaut. Die frischen Nüsse von bester Beschaffenheit werden in Saatbeeten in Abständen von 20–30 cm zum Keimen gebracht. Wenn sie 1–1½ Jahre alt sind, werden sie in der Hauptregenzeit auf ein Feld 3 m auseinander ausgepflanzt, in welchem vorher Bananenstauden als Schattenspender wachsen gelassen wurden. Später ist den Arekapalmen die volle Sonnenbestrahlung sehr dienlich und man pflanzt sie sogar häufig als Schattenspender für Kakao, Betelpfeffer und andere Nutzpflanzen. Wenn auch ihre Krone voll der Sonne ausgesetzt sein soll, so liebt sie doch einen Boden, der durch Beschattung frisch und kühl erhalten wird. In Anbaugebieten dieser Palme mit langen Trockenzeiten ist eine mehrmalige gründliche Bewässerung der Arekaanpflanzung während der Trockenzeit nötig.

Als Nahrungspflanze sehr wichtig für die Bewohner der Molukken und von Neuguinea sind die verschiedenen ostindischen Sagopalmen, die im Innern des Stammes eine große Menge Stärkemehl als Reservevorrat aufspeichern, um am Ende ihres Lebens den mächtigen Blütenstand aufzubauen und die Früchte reifen zu lassen. Die wichtigste derselben ist die gesellig wachsende, 8–12 m Höhe bei einem Durchmesser von 0,6–1,5 m erreichende echte Sagopalme (Metroxylon rumphii, nach dem 1627 in Hanau geborenen und 1702 gestorbenen Rumphius benannt, der lange auf der Insel Amboina lebte und diese Palme zuerst beschrieb). Sie treibt im Alter von 10–12, ausnahmsweise auch 15 Jahren, schwachrötliche Blüten in großer Menge an einer gewaltigen, die Palme überragenden, endständigen, vielfach verzweigten Blütenrispe. Je mehr die Früchte ihrer Reife entgegengehen, desto mehr schwindet natürlich das Stärkemehl aus dem Stammkern, da es ja zur Fruchtbildung verwandt wird. Sobald die pflaumengroßen, von einem gelbbraunen, glänzenden Schuppenpanzer umgebenen trockenen Früchte reif sind, ist der Stärkevorrat erschöpft, doch lebt der Baum noch einige Jahre weiter und stirbt im 20. bis spätestens 25. Lebensjahre.

Ganz ähnlich verhält es sich mit der ihr nahe verwandten Metroxylon sagus, die im Gegensatz zu der vorgenannten keine Dornen an den den Blattstiel umgebenden Blattscheiden trägt. Diese unbewehrte Sagopalme, wie man sie im Gegensatz zur vorgenannten dornigen nennen könnte, birgt weniger und geringwertigeres Stärkemehl. Während erstere mehr auf den Molukken und in Neuguinea wächst und neuerdings auch, seitdem eine größere Nachfrage nach Sago vorhanden ist, anderwärts angepflanzt wird, wird die dornige Sagopalme mehr im westlichen Teil des malaiischen Archipels, namentlich auf Borneo, Sumatra und Java, wild und kultiviert angetroffen und liefert weitaus den größten Teil des von Singapur aus in den Welthandel gelangenden Sagos.

Kurz bevor nun die Sagopalmen zu blühen beginnen, werden sie etwa im 9. oder 10. Jahre zur Gewinnung des in ihnen in reicher Menge angesammelten körnigen Stärkemehls gefällt und in 2–3 m lange Blöcke zersägt, die sich leicht aufspalten lassen. Der dadurch freigelegte, ziemlich feste Kern wird in großen Schollen losgebrochen und diese werden in einem Troge zu grobem Mehl zerstampft. Dieses Mehl wird nun zur Ausscheidung der Fasern mit Wasser vermischt und durch ein Sieb in einen andern Trog gegossen. Nachdem sich das Stärkemehl auf dem Boden niedergeschlagen hat und das Wasser abgelassen wurde, wird es in den ersten Trog zurückgeschaufelt, mit Wasser vermischt und nochmals durch das Sieb getrieben. Dieses Verfahren wird ein drittes und manchmal noch ein viertes Mal wiederholt. Dann ist die Reinigung vollzogen und das Stärkemehl für den Gebrauch für die Eingeborenen fertig, die sich fladenartige, dünne Brote daraus herstellen und sie als Zukost zu ihren Fischen oder anderer tierischer Kost essen.

Zur Herstellung des Sagos — das Wort stammt aus dem Malaiischen und heißt eigentlich sagu, was „eßbares Mehl“ ohne nähere Bezeichnung der Herkunft bedeutet — wird das sich nach dem Schlämmen absetzende Mehl, wenn halb getrocknet, zerstoßen und durch ruckweises Hin- und Herschütteln in einem Tuche, das an zwei von der Decke des Schuppens, in dem die Zubereitung stattfindet, herabhängenden Seilen befestigt ist, zu kleinen, als „Perlen“ bezeichneten Kügelchen geformt. Die diese Arbeit verrichtenden Leute müssen besonders geschickt sein, da von der Art des Schüttelns die Größe der Sagokügelchen abhängt. Diese werden dann durch Siebe mit verschiedenen Maschen gesondert, in heißen Schalen unter beständigem Rühren schwach geröstet und dann, auf großen Öfen ausgebreitet, bei mäßiger Hitze vollständig getrocknet. Der Sagoertrag eines einzelnen Baumes schwankt je nach der Gründlichkeit der Gewinnung — meist ist sie eine sehr oberflächliche — zwischen 200 und 350 kg. Die Gesamtmenge des jährlich von Singapur aus in den Handel gebrachten Sagos wird auf 50 Millionen kg berechnet. Noch weit mehr konsumieren die Eingeborenen, die zum großen Teil davon leben.

Die Sagopalme wird besonders in sumpfigen Talgründen, den Wasserläufen entlang, angepflanzt. Eine kräftige Sagopalme erzeugt 300–400 kg Stärkemehl. Dabei erneuert sich die Anlage von selbst, indem man von jedem Baum, nachdem er gefällt ist, einen Schößling treiben läßt, der seine Stelle einnimmt. Dieser ist meist nach 8 bis 10 Jahren schlagreif und verlangt keinerlei Pflege. Die ersten Sagoproben brachte der weitgereiste Venezianer Marco Polo (1256–1323) 1295 nach Venedig. Aber erst durch die Portugiesen kam die Ware seit dem 16. Jahrhundert in den Handel. Da man aber in neuerer Zeit fand, daß Sago nur ein reines Stärkemehl ist, so bereitet man aus dem Stärkemehl der Kartoffel deutschen Sago, der denselben Nährwert besitzt. Jetzt wird die Sagopalme außer in ihrer Heimat noch an vielen Orten der Tropen, besonders auch in Westindien, kultiviert. In derselben Weise werden auch verschiedene Verwandte des echten Sagobaumes ausgebeutet. Ein minderwertiges, nicht in den Handel gelangendes Sago gewinnt man übrigens auch aus dem Marke der kürzeren, plumpen Stämme verschiedener Farnpalmen, deren einfach gefiederte, große, lederartige Blätter an Stelle der eigentlichen Palmenwedel unter dem Namen Palmenzweige bei Leichenfeierlichkeiten verwendet werden.

Eine der berühmtesten Palmen ist die 20–25 m hohe fächerblättrige ostindische Talipotpalme (Corypha umbraculifera), die in den feuchtesten Strichen Ceylons und des Festlandes wächst und zur leichteren Wasserverdunstung gewaltige Blätter von 7–8 m Länge und 5–6 m Breite entwickelt. Unter einem solchen Blatte können zehn Personen mit Leichtigkeit Platz und Schutz finden. So ist es nicht zu verwundern, daß die Eingeborenen sich aus ihr sehr zweckmäßige Sonnen- und Regenschirme herstellen, die sich die Vornehmen unter ihnen, besonders die Häuptlinge, von ihren Dienern über den Kopf halten lassen. Auch zum Decken der Häuser werden sie benutzt, während die Blattknospen als Palmkohl gegessen werden und man aus dem Stamm eine geringe Sorte Sago gewinnt. Jahrzehnte hindurch sammelt diese Palme das nötige Nährmaterial, um am Ende ihres Lebens den außerordentlich mächtigen, Tausende von weißen Blüten tragenden, reich verzweigten Blütenstand hervorzubringen und dann, nach der Fruchtbildung, abzusterben. Auf die in Längsstreifen gespaltenen Blätter ritzen die Inder und Singhalesen mit eisernen Griffeln ihre Schrift ein. Alle heiligen Schriften der Buddhisten Ceylons bestehen aus solchem Schreibmaterial, das zu Büchern aufeinandergelegt und durch Schnüre zusammengefaßt wird. Die Blattfasern dienen zu Stricken usw. Das weiche Holz des Stammes wird kaum benutzt, dagegen dient das innere Mark besonders in Zeiten der Not zur Gewinnung von Sago. Ähnlich, nur noch vielseitiger, ist die Verwendung der nahe verwandten Gebangpalme (Corypha gebanga) der Sundainseln. Eine andere Verwandte, die ebenfalls in Vorder- und Hinterindien heimische Kitulpalme (Caryota urens) liefert namentlich Fasern und durch Ausschneiden der sich zum Auftrieb bereitenden Blütenstände einen süßen Saft in solcher Menge — bis über 50 Liter in 24 Stunden —, daß nicht nur Palmwein, sondern durch Eindampfen auch bräunlicher Palmzucker (tschakara) daraus gewonnen wird.

Zur Palmweingewinnung von etwas geringerer Güte dient auch eine andere Fächerpalme, die überall im feuchtwarmen Gebiete des tropischen Afrika als Delebpalme und in Südasien und der asiatischen Inselwelt in einer wenig verschiedenen Abart als Palmyrapalme (Borassus flabellifer) gedeiht. Die stattliche, durchschnittlich 20 m Höhe erreichende Palme ist in ihrer afrikanischen Abart dadurch ausgezeichnet, daß der Stamm in seinem oberen Teile bauchig angeschwollen ist, was bei der südasiatischen Form durchaus fehlt, indem der Stamm der letzteren durchwegs zylindrisch ist und sich nach oben hin etwas verjüngt. Sie ist wie die meisten Palmen von der größten Nützlichkeit für die Eingeborenen, die alles an ihr benutzen. Neben der Kokospalme ist sie, die von den Malaien lontar genannt wird und durch die ganze indonesische Inselwelt bis Neuguinea vorkommt, die Hauptnutzpalme besonders Ostindiens, und ein uraltes indisches Lobgedicht auf sie zählt nicht weniger als 801 Nutzanwendungen von ihr auf. Sie ist für Ostindien deshalb so bedeutsam, weil sie dem Menschen gerade dann einen bedeutenden Teil seiner Nahrung liefert, wenn Reis und andere Lebensmittel hoch im Preise stehen, die Produkte der Palmyrapalme aber billig sind, da sie umsonst aus den Wäldern gewonnen werden können. Sie wird auch eigens zur Nahrung kultiviert und die jungen Keime werden als wohlschmeckendes Gemüse (Palmkohl) gern gegessen. Aus dem Marke gewinnt man Sago. Die kokosnußähnlichen Früchte von der Größe eines Kinderkopfes dienen Menschen und Vieh zur Nahrung. Sie werden roh und geröstet gegessen und sind für Millionen Inder eine Hauptnahrung.

Durch das Abschneiden der noch von den Scheiden umgebenen jungen Kolben der männlichen Bäume wird der Toddy genannte Palmwein gewonnen. Man beginnt von der Spitze her von diesen Kolben dünne Scheiben abzuschneiden; dabei tritt ungefähr acht Tage nach dem ersten Schnitt das Ausfließen des Saftes ein, welches so lange anhält, bis der ganze Kolben weggeschnitten ist, was vier bis sechs Monate dauert. Man kann daraus entnehmen, welche große Mengen süßen Palmsaftes auf diese Weise gewonnen werden. Durch Einkochen desselben und Behandeln mit Kalk wird brauner Palmzucker, von den Eingeborenen tschakara genannt, hergestellt.

Tafel 29.

Blühende Talipotpalme auf Ceylon.


GRÖSSERES BILD

Tafel 30.

Junge Seychellenpalme im botanischen Garten von Buitenzorg auf Java.

Vorn Victoria regia und hinten ein afrikanischer Leberwurstbaum (Kigelia africana) im botanischen Garten von Buitenzorg auf Java.

In den jungen, noch nicht reifen Früchten ist das Nährgewebe der Samen gallertartig weich und wohlschmeckend. Das harte, hornartige Nährgewebe der reifen Frucht ist ebenfalls eßbar, wenn es durch Fermentwirkung bei der Keimung weich geworden ist. Zu diesem Zwecke läßt man die Samen ankeimen, indem man sie in lockere Erde gräbt. Meist jedoch wird der keimende Samen seiner Entwicklung zum Keimpflänzchen überlassen; wenn dieses dann die Größe einer kräftigen Mohrrübe erreicht hat, liefert es in verschiedener Zubereitung eine schmackhafte Speise. Namentlich die inneren, zarteren Teile des Keimpflänzchens, das sogenannte Herz, werden wegen ihrer zarten Beschaffenheit zum Essen bevorzugt. Die jungen, weißlichen Blätter dienen als Schreibmaterial, während die älteren grünen Blätter in ähnlicher Weise wie diejenigen der Fächerpalmen zu Matten, Körben, Säcken, Hüten, Fächern und zur Bedeckung der Hütten benutzt werden. Das durch seine Härte und Dauerhaftigkeit, besonders seine Widerstandskraft gegen die sonst kaum eine pflanzliche Substanz verschonenden Termiten ausgezeichnete Holz älterer Bäume dient zum Hausbau und wird als Tischlerholz zu allen nur erdenkbaren Gegenständen verarbeitet. Aus den dunkelfarbigen Rindenschichten älterer Bäume werden in Europa Spazierstöcke und mancherlei Drechslerwaren verfertigt. Das Holz jüngerer Bäume dagegen, das nur in den äußeren Teilen des Stammes sehr hart ist, wird, nachdem man den weichen inneren Teil entfernt hat, zu Wasserröhren, Dachrinnen usw. benutzt. Die Blattscheiden endlich liefern einen sehr wertvollen Faserstoff, der als Borassus- oder Palmyrapiassave in den Handel kommt.

Auch bei der in den Wäldern Ostafrikas, Ostindiens und Indonesiens bis zu den Molukken heimischen echten Zuckerpalme (Arenga saccharifera), in Malabar Gomutipalme genannt, die 16–19 m hoch wird und 6,5–8 m lange Blätter treibt, besteht der Hauptnutzen im süßen, durch Abschneiden der jungen Blütenkolben, selten durch Einschnitte in den Stamm in Menge gewonnenen Saft, den man zur Herstellung eines stark berauschenden Palmweins, noch häufiger aber durch Einkochen zur Gewinnung eines dunkeln Palmzuckers benutzt. Aus dem Mark bereitet man eine Art Sago. Zwischen dem Ursprung der Blattstiele stehen roßhaardicke schwarze Fasern, die als Gomutifasern oder Ejuh in den Handel gelangen und zur Herstellung von Schnüren, Segeln, Ankertauen und Besen verwendet werden. Ihre mit Zucker eingemachten unreifen Früchte gelten in Cochinchina als Leckerbissen, aber das saftige Fleisch der reifen Steinfrüchte ist so brennend, daß die Lippen davon anschwellen. Auch das rote Fruchtfleisch der kastaniengroßen Früchte der vorhin erwähnten, bis 16 m hohen ostindischen Kitulpalme (Caryota urens), mit bis 6,5 m langen doppeltgefiederten Blättern, kann wegen des heftigen Brennens, das sie im Munde verursachen, in reifem Zustande nicht genossen werden.

Außerordentlich beliebt bei den Malaien und in wenigen Dörfern Javas, Sumatras und Borneos fehlend, ist die Salakpalme (Zalacca edulis), eine stammlose, buschige Palme mit großen, stacheligen Fiederblättern. Die Blätter dienen zum Dachdecken, und die mit einem braunroten Schuppenpanzer umgebenen eiförmigen Früchte bergen drei von einer weichen, weißen Fruchtmasse eingehüllte Samen. Deren angenehm säuerliches, etwas zusammenhängendes Fruchtfleisch wird roh, mit Zucker oder gekocht gegessen. Oft bezahlen die Malaien dafür sehr hohe Preise.

Eine niedrige Schirmpalme, welche vielfach als Topfpflanze bei uns kultiviert wird, ist die in China heimische und früh nach der Insel Bourbon verpflanzte Livistona chinensis, deren Früchte, die Latanenäpfel, unter der dünnen sich leicht ablösenden Schale ein schmackhaftes Fleisch enthalten.

Eine der Hauptnahrungspflanzen der süd- und mittelamerikanischen Indianer ist die bei einer Stammdicke von 13–21 cm 25–29 m hoch werdende Pupunhapalme (Guilelmia speciosa) mit 2–2,3 m langen Blättern. Deren Früchte bilden gekocht und geröstet eine sehr wichtige Speise der Eingeborenen, weshalb sie den Baum um ihre Hütten anpflanzen. Aus den Samen wird auch Palmöl gewonnen. Dieser Fruchtbaum der tropischen Waldgebiete Amerikas steht schon so lange in der Kultur des Menschen, daß er nur noch durch Schößlinge fortgepflanzt werden kann.

Gleicherweise liefern die Früchte der auf dem Gebiet von Britisch-Honduras große Wälder bildenden Cohunepalme (Attalea cohune) das dem Kokosnußöl bei weitem vorgezogene Cohuneöl, das bei 24°C. gerinnt. Diese schöne Palme bringt nur eine Ernte im Jahre hervor, gewöhnlich aus 700–800 Früchten bestehend. Wenn die Früchte von den Bäumen gefallen sind, werden sie gesammelt und in sehr roher Weise zur Ölgewinnung benutzt. Ihre sehr harten Schalen werden mit einem Stein aufgeschlagen und die Kerne in einen hölzernen Mörser geworfen, in dem sie zerstoßen werden. Die dabei entstehende Masse wird in Kesseln gekocht und das an die Oberfläche kommende Öl abgeschöpft. In unreifem Zustande enthalten die Früchte eine kühle, angenehm schmeckende Flüssigkeit, die sehr abführend wirkt. Hat sich diese Flüssigkeit zu einem weichem Kern verdichtet, so wird derselbe zerstoßen, mit wenig warmem Wasser übergossen und durch ein Tuch geseiht. Die erhaltene milchige Flüssigkeit dient zur Vermischung mit Kaffee und zur Herstellung einiger Gerichte. Aus dem süßen Safte der Palme wird ein weinartiges Getränk bereitet. Die bis 9 m langen Blätter mit 1 m langen Fiedern dienen zur Bedachung der Hütten.

Auch aus den eßbaren Früchten der brasilischen Alfonsia oleifera und noch mehr aus denjenigen der westindischen Macahubapalme (Acrocomia sclerocarpa) wird ein sehr wohlriechendes Öl gewonnen, das vielfach zur Fabrikation von feinen Toilettenseifen Verwendung findet. Letztere Palme ist 6–12 m hoch; ihr Stamm verdickt sich am Grunde etwas und wird von 3–5 m langen, lebhaft grünen Blättern gekrönt, die mit braunen Stacheln bewehrt sind. Die kugeligen, olivengrünen Früchte von der Größe einer Aprikose enthalten einen sehr harten Kern, der eine schöne Politur annimmt und deshalb vielfach von den Negern zu Schmucksachen verarbeitet wird. Um das Öl zu erhalten, werden die Samen leicht geröstet und in einer Mühle zu Brei zerrieben. Derselbe wird schwach erwärmt, zu einem Viertel seines Gewichts mit kochendem Wasser vermischt und in einen Sack gebracht, der zwischen zwei erwärmten Eisenplatten gepreßt wird. Das erhaltene Öl reinigt man, indem man es kocht und filtriert. Nach dieser Behandlung hat es die Beschaffenheit von Butter, ist goldgelb gefärbt, riecht veilchenähnlich und besitzt einen süßlichen Geschmack. Es dient meist als Speisefett und kommt auch nach Europa. In verschlossenen Gefäßen läßt es sich lange aufbewahren. Der Luft ausgesetzt, verliert es bald seine schöne gelbe Farbe und sein angenehmes Aroma.

In sumpfigen Niederungen des Amazonenstroms und sonst in Brasilien wächst die bis 30 m hohe Assaipalme (Euterpe oleracea), die schlehenartige Früchte zeitigt. Diese werden, wenn reif, in irdene Töpfe gelegt und mit warmem Wasser übergossen, das bald eine purpurne Färbung annimmt. Nach einer Stunde wird der größte Teil des Wassers abgegossen, etwas kaltes Wasser hinzugefügt und das inzwischen weich gewordene Fruchtfleisch mit den Händen zerdrückt. Sind die grünlichen Steine entfernt, so wird die rahmartige Flüssigkeit durch ein Sieb getrieben und ist zum Genusse fertig. Als assai wird es überall in den Ortschaften von Straßenverkäufern feilgeboten. Außerdem werden die Blattknospen aus dem Innern der Blattscheiden gekocht als Gemüse oder roh als Salat (Palmkohl) feingeschnitten und mit Öl und Essig gemischt gegessen. Die Stämme dienen häufig zu Pfählen und Palisaden.

Weiter ist die brasilische Wein- oder Mostpalme (Oenocarpus bacaba), die in ihrer Heimat überall um die Wohnungen der Eingeborenen angepflanzt wird, von Wichtigkeit, da die gekochten und gepreßten Früchte viel süßes Öl zum Küchengebrauche und zum Brennen und außerdem ein beliebtes weinartiges, von den Indianern bakaba genanntes Getränk liefern. An Nützlichkeit wird sie noch von der in Nordbrasilien und im Orinokogebiet heimischen Moritzpalme — nach dem 1665 gestorbenen Prinzen Moritz von Nassau, einem Beförderer der Botanik so genannt — (Mauritia vinifera) übertroffen, deren bis über 32 m hoher und 0,3–0,6 m dicker Stamm innen schwammig-weich ist und eine Art Sago liefert, der in Scheiben geschnitten eine brotähnliche Speise gibt. Fleisch und Kern der hühnereigroßen Früchte werden gegessen, der durch Abschneiden der unentwickelten Blütenscheiden gewonnene süße Saft liefert den betäubenden Palmwein der Guaraniindianer, während die Oberhaut der Blätter vortreffliche Schnüre und Netze gibt und der äußere Teil des Stammes als Nutzholz dient. Nach Alexander von Humboldt ernährt diese Palme ausschließlich die im Mündungsgebiet des Orinoko lebenden wilden Stämme der Guarani, welche sich Hängematten aus den Blattstielen machen und dieselben zwischen den Stämmen ausspannen, um in der Regenzeit, wenn das Mündungsgebiet des Flusses weithin überschwemmt ist, ganz auf diesen Bäumen zu leben.

Nicht weniger nützlich ist für die Eingeborenen Chiles die chilenische Palme (Jubaea spectabilis), die einzige Palme Chiles und die südlichste Amerikas, die auf ein kleines Gebiet der Küstenkordillere vom Meeresstrand bis 800 m Höhe beschränkt ist. Sie erreicht 25 bis 28 m Höhe bei einem Stammdurchmesser von 1–2 m. Diese dickste aller Palmen der Erde besitzt eine Krone von 50–60 2,5 m langen Fiederblättern. Sie blüht erst in einem Alter von 60 Jahren, und zwar fällt der Beginn der Blütezeit in den Oktober, den chilenischen Frühling. Dann platzt die Hülle, die den Blütenstand einschließt, mit lautem Knall. Der darin geborgene fleischige Blütenkolben entfaltet gegen hundert Zweige, die zugleich mit männlichen und weiblichen strohgelben, etwas rötlichen Blüten besetzt sind. Aus den weiblichen entwickeln sich walnußgroße, apfelgelbe Steinfrüchte, deren den Kern umhüllendes Fruchtfleisch an den Geschmack der Mispel erinnert. Die Samenkerne, coquitos genannt, von denen ein einziger Baum in einem guten Jahr 10000 zur Reife bringt, dienen als Ersatz für Mandeln und sind namentlich in Peru sehr begehrt. Wie von allen Palmen werden auch von ihr alle Teile ausgenutzt. Aus den Fasern des Stammes wird eine zur Bedachung der Häuser geeignete Pappe gemacht, aus den Fiedern der Blätter verfertigt man Körbe und Flechtwerk aller Art, oder zerschleißt sie zu Polsterungsmaterial, die Mittelrippen werden nach Europa exportiert und dort zu Spazierstöcken verarbeitet, aus dem Stamme jedoch, wobei die Palme geopfert wird, gewinnt man den zu Konfitüren der häuslichen Küche unentbehrlichen Palmenhonig (miel de palma). Bestellt man in einem Restaurant Chiles beispielsweise einen Pfannkuchen, so fragt der Kellner, der ihn serviert: „mit Zucker oder Palmenhonig?“ Der Chilene zieht letzteren vor, der sich alsdann aus der angebohrten Blechbüchse in dünnem, aber zähem gelbbraunen Strahl auf das Gebäck ergießt. Zur Gewinnung dieses Palmenhonigs werden die in Mittelchile noch in größeren Beständen wachsenden Palmen bevor der Frühlingstrieb erfolgt in der Weise an der Wurzel gefällt, daß sie noch durch einen Teil des Stammes mit dem Erdreich in Verbindung bleiben. Dann wird das oberste Stammende nach Entfernung der Krone gekappt und ein Gefäß darunter gestellt. Während des 6–8 Monate andauernden Ausflusses von süßem Saft liefert sie insgesamt 300–400 Liter desselben. Dabei muß nur von Zeit zu Zeit für eine neue Schnittfläche gesorgt werden, da sich die alte mit der Zeit verstopft. Der Saft wird dann auf Sirupdicke eingekocht. Eine Palme liefert 60–100 Liter Honig.

Im Innern Afrikas ist die äthiopische Fächerpalme (Borassus aethiopum), deren Stamm im zweiten Drittel angeschwollen ist, häufig und wird auch teilweise von den Negern angepflanzt, da ihre kopfgroßen, 2–2,5 kg schweren Nüsse ihnen allgemein zur Nahrung dienen und teilweise so wichtig sind wie die Datteln den Arabern. Auch die Triebe der jungen Sämlinge werden roh gegessen.

Verwandt mit ihr und der Deleb- beziehungsweise Palmyrapalme (Borassus flabellifer) ist die im Westgebiet des Indischen Ozeans heimische Seychellenpalme (Lodoicea seychellarum). Sie selbst ist noch nicht sehr lange bekannt, während ihre bis 40 cm langen und 10 bis 13 kg schweren, vortrefflich zum Schwimmen über weite Meeresstrecken eingerichteten, seltsam zweilappigen Früchte, deren Nährgewebe wie dasjenige der Kokosnüsse schmeckt und gerne verspeist wird, schon im Mittelalter in Indien und Hinterindien bekannt waren. Aus unbekannter Ferne fand man sie bisweilen am Strande der Küste Vorderindiens oder der vorgelagerten Inselgruppe der Malediven angeschwemmt. Kein Mensch wußte zu sagen, woher diese merkwürdigen Gebilde kamen, und so bildete sich die Sage aus, daß sie als eine Zauberfrucht am Grunde des Meeres wüchsen. Deshalb nannte man sie Meerkokosnüsse oder Wundernüsse Salomos, auch maledivische Nüsse, weil sie zumeist von den Malediven nach dem indischen Festland in den Handel kamen. Auf den Malediven mußte jede solche entdeckte Nuß als Eigentum des Fürsten bei Todesstrafe sofort diesem gebracht werden, der sie dann verschenkte oder verkaufte. Ihrer großen Seltenheit und geheimnisvollen Herkunft entsprechend galt sie als ganz außerordentlich wertvoll und man schrieb ihr die wunderbarsten Wirkungen zu. Besonders die Malaien ließen sich daraus kostbare, wundertätige Trinkgefäße schnitzen. 1602 brachte der holländische Admiral Hermanson zuerst eine solche Nuß, die er von einem indischen Fürsten geschenkt erhalten hatte, nach Europa, wo ihr dieselben wunderbaren Kräfte wie in Indien zugeschrieben wurden. Kaiser Rudolf II. (1552–1612) bezahlte für einen daraus geschnitzten Becher, der als zauberkräftiger Talisman galt und heute noch in der Schatzkammer des Kaiserhauses in Wien aufbewahrt wird, nicht weniger als 4000 Goldgulden (im heutigen Werte von über 12000 Mark), eine für die damalige Zeit ganz ungeheure Summe. Erst im Jahre 1769 wurde gelegentlich einer vom Herzog von Praslin angeordneten Untersuchung der Seychellengruppe auf einer winzig kleinen, nach Praslin benannten Insel die Mutterpflanze in Gestalt der bis 40 m hohen Palme mit 7 m langen und 4 m breiten Blattwedeln gefunden, und 1770 brachte ein unternehmender französischer Kauffahrer diese Meernüsse in Menge nach Kalkutta, wo er sehr gute Geschäfte damit machte. Später kamen sie vielfach als Kuriosität in europäische Sammlungen. Daß die Mutterpflanze getrenntgeschlechtig ist und nicht in dichten Beständen, sondern zwischen den übrigen Urwaldbäumen zerstreut wächst, trägt nicht wenig dazu bei, daß ihre Vermehrung nur überaus langsam fortschreitet. Zudem brauchen die Früchte nicht weniger als sieben Jahre zum Reifen. Erst ein Jahr nach dem Pflanzen derselben erscheint der Keimling, der oft mehrere Meter unter der Bodenoberfläche dahinkriecht, bis er nach oben hervorbricht. Bis ein Baum Blüten trägt, vergehen 30–40 Jahre.

Bild 15. Nuß der Seychellenpalme (Lodoicea seychellarum). Nach dem Original im Baseler botanischen Institut.

In Oberägypten häufig ist die 8–9,5 m hoch werdende Dumpalme (Hyphaene thebaica), eine der wenigen Palmen, deren Stamm sich 3 bis 4mal gabelt. Sie kommt in verschiedenen Arten in ganz Afrika vor. Die etwa die Größe und Form einer Birne erreichenden bräunlichgelben, völlig glatten Früchte besitzen um die harten Samen ein süßes, wohlschmeckendes Fruchtfleisch, das besonders die Affen und Elefanten, aber auch die Menschen sehr lieben. In manchen Gegenden, so beispielsweise im Ambolande, bilden die Früchte dieser „Pfefferkuchenpalmen“ ein sehr wichtiges Nahrungsmittel. Auch in Ägypten gelangen sie heute noch wie zur Zeit der ältesten Dynastien zum Verkauf. Die alten Ägypter aßen sie mit Vorliebe und gaben sie ihren Toten als Wegzehrung mit. So finden wir sie häufig als Grabbeigaben, besonders der 12. Dynastie seit dem Beginne des vorletzten Jahrtausends v. Chr. Die Dumpalme hieß bei den Ägyptern mama und deren Früchte kuku. Aus den Blättern wurden Sandalen hergestellt, deren sich mehrere erhielten, so eine im Museum in Florenz.

Eine neuerdings auch bei uns eingeführte, äußerst wertvolle Tropenfrucht sind die Bananen oder Paradiesfeigen, auch Pisang genannt. Diese mit den Liliengewächsen verwandten Pflanzen stellen die Riesen unter den Stauden dar, indem ihr krautiger, nach außen ausschließlich von dicken Blattscheiden gebildeter Stamm 6 bis zu 10 m Höhe erreicht. Nur wenn die Pflanzen als Abschluß ihres Daseins zur Blüte gelangen, durchwächst dann im Innern ein solider Körper als sogenannter Krautstamm den Stengel. Die außerordentlich großen, 3–4 m langen und 60–90 cm breiten, saftig grünen Blätter besitzen eine sehr starke Mittelrippe, von der sich parallele Seitennerven abzweigen, zwischen denen sie der Wind oft arg zerschlitzt.

Die Bananenstaude bringt nur ein Fruchtbüschel hervor, das aber mit seinen Früchten 30–50 kg schwer wird und 60–100, bei einigen Abarten bis 300 Einzelfrüchte enthält. Nachdem die Frucht gereift ist, stirbt die Pflanze ab. Die Blüten brechen nach Beendigung des Größenwachstums der Pflanze hervor und sitzen an einem bis 1,5 m langen, meist hängenden Kolben, und zwar in 12–16 Ringen von je 15–20 fruchtbaren weiblichen Blüten, von denen jede mit einem großen, roten, blauen oder violetten Deckblatte umgeben ist. Diejenigen der oberen Scheiden, die am weitesten herabhängen, sind männlich und fallen nach dem Verblühen samt den Blätterscheiden ab, während der Achsenteil, an dem sie befestigt waren, erhalten bleibt und auch später noch weit über den reifen Fruchtstand hinausragt. Dann folgen einige unfruchtbare Zwitterblüten und darunter erst die fruchtbaren weiblichen, die nach der Befruchtung die 20–30 cm langen und 5–8 cm dicken, schön gelb bis rot gefärbten, sechskantigen, nicht aufspringenden Früchte hervorgehen lassen. Diese gurkenförmig länglichen, sichelförmig gekrümmten, ursprünglich dreifächerigen, weichen Beeren weisen bei sämtlichen kultivierten Sorten als Zeichen einer uralten Kultur, bei der alles Gewicht auf die möglichst reiche Entwicklung des Fruchtfleisches gelegt wurde, keinerlei Samen mehr auf, so daß diese Kulturpflanze sich nur noch durch Stecklinge fortpflanzt. Bei der wildwachsenden südasiatischen Stammpflanze sind sie gedrückt kugelig, während sie bei den kultivierten Arten zugunsten des Fruchtfleisches unterdrückt wurden und nur noch als dunkle Punkte zu erkennen sind. Die Bananenfrüchte schmecken, wie sich ein jeder von uns wohl selbst zu überzeugen vermochte, wie mehlige, sehr aromatische Birnen und besitzen einen außerordentlich hohen Nährwert.

Mit der vollständigen Entwicklung der Blüte hat das Wachstum der Banane sein Ende erreicht, mit der Reife der Früchte stirbt der Schaft und wird vom Menschen umgehauen, entwickelt aber neue Nebensprossen. Die Lebensdauer beträgt je nach Boden, Klima und Eigenschaft der Spielart 9 Monate bis 3 Jahre, ist aber unter günstigen Lebensverhältnissen meist nicht länger als 12–14 Monate. Beträgt sie unter dem Äquator 9 Monate, so nimmt dieser Zeitraum in demselben Verhältnisse zu, je weiter vom Äquator entfernt die Kultur dieser Obstpflanze getrieben wird.

Tafel 31.

Die aus dem südlichen China stammende Fächerpalme Livistona chinensis mit Früchten in einem Garten in Kamerun. Die auch als Latanenäpfel bezeichneten Früchte besitzen unter der dünnen, sich leicht ablösenden Schale ein schmackhaftes Fleisch. Diese Palme wird wie andere niedere Schirmpalmen häufig als Zimmerpflanze kultiviert.


GRÖSSERES BILD

Tafel 32.

Bananenpflanzung auf Jamaika.

Verladung von Bananen ins Schiff auf Jamaika.

Der gemeine Pisang (Musa paradisiaca) hat einen schlankeren Wuchs, schmalere Blätter und längere, aber weniger schmackhafte Früchte als der Bananenpisang oder die eigentliche Banane (Musa sapientum). Von beiden Arten gibt es sehr viele Varietäten (in Amerika allein 440), neben Obstbananen auch solche, die sich nur zum Kochen und Backen eignen. Man nennt diese Mehlbananen. Aus ihnen, die roh ein herbes Fruchtfleisch aufweisen und nur gekocht schmecken, kann ein Mehl erhalten werden, daß in einigen Gegenden Afrikas, z. B. am Albert Edward Nyansa, ein wichtiges Nahrungsmittel bildet. Anderswo wird aus den unreifen Bananen ein Mehl bereitet, aus dem man Bananenbrot bäckt. In manchen Gebieten Afrikas ernährt sich die Bevölkerung beinahe ausschließlich von Bananen, und auch in Mittel- und Südamerika wie auch auf den Südseeinseln bilden sie roh, geröstet oder gekocht die Hauptnahrung des Menschen. Aus dem Safte der sehr zuckerhaltigen Obstbanane wird auch ein sehr angenehmes, kühlendes Getränk von weinartigem Geschmack hergestellt, das frisch süß und moussierend schmeckt, bei längerem Stehen jedoch säuerlich wird und durch alkoholische Gärung stark berauschend wirkt. Um diesen Bananenwein noch stärker und gehaltreicher zu machen, wird ihm vielfach, so in Ostafrika, geröstetes Kafferkorn oder Durra (Andropogon sorghum) mit Wasser beigefügt. Das Herz, d. h. das Mark des Stammes und die jungen Schosse dienen in der mannigfaltigsten Zubereitung als beliebte Speise, die saftigen Blattscheiden und der noch nicht erhärtete Wurzelstock werden von den Negern gegessen und aus dem Schafte der Blätter, der als Wasserreservoir dient, kann ein trinkbares Wasser herausgepreßt werden. Im Süden Chinas werden die Blüten zu einem geschätzten Salat verwendet. Die großen Blätter dienen zum Decken der Hütten, zu Sonnenschirmen, als Teller zum Auftragen der Speisen und dergleichen. Einige Male langsam durch die Glut eines gelinden Feuers hin- und hergezogen, werden sie weich und geschmeidig wie Papier und dienen dann als ein vorzügliches, wasserdichtes Packmaterial, in denen man beispielsweise die Tabake von Manila versendet. Die Blattscheiden enthalten Fasern, die seit den ältesten Zeiten zu Matten, Stricken und anderem Flechtwerk, sowie zu Geweben und zu Zunder verwendet werden. Aus dem Schafte aber wird eine Art Hanf bereitet, der auf den Philippinen von der dort zur Gewinnung des sogenannten Manilahanfes in ausgedehntem Maßstabe gepflanzten Faserbanane (Musa textilis), in Vorderindien und in Ozeanien, auch von Musa sapientum, auf den Antillen, in Guiana und Angola von Musa paradisiaca und in Neusüdwales auf der vor kurzer Zeit aus Abessinien dort eingeführten Musa ensete gewonnen wird.

Da nun der Schaft der Banane nach der Bildung der Früchte allmählich abstirbt, keimfähige Samen aber nicht ausgebildet werden, so beruht die Erhaltung und Vermehrung der Art allein auf der Tätigkeit des Wurzelstocks, der sich durch die reichliche Entwicklung von Seitensprossen, sogenannten Schößlingen, auszeichnet. Hat eine Banane Frucht getragen, so wird sie meist über der Wurzel abgehauen, um das Mark derselben zum Essen zu verwenden. Von den während der Entwicklung des Schaftes, bis die Fruchtbildung sich vollzogen hatte, unterdrückten Schößlingen läßt man gewöhnlich nur zwei gegen das Ende der Fruktifikation des Hauptstammes zur Weiterentwicklung gelangen und schlägt dann den schwächeren mit dem ausgedienten Haupttrieb ab. Die Vermehrung der Bananen erfolgt ausschließlich durch solche Schößlinge, welche man in der Nähe ihrer Basis von der Mutterpflanze abschneidet und in mit altem, gerottetem Mist gedüngte, etwa 30 cm tiefe und ebenso breite Pflanzlöcher steckt, wo sie so weit mit Erde bedeckt werden, daß nur etwa 5 cm des Schößlings frei herausragt.

Die Banane stellt eine der schönsten und anmutigsten Pflanzenformen dar, die neben den Palmen das Hauptmotiv jeder vom Menschen bewohnten Tropenlandschaft bildet und überall um die Hütten der Eingeborenen gepflanzt wird. Als ursprüngliche Küstenpflanze liebt sie die von der Seeluft erreichte Niederung. Nicht als ob sie nur in der Nähe des Meeres fortkäme; sie erreicht aber da ihre üppigste Entwicklung. Außer Wärme und Feuchtigkeit, die um so größer sein müssen, je höher die betreffende Spielart wird, verlangt sie einen geschützten Standort; denn ihr schlimmster Feind ist der Wind, der ihre großen Blätter bis auf die Mittelrippe in lauter schmale Streifen spaltet. Wenn nun dieser Vorgang immer wieder, bei allen sich neu entwickelnden Blättern wiederholt wird, so büßt die Staude sehr an der Fähigkeit ein, Früchte zu erzeugen und verliert sie schließlich ganz. Wird ihr solcher Schaden in erheblichem Maße vor der Blüte zuteil, so treibt sie überhaupt keine Blüte; hat sich bereits ein Fruchtbündel angesetzt, so reift es unvollkommen aus. Auch wird sie leicht vom Sturme geknickt. Deshalb müssen da, wo nicht Bodenerhebungen Schutz gewähren, tiefwurzelnde Bäume als Windbrecher gepflanzt werden. Der Boden muß reich an Nährsalzen sein, und zwar sagt feuchter, tiefgründiger und humusreicher Lehmboden der Pflanze am besten zu. Deshalb findet sich die Banane vorzugsweise an den Flußläufen angepflanzt, wo sie zugleich die für sie nötige Bodenfeuchtigkeit findet. In solcher Weise kultiviert, liefert sie zwölf Monate nach dem Setzen eines Schößlings eine Fruchttraube von 30–40 kg Gewicht, die gelegentlich auch, wie gesagt, auf 50 kg steigen kann.

Die Kultur der Banane ist sehr einfach. Man pflanzt die Schößlinge 2 m weit auseinander, am liebsten am Rande von sumpfigen Wassern. Ungefähr 8 Monate nach der Anpflanzung erscheint ein dunkelvioletter Knoten an dem Punkt, wo sich die obersten Blätter trennen. Bald tritt er frei aus seiner Umgebung hervor, an einem langen Stiele hängend, der sich beugt unter dem Gewichte der inzwischen entwickelten, die Form eines zugespitzten Eies aufweisenden Blütenhülle. Kaum zur vollen Größe ausgebildet, öffnet sich ein Blatt dieses Blütenkolbens und rollt sich bis zur Basis zurück, indem es eine Reihe von 5–6 Blüten dem Blicke freilegt. Danach entfalten sich die übrigen Blätter der Blütenhülle eins nach dem andern, bis schließlich 20–30 Blütenbündelchen aufgedeckt sind, die alle an dem einen Stiele hängen. Wenn die Blätter der Blütenhülle verwelken und abfallen, beginnen die Fruchtknoten zu schwellen, und von da bis zu ihrer Reife vergehen 3–4 Monate. In dieser Zeit wendet sich die Nahrungszufuhr der Pflanze auf die zahlreichen Früchte, deren Haupternte vom Januar bis Mai stattfindet. Da aber die Banane bereits lange vor der Blüte, wenn sie erst einige Meter hoch ist, neue Schößlinge aus ihrem Wurzelstocke hervortrieb, von denen man allerdings in geordneten Plantagen nur zwei stehen läßt, damit nicht ein undurchdringlicher Wald entstehe, und diese später blühen und Früchte zeitigen, so kommt es, daß man immer Blüten und Früchte auf einer Bananenpflanzung findet. Einzig in den Gegenden, in denen eine längere Trockenzeit herrscht, läßt die Fruchtreife in dieser Zeit nach, so daß manchenorts die Tropenbewohner, die sich fast ausschließlich von ihr ernähren, bisweilen kurze Zeit ohne Bananen sind, da sich diese fleischigen Früchte nicht längere Zeit aufbewahren lassen, selbst wenn man sie noch grün abschneidet. Weil sie leicht verderben und auch viele Liebhaber unter der Tierwelt besitzen, so besonders Affen, dann unter den Vögeln namentlich die prächtig gefärbten, bis 50 cm langen Bananenfresser (Musophagae) und verwandte Arten, dann Eichhörnchen, Fledermäuse, verschiedene Insekten und andere, werden die Früchte vor der völligen Reife, wenn sie noch grüngelb sind, geerntet und die Fruchttrauben unter Dach zur vollständigen Reife gebracht. Dabei färbt sich die äußere Fruchtschale der Banane goldgelb, des gemeinen Pisang purpurrot bis schwarz, wobei das Fruchtfleisch mehr und mehr erweicht und sich die Stärke desselben ganz in Zucker verwandelt. Es gibt keine andere Pflanze, die auf so kleinem Raum mehr Nahrungsstoff bietet als die Banane, die auf derselben Grundfläche 3½mal mehr Nahrungsstoff als die Kartoffel und 15mal mehr als der Weizen liefert. Dabei erneuern sich die Stauden, die nur kurze Wurzeln besitzen, weshalb sie einzeln stehend leicht vom Sturme zu Boden geworfen werden, aus dem Wurzelstock 60–80mal. In der glühenden Sonnenhitze und bei der größten Trockenheit beschatten und befeuchten sie den Boden selbst und bewirken durch die bedeutende nächtliche Wärmeausstrahlung ihrer riesigen Blätter ein Sinken der Temperatur um 5°C., so daß sich infolgedessen der Wasserdunst der Atmosphäre auf ihnen verdichtet, in großen Tropfen zusammenfließt, am Schafte niedersickert und die Erde rings um die Wurzeln anfeuchtet, als ob sie begossen sei. Nur den einen Nachteil hat sie, eben als Folge ihrer außerordentlichen Leistungsfähigkeit, daß sie den Boden in hohem Maße aussaugt. Deshalb schlägt man die Pflanze nach der Ernte ihrer Fruchttraube nieder, zerschneidet sie in Stücke und düngt damit den stehengebliebenen Wurzelstock mit den neuen Töchterpflanzen.

Die Banane ist wohl eine der ältesten Fruchtpflanzen, die der innerhalb der Tropenzone aus der Tierheit hervorgegangene Mensch in seine Pflege nahm, da sie sehr rasch wuchs und ihm mühelos in kürzester Zeit reichen Ertrag brachte. Ihre Heimat ist die südostasiatische Inselwelt, von wo aus sie ihrer vorzüglichen Früchte wegen vom Menschen schon in vorgeschichtlicher Zeit fast über die ganze Tropenwelt verbreitet wurde. Jedenfalls wurde sie bei der Entdeckung Amerikas wenigstens auf der Westseite dieses Kontinents, besonders in Mittelamerika und Peru, angepflanzt gefunden, was bei der gelegentlichen Verschlagung malaiischer Schiffe an dieses Gestade schließlich auch kein Wunder ist. Der Peruaner Garcilasso de la Vega, ein Nachkomme der Inkas, der in den Jahren 1530–1568 lebte, sagt in seinen spanisch geschriebenen Commentarios reales ausdrücklich, daß zur Zeit der Inkas in den gemäßigten Regionen der Mais, die Quinoapflanze, die Kartoffel, und in den heißen die Bananen den Hauptbestandteil der Nahrung der Eingeborenen ausmachten. Noch andere Autoren führt Alexander von Humboldt in seinem französisch geschriebenen Buche „Neuspanien“ an und sagt selbst, daß an den Ufern südamerikanischer Ströme bei Indianerstämmen, die in keinerlei Beziehungen mit europäischen Niederlassungen gestanden haben, neben den Maniok- auch Bananenpflanzungen anzutreffen gewesen seien. Auch hat der amerikanische Geschichtsforscher Prescott alte Werke oder Handschriften gesehen, denen zufolge die Bewohner von Tumbez an der Küste von Peru dem dort 1531 landenden Pizarro Bananen als Gastgeschenk brachten. Wenn nun auch nach diesen allerdings nicht absolut beweisenden Zeugnissen die Banane in Amerika vor der Invasion der Spanier höchstens an der Westküste jenes Kontinents zu finden war, so hat sie zur Zeit der Entdeckung Amerikas sicher in Westindien und im nordöstlichen Südamerika gefehlt. Dort wurde sie sehr früh von den Portugiesen eingeführt, und zwar war es der Pater Thomas de Berlengas, der sie im Jahre 1516 von den Kanarischen Inseln nach San Domingo brachte, von wo sie auf die übrigen Antillen und später auch nach Brasilien gelangte, so daß sie jetzt allenthalben zu finden und auch verwildert ist.

Von der südostasiatischen Inselwelt verbreitete sich die Banane nach allen Seiten und wurde schon längst auch im Indusgebiet angepflanzt, als die Griechen im Heere Alexanders des Großen im Jahre 327 v. Chr. das Pandschab durchzogen. Obschon deren Früchte dort allgemein als Volksnahrung dienten, hielt sie Alexander für ungesund und verbot sie seinen Soldaten zu essen. Später erwähnt Plinius die Banane unter dem Namen pola, doch wird ihre Frucht wegen ihrer großen Verderblichkeit kaum je in den Bereich der Mittelmeerländer gekommen sein. Dieses pola des Plinius ist das Sanskritwort pala, das Frucht bedeutet, aus dem auch das Wort Banane hervorging, während pisang die malaiische Bezeichnung ist. Musa wurde dann die Pflanzengattung von Linné nach der arabischen Bezeichnung muz für die Pflanze, die sich schon im 13. Jahrhundert bei Ibn Baithar findet, genannt, und zwar Musa sapientum, weil die indischen Weisen (sapientes) von den Früchten lebten und Musa paradisiaca, weil sie im Paradiese stand. Später hieß man sie auch Paradiesfeige oder Adamsapfel, weil sie nicht nur feigenartig schmeckt, sondern weil sie auch für den Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen im Paradiese, von dem Eva dem Adam zu essen gab, gehalten wurde.

Überall in den Tropen sind die Bananenfrüchte ein sehr wichtiger Handelsartikel, der nach und nach für die ganze Kulturwelt von Bedeutung geworden ist; denn durch die rasch fahrenden Schiffe der Gegenwart ist dieses kostbare Erzeugnis der Tropen auch den Bewohnern der klimatisch gemäßigten Länder zugänglich gemacht worden. Besonders wird sie in großen Mengen aus Mittelamerika nach den so obstfreundlichen Vereinigten Staaten eingeführt. So sind von Nordamerikanern, speziell Minor C. Keith in Costarica, allein 15000 Hektar Land mit Musa bepflanzt worden, aus denen im Jahre 1908 über 15 Millionen Bündel Bananenfrüchte von durchschnittlich 30 kg Gewicht im Wert von beinahe 20 Millionen Mark geerntet und nach den Vereinigten Staaten eingeführt wurden. Bei ihrer geringen Haltbarkeit müssen sie, sobald sie reif sind, in mit Kühlvorrichtungen versehenen Schiffen und Eisenbahnen rasch spediert werden und schmecken dann unendlich viel besser als die unreifen Früchte, die wir bisher aus Westindien erhielten. So sind sie in allen Schichten der Bevölkerung der Vereinigten Staaten zu einem eigentlichen Volksnahrungsmittel geworden, ein Beispiel, das in Europa Nachahmung verdiente, da sie eine vortrefflich bekömmliche und wohlschmeckende Nahrung bilden. Um den Schwierigkeiten des Transportes aus dem Wege zu gehen, wurden sie in England zuerst getrocknet eingeführt. Seitdem aber die Transportverhältnisse sich gebessert haben und man gelernt hat, diese Früchte fast reif zu uns zu bringen, gelangen sie in immer größerer Menge frisch nach Europa und finden hier immer mehr Anklang, so daß sie im Begriffe sind, sich zu einem Welthandelsartikel wie die Orangen aufzuschwingen. Hat doch Deutschland allein in den sieben ersten Monaten des Jahres 1909 78 Millionen kg davon eingeführt.

Bei uns wird die südchinesische Zwergpalme (Musa cavendishi), wie auch die kleinbleibende Musa coccinea in Warmhäusern kultiviert und als Zimmerpflanze gehalten. Sie, wie auch die größte aller Bananensorten, die Musa ensete aus Abessinien mit roten Blattstielen und Hauptnerven, werden gleichfalls im Sommer auf Rasenrabatten allein oder mit anderen Blattpflanzen, besonders Ricinus und Canna zusammen angepflanzt. Diese enzeht der Abessinier ist die größte aller Krautpflanzen überhaupt. Eine fünfjährige Pflanze im Palmenhause zu Kew bei London hatte schon über 10 m Höhe und unten am Schaft 2 m Umfang erreicht und besaß 6,5 m lange und 1 m breite Blätter. Wegen dieser letzteren scheinen die alten Ägypter bereits die Pflanze als Viehfutter kultiviert zu haben; denn es ist eine altägyptische Darstellung bekannt, in welcher Nilpferde eine Bananenpflanzung verwüsten. Durch Einschnitte in den mächtigen Schaft fließt ein köstlich schmeckender Saft aus, der von den Abessiniern, mit Milch und etwas Butter vermischt, sehr gerne gegessen wird. Das Innere des Schaftes, wie auch die Schößlinge geben gekocht ein gutes Gemüse, das von vielen ostafrikanischen Volksstämmen als wichtigste pflanzliche Nahrung genossen wird. In ihrer Heimat trägt auch sie reichlich Früchte, die wie alle anderen Bananensorten mit Vorliebe auch von den Affen gegessen werden. Plündernd fallen sie in die Pflanzungen des Menschen ein und schaden hauptsächlich dadurch, daß sie mehr verwüsten als fressen. Auch den Maisfeldern sind sie sehr gefährlich, indem sie beim Plündern der Maiskolben von Staude zu Staude springen und natürlich jedesmal die Staude abbrechen. Die Abessinier sind, weil sie keine Schrotgewehre zur Einschüchterung dieser frechen Diebe besitzen, dieser Landplage gegenüber fast machtlos. Sie behelfen sich damit, daß sie wie anderwärts die Bananentrauben abschneiden, bevor sie reif sind, sie aber zum Nachreifen in die Erde vergraben; denn von dort stehlen sie die Affen nicht.

Eine andere, in Treibhäusern nicht selten angetroffene Art ist der auf Madagaskar heimische „Baum der Reisenden“ (Ravenala madagascariensis), der auf einem ebenfalls bis 10 m hohen, blattlosen Stamm einen Schopf großer, zweizeilig gestellter, im Gegensatz zu den eigentlichen Bananen gestielter Blätter trägt. Seinen Namen hat er daher, daß die Reisenden auf jener großen, Afrika benachbarten Insel die Blattstiele mit ihren hohlen Wanderstöcken anstechen, um das herausfließende schmackhafte Wasser zu trinken.

Wahrscheinlich auf der Halbinsel Malakka heimisch und von da im gesamten tropischen Asien und auf der malaiischen Inselwelt kultiviert, ist als eine der köstlichsten Tropenfrüchte die Mangostane (Garcinia mangostana) zu erwähnen. Sie wächst an einem 20–25 m hohen Baume mit dicken, dunkelgrünen Blättern und ist eine fast kugelige Frucht von 5–7 cm Durchmesser, welche innerhalb einer dicken, weinroten Schale ein schneeweißes, weiches, sehr süßes und aromatisches Fruchtfleisch enthält, in welchem die Samen eingebettet sind. Das Fleisch ist als Mantel des Samens zu deuten.

Angenehm säuerliche Früchte von etwa 1 kg Gewicht, deren Saft sowohl zur Würze an Speisen getan, als auch zu kühlenden Getränken benutzt wird, besitzt die nahe Verwandte der Mangostane, Garcinia pedunculata, ein gegen 20 m hoher Baum in Bengalen. Die getrockneten Früchte pflegt man mit Vorliebe auf Seereisen mitzunehmen.

In Hinterindien, Südchina und dem malaiischen Archipel heimisch sind die Jambosen oder Rosenäpfel, auch Malaienäpfel genannt, die auf 6–12 m hohen, immergrünen Bäumen aus der Familie der Myrtengewächse wachsen. Jambosa malaccensis trägt apfelgroße runde, rote, Jambosa vulgaris dagegen, die noch auf den ostindischen Inseln wildwachsend angetroffen wird, blaßgelbe, rosenrot angehauchte birnförmige, rosenartig riechende Beerenfrüchte von der Konsistenz des Apfels, die in einer weiten Höhle einen olivengroßen Kern bergen. Beide werden ihres Wohlgeschmacks wegen in allen Tropengegenden, besonders den Sandwich- und Fidschiinseln, neuerdings auch in Brasilien, auf den Antillen und auf Madeira kultiviert. Ihre in Zucker eingemachten, weinsäuerlich riechenden Blüten werden bei fieberhaften Krankheiten verabreicht.

Ähnliche birnförmige, wohlschmeckende Früchte wie letztgenannte Art liefert die ebenfalls in Südindien heimische Jambosa macapa, die auch anderwärts, so besonders auf Mauritius, in mehreren Abarten kultiviert wird. Dasselbe ist mit der in Südchina zur Kulturpflanze erhobenen Jambolifera pedunculata der Fall, deren schwarze, süße Früchte einen nicht unwichtigen Handelsartikel bilden.

In Südasien, besonders Indonesien, werden ebenfalls häufig Sandoricum indicum wegen ihrer kleinen, orangeähnlichen Früchte und Dillenia serrata und D. elliptica wegen ihrer über apfelgroßen, sauersüßen, schleimigen Früchte, wie auch Erioglossum edule und Lansium domesticum wegen ihrer Steinfrüchte angebaut. Besonders angenehm schmeckt auch der große Molukkenapfel (von Xanthochrymus dulcis und X. pictorius).

Ebenfalls in Südasien heimisch und von da über die ganze Tropenwelt verbreitet ist der 10–15 m hohe Mangobaum (Mangifera indica) mit lederartigen, länglichen, ganzrandigen Blättern und wohlriechenden, kleinen, weißen Blüten, deren nierenförmige, außen grüne bis gelbe, in einem rötlichgelben, saftreichen, sauersüßen Fruchtfleisch einen einzigen großen harten Samen umschließenden, ei- bis faustgroßen Früchte, die Mangos, von vielen Europäern als die edelste der Tropenfrüchte erklärt werden. Manche Kulturformen liefern noch größere Früchte, die bis 1 kg schwer werden. Sie schmecken sehr süß, aromatisch und durch ihren Gehalt an Zitronensäure erfrischend säuerlich. Allen Sorten ist aber ein mehr oder weniger ausgesprochener Geschmack nach Terpentin eigen, welcher manchem den Genuß verleidet. Damit sich dieser verliere legt man die geschälte Frucht einige Zeit in Wasser. Auch die Samen werden geröstet gegessen und schmecken dann wie Kastanien. Der Mangobaum, der in Südindien und Ceylon noch wild gefunden wird, aber als solcher nur kleine Früchte zeitigt, ist heute in vielen Varietäten über die ganze Tropenwelt verbreitet und wird in einer besonders wohlschmeckenden Sorte auch in Brasilien kultiviert.

In Südasien heimisch, aber ebenfalls im ganzen Tropengürtel vielfach kultiviert, ist der indische Mandelbaum (Terminalia catappa), ein großer Baum mit mächtiger Laubentwicklung mit abwechselnd gestellten, gegen das Ende der Zweige zusammengehäuften, ganzrandigen, gestielten Blättern, welche am Anfange der Trockenzeit schön rot werden, später aber abfallen. Aus den in ährenartigen Infloreszenzen stehenden kleinen, sitzenden Blüten entwickeln sich außen etwas fleischige, in der Mitte zusammengedrückte Steinfrüchte, die in dem sehr harten Stein einen wie Mandeln schmeckenden, länglich eirunden Samen einschließen, der eine beliebte Speise bildet.

Tafel 33.

Ostindischer Mangobaum (Mangifera indica) in Rio de Janeiro. (Nach einer in der Sammlung des botan. Instituts der Universität Wien befindlichen Photogr. von M. Ferrez.)


GRÖSSERES BILD

Tafel 34.

Ein junger Brotfruchtbaum in Westafrika. (Artocarpus incisa.)

(Copyright by F. O. Koch.)

Junge Früchte des Tschakfruchtbaumes (Artocarpus integrifolia).

Tafel 35.

Ein Zweig des Brotfruchtbaumes mit jungen Früchten aus Ceylon. (Artocarpus incisa.)


GRÖSSERES BILD

Tafel 36.

Während der sommerlichen Trockenzeit entblätterte Baobab oder Affenbrotfruchtbäume in der Steppe am unteren Kongo (nach Chun).

Malaienwohnung auf Sumatra mit Melonenbaum.

Ebenso geschätzt ist der gleichfalls über die gesamten Tropen verbreitete, wahrscheinlich in Ostindien heimische Gombo oder Ochro (Hibiscus esculentus), eine baumartige Malvacee, deren wohlschmeckende junge Früchte, besonders gekocht, sehr beliebt sind. Ähnlich verhält es sich mit dem sehr nahe damit verwandten Moschushibiscus (Hibiscus moschatus), der ebenfalls in den heißesten Gebieten Ostindiens heimisch ist und von da aus die weiteste Verbreitung fand. Seine Samen besitzen einen zarten Bisamgeruch, der sie auch für die Parfümerie Verwendung finden ließ.

Einen, als die Europäer erschienen, in ganz Indonesien von Sumatra bis zu den Markesasinseln angebauten Fruchtbaum stellt der Brotfruchtbaum (Artocarpus incisa) dar, der zu den Maulbeergewächsen gehört. Es ist dies ein 13–17 m hoher, einen zähen, fadenziehenden Milchsaft führender, einhäusiger Baum, mit 33–50 cm dickem Stamm und bis 1 m langen, oft 50 cm breiten, derben, tiefeingeschnittenen Blättern. Diese sind an den Schößlingen oft ganzrandig, an den Sprossen und stärkeren Zweigen dagegen nur zwei- bis dreilappig, während sie sonst bis neun Lappen aufweisen. Sie sind oben dunkelgrün, von gelblichen Nerven durchzogen, fast ganz glatt, unten rauh, bleicher gefärbt und mit hervortretenden Rippen. Beim Welken durchlaufen sie die ganze Farbenreihe zwischen dunklem Grün und brennendem Rot. Das eine Ende ist oft noch samtgrün, während die Mitte goldgelb leuchtet und das andere Ende purpurn oder scharlachrot strahlt. Die männlichen Blütenstände sind kätzchenartig gestellt und entspringen von den jungen Zweigen, während die weiblichen eirund sind und aus den älteren Zweigen hervorgehen. Die Frucht ist eine über kopfgroße, bis 2 kg schwere Scheinfrucht mit einem saftigen, nahrhaften Fleisch, in der als Zeichen sehr langer Kultur meist keine Samen mehr zur Ausbildung gelangen. In Scheiben geschnitten und mit oder ohne Fett gebacken, schmecken sie wie die besten Kartoffeln. Auch die Samen, falls welche vorhanden sind, ißt man in heißer Asche geröstet wie Kastanien. Man zieht aber diejenigen Kulturvarietäten, die keine Samen mehr erzeugen, den anderen vor, weil ihre Fruchtstände saftiger sind und einen höheren Nährwert besitzen. Die Südseeinsulaner ernähren sich zum größten Teile von den Früchten dieser Pflanze, von der zwei bis drei Bäume für den ganzen Unterhalt eines Menschen genügen sollen. Die Heimat des Brotfruchtbaums scheint in Java und den Sundainseln zu liegen, wo der deutsche Naturforscher in holländischen Diensten Rumphius (1627–1702) eine anscheinend wilde Form desselben angetroffen haben soll.

Der Brotfruchtbaum wird nur auf ungeschlechtlichem Wege durch Schößlinge künstlich vermehrt. Er gedeiht im geeigneten Klima in jedem Boden, selbst in solchem, der zu keiner anderen Kultur benutzt werden kann. Der Baum bleibt 60 bis 70 Jahre lang tragbar; dabei währt die Ernte 9 Monate lang, nämlich von November bis Juli, und ist so außerordentlich ausgiebig, daß, wie der Weltumsegler James Cook (1728–1779) sich ausspricht, „einer, der in seinem Leben 10 Brotfruchtbäume gepflanzt hat, seine Pflicht gegen sein eigenes und sein nachfolgendes Geschlecht ebenso vollständig und reichlich erfüllt hat, als ein Einwohner unseres rauhen Himmelstrichs, der sein ganzes Leben hindurch während der Kälte des Winters gepflügt, in der Sommerhitze geerntet und nicht nur seine jetzige Haushaltung mit Brot versorgt, sondern auch seinen Kindern etwas an barem Geld kümmerlich erspart hat.“ Das roh nicht eßbare, mehlige Fleisch der halbreifen, grünen Früchte wird geröstet, zu Brot verbacken und als Mus gegessen. Das Backen geschieht in heißer Asche oder auf heißen Steinen, seltener in Öfen. Dabei wird das Innere der Früchte beim Braten weiß und weich wie Brotkrume, muß indessen gleich gegessen werden, da es nach 24 Stunden musig und fad wird. Nur in Scheiben geschnitten und getrocknet hält sich die Frucht zwei Jahre, kann so den Schiffszwieback ersetzen und wird auch von den Spaniern als solcher gebraucht. Die Schiffsmannschaften ziehen diese Nahrung dem Brote vor. Auf den Südseeinseln benutzt man die unreife Brotfrucht auch zur Herstellung eines sehr schmackhaften Muses, indem man sie nur wenig röstet, dann von der Schale befreit, das Fruchtfleisch in kaltes Wasser bringt und darauf zu Brei quirlt. Eine sehr schmackhafte Speise bereitet man ferner aus der geöffneten unreifen Brotfrucht, indem man ihr die Rinde und das Kernhaus nimmt und sie in einem Mörser tüchtig stampft. Dann gießt man darauf die aus dem saftigen Kern einer reifen Kokosnuß durch Versieben entstandene dicke Milch, die man durch kleine, aus feinen Kokosfasern geflochtene Beutel preßt. Von den Europäern wird die unreife Brotfrucht meist in dünne Scheiben geschnitten, in Butter oder sonstigem Fett gebacken gegessen, was eine sehr feine Speise gibt, die, wie mir eine Jugenderinnerung sagt, in bezug auf den Geschmack an knusperig gebratene Kartoffeln erinnert.

Ist die Mehrzahl der Brotfrüchte reif geworden, so findet die Haupternte statt. Die reifen Früchte sind goldgelb, weich, inwendig breiig, von widerlich süßem Geruch und Geschmack. Dieser Brei gilt als ungesund und wird kaum gegessen. Dagegen verwendet man die feste Rinde und das Kerngehäuse der geernteten Früchte, indem man sie in Holzmörsern zu einer teigigen Masse zusammenstampft, die man in mahe genannten Laiben, sorgfältig in Blätter und Bast gehüllt, jahrelang an einem kühlen Orte aufbewahren kann, wobei sie durch längeres Lagern noch an Güte gewinnen. Die Südseeinsulaner backen daraus nach Bedarf, nachdem sie den Teig haben gären lassen, Kuchen von bernsteingelber Farbe und etwas herbem, aber durchaus nicht unangenehmem Geschmack, der feinem Weizenbrot oder — nach Anson — gebratenen Kartoffeln ähnlich sein soll. Mit dem Saft von Orangen getränkt, soll das Brot süß wie Apfelkuchen schmecken. Auch kann man den Brotfruchtteig wie Pudding zubereiten. Von dieser aufbewahrten Brotmasse nähren sich die Insulaner von August bis Oktober, während welcher Zeit der Brotfruchtbaum keine Früchte trägt.

Außer den Früchten liefert der Brotfruchtbaum noch andere nützliche Produkte, so die Rinde zum Gerben und Färben, den Bast junger Zweige zur Herstellung von tapa oder Rindenstoff, den Milchsaft zur Herstellung von Vogelleim und Kitt; ein durch Einschnitte in den Stamm gewonnenes Harz (das dammar selo der Malaien) kommt wie Kopallack zur Herstellung von Firnis in den Handel. Das gelbe Holz benutzt man zum Häuserbau, zur Gewinnung von Booten und Holzgeräten. Die Blätter verwendet man wie starkes Papier zum Einwickeln von Gegenständen und Aufbewahren von Lebensmitteln. Die halbverwelkten, bunten Blätter werden von den Eingeborenen an der Mittelrippe aufgeschlitzt und als Kopfbedeckung benutzt; sonst dienen sie auch als Tischtücher, Teller und Servietten. Im tropischen Amerika wird der echte Brotfruchtbaum wegen seiner schönen Belaubung mehr als Alleebaum, denn als Fruchtbaum gepflanzt.

Der erste Bericht vom Brotfruchtbaum datiert aus dem Jahre 1697 von dem englischen Seefahrer William Dampier (1652–1715), der ihn in Menge auf den Marianen oder Ladronen, d. h. Diebesinseln — jetzt bekanntlich deutsche Kolonie — angepflanzt fand. Genauere Nachrichten über diesen so nützlichen Fruchtbaum verdanken wir dem Reiseberichte des deutschen Naturforschers Joh. Reinhold Forster (1729 bis 1798), der mit seinem Vater den Kapitän James Cook auf seiner zweiten Reise um die Welt von 1772 bis 1775 begleitete und später bis zu seinem Tode als Botanikprofessor in Halle tätig war. Um die Mitte des 18. Jahrhunderts brachte Sonnerat den Brotfruchtbaum nach der Insel Mauritius. Später wollte König Georg III., der 22jährig 1760 auf den englischen Thron gelangte, den er bis zu seinem Tode 1820 behauptete, auf Wunsch der englischen Kolonisten in Amerika ihn in Westindien einführen. In seinem Auftrage gelang es nun dem englischen Kapitän Bligh (sprich Blei) 774 junge Brotfruchtbäume einzuschiffen; allein die Expedition wurde durch eine Meuterei der Mannschaft vereitelt. Erst die zweite Expedition war von Erfolg begleitet. Von 1150 jungen Brotfruchtpflanzen überstand ein großer Teil die Reise. 550 derselben wurden im Januar 1793 in St. Vincent gelandet, die übrigen — außer fünf für den Garten von Kew bei London bestimmten — kamen nach Jamaika. Die Hoffnung, durch die Brotfruchtbäume ein neues Nahrungsmittel für die Sklaven in Amerika zu erhalten, verwirklichte sich aber nur sehr unvollständig; denn jene zogen der Brotfrucht die besser schmeckende Banane vor, die roh zu genießen ist, sich ebenso leicht anpflanzen läßt und eher Früchte trägt. Auch dem Südseeinsulaner ist es nicht angenehm, daß er die Brotfrucht erst noch zubereiten muß, ehe er sie essen kann. „Daher träumt er sich“ — sagt Forster — „auch in seinem Paradiese eine Brotfrucht, die keiner Zubereitung bedarf und frisch vom Baume weg gegessen werden kann.“ Bei der Geburt eines Kindes pflanzt er einen Brotfruchtbaum, der für das Kind allein bestimmt ist.

Auf dem indischen Festland, auf welches die Brotfrucht schon sehr früh verpflanzt wurde, ist außer dem weichhaarigen Brotfruchtbaum (Artocarpus pubescens) mit ebenfalls eßbaren Früchten, die noch weit größere und äußerst wohlschmeckende Früchte reifen lassende Verwandte, der nach der indischen Bezeichnung tschaka für die Frucht als Tschakfruchtbaum (Artocarpus integrifolia) zu Hause. Seine großen Blätter sind ganzrandig und die bis 40 kg schweren Tschakfrüchte von ebenfalls grüner Farbe besitzen innen ein außerordentlich aromatisch schmeckendes, gelbes Fruchtfleisch, das Menschen und Tiere mit Leidenschaft essen. Besonders die Rinder riechen die Früchte von weitem und eilen herbei, um sich der von ihnen so geliebten Speise zu bemächtigen; doch gönnt ihnen der Mensch gewöhnlich nur die Schale. Der schon sehr lange domestizierte, in ganz Südindien, Ceylon und Indonesien anzutreffende Baum scheint seine eigentliche Heimat an der Malabarküste zu haben, wo er manchenorts noch wildwachsend angetroffen wird. Im Jahre 1782 wurde er nach Jamaika, bald hernach nach Brasilien und an die verschiedensten Orte der Tropen verpflanzt, wo er überall wegen seiner aromatischen Früchte geschätzt wird.

Vielleicht noch mehr als sie geschätzt, sowohl von den Europäern als auch ganz besonders von den Eingeborenen, wird die im malaiischen Archipel und auf der Halbinsel Malakka heimische, jetzt aber auch vielfach in ganz Süd- und Südostasien kultivierte Durianfrucht. Auch sie wird über kopfgroß, ist mit derben, kegelförmigen Stacheln besetzt und wird so schwer, daß der Aufenthalt unter dem hochwipfligen Baum zur Zeit der Fruchtreife geradezu lebensgefährlich ist. Teils deswegen, teils auch weil den reifen Früchten von den gefräßigen Flughunden als Lieblingsnahrung sehr nachgestellt wird, nimmt man sie meist vor der vollsten Reife ab. Der Geschmack des weichen inneren Fleisches der fünfklappigen Kapsel ist der einer stark mit Fruchtäther gewürzten süßen Eierkreme, die geradezu berückend wirkt. Dabei hat sie aber leider einen Beigeschmack und vor allem einen Duft, der zwischen faulen Eiern und sehr stark riechenden Zwiebeln schwankt. Deshalb können sich viele Europäer nicht dazu entschließen, sie auch nur zu versuchen. Jedenfalls ist der Genuß des Durians wegen des unangenehmen Geruchs in guter Gesellschaft verpönt und es darf demselben in den Hotels, wie auch in den Geschäftsräumen der Kaufleute nur in einem besonderen Raume nachgegangen werden. Der die Durianfrüchte liefernde Baum (Durio zibethinus) gehört zu den Malvengewächsen und stellt einen hohen Baum mit länglichen, ganzrandigen, lederigen Blättern dar. Sein Hauptverbreitungsgebiet ist das südliche Asien mit Einschluß von Indonesien.

Mit dem Durian verwandt ist der durch seine massige Größe, besonders des Stammes, der bis zu 10 m Durchmesser erreicht, ausgezeichnete, in den Steppen Mittelafrikas häufig vorkommende Affenbrotbaum (Adansonia digitata). Seine sehr großen, einen Umfang von 60 cm erreichenden weißen Blüten werden durch die den Kolibris ähnlichen Nektarinen oder Honigvögel im Fluge bestäubt, die emsig die Blumen besuchen, um den von ihnen gespendeten Honig zu naschen und die sich daran gütlich tuenden kleinen Insekten zu haschen. Die Früchte sind oben dicke und unten dünnere gurkenartige Körper, von oft mehr als 40 cm Länge und 10 cm Dicke, die unter der hellen Schale, in einem säuerlichen Marke große, schwarze Samen enthalten. Beide sind eßbar und werden von den Negerstämmen verzehrt, die auch den Bast des Stammes seit uralter Zeit als wichtiges Bindematerial, namentlich auch zur Anfertigung von Stricken und dünnen Seilen, benutzen. In neuerer Zeit gelangt derselbe in größeren Mengen in den europäischen Handel und dient vielfach auch zur Herstellung eines dem alten Büttenpapiere ähnlichen Papieres.

Noch beliebter als das Mark seiner Früchte ist dasjenige einer australischen Art (Adansonia gregorii), welche der Sauregurkenbaum genannt wird. Da zur Zeit der völligen Fruchtreife in der Trockenzeit die Blätter der Affenbrotbäume abgefallen sind, so bieten sie mit ihren an sehr langen Stielen hängenden Früchten einen überaus merkwürdigen Anblick dar.

Ebenso große, gleichfalls mit einem säuerlichen Fruchtfleisch erfüllte, an 2–2,5 m langen Stielen herabhängende Früchte besitzt der im tropischen Westafrika bis zum Seengebiet verbreitete Leberwurst- oder Fetischbaum (Kigelia africana), dessen in langen Trauben herabhängende, sehr große, hellrötliche Blüten ebenfalls von den Honigvögeln besucht und befruchtet werden. Seine Früchte dienen außer zu Zauber mancherlei Art mit Vorliebe als Opfergaben an die als Fetische verehrten Seelen der Verstorbenen; daher der Name Fetischbaum. Östlich vom Seengebiet wird er nicht mehr im wilden Zustande aufgefunden. Hier vertritt ihn die verwandte Kigelia aethiopica.

An der feuchtheißen Westküste des tropischen Afrika, von Oberguinea (Sierra Leone) bis zur Kongomündung, wächst in den Küstenurwäldern und landeinwärts bis 360 km von der Küste der Kolabaum (Cola acuminata). Es ist dies ein 10–18 m hohes Gewächs mit glänzenden, lederartigen Blättern und getrenntgeschlechtigen, gelben Blüten, die in Rispen wie beim Kakao oft unmittelbar aus dem Stamm oder aus älteren Zweigen entstehen. Nach der Befruchtung bilden sich aus ihnen die aus 4–6 Kapseln bestehenden Früchte, die sternförmig um den Fruchtstiel angeordnet sind. Jede Kapsel enthält bis zu sechs fast kastaniengroße, etwa 30 g schwere rötlich-braune Samen. Letztere schmecken stark bitter, besitzen aber einen Gehalt von 2,4 Prozent Koffein und 0,023 Prozent Theobromin, wodurch sie anregend auf das Nervensystem und die Muskulatur bei Ermüdung wirken. Deshalb werden sie eifrig von den Negern gesammelt und gekaut, wie die Peruaner zu demselben Zwecke die Blätter der Kokapflanze kauen. Auf ihren langen, oft Monate dauernden Handelsreisen durch schwach bevölkerte Gebiete würden die Eingeborenen ohne den Genuß der Kolanüsse nicht auskommen, der ihnen für lange Zeit das Gefühl von Hunger und Durst unterdrückt und sie zugleich vor Ermüdung schützt.

Wegen dieser seiner hochgeschätzten Früchte wird der Kolabaum, wie auch ein Verwandter, Cola macrocarpa, seit langem von den Negern angepflanzt und werden seine Früchte, die Kola- oder Gurunüsse, als gesuchter Handelsartikel weithin durch ganz Zentral- und Nordafrika in Tausch gebracht. Denn außer den anregenden und die Müdigkeit beseitigenden Stoffen enthalten sie in beträchtlicher Menge auch wirkliche Nährstoffe, wie Eiweiß, Stärkemehl und Zucker. Den größten Kolahandel betreibt das Hinterland der Goldküste, vor allem die Landschaft Gondja. Von hier aus gelangen die Kolanüsse vor allem nach dem Sudan, jedoch selten oder gar nicht nach Europa. In Deutsch-Togo und Kamerun sind neuerdings auch von Europäern Kolapflanzungen angelegt worden und die Ausfuhr der Kolanüsse, die im Jahre 1907 in Kamerun schon einen Wert von 21000 Mark darstellte, dürfte in der Zukunft bedeutend steigen, da sie in der Heilkunde eine zunehmende Wichtigkeit erlangt haben. Man stellt daraus Kolapillen, Kolapastillen, Kolawein, dann Tinkturen, Extrakte und Liköre her, die bei Nervenschwäche und in der Rekonvaleszenz von Krankheit gute Dienste leisten, auch für Sportsleute bei anstrengenden Kraftleistungen unentbehrlich sind. Deshalb wird neuerdings die Einführung der Kolapräparate als Stärkungsmittel bei der Armee zur Erlangung höchster Marschleistungen versucht. Am besten wird die gemahlene Nuß dem Kakao beigemischt und mit Gewürzen aller Art und Zucker zu einer Kolaschokolade verarbeitet. Auf diese Weise bekommt man ein Anregungs- und Stärkungsmittel, das zugleich ein Nahrungsmittel ersten Ranges darstellt, da es unmöglich ist, in konzentrierterer Form als in ihr Nährstoffe auf engstem Raume darzubieten. Als Kaffee-Ersatz eignen sich die Kolanüsse trotz ihres hohen Koffeingehaltes, der sogar höher als selbst beim Kaffee ist, nicht, da beim Rösten derselben etwa die Hälfte des Koffeins verloren geht.

Durch Negersklaven ist der Kolabaum zu Anfang des vorigen Jahrhunderts auch nach Amerika verpflanzt worden. Dort wird er jetzt, besonders auf den Antillen, vielfach und mit gutem Erfolge auch von den Weißen angebaut. Der Baum liefert vom 8.–10. Jahre an volle Erträge, bestehend in etwa 4000 Nüssen jährlich. Auf dieser Höhe des Ertrages hält er sich bis zum 50. Jahre. Westindische Pflanzer sind der Ansicht, daß, wenn der Preis der Kolanüsse nur die Hälfte des Kaffeepreises erreichen würde, die Kolapflanzungen einträglicher als die Kaffeeplantagen wären.

Ein anderer großer Baum des tropischen Westafrika, die Intsia africana, liefert über 20 cm lange scharlachrote, bohnenartige Hülsen, deren fleischige Samenmäntel namentlich von den Eingeborenen gerne gegessen werden. Eine weitere baumartige Leguminose des tropischen Afrika, die heute in der gesamten Tropenwelt kultiviert wird und sich daselbst auch vielfach verwildert vorfindet, ist die Tamarinde (Tamarindus indica), die gleichfalls Hülsen, und zwar von 14 cm Länge, mit angenehm säuerlichem Fruchtfleisch entwickelt. Dieses letztere ist sehr erquickend und leicht verdaulich, wirkt aber schwach abführend und wird daher auch als Arzneimittel — meist in Form von Pastillen — verwendet. In Ostindien werden auch die übrigens wenig schmackhaften Samen besonders in Zeiten der Not geröstet oder gekocht gegessen.

Aus seiner engeren Heimat in Zentralafrika im Gebiet des oberen Nil gelangte der Tamarindenbaum schon sehr früh ins obere Niltal und wurde auch unter dem Namen nutem, was „Schotenbaum“ im allgemeinen bedeutet, von den alten Ägyptern kultiviert. Sein Fruchtmus wurde nach dem Papyrus Ebers bereits als Abführmittel verwendet. Eine größere Bedeutung erlangte er in Ostindien, wohin er in früher Vorzeit kam und als geschätzter Frucht- und Schattenspender willkommen geheißen wurde. Von dorther lernten die Araber seine Früchte kennen und gaben ihm den Namen, den er in Europa besitzt; denn die arabischen Ärzte machten das daraus hergestellte Fruchtmus als leichtes, angenehmes Abführmittel zuerst im Abendlande unter der Bezeichnung Tamarinde bekannt. Letzteres stammt aus dem Arabischen und ist aus tamr (hebräisch tamar) Dattelpalme und hindi indisch entstanden, bedeutet also indische Dattel, offenbar infolge der Ähnlichkeit des Fruchtmuses beider Pflanzen. Sie muß schon sehr früh nach Indien gekommen sein und wurde dort als Schattenbaum in der Nähe der Häuser und den Straßen entlang kultiviert, da sie schon in der alten Sanskritliteratur mehrere Namen besitzt. Die Griechen und Römer kannten die Tamarinde und deren Mus noch nicht. Als Amerika entdeckt wurde, folgte sie der Völkerwanderung nach dem neuen Erdteil und wurde namentlich in Westindien willkommen geheißen. Später verbreitete sie sich über die Südseeinseln, wo sie zwar nicht überall, aber doch auf den größeren Eilanden hier und da zu finden ist. Sie fehlt nur in wenigen tropischen Gegenden, und zwar solchen, die weitab vom großen Verkehr liegen, wie Neuguinea und im Innern Brasiliens. Überall ist sie der beliebteste Alleebaum, der außer den Früchten, die gedörrt oder in Form von Mus besonders aus Ost- und Westindien, wie auch Ekuador in den Handel kommen, auch durch sein schweres Holz sehr nützlich ist. Infolge seiner schönen Maserung und Farbe ist es für Möbel sehr geschätzt, dient aber auch zur Herstellung von allerlei Werkzeugen und Stampfmörsern für Reis und Ölfrüchte. In Form von Holzkohle ist es ein vorzügliches Rohmaterial für Schießpulver. Die Tamarinde wird aus Samen gezogen und wächst auf jedem Boden, ausgenommen sumpfigem.

Tafel 37.

(Nach Photogr. von W. Busse in „Karsten u. Schenck, Vegetationsbilder“.)

Im Vordergrund Kolabäume, dahinter Pandanus und Ölpalmen bei Mokundange in Kamerun. Über den Wolken ist der kleine Kamerunberg sichtbar.


GRÖSSERES BILD

Tafel 38.

Frucht des Durian (Durio zibethinus) auf Ceylon.

Fruchtzweig der Mangostane (Garcinia mangostana).

(Beide nach einer in der Sammlung des botan. Institutes der Universität Wien befindlichen Photographie.)

Tafel 39.

Ananaspflanzung auf Jamaika.

Allee von Tamarindenbäumen in Surabaya auf Ostjava.

Tafel 40.

Melonenbaum in Surabaya an der Nordküste der Insel Java.


GRÖSSERES BILD

Im tropischen Westafrika heimisch ist der 10–20 m große, durch eine sehr reiche Fruchtentwicklung ausgezeichnete Akeebaum (Blighia sapida), dort Amejichian genannt. Auf einem Sklavenschiffe nach Amerika gebracht, hat sich der Baum auf den westindischen Inseln und in Venezuela unter dem Namen akee sehr verbreitet und wird heute seiner Früchte wegen in großem Maße kultiviert; diese stellen mandelartige, aber fast zur Hälfte von einem dicken, weißen Samenmantel umgebene Bohnen dar. Zu dreien liegen sie in einer dreifächerigen, an ihrer Spitze dreiklappig aufspringenden Kapsel. Ihr Samenmantel ist von äußerstem Wohlgeschmack und wird im tropischen Amerika an Stelle von Eierspeisen aufgetischt.

Aus der Familie der Ebenholzgewächse liefern eine ganze Reihe von Arten der Gattung der Götterpflaumenbäume (Diospyros) in den Tropen der alten und neuen Welt geschätzte Früchte und werden deshalb vielfach angebaut. Der bekannteste darunter ist der in Japan heimische Kakibaum (Diospyros kaki), dessen orangengroße, prächtig gelb oder rötlich gefärbte, angenehm süß schmeckende Beerenfrüchte das wichtigste Obst in Japan und China darstellen. Neuerdings werden sie vielfach auch in Italien angepflanzt, wo sie noch an den oberitalienischen Seen gedeihen. Von dort gelangen sie als beliebtes Obst in unsere Südfruchthandlungen. Wegen ihres reichen Gehaltes an Gerbstoff dürfen sie nicht mit eisernen Messern geschnitten werden. Derselbe bedingt die Verwendung ihres Saftes in Ostasien zum Dauerhaftmachen von Netzen und Fischereigerät, von Packpapier und Anstrichfarben.

Außer diesen Götterpflaumen ist in Ostasien auch der die chinesischen oder japanischen Haselnüsse liefernde Litschibaum (Litchi chinensis) ein wichtiger Obstspender, der seiner äußerst angenehm schmeckenden Nüsse wegen in vielen Varietäten kultiviert wird. Er ist ein etwa 6 m hoher Baum aus der Familie der Sapindazeen oder Seifenbaumgewächse mit zwei- bis dreijochig gefiederten, lanzettlichen, oben glatten Blättern, gestielten Blüten in Rispen und 4 cm dicken, eiförmigen, rotbraunen, mit zahlreichen annähernd sechseckigen Schilden bedeckten Früchten, die in der Mitte je eine kurze Erhabenheit tragen. Der braune Same ist vom saftreichen Samenmantel umhüllt. Der ursprünglich in China und auf den Philippinen heimische Baum wird nicht nur in ganz Ostasien, sondern auch in Westindien und anderen Tropengebieten kultiviert.

Im nördlichen Südamerika heimisch, wo sie noch zahlreich in einer Form mit kleineren Früchten wildwachsend in den Küstengebieten angetroffen wird, und von da noch vor der Entdeckung des neuen Weltteils überall im tropischen Amerika angepflanzt, so daß sich zahlreiche Kulturvarietäten ausbildeten, ist die Ananas (Ananassa sativa). Sie wird je nach den Sorten 0,5–1,25 m hoch und entwickelt Früchte von 2–12 und sogar 15 kg Gewicht, letzteres aber nur bei sehr sorgfältiger Kultur; wird diese vernachlässigt, so sinkt das Gewicht von 2 auf 1 kg und von 12 auf 5 kg und noch weniger. Die Farbe der Früchte ist purpur-, scharlach- oder schwarzrot, gelb, grün oder weiß in den verschiedensten Schattierungen. Aus einer Rosette von 0,3–0,8 m langen, steifen, gezähnten Blättern wächst ein kurzer Fruchtstengel heraus, der in einen Blütenzapfen endigt und daher nur eine Frucht trägt. Aus ihrem brasilianischen Namen nana bildeten die Portugiesen die Bezeichnung Ananas, während die Spanier sie wegen der Ähnlichkeit der Frucht mit einem Pinienzapfen pinas nannten. Christoph Kolumbus lernte sie auf seiner zweiten Reise im Jahre 1493 auf der westindischen Insel Guadeloupe kennen. Alle Schriftsteller, die zuerst über Amerika schrieben, erwähnen sie; so gibt der Spanier Hernandez de Oviedo in seiner 1535 erschienenen Naturgeschichte Indiens die erste Beschreibung und Abbildung der Pflanze und sagt, daß sie in den warmen Gegenden von Tahiti und Mexiko wachse, und Geronimo Benzone meint in seiner 1568 erschienenen Geschichte der Neuen Welt, keine Frucht auf Gottes Erdboden könne angenehmer sein als sie. Bei den Azteken hieß sie matzatli. Die erste Ananas kam im Jahre 1514 nach Spanien. Als man einmal eine solche Karl V. zu kosten geben wollte, mißtraute er der Sache und wollte die Frucht durchaus nicht kosten. Im Jahre 1592 kam die Pflanze nach Bengalen, bald darauf nach Südchina. Schon vorher war sie durch die Portugiesen nach Java gelangt, wo sie 1599 bereits eingebürgert war und von da aus gelegentlich auch nach Europa gebracht wurde. Heute ist sie über die ganze Tropenwelt verbreitet.

Die ersten Kulturversuche in Europa in Treibhäusern schlugen fehl, bis zu Ende des 16. Jahrhunderts der holländische Kaufmann Le Cour im Gewächshause seines Gartens zu Driehock bei Leiden die ersten eßbaren Früchte erzielte. In Deutschland gewann Kaltschmidt in Breslau 1703 die erste reife Frucht. Bald hernach hat sie in diesem Lande Wilh. Weinmann in Wort und Bild beschrieben und populär gemacht, so daß sie in der Folge mehrfach auch bei uns ihre überaus aromatischen Früchte reifte, die roh mit Zucker genossen oder zu Bowlen verwendet sehr geschätzt werden. Ihr Saft, der in den Tropen vielfach auch zu Wein und Branntwein verarbeitet wird, enthält ein sehr wirksames, Bromelin genanntes Ferment, das bei 40–50°C. Fleisch löst und es in ein haltbares Pepton verwandelt. Deshalb benützen die Neger Westindiens den Ananassaft gegen Diphtherie, wie die Amerikaner und nach ihnen die Europäer den Saft der Früchte des gleich zu besprechenden Melonenbaums zu demselben Zwecke anwandten.

Die Früchte der wilden Ananas sind viel kleiner und bedeutend weniger schmackhaft als die äußerst aromatischen kultivierten, die über 15 Prozent Zucker enthalten und als Zeichen einer sehr alten Kultur meist keine Samen mehr bilden. Nur eine weiße verwilderte Art in Ostindien entwickelt in ihren Früchten noch welchen. Sie wird in mehreren bezüglich Gestalt, Größe, Farbe und Geschmack der Früchte verschiedenen Spielarten gezogen, von denen bei der Entdeckung Amerikas bereits drei vorhanden waren. In Brasilien gedeiht sie am besten. In Peru wird aus ihrem Safte ein sehr wohlschmeckendes weinartiges Getränk bereitet. Die Vermehrung erfolgt nur auf vegetativem Wege entweder durch Schößlinge des ausdauernden Wurzelstocks oder noch besser durch den aus der fleischigen Fruchtachse vorsichtig herausgedrehten Blätterschopf, den man einfach kurz vor der Regenzeit in den gut gedüngten Boden steckt, worauf die Frucht nach einem Jahre geerntet werden kann. Merkwürdigerweise geben die als Stecklinge gepflanzten Blätterschöpfe der Früchte viel gewürzreichere und süßere Früchte als die aus den Wurzelstöcken entstandenen Sprosse. Nur wenn letztere frühzeitig von der Mutterpflanze losgelöst und sorgfältig angepflanzt werden, tragen sie ebenfalls gute Früchte. Die Blätter enthalten ein sehr feines und festes, als Pitafaser bezeichnetes Gespinnstmaterial, derentwegen die Pflanze jetzt ebenfalls umfangreich kultiviert wird, und zwar besonders in Westindien und den Bahamainseln, die Millionen von Früchten nach Nordamerika und Europa auf den Markt bringen. Da sie aber unreif gepflückt werden müssen, um den Transport möglich zu machen, so haben sie bei uns lange nicht das feine Aroma, das ihnen nur dann zukommt, wenn sie vollreif geerntet werden können.

Eine weitere, ebenfalls für das gesamte Tropengebiet von der größten Bedeutung gewordene Obstpflanze des tropischen Amerikas ist der Papai oder Melonenbaum (Carica papaya), ein naher Verwandter der Passionsblumengewächse, den die Karaiben Westindiens ababai nannten. Vor der Ankunft der Europäer wurde er in Brasilien, auf den Antillen und besonders in Mexiko angepflanzt. Es ist dies ein getrennt geschlechtlicher, 6–9 m hoher, schlanker, unverzweigter, fast staudenartiger Baum, der ungemein schnell aus den Samen schießt, das ganze Jahr hindurch blüht und Früchte trägt, aber schon im vierten Jahre abstirbt. Der Stamm, dessen Holzkörper von einem gelben, bitteren Milchsaft strotzt, trägt an der Spitze einen Schopf langgestielter, handförmig gelappter Blätter. Zwischen diesen letzteren sind die männlichen oder weiblichen halbfingerlangen, weißen Blüten angebracht, von denen letztere nach der Befruchtung einfächerige, vielsamige, fleischige Beeren von Form und Größe einer Melone hervorbringen, die wegen ihres wohlschmeckenden, zuckerreichen Fruchtfleisches so beliebt sind, daß der Baum kurze Zeit nach der Entdeckung Amerikas über das ganze Tropengebiet verbreitet wurde. Das 2 cm dicke, fast butterartige, etwas mehlige, rotgelbe, wohlschmeckende Fruchtfleisch bildet eine Höhlung, deren innere Wand von zahlreichen braunen oder braun-grünen Samen ausgekleidet wird, die wegen ihres starken Kressengeschmacks vor dem Genusse der Früchte entfernt werden müssen. Doch sind letztere heute durch Kulturauslese so weit verbessert worden, daß die besseren Sorten vollständig samenlos geworden sind. Man ißt sie roh mit Zucker, auch gekocht und eingemacht; die unreifen Früchte werden wie bei uns die Gurken mit Salz und Essig eingemacht oder in Stücke geschnitten wie Gemüse zubereitet. Der nicht bloß in den Früchten, sondern auch in allen übrigen Teilen der Pflanze, besonders den Blättern, enthaltene Milchsaft besitzt zu 50 Prozent ein pepsinartiges Ferment, das Eiweiß verdaut. Es ist dies das Papain, das in neuerer Zeit statt Pepsin bei Verdauungsschwäche gegeben wird, wie es eine Zeitlang bei Diphtherie zur Auflösung der Membranen durch Bepinselung damit benützt wurde. Überall dort, wo die Pflanze kultiviert wird, besonders in ihrer Heimat, dem tropischem Amerika, setzt man frisch geschlachtetem und sonst zähem Fleisch etwas Blätter oder Milchsaft des Melonenbaums beim Kochen hinzu, wodurch es alsbald weich und leicht verdaulich wird.

Wie bei vielen Kulturpflanzen ist auch die Stammpflanze des Melonenbaums nicht bekannt. Sehr wahrscheinlich ist diese Nutzpflanze ein Kreuzungsprodukt mehrerer Arten, die in den feuchten Gebirgstälern des nördlichen Südamerikas und Mittelamerikas wild vorkommen. Es gibt dort noch manche Formen, deren Früchte sogar ein bei weitem feineres Aroma als diejenigen des gewöhnlichen Melonenbaums besitzen. Dahin gehört z. B. die köstliche Chamburu der tieferen Lagen der Anden von Ekuador. Von Brasilien bis Westindien ist der als Mamão bezeichnete Melonenbaum ein sehr geschätzter Obstbaum, der von den Indianern und zugewanderten Weißen und Schwarzen wie die Banane neben ihren Häusern gezogen wird. Seine Übertragung nach Ostindien und der malaiischen Inselwelt durch die Portugiesen muß schon im 16. Jahrhundert erfolgt sein; bereits im Jahre 1626 kamen Samen von ihm aus Ostindien nach Neapel. Seine weitere Verbreitung über die ganze Tropenwelt der Erde erfolgte in den beiden letzten Jahrhunderten.

Im tropischen Südamerika wie auch im gegenüberliegenden Teile Westafrikas sind die gelben, roten oder schwarzen Icacopflaumen (von Chrysobalanus icaco) heimisch, die sowohl frisch, als eingemacht trotz ihres etwas herben Beigeschmackes gerne von den Eingeborenen und ansässigen Weißen gegessen werden. In Westindien hat der 19 bis 22 m hohe, zu den Guttiferen gehörende Mammeibaum (Mammea americana) mit breit ausladender Krone seine Heimat, der wegen seiner wohlschmeckenden, über faustgroßen, rötlichgelben Früchte ebenfalls seinen Weg über das Tropengebiet beider Hemisphären fand. Sie, die meist Mammeiäpfel genannt werden, obschon sie mit den Äpfeln nichts zu tun haben, enthalten in einer dicken, bitter schmeckenden Rinde ein goldgelbes, den Aprikosen ähnlich schmeckendes Fleisch und werden deshalb überall, wo der Baum angepflanzt wird, roh oder als Marmelade gerne gegessen.

Ebenfalls in Westindien und im nördlichen Südamerika heimisch ist die Sapotazee Lucuma mammosa, ein Milchsaft führender Baum, der eiförmige, an Geschmack den Bergamottbirnen ähnliche Früchte reifen läßt, die als Mammeizapote oder surinamsche Mispeln, in Peru als Lucuma, in ganz Mittel- und Südamerika, wo der Baum häufig angepflanzt wird, viel gegessen werden. Ein in denselben Gegenden wild wachsender und auch häufig angebauter Baum ist der ihm sehr nahe verwandte Breiapfelbaum (Achras sapota), in seiner Heimat Zapota, von den Spaniern dagegen nispero, d. h. Mispel genannt, der eine der bevorzugtesten Tropenfrüchte liefert, deren süßes, weiches Fleisch von sehr angenehmem Geschmacke ist. Deshalb wird er auch sonst in den heißesten Landstrichen der Erde allgemein kultiviert. Besondere Wertschätzung genießen die 4 cm dicken Früchte bei den Brasiliern, die aus ihm ein sehr wohlschmeckendes Mus bereiten, das auch exportiert wird. Da die Fledermäuse sehr lüstern über sie herfallen, wenn sie zu reifen beginnen, werden sie meist schon vor der Reife abgenommen, um sie auf dem Lager nachreifen zu lassen.

Derselben Familie der milchsaftführenden Sapotazeen, von denen uns Artgenossen der malaiischen Inselwelt das wertvolle Guttapercha liefern, gehört der Sternapfelbaum (Chrysophyllum cainito) an, dessen purpurrote, glatte, runde, süße Früchte ein von den Antillen über das tropische Amerika und die übrige heiße Zone verbreitete Delikatesse bilden. Der Lieferant dieses wohlschmeckenden Obstes ist ein schöner Baum von 9–12 m Höhe mit großen, auf der Unterseite goldglänzenden Blättern (daher auch der Name Goldblattbaum) und kleinen purpurroten Blüten. Nicht minder beliebt ist der gleichfalls in Westindien heimische Marmeladeapfel (Vitellaria mammosa). Nahe Verwandte haben sehr ölreiche Samen wie beispielsweise der westafrikanische Butterbaum (Butyrospermum parkii), der die später zu besprechende Schibutter liefert.

Ebenfalls in Westindien heimisch ist der Acajoubaum (Anacardium occidentale), der auch nach Brasilien und Westafrika verbreitet wurde und besonders im Kongogebiet vielfach angepflanzt wird. Der ziemlich hohe, mit umgekehrt eiförmigen Blättern bedeckte Baum erzeugt Früchte, welche großen Bohnen gleichen. Sie sind dadurch ungemein auffällig, daß ihr Stiel zur Zeit der Reife mächtig anschwillt und einen etwa 8 cm langen, birnförmigen, fleischigen Körper bildet, der süßsäuerlich schmeckt und als erfrischendes Obst gerne gegessen wird. Die eigentliche Früchte kommen unter dem Namen „amerikanische Elefantenläuse“ in den Handel. Sie enthalten einen sehr ölreichen, geröstet eßbaren Samen, der aber von einer Schale umschlossen wird, die in zahlreichen Höhlungen ein äußerst scharfes, an der Luft schwarz werdendes Öl enthält. Von diesem auf der äußeren Haut leicht Entzündungen und Blasen erzeugenden Reizstoffe macht man in der Tierarzneikunde Gebrauch.

Zu den Myrtengewächsen gehört die ursprünglich ebenfalls im tropischen Amerika heimische und von da über den ganzen Tropengürtel verbreitete Guajave (Psidium guajava), deren bald birn-, bald mehr apfelförmige, beerenartige, grüne oder gelbe Früchte von Pfirsichgröße mit einem goldgelben bis rosenroten, süßsäuerlichen, angenehm schmeckenden Fruchtfleisch erfüllt sind und sehr gerne teils roh, teils gekocht als Kompott oder Marmelade gegessen werden. Auch wird ein sehr geschätztes Gelee von ihnen gewonnen. Besonders eignet sich dazu die Schale und das Innere der Frucht, das mit etwas lästigen kleinen Kernen, wie bei den Johannisbeeren, erfüllt ist. Überall in den Städten Südamerikas kauft man als dulce eingekochtes Guajavenmus, das, in kleine Blechkisten gefüllt, allenthalben auf den Straßen der Städte feilgeboten wird.

Dieselbe Heimat wie die Guajaven haben die mit den Magnolien nahe verwandten Gewürz- oder Zimtäpfel (Anona squamosa), die bis 2 kg schwer werden und ein starkes, gewürziges Aroma besitzen. Obschon sie einen stark zusammenziehenden Terpentingeschmack aufweisen, an den sich der europäische Gaumen erst gewöhnen muß, steht dieses Obst doch überall in hoher Gunst und wird etwa auch einmal in unseren Delikateßläden angeboten.

In die Familie der Lorbeergewächse endlich gehört ein hoher Fruchtbaum mit schönen Lorbeerblättern, Persea gratissima, der ursprünglich gleichfalls im tropischen Amerika heimisch war und besonders von den alten Mexikanern kultiviert wurde, jetzt aber überall in den Tropen gezogen wird und selbst noch in Südspanien aushält. Die olivengrüne, birnförmige Frucht erreicht eine Länge von 10 cm und enthält ein weißes, sehr stark aromatisches, zucker- und fettreiches Fruchtfleisch, das man allein, oder mit Kognak oder Sherry übergossen, sehr gerne genießt. Bei den Mexikanern hieß die Frucht ahuaca oder aguacate, daraus machte man Avagatobirne, endlich Advokaten- und sogar Alligatorbirne. An diesem Beispiel sieht man wie merkwürdige Verballhornisierungen einheimischer Bezeichnungen entstehen, wenn fremde Zungen sie sich zurecht legen.

Endlich sei noch als wichtiger Fruchtbaum Indonesiens und Polynesiens der von den Kanaken auf Hawai (Sandwichinseln) ohia, von den Malaien Sumatras dagegen jambo genannte Baum mit apfelartigen Früchten (Metrosideros polymorpha) genannt.

Selbstverständlich gibt es außer den genannten Obstarten noch eine Menge anderer, denen aber keine so große Bedeutung zukommt wie diesen. Doch wird diese kurze Aufzählung der wichtigsten Tropenfrüchte genügen, um zu zeigen, welche Fülle herrlicher Früchte das das Pflanzenleben in hohem Maße begünstigende Sonnenlicht innerhalb der Wendekreise hervorbringt. Wie überaus ärmlich ist dagegen die ursprünglich in Europa heimische Fruchtvegetation, bevor sie durch den Import aus Westasien in unvergleichlicher Weise bereichert wurde. Unser Kontinent mit seinem niederschlagsreichen, mit Nebel und Winterkälte reichlich bedachten Waldklima besaß in der Vorzeit außer den Beerenfrüchten der Waldlichtungen wie Erdbeere, Brombeere, Himbeere, Heidelbeere, Preiselbeere und Moosbeere, welch letztere in Sümpfen und Torfmooren wächst, nur Holzapfel und Holzbirne, Schlehe und Vogelbeere, die faden Früchte von Weiß- und Rotdorn, die Vogelkirschen und Haselnüsse. Auch das waldbedeckte Italien und Griechenland, in das die Viehzucht und Ackerbau treibenden Stämme der Italiker und Hellenen einzogen, barg durchaus nicht mehr als diese hier aufgezählten ärmlichen Fruchtarten. Alles andere, ohne das wir uns diese sonst klimatisch so bevorzugten Landstriche gar nicht vorstellen können, hat noch vor dreitausend Jahren und weniger jenen Gegenden vollkommen gefehlt. Da erntete man nicht bloß zum Genusse der als Haustiere in eingehegten Plätzen um die Hütten der Menschen gehaltenen Schweine, sondern auch für die Menschen die eiweißreichen, aber herben Eicheln und die ölreichen Bucheckern, die man zerrieben und mit Wasser angemacht zu Brot und Fladen buk.

Niemand würde glauben, daß die Edelkastanien und Walnüsse, die heute als selbstverständliche Produkte des warmen Südeuropas angesehen werden, auch hier erst verhältnismäßig spät eingebürgerte Fremdlinge sind. Wie die großen Haselnüsse als pontische Nüsse, gelangten auch die Kastanien und Walnüsse als persische oder königliche Nüsse, weil sie aus Lydien, also einer Gegend stammten, die dem persischen Könige untertan war, nach Griechenland. Und als diese überseeischen Schalenfrüchte, die in Säcken auf den Markt, z. B. von Athen, gelangten, schon längst hier eingebürgert waren, schwankte noch ihre Benennung so sehr, daß der populäre Name „Zeus-Eichel“, Diós bálanos, der in Griechenland meist die Kastanie bezeichnete, in der entsprechenden lateinischen Form juglans (Jovis glans = Jupiterseichel) die Bedeutung Walnuß erhielt.

Tafel 41.

Melonenbäume, Kaffeestauden und andere Kulturpflanzen der Tropen im Gewächshaus der deutschen Kolonialschule in Witzenhausen a. d. Werra.


GRÖSSERES BILD

Tafel 42.

Fruchtladen auf Ceylon mit einheimischen Früchten, an der Schnur hängt eine Bananenstaude.

Fruchtladen in Südindien, oben hängen Ananas und Bananen, rechts an die Wand gelehnt ein Haufen Zuckerrohrstengel.

In ihrer nördlicheren Urheimat bezeichneten die Griechen mit dem Worte bálanos, wie die Römer mit glans, die einst auch dem Menschen zur Nahrung dienende Eichel, von der noch der einer hochkultivierten Zeit angehörende Plinius in seiner Naturgeschichte sagt: „Eicheln machen den Reichtum vieler Völker aus. Bei Getreidemangel werden sie getrocknet, gemahlen und zu Brot verbacken; in Spanien werden auch Eicheln zum Nachtisch aufgetragen. In Asche gebraten schmecken sie besser.“ Damit sind jedenfalls die Früchte der in Italien und auf der Iberischen Halbinsel wachsenden Speiseeiche (Quercus esculus) gemeint, während in Griechenland die Knoppereiche (Quercus aegilops) eine für anspruchslose Menschen eßbare und noch jetzt vom Landvolk gegessene Eichel hervorbringt. In der älteren Zeit wurden diese Eicheln nicht nur in Zeiten des Getreidemangels, sondern regelmäßig gegessen. So sagt der aus Askra in Böotien gebürtige griechische Dichter Hesiod im 8. Jahrhundert v. Chr.: „Wo gerechte Menschen wohnen, da ist Hungersnot unbekannt. Ihnen geben die Götter reichlichen Unterhalt, Eichen (drýs), die mit Eicheln (bálanos) beladen sind, Honig, Schafe.“ Und Herodot im 5. vorchristlichen Jahrhundert schreibt in seiner Geschichte: „Nach dem Tode des (um 820 v. Chr. lebenden Königssohns, der Sparta Gesetze gab und es dann verließ, ohne je wieder dahin zurückzukehren) Lykurgos wurden die Spartaner bald mächtig, bekamen Lust zu Eroberungen und fragten in Delphi an, ob sie wohl Arkadien (nördlich von Lakonien, dessen Hauptstadt Sparta war) erobern könnten. Die Pythia antwortete: ‚In Arkadien wohnen viel eichelverzehrende Männer, die werden euch zurückschlagen.‘“

Als die Griechenstämme in Hellas einwanderten, übertrugen sie begreiflicherweise das alte Wort bálanos (Eichel) auf verschiedene neue Früchte, unter denen sich auch die wilde Edelkastanie (Castanea esculenta) befand. Dieser Baum ist in einer kleinfrüchtigen Form in ganz Südeuropa heimisch und tritt uns auch weiter nördlich schon in vorgeschichtlicher Zeit entgegen. So finden wir sein Holz in Norditalien bei der Herstellung der bronzezeitlichen Pfahlbauten und Terramaren verwendet, und in den verkohlten Überresten der Terramaren der ältesten Eisenzeit aus dem Beginne des letzten vorchristlichen Jahrtausends ließen sich seine Früchte ebenfalls nachweisen. Auch auf der Iberischen Halbinsel reicht der Nachweis des Vorkommens von Kastanien bis in die Übergangszeit von der Stein- zur Bronzezeit zurück. Da nun die Früchte dieses Wildlings von den alten Griechen so wenig als von der heutigen Bevölkerung Griechenlands gegessen wurden, empfanden sie auch keinerlei Bedürfnis, diese Früchte mit besonderem Namen zu belegen. Erst als großfrüchtige ausländische Sorten in Griechenland aufkamen, mußte man unterscheidende Bezeichnungen für sie schaffen. Dabei behalf man sich damit, daß man sie zunächst einfach nach den Ländern ihrer Herkunft benannte.

Noch der hochgebildete Xenophon, ein Schüler des Sokrates, kannte keinen Namen für diese Früchte, als sie ihm im Hochlande von Armenien zuerst unter die Augen kamen. Als er im Jahre 400 v. Chr. die zehntausend Mann griechischer Soldtruppen, die dem jüngeren Kyros gegen dessen Bruder Artaxerxes Mnemon zu Hilfe gezogen waren, nach der unglücklichen Schlacht bei Kunaxa über das armenische Hochland zum Schwarzen Meere und von da nach Byzanz zurückführte, fand er im Lande der Mosynoiken bei Trapezunt „unter den Dächern der Häuser große Vorräte von breiten Nüssen, welche durchaus keinen Einschnitt hatten. Diese Früchte bildeten das wichtigste Nahrungsmittel der Einwohner und wurden teils gekocht, teils zu Brot verbacken.“ Daß Xenophon bei der Umschreibung der Kastanien als „breite Nüsse ohne Ritze“ an die Walnüsse zum Vergleiche gedacht hat, ist offenkundig. Merkwürdig aber bleibt unter allen Umständen die Tatsache, daß er kein besonderes Wort für diese ihm fremdartig vorkommenden Früchte anzugeben weiß.

Nach dem trefflichen Pflanzenkundigen Theophrast (390–286 v. Chr.) scheint die einheimische Benennung der Kastanie Zeus-Eichel (Diós bálanos) gewesen zu sein. Und als großfrüchtige Kastanien aus den Ländern am Südrande des Schwarzen Meeres nach Griechenland importiert wurden, erhielten sie die Bezeichnung Eicheln oder Nüsse aus Herakleia, Sinope oder Paphlagonien, oder auch sardische Eicheln, nach Sardes, der Hauptstadt von Lydien. Letztere Bezeichnung gebraucht beispielsweise der aus Sinope stammende, als Dichter der neuattischen Komödie im 3. vorchristlichen Jahrhundert in Athen lebende Diphilos, der sagt: „Die Eicheln von Sardes sind sehr nahrhaft und gesund, doch schwer zu verdauen, namentlich in rohem Zustande“. Sein Zeitgenosse Nikander bezeichnet sie zum erstenmal mit dem Namen, der ihnen später haften bleiben sollte; er nennt sie nämlich „kastanische Nüsse“, doch wußte niemand später anzugeben, wo das Land Kastanis liege. Heute wissen wir, daß diese Bezeichnung gar nicht auf eine geographische, sondern auf eine sprachliche Benennung zurückgeht, die dem Kastanienbaum im Armenischen zukam. Kaskeni bedeutet nämlich im Armenischen Kastanienbaum und kask Kastanie. Aus ersterem entstand dann die griechische Bezeichnung „kastanische Nuß“ (kastanaikón káryon) und später mit Weglassung des Wortes Nuß einfach kastánaion oder kástanon. Letztere Bezeichnung treffen wir beispielsweise in dem Buche des Atheners Mnesitheos, der nach dem um 200 n. Chr. lebenden Athenaios sagt: „Die Kastanien (kástanon) heißen auch euböische Nüsse; sie sind schwer zu verdauen, machen aber diejenigen, die sie gut verdauen können, fett. Übrigens sind sie gleich anderen Nüssen gekocht oder geröstet eine viel gesündere Speise als roh.“

Bild 16. Die Edelkastanie (Castanea esculenta).
a blühender Zweig mit oben männlichen und unten weiblichen Blüten an den Blütenähren, b männliche, d weibliche Blüte; c drei weibliche Blüten in einer Fruchthülle; e drei Samen in einer Fruchthülle, i dieselben im Durchschnitt; f–h junge Kastanien. (Nach Hegi.)

Mit der Frucht übernahmen auch die Römer die Bezeichnung derselben von den Griechen. Wann nun dieser Fruchtbaum nach Italien kam, läßt sich nicht mehr sagen. Wahrscheinlich hat ihn der römische Komödiendichter Plautus (254–184 v. Chr.), der die griechischen Stücke des eben erwähnten Diphilos und seines älteren Rivalen Menandros (342–290 v. Chr.) nachahmte, gekannt. Er spricht nämlich an einer Stelle von einem das Dach beschattenden Baum, der eine „weiche Nuß“ (mollescam nucem) trage. Nun kann darunter sowohl eine weichschalige, als eine weich zu essende Nuß verstanden sein. Allem nach scheint aber ersteres das wahrscheinlichere zu sein, so daß wir also darunter wohl die Kastanie zu verstehen haben. Aber bei dem Mangel eines feststehenden Namens kann wohl von einer allgemeinen Kultur dieser Bäume in Italien vor dem Beginn des 2. vorchristlichen Jahrhunderts keine Rede sein. Noch der ältere Cato (234–149 v. Chr.), der als Zensor die altrömische Einfachheit in der Lebensweise und Sittenstrenge aufrechterhalten wissen wollte, erwähnt in seiner sonst alle in Italien angepflanzten Bäume anführenden Schrift über den Landbau die Kastanien so wenig als Walnüsse und Mandeln, nur die von den Griechenstädten Süditaliens nach Kampanien versetzten großen Haselnüsse, die den Griechen aus dem Pontusgebiet zugekommen waren.

Erst zu Ende der Republik tritt uns der Baum und die Frucht als zweifellos in Italien heimisch entgegen. Unter der von den Griechen übernommenen Bezeichnung „kastanische Nuß“ (castanea nux oder kurz castanea) erwähnt sie zuerst der römische Dichter Vergil (70–19 v. Chr.), indem er an einer Stelle seiner Eklogen sagt „Ich will dir Kastanien (castanea nux) und wachsgelbe Pflaumen (prunum) geben“ und an einer andern: „Wir haben schmackhaftes Obst, auch weiche Kastanien und Vorrat von Käse.“ Dann nennt der Dichter Ovid (43 vor bis 7 n. Chr.) diese Frucht, indem er von seiner Geliebten Amaryllis sagt: „sie liebte Kastanien und Nüsse“.

Der ältere Plinius (23–79 n. Chr.) sagt in seiner Naturgeschichte: „Auch die Kastanien (castanea) werden Nüsse (nux) genannt, obschon es passender wäre, sie Eicheln (glans) zu nennen. Sie sind mit Stacheln besetzt, wozu sich bei den Eicheln nur der Ansatz findet. Obgleich sie die Natur unter ihrer Stachelschale versteckt hat, sind sie doch sehr häufig. Zuweilen stecken in einer einzigen Schale drei Kerne. Die Haut, welche zwischen Schale und Kern liegt, verschlechtert, wie bei den Nüssen, den Geschmack. Man verspeist sie lieber geröstet als roh. Sie werden auch gemahlen und können dann ein Brot geben. Ursprünglich sind sie in Sardes heimisch, und deswegen nennen sie die Griechen auch sardische Eicheln; denn Zeus-Eicheln sind sie erst später genannt worden, als sie durch gute Pflege veredelt waren. Jetzt gibt es mehrere Arten von Kastanien; die tarentinischen sind flach, die sogenannte balanitis ist runder, die pura geht leicht aus der Schale, die salariana ist flach, die corelliana ist gut, ebenso die von ihr gezogene eterejana, doch stellt nur ihre rote Schale sie über die dreikantigen, gemeinen schwarzen, welche auch Kochkastanien (coctiva) heißen. Die besten Kastanien wachsen um Tarent und Neapel. Bei den geringen Kastaniensorten zieht sich die Schale bis in den Kern; sie sind daher schwer verdaulich und dienen nur zu Schweinefutter.“

Sein Zeitgenosse, der griechische Arzt Dioskurides, sagt in seiner Arzneilehre: „Die Kastanie hat verschiedene Namen: sardische Eichel, lópimon, kástanon, auch móton, Zeus-Eichel. Sie sind der Wirkung nach den eßbaren Früchten der Eichenbäume ähnlich; besonders haben die Häute zwischen Schale und Fleisch zusammenziehende Eigenschaften.“ Zur Erklärung der Bezeichnungen corellianische und eterejanische Kastanien schreibt derselbe Autor an einer andern Stelle: „Als eine Merkwürdigkeit mag hier folgendes erwähnt werden: Der römische Ritter Corellius, aus Ateste gebürtig, veredelte einmal im Neapolitanischen einen Kastanienbaum mit dessen eigenem Reise, und aus diesem erwuchs eine vortreffliche Kastaniensorte, die noch jetzt nach jenem Ritter die corellianische heißt. Später veredelte sein Freigelassener namens Eterejus diese Kastanie wieder, und nun zeigte sich der Unterschied, daß die corellianische reichlichere, die eterejanische aber bessere Früchte trug.“

In den Geoponika sagt ein griechischer Autor, daß die (schwarze) Maulbeere auf Kastanie (kástanon) und Speiseeiche (phagós von phageín, essen) gepfropft werde. Und der zur Zeit Cäsars und Augustus’ lebende griechische Geschichtschreiber Diodoros aus Sizilien, daher Siculus zubenannt, schreibt in seinem Geschichtswerk: „In Arabien wird gediegenes Gold in Stücken gefunden, welche die Größe einer Kastanie (káryon kastanaikón) haben“, und an einer andern Stelle: „Im Lande der Ichthyophagen (d. h. Fischesser, bei den Alten zwei Völker, in Gedrosien und Arabien) wachsen viele Ölbäume, deren Frucht einer Kastanie ähnlich ist.“ Der aus Spanien gebürtige römische Ackerbauschriftsteller Columella im 1. Jahrhundert n. Chr. sagt: „Der Kastanienbaum (castanea) ist der Steineiche (robur) ähnlich und deswegen zu Pfählen für den Weinstock sehr brauchbar. Die Frucht (nux, d. h. Nuß) wird im Herbst in zweimal gegrabenen Boden gesät und keimt rasch. Neben jede steckt man einen kurzen Rohrstab, um beim Jäten zu wissen, wo sie liegt. Sobald die Stämmchen zweijährig sind, verpflanzt man so viele, daß die bleibenden je zwei Fuß auseinanderstehen, damit sie einander nicht schaden. Die Samen werden deswegen dichter gelegt, weil sie durch verschiedene Zufälle am Keimen verhindert werden können, z. B. durch Trockenheit oder ein Übermaß von Nässe, durch Mäuse und Maulwürfe.“ Und Palladius sagt im 4. Jahrhundert n. Chr.: „Versetzt man Kastanienbäumchen (castanea), die irgendwo von selber gewachsen sind, so gedeihen die so schlecht, daß man oft zwei Jahre lang nicht weiß, ob sie am Leben bleiben oder nicht. Besser als im November werden die Kastanien im Februar gesät, nachdem man sie zuerst, im Schatten getrocknet und 30 Tage mit Flußsand bedeckt hat stehen lassen und dann durch Werfen in kaltes Wasser geprüft hat, welche untersinken und somit gut sind und welche schwimmen und damit bekunden, daß sie krank sind. Wenn sie zweijährig sind, werden die jungen Bäumchen versetzt. Wenn sie angewachsen sind, pfropft man sie, und zwar, wie ich selbst probiert, im Monat März oder April in die Rinde; doch kann man sie auch okulieren. Man pfropft Kastanien auf Kastanien oder Weiden (salix). Doch reift in letzterem Falle die Frucht später und schmeckt weniger angenehm. Man hebt die Kastanien in Hürden auf, doch so, daß sie nicht aufeinander liegen, oder man legt sie so einzeln in Kies, daß sie sich nicht berühren, oder man tut sie in neue irdene Töpfe und vergräbt diese an einem ziemlich trockenen Orte, oder man bewahrt sie in Körben auf, die luftdicht mit Lehm bestrichen sind, oder unter feiner Gerstenspreu, oder in Behältern, die dicht aus Binsen geflochten sind.“

Mit den gleich zu besprechenden Walnüssen kamen auch die Kastanien in der römischen Kaiserzeit über die Alpen und daraus wurden in den römischen Kolonien von den sich hier ansiedelnden Veteranen die betreffenden Fruchtbäume gezogen. So fanden sich in den älteren, später von den Soldaten selbst mit allerlei Wegwurf zugeschütteten Brunnen des römischen Kastells auf der Saalburg zahlreiche Walnußschalen, und bei Ausgrabungen in Mainz stieß man wiederholt auf Kastanien, welche von der Beliebtheit dieser beiden Fruchtarten bei den Römern Kunde geben. Venantius Fortunatus, der Freund und Landsmann des fränkischen Bischofs Gregor von Tours in der zweiten Hälfte des 6. Jahrhunderts n. Chr. sandte seiner Freundin Radegunde ein Körbchen mit Kastanien, das von einem poetischen, uns noch im Wortlaut erhaltenen Billette begleitet war, worin er ihr als ländliche Gabe molles (d. h. weiche) castaneas, „die der Baum auf dem Felde trug“ anbietet. Später verordnete Karl der Große die Anpflanzung von castanearios in den kaiserlichen Krongütern. Nach England kam dieser Baum erst am Anfang des 16. Jahrhunderts.

Die eßbare Kastanie geht weniger weit nach Norden als der Nußbaum. In warmen Lagen Deutschlands, wie am Rhein, wurde er aber schon in den ersten Jahrhunderten n. Chr. eingebürgert. Teilweise ist er hier verwildert und hat sich so gut eingelebt, daß er beispielsweise auf den Bergen um Heidelberg herum und an der Bergstraße geradezu zu einem Charakterbaum der Landschaft wurde. Weder zur Römerzeit noch auch später drang er nach Norddeutschland vor, wo es ihm zu rauh ist und er keine Früchte mehr zeitigt, so daß er höchstens als Zierbaum gehalten werden kann. Deshalb fehlt auch sein Name gänzlich in den Orts- und Flurnamen Mittel- und Norddeutschlands. Nur in Italien, Südfrankreich, Spanien, Korsika, Sardinien usw. bildet der edle Kastanienbaum ganze Waldungen. So sehr sind seit der Römerzeit seine schmackhaften Früchte in diesen Gebieten zur Volksnahrung geworden, daß man in Frankreich die Trägheit der Korsen ihren Kastanien zuschrieb. In der Tat genügt einer korsischen Familie der Besitz von zwei Dutzend Kastanienbäumen und einer das ganze Jahr hindurch im Freien weidenden Ziegenherde, um alle ihre Bedürfnisse zu decken.

Nach der Eroberung Teneriffes durch die Spanier am Ende des 15. Jahrhunderts wurde der Kastanienbaum auch auf diese Insel verpflanzt. Auch hier bildet er ausgedehnte Waldungen und gedeiht so üppig wie in seiner Heimat, dem nördlichen Kleinasien, wo Wutzer auf seiner Orientreise nicht nur gewaltige Bäume der großen Haselnußart, sondern auch Platanen und Kastanien sah, deren Größe ihn in Erstaunen versetzte.

Die Früchte einer in Nordamerika vorkommenden Spielart des Kastanienbaums finden dieselbe Verwendung wie diejenigen der altweltlichen. Auch werden dort die der Castanea pumila, der Chincapin, gegessen. Ebenso hat China in der Castanea chinensis und Indonesien in der Castanea argentea und Castanea tungurrut einen Ersatz für unsere Eßkastanie. Übrigens gibt es in den Tropen der ganzen Erde verschiedene Bäume, die den Kastanien an Wohlgeschmack gleichkommende Früchte besitzen, die sowohl roh als geröstet gegessen werden. Unter ihnen ist der wichtigste Bombax malabaricum, ein ungeheurer Baum Ostindiens mit süßen, angenehm schmeckenden Samen. Auch die mehlreichen Samen von Carolinea princeps in Guiana und dem übrigen nördlichen Südamerika und von Carolinea insignis auf den Antillen schmecken geröstet wie Kastanien und werden, wie die jungen Blätter und Blumen als Gemüse gern verspeist. Ähnlich schmecken die süßen Samen von Melicocca bijuga und Cupania tomentosa in Westindien. Ausgezeichnet süß, kastanienartig schmecken auch die Samen des westafrikanischen Baumes Blighia sapida, die samt dem fleischigen, sie umgebenden Mantel gekocht und gebraten gern gegessen werden. Durch Negersklaven wurde der Baum auch nach Westindien gebracht, wo er öfter kultiviert angetroffen wird. Dasselbe ist bei Laurus chloroxylon in Brasilien und bei Sloanea dentata im nördlichen Südamerika der Fall. Auch der durch seine kindskopfgroßen Früchte ausgezeichnete Topfbaum (Lecythis ollaria) des tropischen Amerika ist seiner kastanienartigen Samen wegen beliebt und wird, wie auch mehrere andere Lecythis-Arten mit ähnlichen Samen, häufig angepflanzt. Endlich ist noch der australische Baum Castanospermum australe zu nennen, dessen aus der Hülse gelösten kastaniengroßen Samen wie Kastanien verspeist werden.

Vom nordwestlichen Himalaja, Beludschistan und Afghanistan, wo er nach Atchison von 2200 bis 2800 m Höhe gefunden wird, über Nordpersien bis nach Kleinasien ist der Walnußbaum (Juglans regia) heimisch, der überall in seiner Heimat in größeren Beständen im Gebirge wächst und den Anwohnern in seinen Nüssen eine willkommene Nahrung spendet. Zu den Griechen kamen sie gleich den Kastanien unter der Bezeichnung persische oder königliche Nüsse (aus dem bereits mitgeteilten Grunde, weil dort im persischen Kleinasien ein König herrschte) oder als sinopische Nüsse (káryon), weil sie auch von der Hafenstadt Sinope am Südrande des Schwarzen Meeres in größeren Mengen nach Griechenland gebracht wurden. Dem Namen nach sind sie also für uns nicht von den Kastanien unterscheidbar. Wie die Kastanie wurde sie von den Griechen auch Diós bálanos, d. h. Zeus-Eichel genannt, unter welcher Bezeichnung sie dann später durch Vermittlung der Griechen Süditaliens zu den Römern kam, welche sie in derselben Weise juglans (zusammengezogen aus Jovis glans, d. h. Jupiterseichel) nannten. Ihre ölreichen Kerne scheinen sich bei den Griechen keiner besonderen Wertschätzung erfreut zu haben; denn der griechische Arzt Dioskurides im 1. Jahrhundert n. Chr. schreibt: „Die königlichen Nüsse (káryon basilikón), welche bisweilen auch persische Nüsse genannt werden, sind schwer zu verdauen, schaden dem Magen, erzeugen Galle, machen Kopfweh, sind namentlich bei Husten zu vermeiden. Dagegen ist ihr Genuß Nüchternen, welche Erbrechen bewirken wollen, nützlich. Mit Feigen und Raute vermischt gibt man sie als Vorbeugungsmittel gegen Gift, vertreibt mit ihnen, wenn man sie in Menge verzehrt, die Bandwürmer, benutzt sie noch sonst innerlich und äußerlich, setzt auch die verkohlten Schalen und Kerne einigen äußerlich anzuwendenden Mitteln bei. Aus den zerstampften Nüssen preßt man Öl. Übrigens bekommen frische dem Magen weit besser als alte.“ Sonst schweigen sich die griechischen Autoren über den Walnußbaum aus. Wir wissen nur, daß die lakedämonischen Jungfrauen zur Zeit des Einsammelns der Nüsse (plur. kárya) ein danach Kárya genanntes Fest zu Ehren der Artemis karyátis feierten, und daß deshalb karyatízein den bei diesem Feste abgehaltenen Tanz tanzen bedeutete. Danach heißen Karyatiden die an einem solchen Nußfeste tanzenden Jungfrauen, die ein attischer Bildhauer als Gebälkträgerinnen — auch einfach Koren, d. h. Mädchen genannt — an der Südhalle des Erechtheions auf der Akropolis in Athen in für alle Zeiten vorbildlicher Weise darstellte.

Geschätzter als bei den Griechen waren die Walnüsse bei den Römern, die den Walnußbaum ziemlich häufig angepflanzt zu haben scheinen. Der überaus gelehrte Marcus Terentius Varro (116–27 v. Chr.) schreibt über die Walnuß: „Diese herrliche, große Frucht heißt glans, weil sie in ihrer grünen Schale einer Eichel (glans) ähnlich sieht; juglans heißt sie von Jupiter (Stamm Jov) und glans. Sie heißt auch Nuß (nux), weil sie den Körper schwarz färbt, wie die Nacht (nox) die Luft.“ An einer anderen Stelle sagt er: „Hat man Walnüsse (nux juglans), Datteln (palmula) und sabiner Feigen (ficus) eingemacht, so schmecken sie um so besser, je eher man sie verzehrt; denn die Dattel wird durch das Alter blaß, die Feige morsch, die Walnuß trocken.“ Er hält aber dafür, daß die Nußbäume ihrer Umgebung schädlich seien: „Neben einem Eichenwald gedeiht der Ölbaum schlecht, neben Kohl (olus) der Weinstock, der sich sogar von jenem wegneigt; auch die Walnußbäume (juglans) machen rings um sich her das Erdreich unfruchtbar.“

Der berühmte Redner Cicero, der im Jahre 43 v. Chr. ermordet wurde, sagt an einer Stelle seiner nach seinem Landgute Tuskulanum bei der altlatinischen Stadt Tusculum im Sabinergebirge benannten Schrift: „Der syrakusanische Tyrann Dionysius (der ältere, 431–367 v. Chr.) war so mißtrauisch, daß er sich vor dem Rasiermesser fürchtete und sich den Bart von seinen Töchtern mit glühenden Walnußschalen wegbrennen ließ.“ Der 79 n. Chr. beim Vesuvausbruch umgekommene Plinius meint wie Varro: „Der Schatten der Walnußbäume ist von großem und schädlichem Einfluß, tötet gleich dem der Pinien, Rot- und Weißtannen alle anderen Pflanzen, verursacht sogar dem Menschen Kopfweh.“ Und von seinen Früchten sagt er: „Die Walnüsse (nux juglans) haben keinen großen Wert, obgleich ihr Gebrauch bei Hochzeitsfeierlichkeiten eingeführt ist. Die Natur hat diese Frucht dadurch ausgezeichnet, daß sie den in einer holzigen Schale liegenden Kern noch in eine weiche Schale einschloß. Daß sie von den Königen Persiens stammt, beweist der Umstand, daß sie bei den Griechen königliche Nüsse (s. vor. Stelle bei seinem Zeitgenossen Dioskurides) heißen; auch nennt man jetzt noch die beste Sorte persicon und basilicon. Kopfnuß (káryon) heißt eine Sorte wahrscheinlich deswegen, weil sie durch ihren starken Geruch Kopfweh verursacht. Die gerbstoffreiche grüne Schale wird zum Färben der Wolle benutzt, die ganz jungen Nüsse dienen zum Braunfärben der Haare. Im Alter werden die Walnüsse ölig. Die Sorten unterscheiden sich nur nach der Schale, welche fest oder zerbrechlich, dünn oder dick, in Fächer geteilt oder einfach ist. Die Schale zerfällt in zwei Teile, der Kern selbst ist durch Zwischenhäute vierteilig.“

Auch andere, besonders griechische Schriftsteller sprechen von der Sitte, die sich bis heute in Griechenland erhielt, im Augenblicke da die Neuvermählte das hochzeitliche Gemach betrat, Nüsse unter die Gäste und Kinder zu streuen, damit Zeus-Jupiter, nach welchem die Nüsse hießen, der jungen Frau Fruchtbarkeit schenken möge. So fordert der römische Dichter Vergil (70–19 v. Chr.) in einer seiner Eklogen auf: „Streuet Nüsse (nuces) dem Hochzeitspaar aus!“ Auch Ovid (43 v. bis 7 nach Chr.) spricht an zwei Stellen von Walnüssen, das eine Mal, da er von seiner Geliebten Amaryllis (Pseudonym, nach der Bezeichnung der schönen, von Vergil in seinen Hirtengedichten besungenen Hirtin oder Nymphe gleichen Namens, der die „Glänzende“ bedeutet) sagt: sie liebte Kastanien und Nüsse, und das andere Mal, da er von derselben meldet: ihr fehlten weder Nüsse noch Mandeln. Palladius im 4. Jahrhundert n. Chr. sagt von der Kultur des Walnußbaumes: „Die nux juglans liebt feuchte, kühle, steinige Höhen, kommt aber auch an wärmeren vor. Man zieht sie aus an der Sonne getrockneten Nüssen, die in der Weise gepflanzt werden, daß man einen Stein oder Backstein unter sie legt, damit sie keine einfache Pfahlwurzel, sondern geteilte Wurzeln treiben. Die Bäumchen sollen alle 2 bis 3 Jahre versetzt werden, dadurch gedeihen sie besser. Die Wurzeln dürfen dabei nicht beschnitten werden; man bestreicht sie aber mit Rindermist, streut auch Asche in die Grube. Man macht die Gruben recht tief und auch weit voneinander entfernt, weil ein Walnußbaum selbst dem anderen durch seine Traufe schadet. Man lockert die Erde rings um den Stamm zuweilen auf, damit dieser im Alter nicht so leicht hohl wird. Ist er aber doch hohl geworden, so haut man ihn von einer Seite bis zur Höhlung auf, damit Sonne und Wind eindringen und die Fäulnis hemmen können. Werden die Nüsse zu hart oder knotig, so muß man einen Schnitt rings in der Rinde machen, um die schlechten Säfte abzuführen. Andere schneiden in diesem Fall die Wurzelspitze ab, oder bohren ein Loch in die Wurzel und schlagen einen Pflock von Buchsbaumholz hinein. Will man gemeine Walnüsse in die tarentinische Sorte (mit weicher Schale) verwandeln, so steckt man nur den von der harten Schale befreiten fleischigen Kern, wickelt ihn aber zuvor zum Schutz gegen Ameisen in Wolle. Will man einen schon tragenden Baum in einen tarentinischen verwandeln, so begießt man ihn ein ganzes Jahr lang monatlich dreimal mit Lauge. Die Reife der Nuß erkennt man daran, daß sich ihre äußere Schale ablöst. Ihre Aufbewahrung geschieht entweder unter Spreu oder Sand oder trockenen Walnußblättern oder in einem Kasten von Walnußholz oder zwischen Küchenzwiebeln, denen sie zugleich den scharfen Geschmack benehmen. Man kann nach Angabe vieler Gärtner Walnußreiser im Februar auf Erdbeerbäume (arbutus) pfropfen, am besten in den Stamm, ebenso auf Pflaumen- oder auf Walnußbäume.“ Dem fügt ein griechischer Autor in der Geoponika bei: „Pfropfreiser des Walnußbaumes (káryon) wachsen nicht leicht an, jedoch gelingt die Veredlung, wenn man sich nicht gleich abschrecken läßt und sorgfältig zu Werke geht. Einige Gärtner heben 2- und 3jährige Walnußbäumchen aus, pfropfen die Wurzeln und setzen sie wieder ein.“

Mit den Kastanien brachten die Römer auch die Walnüsse über die Alpen und pflanzten sie um ihre Militärstationen. So fanden sich auch im Wegwurf der Saalburg zerbrochene Schalen von Walnüssen, die dort einst von den Legionären oder deren Angehörigen verspeist wurden. So scheint der Walnußbaum zuerst um die römischen Kastelle gewachsen zu sein, um im Laufe von Jahrhunderten von da weiter ins Land hinauszugelangen. So sind Ortsnamen, die mit Nuß- zusammenhängen, in der Rheingegend schon in den ältesten auf uns gekommenen Urkunden nachweisbar, so der Flecken Nußloch bei Heidelberg, der zuerst im Jahre 776 und das Dorf Nußbaum bei Bretten in Baden, das zum ersten Male im Jahre 883/884 belegt ist. Dazu kommen später Nußdorf (erster Beleg 1134), Nußbach bei Oberkirch (1196), Nußbach bei Triberg (1284) und Nußbaum bei Mosbach (1335). Daß der Baum in Gallien besonders intensiv kultiviert wurde beweist der spätlateinische Name nux gallica, dessen Reflex wir im deutschen Walnuß und im englischen walnut haben. Die Anpflanzung des Nußbaums wird sowohl im Capitulare de villis wie in den beiden uns erhaltenen Garteninventaren Karls des Großen aus dem Beginne des 9. Jahrhunderts angeordnet. In der Hünenburg bei Rinteln an der Weser aus dem 10. bis 11. Jahrhundert n. Chr. wurden Stücke von Walnußschalen gefunden. Heute hat sich der Nußbaum überallhin, wo es ihm nicht zu kalt ist, verbreitet und wird seiner ölreichen Nüsse, die ein sehr gutes Tafelöl liefern, und seines sehr gesuchten Holzes wegen viel gepflanzt.

Die Haselnuß (Corylus avellana) ist fast in ganz Europa und in Vorderasien heimisch. Hier war sie schon den Menschen der Steinzeit ein beliebtes Nahrungsmittel und wir finden ihre zerbrochenen Schalen im Wegwurfe der Pfahlbauern der jüngeren Stein- und der Bronzezeit. An einzelnen Fundstellen finden sie sich zu ganzen Schichten angehäuft. Erst die Griechen und hernach die Römer haben außer der einheimischen wilden Art auch schon größere und feinere, kultivierte Arten gekannt, so die lombardische oder Lambertsnuß (Corylus tubulosa) und die türkische Haselnuß (Corylus colurna). Der Erzeuger der ersteren ist ein stattlicher Strauch, derjenige der letzteren dagegen ein Baum, der in seinem Vaterlande, im Pontusgebiet bis Armenien, ganze Wälder bildet. Beide kamen aus dem nördlichen Kleinasien über die Städte am Pontus als kárya póntika, d. h. pontische Nüsse, nach Griechenland, von wo sie in die griechischen Kolonien Siziliens und Unteritaliens gelangten. Hier wurden sie mit besonderer Vorliebe kultiviert, so daß die bei der Stadt Abella in Campanien wachsende Haselnuß — welche der beiden vorhin genannten groß-kernigen Sorten es war, ist nicht entschieden — als nux abellana von den Römern, die deren Kultur von den Griechen übernahmen, besonders geschätzt wurde.

Durch die Römer wurden diese pontischen Haselnußrassen gleichzeitig mit Walnuß und Kastanie in ihren transalpinen Provinzen eingeführt. So fand man im Wegwurf in den Brunnen des römischen Feldlagers der Saalburg nicht nur zahlreiche Schalen der gewöhnlichen Haselnuß, sondern auch der großen Lamberts- und türkischen Haselnüsse. Auf Grund dieser Funde dürfen wir annehmen, daß die avellanarii, d. h. die Haselnußstauden, die in den Gärten Karls des Großen gezogen wurden, nicht sowohl einheimische, wilde, die ja sonst gar nicht besonders angeführt worden wären, als vielmehr die lambertsche oder die türkische Haselnuß waren. Im 16. Jahrhundert wurden dann echte türkische Haselnüsse durch Valerius Cordus, der sie von einem ungarischen Gesandten in Konstantinopel erhielt, direkt bei uns eingeführt und in Gärten Mitteleuropas kultiviert. Allerdings erreicht sein Erzeuger bei uns lange nicht die stattliche Größe, die er in seiner Heimat in den Pontusländern aufweist.

Solche haselnußartige Samen bieten sehr zahlreiche Pflanzen aller möglichen Länder, unter denen wir nur die chilenische, brasilische, westindische und nordamerikanische Haselnuß, die Waldmandel Westindiens und verschiedener Waldbäume des nördlichen Südamerika mit teilweise mandelartigem Aussehen nennen wollen. Die brasilischen Nüsse, von den Einheimischen juvias genannt, sind vierkantige, braune Samen von der Größe einer Walnuß mit ölreichem Kern, der wie Mandeln schmeckt. Der sie hervorbringende stattliche Baum (Bertholletia excelsa) wächst überall in den Wäldern von Guiana, Venezuela und Nordbrasilien und wird zur Zeit der Samenreife stets von den Indianern aufgesucht, die diese wohlschmeckenden Nüsse sehr lieben und viele Wochen hindurch davon leben. Leider werden sie bald ranzig und lassen sich deshalb nicht längere Zeit aufbewahren. Außerdem gibt es in denselben Gebieten einen souari genannten hohen Baum (Caryocar butyrosum) und in Ekuador einen nahen Verwandten desselben, den pequi-Baum (Caryocar amygdaliferum), die den Mandeln ähnliche ölreiche Samen aufweisen.

Von geringerer Bedeutung, aber für uns wichtiger sind die Pistaziennüsse und das Johannisbrot, die wir ebenfalls aus dem warmen Süden erhalten. Ihre Erzeuger, die Pistazie und der Johannisbrotbaum, ohne die wir uns die alten Kulturländer am Mittelmeer nicht mehr vorstellen können, sind ebensowenig wie die früher betrachteten Fruchtbäume hier heimisch, sondern erst in geschichtlicher Zeit vom Menschen dort angesiedelt worden. Die echte Pistazie (Pistacia vera) hat ihre Heimat im südlichen Kaukasus, in Mesopotamien und Syrien, wo sie stellenweise noch wild wachsend in größeren Beständen angetroffen wird. Sie ist ein 6–9 m hoher Baum mit unpaarig gefiederten, abfallenden Blättern, kurzen Blütenrispen und eiförmig länglichen, 2,5–4 cm großen Steinfrüchten. Diese besitzen einen dünnen Überzug von grünem, rot angehauchtem Fleisch und darunter unter holziger Schale angenehm mandelartig schmeckende, haselnußgroße, länglich dreikantige, grüne Kerne, die Pistazienmandeln oder syrischen Nüßchen (ital. pistacchi), die im Orient roh gegessen und zu allerlei Backwerk, auch zur Gewinnung von Öl verwendet werden, das aber leicht ranzig wird. Früher dienten sie auch als Heilmittel; jetzt werden sie nur noch in der Küche, von Zuckerbäckern und Metzgern zum Würzen der feineren Würste verwendet.

In Babylonien ist die Pistazienkultur uralt und schon damals werden die Früchte wie heute noch in Syrien und Ägypten eine Lieblingsnäscherei der vornehmen Haremsdamen gewesen sein. Sie hießen im Assyrischen butnu und als botnim kamen sie nach Syrien und Palästina, wo sie zur Zeit der jüdischen Erzväter bekannt waren. Als die Brüder Josephs, von der Hungersnot gedrängt, zum zweitenmal nach Ägypten zogen, nahmen sie als Geschenke an den Minister des Pharao, in dem sie ihren Bruder nicht vermuteten, unter den erlesenen Landesfrüchten auch Pistazien mit. Von da an hat man keine Nachricht mehr vom Vorhandensein dieses Fruchtbaums in Syrien, bis nach der Erschließung Vorderasiens durch den Zug Alexanders des Großen ums Jahr 330 v. Chr. die Griechen Kunde von ihm erhielten. So berichtet Theophrast, der Schüler des Aristoteles: „In Indien wächst ein Baum, der der Terebinthe ähnlich ist, dessen Früchte aber wie Mandeln sind. Er soll auch in Baktrien wachsen; die Früchte sollen besser als Mandeln schmecken und werden deshalb dort lieber gebraucht als diese.“ Dieser Autor kennt noch keinerlei Namen für diese Frucht. Ein solcher erscheint erst hundert Jahre später, zu Ende des 3. vorchristlichen Jahrhunderts beim griechischen Dichter Nikander, der schreibt: „Am wild brausenden indischen Strome Choaspes — es ist dies der Fluß von Susa — tragen die Äste der Pistazien (pistákia) Früchte gleich Mandeln.“ Den Namen pistákion, d. h. Pistazie nennt wiederum hundert Jahre später der aus Apamea in Syrien gebürtige Geschichtschreiber Poseidonios. Er sagt, daß in Arabien und Syrien die sogenannte Pistazie wachse, deren grünliche Kerne zwar den Pinienkernen an Geschmack nachstehen, aber einen angenehmen Duft haben. In der Folge wird der Pistazienbaum mehrfach von medizinischen Schriftstellern erwähnt, so vom griechischen Arzte Dioskurides, der um die Mitte des 1. Jahrhunderts n. Chr. eine reichhaltige Arzneimittellehre verfaßte und darin über dessen Früchte schreibt: „Die Pistaziennüsse (pistákion), welche in Syrien wachsen, sind den Piniennüssen (stróbilos) ähnlich und bekommen dem Magen gut.“ Ähnlich schreibt der im Jahre 131 n. Chr. in Pergamon geborene und ums Jahr 200 in Rom verstorbene berühmte Arzt Galenos: „Die Pistaziennüsse (pistákion) wachsen bei Alexandria in Ägypten, aber noch weit häufiger bei der Stadt Berrhoea in Syrien. Sie geben wenig Nahrung, sind aber gesund.“

Plinius nennt unter den Bäumen Syriens den, „der die bekannten Pistaziennüsse (pistacium) trägt“ und berichtet, daß ihn der Römer Lucius Vitellius — nicht zu verwechseln mit dem nachmaligen Kaiser Aulus Vitellius —, der zur Zeit des Tiberius zwischen den Jahren 20 und 30 n. Chr. Legat in Syrien war und von dorther allerlei Gartenfrüchte und Obstbäume auf sein Landgut bei der Stadt Alba in Mittelitalien verpflanzte, nach Italien, und Flaccus Pompejus, ein römischer Ritter, der mit Vitellius Kriegsdienste tat, nach Spanien brachte. In Mittelitalien wird aber jedenfalls das Klima zu rauh für den empfindlichen medisch-persischen Baum gewesen sein; denn noch in Kalabrien und auf Sizilien, wo ihn in der Folge die Römer akklimatisierten, liefert er weniger schmackhafte Früchte als in seiner orientalischen Heimat.

Auch in Sizilien und Sardinien wuchs der Baum, von dem gewöhnlich Edelreiser auf die im Mittelmeergebiet überall heimische Terpentinpistazie gepfropft wurden. Noch im 4. Jahrhundert n. Chr. berichtet uns Palladius, der selbst Güter auf der Insel Sardinien besaß, vom Anbau dieses Fruchtbaumes. Aber die Kultur desselben muß in den Stürmen, die die Völkerwanderung über Italien brachte, vollständig außer Gebrauch gekommen sein, und es blieb den Arabern vorbehalten, mit so manchen anderen asiatischen Kulturpflanzen wie Dattelpalme, Mohrhirse, Safran und Zitrone auch die Pistazie wieder an dafür geeigneten Orten am Mittelmeer, das sie ja um die Wende des 1. christlichen Jahrtausends völlig beherrschten, angesiedelt zu haben. Seitdem sie die Pistazie wiederum in Sizilien und Süditalien anpflanzten, blieb der Fruchtbaum bis auf den heutigen Tag in der Kultur der sie in der Herrschaft ablösenden Christen, die die Früchte gerne aßen und in der Küche verwandten. Am häufigsten trifft man bei uns die sizilischen Pistazien; die tunesischen sind wegen ihrer schönen grünen Farbe besonders geschätzt, während diejenigen Aleppos sehr groß und gelb sind.

Wie der Pistazienbaum wurde auch der Johannisbrotbaum oder Caroubier (Ceratonia siliqua) erst durch die Araber in den wärmeren Gegenden am Mittelmeer als Spender eines billigen Volksnahrungsmittels angesiedelt. Dieser heute namentlich in den östlichen Mittelmeerländern weit verbreitete Hülsenfrüchtler stellt einen nicht sehr hohen, breitausladenden, schattenreichen Baum dar mit paarig gefiederten, lederartigen Blättern. Sein bevorzugter Standort sind die sonnendurchwärmten, felsigen Halden in der Nähe des Meeres, die vor dem kalten Nordwind geschützt sind; denn dieses sonnenverwöhnte Kind Vorderasiens liebt diesen durchaus nicht. Hier wächst er langsam, trägt erst nach zwanzig Jahren, dauert aber jahrhundertelang aus. Seine flachen, hornartig gekrümmten Schoten mit süßem, nahrhaftem Fruchtfleisch, das innen glänzend dunkle, bohnenartige Samen birgt, werden nicht nur mit Vorliebe von Schweinen, Pferden und Eseln, sondern auch vom Menschen roh und geröstet oder gebacken überall im Orient gegessen. Auch auf unsern Jahrmärkten erscheint das Johannisbrot als geschätzter Leckerbissen mit der Süßholzwurzel und den schwarzen Lakritzenstangen. Lakritz ist aus dem griechischen glykyrrhíza, d. h. Süßwurzel zusammengezogen, und erfreut hier besonders die Kinder. Aus den als Karuben bezeichneten Fruchthülsen — das Wort stammt aus dem arabischen charrûb — wird auch ein süßer, honigähnlicher Saft gepreßt, der als keratomeli, d. h. Hörnchenhonig im Morgenlande sehr beliebt ist. Nach ihrer hörnchenartig gekrümmten Form nannten die alten Griechen, die den Baum selbst nicht kannten, sondern nur die aus dem Orient eingeführten Früchte gelegentlich auf dem Markt kauften, die Johannisbrotschoten kerátia oder kerōnia, d. h. Hörnchen und glaubten irrtümlicherweise, sie kämen aus Ägypten. Erst der Schüler von Aristoteles, Theophrastos (390–286 v. Chr.), versichert mit Nachdruck, sie kämen nicht von dorther, sondern aus Syrien und Ionien; denn zu seiner Zeit war der Karubenbaum bis Knidos im südwestlichen Kleinasien und bis zur Insel Rhodos im Ägäischen Meere vorgedrungen. Auch Strabon, der ums Jahr 25 n. Chr. verstorbene griechische Geograph aus der kleinasiatischen Stadt Amasia südlich vom Schwarzen Meer, sagt, er wachse nicht in Ägypten, sondern zugleich mit der Dattelpalme in Äthiopien, wo er in Menge gedeihe.

Seine eigentliche Heimat hat der Johannisbrotbaum in Syrien, wo er mit anderen Fruchtbäumen und Nutzpflanzen vermutlich vom uralten Volke der Chetiter in Kultur genommen und veredelt wurde. Einst, wie jetzt, bildeten seine süßen Schoten dort und in Palästina eine gemeine Speise. Johannes der Täufer soll sich während seines Aufenthalts in der Wüste damit genährt haben, weshalb sie überhaupt den Namen Johannisbrot erhielten. Noch den Reisenden neuerer Zeit wird der angebliche Baum gezeigt, von dessen Früchten der Vorläufer des Messias sein Leben während der Zurückgezogenheit in der Wüste gefristet haben soll. Im Gleichnis vom verlorenen Sohn, das im 15. Kapitel des Evangeliums nach Lukas berichtet wird, begehrt der verlorene Sohn, der zum Schweinehirten herabgesunken ist, seinen Hunger mit den Hörnchen (im Urtext apó tón keratión, fälschlich von Luther, der die wahre Bedeutung dieses Wortes nicht kannte, mit Treber übersetzt), die die Schweine fraßen, zu stillen, aber niemand gab sie ihm. Diese Hörnchen sind nichts anderes als das Johannisbrot.

Tafel 43.

Bäume mit eßbaren Kastanien am Vierwaldstättersee.

(Photographie von G. Kraskowits.)

Gewöhnlicher Feigenbaum und Feigenopuntie auf der Insel Korfu.

Tafel 44.

Johannisbrotbaum.
(Nach einer Photogr. von L. Adamovic in „Karsten u. Schenck, Vegetationsbilder“.)

Zitronenhain bei Saló am Gardasee.

Auch die alten Ägypter kannten das Johannisbrot, das unter dem Namen dscharudsch oder garuta, d. h. Schote, aus Syrien zu ihnen gebracht wurde. Man aß es hier trocken oder eingekocht und bereitete daraus einen tarruku genannten süßen Trank. Auch als Medizin wurde es viel angewandt. Unter den Totenbeigaben sind in Kahun aus Gräbern der 12. Dynastie im mittleren Reich (2000–1788 v. Chr.) Reste von Schoten des Johannisbrotbaumes, samt Fruchtkernen, ebenso in solchen des ägyptisch-griechischen Gräberfeldes von Hawara im Fajûm gefunden worden. Nach Unger findet sich Johannisbrot auch auf einer altägyptischen Darstellung von Totenspeisen in einem Grabe der 12. Dynastie abgebildet. Später wurde der Fruchtbaum in Ägypten selbst angepflanzt. So fand Kotschy in einem Sarkophag neben einer Mumie einen Stock, der sich bei mikroskopischer Untersuchung als vom Johannisbrotbaum herrührend erwies.

Die alten Griechen haben diesen Fruchtbaum noch nicht in ihrem Lande gezogen. Sie brachten seine Früchte als Rückfracht aus dem Orient mit und vermittelten ihre Kenntnis auch den Römern, die sie zunächst als siliquae graecae, d. h. griechische Schoten, bezeichneten. Später werden sie vielfach als syrische Schoten bezeichnet, als man erkannte, daß sie aus Syrien stammten und nur durch die Griechen übermittelt wurden. Dioskurides und Galenos rühmen diese Schoten als Speise durchaus nicht. Ersterer sagt: „Das frische Johannisbrot (kerátion) bekommt, wenn es genossen wird, schlecht; das getrocknete schmeckt besser, besonders, wenn die Schalen und Kerne nicht mitgegessen werden.“ Und letzterer meint: „Das Johannisbrot (kerátion) ist keine gesunde Speise, kommt aus dem Morgenland, sollte aber nicht von dort geholt werden.“ Also war noch zur Zeit des Arztes Galenos gegen Ende des 2. nachchristlichen Jahrhunderts das Johannisbrot durchaus nur Gegenstand der Einfuhr aus dem Orient und erst im 4. Jahrhundert lehrt Palladius, der Verfasser eines noch im Mittelalter viel benutzten Werkes über den Landbau, ausführlich wie der Baum gepflanzt und veredelt werden soll, so daß man annehmen muß, daß er damals auch in Italien selbst wuchs. Immerhin könnte diese Stelle ein späteres Einschiebsel sein, da sie in einigen Handschriften fehlt und der fleißige Benutzer des Palladius, Petrus Crescentius, über den Baum schweigt. Wenn er nun auch damals jedenfalls in beschränkter Zahl in Italien selbst kultiviert wurde, so war doch diese Produktion ohne größere Bedeutung.

Erst die Araber nahmen die mehr oder weniger verschwundene Kultur dieses Fruchtbaumes wieder auf und verbreiteten ihn in Sizilien, Süditalien, Spanien, wie in ganz Nordafrika im Bereiche ihrer Herrschaft. Ihre Bezeichnung Charruben für die Früchte ist ins Italienische carruba, ins Spanische garroba — oder mit dem arabischen Artikel al davor als algarroba — ins Portugiesische alfarroba und ins Französische caroube übergegangen, was an sich schon mit Sicherheit beweist, daß sie diesen Ländern die Kenntnis dieser Frucht vermittelten. Sie ihrerseits hatten von den Griechen die als kerátia bezeichneten Bohnen der Johannisbrotschoten, die sich durch eine auffallend übereinstimmende Größe auszeichnen, als Gewichtseinheit angenommen und dies dem Abendlande übermittelt. So dient uns heute noch das von ihnen als kleinstes Gewicht angenommene Karat, d. h. eben die nach dem griechischen kerátion bezeichnete Johannisbrotbohne als Gewichtseinheit für Gold, Diamanten und alle Juwelen überhaupt, wie in Persien das Weizenkorn gändum als kleinste Gewichtseinheit dient, und die nächst höhere die Kichererbse nukhûd ist. Dabei ist 1 nukhûd = 4 gändum.

Seitdem die Araber den Johannisbrotbaum überallhin an den Gestaden des Mittelmeers, soweit er gedeihen kann, angesiedelt haben, pflanzt man ihn gerne auch als Schattenbaum zur Straßeneinfassung und inmitten der Felder. Soll der Baum aber nicht bloß Schatten gewähren, sondern auch reichlich Früchte tragen, so muß er von Zeit zu Zeit beschnitten werden wie der Weinstock und der Ölbaum. Die nördliche Grenze seiner Verbreitung fällt ungefähr mit derjenigen der Orangen und Zitronen zusammen. In Kleinasien und Syrien wird er als Fruchtspender so geschätzt, daß er geradezu göttliche Verehrung bei Muhammedanern und Christen genießt. Er ist dem heiligen Georg geweiht, dem sagenhaften kappadozischen Prinzen, der unter Diokletian (regierte von 284–313 n. Chr.) als Märtyrer gestorben sein soll, nachdem er einst einen Lindwurm besiegt hatte, der ein Mädchen zu verschlingen drohte. Schon die Kreuzfahrer führten diesen streitbaren Heiligen symbolisch in ihrem Panier und seither ist er der Schutzheilige aller Berittenen. In Griechenland und im Orient überhaupt sind Georgskapellen unter Johannisbrotbäumen häufig.

Wie bei allen Kulturgewächsen haben sich auch bei ihm die verschiedensten Varietäten gebildet, die sich durch Form, Größe, geringere oder größere Süßigkeit und Haltbarkeit der Schoten unterscheiden. Doch gilt im allgemeinen, daß je wärmer das Klima ist, in welchem er wächst, er um so mehr Zucker in seinen Schoten zu entwickeln vermag und um so süßer der aus ihnen ausgepreßte Honig wird. In letzterem Falle werden die Preßrückstände den Schweinen vorgeworfen. Auch das harte Holz wird geschätzt und die tanninhaltige Rinde dient zum Gerben. Vom Orient aus wird das Johannisbrot bis tief nach Rußland hinein und in die nordischen Länder exportiert, wo es als billiger Leckerbissen auf keinem Volksmarkte fehlt.

Eine eßbare, wohlschmeckende Kernfrucht bietet auch der in ganz Indonesien, besonders den Molukken wild wachsende und auch angepflanzte Katappabaum (Terminalia catappa). Die Frucht, deretwegen der Baum auch sonst in den Tropen, besonders auf den Antillen kultiviert wird, hat Ähnlichkeit mit der Walnuß und enthält einen bis zwei mandelartige Kerne. Ähnliche Samen bieten verschiedene andere Terminaliaarten in Südindien, Ozeanien und Südamerika. Gleicherweise werden auf den Inseln der Südsee die Kerne der Früchte von Inocarpus edulis, Sterculia balanghas und St. foetida als fast tägliche Speise gegessen. Ebenso finden die ölreichen Samen zahlreicher Nadelholzgewächse als Speise der Menschen Verwendung, so diejenigen verschiedener Kiefern und Fichten, wie der Zirbelkiefer (Pinus cembra), der Fichte der Norfolkinsel östlich von Australien, der als Ziergewächs bei uns in Töpfen gezogenen Araucaria excelsa und der südamerikanischen Araukarie (Araucaria imbricata). Dieser von den Indianern als pehuén bezeichnete Nadelbaum ist diözisch, d. h. weist männliche und weibliche Exemplare auf und bildet auf Sandboden lichte Bestände, die entfernt an unsere Kiefernwälder erinnern. Sein Stamm bildet eine mächtige Säule von bis zu 60 m Höhe, ist unten kahl und trägt oben einen schirmartigen Wipfel, dessen herunterhängende Äste an den Spitzen wieder nach aufwärts streben. Die Fruchtzapfen benötigen zwei Jahre zur Reife und enthalten 100 bis 200 mehlige, ähnlich wie Kastanien schmeckende Samen, die im Februar und März reifen. Um diese von den Spaniern, die sie ebenfalls sehr lieben, piñones genannten, doppelt mandelgroßen Nüsse zu erlangen, unternehmen die Indianer zur Zeit der Reife große Wanderungen. Diese pflanzliche Speise ist für sie um so wichtiger, je weiter sie von den Weißen entfernt wohnen und je schwerer sie sich von jenen die gewöhnlichen Getreidearten durch Tausch gegen Wildpret und Felle verschaffen können. Ein einziger Zapfen genügt für einen Indianer zur Ernährung für einen Tag, wenn er noch etwas Fleisch zu sich nimmt. Durch ihren reichen Ölgehalt sind sie nicht sehr leicht verdaulich und lassen sich auch nicht längere Zeit hindurch aufbewahren. Doch bereiten die Eingeborenen daraus ein Gebäck, das sich lange Zeit erhält. So können sie die von ihnen sehr geschätzten Samen aufs weitgehendste ausnützen.

In den Mittelmeerländern finden besonders die Piniennüsse, gewöhnlich Pignolen genannt, zahlreiche Liebhaber und kommen dort überall in den Handel. Der Nüsse und des Holzes wegen wird die Pinie auch in Südtirol kultiviert. Die Pinienzapfen reifen erst im vierten Jahre. Zur Gewinnung der Nüsse werden besondere Sorten mit sehr dünner, zerbrechlicher Schale gezogen, entsprechend den als Butternüsse bezeichneten, weichschaligen Walnüssen und den weichschaligen Bruchmandeln. So gewährt der berühmte Pinienwald bei Ravenna, die Pineta, den Bewohnern reichlichen Gewinn durch die überallhin nach Italien verschickten Samen, trotzdem die Bestände durch den kalten Winter 1879–80 und durch einen Waldbrand stark gelitten haben. Sie sind ziemlich groß, schmecken wie Mandeln und werden roh zu allerlei Speisen und in Zucker eingemacht gegessen, auch zur Darstellung eines fetten süßen Öles benutzt. Sie bilden auch für Griechenland, besonders den Peloponnes, einen nicht unwichtigen Ausfuhrartikel. Schon der Grieche Athenaios (um 200 n. Chr.) in Alexandrien erwähnt die Ausfuhr der Piniennüsse von dort nach Ägypten. Dioskurides sagt von ihnen: „Die Samen der Pinien (pítys) und Kiefern (peúkē) werden pityís genannt. Sie befördern die Verdauung und erwärmen etwas, sind auch für sich oder mit Honig gegen Husten und Brustübel nützlich.“ Sein Zeitgenosse Plinius unterscheidet 4 Sorten der Piniennüsse (pinea nux), deren eine, „die tarentinische, eine so dünne Schale besitzt, daß man sie zwischen den Fingern zerbrechen kann. Sie werden deshalb oft schon am Baume von den Vögeln gefressen.“ Er bemerkt, daß die Tauriner (die jetzigen Piemontesen) die von der Schwarzkiefer (pinaster = Pinus laricio) stammenden Samen, in Honig gekocht, als treffliches Mittel gegen den Husten in den Handel bringen und meint ferner: „Die Pinienkerne stillen den Durst und helfen gegen Magensäure und Nierenleiden, heilen auch, mit Wasser gekocht, das Blutspucken. Mit Wein oder einer Abkochung von Datteln getrunken, führen sie die Galle ab. Gegen heftigeren Magenschmerz und Nierenübel mischt man Gurkensamen und Portulaksaft hinzu.“ Palladius um 380 n. Chr. sagt: „Die Pinienzapfen können reif oder überreif von den Bäumen genommen werden, doch muß es geschehen, bevor sich die Zapfen öffnen. Die Kerne lassen sich nur dann aufbewahren, wenn sie gut gereinigt und getrocknet sind.“ Diese Bemerkung ist ganz richtig. Nur aus den Zapfen genommen und sorgfältig getrocknet lassen sie sich einige Zeit aufbewahren.

[1] Letztere bezeichnet der berühmte griechische Arzt Claudius Galenos (geb. 131 n. Chr. in Pergamon, praktizierte daselbst, dann in Rom, wo er ums Jahr 200 starb) als weich, saftig, süß; von ihnen wachsen die besten Sorten in Syrien bei Jericho.

[2] Diesen Namen erklärt uns später der ums Jahr 200 n. Chr. in Alexandrien und Rom lebende griechische Grammatiker Athenaios aus Naukratis in Ägypten im 14. Buch seines Werkes, Deipnosophistai, indem er schreibt: „Die Datteln, welche jetzt den Namen Nikolaen tragen und aus Syrien kommen, haben diesen Namen dem Kaiser Augustus zu verdanken. Er aß sie nämlich außerordentlich gern, und sie wurden ihm von seinem Freunde Nikolaos, der aus Damaskus stammte, regelmäßig zugeschickt. Dieser Nikolaos war ein stoischer Philosoph und schrieb ein dickes Geschichtswerk.“

Share on Twitter Share on Facebook