XII. Der Tee.

Wie der Kaffee ostafrikanischen Ursprungs, so ist der Tee ostasiatischer Herkunft, und zwar verdanken wir seine Verwendung als Genußmittel dem uralten Volke der Chinesen, das ihn nach dem Berichte alter Chroniken im 3. Jahrhundert unserer Zeitrechnung aus dem Süden erhalten haben soll. Aber erst zu Beginn des 9. Jahrhunderts n. Chr. kam der Teegenuß in China mehr in Aufnahme. Nach Japan wurde er durch einige Priester eingeführt, die ihn in China kennen gelernt hatten; aber erst im 15. Jahrhundert erreichte er in diesem Lande einen größeren Umfang.

Der Teestrauch, dessen dunkelgrüne, lederartige, glänzende Blätter den Ostasiaten den ihnen unentbehrlichen, das Nervensystem anregenden Trank spenden, gehört mit der ihm sehr nahe verwandten Camellia zu den den Myrtengewächsen nahestehenden Ternströmiaceen (nach dem Schweden C. Ternström so genannt, der China durchforschen wollte, aber vor Erreichung seines Zweckes 1745 starb). Er hat seine Heimat im gebirgigen südlichen Asien, wo er außer auf der südchinesischen Insel Hainan in Assam und den südlich davon gelegenen Bergländern noch heute im wilden Zustande gefunden wird. Die Gattung Thea umfaßt 16 in Hinterindien, China und Japan wild wachsende Arten, die man in Eutheen mit gestielten, nickenden Blüten und nicht abfallenden Kelchblättern und Camellien mit ungestielten, aufrechten Blüten und abfallenden Kelchblättern einteilt. Zu letzteren gehört die Thea japonica, die als Zierpflanze bekannte und beliebte Camellie, zu ersteren dagegen die Thea chinensis, deren Blätter uns den chinesischen Tee liefern. Sie kommt in zweierlei Arten vor, die Thea chinensis im engeren Sinne, die, sich selbst überlassen, etwa 7–10 m Höhe erreicht, als Kulturgewächs jedoch zum bequemeren Einsammeln der Blätter kaum 1,5–2 m hoch gehalten wird, und die 10–15 m hohe Thea assamica, die fast doppelt so große, schneller reifende Blätter wie jene besitzt und weniger zur Bildung von Blüten neigt, die — statt wie beim chinesischen Teestrauch zu 2–5 Stück — einzeln aus den Blattwinkeln hervorbrechen. Letztere beansprucht wärmere Lagen und fruchtbareren Boden und verhält sich zum chinesischen Teestrauch wie der liberische Kaffeebaum zum echten arabischen. Beide Pflanzenarten und die davon abgeleiteten Kreuzungsprodukte, deren Blätter aber oft an Aroma minderwertig sind, gedeihen in verschiedenen Klimaten und auf verschiedenem Boden üppig und überdauern sogar ziemlich kalte Winter, vorausgesetzt, daß sie warme Sommer haben, in denen sie ihre Blättermasse reichlich zu entwickeln vermögen. Frost können sie nicht ertragen und haben auch von der Trockenheit zu leiden. Am besten sagt ihnen ein mäßig warmes, feuchtes Klima auf subtropischen Inseln und Küsten, näher am Äquator dagegen in kühlerer Berglage in 1000–2000 m Höhe zu.

Die beiden Teearten sind buschig verzweigte, immergrüne Sträucher mit wechselständigen, kurz gestielten, lanzettförmigen, gekerbten Blättern, die wie die jüngsten Zweigspitzen nur in ihrer Jugend zum Wärmeschutz seidig weiß behaart sind, während sie im entwickelten Zustande kahl und lederartig erscheinen. Aus den Achseln der Blätter treten beim Assamtee einzeln, beim chinesischen aber zu zweien bis fünfen, etwa den Umfang eines Markstücks erreichende, schwach nach Jasmin riechende, weiße Blüten hervor. Die kleinen Kelchblätter wie die Blumenblätter sind in der Sechszahl vorhanden. Die über zweihundert Staubfäden sind am Grunde verwachsen und der behaarte Fruchtknoten umschließt in jedem der Fächer zwei hängende Samenanlagen. Die Frucht ist eine runde, gelbbraun punktierte, dünnwandige, holzige Kapsel, die in drei aufspringenden Fächern je einen kirschkerngroßen, glänzend braunen Samen mit gelblicher Keimgrube birgt.

Der Teestrauch gedeiht am besten in einem feuchtwarmen Klima in sonniger Lage; deshalb werden die Teegärten mit Vorliebe an nach Süden gerichteten Abhängen angelegt, weil sich dann kein Wasser an den Wurzeln der Pflanzen ansammeln kann, was ihrem Wachstum schaden würde. Sie bedürfen keiner Schattenbäume und gedeihen am besten auf lockerem, festem Boden. Nachdem das Erdreich, auf welchem eine Teeplantage angelegt werden soll, durch Pflügen oder Umgraben und Eggen gehörig bearbeitet worden ist, wird es sofort bepflanzt. Ist der Boden sehr mager, so muß er zuvor gedüngt werden, damit er reichen Ertrag liefere; auch muß er ziemlich viel Kalk enthalten. In ihm wird nun die Teepflanze in der Regel durch etwa einjährige Samen, die man in Reihen 1,25 m voneinander entfernt zu zweien oder zu dreien in den Boden legt, gewonnen. Der Samen keimt unter günstigen Umständen nach fünf bis sechs Wochen und ein paar Wochen später kann man schon Pflanzen von 10 cm Höhe haben. Weniger empfehlenswert ist die Anzucht in besonderen Saatbeeten, da die Wurzeln der jungen Pflänzchen außerordentlich empfindlich sind und beim Überführen in die definitiven Standorte fast immer leiden, wodurch nicht unerhebliche Ausfälle entstehen. Dabei legt man, um den Boden auszunützen, in den ersten zwei oder drei Jahren Zwischenpflanzungen, am besten von Mais, an, welche auch für genügende Beschattung der jungen Teepflanzen sorgen.

Weil es dem Teestrauch ein Bedürfnis ist, dem Wind freien Durchtritt zu gewähren, läßt man zwischen den einzelnen Exemplaren einen gewissen Abstand; auch läßt man ihn nicht hoch aufschießen, sondern beschneidet ihn immer wieder rücksichtslos, wie wir dies mit unseren Hecken tun, damit er reichlich Seitenschosse erzeuge und zum dichten Busch werde. Wenn der Teestrauch drei Jahre alt geworden ist, kann mit dem Pflücken der Blätter begonnen werden. Gewöhnlich erntet man dieselben in China dreimal im Jahre. Zuerst, Anfang März bis Mitte April, unmittelbar vor der Regenzeit, pflückt man die ersten Frühlingsblätter, aus denen der feinste Tee gewonnen wird. Nach der Regenzeit, Ende Mai oder Anfang Juni, folgt die zweite, die sogenannte große Ernte, die qualitativ die bedeutendste ist und zum großen Teil ins Ausland gesendet wird, aber an Feinheit des Aromas der ersten Ernte nachsteht. Die dritte Ernte, Ende Juli oder Anfangs August, ist wegen der groben, wenig aromatischen Blätter recht minderwertig und wird daher in vielen Gegenden gänzlich unterlassen, da die Erhaltung der betreffenden Blätter für das Gedeihen des Strauches und somit auch für die Güte der ersten Ernte des nächsten Jahres von großer Bedeutung ist.

In der Regenzeit wird alles Pflücken der Blätter vermieden, weil es für die Qualität des Tees nachteilig ist, solche zu pflücken, die vom Regen naß sind; der Tee schmeckt nämlich dann flau. Auch das Äußere des Tees wird durch die Feuchtigkeit benachteiligt, da feuchte Blätter sich bei der Bearbeitung zu mehreren zusammenzurollen pflegen und dann nur mit großer Mühe auseinandergebracht werden können. Früh morgens, wenn der Tau der Nacht verdunstet ist, beginnt man mit dem Pflücken der Blätter und fährt damit fort, bis man eine zur betreffenden Tagesverarbeitung genügende Menge hat. Dabei müssen die Blätter vor ihrer vollen Entwicklung geerntet werden, wenn sie eben im Begriffe sind, die Blattflächen auseinanderzurollen.

Wenn auch der Teestrauch bereits im Alter von drei bis fünf Jahren beginnt, Erträge zu liefern, so erhält man erst vom zehnten Jahre an Vollernten von 1 kg und mehr jährlich pro Strauch. Aber um diese Zeit werden die Blätter oft schon groß und minderwertig, so daß man sich, wie bei der Kultur der Rebe, damit behilft, den Strauch stark bis auf einen oder wenige Zweige zu beschneiden, damit sich reichlich junge Schosse bilden. Aber die Blätter dieser letzteren erreichen nie die Güte, welche die ersten besaßen, so daß man es vorzieht, die Bäumchen bereits nach dem zehnten Jahre zu entfernen und neue Aussaaten vorzunehmen, wie dies z. B. auf Ceylon überall zu geschehen pflegt.

Je jünger und zarter die geernteten Blätter sind, desto besseren Tee liefern sie; doch ist erst in den ganz ausgewachsenen Blättern der Höchstgehalt an Teeïn, das mit dem Koffeïn identisch ist, und den übrigen, dem Tee seinen Wert verleihenden Substanzen, erreicht. Diese sind im mittleren Blattgewebe enthalten. Auf einen Hektar Teepflanzung rechnet man durchschnittlich eine Ernte von 3000 kg Teeblättern jährlich. Aber auf den besten Teepflanzungen erntet man bis 10000 kg pro Jahr. Beim Pflücken der Blätter, das meist Frauen und Kinder besorgen, wird peinlichste Sauberkeit beobachtet. Die Pflückerinnen müssen täglich baden und sich getrockneter Fische und anderer stark riechender Speisen enthalten. Ja, die feinste Sorte aus den zartesten Blättern der ersten Ernte, die in China den Kaiser- oder Blumentee liefern, der kaum je in den Handel gelangt und vom Hofe selbst, der ihn mit 600 Mark das kg bezahlt, aufgekauft wird, pflückt man sogar mit Handschuhen. Damit beide Hände frei bleiben, tragen die Pflückerinnen an einer Schnur um den Hals gehängt ein Körbchen auf der Brust, ziehen mit der Linken einen Zweig an sich und brechen mit der Rechten die Blätter am Stiel ab. Eine Person vermag täglich 6–7 kg Blätter einzusammeln, die dann nach der Zubereitung zu Tee 75 Prozent ihres Gewichts verlieren, so daß also 4 kg frische Blätter 1 kg Tee liefern.

Je nach der weiteren Bearbeitung erhält man nun zwei ganz verschiedene Sorten, den schwarzen und den grünen Tee, die durchaus nicht, wie man früher glaubte, von verschiedenen Pflanzen, sondern von derselben stammen, nur durch verschiedene Behandlung der Blätter erzielt werden. Der grüne Tee, wie ihn die Ostasiaten lieben, weil er infolge weit geringerer Zersetzung kräftiger auf die Nerven als der von uns bevorzugte schwarze Tee wirkt, wird in der Weise gewonnen, daß die Blätter unmittelbar nach dem Einbringen „gedämpft“ werden, damit sie ihre Farbe behalten, und schließlich eine Röstung erfahren. Zu diesem Zwecke werden sie in Hürden aus Bambusstäben über Kessel mit dampfendem Wasser gehalten oder in tiefen Pfannen bei starker Hitze in ihrem eigenen Safte gedämpft, wobei sie unausgesetzt mit Stöcken rasch umgerührt werden, bis sie beginnen rote Ränder zu zeigen. Dann werden sie wie beim schwarzen Tee, nur in schnellerer Aufeinanderfolge, mit den Händen gerollt und über Feuer geröstet. Durch dieses rasche Trocknen wird dem Gerbstoff in den Blättern keine Zeit zum Oxydieren gelassen, während gleichzeitig auch einer späteren chemischen Zersetzung in der Masse vorgebeugt wird. Zum Schluß werden sie, nachdem man ihnen noch die gewünschte blaugrüne Farbe, die nicht jeder Tee annimmt, durch Bestäuben mit einer Mischung von Indigo, Curcuma und Gips verliehen hat, vermittelst Sieben sortiert und die Ware nach nochmaligem Rösten noch warm in mit Stanniol gefütterte Kisten verpackt.

Der schwarze Tee, der weitaus die Hauptmenge des Fabrikats ausmacht, da er vorzugsweise zum Export gelangt, wird ganz anders behandelt. Zunächst läßt man die Blätter auf flachen Bambushürden 24 Stunden und länger welken, wobei die Blätter unter allerlei chemischen Veränderungen, die vorzugsweise in einem Freiwerden des Teeïns aus seiner gerbsauren Verbindung und in einer Zunahme von löslichen Stickstoffverbindungen bestehen, etwa 20–28 Prozent ihres Gewichtes verlieren. Durch dieses Welken werden die Blätter zugleich für die weitere Bearbeitung geeigneter gemacht. Da sie gerollt werden sollen, wird dadurch das Austreten des Saftes bei jenem Prozesse vermindert und bewirkt, daß sie sich später leichter rollen lassen und dabei weniger leicht zerbrechen. Unmittelbar nach dem Welken werden die Blätter 20–30 Minuten lang auf Rolltischen mit den Händen gerollt. Die so entstandenen Ballen werden auseinander gelöst, auf geflochtenen Tellern ausgebreitet und mit feuchten Tüchern bedeckt, um das Austrocknen zu verhüten und die Temperatur in der leicht gärenden Masse niedrig zu halten. Diese Gärung findet durch ausschließlich im Teeblatte selbst enthaltene Fermente statt, wobei durch das Freiwerden eines ätherischen Öles das Aroma entsteht. Nach zwei bis drei Stunden ist dieser Prozeß abgelaufen und dann hat sich die Blattmasse rotbraun verfärbt. Nun werden die Blätter nochmals gerollt und danach getrocknet. Dieser letztere Prozeß soll möglichst zuerst in der Sonne und dann in Trockenmaschinen bei 100°C. geschehen. Danach folgt das durch Frauen besorgte Verlesen oder das Sortieren durch Maschinen. Schließlich wird der Tee nochmals in offenen Sieben über hellem Kohlenfeuer gut getrocknet und erwärmt, um die absolute Luftfeuchtigkeit in der Verpackung, welche beim Transport zur Schimmelbildung führen würde, zu vermindern, sorgfältig in große, innen mit Stanniol ausgekleidete Kisten verpackt und dann verlötet, damit er sein feines Aroma möglichst unverändert behalte. Wie bei der Verpackung ist auch bei der Aufbewahrung des Tees darauf zu achten, daß nicht riechende Stoffe in der Nähe sind und die Ware nicht der Luft, dem Lichte und der Feuchtigkeit ausgesetzt ist. Übrigens wird nur den besseren Teesorten eine solch sorgfältige Behandlung zuteil. Für den Verbrauch im Inlande werden die geringwertigen Blätter einfach an der Sonne getrocknet und mit gefurchten Steinen gerollt. Der so gewonnene Tee hat ein angenehmes Aroma, eine rötliche Farbe und einen süßlichen Geschmack, hält sich aber nicht lang.

China erzeugt sowohl schwarzen wie grünen Tee in großen Mengen, während Japan nur grünen, Ceylon und Java nur schwarzen, Indien nur wenig grünen Tee (für die mittelasiatischen Länder) produziert und nach Europa und Amerika fast nur schwarzen Tee verschifft. Die besseren Sorten des bei uns wenig beliebten grünen chinesischen Tees — von den Chinesen Lo-tscha genannt — sind: der Kaiser- oder Blumentee, der aus etwas größeren Blättern der ersten Ernte zu ziemlich großen Körnchen gerollt wird; er wird vom kaiserlichen Hofhalt, den Mandarinen und reichen Chinesen verbraucht. Dann der Chu-tscha oder Perltee, der aus den Blättern der Knospen der ersten Ernte zu ganz feinen Körnern gerollt wird; er wird aus Ning-po und Schang-hai besonders nach den Vereinigten Staaten und Marokko ausgeführt, wo vielfach wie in Ostasien der grüne chinesische Tee dem schwarzen bevorzugt wird. Drittens der Hei-son, d. h. blühender Frühling, der aus den gekräuselten Blättern der ersten Ernte gerollt und in zwei Qualitäten hergestellt wird. Aus den Abfällen dieser Sorten wird endlich ein Twan-kai genannter Ausschußtee hergestellt.

Tafel 61.

Singhalesin auf Ceylon beim Pflücken der Teeblätter, die sie hinter sich in den Korb wirft.


GRÖSSERES BILD

Tafel 62.

Singhalesinnen auf Ceylon beim Pflücken der Teeblätter unter Aufsicht eines sich mit Schirm gegen die Sonnenstrahlen schützenden Aufsehers.


GRÖSSERES BILD

Tafel 63.

Singhalesinnen auf Ceylon, die von ihnen gepflückten Teeblätter nach der Qualität verlesend.


GRÖSSERES BILD

Tafel 64.

Das Trocknen der Teeblätter auf Hürden in Ceylon.


GRÖSSERES BILD

Der schwarze Tee Chinas wird in die beiden Gruppen Oolong und Bohea geschieden. Oolong bedeutet grüner Drache; dieser Name rührt daher, weil er von vielen gelblichgrünen Blättern durchsetzt ist. Die Oolongs geben einen kräftigeren Aufguß von mehr gelber Farbe als die Boheas, die wirklichen schwarzen Teesorten Chinas, die einen dunklen, schwächeren Aufguß geben. Sie werden in fünf Sorten geschieden: Die feinste Sorte wird von den Engländern caper, von den Chinesen aber He-chu-tscha, d. h. schwarzer Perlentee, genannt. Sie ist rötlichschwarz, glänzend und besteht aus zu Perlen gerollten Blättern und gibt einen dunkelrötlichen Aufguß von reichem Aroma. Dann folgt als noch sehr feine Qualität der Peko (eigentlich pak-ho, d. h. weißer Flaum), der aus den zarten, gegen die Spitze hin mit weißen, seidigen Haaren bedeckten Knospenblättern und frisch entfalteten Blättern meist der ersten Ernte hergestellt wird. Die reichlich bei der Herstellung dieses Tees abfallenden Haare geben mit behaarten jungen Knospenteilen und älteren Blättern vermengt die Pekoblüten. Der Souchong (eigentlich sou-tschong, d. i. kleine Sorte) wird aus den kleinen Knospenblättern der zweiten Ernte gebildet, während der Pouchong (pau-tschong, d. h. gefaltete Sorte) aus den gefalteten mittelgroßen Blättern der zweiten Ernte besteht. Der viel Zeit für die Zubereitung erfordernde Congou (eigentlich kong-fo, d. h. mühevolle Sorte) — von den Chinesen meist nur hung-tscha, d. h. roter Tee genannt — besteht aus den 3–8 cm langen, 1–3 cm breiten Blättern der zweiten Ernte. Von ihm werden noch zwei besondere Sorten unterschieden, nämlich der Karawanentee, der meist nach Rußland exportiert wird, und der Kaisow-Congou mit kleinen, feingekräuselten Blättern, der vielfach von Kennern für die beste aller Teesorten angesehen wird.

Da in Japan die Ernte fast ununterbrochen stattfindet, treten in dem vom grünen chinesischen und indischen weit an Güte übertroffenen japanischen Tee keine so wesentlichen Unterschiede in der Zusammensetzung je nach den einzelnen Ernten wie in China hervor. Nichtsdestoweniger unterscheidet man Peko, welcher die kleinsten, Souchong, welcher die mittleren, und Congou, welcher die größten Blätter enthält. In seinen feinsten Sorten Uji, Kioto und Ogura wird der japanische Tee in der Provinz Yamaschiro erzeugt. Die in den benachbarten Landschaften Omi und Tamba gebauten Teesorten sind geringwertiger, werden aber in den größten Mengen auf den Markt gebracht. Der japanische Tee gibt einen hellfarbigen Aufguß von eigentümlichem, reichem Geschmack und wirkt kräftig auf das Nervensystem.

Wie der Chinese den grünen Tee zur Erzielung der gewünschten schönen blaßgrünen Farbe färbt, so parfümiert er sowohl den grünen, als auch den schwarzen Tee durch vorübergehenden Zusatz wohlriechender Blumen, um ihn so für den europäischen Konsumenten angenehmer zu gestalten. Die zu letzterem Zwecke am meisten gebrauchten Blüten sind diejenigen von Jasmin, Orangen, Nelken, Rosen, der Gardenie, der wohlriechenden Aglaia, von Illicium amsatum, Magnolia fuscata, Chloranthus conspicuus und besonders diejenigen des wohlriechenden Ölbaums (Olea fragrans); ferner werden die Wurzeln von Iris florentina und das Öl von Bixa orellana dazu verwendet. In Indien und Ceylon ist solches Parfümieren des Tees verpönt. Und in der Tat, wer sich erst an den Geschmack unparfümierten, reinen Tees gewöhnt hat, dem widersteht der apothekenhafte Geschmack dessen, was als chinesischer Tee den Europäern aufgetischt wird.

Neben diesen beiden Hauptsorten, dem grünen und schwarzen Tee, gibt es noch verschiedene andere, so besonders den für die Nomaden der Mongolei, die Tibeter und Mongolenstämme Sibiriens und Rußlands, wie die Kalmücken, zu einem eigentlichen Volksgetränk gewordenen und daher als beliebtestes Tauschmittel dienenden Backstein- oder Ziegeltee. Er wird aus Abfällen geringer Sorten, aus älteren, lederartigen Teeblättern und anderen Blättern, namentlich von Weiden, mit Hilfe von Reiswasser und Serum von Ochsen- und Schafblut zu viereckigen, länglichen Tafeln von gegen 2 kg Gewicht zusammengepreßt und dann in Öfen oder an der Luft getrocknet. Dieser Backsteintee macht auch das schlechteste Wasser der Steppen trinkbar und wird vom Kaiser von China seinen mongolischen Truppen als Sold verabreicht. Er muß beim Gebrauch mit einem Hackmesser auseinandergeschlagen, in einem Holzmörser zerstampft und darauf in Wasser gekocht werden, bis er auseinanderfällt und weich genug ist, um mit Zusatz von meist ranziger Schaf- oder Ziegenbutter und Salz weniger als Getränk, denn eine Art Gemüse, samba genannt, verzehrt zu werden.

Das Teetrinken ist in China und Japan eine in allen Volksschichten gleichmäßig verbreitete Sitte, die mit Kunst zu üben den Knaben und Mädchen durch besondere Lehrer gelehrt wird, wie unsere Kinder etwa Tanzunterricht erhalten. Man brüht den Tee dort in kleinen, irdenen Töpfen an, die desto wertvoller sind, je länger sie im Gebrauche stehen und je mehr Absatz sich im Innern des Gefäßes niedergeschlagen hat. Der Tee wird stets warm in kleinen Täßchen ohne Zucker und Milch getrunken. Bestellt man in jenen Ländern in einem Teehaus, die dort die Rolle unserer Wirtshäuser spielen, Tee, so wird in der Regel kein Teetopf benutzt, sondern der Tee wird einfach in den Tassen abgebrüht, während ein schüsselförmiger durchlochter Deckel verhütet, daß die Blätter beim Trinken in den Mund geraten.

Die vornehmen Chinesen pflegen eine durchlöcherte Kapsel aus Silber oder Gold an einer kleinen Kette aus demselben Metall bei sich zu führen, mit dem sie sich den Tee selbst bereiten, indem sie, falls ihnen die Lust zu einem derartigen Genuß ankommt, die Kapsel mit Tee füllen, und sie einige Minuten in eine Tasse mit heißem Wasser halten.

Während die Chinesen und Japaner einen sehr schwachen Teeaufguß trinken, lieben ihn die Engländer sehr stark und bevorzugen dabei ihren Ceylontee. Weniger stark lieben ihn die Russen, bei denen er ebenfalls zum eigentlichen Nationalgetränk wurde. Die ärmeren Klassen der russischen Bevölkerung trinken den ganzen Tag hindurch Tee, aber sehr stark verdünnt. In jedem Hause brodelt das Wasser im Samowar, einem meist urnenförmig gestalteten, gewöhnlich durch glühende Kohlen geheizten Kessel, dessen Wasser ausschließlich zur Teebereitung verwendet wird. Man nimmt dafür nur wenig Teeblätter und gießt immer wieder heißes Wasser auf die schon ausgelaugten Teeblätter.

In den hohen Gesellschaftskreisen Rußlands wird wohl — mit Ausnahme derjenigen von China und Japan — der beste Tee getrunken, den es gibt, und zwar gewöhnlich ohne Zucker und Milch, dafür aber mit Zusatz von einer Zitronenscheibe oder einigen Tropfen Zitronensaft, wodurch das Aroma verstärkt werden soll. Nur die von Viehzucht lebenden Tataren kochen ihn mit Milch unter Hinzufügen von etwas Salz. Im Norden von Europa, wie in Deutschland und Frankreich, pflegt man vielfach etwas Rum in den Tee zu tun. So dient er vor allem zur Bereitung des Punsches. Das Wort Punsch stammt aus dem Indischen und bedeutet ursprünglich das Zahlwort pandsch, d. h. fünf (z. B. in der wohlbekannten Bezeichnung Pandschab, d. h. Fünfstromland enthalten), weil in dieses Getränk fünf Bestandteile eintreten, nämlich Wasser, Zucker, Tee, Rum und Zitronensaft.

Der von China, Ceylon oder sonstwoher importierte Tee wird stets von den großen europäischen Importfirmen je nach dem Geschmacke der betreffenden Abnehmer und Konsumenten gemischt. Durch eine solche Vermischung verschiedener Sorten wird eine Ergänzung der Eigenschaften derselben bewirkt und kann so besser jede persönliche Geschmacksliebhaberei befriedigt werden, und zwar bei gleichzeitiger Verbilligung infolge des Zusetzens leichter Sorten zu schweren. Durch solche Vermischungen, die von den großen Teeimportfirmen als Geschäftsgeheimnis sorgfältig gehütet werden, erhält das Publikum ein billigeres und zugleich ein ihm besser zusagendes Getränk, als wenn es eine reine Sorte genösse. In letzterem Falle müßte es, um einen wirklich guten Tee zu bekommen, eine feine, teure Qualität verwenden, die es jedoch so zu nehmen hätte, wie sie gerade ist, auch wenn ihr diese oder jene Unvollkommenheit anhaftete. Die Vermischung muß stets bei trockenem Wetter vorgenommen werden, und danach hat der Tee mindestens 10 Tage unberührt zu lagern, bis er seine guten Eigenschaften erlangt hat. Übrigens wird auch der Kaffee in ähnlicher Weise vermischt in den Handel gebracht, wobei jedes größere Geschäft seine bei den Kunden als beliebt erprobte Zusammensetzung vornimmt.

Was den Teekonsum der Völker Europas anbetrifft, so steht England weitaus an der Spitze mit gegen 3 kg pro Jahr und Kopf der Bevölkerung, dann folgen Holland — das daneben noch viel Kaffee verbraucht — mit 0,6 kg und Rußland mit 0,5 kg. Weit weniger als diese verbrauchen die Schweiz, nämlich 100 g, Deutschland 50 g und Frankreich nur 20 g, ebenfalls pro Jahr und Kopf der Bevölkerung. Die Franzosen trinken dafür als Frühstücksgetränk viel Schokolade, die in den letzten Jahrzehnten in Paris geradezu ein Volksgetränk wurde. Doch erfreut sich seit der letzten Weltausstellung auch der Tee in Paris zunehmender Beliebtheit.

Daß dieser letztere zum Lieblingsgetränk so vieler Nationen geworden ist, verdankt er seinem Gehalt an einem ätherischen brenzlichen Öle, das ihm das angenehme Aroma verleiht, und zwei Alkaloiden, die in gleicher Weise wie jenes das Nervensystem angenehm anregen. Das dem Tee seinen spezifischen Geruch verleihende ätherische Öl ist zitronengelb, abscheidbar, erstarrt leicht, schwimmt auf dem Wasser und regt, in reinem Zustande genossen, ungeheuer auf und verursacht in großen Gaben selbst den Tod. Da es aber im grünen Tee nur zu 1 Prozent, im schwarzen sogar nur ½ Prozent enthalten ist und seine Wirkung außerdem durch die Gerbsäure herabgesetzt wird, so wirkt es bei mäßigem Genusse des Tees bloß anregend und belebend auf das Nervensystem, erzeugt aber im Übermaß Aufgeregtheit, Schlaflosigkeit und Eingenommenheit des Kopfes. Ebenso wirkt das mit dem Koffeïn identische Alkaloid Teeïn von bitterem Geschmack, das zu 0,8 bis 4,5 Prozent neben dem ihm sehr nahe verwandten Theophyllin darin enthalten ist. Die Gerbsäure aber, die im Tee zu 10–25 Prozent enthalten ist, verleiht ihm einen herben, zusammenziehenden Geschmack und wirkt leicht stopfend auf die Gedärme. Beim Erkalten des Teeaufgusses bewirkt die Ausscheidung von Gerbsäure eine Trübung desselben. Damit nun der Tee nicht bitter werde, darf das heiße Wasser nicht zu lange mit den Blättern in Berührung bleiben. Nach längstens 10 Minuten sind die erwünschten Bestandteile der Teeblätter extrahiert und dann soll die dieselben bergende Kapsel aus dem Aufguß entfernt werden.

Der angenehme Geschmack des Teeaufgusses wird durch das richtige Verhältnis aller dieser Bestandteile zueinander bestimmt, und dieses Verhältnis hängt ganz davon ab, wie das heiße Wasser verwendet wird. Die Chinesen als die ersten Teekenner der Welt legen so großes Gewicht auf die richtige Zubereitung dieses Getränkes, daß ausführliche wissenschaftliche Werke darüber existieren. Über die Herstellung dieses Getränkes sagt der chinesische Kaiser Kien-long in einem Gedicht: „Setze über ein mäßiges Feuer ein Gefäß mit drei Füßen, dessen Farbe und Form darauf deuten, daß es schon lange im Gebrauch ist. Fülle es mit klarem Wasser von geschmolzenem Schnee. Laß dieses Wasser bis zu dem Grade erwärmt werden, bei welchem der Fisch weiß und der Krebs rot wird. Gieße dieses Wasser in eine Tasse auf feine Blätter einer ausgewählten Teesorte, lasse es etwas stehen, bis die ersten Dämpfe, welche eine dicke Wolke bilden, sich allmählich vermindern und nur leichte Nebel auf der Oberfläche schweben. Trinke alsdann langsam diesen köstlichen Trank, und du wirst kräftig gegen die fünf Sorgen werden, welche gewöhnlich unser Gemüt beunruhigen. Man kann die süße Ruhe, welche man einem so zubereiteten Getränke verdankt, schmecken, fühlen, jedoch nicht beschreiben.“

Um einen guten Tee zu bereiten, muß das zum Anbrühen des Tees zu verwendende Wasser weich sein, d. h. möglichst wenig Kalksalze enthalten. Ist es hart, so muß ihm doppeltkohlensaures Natron, und zwar eine Messerspitze voll pro Liter, zugesetzt werden. Das Wasser soll kochen, aber nur ganz kurze Zeit, da es sonst schal wird. Bereits gekochtes Wasser darf nicht ein zweites Mal gekocht und zum Teeaufguß verwendet werden, da dann alle Gase aus ihm entwichen sind, die das Aroma des Tees gut binden oder festhalten. Die Zubereitung muß in einem Gefäß aus Porzellan oder gebranntem Ton vor sich gehen und darf niemals in einem solchen aus Eisen geschehen, da die Gerbsäure das letztere angreift. Das Gefäß wird vorher erwärmt, indem man es mit ein wenig des eben zu sieden beginnenden Wassers ausspült, bevor man die Teeblätter in einer Aluminium- oder Nickelkapsel hineintut, wenn man nicht vorzieht, das an den in den Handel gelangenden chinesischen und japanischen Teetöpfen befindliche Porzellan- oder Tonfilter zu benutzen, das gleich nach dem Ausschänken der ersten Portion die Blätter zurückhält und aus der Flüssigkeit heraushebt. 5–8 Minuten nach der Hinzufügung des frisch siedenden Wassers wird die Kapsel mit den Teeblättern herausgezogen. Indischer Tee darf nicht länger als 5 Minuten ziehen, da er sonst widerlich bitter schmeckt. Feinschmecker lassen den Tee sogar nur 3 Minuten ziehen, und das ist durchaus genügend, um die wertvollen Bestandteile des Tees aus den Blättern zu extrahieren. Läßt man die Teeblätter zu lange im Aufguß, so wird der Tee durchaus verdorben, indem er sich durch einen Überschuß von Gerbsäure und Gummi dunkel färbt, unangenehm bitter wird und nicht nur an Aroma und Milde, sondern auch an Bekömmlichkeit stark Einbuße erleidet. Durch zu langes Ausziehenlassen der Teeblätter erhält man statt eines wohlschmeckenden, erquickenden Getränkes eine unschmackhafte, durch den reichen Gerbsäuregehalt bittere und den Verdauungsorganen nachteilige Brühe. Richtig zubereiteter Tee darf nicht zu dunkel, sondern muß hellbraun sein mit sanftem, an Rosenduft erinnerndem Aroma. Um diesen würzigen Duft zu kosten, darf er nicht durch Beifügen von Vanille verdeckt werden, was entschieden als eine Geschmacksverirrung zu bezeichnen ist. Die meisten Teeliebhaber trinken dunkeln, meist zu lange an den Blättern gelassenen Tee mit viel Zucker und Milch. Da ihm die brenzlichen, aromatischen Öle des Kaffees, die auf den Magen ungünstig wirken, fehlen, so ist besonders für Personen mit schwachem Magen der Teegenuß entschieden zuträglicher als der Kaffeegenuß. Im übrigen wirkt er ähnlich anregend wie der Kaffeeaufguß auf das Nervensystem, beseitigt die Müdigkeit und üble Laune, bringt ein Gefühl allgemeiner Behaglichkeit und Heiterkeit des Geistes hervor und unterdrückt eine leichte Berauschung und Schläfrigkeit. Die Chinesen sagen von ihm: „Der Tee entfernt das Fett und läßt den Menschen nicht schlafen; er spült Unreinlichkeiten fort, vertreibt Schläfrigkeit, heilt Kopfweh und verhütet es.“

Die Verwendung des Tees als belebendes und anregendes Genußmittel ist in China sehr alt. Eine japanische Sage meldet, daß ein im Jahre 519 von Indien nach China gekommener buddhistischer Priester in frommem Eifer das Gelübde tat, sich des Schlafes zu enthalten, um eine Zeitlang anhaltend zu beten. Da ihn aber der Schlaf dennoch überwältigte, schnitt er sich in heiligem Zorn zur Sühne seine Augenlider ab und warf sie auf die Erde. Da geschah ein Wunder. Aus ihnen erwuchs plötzlich die den Schlaf verscheuchende Teestaude, deren Blätter in ihrer Gestalt und durch einen Besatz von Wimperhaaren die Form der abgeschnittenen Augenlider nachahmen. So sinnig diese Sage auch erscheinen mag, so ist sie schon in der Datierung grundfalsch; denn die Teepflanze ist schon lange vor dem 6. Jahrhundert unserer Zeitrechnung in China als Arznei- und Genußmittel benutzt worden. Bereits im Jahre 2700 v. Chr. erwähnt das Buch Pent-sao den Teestrauch, und 500–600 v. Chr. im „Rya“ desgleichen. Seine Blätter sollen um 150 v. Chr. zuerst zur Herstellung eines als Getränk benutzten Aufgusses verwendet worden sein. Im 4. Jahrhundert n. Chr. hat der Ausleger des letztgenannten Werkes Einzelheiten über die Pflanze und den Gebrauch ihrer Blätter zu Aufgüssen gegeben. Damals soll schon ein chinesischer Minister Tee getrunken haben; aber erst im 6. Jahrhundert verschaffte sich der Tee allgemeinen Eingang und wurde in China Nationalgetränk, angeblich nachdem ein Leibarzt des Kaisers seinem Herrn das Kopfweh damit vertrieben hatte. Jedenfalls war die Pflanze ums Jahr 600 n. Chr. in ganz China als Genußmittel angebaut. Seiner Wertschätzung für dieses Getränk soll der chinesische Kaiser Kien-long dadurch Ausdruck gegeben haben, daß er einen von ihm auf einer Jagdpartie gedichteten Lobgesang auf den Tee auf Porzellantassen schreiben ließ, die er zu kaiserlichen Geschenken verwendete. Im Geschichtsbuche Kiang-mo wird gesagt, der Kaiser Te-tsing habe im 14. Jahre seiner Regierung, d. h. 782 n. Chr., einen Zoll auf Tee gelegt. Gegen das Ende des 9. Jahrhunderts berichtet der arabische Reisende Abuzeid-el-Hazen, daß die Steuer auf Tee eine der hauptsächlichsten Einnahmequellen des Kaisers von China sei.

Im Jahre 810 brachten chinesische Priester den Teestrauch nach Japan, wo seine Blätter bald in derselben Weise wie in China zum beliebten Volksgetränk wurden. Von Ostasien aus verbreitete sich die Sitte des Teetrinkens erst im 15. Jahrhundert nach Mittelasien, wo die Tibeter bald große Liebhaber desselben wurden. Die Araber, die seit dem 9. Jahrhundert in Handelsbeziehungen, hauptsächlich Seidenstoffe betreffend, zu den Chinesen standen, beschrieben den Tee zuerst unter der Bezeichnung tscha. Im Chinesischen bedeutet tschai-yé junges Blatt und daraus zusammengezogen tscha = Tee; dieses wird im Dialekt von Kanton wie tschai ausgesprochen. Dieses Wort ist als tsja in die Sprache der Japaner und als tschai in diejenige der Russen und Portugiesen übergegangen. Die bei den übrigen europäischen Völkern gebrauchten Namen Tee, thé, té, tea und das lateinische thea stammen wahrscheinlich von dem im Dialekte Fo-kiens in Südchina üblichen Worte tia, das in A-moy tai und in Fu-tschan ta lautet. Die älteste in Deutschland nachweisbare Bezeichnung für Tee stammt aus dem Jahre 1657 und lautet herba schac.

Die erste Nachricht vom chinesischen Tee als Genußmittel der Ostasiaten soll ums Jahr 1550 durch einen persischen Kaufmann dem Geographen Ramusio in Venedig zu Ohren gekommen sein. Aber wie falsch die Vorstellung der Abendländer von diesem Genußmittel der Ostasiaten war, beweist die Mitteilung des Italieners Giovanni Botero aus dem Jahre 1590, wonach die Chinesen eine Pflanze anbauten, aus der sie ein angenehmes Getränk preßten, das sie an Stelle des Weines tränken. Damit war natürlich der Tee gemeint, aber seine Gewinnung völlig unrichtig geschildert, als Beweis dafür, daß man über seine Herstellung noch völlig im unklaren war. Der Reisende Maffei erwähnt ihn ebenfalls in seiner lateinisch geschriebenen Historie Indiens vom Jahre 1588; aber erst im Jahre 1610 brachten die Holländer in Bantam von chinesischen Kaufleuten gegen Salbeiblätter eingetauschten Tee mit nach Hause. 1638 erhielt eine russische Gesandtschaft in der Mongolei als Gegengeschenk für etliche Zobelfelle einige Pfund Tee, den sie nach ihrer Rückkehr in Moskau nach chinesischer Sitte zubereiten ließ. Damit fand sie ordentlichen Beifall, so daß sich die Reichen noch mehr dieses neuartigen Genußmittels zu verschaffen suchten.

Im Abendlande war der Portugiese Alvarez Semedo, der sich längere Zeit in Makao aufgehalten hatte, der erste, der 1643 den chinesischen Teestrauch beschrieb und über die Zubereitung der Blätter berichtete. 1658 wurde die Pflanze von Piso in seinem Werke über die Naturgeschichte und Medizin beider Indien deutlich erkennbar abgebildet. Im Jahre 1712 gab dann der berühmte Reisende, Arzt und Naturforscher Kämpfer nicht nur eine gute Zeichnung des Teestrauches, sondern auch eine ausführliche Beschreibung der Teefabrikation in China. 1763 erhielt Carl von Linné durch den schwedischen Schiffskapitän Ekeberg lebende Teepflanzen für den botanischen Garten in Upsala und führte die damals schon gebräuchliche Bezeichnung thea in die wissenschaftliche Nomenklatur ein.

Tafel 65.

Zweige des Teestrauches (Thea assamica) mit Blättern, Blüten und Früchten auf Ceylon.


GRÖSSERES BILD

Tafel 66.

Eine Anhäufung von Matezweigen. Im Hintergrund Matebäume (Ilex paraguayensis).


GRÖSSERES BILD

Die erste abendländische Gesellschaft, die dieses neue Genußmittel in Europa einzuführen versuchte, war die holländisch-indische Handelsgesellschaft. Bis zum Jahre 1630 war es ihr auch in ziemlichem Umfange gelungen, den Teegenuß in Holland populär zu machen. Dabei wurde sie ganz wesentlich durch die Lobpreisungen unterstützt, die einige namhafte holländische Ärzte dem daraus bereiteten Getränke zuteil werden ließen. So sollte er die Lebenskraft steigern, das Gedächtnis stärken, alle seelischen Tätigkeiten erhöhen und das Blut in ausgiebigster Weise verdünnen. Gegen Fieber mußte man Dutzende von Tassen desselben trinken, was von sehr guter Wirkung sein sollte.

Von Holland brachten die Lords Albington und Ossiro den Tee im Jahre 1660 zuerst nach England, und ihre Frauen servierten den Gästen dieses neue Getränk und machten es in weiteren Kreisen Londons bekannt. Bald darauf wurde es auch in einigen Londoner Trinkhäusern als fremde Novität ausgeschänkt. Doch war der Tee noch im Jahre 1664 in London etwas so überaus Seltenes, daß die englisch-ostindische Handelsgesellschaft ihrer Königin ein sehr kostbares Geschenk mit zwei Pfund Tee zu machen glaubte. Das Pfund Tee wurde damals in London zum Preise von 65 Livres verkauft, obwohl es in Batavia nur 3–4 Livres kostete. Daraus kann man entnehmen, welch enormen Gewinn die Holländer durch den Import des Tees nach Europa machten.

Trotz dieses hohen Preises und der starken Besteuerung, die auf dem Tee lastete, war das Teetrinken in England ums Jahr 1700 schon allgemein verbreitet, wenn auch gegen diese Neuerung, gleichwie gegen den Genuß von Kaffee und Schokolade von manchen Leuten energisch zu Felde gezogen wurde. So bezeichnete ein französischer Gelehrter, Patin, den Tee als „l’impertinente nouveauté du siècle“, d. h. die unverschämte Neuheit des Jahrhunderts. Nach dem im Jahre 1782 erschienenen Buche von Le Grand d’Aussy über die Geschichte des Privatlebens der Franzosen war nämlich der Tee im Jahre 1636 in Paris bekannt geworden und bald zu Ansehen gelangt, weil ihn der Kanzler Séguier unter seinen besonderen Schutz nahm. In Holland gab man ihm ums Jahr 1670 den Spottnamen „Heuwasser“. Trotz diesen und zahlreichen anderen Angriffen behagte aber doch das neue, zweifellos angenehm schmeckende und anregende Getränk den Vornehmen, die sich dasselbe zu kaufen vermochten, zumal damals auch der Rohrzucker in größerer Menge aus den in den Tropen gelegenen Kolonien in Europa eingeführt wurde und als nötige Würze den Geschmack desselben für die abendländischen Zungen bedeutend verbesserte.

Von Autoren, die den Tee rühmten, sind Molinari 1672, Albino 1684, Pechlin 1684, Blankaert 1686 und Blegna 1697 zu nennen. Der Mann aber, der trotz den zahlreichen Anfeindungen das neue Getränk am nachhaltigsten lobte und am meisten für seine Verbreitung tat, war der im Jahre 1618 zu Alkmar geborene und als Leibarzt des Kurfürsten von Brandenburg im Jahre 1686 verstorbene holländische Arzt Dr. Cornelis Dekker, besser bekannt unter dem Beinamen Bontekoe, der davon herrührte, daß an der elterlichen Wohnung in Alkmar ein mit einer bunten Kuh bemaltes Aushängeschild befestigt war. Dieser danach gewöhnlich als Cornelis Bontekoe bezeichnete Holländer studierte in Leiden und lebte nach beendigtem Studium im Haag, später in Amsterdam, Hamburg und zuletzt in Berlin, wo er als Arzt ständig mit seinen Kollegen in Streit lebte. Nur dem Schutze seines fürstlichen Patienten und Gönners verdankte er seine große Popularität, die auch seinen Werken zuteil wurde. Er war ein Anhänger der Lehre, daß das Blut des Menschen schon zur Vorbeugung, besonders aber bei bereits entstandener Krankheit, verdünnt werden müsse; dazu empfahl er in einer 1667 erschienenen, bald auch ins Französische und Lateinische übersetzten Abhandlung besonders den Genuß von Tee, aber auch von Kaffee und Schokolade. In Deutschland machte er den Tee zuerst ums Jahr 1657 am Hofe des Großen Kurfürsten bekannt. Trotz mancher Übertreibungen und zahlreicher Irrtümer über die Wirkung des Tees, deren sich Bontekoe schuldig machte, ist nicht zu leugnen, daß er mit seiner Propaganda für den Genuß desselben viel Gutes stiftete, sei es auch nur insofern, als ihm das große Verdienst gebührt, als Erster den Kampf gegen den übermäßigen Genuß alkoholhaltiger Getränke, die er durch Tee, Kaffee und Schokolade ersetzt wissen wollte, aufgenommen zu haben. Und obschon Generationen nach ihm dieser Kampf gänzlich ruhte und erst in unserer Zeit mit größerer Energie wieder aufgenommen wurde, ist doch die Arbeit von Cornelis Bontekoe nicht vergeblich gewesen; denn sie legte den Keim zu der glücklicherweise immer weitere Kreise in ihren Bann ziehenden Bewegung, die dahin zielt, geistige Getränke als für das Wohlergehen des einzelnen Menschen wie des ganzen Volkes überaus nachteilige und die größte soziale Gefahr in sich bergende Genußmittel immer mehr zu unterdrücken und durch die viel harmloseren und hygienisch ratsameren Getränke Tee, Kaffee und Schokolade, die durchaus keine so allgemeingefährlichen Gifte wie die alkoholischen Getränke sind, zu ersetzen.

Nach Bontekoe hat der holländische Arzt Dr. Steven Blankaert am nachhaltigsten für die Empfehlung dieses neuen Genußmittels gewirkt. In seinem 1686 erschienenen Werke über den Gebrauch und Mißbrauch des Tees empfiehlt er dieses Getränk sehr, warnt aber zugleich vor dem Übermaß desselben. Daß nun zunächst kein Mißbrauch mit diesem Genußmittel getrieben wurde, dafür sorgte schon der teure Preis, den man dafür bezahlen mußte, solange er das Monopol der holländisch-indischen Handelsgesellschaft war und zudem vom Fiskus hoch besteuert wurde. Der Tee war so teuer als der Kaffee und deshalb nur für die Wohlhabenden erschwinglich. So steht beispielsweise in einer Verordnung der Stadt Nimwegen in Geldern, daß für jedes Pfund rohe Kaffeebohnen eine Abgabe von 8 Stuiver (etwa 60 Pfennigen), für jedes Pfund gebrannte Bohnen oder Kaffeepulver aber 11 Stuiver und Tee sogar ein Gulden an den Pächter der Akzise zu entrichten sei. Die Wirte der Kaffeehäuser, von denen es schon damals eine ganze Anzahl gab, wurden noch stärker besteuert, indem sie für rohen Kaffee 12 und für gebrannten Kaffee oder Kaffeepulver 16 Stuiver bezahlen mußten. Und damit das geliebte Getränk rein zu haben sei, wurden alle Kaffeehändler und Schenker, die den Kaffee verfälschten, mit einer Strafe von 100 Gulden bedroht. Nach Sonnenuntergang durfte kein Kaffee mehr gebrannt werden und das „Stampfen“ und „Präparieren“ des Kaffees durfte nur im Laden geschehen. Kaffeemühlen kannte man damals noch nicht, die Bohnen wurden wie heute noch bei den Arabern in Mörsern zerstampft, und daher kommt es, daß auch wir noch von Kaffeepulver an Stelle von gemahlenem Kaffee sprechen. Ähnliche Bestimmungen wie für den Kaffee gab es für den Tee.

Die Ausfuhr von Kaffee und Tee wurden durch die Verordnung von denselben Bestimmungen betroffen, wie sie heutzutage für den Export von Spirituosen existieren. Kein Händler durfte Kaffee oder Tee aus dem Distrikt des einen Akzisenpächters in den eines anderen bringen, ohne mit einem Schein des Akzisenpächters, aus dessen Distrikt die Ware ausgeführt wurde, versehen zu sein. Dieser Schein mußte außer dem Namen des Exporteurs einen Vermerk über die Menge des Kaffees oder Tees, eine Angabe, womit die Ware möglicherweise vermischt war, ob der Kaffee gebrannt oder ungebrannt war und schließlich die Angabe des Ortes, nach welchem sie ausgeführt werden sollte, enthalten.

Von der Mitte des 17. Jahrhunderts an wurde der chinesische Tee auch in Deutschland zuerst als herba theae in den Apotheken geführt, so 1657 in der Taxe von Nordhausen, 1662 in derjenigen von Liegnitz, 1662 in derjenigen von Ulm. Im 18. Jahrhundert begannen ihn die vornehmeren Leute als Genußmittel zu trinken und erst vom Beginne des 19. Jahrhunderts an bürgerte er sich hier auch beim Mittelstande ein, erlangte aber bei weitem nicht die Popularität des Kaffees. Noch im Jahre 1815 kostete eine Tasse Tee in Paris 1,25 Franken, während eine Tasse Kakao mit 1 Franken und eine Tasse Kaffee mit 80 Centimes bezahlt wurde. Daraus kann man sich einen Begriff über die damals anderwärts bezahlten Preise machen. Diese hohen Preise wurden aber hauptsächlich dadurch bedingt, daß der Fiskus dieses Genußmittel in weitgehendem Maße besteuerte und zu einer ergiebigen Einnahmequelle machte. Durch dieses ungerechtfertigte Vorgehen wurde beim Volke, das an diesem Genußmittel bald Gefallen fand, viel böses Blut erregt. Manchenorts kam es sogar zu Auflehnungen gegen die Regierung. So führte der Unwille gegen die von England auch den Kolonien auferlegte hohe Teesteuer in Nordamerika zum bekannten Teesturm, bei welchem einige kühne Bostoner Bürger am 26. Februar 1773 eine Ladung von 18000 Pfund englischen Tees ins Meer warfen. Diese Revolte war der Ausgangspunkt der Lostrennung des englischen Nordamerika von seinem Mutterlande und der Bildung der Vereinigten Staaten von Nordamerika. So hat Englands kurzsichtige Krämerpolitik ihm damals seine reichste Kolonie entfremdet und der Tee spielte eine geradezu weltgeschichtliche Rolle, wie sie sonst nur wenigen pflanzlichen Erzeugnissen beschieden war.

Bis zur ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts versah China die ganze Welt mit Tee. Heute noch ist China das Land, das die ausgedehntesten Teegärten der Welt besitzt und im Shan-Lande zwischen Birma und Tonking den besten, am chinesischen Hofe gebrauchten Tee hervorbringt. Den Mittelpunkt der Teeproduktion bildet die nördlich von Jün-nan tief im Innern, am Oberlauf des Jang-tse-kiang oder blauen Flusses gelegene, bergige Provinz Sze-tschwan, wo besonders die große Stadt Tschöng-fu den Export betreibt. Dort gedeiht der Teestrauch zwischen 40° und 27° nördlicher Breite meist in Höhenlagen von 500 m und mehr. Außerdem wird er in den Provinzen Kuan-tung, Fu-kian, Kiang-si, Tschi-kiang und Ngan-hui kultiviert, und zwar entweder in zerstreuten Büschen oder in Reihen zwischen den Feldern, besonders Reisfeldern, auf den mehr oder weniger hohen Dämmen. Den durch Samen fortgepflanzten Tee stutzt man im dritten Jahre auf etwa 60 cm und sammelt von da an die neu entwickelten Blätter, um Tee daraus zu bereiten. Von dort ging die Teeausfuhr nach Europa lange Zeit auf dem Landwege über Kiachta und Maimatschin nach Nischni-Nowgorod und St. Petersburg. Noch heute genießt der russische Karawanentee einen hohen Ruf, da er schon wegen der hohen Spesen des weiten Transportes nur aus Blättern von bester Qualität hergestellt wird. Später ging er größtenteils auf dem Seewege nach Europa, gelangt aber seit der Erbauung der transsibirischen Bahn meist wiederum auf dem Landwege dahin.

In Japan trifft man die besten Teeplantagen von 30° bis 25° nördlicher Breite. Die allerbeste Teesorte in Japan liefert die Landschaft Udsi, westlich von Kioto, in der Nähe des Meeres gelegen. Sie ist ausschließlich für die Familie des Kaisers bestimmt und kommt ebensowenig wie der sogenannte chinesische Kaisertee je in die Hände von Europäern.

In den letzten Jahrzehnten ist die Teekultur in die verschiedensten warmen Länder ausgedehnt worden, so zuerst auf Java, wo sie im Jahre 1826 eingeführt wurde, dann 1827 in Bengalen und 1835 in der sieben Jahre zuvor den Birmesen abgenommenen Provinz Assam am Südfuße des Himalaja. Hier hatte der englische Botaniker Bruce die als Thea assamica bezeichnete wilde Teepflanze entdeckt. Das gab die Veranlassung, daß die Regierung 1835 die ersten Teepflanzungen anlegen ließ, die 1839 an die damals gegründete Assam Tea Company abgetreten wurden. Man kultivierte zunächst die einheimische Pflanze, hatte aber erst vom Jahre 1851 an Erfolg, als man dieses an den Schutz des feuchtwarmen Urwaldes gewöhnte Gewächs, das sich als zu zart für die Kultur in offenen Gärten erwies, mit der chinesischen Teepflanze kreuzte. Damit erzielte man so schöne Kulturen, daß ein wildes Spekulationsfieber ausbrach, das 1865 seinen Höhepunkt erreichte. Noch 1888 lieferte Assam zwei Drittel des in Indien erzeugten Tees. Der Assamteestrauch hat größere, statt 12 bis 22 cm lange, außerdem deutlicher zugespitzte Blätter als der chinesische, die der Textur nach dünner und heller sind. Diese werden reichlicher erzeugt und bleiben auch länger weich als diejenigen des chinesischen Teestrauches. Überhaupt ist dieser Wildling noch nicht so abgehärtet wie der schon so lange in Kultur befindliche chinesische Teestrauch, ist besonders gegen Trockenheit und Frost empfindlicher als dieser. Diese nachteiligen Eigenschaften wurden durch die Kreuzung beider zum größten Teile behoben; doch läßt sich noch kein definitives Urteil über deren Wert fällen.

Bald nach der Einführung des Teeanbaus in Assam wurde er auch in den weiter westlich gelegenen Südabhängen des Himalaja, besonders um Dardschiling, dann in den Nilgeris oder Blauen Bergen hinter der Malabarküste und endlich auch in Ceylon eingeführt. 1842 begannen die ersten Versuche der Teekultur in Ceylon; aber erst nach 1873 wurde die Kultur in immer größerem Maße eingeführt als Ersatz des durch die Laubkrankheit des arabischen Kaffeestrauchs zugrunde gerichteten Kaffeebaus. Diese gebirgige, für den Anbau des Teestrauches außerordentlich günstig beschaffene Insel brachte dann in kurzer Zeit mehr Tee auf den europäischen Markt als das doppelt so große Java. Übrigens wird auf Ceylon, wie in ganz Indien und auf Java ausschließlich die widerstandskräftigere Kreuzung der Thea chinensis mit der Thea assamica angepflanzt, der einen recht kräftigen und gehaltvollen Tee liefert; doch erreicht dieser nicht das feine Aroma des chinesischen Tees.

Auch in Brasilien wurden schon im Jahre 1810 in der Gegend von Rio de Janeiro Versuche mit der Teekultur angestellt, aber der Anbau in der Folge wieder aufgegeben, da die Blätter dort entschieden von ihrem Aroma einbüßten und zudem die dortige Bevölkerung dem einheimischen, gleichfalls koffeïnhaltigen Mate oder Paraguaytee den Vorzug gab. Im Jahre 1828 ist dann auch in Kalifornien, 1848 in Südkarolina und Tenessee und 1859 in Australien der Tee probeweise angebaut worden; seine Kultur ist dann aber ebenfalls wegen zunehmender Verschlechterung der hier erzeugten Qualität wieder aufgegeben worden. Bessere Resultate erzielte man in Natal und besonders im Kaukasus, wo sich die russische Regierung viel von der Zukunft dieser Kultur verspricht.

Die Gesamtproduktion von Tee läßt sich nicht schätzen, da China und Japan gewaltige Mengen davon selbst verbrauchen. In den Welthandel gelangen jährlich über 2 Milliarden kg, von denen 760 Millionen kg aus China und Japan, 720 Millionen kg aus Britisch-Indien, 560 Millionen kg aus Ceylon und 5,5 Millionen kg aus Java ausgeführt werden. Noch im Jahre 1820 erhielten Europa und Nordamerika zusammen ausschließlich aus China 16 Millionen kg, von denen ¾ auf England entfielen. Heute konsumiert Deutschland jährlich etwa 4 Millionen kg im Werte von beinahe 8 Millionen Mark. Das macht jährlich pro Kopf ⅙ kg Tee. Wichtigere Konsumenten sind Holland mit ½ kg, dann Rußland mit 1 kg und England mit 2–2½ kg Teeverbrauch pro Kopf und Jahr. Hauptteemarkt Europas ist London, dann folgen Hamburg, Bremen, Marseille und Odessa.

Bild 36. Blätter und Blütenknospen von Ilex paraguayensis, des wichtigsten Mate liefernden Strauches in natürlicher Größe. (Nach Neger und Vanino, Der Paraguay-Tee).

Wie seit langer Zeit die Ostasiaten und neuerdings auch Russen und Engländer ihren Tee außerordentlich lieben, so sind die Einwohner von Paraguay, Argentinien, Südbrasilien, Chile, Peru und Bolivia leidenschaftliche Trinker von Mate, den sie den ganzen Tag über genießen. Mate bedeutet das Gefäß, in welchem der Aufguß der betreffenden Blätter getrunken wird, und dieser Name ging schließlich auf das Getränk selbst, sowie auf die dasselbe liefernde Pflanze über. Die Spanier bezeichnen den Matetee als yerba mate und die Portugiesen als erva mate. Beide Wörter stammen vom lateinischen herba Kraut, und yerba oder erva nennt das Volk gemeinhin den Trank, der vom Ärmsten wie vom Reichsten getrunken und dem Gaste als erster Willkomm dargeboten wird. Förmlich — wie nun einmal der Südamerikaner, ob Indianer oder Abkömmling der spanischen Eroberer ist — wird derselbe nie versäumen, dem Hausherrn ein Kompliment bezüglich der Güte seiner yerba zu machen, und die Gespräche über gute oder weniger gute yerba nehmen oft einen beträchtlichen Raum in der sonst einförmigen Unterhaltung dieser caballeros ein.

Der in seiner Wirkung dem chinesischen Tee ähnliche, wenn auch weniger Koffeïn — nämlich nur 0,5 bis 1 Prozent statt wie jener 1,5–3, ja 4 Prozent zu besitzen — und auch weniger ätherisches Öl enthaltende und etwas herb schmeckende Paraguaytee wird von einer großen, Sträucher bis kleine Bäume bildenden Stechpalmenart (Ilex paraguayensis) ohne stachelspitzig gebuchtete Blätter und zahlreichen nahe damit verwandten Arten gewonnen, die von Südbrasilien durch Paraguay und Uruguay bis zu den Kordilleren Argentiniens in gebirgigen Gegenden wild wachsen. Auf einem kurzen Stamm aus sprödem, leicht faulendem Holz befindet sich eine ziemlich dichte, schön gewölbte Krone von 5 cm langen, lanzettlichen, an den Rändern leicht gezackten, immergrünen Blättern. Aus kleinen, weißlichen, im Oktober und November erscheinenden Zwitterblüten, die aber durch Abort auf verschiedenen Pflanzen zweihäusig sich entwickeln, so daß die einen nur weibliche Stempelblüten, die anderen nur männliche Staubgefäßblüten tragen, bilden sich dunkelviolette Kapseln, welche die sehr harten Samenkerne enthalten. Die Matebäume treten einzeln und in Gruppen, untermischt mit subtropischen und tropischen Gewächsen auf. Von den als „mineros“ bezeichneten Arbeitern, vielfach Indianern, werden die wildwachsenden Bäume beschnitten, indem sie erst größere Äste und von diesen die Zweige abhauen, die dann mit den daran befindlichen Blättern durch Ziehen durch ein nicht rauchendes Feuer zum Welken gebracht werden, worauf man sie auf einem hölzernen Gerüst über einem mäßigen Feuer röstet. Dann bleiben sie eine kurze Zeit auf einem Haufen liegen, um zu schwitzen, d. h. fermentieren. Hierauf werden sie nochmals in Schuppen schnell über Feuer getrocknet, bis selbst die Zweige dürr geworden sind. Endlich werden sie auf einer Tenne ausgebreitet, die Blätter abgestreift und in Holzmörsern zerstampft, neuerdings aber in eigenen Yerbamühlen zwischen Walzen zerkleinert und liefern so den in Segeltuchsäcken oder Lederballen in den Handel gelangenden Matetee. Aufgüsse desselben werden nicht nur in den Gegenden, in denen der Strauch vorkommt, sondern auch in Chile, Peru und Bolivia als Nationalgetränk von jedermann täglich genossen. Dies geschieht in der Weise, daß man auf die nie verlöschende Glut des Herdes schnell einige Zweige oder in manchen sehr holzarmen Gegenden trockene Fladen von Lamaexkrementen oder polsterförmige Klumpen einer Llareta genannten Umbellifere legt und darüber ein Gefäß mit Wasser erhitzt. So viel pulverisierte Mateblätter als man zwischen zwei Fingern halten kann, werden in eine mate genannten Kalabasse — eine ausgehöhlte Kürbisschale von eigentümlicher Gestalt — getan, heißes Wasser darauf gegossen und möglichst heiß getrunken, indem man den Aufguß ohne Zuckerzusatz mit einem bombilla genannten, unten blasenförmig erweiterten, rings geschlossenen, siebartig durchbrochenen Röhrchen, meist aus Silber, aufsaugt. Dadurch wird wie beim chinesischen Tee das Nervensystem angenehm angeregt. Fortgesetzter unmäßiger Genuß des Mate soll Magenreizung und Nervenzerrüttung herbeiführen. Gewöhnlich gießt man den ersten Aufguß, der wohl infolge der Zubereitung der Mateblätter am Feuer etwas rauchig schmeckt, nach kurzem Verweilen an den Blättern weg und kann dann durch Nachfüllen mit Wasser dieselbe Portion wenigstens dreimal ausziehen lassen.

Bild 37. a das bombilla genannte Saugrohr, das in das Gefäß b, die calabaza, gesteckt wird, um den Mate zu schlürfen.
(Nach Neger und Vanino, Der Paraguay-Tee.)

Schon die vorgeschichtlichen Peruaner liebten den Mate und gaben ihren Toten als Speise im Geisterreich Mateblätter mit, die sich ziemlich häufig in den Gräbern des Totenfeldes von Ancon in Peru als Grabbeigabe vorfinden. Zur Zeit der spanischen Eroberung war er außer bei den peruanischen Inkastämmen, von denen das Gräberfeld von Ancon herrührt, auch bei den Guaranis und anderen Indianerstämmen in hohem Ansehen. Es ist dies ein Beweis dafür, welch weitreichender Tauschverkehr unter den Indianerstämmen Südamerikas schon lange vor der Ankunft der Europäer bestand; denn der Matestrauch hat seine Heimat nur in den Niederungen im Bereiche des La Platastromes und seine Blätter wurden von dort über die hohen, beschwerlichen Andenpässe nach Peru, Chile und Bolivia auf viele Tausende von Kilometern Entfernung als geschätzte Tauschware transportiert. Zur Zeit der theokratisch-patriarchalischen Jesuitenherrschaft in Paraguay von 1608–1768 übernahmen die weißen Patres von ihren Schützlingen, den Indianern, den Mate, dessen gute Eigenschaften sie bald erkannten, so daß sie ihn dem damals schon in Amerika angebauten Kaffee vorzogen. Sie verstanden es, den Ilexbaum zu pflanzen und besaßen ausgedehnte Kulturen davon, eine Kulturerrungenschaft, die mit ihrer Vertreibung verloren ging. Spätere Anbauversuche schlugen fehl, und erst ganz neuerdings ist es zuerst dem Deutschen Friedrich Neumann auf der Kolonie Nueva Germania in Paraguay gelungen, den Samen, der notorisch seine volle Keimfähigkeit erst erlangt, wenn er einen Vogelmagen passiert hat, keimfähig zu machen, indem er ihn mit Maiskörnern vermischt Hühnern verfütterte. In die humusreiche Walderde ausgestreut, keimten nun die aus den Exkrementen ausgewaschenen Samen, aber die Hühner, deren Magen die Samen passiert hatten, kränkelten davon und starben schließlich. Diese nur einseitig befriedigenden Resultate veranlaßten einen anderen Deutschen namens Jürgens ein zweckmäßigeres Verfahren zur Erzielung keimfähiger Samen zu entdecken. Nach zahlreichen Versuchen fand er, daß die Einwirkung von reiner rauchender Salzsäure während drei Minuten mit nachfolgendem gehörigen Auswaschen der Samen bis der letzte Rest von Säuregeschmack aus dem Waschwasser verschwunden ist, sehr befriedigende Resultate liefert. Die in besonderen Saatkästen ausgesäten Samen beginnen, recht feucht erhalten, nach 1½–2 Monaten zu keimen und werden, wenn sie 30–50 cm hoch geworden sind im Juli und August in Reihen mit 3,5 m Abständen nach allen Richtungen ins Freie gepflanzt. Als Schattenpflanzen benutzt man dazwischen gesäten Mais, bis die Bäumchen erstarkt sind. Im dritten Jahre nach dem Anpflanzen werden die inzwischen 1,5–2 m hoch gewordenen Bäumchen etwas zurückgeschnitten, damit sie mehr Buschform annehmen. Von da an kann man jedes Jahr die allmählich heranwachsenden Bäume etwas auslichten und deren Zweige zur Gewinnung von Mate benutzen. Alle 3 Jahre kann eine ausgiebige Ernte erfolgen.

Da durch den bis jetzt üblichen Raubbau die Bestände wildwachsender Matepflanzen schon bedenklich gelichtet sind, andererseits der Matekonsum in Südamerika von Jahr zu Jahr zunimmt und noch mehr wachsen wird, wenn — wie voraussichtlich — der Mategenuß auch in anderen Ländern als Südamerika allgemein geworden sein wird, so hat die Matekultur eine sehr große Zukunft. Bis jetzt gibt es Matekulturen nur in Nueva Germania in Paraguay und am Rio Pardo in Brasilien, welche 4 Jahre nach dem Umsetzen der Keimlinge eine Ernte von 4–6 kg trockener Yerba pro Strauch ergaben. Eine solche läßt sich alle drei Jahre vornehmen. Die als Yerbales bezeichneten wilden Matebestände Paraguays umfassen etwa 1460000 ha und waren vormals Staatseigentum, bis sie nach dem Kriege von 1864–1869 vom Staate teils verpachtet, teils verkauft wurden. Die Ernte dauert vom Dezember bis August, weil zu dieser Zeit das Laub der Matesträucher am dichtesten ist, und wird, wie gesagt, meist von Indianern unter Aufsicht von weißen Aufsehern vorgenommen. Neuerdings wurde der Matetee, der in Südamerika täglich von über 20 Millionen Menschen genossen wird, und schon im 18. Jahrhundert als Jesuitentee in den Handel gelangte, auch in Nordamerika, England und der Schweiz eingeführt, hat aber hier, obschon er weit billiger ist als der chinesische oder indische Tee und ganz angenehm schmeckt, gleichwohl bisher nur sehr geringen Beifall gefunden. Die Gesamterzeugung von Mate beträgt in Paraguay, Argentinien und Südbrasilien jährlich etwa 100 Millionen kg, die, wenn wir auch nur einen Ausfuhrpreis von 56 Pfennigen pro kg rechnen — tatsächlich beträgt der Preis im Kleinverkauf bis 2,50 Mark pro kg —, einen Gesamtwert von über 56 Millionen Mark repräsentieren. Gegenüber der jährlichen Kaffeeproduktion der Welt von gegen 1000 Millionen kg und von Tee im Betrag von 2000 Millionen kg ist dies ja wenig; doch hat der Mateverbrauch in Südamerika in letzter Zeit riesig zugenommen, denn noch im Jahre 1726 betrug die Mateproduktion erst 625000 kg. Im Jahre 1780 stieg sie bereits auf 2,5 Millionen kg und 1855 auf 7,5 Millionen kg.

Endlich wird noch aus den getrockneten, lederartigen Blättern einer in den Urwäldern der Insel Bourbon als Überpflanze auf Bäumen wachsende Orchidee, Angraecum fragrans, ein als Fahantee bezeichneter Aufguß bereitet, der pur oder mit Zucker versüßt wie Tee getrunken wird. Dieser Tee entbehrt aber durchaus der belebenden Eigenschaften, wie sie chinesischer Tee und Mate besitzen, und ist nur eine unschuldige, aber angenehm zu trinkende Lösung des den Wohlgeruch des Waldmeisters, des Ruchgrases und der Tonkabohne bedingenden Riechstoffes Kumarin, der allerdings in größeren Mengen Kopfschmerzen verursacht. Dieses Genußmittel hat sich nicht über seine engere Heimat verbreitet.

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