XIII. Der Kakao.

Weitläufig verwandt mit dem Teestrauch ist der zu den Sterculiazeen gehörende Kakaobaum (Theobroma cacao), dessen Heimat das tropische Amerika vom 23° nördlicher bis zum 20° südlicher Breite ist. Lebensbedingung für ihn ist ein warmes, feuchtes Waldklima. Der wilde Kakao, der von Südmexiko bis nach dem Staate Bahia in den Vereinigten Staaten von Brasilien im Urwalde wild gefunden wird, liefert minderwertige, äußerst herbe und bittere Samen in kleineren Früchten als dies bei dem schon von den Indianern in vorgeschichtlicher Zeit in Kultur genommenen, veredelten Baume der Fall ist. Gleichwohl werden sie heute noch von den Indianern gesammelt und auf den Markt gebracht, während sie das sie einhüllende angenehm süßsäuerliche, saftige Fruchtfleisch als willkommene Nahrung selbst genießen.

Der Kakaobaum ist in seinem natürlichen Zustand ein etwa 10 bis 14 m hoch werdender immergrüner Baum von 25–30 cm Stammdurchmesser mit ausgebreiteter Krone. Gewöhnlich läßt man ihn aber nur 3–8 m hoch werden. Die zimtbraune, ziemlich dicke Rinde liegt um einen porösen, leicht rosa gefärbten Holzkörper. Der Stamm trägt eine Menge meist schlanker Äste, an denen die kurzgestielten, länglich ovalen, spitz zulaufenden, 20–35 cm langen Blätter sitzen. Jung sind sie pfirsichrot, werden aber, nachdem sie sich entwickelt haben, glänzend dunkelgrün; an der Unterseite sind sie matter gefärbt und leicht behaart.

Der Baum treibt das ganze Jahr hindurch Blüten und Früchte, die aus dem Stamm und den älteren Zweigen unmittelbar hervorsprießen, was bei der Größe und Schwere der letzteren eine äußerst zweckmäßige, ja notwendige Einrichtung ist, da die schwächeren, dünneren Zweige solcher Belastung nicht gewachsen wären und brechen würden. Die Stellen, an denen sie erscheinen, entsprechen den Blattachseln; nur wird dieser Sachverhalt durch den Abfall der Blätter verwischt.

Die Blüten brechen in Büscheln hervor und sind ziemlich langgestielt. Über fünf rosenroten, lanzettlichen Kelchblättern finden sich ebensoviel kappenförmige, zitronengelbe, rötlich geaderte Blumenblätter. Von den zehn pfirsichroten Staubblättern erzeugen nur fünf Pollen in je vier gesonderten Pollenfächern. Der Fruchtknoten ist fünffächerig und umschließt mehrere zweireihig angelegte Samenanlagen. Die Frucht ist eine kurzgestielte rotgelbe Beere, die einer zugespitzten, von zehn stumpfen Längsrippen durchzogenen, 12–20 cm langen und 6–10 cm dicken Gurke gleicht, welche in einer derben, bald holzig werdenden Schale in einem saftigen, farblosen Fleisch 40–60 blaßrote, in fünf Längsreihen angeordnete mandelförmige, aber dickere Samen umschließt. Sie sind von einer dünnen, wenn trocken brüchigen Samenschale umgeben und bestehen ausschließlich aus dem derbfleischigen Keimlinge, in dessen Kotyledonen das Nährgewebe sich findet. In frischem Zustande schmecken sie, besonders bei der besten Sorte von Soconusko, sehr herb und bitter. Man nimmt ihnen diese übeln Eigenschaften durch eine besondere Zubereitung, von der bald die Rede sein soll.

In den windgeschützten Tälern des tropischen Amerika, deren weicher, humusreicher Boden von großen und kleinen Wasserströmen feucht erhalten wird, trägt der Kakaobaum an den Flußufern das ganze Jahr hindurch Blüten und Früchte nebeneinander. Dort wird er auch mit Vorliebe in der durch Kultur veredelten Form vom Menschen angebaut. Als Waldbaum, der nicht besonders fest im Boden wurzelt, muß er namentlich Schutz vor starken Winden haben, die nicht bloß die Früchte vor ihrer Reife abschlagen, sondern auch die Bäume entwurzeln. So warf auf der Insel Martinique ein Orkan mit einem Stoß alle Kakaobäume der sehr umfangreichen Pflanzungen um. Deshalb errichtet man die Kakaopflanzungen mit Vorliebe in windgeschützten Tälern oder zwischen Waldstreifen als Windbrechern.

Wie der wilde Kakaobaum als Waldbaum gewöhnlich im Schatten größerer Bäume wächst, so muß man auch dem veredelten Kakaobaum in der Kultur Schattenbäume beigeben. So lange er jung ist, dienen meist Bananen als solche, später gibt man ihm in Amerika den Korallenbaum (Erythrina corallodendron) der deshalb von den Spaniern „Mutter des Kakaobaumes“ genannt wird. Dieser ist hierzu auch durch die geringen Ansprüche, die er an den Boden stellt, sehr geeignet. Da nun den Kakaobäumen schon durch die Schattenbäume viel Licht weggenommen wird, darf man nicht zu dicht pflanzen, was zur Folge hat, daß eine Kakaoplantage stets einen bedeutenden Raum beansprucht. Man rechnet vier- bis sechshundert Kakaobäume auf einen Hektar Land.

Es gibt wohl kein landwirtschaftliches Produkt, dessen Kultur mehr Mühe, Ausdauer und Unkosten verursacht, als der Kakao; aber andererseits gibt es auch wenig Produkte, die, wenn sie gut einschlagen, größeren Gewinn bringen, als er, da die Erträge von Jahr zu Jahr verblüffend steigen. Vor allem verlangt der Kakaobaum zu seinem Gedeihen einen lockeren, tiefgründigen, an Kalk und Phosphorsäure reichen Boden, am besten Urwaldboden. Ferner muß ihm eine gleichmäßige Temperatur von 24–28°C. und reichlich Feuchtigkeit zuteil werden, die aber wieder nicht in der Form heftiger Güsse auf ihn fallen darf, weil solche die Früchte beschädigen. Grundwasser muß durchaus vermieden werden, auch sind die tierischen Schädlinge, namentlich die Termiten und Schnecken, von ihm abzuhalten. Sodann muß der Boden reingehalten und das überflüssige Holz abgeschnitten werden.

In solchen für seine Kultur geeigneten Boden wird der Samen der Kakaobäume entweder direkt gesetzt, oder noch besser in weitmaschigen, mit Moos ausgefütterten und Erde gefüllten Binsenkörben ausgesät, die dann später, wenn die jungen Pflänzchen genügend erstarkt sind, direkt in den Boden der Plantagen eingesetzt werden, da die Wurzeln aus ihnen ungehindert in die Erde einzudringen vermögen. Gleichzeitig bieten diese Pflanzkörbe in der ersten Zeit einen sehr wertvollen Schutz gegen die Termiten, die gefährlichsten Feinde der jungen Kakaopflänzchen. Die Sämlinge in Saatbeeten zu ziehen, ist durchaus unratsam, da deren Wurzeln noch empfindlicher gegen äußere Eingriffe als selbst diejenigen der Kaffeebäumchen sind.

Wenn die Sämlinge 8–10 Monate alt geworden sind, werden sie in 3,5–6 m allseitigem Abstand eingepflanzt, während die definitiven Schattenbäume in 12 m Abstand gepflanzt werden. Den jungen Kakaopflanzen spenden zuerst Mais und später Bananen den nötigen Schatten. Wenn sie eine Höhe von etwa 1 m erlangt haben, werden sie beschnitten. Man nimmt ihnen alle Seitenschosse bis auf die drei oder vier obersten, damit sie eine breite Krone ausbilden. Auch beim spätern Wachstum verhindert man das in die Höhe Wachsen derselben, indem man sie nur 3 bis höchstens 8 m hoch werden läßt, damit das Pflücken der Früchte bequemer vor sich gehen könne.

Schon nach vier Jahren trägt der Baum die ersten Blüten und Früchte, aber erst nach zwölf Jahren beginnt er seine ausgiebigste Entwicklung zu erreichen. Von da an nimmt seine Fruchtbarkeit progressiv steigend bis zum 25. oder 30. Jahre zu, um dann langsam abzunehmen; doch kann der Baum bis zu seinem 50. Jahr Früchte tragen. Der Ertrag ist den Jahren nach verschieden, auch wechselt er bei den verschiedenen Bäumen. Alleinstehende Bäume produzieren am stärksten. Sie können 300–400 Früchte tragen, doch rechnet man bei einer größeren Pflanzung durchschnittlich nicht mehr als 25 Früchte pro Baum jährlich, die 1 kg trockenen Kakao ergeben, weil das Trocknen der Bohnen einen Gewichtsverlust von 30–40 Prozent zur Folge hat.

Die, wie gesagt, das ganze Jahr hindurch reifenden Früchte brauchen vom Beginn ihrer Entwicklung bis zu ihrer Vollreife eine Zeit von vier Monaten. Man erntet sie auch das ganze Jahr hindurch, doch finden die Haupternten in Brasilien im Februar und Juli, in Mexiko im März und April, in Westafrika im Oktober und November statt. Die Früchte müssen mit größter Vorsicht teils von Hand, teils durch lange Stöcke, an deren Ende ein Messer befestigt ist, von Stamm und Zweigen gepflückt werden, damit die Blüten der kommenden Ernte dabei nicht Schaden leiden. Die Reife der Früchte verrät sich durch die rotgelbe Farbe und den dumpfen Ton, den sie beim Beklopfen geben als Zeichen dafür, daß sich der Same von seiner Hülle gelöst hat.

Bei der Ernte werden die Früchte zum Nachreifen 3–4 Tage auf einen Haufen gelegt, und zwar am besten in der Faktorei, nicht aber im Freien, wo sie dem Ungeziefer und der Witterung schutzlos preisgegeben sind. Während dieser Zeit soll bereits, begünstigt durch das umgebende Fruchtmus, die Gärung der Bohnen beginnen. Darauf werden sie durch Aufschlagen aufeinander oder auf einen harten Gegenstand „gebrochen“ oder mit einem stumpfen Messer in der Mitte quer aufgeschnitten, wobei aber die mandelförmigen, im frischen Zustande weißen bis rosenroten Samen, eben die Kakaobohnen, nicht zerquetscht oder angeschnitten werden dürfen. Die Haufen leerer Fruchtschalen läßt man in Verwesung übergehen und benützt sie als Düngemittel, da sie nicht unerhebliche Mengen von dem für den Kakaobaum so wichtigen Kalk und von Phosphorsäure enthalten. Auch das Fruchtmus wird unbegreiflicherweise fortgeworfen, trotzdem es sich sehr gut zur Bereitung von Gelees und Likören eignen würde. Benützten doch die Indianer am Orinoko, wie Alexander von Humboldt mitteilt, nur das Fruchtmus und warfen alles übrige, auch die bitteren Kerne fort. Und heute noch verwenden die ärmeren Leute in Amerika die Fruchtschalen des Kakaos zur Herstellung eines ganz angenehm schmeckenden Tees.

Bei der auf niedriger Stufe stehenden Kultur werden die Kakaobohnen einfach getrocknet und zusammengepackt. Derartige Samen, die man im Handel als „ungerotteten“ Kakao bezeichnet, haben einen bitteren, herben Geschmack und sind zur Schokoladebereitung durchaus ungeeignet. Sie finden nur bei der Fabrikation des entölten Kakaos Verwendung. Für die Schokoladefabrikation müssen die Bohnen noch einer weiteren Behandlung unterworfen werden. Zu diesem Zwecke werden sie in Körben nach dem Fermentierhaus gebracht, wo sie auf einem hölzernen, mit Löchern zum Ablaufen des Fruchtsaftes versehenen Boden möglichst luftdicht auf einem Haufen, der alle 12 Stunden durcheinander geschaufelt wird, vergären müssen; es ist dies ein sehr wichtiger Prozeß, von dessen umsichtiger Leitung vor allem die Güte der Ware abhängt. Die Fermentation, bei der es sich höchst wahrscheinlich um eine Milchsäuregärung handelt, soll nämlich in erster Linie den Geschmack der Kakaobohnen verbessern. Nach 3–4 Tagen werden die Bohnen an der Sonne oder bei künstlicher Hitze getrocknet, wobei sie alle Viertelstunden gekehrt werden müssen. Zum Schluß werden sie in großen Trommeln mit fein gemahlener roter Erde herumgedreht, wobei sie behufs einer besseren Konservierung außen an den Schalen rot gefärbt werden. Der innere Teil bleibt von der Färbung unberührt. Durch dieses Färben wird nicht bloß die sehr wichtige völlige Austrocknung der Bohnen begünstigt, sondern erfahrungsgemäß auch das sonst so schnell erfolgende Schimmeln derselben verhindert. Die „gerotteten“ Kakaobohnen sind innen rotbraun, lassen sich durch einen leichten Druck mit dem Finger von der sie umgebenden Schale lösen und zeigen einen angenehmen, ölig milden Geschmack, der mit einem eigentümlichen süßlichen Nachgeschmack verbunden ist. Das volle Aroma erhalten sie aber erst nach einer bestimmten Lagerzeit, so daß der geerntete Kakao in der Regel erst nach einem Jahre verkäuflich wird. Dabei gelangt er teils in Ballen, teils in Fässern in den Handel.

Den meisten Kakao erzeugt Südamerika, und zwar speziell Ekuador, das beinahe ein Drittel der Gesamtproduktion liefert, dann Trinidad, während man in Venezuela, wo die Kakaopflanzungen sehr gut gediehen, in neuester Zeit der Kaffeekultur den Vorzug gab. Mexiko, das die berühmte Soconuscobohne liefert, führt wegen des starken eigenen Gebrauchs wenig Kakao aus. Aus Brasilien kommen mehr minderwertige Sorten, während die besten Sorten aus Carácas und Trinidad in den Handel gelangen. Diese haben beinahe einen doppelt so hohen Wert als die geringeren Sorten von Ekuador und San Thomé. Der Kakao von Surinam steht an Wert ungefähr in der Mitte zwischen jenen. Aus den deutschen Kolonien sind der Samoa- und Neuguineakakao weitaus die besten und werden so hoch bezahlt wie der Carácaskakao, während der Plantagenkakao von Kamerun und Togo ungefähr demjenigen von San Thomé gleichgeschätzt wird. Doch ist dort die Kakaokultur in starkem Aufblühen begriffen und verspricht zu einem der bedeutendsten Produktionsorte für dieses wichtige Kolonialprodukt berufen zu sein. Derjenige der Philippinen, wohin der Baum schon im Jahre 1670 verpflanzt wurde, ist wie derjenige von Ceylon mittlerer Qualität.

Von Kakao kommen jährlich etwa 32 Millionen kg in den Welthandel. Die Gesamtproduktion ist natürlich viel höher, läßt sich aber nicht schätzen, da diese Frucht auch in den Produktionsländern reiche Verwendung findet. Deutschland verbraucht jährlich für über 41 Millionen Mark Kakaobohnen und führt aus seinen Kolonien, besonders Kamerun, dann Samoa und Togo, für gegen 3 Millionen Mark aus; doch glaubt man in den nächsten Jahren das 3- bis 5fache dieser Summe zu erreichen. Hauptmärkte für Kakao sind London, Havre, Amsterdam, Hamburg und Bordeaux.

Der Kakao ist nicht nur ein köstliches Genußmittel, sondern zugleich auch ein sehr wertvolles Nahrungsmittel. Er besteht nämlich zur Hälfte, d. h. 52 Prozent, aus einem mild schmeckenden, butterartigen Fett, der Kakaobutter, die vielfach, um die Verdaulichkeit des Kakaos für schwache Magen zu erhöhen, in hydraulischen Pressen abgepreßt wird, um an die Zuckerbäckereien, Parfümerien und Apotheken abgegeben zu werden. An letzterem Orte wird sie, da sie nur sehr schwer ranzig wird, zu feineren Pomaden, Stuhlzäpfchen und allerlei kosmetischen Mitteln verarbeitet. Außerdem enthält sie 20 Prozent Eiweiß, 10 Prozent Stärkemehl, 6 Prozent Wasser, 1,5 Prozent Zucker, 2 Prozent Zellulose oder Zellstoff, 4 Prozent Kakaofarbstoff, 3 Prozent Nährsalze und 1,5 Prozent Theobromin, d. i. zweifach methyliertes Xanthin, das in seiner Wirkung auf die Muskeln und das Zentralnervensystem etwas weniger anregend als das Koffeïn oder Teeïn, d. h. dreifach methyliertes Xanthin ist. Im Kakao sind auch noch Spuren von Koffeïn zu finden, doch sind die Mengen desselben in den im wärmeren Südamerika zur Bereitung der als Genußmittel sehr beliebten dunkelbraunen Guaranapaste dienenden Samen der Paullinia sorbilis, eines mit rankenden Zweigen kletternden Strauches, neben dem Theobromin sehr viel größer. Zu der leicht belebenden Wirkung des Kakaos trägt auch noch das ätherische Öl bei, das beim Rösten der Bohnen entsteht und dem Kakao sein spezifisches Aroma verleiht.

In den heißen Niederungen des östlichen Mexiko, speziell auf der Halbinsel Yucatan und südlich davon bis nach Guatemala hinein, ist wohl von einem der Mayastämme die wilde Kakaopflanze in Kultur genommen und zur wertvollen Nutzpflanze des Menschen erhoben worden. Wenigstens ist die Bezeichnung cacau ein Mayawort, das dann die benachbarten Stämme Mexikos mit den Früchten und bald auch mit dem Fruchtbaum selbst übernahmen, um ihm weitgehendste Pflege angedeihen zu lassen; denn sie schätzten als für sie vornehmstes Genußmittel neben dem berauschenden Pulque, der nur Männern von einem gewissen Alter an zu trinken gestattet war, in hohem Maße die das Nervensystem anregende Wirkung der Kakaobohne, die sie in der heute noch üblichen Weise rotteten, dann rösteten und fein zerstoßen mit heißem Wasser und Maismehl angerührt als choco latl, d. h. Kakaowasser, genossen. Von diesem Worte stammt unsere Bezeichnung Schokolade ab. Zum Versüßen der etwas bitteren Brühe benutzten sie ausschließlich Honig und versetzten sie außerdem gerne mit allerlei Gewürz, vor allem auch Vanille. Um die Masse zu konservieren, wurden die zerriebenen, gerösteten Kakaobohnen zu Tafeln und Blöcken gepreßt, denen man jeweilen die zur Herstellung des Trankes nötige Menge entnahm. Das geringere Volk, dem dieses Getränk zu teuer war, begnügte sich mit einem Aufguß der Schalen oder dem zerstoßenen Fruchtfleisch der Kakaofrucht mit Maismehl und Pfeffer.

Als der spanische Abenteurer Fernando Cortez, von Velasquez, dem Statthalter von Kuba, mit 11 Schiffen 670 Mann und 14 Geschützen zur Eroberung von Mexiko ausgesandt, im Sommer 1519 in dieses Land eindrang und es für den König von Spanien eroberte, fand er darin eine ausgedehnte Kultur des Kakaobaumes in wohlgepflegten Plantagen vor. Die Eingeborenen betrachteten ihn als eine für sie sehr wichtige Nahrung spendende Pflanze und schrieben ihm und seinen Früchten gleichzeitig auch wundertätige Eigenschaften zu. Ähnlich wie im Mittelalter der Pfeffer in Europa, dienten die Kakaobohnen nicht nur in Mexiko, sondern in ganz Mittelamerika als landläufige Münze, wobei tausend Stück ungefähr den Wert von 2,80 Mark hatten. Cortez schrieb darüber an Kaiser Karl V.: „Diese Samenkörner sind im ganzen Lande so geschätzt, daß man sie als Münze gebraucht und auf dem Markt und allerorten seine Einkäufe damit bezahlt.“ Auch die Steuern an den Herrscher wurden darin entrichtet. So bezahlte die Stadt Tobasco jährlich 16 Millionen Kakaobohnen an den Kaiser Montezuma, in dessen Staatsschatz bei der Eroberung Mexikos die Spanier nicht weniger als 2½ Millionen Pfund solcher Bohnen vorfanden. Übrigens dienen die Kakaobohnen heute noch in einem großen Teil Südamerikas als landläufige Scheidemünze. Dabei sind 72 Bohnen = 43 Pfennigen.

Eine alte mexikanische Legende erzählt, Quezalcoatl habe aus dem Lande, in welchem die ersten Söhne der Sonne wohnten, den Samen des Kakaobaumes (cacaohoaguahuitl) auf die Erde gebracht, um den Menschen eine angenehme Speise zu verschaffen, die auch von den Göttern geschätzt wurde. Vielleicht hat der Schwede Carl von Linné diese Legende gekannt. Wenn dies aber nicht der Fall war, so war er wenigstens selbst so entzückt von diesem Getränke, daß er die Schokolade 1769 in den „Amoenitates academicae“, d. h. den Akademischen Vergnügungen, eingehend behandelte und dem Kakaobaum den Namen Theobroma, d. h. Götterspeise cacao, gab. Andere seiner gelehrten Zeitgenossen verabscheuten aber aus Vorurteil dieses ihnen unbekannte neue Getränk; ja die Botaniker Clusius (Charles d’Ecluse) und Benzoni fanden dasselbe — wohl weil ohne Zucker genossen — nur für die Schweine genießbar. Der fein gebildete Franzose Le Grand d’Aussy bezeichnete noch im Jahre 1782 die Schokolade als eine recht unschmackhafte Brühe „une bouillie assez dégoutante“.

Die Spanier, welche die Schokolade (chocolatl) am Hofe des Kaisers Montezuma kennen gelernt hatten, brachten die erste Kunde davon nach Europa. In seinen Berichten an Kaiser Karl V. berichtet Cortez, „daß eine einzige Tasse von diesem kostbaren Getränk genüge, um einen Mann auf einem Tagemarsch frisch zu erhalten“. Dieser gewalttätige Mann zwang sie seinen Soldaten, die auf dem Eroberungszuge nach dem Hochlande von Mexiko die größten Strapazen durchzumachen hatten, geradezu auf, und diese lernten dieses Getränk bald schätzen. Schon im Jahre 1520 sandten sie Kakaobohnen zur Herstellung der Schokolade nach dem Mutterlande, hielten aber die Art der Gewinnung derselben geheim. Allgemein bekannt wurde die Fabrikation erst im Jahre 1606 durch den Florentiner Antonio Carletti, der während seines Aufenthaltes auf den westindischen Inseln die Herstellung und den Gebrauch des Kakaos und der Schokolade kennen gelernt hatte. Die Ausfuhr der Kakaobohnen war aber nur der Regierung gestattet, bis im Jahre 1728 König Philipp V. von Spanien das Monopol des Kakaoverkaufs in allen Ländern an eine zu diesem Zwecke gebildete internationale Gesellschaft verkaufte.

Als die Spanier im Jahre 1519 unter Fernando Cortez in Mexiko eindrangen, war der Anbau der Kakaopflanze und der Genuß ihres in Wasser verrührten gerösteten Samenpulvers nicht bloß auf dieses Land beschränkt, sondern auch als eine seit Jahrhunderten betriebene Kultur in ganz Zentralamerika, Kolumbien, Venezuela, Guiana, Ekuador, Peru, dem nördlichen Brasilien und einem Teil der westindischen Inseln verbreitet. Allerdings übernahmen die spanischen Einwanderer zunächst in Mexiko die Sitte des Kakaotrinkens von den Eingeborenen. Bald frönten ihm in ganz Mittelamerika die vornehmen Damen in solcher Weise, daß sie sich dieses Getränk von Dienerinnen sogar in die Kirche nachtragen ließen. Als ein Bischof in Mexiko wagte, gegen diese Unsitte aufzutreten, besuchten die erzürnten Schönen seine Kirche nicht mehr, um ihren Kakao in der Kirche eines weniger strengen Priesters weiter trinken zu können. Durch die mancherlei Beziehungen mit Westindien und Mittelamerika wurde das Kakaotrinken bald auch in Spanien populär. Von jenem Lande, in welchem die ersten europäischen Fabriken zur Verarbeitung der Kakaobohnen entstanden, und das heute noch das am meisten Kakao verzehrende Land Europas ist, kam die als Schokolade bezeichnete gezuckerte Kakaobrühe zuerst an den eng mit Spanien liierten Wiener Hof, von wo aus er 1615 durch Anna von Österreich, die Gemahlin Ludwig XIII., an den Pariser Hof gelangte. Zu einiger Geltung kam sie aber erst im Jahre 1661, unter dem Einfluß von Maria Theresia von Spanien, der Gemahlin Ludwigs XIV., die sich aber — wie die Herzogin von Montpensier in ihren Memoiren angibt — noch versteckte, um ihre Schokolade zu trinken. Der Genuß derselben mußte also damals selbst am Hofe Frankreichs noch als etwas Ungewohntes oder gar Verpöntes angesehen worden sein. Indessen schon 1671 konnte die Freifrau von Sévigné an ihre Tochter, die Gräfin Grignan, schreiben: „Vous ne vous portez pas bien, le chocolat vous remettra.“ Freilich mußte damals die Schokolade als Heilmittel ihre Wirkung versagt haben; denn in einem späteren Briefe wird sie als „source des vapeurs“, d. h. Ursache von Blutandrang gegen den Kopf — et des palpitations (also Herzklopfen) — angegeben.

In Paris erhielt zuerst ein abgedankter Offizier namens Chaillon die alleinige Erlaubnis, Schokolade auszuschänken. Er fand auch guten Zuspruch von der Bürgerschaft, die dieses höfische Getränk gerne kostete. So machte er glänzende Geschäfte und konnte sich schon nach wenigen Jahren in den Ruhestand zurückziehen. Doch ging die Einführung dieses neuen Genußmittels auch in Frankreich nicht ohne Angriffe von den verschiedensten Seiten ab. Zunächst leisteten gewisse Kreise, so besonders die Geistlichen, diesem von ihnen vielfach als „Erzeugnis des Bösen“ bezeichneten neuen Getränk energischen Widerstand. Ja, in einem Schreiben an den Bischof von Cleve im Jahre 1572 bezeichnete der Italiener Benzoni dieses Getränk sogar als „Schweinefutter“. Allmählich aber begannen ihn manche Ärzte gutzuheißen. So verteidigte ein Pariser Arzt, namens Bachot, 1684 vor der dortigen Fakultät eine These, in welcher er gut zubereitete und gesüßte Schokolade als eine der edelsten Erfindungen pries, die weit mehr als Nektar und Ambrosia würdig sei, die Speise der Götter zu bilden. Doch war sie durch ihren hohen Preis zunächst nur ein Genußmittel der Reichen. Erst als im Jahre 1776 unter der Regierung Ludwigs XVI. die erste Schokoladefabrik in Frankreich errichtet wurde, die das Monopol für den Verkauf bekam und ihren Kakao aus den französischen Kolonien bezog, begann der Schokoladekonsum in Frankreich allgemeiner zu werden.

Der vorhin genannte Florentiner Antonio Carletti, der die Schokolade in Westindien kennen gelernt hatte, führte sie ums Jahr 1607 in Italien ein und machte die Verarbeitung der Kakaobohnen in jenem Lande bekannt. Von Italien aus verbreitete sich diese Kenntnis allmählich über ganz Mittel- und Nordeuropa.

Ums Jahr 1625 begann sich die Schokolade in England und annähernd gleichzeitig auch in Holland einzubürgern. Die erste Schokoladefabrik wurde in England im Jahre 1657 errichtet; gleichzeitig entstanden in London auch sogenannte Schokoladehäuser im Stil unserer heutigen Kaffeehäuser. In Deutschland wurde die Schokolade durch das Buch des bereits bei der Besprechung des Tees erwähnten holländischen Leibarztes des Großen Kurfürsten, Dr. Kornelis Bontekoe, betitelt: „Traktat über Gewürz, Tee, Kaffee, Schokolade, 1679“, bekannt. Er brachte ihn zuerst nach Berlin mit. Später verbot dann Friedrich der Große die Einfuhr von Schokolade in ganz Preußen und beauftragte den Chemiker Markgraf, der Ähnliches schon für den Kaffee versucht hatte, ein Surrogat derselben herzustellen, wozu er Lindenblüten benutzte. Da aber dieses Ersatzmittel begreiflicherweise sehr wenig Anklang fand, so behauptete sich auch hier in der Folge die Schokolade so gut als Kaffee und Tee, die in Preußen unter Friedrich dem Großen ebenfalls durch Erzeugnisse des eigenen Landes ersetzt werden sollten.

Die erste deutsche Schokoladefabrik wurde vom Fürsten Wilhelm von Schaumburg-Lippe im Jahre 1756 in Steinhude errichtet, und als Arbeiter wurden mit der Verarbeitung der Kakaobohnen vertraute Portugiesen dahin berufen. Seither hat dieses Produkt in allen Kulturländern immer mehr Aufnahme gefunden und sein Konsum wächst zusehends, und zwar wird es nicht mehr nur als Leckerei genossen, sondern bildet wie ursprünglich in Spanien und den Kreolenstaaten Südamerikas mehr und mehr ein nahrhaftes und gesundes Volksgetränk. In Frankreich herrscht in den besser situierten Kreisen bereits allgemein der Brauch, morgens zum Frühstück Schokolade zu trinken, und auch in Deutschland hat dieses wertvolle Geschenk der Tropen durchaus erfolgreich den Kampf mit dem leider nur allzusehr eingebürgerten Bier aufgenommen. Auch hier wird der Genuß der Schokolade als nahrhaftes und wohlschmeckendes Frühstücksgetränk immer allgemeiner. Außerdem wächst überall der Genuß der Speiseschokolade in sehr starkem Maße. Während noch in der Mitte des vorigen Jahrhunderts der Kakaoverbrauch in Deutschland nur etwa 0,5 Millionen kg jährlich betrug, stieg er langsam auf 2 Millionen kg im Jahre 1870, dann auf 5 Millionen kg bis 1890, auf 15 Millionen kg bis 1900 und erreichte in den Jahren 1906 und 1908 bereits je 35 Millionen kg; außerdem wurden an fertigen Präparaten 671200 kg holländisches Kakaopulver und 1061400 kg Schweizer Schokolade eingeführt. Nur Amerika verbraucht mehr Kakao als Deutschland, das allein etwa 200 Kakao- und Schokoladenfabriken besitzt. Zu diesen heute vom Deutschen Reiche verbrauchten 40 Millionen kg lieferten seine tropischen Kolonien erst etwa 2 Millionen kg Kakao im Jahr, während die Weltproduktion an Kakaobohnen, soweit sie in den Handel gelangen, rund 150 Millionen kg beträgt. Da aber die Gesamtkakaoindustrie bereits 145 Millionen kg beansprucht, so ist die Kakaokultur für die tropischen Kolonien, die sich dafür eignen, sehr aussichtsreich.

Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts geschah die Fabrikation der Schokolade ausschließlich durch Handarbeit, indem die gerösteten Bohnen in einem metallenen Mörser zu Pulver zerstoßen und die so erhaltene Masse mit Zucker und mancherlei Gewürz, besonders Vanille, aber vielfach auch Zimt und Nelkenpulver vermischt, zu einem Teig geknetet wurde, den man in irgend einer Form trocknen ließ. Seit im Jahre 1778 der Franzose Doret die erste Maschine zum Mahlen der Kakaobohnen konstruierte, ist die Technik der dafür gebrauchten Maschinen immer mehr verbessert worden. Dabei werden die durch Schütteln in einem Sieb und durch strömende Luft zur Entfernung des Staubes gereinigten Kakaobohnen auf einem zweiten Sieb in drei Gruppen gleicher Größe geschieden, damit sie bei dem nun folgenden Röstprozesse gleichmäßig gar werden, was bei verschiedener Größe derselben nicht zu erreichen wäre, da die kleinen Bohnen dabei vor den großen gar würden.

Das Rösten bezweckt das eigentliche Aroma und den Geschmack der Bohnen hervorzurufen und zugleich das Stärkemehl teilweise in leichter in Wasser lösliches Dextrin zu verwandeln. Ferner werden dadurch die in ihnen enthaltenen Bitterstoffe durch Zersetzung entfernt und außerdem durch das damit verbundene Austrocknen die Schalen leichter lösbar und die Bohnen geeigneter zum Vermahlen gemacht. Dieser Prozeß findet in großen, um ihre Achse rotierenden Trommeln statt, wobei die Temperatur lange nicht so hoch wie beim Brennen der Kaffeebohnen zu sein braucht. Sie darf überhaupt eine solche von 130–140°C. nicht überschreiten; erfahrene Arbeiter wissen am Aussehen der Bohnen genau den richtigen Zeitpunkt zu treffen, wann die Röstung unterbrochen werden muß. Damit kein Aroma verloren gehe und die Samenschalen sich leichter von den Bohnen lösen, müssen die gerösteten Bohnen möglichst schnell aus den Trommeln entfernt und abgekühlt werden, was dadurch geschieht, daß man vermittelst eines Ventilators einen kalten Luftstrom auf die heiße Masse richtet. Dann werden die Kakaobohnen in besonderen Maschinen gebrochen und die leichten Samenhülsen, die etwa 12 Prozent des Samens ausmachen, durch einen Ventilator weggeblasen und dienen als Abfall zur Feuerung.

Die gebrochenen Kakaobohnen werden nun zwischen rotierenden Granit-, oder neuerdings Porzellanwalzen, welche weit besser sind, gemahlen, mit Zucker vermischt und zum Schluß die Gewürze, wie Vanille und verschiedene ätherische Öle zur Aromatisierung beigefügt. Die durch Erwärmen auf 35–40°C. geschmolzene Masse wird zuerst flach gewalzt und in gleiche Teile von gewünschtem Gewicht zerschnitten, die dann mit der Hand in Blechformen hineingedrückt werden. Wenn die Schokoladetafeln völlig erkaltet sind, nimmt man sie aus den Formen und verpackt sie möglichst sorgfältig in Staniol und darüber Papier eingewickelt und versendet sie in Kisten. So, luftdicht verpackt, können sie jahrelang aufbewahrt werden. In jüngster Zeit kommt von der in der Herstellung von fester Eßschokolade für die ganze Kulturwelt tonangebenden Schweiz aus immer mehr die Beigabe von Milch in die Schokoladenmasse, wie sie die Firma Cailler in Broyes in den Freiburger Alpen zuerst einführte, auf. Es ist dies eine äußerst glückliche von zahlreichen anderen Schokoladefabriken sofort aufgegriffene Neuerung, die den Wohlgeschmack und Nährwert der Eßschokolade noch bedeutend erhöht und sie so zart macht, daß sie auf der Zunge förmlich wie Butter zerschmilzt. Auch andere Fett- und Eiweißspender lassen sich in sie verarbeiten; besonders scheint das Erdnußmehl als Beigabe zu Schokolade eine große Zukunft zu haben. Auch Bananenmus ist sehr zweckmäßig. Überhaupt stehen wir erst ganz am Anfang einer rationellen Kakaoverwertung für den menschlichen Konsum und es lassen sich heute alle Kombinationsmöglichkeiten dieses hervorragenden Genußmittels überhaupt noch nicht übersehen.

Das eine ist jedenfalls heute schon ganz sicher, daß die Eßschokolade bei den jetzigen, als billig zu bezeichnenden Preisen in Anbetracht ihres überaus hohen Nährwerts nicht bloß eine Delikatesse oder Leckerei, sondern ein wichtiges Nahrungsmittel darstellt. Sie ist überhaupt das beste Verproviantierungsmittel für die Schule, für Ausflüge und anstrengende Touren aller Art, bei denen Herz und Muskeln ein großes Maß von Arbeit zugemutet wird. Es ist nämlich kaum möglich in anderer Form bei gleich geringem Volumen und Gewicht gleich viel Nahrungsstoff in Verbindung mit einem die Muskeln und das Nervensystem zu erhöhter Arbeitsleistung anregenden Reizmittel, wie solches die Schokolade im Theobromin in angenehmster Form darbietet, mit sich zu führen. Und wem die Süße nicht behagt, der esse dazu, wie dies jedermann tun sollte, Brot und so wird auch ihm die Schokolade vortrefflich munden.

Tafel 67.

Frisch angelegte Saatbeete für Kakao mit Schutzdächern gegen zu intensive Sonnenbestrahlung in Kamerun.

Junge Kakaopflanzen kurz vor der Verpflanzung in Kamerun.

Tafel 68.

Junge Kakaopflanzung in Kamerun mit Bananen als Schattenbäumen.


GRÖSSERES BILD

Tafel 69.

Kakaoernte in Kamerun.


GRÖSSERES BILD

Tafel 70.

Ein Kakaobaum mit Früchten in allen Stadien der Entwicklung in Kamerun.

Ein Vanillestrauch mit halbreifen Schoten in Kamerun.

Als Frühstücksgetränk verdient die Schokolade entschieden den Vorzug vor dem bei uns bereits eingebürgerten Kaffee. Früher wurde sie durch Aufkochen von Eßschokolade gewonnen, bis der Holländer C. J. van Houten (1801–1887) ein Verfahren fand, durch Entfernung des überschüssigen Fettes aus den Kakaobohnen ein Kakaopulver herzustellen, aus dem in einfacher Weise ein schmackhaftes, auch für schwache Magen leicht verdauliches Getränk hergestellt zu werden vermochte. Damit sich dieses Kakaopulver nach dem Übergießen mit kochendem Wasser möglichst ohne Satzbildung in der Flüssigkeit verteile, wurde es nach dem Entfetten mit Alkalien behandelt. Dabei wird bis zu drei Prozent Pottasche in die Masse hineingebracht, was von manchen Ärzten als bedenklich für die Gesundheit beanstandet wird. Doch kann dies jedenfalls nicht sehr schädlich sein, erhöht aber die Annehmlichkeit des Trinkens bedeutend, indem sich ohne diese Beimischung die Masse nur schwer im Wasser verteilt erhalten läßt und rasch einen starken Bodensatz bildet, der durch Umrühren wieder in Suspension gebracht werden müßte.

Eigentliche Ersatzmittel für Schokolade und Kakao sind nicht bekannt geworden, während man für den Kaffee mehrere, und für den Tee viele versucht hat. Neuere Reisende erzählen von einem schokoladeähnlichen Getränk im Innern Afrikas, das besonders im westlichen Sudan allgemein im Gebrauch ist. Man gewinnt es aus dem Mus der zerstoßenen Früchte der dort Dodoa genannten Parkia africana, das man in kleine Kuchen formt und in dieser Gestalt weithin als Tauschobjekt in den Handel bringt; besonders werden sie von der muhammedanischen Bevölkerung des Sudans gern gegessen. Durch Auflösen in heißem Wasser gewinnt man daraus ein angenehm schmeckendes und gleichzeitig anregendes Getränk. Aber diese Kuchen kommen ebensowenig nach Europa als die bereits erwähnte Guaranapaste aus den durch einen Gehalt von 2,6–3 Prozent Koffeïn und daneben etwas Theobromin gleichfalls anregend auf das Nervensystem wirkenden getrockneten Samen von Paullinia cupana, die als brasilianischer Kakao von den Indianern an Stelle des echten Kakaos genossen wird.

Die Guaranapflanze ist ein in Nord- und Westbrasilien und Südvenezuela heimischer Kletterstrauch aus der Familie der Sapindazeen oder Seifenbaumgewächse. Sie wurde zuerst von Alexander von Humboldt und Bonpland auf ihrer berühmten, von 1799–1804 ausgeführten Reise am Orinoko gefunden und 1821 von Knuth beschrieben. Der Strauch ist identisch mit der 1826 vom Botaniker Martius am Amazonenstrom entdeckten Paullinia sorbilis, wird aber nach der älteren Bezeichnung cupana genannt. Guaraná oder uaraná bedeutet in der Tupisprache Schlingpflanze. Diese Bezeichnung übernahmen dann die Europäer von den Indianern und bezeichneten damit den Schlingstrauch und sein Produkt. Die Guaranapflanze klettert ohne Ranken vermöge ihrer spreizenden Äste an den Waldbäumen in die Höhe. Die aus fünf eiförmigen Fiederblättchen bestehenden Blätter sitzen an einem 8 cm langen Stiel. Die unscheinbaren, kleinen, weißen Blüten stehen in den Blattachsen in Rispen und sind kurz gestielt; aus ihnen gehen langgestielte, haselnußgroße, mit drei Klappen aufbrechende Kapselfrüchte hervor, die meist nur einen, fast kugeligen, dunkelbraunen, der Roßkastanie ähnlichen Samen von 1–1,3 cm Durchmesser und 0,5–0,8 g Gewicht bergen. Darin liegt unter einer dünnen Schale der weiße Keimling ohne Nährgewebe, aber mit großen, halbkugeligen, im trockenen Zustande schwer trennbaren, stärkemehlreichen Keimblättern. Neben dieser echten Guaranapflanze gibt es in denselben Gegenden Brasiliens noch zwei andere, ähnliche Guaranaarten, von denen die eine kleinere Blätter und bittere Früchte als die echte hat und nur im Falle der Not von den Indianern gesammelt wird.

Die echte Guaranapflanze wird in manchen Gegenden Brasiliens kultiviert und meist durch Stecklinge, seltener aus Samen gezogen. Man zieht sie an Stützen wie die Weinrebe, nur weiter auseinander. Im 3. oder 4. Jahre trägt sie schon Früchte, und von dieser Zeit an wird sie jährlich in derselben Weise wie die Rebe beschnitten. Im Juli blüht sie und im November werden die Früchte reif. Eine gut behandelte Pflanze trägt über 40 Jahre hindurch durchschnittlich 2 kg Früchte jährlich. Diese werden nach der Ernte zuerst in Wasser gelegt, um die holzige Fruchthülle leichter entfernen zu können. Dann werden die Samen am Feuer getrocknet und sorgfältig geröstet, in großen Holzmörsern mit Stößern aus hartem Holz zerstampft und daraus mit Zusatz von etwas kaltem Wasser ein feiner Teig gemacht, der in Brotlaib- oder Wurstgestalt geformt und erst an der Sonne, hernach am Ofen getrocknet wird. Wenn die Masse ganz fest und fast steinhart geworden ist, wird sie als uaraná in den Handel gebracht. Sie ist braun, von bitterem, etwas zusammenziehendem, schwach säuerlichem Geschmack und riecht ähnlich wie gerösteter Kaffee. Im Innern Brasiliens und im nordwestlichen Bolivien ist die Guaranapaste ein sehr wichtiger Handelsartikel, den man dort in derselben Weise benötigt, wie den Kaffee an der Küste. Dabei ist er sehr billig, indem 1 kg nur 1,50 Mark kostet. Er wird in derselben Weise wie Schokolade mit Wasser bereitet unter Hinzufügen von Zucker nach Bedarf und Neigung. Zuerst wird mit einer Raspel die für den jeweiligen Gebrauch nötige Menge von der Paste abgefeilt und mit einem silbernen Löffel in einen Becher mit Wasser verrührt und dann genossen. Die Eingeborenen können wohl ohne Fleisch und Mehl, niemals aber, vom reichsten Bürger bis zum ärmsten Hirten, ohne den geliebten Uaranátrank sein, der mit Recht von manchen Reisenden als „brasilianischer Kakao“ bezeichnet wird. Vielfach wird die pulverisierte Paste mit Maniokmehl zusammengestampft, zu kleinen Broten geformt und am Feuer gebacken. Mit der Guarana, die wie der Kakao nicht nur ein Genußmittel, sondern vermöge ihres hohen Nährwertes ein Nahrungsmittel ist, vermögen die Indianer längere Zeit zu leben, ohne abzumagern, und sehen dabei so gesund und kräftig aus, als ob sie mit Fleisch genährt würden.

Nach Europa gelangte die Guaranapaste zuerst im Jahre 1817 von Rio de Janeiro aus, indem ein französischer Gesandtschaftsoffizier dieselbe an Cadet nach Paris sandte. 1826 wurde vom Bruder des vorhin erwähnten, Südamerika bereisenden Martius der wirksame Stoff daraus isoliert und als Guaranin bezeichnet; doch erkannte man 1840, daß dieser mit dem Koffeïn identisch ist. Durch den Koffeïngehalt wirkt die Guarana vorzüglich bei Migräne und Neuralgien und wird deshalb in der ganzen Kulturwelt dagegen genommen. Da sie den Blutdruck steigert und damit die Harnabsonderung vermehrt, wirkt sie auch bei Herz- und Nierenleiden günstig. In größeren Dosen übt sie durch ihren reichen Gerbstoffgehalt eine adstringierende Wirkung und wird deshalb wie in ihrer Heimat, so auch bei uns gegen Abführen angewandt. Aus den Früchten ziehen die Indianer einen schönen gelben Farbstoff aus, den sie zum Bemalen des Gesichtes verwenden.

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