XIX. Die Futterpflanzen.

Als die Germanen in das Licht der Geschichte traten, waren sie noch kein ausgesprochen Ackerbau treibendes Volk, wie dies erst seit dem Mittelalter der Fall ist, sondern Jagd und Viehzucht waren ihre Hauptnahrungsquellen, neben denen der Pflanzenbau eine sehr bescheidene Stelle einnahm. Persönliches Grundeigentum gab es bei ihnen noch nicht, das Land gehörte vielmehr der Gesamtheit der Gaugenossen. Jede Sippe erhielt ein Stück davon auf ein Jahr zur Bebauung zugewiesen, und dieses wurde nun von den Frauen behackt und mit allerlei Nährfrüchten wie Hafer, Gerste, Einkorn und etwas Flachs bepflanzt. Soweit Männer zu solcher in ihren Augen erniedrigenden Arbeit zugezogen wurden, waren es Kriegsgefangene, die man am Leben ließ, um sie als eine Art Arbeitstiere zu verwenden. Die Freien trieben Viehzucht, soweit nicht die leidenschaftlich gerne getriebene Jagd und der Krieg mit den Nachbarstämmen, der mit Vorliebe in Form von Raubzügen ausgeübt wurde, ihre Zeit in Anspruch nahm. Irgend welche schwere Arbeit war ihnen zuwider, und wenn sie es irgendwie vermochten, lagen sie zu Hause miteinander plaudernd auf den Bärenfellen und überließen die Sorge für Haus, Herd und Land den Frauen und Hörigen, welch letzteren naturgemäß alle schwere Arbeit zufiel. Die bescheidenen Hütten mit aus Lehm verstrichenem Flechtwerk, die zu errichten ebenfalls den Weibern oblag, wurden häufig gewechselt, um neue Weideplätze und fruchtbaren, jungfräulichen Boden aufzusuchen. Düngung des Bodens war noch unbekannt; daher wurde neuer Boden durch Abbrennen des darauf wachsenden Gehölzes urbar gemacht, sobald das zuerst umgebrochene Ackerland an Fruchtbarkeit nachließ.

Dieser halbnomadische Wirtschaftsbetrieb der alten Germanen wich erst dann einer größere Ansässigkeit bedingenden Feldwirtschaft, als sich der Strom der unruhig wandernden Stämme derselben an dem mit dem berühmten Wall und Pfahlgraben, dem limes romanus, umgebenen und von römisch-gallischen Ansiedlern bewohnten Dekumatenland brach und die nimmer Rastenden zwang, feste Wohnsitze einzunehmen. Ein Ausweichen nach Norden und Osten gab es nicht mehr; denn verwandte Stämme saßen schon hier, und von rückwärts drohten die nachdrängenden Slawen. Der Not gehorchend und nicht dem eigenen Trieb mußten die Germanenstämme ihr Wanderleben aufgeben, um sich durch einen geregelteren Ackerbaubetrieb neue und reichere Quellen zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse zu erschließen; denn die Zahl des Volkes wuchs, die Jagd auf den beschränkten, zur Verfügung stehenden Gebieten wurde weniger einträglich, und zur Gewinnung der nötigen Nahrungsmittel mußte eine intensivere Feldbebauung, welche mehr und mehr auch die Kräfte der freien Männer in Anspruch nahm, eingeführt werden.

Die Anleitung zu rationellerem Pflanzenbau und neue Kulturgewächse erhielten die an den limes angrenzenden Stämme begreiflicherweise zuerst von den auf höherer Wirtschaftsstufe stehenden Ansiedlern des Dekumatenlandes. Zwischen den neuen Nachbarn entwickelte sich bald ein reger Verkehr, der sich während eines zweihundertjährigen Friedens immer lebhafter gestaltete, bis die Völkerwanderung mit ihren zahllosen gewaltigen Kämpfen längere Zeit anhaltende Völkerverschiebungen bewirkte. Als diese dann ausgetobt hatte, waren die einst so wanderlustigen Stämme teils aufgerieben, teils von den fremden Völkern, mit denen sie sich mischten, absorbiert und ihrem Volkstum angepaßt, teils auch durch die starke Beeinflussung des an Kultur weit höher stehenden Römertums für eine ansässige, sich vorzugsweise auf den Landbau stützende Lebensweise gewonnen.

Schon zur Zeit des römischen Geschichtschreibers Cornelius Tacitus (54–118 n. Chr.), der uns die erste ausführlichere Schilderung von der Lebensweise und den Anschauungen der Germanenstämme gab, begann in Germanien das Bedürfnis nach fester Ansiedelung sich in weiteren Kreisen geltend zu machen. Jede Sippe besaß damals bereits einen Anteil an Wald, Wiese und Ackerland als Sondereigentum, woneben der gemeinschaftliche Flurbesitz der gemeinen Mark oder Allmende weiter bestehen blieb. Hofstätte und Anrecht an Ackerland und Allmende wurden zusammen mit dem Ausdruck Hufe oder Hub benannt. Die damalige Betriebsform war die Feldgraswirtschaft, wobei jedes Stück Land nur ein Jahr bepflanzt wurde, um dann mehrere Jahre hindurch als Wiese oder Weide brach zu liegen. Damals war die Viehzucht noch viel wichtiger als der Ackerbau, der noch sehr primitiv mit dürftigem Ackergerät ausgeübt wurde.

Einen entschiedenen Fortschritt brachte die zu Beginn des Mittelalters aufkommende, wahrscheinlich von den Römern übernommene Dreifelderwirtschaft, die sich bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts in fast unveränderter Form erhielt. Sie bestand darin, daß man ein Drittel des Ackerlandes brach liegen ließ, damit sich der Boden erhole und durch das Hineinhacken oder -pflügen des auf ihm gewachsenen Unkrautes, soweit es nicht vom Vieh abgeweidet wurde, gedüngt werde. Das zweite Drittel wurde mit Wintergetreide und das letzte Drittel mit Sommerfrucht bepflanzt. Dieser Wechsel von Winter- und Sommergetreide gestattete die Feldarbeiten besser über das Jahr zu verteilen. Besondere Verdienste um die Verbreitung dieser neuen Betriebsweise erwarb sich Karl der Große, der in seinen Verordnungen über die Bewirtschaftung der königlichen Domänen seinen Beamten genaue Vorschriften machte, immer mit dem Zweck, seine musterhaft geleiteten Güter möchten den bäuerlichen Betrieben als Vorbild zur Nacheiferung dienen. Seinem guten Beispiel sind nachher vor allem die Klöster mit ihren klugen und umsichtigen Mönchen gefolgt und haben damit viel zur Hebung der Landwirtschaft beigetragen. Auch ihre Güter lieferten den umliegenden Bezirken ein nachahmenswertes Beispiel. Besonders aber beförderten die Klöster den Garten-, Obst- und Weinbau, die vornehmlich persönliche Sorgfalt lohnten. Selbst die um das 10. Jahrhundert einsetzende Städtegründung hatte einen fördernden Einfluß auf die Landwirtschaft; denn die hinter Mauern Schutz suchenden Bürger blieben, soweit sie sich nicht einem besonderen Handwerk zuwandten, Bauern, und ihr außerhalb der Ringmauern gelegener Besitz erfreute sich bald einer hohen Kultur, die wiederum hauptsächlich dem Garten- und Obstbau zugute kam.

Dadurch, daß alle Brach-, Winter- und Sommerfelder auf je einer zusammenhängenden Fläche lagen, die zunächst noch Eigentum der Markgenossenschaft blieb und erst nach und nach in den Besitz von einzelnen Familien überging, bestand ein gewisser Flurzwang, indem die Arbeit von allen Genossen, die ein bestimmtes Stück Land zur Bebauung erhalten hatten, gleichzeitig ausgeführt werden mußte. Ebenso nachteilig auf die Entwicklung der Landwirtschaft wie dieser Flurzwang wirkten auch die sozialpolitischen Verhältnisse, vor allem die zahlreichen, alle Kultur zerstörenden und keinen rechten Fortschritt aufkommen lassenden Kriege und Fehden der Machthaber untereinander, unter denen die Bauern in erster Linie zu leiden hatten, und der sich immer mehr ausbildende Gegensatz zwischen Privat- und Gemeindebesitz. Durch ausgiebige Belehnung von seiten der Könige für geleistete Dienste gelangte einerseits der Adel, und durch reiche Schenkungen der um ihr Seelenheil besorgten Begüterten die Kirche zu ausgedehntem Landbesitz, während das Bauerntum seit den Staufenkaisern mehr und mehr verarmte. Die durch diese ungünstigen Verhältnisse genährte allgemeine Unzufriedenheit der Landbevölkerung machte sich beim Erwachen der Geister zur Reformationszeit in den verschiedenen Bauernaufständen Luft; doch half ihr diese Auflehnung, die von den Herren aufs blutigste geahndet wurde, nicht nur nichts, sondern verschlimmerte noch wesentlich ihre Lage. Diese wurde im Laufe des 30jährigen Krieges geradezu trostlos. Nicht nur wurde die Bauernschaft um alle Habe gebracht und ihr Zug- und Nutzvieh fast ganz vernichtet, sondern in der allgemeinen Unsicherheit auch die Äcker nicht mehr bepflanzt, da keine Saat mehr vorhanden war oder das Zugvieh fehlte und die endlosen Beraubungen den Leuten allen Mut zur Bestellung ihrer Felder nahmen. Wozu auch säen, wenn doch nicht zu ernten war! So bedeckte sich die unbebaute Flur weithin mit Gestrüpp, die Wiesen verschlammten, Haus und Hof wurden zerstört oder verfielen, weil die Bewohner getötet oder in völliger Verarmung verzogen waren. Zahlreiche einst betriebsame Ortschaften verschwanden vom Erdboden, ihr einstiges Dasein nur noch in gewissen Flurbezeichnungen zurücklassend. Dafür hausten Tausende heimatlos Gewordener in Wald und Einöde. Und wer dem allgemeinen Elend der Zeit trotzte und auf der elterlichen Scholle ausharrte, der gewöhnte sich an elende Wohnung, dürftige Nahrung und schlechte Behandlung, verlor allen Lebensmut, allen Drang zur Arbeit, die ja doch nicht lohnte, nahm von der zügellosen Soldateska, mit der er verkehrte, rohe Sitten und gewalttätiges Wesen an. Die Folge war, daß die Bauern von den Grundherren immer mehr verachtet und bedrückt, ja vielfach bis zur Leibeigenschaft herabgewürdigt wurden.

Im allgemeinen brachte erst das 18. Jahrhundert bessere Zeiten für die Landwirtschaft, indem ihr einzelne Fürsten größere Aufmerksamkeit schenkten, Ackerbaugesellschaften sich bildeten und Kommissionen eingesetzt wurden, um über Verbesserungen im Betrieb zu beraten. Die erste Anbahnung eines Fortschritts brachte die große französische Revolution, indem sie eine weitgehende Änderung der Untertänigkeitsverhältnisse in allen Kulturstaaten Mitteleuropas herbeiführte und die Herren zwang, auch den unterdrückten Bauern einige Menschenrechte zuzuerkennen. Dadurch hob sich langsam der ganze Stand, man gab sich mehr Mühe, die Bodenverhältnisse durch Entwässerung, soweit Versumpfung vorlag, oder Bewässerung in trockenen Lagen zu verbessern, die Erträge der Felder durch Einführung von Fruchtwechsel und größere Sorgfalt in der Bereitung und Verwendung des Düngers zu steigern. Hierin ging Preußen allen anderen Staaten Deutschlands voran, und, wie sein haushälterischer Vater, war besonders Friedrich der Große nach der heilsamen Schulung, die er während seiner Küstriner Verbannungszeit in der Administration des Landes durchgemacht hatte, eifrig besorgt, die Einkünfte seiner Gebiete zu vermehren und den allgemeinen Wohlstand zu heben. Um die schwachbevölkerten Landesteile mit wertvollem Menschenmaterial zu beleben, suchte er wie schon sein Vater möglichst viel Fremde ins Land zu ziehen und durch Einführung neuer Industrien und Kulturpflanzen sein Land zu bereichern und vom Auslande möglichst unabhängig zu machen, damit das Geld im eigenen Lande bleibe. Die Zuzügler erhielten mancherlei Reiseunterstützung, Hilfsgelder für den ersten Anbau auf geschenktem oder möglichst billig überlassenem Land, das öde lag, Befreiung von den staatlichen und kommunalen Lasten je nachdem auf 2–15 Jahre, wie auch Befreiung vom Militärdienst auf drei Generationen. Außerdem genossen sie, die vielfach wegen religiöser Bedrückung ihre alte Heimat verlassen hatten, völlige Religionsfreiheit. Nach einem bekannten Ausspruche des großen Monarchen sollte ein jeder seiner Untertanen „nach seiner eigenen Fasson selig werden“.

Diese meist mit wertvollen Kenntnissen ausgestatteten Zugereisten wurden meist auf Domänen, seltener auf Rittergütern angesiedelt. Um keine unheilvolle Latifundienwirtschaft, wie in den meisten anderen Kulturstaaten, aufkommen zu lassen, forderte der einsichtsvolle Preußenkönig eine Aufteilung größerer, in einer Hand vereinigter Ländereien, ja schon größerer Bauerngüter unter mehrere Söhne oder sonstige Erben. In kleinere Besitztümer verwandelt, mußte das Land intensiver bearbeitet werden und lieferte so weit höhere Erträge. Zwischen Dörfern, deren Flur sich zu weit erstreckte, als daß sich der Anbau noch recht lohnte, wurden neue gegründet, deren Bewohner schon durch die größere Nähe ihr Land besser bewirtschaften konnten. In noch höherem Maße als sein Vater ließ er durch Austrocknung von Sümpfen und Urbarmachung von Ödländereien neues Kulturland gewinnen, das mit fleißigen Ansiedlern besetzt wurde. Vielfach wurde der Gemeindebesitz an Wiesen unter die nachweislich dazu Berechtigten aufgeteilt. Auch er suchte durch eine möglichst gute Verwaltung der Domänen vorbildlich zu wirken. In Verbindung mit dem Streuen von Mergel zur Verbesserung des Bodens wurde die Anwendung des Tiefpfluges, der Anbau von Futterkräutern, von Hopfen und namentlich Kartoffeln, wie auch die Einführung von Hühner- und Bienenzucht empfohlen. Die Pflege des Obstbaues wurde dadurch gefördert, daß Gärtner eingesetzt wurden, die das Landvolk unentgeltlich in der Pflege und Veredelung der Obstbäume zu unterrichten hatten. Endlich bemühte sich der König um die Anpflanzung von Färberwaid, um den teuren ausländischen Indigo zu ersetzen, um diejenige des mährischen Flachses und besonders des weißen Maulbeerbaums für die Zucht der Seidenraupe, um das Rohmaterial für die von den französischen Emigranten im westlichen Gebiet seines Reiches eingeführte Fabrikation von Seidenstoffen zu gewinnen. Für letzteres Unternehmen mußte allerdings der schließliche Erfolg ausbleiben, da die Naturbedingungen für das Gedeihen dieses für die Kälte empfindlichen südlichen Gewächses in Preußen fehlten.

Dem fortschrittlichen Preußen gegenüber waren die anderen Kulturstaaten des europäischen Kontinents im Rückstand; einzig England, das durch keine Kriege von längerer Dauer in seiner Kulturentwicklung gestört wurde, war im rationellen Ausbau seiner Landwirtschaft etwas weiter fortgeschritten. Bald aber wurde es von Preußen nicht nur eingeholt, sondern sogar überflügelt. Dieser folgenschwere Umschwung, der bald allen deutschen Landen und schließlich der ganzen Kulturwelt zugute kam, ist in erster Linie dem Auftreten Albrecht Thaers (sprich tär) zu verdanken. Dieser überaus verdienstvolle Mann wurde am 14. Mai 1752 in Celle im preußischen Regierungsbezirk Lüneburg als Sohn eines Arztes geboren, der ebenfalls das Medizinstudium ergriff und sich in seiner Vaterstadt als Arzt niederließ, wo er bald reichlich Beschäftigung fand. In seinen Mußestunden beschäftigte er sich schon früh mit naturwissenschaftlichen Studien und widmete sich dem Gartenbau, der mit der Zeit ein solches Interesse in ihm erweckte, daß er diese Tätigkeit seiner ärztlichen vorzuziehen begann. Diese seine Vorliebe für die Natur brachte ihn auch in Berührung mit den wichtigsten Fragen des Ackerbaues, und seinem klaren Verstande konnten die Schäden, an denen die damalige Landwirtschaft krankte, nicht lange verborgen bleiben. Sein Interesse für diese wuchs derart, daß er ein kleines Landgut in der Nähe von Celle erwarb, das als Versuchsgut dienen sollte, um alle theoretischen Auffassungen jener Zeit auf ihren praktischen Wert hin zu prüfen. Er benutzte ferner die landwirtschaftliche Literatur fremder Länder, namentlich diejenige Englands, dessen Agrikultur eine ähnliche Krisis hatte durchmachen müssen, um seine Kenntnisse zu bereichern und sie dann seinem Vaterlande zur Verfügung zu stellen. Mehrere Schriften landwirtschaftlichen Inhalts machten ihn bald weithin bekannt und viele junge Leute kamen nach Celle, um seinen Wirtschaftsbetrieb zu studieren und von ihm zu lernen. So entstand von 1802–1804 das erste landwirtschaftliche Institut in Celle. Sein Bemühen, eine größere Domäne in der Nähe Göttingens zu pachten, um dort seine Lehrtätigkeit in noch ausgedehnterem Maße zu entfalten, scheiterte am Widerstande der verpachtenden Behörde. So folgte denn Thaer einem ehrenvollen Rufe König Friedrich Wilhelms III. nach Preußen. Er erwarb das im Kreise Niederbarnim gelegene Rittergut Möglin, wo er 1806 eine Akademie des Landbaus errichtete, die 1824 zu einem königlichen Institut erhoben wurde. Im Jahre 1828 starb dann der um die Allgemeinheit so überaus verdiente Mann.

Die Verdienste, die sich Albrecht Thaer um die deutsche Landwirtschaft erworben hat, sind sehr vielseitiger Art. Sein Hauptverdienst ist, daß er die Naturwissenschaften in den Dienst der Landwirtschaft stellte und in Anwendung der aus ihnen gezogenen Lehren vor allem die veraltete Dreifelderwirtschaft abschaffte und an ihre Stelle die Fruchtwechselwirtschaft stellte, mit einem Wechsel von Halm- zu Blattfrüchten, insbesondere den Schmetterlingsblütlern, den Wurzel- und Knollengewächsen. Er machte auf die Bedeutung einer eingehenden Buchführung aufmerksam, führte bessere Geräte und Maschinen, die Drillkultur, d. h. das Aussäen in Reihen, meist mittels Maschinen, den Hackfruchtbau und eine Vermehrung des Kartoffelbaus ein. Er schaffte die Brache ab, die von da an dem Anbau lohnender Gewächse Platz machte. Auch auf die günstigen Wirkungen der Mergelung und vermehrten Stallmistdüngung machte er aufmerksam und führte die Stallfütterung ein. Bedeutungsvoll ist auch seine Mitwirkung bei der gesetzlichen Regelung der gutsherrlichen und bäuerlichen Verhältnisse, der Teilung der Allmenden und der Zusammenlegung von Grundstücken, die erst eine Fruchtwechselwirtschaft ermöglichte. Die Vorzüge dieser letzteren gegenüber den anderen Wirtschaftssystemen liegen vor allem darin, daß die Bodenkräfte des Ackers durch den stetigen Wechsel von Blatt- und Halmfrucht, von Pflanzen mit tief in den Boden eindringenden Wurzeln mit solchen, deren Wurzeln sich nur flach ausbreiten, besser ausgenützt werden. Es findet keine einseitige Erschöpfung des Bodens statt, wie dies der Fall ist, wenn stets dieselben Pflanzen auf ein und demselben Grundstück aufeinander folgen.

Bei der Vielseitigkeit der anzubauenden Pflanzen läßt sich daher der Fruchtwechsel bei allen Klima-, Boden- und Wirtschaftsverhältnissen anwenden. Der je nach der Größe der Viehhaltung größere oder geringere Anbau von Futterpflanzen, namentlich Klee, machte den Landwirt unabhängig von Wiesen und Weiden. Die Einführung von Blattpflanzen in die Fruchtfolge bedingt ferner, daß der Boden stark beschattet wird und damit feucht, locker und verhältnismäßig rein von Unkraut bleibt; dadurch wird eine Brache fast in allen Fällen überflüssig.

Die Lehren Albrecht Thaers und seiner Schüler, die lediglich das Resultat sorgfältig durchgeführter praktischer Versuche waren, denen aber die wissenschaftliche Begründung zum Teil fehlte, hatten bewirkt, daß während der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine große Umwälzung in der Art des Betriebes der Landwirtschaft eintrat. Bald gingen größere wie kleinere Betriebe von den veralteten einfachen Wirtschaftsweisen zur Fruchtwechselwirtschaft oder doch zu einem verbesserten Wirtschaftssystem über. Diese Entwicklung der Landwirtschaft nahm auch in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts ihren Fortgang, besonders da es gelungen war, die durch praktische Versuche erworbenen Erfahrungen durch die Naturwissenschaften wissenschaftlich zu begründen und aus der weiteren Entwicklung der Wissenschaft neue Gesichtspunkte im landwirtschaftlichen Betrieb zu verwerten. Agrikulturchemie und -physik einerseits, und Pflanzenphysiologie andererseits wirkten unter Führung von Männern wie Liebig, Knop, Wolny, Sachs, Hellriegel, Kühn, Orth und andern in hohem Maße befruchtend, und in den weitesten Kreisen brach sich die Überzeugung Bahn, daß nur durch das innigste Zusammenarbeiten von Wissenschaft und Praxis ein weiteres Emporblühen der Landwirtschaft möglich ist. Diesem Fortschritt dienen in erster Linie die zahlreichen, in allen Kulturstaaten eingerichteten landwirtschaftlichen Schulen und Versuchsinstitute, für deren rationellen Betrieb namentlich Julius Kühn sich große Verdienste erwarb. Dieser Mann ist geradezu der Schöpfer des modernen landwirtschaftlichen Universitätsstudiums, so daß er es wohl verdient, daß wir hier etwas eingehender von ihm reden. Dieser am 14. April 1910 im 85. Lebensjahre gestorbene Gründer der landwirtschaftlichen Anstalt der Universität Halle a. S. wurde am 22. Oktober 1825 als Sohn eines Landwirts zu Pulsnitz in der sächsischen Oberlausitz geboren. Von Jugend auf war der lebhafte Wunsch in ihm rege, gleichfalls Landwirt zu werden, und schon als kleiner Junge begleitete er seinen Vater, der damals Wirtschaftsinspektor in Gosda bei Spremberg war, auf seinen Gängen durch die Ställe und Felder. Mit einer für einen jungen Landwirt seiner Zeit ausgezeichneten Vorbildung trat er 1841 bei einem der hervorragendsten Landwirte seiner engeren Heimat, Blochmann in Wachau, als Ökonomielehrling ein. Von 1848 an war er selbständig tätig und beschäftigte sich damals besonders mit dem Studium der Düngung und der verschiedenen Pflanzenkrankheiten. Die Ergebnisse der letzteren veröffentlichte er 1858 unter dem Titel: „Die Krankheiten der Kulturgewächse, ihre Ursachen und ihre Verhütung“. Im Jahre 1861 erschien die im Jahre zuvor von der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Kultur preisgekrönte Schrift: „Die zweckmäßigste Ernährung des Rindviehs vom wissenschaftlichen und praktischen Standpunkte“, ein Werk, das in 12 deutschen Auflagen und zahlreichen Übersetzungen Jahrzehnte hindurch die Führung auf dem Gebiet der landwirtschaftlichen Fütterungslehre behielt. 1862 nahm er eine Berufung an die an der Universität Halle neu zu errichtende Professur für Landwirtschaft an, nachdem er kurz vorher einen gleichen Ruf nach Berlin abgelehnt hatte, „weil er wegen des Umfangs der Großstadt und der Lage derselben eine ersprießliche Wirksamkeit für seine Wissenschaft hier nicht zu erhoffen haben würde“. Im ersten Semester hatte er 3 Zuhörer, im folgenden 20, dann 56 und bereits im fünften Semester überstieg die Zahl der in Halle studierenden Landwirte die Besuchsziffer der ältesten und meistbesuchten Lehranstalten Deutschlands. 1871 war die Zahl der in Halle studierenden Landwirte mit 218 größer als an allen landwirtschaftlichen Lehranstalten Preußens insgesamt. Nachdem sich unter Kühns Führung die Eingliederung des Studiums der Landwirtschaft in die Universität so glänzend bewährt hatte, wurden in der Folge auch an anderen Universitäten landwirtschaftliche Institute nach Halleschem Vorbild ins Leben gerufen. Trotzdem nahm, obgleich auch an anderen Universitäten die Zahl der studierenden Landwirte von Jahr zu Jahr wuchs, der Besuch der Landwirtschaftlichen Anstalt der Universität Halle noch stetig bis in die Gegenwart zu, so daß bis zum Sommer 1909 fast 8000 Landwirte daselbst studiert hatten. Dieser beispiellose Erfolg beruht in erster Linie auf der Bedeutung Kühns als Lehrer und Forscher. Die Verbindung eines umfassenden naturwissenschaftlichen Wissens mit einer reichen landwirtschaftlichen Erfahrung gab seiner Lehr- und Forschertätigkeit ihre inhaltliche Bedeutung und war die Ursache seiner so ungemein erfolgreichen Wirksamkeit.

Außer Kühn ist noch als besonders erfolgreicher Lehrer der vom großen Reformator Thaer begründeten Landwirtschaftswissenschaft Albert Orth von der Landwirtschaftlichen Hochschule in Berlin zu nennen, der jetzt in seinem 76. Lebensjahre auf ein 50jähriges Wirken als landwirtschaftlicher Dozent und auf 46 Jahre Hochschultätigkeit zurückblickt. Er wurde am 15. Juni 1835 zu Lengefeld bei Corbach geboren, studierte zu Göttingen und Berlin, war von 1860–65 Oberlehrer an der Landwirtschaftlichen Lehranstalt Boberbeck, promovierte 1868 zu Göttingen, wurde 1870 Dozent in Halle a. S. und wirkt seit 1871 als Professor an der damals „Landwirtschaftliches Institut“ genannten Landwirtschaftlichen Hochschule in Berlin. Er ist Begründer des Laboratoriums für Bodenkunde, publizierte eine Schrift über „Kalk- und Mergeldüngung“ und nahm wertvolle wissenschaftliche Bodenuntersuchungen des Rüdersdorfer Kalkdistrikts vor. Er schuf sechs Wandtafeln für Bodenkunde, die typischen Bodenprofile des deutschen Flachlandes betreffend, machte auch mit einem Fachgenossen eine Bodenaufnahme der Pontinischen Sümpfe zwischen Rom und Neapel, die erste ihrer Art. Als Vorsteher des agronomisch-pedologischen Instituts der Landwirtschaftlichen Hochschule pflegte er vornehmlich die Erforschung und die Lehre von der Bodenbeschaffenheit in ihren Beziehungen zum Pflanzenleben, ein Verhältnis, dessen enorme Wichtigkeit für den landwirtschaftlichen Betrieb auch dem Laien ohne weiteres klar sein dürfte. Studienausflüge in Landwirtschaftsgegenden ergänzen das bei ihm gebotene theoretische Studium; auch bieten die Rieselfelder der Stadt Berlin prachtvolle Modelle für die Bewässerungs- und Entwässerungslehre, Muster für sehr bedeutende Aptierungs- und Dränierungsarbeiten. Ein für das Studium höchst wichtiges Hilfsmittel ist das von Orth während der letzten 25 Jahre mit erheblichen eigenen Geldopfern errichtete Museum, das unschätzbares Illustrationsmaterial zum Unterricht beisteuert. Darin sind unter anderem in einem Bodenschrank 60 typische, geologisch geordnete Bodenprofile des Deutschen Reiches enthalten, ferner das Wurzelherbarium der wichtigsten landwirtschaftlichen Kulturgewächse auf bis 4 m hohen Tafeln unter Glas, eine Sammlung, die in den Jahren 1882 und 1883 von Orth im Sandboden der Berliner Talebene mit Hilfe der Assistenten aufgenommen wurde. Kein Besucher Berlins, der sich für diesen wichtigsten Zweig der menschlichen Erkenntnis interessiert, sollte es unterlassen, diese Sehenswürdigkeit der Reichshauptstadt zu besichtigen.

In neuester Zeit hat neben dem Studium der chemischen Beschaffenheit des Bodens besonders dasjenige der Bodenbakterien und deren Einfluß auf das gute Gedeihen der Pflanzen eine große praktische Bedeutung erlangt. Zahlreiche Arten derselben, besonders die sich in den Wurzelknöllchen der Leguminosen ansiedelnden und daselbst den Stickstoff der Luft, der sonst für die Pflanze unbrauchbar ist, durch Verwandlung in salpetersaure und salpetrigsaure Salze nutzbar machenden Rhizobien oder Wurzellebewesen werden heute im großen in Reinkultur gezüchtet und zur Besiedlung des Bodens an Stelle von Düngung bei der Kultur der Leguminosen verwendet. Auch die frühere Brache hat im Grunde nur auf dem ruhigen Sichvermehrenlassen solcher stickstoffvermehrender Bakterien der verschiedensten Arten beruht. So fand schon der französische Chemiker Berthelot in seinen grundlegenden Versuchen, daß sich in liegengelassenen dürren Blättern durch die reichliche Entwicklung solcher ein Zuwachs an Stickstoff nachweisen ließ, und daß 50 kg Ackererde auf demselben Wege in sieben Monaten einen Zuwachs von 12,7 g Stickstoff erlitten. Alle diese winzigen, meist einzelligen Pilze, die teils sauerstoffbedürftig sind, teils ohne solchen gedeihen, sind vom Vorhandensein kohlenstoffhaltiger Nahrung abhängig, da sie die Kohlensäure der Luft nicht zu assimilieren vermögen. Sie können also nur dort gedeihen, wo sich Pflanzen finden, die ihnen diese Nahrung liefern.[1] Besonders kommen dafür winzige grüne Algen in Betracht, die sich überall in den obersten Bodenschichten finden, wohin das für die Zerlegung der Kohlensäure der Luft und die Assimilation des Kohlenstoffs nötige Sonnenlicht dringt. Eine solche Vergesellschaftung von stickstoffassimilierenden Pilzen und kohlenstoffassimilierenden Algen ist eine Pflanzengenossenschaft, die von allen chemischen Bedingungen so gut wie unabhängig ist, da sie sich gegenseitig alles zum Leben Nötige, außer dem aber sonst in der Regel reichlich zur Verfügung stehenden Wasser, liefern. In besonders inniger Vergesellschaftung finden sie sich speziell in der Flechtengenossenschaft, die bei der ersten Besiedlung nackten Gesteines, um es nach und nach zur Wohnstätte höheren Pflanzenlebens vorzubereiten, eine überaus wichtige Rolle im Haushalte der Natur spielt. Für allen höheren Pflanzenwuchs ist ihre Tätigkeit unbedingt erforderlich, weil die stickstoffsammelnden Bakterien beim Zerfall ihrer Leiber nach dem Tode den in ihnen aufgespeicherten Stickstoff den Pflanzen ebenso nutzbar machen, wie jeden andern organischer Substanz entstammenden Stickstoff. Und zwar geht die Ansammlung solchen durch sie aus der Luft kondensierten Stickstoffs erfahrungsgemäß in schweren Böden besser vor sich als in leichten, weil sich in letzteren die nicht minder allgegenwärtigen denitrifizierenden Bakterien leichter vermehren und durch ihr gutes Gedeihen dem durch jene bewirkten Nitrifikationsprozeß entgegenarbeiten. Von wie großer praktischer Wichtigkeit eine Förderung dieser Stickstoffsammlung des Bodens ist, zeigt die einfache Erwägung, daß die deutsche Landwirtschaft jährlich über 100 Millionen Mark für Stickstoffdünger ausgibt, die zum allergrößten Teil für Chilisalpeter außer Landes gehen. Auf diesem Felde lassen sich noch große praktische Erfolge erzielen, die der Landwirtschaft in der Zukunft zugute kommen werden. Vor allem soll man durch reichliche Lüftung und Besonnung des Bodens, durch ausgiebiges und tiefes Umgraben die Ansiedlung dieser Wohltäter der Menschheit begünstigen.

Außer dem Stickstoff gehören auch Phosphorsäure, Kalk und Kali zu den wichtigsten Nährstoffen der Pflanzen, deren reichliches Vorhandensein geradezu erntebestimmend für die meisten Kulturen wirkt. Die Phosphorsäure spendet man den Feldern in Form von Knochenpulver oder neuerdings meist zerstampfter Thomasschlacke, in welcher das dem Eisen beim Thomasverfahren entzogene Phosphor angesammelt wurde. Den Kalk gibt man, wenn er nicht genügend im Boden selbst enthalten ist, in Form von Kalkmergel und das Kali in Form der sogenannten Abraumsalze, so genannt, weil man diese früher beim Graben nach Kochsalz als unbrauchbaren Abfall abräumte, bis man dann die überaus große Bedeutung derselben als Nährstoff für die Landwirtschaft erkannte, und nun vielmehr die Kalisalze ausbeutet und die dabei entstandenen Hohlräume mit dem viel weniger wertvollen Kochsalz ausfüllt. Diese Kalisalzlager, die sich in Schichten der Zechsteinperiode (Dyas) um den Harz herum erstrecken und in Staßfurt zuerst 1857 beim Bohren nach Kochsalz in großer Menge gefunden wurden, bilden ganz eigentlich den viele Milliarden Mark an Wert umfassenden Reichtum Deutschlands. Andere Bodenschätze, wie vor allem die verschiedenen Metalle, haben auch andere Länder aufzuweisen; aber Kalisalze besitzt bis jetzt nur Deutschland, was für seine Landwirtschaft einen unendlich wertvollen Schatz bedeutet, um so mehr diese immer mehr zur Verbesserung der Böden und dadurch zur Erhöhung des Ernteertrags zur Anwendung gelangen.

Gerade in unserer Zeit, da die außerordentlich verbesserten Transportgelegenheiten die Einfuhr von billigem Getreide aus dem Ausland einen starken Zurückgang der Getreidekultur und dafür ein Überhandnehmen der Milchwirtschaft als besser rentierend bewirkte, spielt der Anbau von Futterpflanzen für die zahlreichen, fast ausnahmslos Gras fressenden Haustiere eine sehr große Rolle in der Landwirtschaft. Deshalb besitzen die Futterpflanzen als Kulturpflanzen des Menschen eine zunehmende Bedeutung für ihn. Unter ihnen sind vor allem die verschiedenen Grasarten schon so lange in Kultur, als der Mensch überhaupt Ackerbau und Viehzucht treibt; denn nur bei vollständiger Sicherheit, stets genügendes Futter wie für sich selbst, so auch für die ihm unentbehrlichen Haustiere zur Hand zu haben, war es möglich, daß einigermaßen eng beieinander wohnende Menschen in größerem Maße Viehzucht treiben konnten.

Wenn wir auch nicht mehr mit Sicherheit die ältesten Futterpflanzen der Kulturmenschheit bestimmen können, so kann doch keinerlei Zweifel darüber herrschen, daß diese unter den in 3500 Arten über die ganze Erde verbreiteten Gräsern zu suchen sind, die auch die wichtigsten Getreidearten lieferten. Wie in großer Artenzahl finden sie sich in der größten Menge der Individuen besonders in der nördlichen gemäßigten Zone, wo sie vorzugsweise die niedrige Vegetationsdecke, den Hauptbestandteil der Steppen, und in Form von Wiesen auch der vom Menschen geschaffenen Kultursteppe bilden. Gegen den Äquator nimmt zwar die Zahl der Grasarten zu, aber die Menge der Individuen ab. Ganz auf die Tropen beschränkt sind die gigantischen baumartigen Formen wie die Bambusse. Die südliche Halbkugel ist etwas weniger reich an Gräsern als die nördliche, die in dieser Beziehung besonders bevorzugt ist. Gegen die Pole zu wie auch in den höheren Gebirgsregionen nehmen die Gräser an Zahl ab und verschwinden allmählich ganz.

In der Ebene und den tieferen Gebirgslagen treten gewisse Gräser wiesenbildend auf, andere machen im Schatten der Wälder den Hauptbestandteil der niedrigen Vegetation aus, wieder andere wachsen nur auf dürrem, sandigem oder steinigem Boden, auf Heiden usw. Da die auf Sandboden wachsenden Gräser mit weithin kriechenden, ausläuferreichen Wurzelstöcken versehen sind, werden sie mit Vorliebe zur Verfestigung sandiger Ufer und Straßenböschungen, von Eisenbahndämmen, Festungswällen usw. und zur Bindung des Flugsandes auf den Dünen angebaut.

Früh schon hat der zu höherer Kultur emporgestiegene Mensch durch Rodung von Wäldern nicht nur Ackerland, sondern auch Wiesen zum Weiden seines Viehs gewonnen. Aber erst spät und nur durch dichtere Besiedlung der von ihm besetzten Gebiete kam er auch dazu, durch das Schneiden und Trocknen der die Wiesen vorzugsweise besiedelnden Grasarten sich Vorräte an Viehfutter für den Winter in Form von Heu anzulegen. Die ältesten Nachrichten, die wir von den Kulturvölkern des Altertums haben, gehen nicht über die Mitte des letzten vorchristlichen Jahrtausends zurück. So berichtet der um 50 v. Chr. die ethnographisch geordnete Geschichte fast aller damals bekannten Völker bis 60 v. Chr. in 40 Büchern schreibende griechische Historiker Diodoros aus Sizilien, daher Siculus genannt, bei der Schilderung der persischen Geschichte: „Als die Phönikier sich gegen den persischen König Artaxerxes (A. I., zweiten Sohn des Xerxes, der von 465–425 v. Chr. regierte; unter ihm begann der Verfall des Reichs) empörten, begannen sie die Feindseligkeiten damit, daß sie im großen königlichen Park, in welchem die persischen Könige ihren Aufenthalt zu nehmen pflegten, die Bäume umhieben und das Heu verbrannten, wovon die Satrapen ein Magazin für ihre Kavallerie angelegt hatten.“ Daß nun die Perser bei ihrem so ausgedehnten Postdienst und bei der zahlreichen von ihnen unterhaltenen Reiterei Fouragemagazine besaßen, kann uns nicht weiter wundern. Auch die Griechen und Römer haben solche teils für Militär-, teils für Friedenszwecke errichtet. Heuvorräte für den Winter anzulegen, war schon im klassischen Altertum ein wichtiges Geschäft für den Landmann, wie uns schon der ältere Cato (234–149 v. Chr.), der unversöhnliche Feind von Roms machtvoller Nebenbuhlerin, Karthago, berichtet. Eine ausführliche Schilderung der Heuernte bei den alten Römern gibt uns der zu Gades (dem heutigen Cadix) in Spanien gebürtige römische Ackerbauschriftsteller Columella im 1. Jahrhundert n. Chr. in seinem Buche über den Landbau, worin er sagt: „Der Landmann bedarf für sein Vieh mancherlei Futter, namentlich aber Heu (foenum, im französischen foin noch erhalten). Daher muß er auch seine Wiesen, denen die alten Römer den ersten Rang in der Landwirtschaft einräumten, gehörig hegen und pflegen. Marcus Portius (der eben genannte Cato) hebt besonders hervor, daß die Wiese keinen Schaden durch Wetterschlag leidet wie die Feldfrüchte, daß sie einen sehr geringen Aufwand erfordert und doch jährlich ihren Ertrag gibt, und zwar einen doppelten, indem sie ebensoviel frisches Gras als Futter, wie Heu für die Scheuer liefert. — Wir unterscheiden trockene Wiesen und bewässerte Wiesen. Ist der Boden fruchtbar und fett, so bedarf er keiner Bewässerung, und das darauf gewonnene Heu gilt für besser, wenn es auf einem von Natur fruchtbaren Boden gewachsen und nicht nur durch Wasser hervorgelockt ist. Das letztere muß jedoch auf magerem Boden geschehen, und wo Wasser zu Gebote steht, kann auch der magerste als Wiese benutzt werden. Übrigens darf man weder eine Vertiefung wählen, in der sich das Wasser sammelt, noch einen steilen Abhang, an welchem es rasch herabfließt. Ein sanfter Abhang dagegen schadet nicht. Am liebsten hat man aber doch eine Fläche, die sich ein wenig senkt, so daß der Regen und künstlich darauf geleitetes Wasser ganz allmählich hinuntersickern. An sumpfigen Stellen muß das Wasser in Gräben abgeleitet werden; denn ein Übermaß an Wasser ist ebenso schlimm für das Gras, wie ein Mangel daran.

Die Kultur der Wiesen erfordert mehr Sorgfalt als Anstrengung. Erstens darf man auf ihnen weder Baumstrünke, noch Sträucher, noch Dornbüsche, noch allzustarkes Gras dulden. Dergleichen muß im Herbst ausgerottet werden, wie z. B. Brombeerstauden, Gesträuch und Binsen, oder im Frühjahr, wie Cichorien (intubum). Schweine dürfen auf der Wiese nicht weiden, weil sie den Boden aufwühlen; auch darf schweres Vieh auf ihnen nur gehen, wenn der Boden trocken ist, weil sonst die Hufe zu tief einsinken und die Wurzeln des Grases beschädigen. — Magere Abhänge müssen im Februar bei abnehmendem Monde mit Mist gedüngt werden. Alle Steine und sonstigen Dinge, die der Sichel im Wege sein könnten (Sensen kannte man im Altertum noch nicht), müssen abgelesen werden. Alte, mit Moos (muscus) überzogene Wiesen befreit man von diesem, indem man es auskratzt und dann Grassamen aus der Scheuer aufstreut, oder indem man Mist auffährt; jedoch ist Asche das beste Mittel, um Moos auszurotten.

Das Gesagte bezieht sich auf Wiesen, die schon als solche vorhanden sind. Kommt es dagegen darauf an, neue anzulegen oder verdorbene neu in Stand zu setzen, so ist es oft vorteilhaft, den Boden erst zu pflügen; denn eine alte Wiese gibt, wenn sie umgepflügt ist, oft einen hohen Ertrag. Es wird also ein solches zur Wiese bestimmtes Stück Land im Sommer mehrmals mit dem Pfluge gewendet, dann im Herbst mit Rüben (rapum), Raps (napus) oder Saubohnen (faba) besät und im folgenden Jahre mit Getreide. Im dritten wird es dann sorgsam gepflügt und mit Wicken (vicia), die mit Heusamen (semen foeni) gemengt sind, besät. Hierauf werden die Schollen mit Hacken kleingeschlagen und mit Eggen geebnet, auch werden die kleinen Hügel, die sich da bilden, wo man die Egge wendet, dem Boden gleich gemacht, damit gar nichts zurückbleibt, woran die Sichel des Mähers (foenisex) sich stoßen könnte. Die Wicke bleibt so lange stehen, bis sie ganz reif ist und schon eine Anzahl Samen auf den Boden hat fallen lassen. Dann wird sie samt dem Grase gemäht, in Bündel gebunden und weggeschafft. Ist der Boden fest, so kann man ihn nun wässern, wenn Wasser zu haben ist. Ist er aber locker, so darf man nicht eher eine größere Menge Wasser darauf fließen lassen, als bis er dicht mit Graswurzeln durchzogen ist, sonst würde das Wasser die Erde mitnehmen und die Wurzeln des Grases bloßlegen. Auch das Vieh darf nicht auf die junge Wiese gehen. So oft das Gras emporgewachsen ist, wird es mit Sicheln (falx) geschnitten. Erst im zweiten Jahr gestattet man nach der Heuernte (foenisicium) dem kleinen Vieh, auf eine solche Wiese zu gehen, wenn sie trocken und zur Weide günstig gelegen ist. Im dritten Jahr kann auch das große Vieh auf ihr weiden, wenn sie fest geworden ist. Noch ist darauf zu sehen, daß die magersten und die höchsten Stellen der Wiese im Februar mit Heusamen und Mist beworfen werden. Ist die Höhe gedüngt, so führt der Regen oder die Bewässerung die Nährkraft auch auf die tieferliegenden Teile. Aus eben diesem Grunde düngt man die Höhen der Äcker stärker als die Tiefen.

Tafel 93.

Wirkung der künstlichen Düngung auf den Heuertrag.
Links beginnend: 1. Ohne Düngung. 2. Mit Superphosphat. 3. Mit Kainit und Superphosphat.


GRÖSSERES BILD

Tafel 94.

Rotbuchen-Kuhbüsche (vorderster Busch 3,5 m hoch) von der Weide des Hüttenwasens beim Feldberg im Schwarzwald, wie die Geißtannli der schweizerischen Alpenweiden durch beständiges Abgefressenwerden der jungen Triebe durch das weidende Vieh entstanden. (Nach Photogramm von L. Klein aus den Vegetationsbildern von G. Karsten und A. Schenck.)


GRÖSSERES BILD

Das Heu wird am besten zur Zeit geschnitten, da es erwachsen, aber noch nicht dürr ist; man bekommt dann mehr davon und es gibt ein wohlschmeckenderes Futter für das Vieh ab. Beim Dörren hat man darauf zu achten, daß es weder zu trocken, noch zu frisch eingefahren wird. Das allzu trockene ist strohartig, das allzu frische geht in der Scheuer (tabulatum) in Fäulnis über, erhitzt sich auch oft so, daß Feuer daraus emporschlägt. Wird geschnittenes Heu auf der Wiese vom Platzregen durchnäßt, so läßt man es ruhig liegen, bis es obenweg wieder von der Sonne getrocknet ist. Erst dann wird es gewendet und, wenn es auf beiden Seiten getrocknet ist, auf Schwaden (striga) gebracht und in Bündel (manipulus) gebunden. Nun bringt man es so bald als möglich unter Dach oder baut, wenn solches nicht möglich ist, Schober (meta, so hieß übrigens auch der als Ziel oder Wendepunkt dienende kegelförmige Stein in der Rennbahn) aus ihm, die so spitzig als möglich sein sollen. So wird das Heu am besten vor Regen geschützt; auch haben die Schober, abgesehen vom Schutz gegen Regen, das Gute, daß das Heu in ihnen schwitzt und so die noch vorhandene Feuchtigkeit verdunsten läßt. Auch wenn man Heu unter Dach bringt, tut man gut daran, es zunächst nur lose aufzuschichten und es erst später, nachdem es geschwitzt hat, festzutreten, da, wo es bleiben soll.“

Der fruchtbarste und bedeutendste Gelehrte Roms, Marcus Terentius Varro (116–27 v. Chr.) schreibt in seinem Buche über den Landbau: „Hört das Gras (herba) der Wiesen (pratum) auf zu wachsen und beginnt vor Hitze dürr zu werden, so muß es mit Sicheln abgeschnitten werden, dann wendet man es mit Gabeln, bis es dürr ist, bindet es in Bündel und fährt es in das Landhaus (villa). Nun kratzt man die Stoppeln (stipula) von der Wiese mit Harken und legt sie zum Heuvorrat (foenisicia). Ist dies geschehen, so werden die Wiesen noch gesichelt, d. h. es wird noch das mit den Sicheln weggeschnitten, was die Heumäher (foenisex) beim ersten Schnitt haben stehen lassen, nach welchem die Wiese noch ganz höckerig aussieht.“ Palladius im 4. Jahrhundert n. Chr. rät die als Weide dienenden Wiesen (pascuum) im August in Brand zu stecken, damit die Sträucher (frutex) bis auf den Strunk (stirps) abbrennen und die Gräser nach dem Brande um so freudiger wieder aufsprießen. Auch rät er die Scheuern nicht bloß trocken und luftig, sondern auch weit genug vom Landhaus weg zu bauen, damit letzteres im Falle eines Brandes nicht gefährdet werde.

In welch hohen Ehren der Landbau bei den Römern noch in der Kaiserzeit stand, das bezeugt uns Plinius der Ältere (23–79 n. Chr.), der uns in seiner Naturgeschichte bezeugt: „Auch bei den Ausländern hat es für eine passende Beschäftigung für Könige und Feldherrn gegolten, über den Landbau zu schreiben. Das haben z. B. die Könige Hiero, Philometor, Attalus und Archelaos, die Feldherrn Xenophon und Mago der Punier getan. Als das römische Heer Karthago erobert hatte (146 v. Chr.), schenkte unser Senat die dortigen Büchersammlungen den kleinen Fürsten Afrikas; die 28 kleinen Schriften des Mago (lebte etwa um 520 v. Chr.) aber hielt er in Ehren und ließ sie ins Lateinische übersetzen, obgleich der ältere Cato damals schon über den Landbau geschrieben hatte. — Auch unter den Weltweisen, den ausgezeichneten Dichtern, den berühmten Schriftstellern sind tüchtige Landwirte gewesen. Ich habe deren Namen in der Einleitung zu meinem Buche genannt, erwähne aber ganz besonders den Marcus Varro, der sich noch in seinem 81. Lebensjahr entschloß, über die Landwirtschaft zu schreiben.“

Derselbe Plinius aber bemerkt zur Tatsache, daß die römischen Landgüter zu seiner Zeit nur noch durch die infolge der zahlreichen Kriege im Überfluß auf den Sklavenmarkt geworfenen Kriegsgefangenen bearbeitet wurden: „In alter Zeit bebauten unsere Feldherrn mit eigener Hand ihre Felder, und man darf wohl annehmen, daß sich die Erde selbst über den mit Lorbeer bekränzten Pflug und den durch Triumphe berühmten Pflüger gefreut habe. Dem Serranus wurden seine Ehrenstellen übertragen, wie er gerade mit Säen (serere) beschäftigt war, und so erhielt er jenen Namen. Dem Cincinnatus überbrachte der Staatsbote (458 v. Chr.) die Diktatur, wie er seine vier Joche Landes am Vatikan pflügte; sie heißen noch jetzt die Qintischen Wiesen (er hieß nämlich Lucius Qinctius Cincinnatus). — Heutzutage wird das Land von Sklaven bearbeitet, deren Füße gefesselt, deren Hände verdammt und deren Gesichter gebrandmarkt sind. Das kann die Erde doch nur mit Widerwillen dulden.“

Neben den Gräsern spielte die Luzerne (Medicago sativa) schon bei den Kulturvölkern des Altertums eine nicht unwichtige Rolle. Dieser Schmetterlingsblütler mit bläulichen oder violetten Blüten in lockeren Trauben und spiralig zusammengerollten Hülsen ist vom südwestlichen Rußland durch Asien bis zur Mongolei, Tibet und Vorderindien heimisch, während die ihr nahe verwandte gelbblühende Abart, der Sichelklee (Medicago falcata), von Mittel- und Südeuropa bis zum nördlichen Sibirien und nach Zentralasien wildwachsend vorkommt. Die Luzerne ist ein sehr wertvolles Futterkraut, das so gut wie niemals versagt und sehr viele Jahre hindurch einen unverminderten Ertrag gibt, weshalb sie auch als „ewiger Klee“ bezeichnet wird. Sie kann auf gutem Boden bei uns jährlich viermal, in Südeuropa sogar sechsmal geschnitten werden. Die Kreuzung derselben mit dem einheimischen gelbblühenden Sichelklee hat die ihrem Ursprung gemäß häufig Farbenübergänge von Gelb nach Violett zeigende Sandluzerne (Medicago media) hervorgebracht, so genannt, weil sie noch auf magerem Boden mit Vorteil angebaut werden kann.

Im rossereichen alten Medien, der Landschaft südöstlich vom Kaukasus, scheint die Luzerne zum erstenmal in größerem Umfange als Pferdefutter angepflanzt worden zu sein; wenigstens gelangte sie von dort zu den Kulturvölkern der Mittelmeerländer, zu den Griechen als mēdikḗ póa oder einfach mēdikḗ und von diesen zu den Römern als medica. Die, wie vorhin gesagt, einen außerordentlich ausgedehnten Gebrauch vom Pferd für die zahlreiche Kavallerie und den Postdienst machenden Perser nannten sie aspest, d. h. Pferdefutter, pflanzten sie ebenfalls viel an und sollen sie auf ihren Kriegszügen nach dem Urteil des Plinius nach Griechenland verbreitet haben. Von den griechischen Schriftstellern erwähnt sie zuerst der Komödiendichter Aristophanes (455–387), und zwar gleichfalls als Pferdefutter. Auch Aristoteles (384–322) spricht wiederholt von ihr, urteilt aber in ziemlich abfälliger Weise von ihrem Nutzen: „Sie ist zwar den Bienen zuträglich, aber ihr erster Schnitt taugt nichts und sie entzieht den Tieren, besonders den Wiederkäuern, die Milch.“ Die Römer urteilten, nachdem sie dieses Futterkraut von den Griechen kennen gelernt hatten, günstiger darüber. Cato (234–149 v. Chr.) kannte es offenbar noch nicht, denn er schweigt sich vollständig über die Luzerne aus. Der erste, der sie erwähnt, der gelehrte Varro (116–27 v. Chr.), sagt von ihr, daß die Schafe durch die Fütterung mit medica, deren Samen beim Säen wie Getreide geworfen werde, wie auch mit dem baumförmigen Schneckenklee (cytisus) fett werden und viel Milch geben. Sehr eingenommen von ihr ist besonders der römische Ackerbauschriftsteller Columella aus dem 1. Jahrhundert n. Chr., der von ihr schreibt: „Unter allen Futterkräutern ist das medische Kraut (herba medica) von höchstem Wert, da es, einmal gesät, zehn Jahre ausdauert, jährlich vier-, bisweilen auch sechsmal geschnitten werden kann, das Feld düngt, mageres Vieh fett und krankes gesund macht. Von einem Morgen Luzerne können drei Pferde das ganze Jahr hindurch reichlich genährt werden.“ Er gibt uns eine ausführliche Schilderung seines Anbaues auf dreimal gepflügtem Feld, das zuvor gut gedüngt worden sein muß. Nach der Aussaat dürfe das Kraut nicht mit Eisen berührt werden, deshalb jäte man es mit hölzernen Hacken. Später könne man es so klein schneiden als man will, nur dürfe man nicht dem Vieh von vornherein zu viel davon geben, da es sonst blähe; es müsse sich zuerst daran gewöhnen. Sein Zeitgenosse, der aus Kilikien gebürtige griechische Arzt Dioskurides sagt von der Luzerne, jeder Landmann, der Vieh hält, pflanzt sie an, und Plinius rühmt von ihr, daß sie 30 Jahre ausdauere und so wichtig sei, daß der Grieche Amphilochos (aus Athen) über sie und den baumförmigen Schneckenklee ein Werk geschrieben habe. Auch Palladius im 4. Jahrhundert n. Chr. weiß nur Gutes von ihr zu berichten. Um die Mitte des 6. Jahrhunderts legte der sassanidische König Chosroes I. eine hohe Steuer auf ihre Kultur, was bei der großen Bedeutung der Pferdezucht im Lande Iran für das Volk sehr drückend, aber für ihn recht einträglich war. Später verbreiteten dann die Araber ihre Kultur weithin über Nordafrika, und durch die Kulturvölker Europas gelangte sie in der Neuzeit über die ganze Erde. Und zwar erlangte sie überall deshalb eine große Bedeutung, weil sie diejenige Futterpflanze ist, die in den Subtropen und Tropen am besten gedeiht und die sichersten Erträge gibt. Dabei hält sie 4–10 Jahre aus und gewährt 3–4 Heuschnitte jährlich. Neben dem Grünmais ist sie eine der wertvollsten Futterpflanzen für wärmere Gegenden.

Wie der Anbau der Luzerne um 490 durch die Perser nach Griechenland und zwischen 150 und 50 v. Chr. von Griechenland nach Italien gelangte, so kam er etwa hundert Jahre später von dort nach Spanien, von wo er dann im 16. Jahrhundert nach Frankreich eingeführt wurde. 1565 treffen wir ihn in Belgien. Die Provenzalen aber erhielten diese Futterpflanze von der Riviera, wohin sie ums Jahr 1550 von Italien her gelangt war, und nannten sie nach dem italienischen Ort Clauserne, woraus dann Luzerne wurde. Letzterer Name stammt indessen erst aus der Mitte des 18. Jahrhunderts; früher wurde sie burgundisch Heu oder welscher Klee genannt. Um 1570 fand sie durch Wallonen in der Rheinpfalz Eingang; doch machte ihr Anbau im 17. Jahrhundert kaum Fortschritte. Um 1730 tauchte sie, wahrscheinlich von Mainz aus dahin gelangend, plötzlich in Erfurt auf und verbreitete sich von da weiter über Deutschland.

Als Futterpflanze nicht minder beliebt als die Luzerne war bei den alten Griechen und Römern der in den Mittelmeerländern heimische, aber daselbst nicht allgemein verbreitete, jedoch um Smyrna, auf den ägäischen Inseln, in Griechenland und Süditalien wildwachsende baumförmige Scheckenklee (Medicago arborea), von den Griechen kýtisos und in Anlehnung daran von den Römern cytisus genannt. Wie in China und später auch anderwärts der weiße Maulbeerbaum für die Nahrung der Seidenraupe, so wurde in Griechenland und Italien im Altertum dieser strauchförmige Lippenblütler nur seiner Blätter wegen an den Wegrändern und als Einfassung von Äckern angepflanzt, um diese als beliebtes Viehfutter zu verwenden. Man köpfte ihn und zog ihn niedrig, benutzte also vorzugsweise den immer erneuten Stockausschlag. Acht Monate im Jahr lieferte der Baum den Tieren grünes Futter, das ihnen nach dem einstimmigen Urteil der alten Schriftsteller sehr zuträglich sein und ihre Milchabsonderung befördern sollte, und den Rest des Jahres Trockenfutter. Dabei war die Kultur sehr bequem und mühelos, da sich die Pflanze mit dem magersten Boden begnügte und gegen noch so große Trockenheit unempfindlich war. In dieser Weise drücken sich Columella und Plinius aus, wobei der letztere noch hinzufügt, bei solchen großen Vorzügen sei es „nur zu verwundern, daß der cytisus in Italien nicht häufiger angepflanzt werde. Dieser Strauch stammt von der Insel Kythnos (einer der ägäischen Inseln) und wurde von da zum großen Gewinne der Käsebereitung nach Griechenland und von dort nach Italien verpflanzt. In Italien ist er aber noch selten, obschon das Vieh bei keinem andern Futter mehr und bessere Milch geben soll. Man sät im Frühjahr die Samen oder steckt im Herbst Stecklinge, am besten ellenlange.“ Selbst säugenden Frauen gebe man eine Abkochung von Cytisusblättern mit Wein, wodurch auch das Kind gestärkt und sein Wuchs befördert werde. Auch in Spanien muß der Strauch zur Römerzeit angepflanzt worden sein; denn dort wird er heute verwildert angetroffen.

Überhaupt wurde bei den Alten auch verschiedenes anderes Laub als Viehfutter verwendet. Da dem heißen, gebirgigen Süden die blumenreichen Wiesen des Nordens versagt sind, lag es nahe, dem Vieh nicht nur die bei der Beschneidung von Ölbaum und Rebe abfallenden Zweige, sondern auch die Blätter von den die Wege und Äcker einfassenden Bäumen als Futter zu geben, wie das dürre Laub als Streu diente. Schon der ältere Cato (234–149 v. Chr.) erteilt in seiner Schrift über den Landbau die uns seltsam klingende Vorschrift: „Gib den Ochsen Laub von Ulmen, Pappeln, Eichen und Feigenbäumen, so lange du davon hast. — Den Schafen gib Baumlaub, so lange du solches hast“ und wiederholt später: „Hast du kein Heu, so gib dem Ochsen Eichen- und Efeublätter.“ Auch bei den späteren landwirtschaftlichen Schriftstellern wird diese Art Fütterung so oft erwähnt und vorausgesetzt, daß sie allgemein üblich gewesen sein muß.

Neben der Luzerne spielte bei den Griechen und Römern des Altertums auch die von den ersteren thérmos, von den letzteren dagegen lupinus genannte Lupine eine große Rolle als Viehfutter. Wie Theophrast im 4., so sagt der ältere Cato im 2. Jahrhundert v. Chr. von ihr, daß sie sogar auf magerem, trockenem Boden gedeihe und sandiges Erdreich fettem vorziehe; und Columella rühmt von ihr: „Unter den Hülsenfrüchten ist die Lupine vorzüglich wichtig, weil sie wenig Mühe macht, sehr wohlfeil ist und den Acker, auf dem sie wächst, sehr verbessert. Sie gibt eine herrliche Düngung, gedeiht selbst auf ganz erschöpftem Boden und läßt sich in der Scheuer fast ewig gut erhalten. In Hungerjahren gibt sie auch den Menschen eine sättigende Speise. Man sät sie gleich von der Tenne weg; sie gedeiht auch, wenn man sie nur ganz schlecht unter die Erde bringt. Um kräftig zu werden, bedarf sie lauen Herbstwetters; auch leidet sie durch Frost, wenn er eintritt, bevor sie erstarkt ist. Samen, die nicht zur Saat verwendet werden, sollen trocken auf dem vom Rauch durchzogenen Speicher aufbewahrt werden, damit sie nicht von den Würmern angegriffen werden.“ Sein Zeitgenosse Dioskurides unterscheidet eine zahme Lupine, die dem Menschen zur Speise dient und auch arzneilich verwendet wird, und eine wilde, der zahmen ähnliche, aber kleiner als diese, obwohl dieselben Eigenschaften besitzend. Um 200 n. Chr. urteilt der griechische Grammatiker Athenaios aus Naukratis in Ägypten über sie: „Die Lupine ist eine Speise für Hungerleider. Der Dichter Diphilos nannte sie thermokýamos, und so heißt sie noch jetzt. Polemon sagt, daß die Lakedämonier sie lysiláis nennen. Der Philosoph Zenon der Kittier war ein flegelhafter, jähzorniger Mensch, pflegte aber höflich und sogar zärtlich zu sein, wenn er eine tüchtige Portion Wein getrunken hatte. Wie er nun gefragt wurde, wie das möglich sei, antwortete er: Mir geht es wie den Lupinen; sie sind erbärmlich bitter, so lange sie trocken sind, dagegen süß und lieblich, sobald sie sich recht satt getrunken haben.“ Endlich empfiehlt sie Palladius im 6. Jahrhundert n. Chr. zur Gründüngung.

Heute noch sind die gelbe Lupine (Lupinus luteus) und die schmalblätterige blaue Lupine (Lupinus hirsutus) für unsere Landwirtschaft sehr wichtige Futterkräuter. Beide sind ursprünglich im Mittelmeergebiet heimisch und gedeihen sehr gut auf magerem Sandboden, in den sie ihre Pfahlwurzel 1 m tief und darüber hinabsenken. Erstere mit großen, goldgelben, wohlriechenden Blüten in langer Ähre und rundlichen, weißgefleckten Samen kam aus Sizilien nach Deutschland und wurde zuerst 1840 in Groß-Ballerstedt in der Altmark angebaut. Von da verbreitete sie sich bald über das ganze Sandgebiet Preußens, da sie nicht nur mannigfaltigen Nutzen zur Weide, als Grünfutter, zur Heu- und Körnergewinnung gewährt, sondern auch zur Gründüngung von höchstem Werte ist. Mit den in ihren Wurzelknöllchen angesiedelten Rhizobien wirkt sie energisch stickstoffsammelnd. Am besten gedeiht sie an freier, sonniger Lage; dabei befördert eine Zugabe von Gips den Blattwuchs.

Noch genügsamer als die gelbe ist die blaue Lupine, die selbst noch auf grandigem, d. h. aus grobem Sand und feinem Kies bestehendem Boden gedeiht. Sie kam aus Spanien zu uns, und besitzt einen nach oben stark verästelten Stengel, kurze, ährenförmige Trauben mit blauen Blüten und rötlichgraue, weißpunktierte Samen von der Größe von Wickensamen. Das Vieh frißt die Körner der blauen Lupine lieber als die der gelben, aber bei ersterer dringen die Wurzeln nicht so tief in den Boden ein und die Nachfrucht, wozu gewöhnlich Roggen gewählt wird, fällt viel schlechter aus. Die Lupinensamen bilden ein leichtverdauliches, bei richtiger Verwendung für Mastzwecke vortrefflich geeignetes Futter. Da sie aber bitter sind, müssen sich die Tiere erst daran gewöhnen, wenn auch Pferde und Rinder sie deshalb anfänglich zurückweisen, so nehmen sie sie schließlich doch an und kehren sich nicht mehr an die Bitterkeit derselben, zu deren Beseitigung schon zahlreiche Methoden angegeben wurden. Die Samen dienen auch als Arzneimittel und häufiger als man glaubt als Kaffeesurrogat wie Zichorie.

Viel weniger häufig als die beiden vorgenannten wird bei uns die aus dem Orient stammende weiße Lupine (Lupinus albus) angebaut. Sie diente schon den alten Griechen und Römern als Futterpflanze, wie auch die aus Westasien stammende rauhhaarige Lupine (Lupinus hirsutus) mit blauen Blüten, die bei uns als Gartenzierpflanze angetroffen wird. Die Früchte dieser beiden Lupinenarten galten den alten Griechen und Römern als Leckerbissen. Gleicherweise wurde von diesen Kulturvölkern des Altertums, teils zur Benutzung der Samen für den Menschen, teils als Viehfutter die von den Griechen láthyros, von den Römern dagegen cicercula genannte Saatplatterbse (Lathyrus sativus), auch deutsche Kichererbse, Kicherling oder weiße Erve genannt, angepflanzt. Sie ist ein 30–60 cm hoch werdendes Sommergewächs Südeuropas mit unpaarigen Fiederblättern, in drei Ranken auslaufenden Blattstielen, einzeln stehenden, langgestielten, weißen, roten oder violetten Blüten und 4 cm langen, zusammengedrückten Hülsen, die 2–3 ziemlich große, eckige, gelbweiße, rot- und violettbräunliche Samen enthalten. Obschon letztere etwas bitter sind, wird die Pflanze zu deren Gewinnung als Speise für die Menschen noch in den gebirgigen Teilen Griechenlands und Italiens angebaut. Sonst wird die Pflanze in ganz Südeuropa, besonders in Rumänien, wenig dagegen in Mitteleuropa, speziell Deutschland als gutes Viehfutter auf trockenem Boden angepflanzt. Vielfach werden deren Samen unreif wie Erbsen gegessen, sind aber weniger wohlschmeckend.

Vielfach findet man auf Wiesen als ein Zeichen von deren besserer Qualität die ausdauernde Wiesenplatterbse (Lathyrus pratensis) mit gelben Blüten. Wo sie aber in größeren Massen auftritt, schadet sie dem Graswuchs. Sie wird auch vielfach als Futterpflanze angebaut, da sie eine große Menge guten Futters liefert. Wegen seiner Bitterkeit wird ihr Laub im grünen Zustand vom Vieh nicht gern gefressen, wohl aber als Heu. Es ist dann sehr schmackhaft und kräftig. Ein feineres Futter als diese erzeugt die Sumpfplatterbse (Lathyrus palustris), die ebenfalls ausdauernd ist und reiche Trauben von blauen Blüten besitzt. Sie wächst auf feuchten, moorigen Wiesen, wo sonst verhältnismäßig wenig Futterpflanzen gedeihen, und wird vom Vieh auch grün gerne gefressen, weil sie nicht so unangenehm bitter ist als die vorige. Die Waldplatterbse (Lathyrus silvestris), eine in Mitteleuropa an Waldrändern und an Hecken wachsende Staude mit kletterndem, ästigem Stengel, lanzettlichen Blättern, roten Blüten in Trauben und flachen, runzeligen Samen, eignet sich dagegen zum Anbau als Futterkraut auf steinigem, grobem und dürrem Boden. Sie ist durch ein stark entwickeltes Wurzelsystem und eine große Fähigkeit die Gesteine zu zersetzen ausgezeichnet, treibt um 8–14 Tage früher als die Luzerne und ist gegen Spätfröste unempfindlich, was große Vorteile bedeuten. Den höchsten Ertrag liefert sie nach drei Jahren, indem sie 10000 kg Heu pro Hektar ernten läßt. Dabei kann sie ebenso gut grün, wie getrocknet verfüttert werden.

Während der in Südeuropa heimische Kronsüßklee (Hedysarum coronarium) in Italien und den Balearen als Futterpflanze angebaut wird, spielt der Gebirgssüßklee (Hedysarum obscurum) auf den bewässerten Alpenwiesen eine große Rolle als sehr geschätzte Nahrung des dort sömmernden Viehs. Deren nahe Verwandte sind die Esparsette und die Serradelle. Die Esparsette (Onobrychis sativa) ist eine in höheren Lagen des gemäßigten Europa heimische, östlich bis zum Baikalsee gehende, kalkstete, 30–60 cm hohe Pflanze mit lanzettlichen Blättern, langgestielten Ähren von roten Blüten und rundlichen Nüßchen, die auf trockenem, über zerklüftetem Kalkstein oder Mergel stehendem Boden das beste Futtergewächs ist und Kalkgegenden, die sonst zu den unfruchtbarsten gehören, fruchtbar macht, deshalb auch in Deutschland überall auf Kalk- und Kreideboden angebaut wird. Auf Boden mit kiesigem oder sandigem Untergrund gedeiht sie schlecht, weil die Wurzeln über 1 m tief gehen, sehr gut dagegen auf recht kalkreichem, wobei sie 3–6 Jahre aushält, jedoch meist nur einen Schnitt und Weide gibt. Den Griechen und Römern war sie durchaus unbekannt. Erst im Laufe des 15. Jahrhunderts tritt sie uns in Mitteleuropa als Kulturpflanze entgegen. Allem Anscheine nach hat ihre Kultur im südlichen Frankreich ihren Ursprung genommen, und zwar möglicherweise erst im 15. Jahrhundert. Im 16. Jahrhundert, zu Lebzeiten Olivier de Serres, der uns darüber in seinem Buche Théâtre de l’agriculture berichtet, war sie, die lupinella der Italiener, dort bereits eine sehr geschätzte Futterpflanze. In Italien hat sich ihr Anbau erst im 18. Jahrhundert, namentlich in Toskana, weiter ausgebreitet. Schon ums Jahr 1560 wurde sie vor der Luzerne, aber nach dem roten Klee in Süddeutschland als Futterpflanze angebaut und verbreitete sich von da weiter. Sie ist nächst Luzerne und Wiesenklee unser vorzüglichstes Futterkraut besonders für milchende Kühe, düngt mit ihren zahlreichen Wurzelknöllchen den Boden gut und liefert in ihren honigreichen Blüten eine treffliche Bienenweide.

Wie die Esparsette der Klee des Kalkbodens, so ist die auf der iberischen Halbinsel, in Spanien und Portugal, heimische Serradelle (Ornithopus sativus) der Klee des Sandbodens. Sie besitzt 30–60 cm hohe Stengel, vielblütige Köpfchen von lilafarbenen Blüten und 25 cm lange, perlschnurartig gegliederte Hülsen, wird von allen herbivoren Haustieren gerne gefressen und kommt dem Wiesenheu an Nährwert gleich. Da sie den Boden vermöge der stickstoffsammelnden Knöllchenbakterien düngt und ihn bei gutem Stand auch trefflich beschattet, ihn damit in guter Gare hinterläßt, wird sie zur Verbesserung schlechter Ländereien verwendet. Sie ist eine gute Vorfrucht, zumal für Getreide, eignet sich aber auch vorzüglich als Nachfrucht, indem man sie im Frühjahr in Wintergetreide sät und nach der Ernte desselben noch einen guten Futterschnitt oder im schlimmsten Fall eine gute Weide erhält. Sie wurde in ihrer Heimat wohl erst gegen den Anfang des 19. Jahrhunderts in Kultur genommen und gelangte von dort um die Mitte desselben zu uns.

Eine gute Futterpflanze ist auch der gelbe oder Steinklee (Medicago lupulina), eine auf Wiesen und an Wegrändern in ganz Europa mit Ausnahme der arktischen Gebiete, in Nordafrika und Mittelasien wildwachsende Pflanze mit niederliegendem oder aufsteigendem Stengel, eiförmigen Blättchen, gelben Blüten in ährigen Trauben und nierenförmigen, eingerollten Hülsen, die ein- und zweijährig kultiviert wird. Ihre Samen werden fast ausschließlich in Mittel- und Niederschlesien gezogen, während diejenigen der Luzerne und Sandluzerne vorzugsweise in der Provence und in Italien vertrieben werden.

Auch die verschiedenen Arten von Honigklee (Melilotus) finden als Futterkräuter Verwendung. So wurde der in Italien und Griechenland als überall angetroffenes Unkraut heimische sizilische Honigklee (Melilotus messanensis) mit gelben Blüten von den Alten als Viehfutter gepflanzt. Noch heute heißt er in Griechenland hémeron triphýlli, d. h. zahmer Klee. Bei den alten Griechen hieß er melílōtos, war dem Apollon und den Musen geweiht und galt als Symbol der Schönheit und wohlgesetzten Rede. Das wohlriechende Kraut war zu Kränzen beliebt und diente nach Nikander um den Kopf gewunden zur Linderung von Krankheiten aller Art. Der griechische Arzt Dioskurides um die Mitte des 1. Jahrhunderts n. Chr. schreibt in seiner Arzneikunde: „Der beste Honigklee (melílōtos) wächst bei Athen, Kyzikos und bei Karthago, und zwar mit safrangelber Farbe und Wohlgeruch. Er wächst auch in Kampanien bei Nola, hat die Eigenschaften des Bockshornklees (telízōn), aber sein Geruch ist schwächer. Man braucht ihn gegen Kopfweh und einige andere Übel.“

Der gelbblütige Honigklee (Melilotus officinalis), der durch achselständige, lange, lockere Blütentrauben ausgezeichnet ist und sehr kurze, meist einsamige Früchte zeitigt, ist eine ebenfalls als Viehfutter beliebte, 1–1,25 m hohe Staude, die in allen Teilen, besonders getrocknet, einen starken Geruch nach frischem, duftigem Heu wie das Ruchgras (Anthoxantum odoratum) und andere vorzügliches Futter gebende Gräser aushaucht. Bei allen diesen rührt der Duft von dem besonders in den Tonkabohnen enthaltenen und daraus gewonnenen, auch dem Waldmeister sein köstliches Aroma verleihenden Kumarin, das in der Parfümerie eine große Rolle spielt, auch zum Aromatisieren von Schnupftabak dient. Die Blätter und Blüten dieses, wie auch des ebenfalls gelbblütigen behaartfrüchtigen Honigklees (Melilotus macrorhiza) dienen zu erweichenden Umschlägen und besonders zur Herstellung des zerteilenden Melilotenpflasters. Letztere Art wird namentlich in England auf schlechtem Boden für Pferde kultiviert, während der bis 1,95 m hohe weißblütige Honigklee (Melilotus alba) als Wunder- oder amerikanischer Riesenklee als die beste die Luzerne ersetzende Kleeart eine Zeitlang auf magerem Boden viel gepflanzt wurde. Sein Same wurde sehr teuer bezahlt; allein nach den gemachten Erfahrungen gibt dieser Honigklee zwar eine gute Weide für Schafe, kann aber als Trockenfutter wegen seines starken Geruchs nicht unvermengt verfüttert werden und ist im erwachsenen Zustande wegen seiner langen, holzigen Stengel und Äste und den wenigen Blättern eine harte Pflanze.

Überhaupt sind alle diese Honigkleearten nur im jungen Zustande gute Futterkräuter, werden aber des bitteren Geschmacks wegen, der von ihrem Gehalte an Kumarin herrührt, unvermengt vom Vieh nicht gern gefressen. Weitaus am stärksten riecht unter allen Honigkleearten, besonders in getrocknetem Zustande, der aus Nordafrika stammende Bisamhonigklee (Melilotus coerulea) mit bläulichen oder hellila gefärbten Blüten, der hier und da in Deutschland und in der Schweiz, so namentlich im Kanton Glarus, angebaut wird. Sein getrocknetes und fein zerriebenes Kraut gibt nämlich dem vorzugsweise im Kanton Glarus in der Schweiz hergestellten Kräuterkäse oder Schabzieger seine grünliche Farbe und seinen eigentümlichen Geruch und Geschmack.

Denselben starken Geruch besitzt auch der im Orient und in Griechenland heimische Bockshornklee oder griechisches Heu (Trigonella foenum graecum), das ebenfalls zur Herstellung von Kräuterkäse dient. Dieser einjährige, 30–50 cm hohe Schmetterlingsblütler mit eiförmigen Blättern, blaßgelben Blüten und 8–12 cm langen, sichelförmig gekrümmten, längsgestreiften Hülsen kommt auch in ganz Nordafrika bis Indien wild vor und wird dort wie in Südeuropa von altersher als Viehfutter gepflanzt; auch in Südfrankreich, in Thüringen und im Vogtland wird er der Samen wegen kultiviert. Diese schmecken gekocht schleimig-bitter, riechen stark nach Honigklee und standen bei den Ägyptern, Griechen und Römern in hohem Ansehen als Arzneimittel. Plinius sagt von der Pflanze: „Der Bockshornklee hat als Arznei einen großen Ruf. Er heißt bei den Griechen télis, búkeras oder aigókeras (d. h. Rinds- oder Bockshorn, weil seine Fruchthülsen wie Hörnchen gekrümmt sind), bei den Römern aber heißt er silicia (d. h. Hülsenfrüchtler).“ Sein Zeitgenosse, der griechische Arzt Dioskurides schreibt von ihm in seiner Arzneimittellehre: „Die zu Mehl zerriebenen Samen des Bockshornklees (télis) dienen als Arznei. Man legt sie auch in Olivenöl und preßt die Mischung aus.“ Und der römische Ackerbauschriftsteller Columella aus Spanien berichtet: „Das griechische Heu (foenum graecum), das die Landleute siliqua (Hülse) nennen, wird im September gesät, wenn es als Grünfutter dienen soll, dagegen Ende Januar, wenn die Samen geerntet werden sollen. Kommt der Same mehr als vierfingerbreit unter die Oberfläche, so geht er nicht leicht auf.“ Letzterer wurde geröstet von den Alten als Speise benutzt. Heute noch werden die Samen im Orient, vornehmlich in Ägypten, mit Milch zubereitet sehr gerne gegessen und sollen namentlich von den Haremsdamen zur Erlangung der als Zeichen von besonderer Schönheit geltenden Wohlbeleibtheit gebraucht werden. Bei uns finden sie fast nur noch in der Tierarzneikunde und, ihres Schleimes wegen, auch in der Tuchfabrikation Verwendung. Die jungen Triebe werden im Orient gerne als wohlschmeckendes Gemüse gegessen. Der Bockshornklee, dessen Anbau Karl der Große in den Verordnungen für die kaiserlichen Güter vom Jahre 812 befahl, wird auch bei uns gelegentlich als Grünfutter und zur Heugewinnung angepflanzt, doch schmeckt er so stark, daß er nur mit andern Futterpflanzen vermischt vom Vieh gerne gefressen wird. Das Stroh der Hülsen dient bei den Arabern als Pferdefutter.

Von den eigentlichen Kleearten mit dreigeteilten Blättern (daher trifolium schon von den alten Römern genannt) ist der an feuchten Stellen Kleinasiens und Griechenlands äußerst häufig wachsende Erdbeerklee (Trifolium fragiferum) mit fleischroten Blüten schon von den Griechen und Römern als lōtós beziehungsweise lotus als geschätztes Viehfutter angepflanzt worden. Er ist das Kraut lōtós, das bei Homer die Gefilde bedeckt und von den Pferden der Helden gefressen wird. Der römische Dichter Vergil (70–19 v. Chr.) rät in seiner Georgika, der in Hexametern verfaßten Abhandlung über den Landbau, für das Vieh viel solchen Klee (lotos) zu säen, und der griechische Arzt Dioskurides um die Mitte des 1. Jahrhunderts n. Chr. unterscheidet außer dem wilden Erdbeerklee (lōtós), der auch der libysche heiße, weil er besonders häufig in Libyen wächst, über zwei Ellen hoch werde und Blätter wie der gewöhnliche Wiesenklee habe, den in Gärten wachsenden zahmen lōtós.

Dem Erdbeerklee ähnlich ist der überall auf Wiesen und Triften gemeine kriechende Klee (Trifolium repens) mit weißen, seltener fleischfarbenen Blüten, der auf den Wiesen, auf welchen er erscheint, stets als ein Zeichen von deren Güte gilt; er wird häufig auf minder gutem Boden, namentlich auf Marschboden kultiviert und kann noch da angebaut werden, wo der sonst bessere rote oder Wiesenklee wegen mangelnder Feuchtigkeit nicht mehr gedeiht. Er dient wie alle andern Kleearten teils zur Grünfütterung, teils zur Weide. Ebenso werden die als sehr geschätzte Futterpflanzen auf Bergwiesen häufigen Arten, der weißblütige Bergklee (Trifolium montanum), der rotblütige Bergklee (Tr. alpestre), der große rotblütige Bergklee (Tr. rubens) und der purpurblütige mittlere Bergklee (Tr. medium) auch im Tiefland häufig angebaut. Der anfänglich weißlich und zuletzt rötlich blühende Ackerklee (Tr. arvense) ist auf Äckern zwar ein Unkraut, gibt aber daselbst nach der Ernte dem weidenden Vieh Futter und eignet sich auch auf schlechtem Boden zum Anbau, speziell als Weidekraut. Mehr in südlichen Gegenden wird der gelblichweißblütige Rosenklee (Tr. ochroleucum) angepflanzt, während der auf feuchten Wiesen und Triften Mitteleuropas wildwachsende schwedische oder Bastardklee (Tr. hybridum) mit langgestielten, rundlichen Köpfen von weißen innern und leicht rosenroten Randblüten auch bei uns als ein sehr gutes, hinsichtlich des Bodens wenig anspruchsvolles Futterkraut angebaut wird. Es gedeiht selbst noch auf so dürftigem Grunde, wie ihn sonst keine andere Kleeart annimmt.

Auch der als Kulturpflanze der Landwirtschaft aus Italien zu uns gekommene, mit schön purpur- oder fleischroten Blüten in länglichen Köpfchen gezierte Blut- oder Inkarnatklee (Trifolium incarnatum) wird häufig in Deutschland angepflanzt. Diese einjährige Futterpflanze, die in Nordspanien, auf Sardinien und in Nordafrika wildwachsend angetroffen wird, scheint in Katalonien zuerst angepflanzt worden zu sein. Von da kam sie erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts über die Pyrenäen nach der südfranzösischen Provinz Ariège, wo de Candolle ihre Kultur beschränkt fand. Bald verbreitete sie sich über das übrige Frankreich, war um 1830 schon bei Genf in der Schweiz und drang später auch nach Deutschland vor, wo sie wegen ihrer Vorzüge bald ziemliche Verbreitung fand.

Aber der in Deutschland, wie dem übrigen Europa und der ganzen Kulturwelt als wichtigste Futterpflanze überhaupt angebaute Klee, der Klee schlechthin, ist der rote oder Wiesenklee (Trifolium pratense) mit meist purpurroten Blüten, der bei uns überall auf Wiesen als Merkmal besonderer Güte wildwachsend angetroffen wird. Er wird allgemein auf Äckern, teils für sich, teils im Gemenge (besonders mit Timothygras, Phleum pratense) kultiviert und ist auf schwerem, tiefgründigem Boden das vorteilhafteste Futterkraut in Nordeuropa, bleibt aber nur einige Jahre ergiebig und darf erst nach längerer Pause auf demselben Felde wieder gepflanzt werden, weil solche Felder an den für den Klee erforderlichen Nährstoffen erschöpft werden, die sogenannte Kleemüdigkeit zeigen.

Diesen Wiesenklee hat das Altertum nicht angebaut. Gewiß war er schon zu Ende des Mittelalters in Spanien eine geschätzte Futterpflanze, aber seine Kultur wurde erst um die Mitte des 16. Jahrhunderts durch die aus Spanien vertriebenen Protestanten in Mitteleuropa eingeführt. Zuerst läßt sich sein Anbau gegen die Mitte des 16. Jahrhunderts in Flandern nachweisen, von wo ihn die Engländer im Jahre 1633 durch den Einfluß des damaligen Lordkanzlers Weston, Graf von Portland, erhielten. Um 1566 finden wir den roten Kopfklee in Frankreich und Belgien als Futterpflanze angebaut. In der Folge kam er dann vor dem weißen Klee, wie auch der Esparsette und Luzerne auch in Deutschland auf. Und zwar war es zuerst die Kurpfalz, wo er durch unter dem Schutze des Kurfürsten angesiedelte spanische Refugianten eingeführt wurde. Von da aus eroberte er sich bald ganz Deutschland. Später begann man in den 1760er Jahren zuerst in Süddeutschland die Kleekultur zu verbessern und gewann damit bedeutend mehr Futter, so daß man den Viehstand zu vergrößern vermochte. Auch führte man zur Schonung der unnötig vom Vieh niedergetretenen Kleeäcker die Stallfütterung ein, bei welcher gleichzeitig die Aufsicht, wie sie der Weidgang erforderte, wegfiel. Durch die günstigen Erfolge angeregt, führte der Gutsbesitzer Johann Christian Schubart (1734–1786), der das neue Feldsystem in Darmstadt kennen gelernt hatte, mit diesem die Kultur von Kopfklee, Runkelrüben und Kartoffeln auf seinen Gütern bei Zeitz in Norddeutschland ein. Seit 1781 wirkte er auch schriftstellerisch für die weitere Verbreitung des Kleebaues, wie für die übrigen Neuerungen, die in der Folge ziemlich rasch in Thüringen und Sachsen Eingang fanden. Für seine zweifellos großen Verdienste wurde dann Schubart 1784 als Edler von Kleefeld geadelt. Durch falsche Anwendung gelangte seine Lehre vorübergehend in Mißkredit, bis sich Albrecht Thaer ihrer annahm. Auf die in England mit dieser neuen Kultur gewonnenen günstigen Erfahrungen hinweisend, vermochte er in weiten Kreisen das erschütterte Vertrauen in den Kleebau wieder zu befestigen. So fand dieser von 1848 an schnell allgemeine Verbreitung. Er bewährte sich besonders in solchen Gegenden, in denen die Kultur der Luzerne versagte. Heute ist der Kleehandel am stärksten in Deutschland, und zwar in Schlesien, dann in Steiermark und Südfrankreich, diese Länder versorgen alle übrigen mit Kleesamen. Wegen der geringen Widerstandsfähigkeit seiner Kleearten vermag Nordamerika damit bei uns keinen Markt zu gewinnen.

Auch in Sage und Geschichte spielt der Klee eine gewisse Rolle. So hat man früher vierblätterigem Klee allseitig wunderbare Zauberkraft zugeschrieben. Dem Finder sollte es Glück und Heil bringen, noch mehr aber demjenigen, dem unbewußt solches von jemand zugesteckt wurde. Noch heute glaubt das Volk in Griechenland, daß ein vierblätteriges Kleeblatt Schätze heben und die gefährlichsten Krankheiten heilen könne. Besondere Wertschätzung als Spender übernatürlicher Kräfte genoß es namentlich auch in England, noch mehr aber das viel seltenere siebenblätterige Kleeblatt. Das Dreiblatt des weißblütigen kriechenden Klees (Trifolium repens), nach andern wohl richtiger des Hasenklees oder gemeinen Sauerklees (Oxalis acetosella) ist der von den Dichtern englischer Zunge oft besungene shamrock, das Nationalzeichen der Irländer, das sie zur Ehre ihres Schutzheiligen St. Patrick (Patricius) tragen.

Endlich wird auch der auf sandigen Äckern als Unkraut wachsende Ackerspörgel (Spergula arvensis) mit kleinen, weißen Blüten, deren Stiele sich nach dem Verblühen herabschlagen, als ausgezeichnetes, reichlich Milch lieferndes Weidekraut angepflanzt. In der Kultur ist die Pflanze gegenüber den Wildlingen gebliebenen Verwandten viel größer und saftiger und wird deshalb als Spark (S. maxima) von jenen unterschieden. Sie gedeiht noch recht gut in Sandgegenden, wo Klee und Gras nur kümmerlich fortkommen, und gibt für Sommer und Herbst treffliches frisches Grünfutter. Auch dient die Pflanze zur Gründüngung; die zurückbleibenden Sparkwurzeln verbessern den Boden bedeutend, so daß er mit der Zeit auch für anspruchsvollere Futterkräuter verwendet werden kann.

Neuerdings werden auch verschiedene rasch wachsende Getreidearten zur Grünfütterung gepflanzt. So liefert vielfach Grünroggen und Grünbuchweizen um Anfang Mai das erste grüne Futter für das Vieh. An deren Stelle treten später Grüngerste, Grünweizen und namentlich Grünmais, welch letzterer für wärmere Gegenden weitaus das ausgiebigste Futter ist. Für trockene und zugleich warme Gebiete sind auch die kleine Kolbenhirse oder der Fennich (Setaria viridis), besonders die Varietät mit orangegelben Körnern — in Ungarn mohar genannt — und die wehrlose Trespe (Bromus inermis) von sehr großer Bedeutung.

[1] Siehe Näheres im 3. Bande des: Vom Nebelfleck zum Menschen betitelt „Das Leben der Erde“ S. 567 ff. im 13. Abschnitt, der das Leben der Erde behandelt.

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