XXV. Die duftenden Pflanzenharze.

Wie sich der Mensch gerne zu festlichen Anlässen mit wohlriechendem Öle salbt und die Kleidungsstücke mit parfümiertem Wasser besprengt, so verwendet er seit Urzeiten gerne zu gottesdienstlichen Handlungen Räucherungen von duftenden Hölzern und Harzen, als deren vornehmstes der Weihrauch sich bis auf unsere aufgeklärte Zeit erhalten hat. Schon im vierten und fünften vorchristlichen Jahrtausend haben die alten Kulturvölker des Morgenlandes ihren Göttern teils in Verbindung mit blutigen oder unblutigen Opfern, teils mit Gebet und Gesang Weihrauch, Myrrhen und Galbanum geopfert, um sie durch den dabei ausströmenden Wohlgeruch zu erfreuen. Nach der Mitteilung des Vaters der Geschichtsforschung Herodot, verbrannten die Chaldäer beim Feste des Bel in Babylon alljährlich für tausend Talente, d. h. 4710000 Mark Weihrauch, und nach Plutarch brachten die Ägypter morgens, mittags und abends der Sonne ein Weihrauchopfer dar. Auch bei den Juden wurden morgens und abends auf dem vor dem Vorhange des Allerheiligsten in der Stiftshütte und später im Tempel stehenden, mit Gold überzogenen Räucheraltar allerlei wohlriechende Spezereien, vor allem auch Weihrauch, verbrannt. Bei den Griechen kam der Gebrauch des Weihrauchs zum Opfer durch Vermittlung der Phönikier etwa im 7. vorchristlichen Jahrhundert auf, bei den Römern erheblich später, in Verbindung mit Weinspenden, während vorher Met oder Milch der Herdentiere dazu gedient hatte. Die Christen betrachteten anfänglich solche Rauchopfer als heidnische Greuel; aber bereits im Verlaufe des 4. Jahrhunderts drangen sie auch in den christlichen Kultus ein, nur verbot man, diese Gott und den Heiligen allein zukommende Ehrung nach römischer Sitte auch den kaiserlichen Bildsäulen zukommen zu lassen.

Der Weihrauch und die anderen beim Verbrennen duftenden Pflanzenharze wurden im heidnischen wie im jüdischen und zuletzt im christlichen Kult in Metallgefäßen verbrannt, die an Ketten getragen und hin und her geschwungen wurden, um die Tempelräume mit Wohlgerüchen zu erfüllen. Solche bronzene Räucherpfannen (lateinisch turibula incensoria) wurden mehrfach in Pompeji gefunden und sind schon in altägyptischen Tempeldarstellungen abgebildet. In nichts ist ja der Mensch so konservativ als im Kult. Und damit der Gottheit dargebrachte Rauchopfer lassen sich bis in das früheste Altertum zurückverfolgen. Aus der biblischen Geschichte kennen wir sehr wohl den Wert, der auf solche Räucherharze gelegt wurde, und wissen aus der Weihnachtsgeschichte wie die Weisen aus dem Morgenlande, die dem Sterne nachgegangen waren, bis sie das Jesuskindlein in Bethlehem fanden, anbetend vor ihm niederfielen und ihre Schätze auftaten und ihm Gold, Weihrauch und Myrrhen als das Kostbarste, was es damals gab, schenkten.

Beim altisraelitischen Gottesdienst wurde neben Weihrauch und Myrrhe auch chelbenah, was (erhärtete) Milch bedeutet, lateinisch galbanum, geopfert, eine Droge, die der berühmte griechische Arzt Hippokrates, der große Aristotelesschüler Theophrastos und andere als chalbánē erwähnen. Es ist dies der am Stengel und an der Basis des persischen Doldengewächses Ferula galbaniflua freiwillig austretende erhärtete Milchsaft, der in Form von mehr oder weniger verklebten, außen grünlichbraunen Körnern, die oft zu einer gleichartigen Masse vereinigt sind, in den Handel gelangt. Er ist in der Kälte spröde, zwischen den Fingern knetbar, riecht stark aromatisch, schmeckt etwas bitter, terpentinartig und diente früher auch als Arzneimittel, indem man ihm eine gewisse Einwirkung auf das Uterinsystem zuschrieb. Heute wird er bei uns nur noch äußerlich als leicht hautreizendes Pflaster unter der Bezeichnung Mutterharz verwendet. Noch im Mittelalter war er eine nicht unwichtige Droge, die als ein Handelsartikel Venedigs mehrfach erwähnt wird und sich auch unter den Effekten des im Jahre 1360 in England gefangenen Königs Johann von Frankreich befand.

Wichtiger war den alten Kulturvölkern des Morgenlandes die aus Arabien stammende Myrrhe, ein in unregelmäßigen Körnern oder Knollen von Nuß- bis Faustgröße in den Handel gelangendes, gelbliches bis braunes, durchscheinendes Gummiharz verschiedener in Nordostafrika und Südarabien heimischer Terebinthenarten, von denen der echte Myrrhenbaum, Commiphora (d. h. Gummierzeuger) myrrha, der wichtigste ist. Von dem nur etwa 6–8 m hohen Baum fließt das Myrrhenharz von selbst nach austrocknenden Winden, die die Rinde zum Bersten bringen, nachdem sich das Holz durch vorausgegangene Regen mit Wasser gefüllt hat, aus in Form eines milchig trüben, gelblichen Saftes und erstarrt, allmählich dunkler werdend, zu einer eigentümlich balsamisch riechenden und gewürzhaft bitter schmeckenden Masse, die sich beim Erhitzen aufbläht und einen angenehmen Geruch verbreitet. Die Myrrhe enthält verschiedene ätherische Öle, Gummi und Harz und hat ihren Namen aus dem arabischen murr, was bitter bedeutet. Seit den ältesten Zeiten bildete sie neben dem Weihrauch einen wichtigen Bestandteil der Räucherungsmittel und wohlriechenden Salben, die im Orient bei allen gottesdienstlichen Handlungen zur Anwendung gelangten. Der griechische Geschichtschreiber Plutarch berichtet uns, daß die Priester im Tempel der Isis täglich dreimal räucherten, und zwar des Morgens mit Balsam, gegen Mittag mit Myrrhen (bal) und am Abend mit kyphi, einer Mischung von 16 und mehr verschiedenen Ingredienzen, bei deren Anfertigung auf die Heiligkeit der Zahl vier Rücksicht genommen werden mußte.

Das Kyphi ist ein in den hieroglyphischen Inschriften ungemein häufig erwähntes heiliges Räuchermittel. Das altägyptische Totenbuch nennt verschiedene Bestandteile desselben; außerdem haben uns griechische Schriftsteller so ausführliche Mitteilungen darüber hinterlassen, daß wir die wichtigsten Bestandteile desselben kennen. Allerdings stieg die Zahl der Ingredienzen, die anfänglich nur wenige betrugen, im Lauf der Jahrhunderte auf mehrere Dutzend. Deren Mischung wurde in den Tempeln selbst vorgenommen, und nach Plutarch las man den Salbenreibern und Räuchermittelmischern während ihrer Arbeit aus heiligen Schriften vor, damit ihre Gedanken dabei auf das Göttliche gerichtet seien. Aus den Inschriften an den Tempelwänden und dem Texte der Papyri erfahren wir von der harzigen Ausschwitzung eines nicht näher definierbaren arabischen Baumes aus der Familie der Myrrhenbäume, aus welcher die Salbenreiber der ägyptischen Tempel in besonderen Laboratorien (asit) ein Räuchermittel herstellten. Dann wird das Produkt des ebenfalls arabischen Tesepbaumes (vermutlich auch einer Commiphora-Art) häufig in den Kyphirezepten erwähnt, auch fand dessen Gummiharz wie die Myrrhe beim Einbalsamieren der Leichen Verwendung. Die wichtigsten Bestandteile des Kyphi aber waren verschiedene Weihrauch- und Myrrhenarten; daneben gelangte auch Mastixharz zur Anwendung, von dem man zur Zeit der Pharaonen schon drei Sorten, nämlich schwarzes, weißes und rotes unterschied.

Bei den alten Ägyptern dienten Myrrhen auch als Arznei, zum Würzen von Wein und zum Herstellen von wohlriechenden Salben, mit denen bei festlichen Anlässen vor allem das Haupthaar gesalbt wurde. Auf letztere nimmt das älteste uns aus der altägyptischen Literatur erhaltene Gedicht aus dem mittleren Reich (2160–1788 v. Chr.) Bezug, nämlich das „Lied des Harfners“, der den Schmausenden in den Häusern der Reichen während des Mahles vorsang und sie folgendermaßen zum Lebensgenusse aufforderte.

„Folge deinem Wunsch, dieweil du lebst,

Lege Myrrhen auf dein Haupt,

Kleide dich in feines Linnen

Getränkt mit köstlichen Wohlgerüchen,

Den echten Dingen der Götter.

Vermehre deine Wonne noch mehr,

Laß dein Herz nicht müde sein,

Folge deinem Wunsch und deinem Vergnügen

Und schaffe dir ein Schicksal auf Erden

Nach den Wünschen deines Herzens,

Bis jener Tag der Trauer zu dir kommt;

Denn Osiris erhört ihr Schreien nicht,

Und keinen Menschen ruft die Totenklage aus dem Grabe zurück.

Feiere den frohen Tag und ruhe nicht an ihm!

Denn siehe, niemand nimmt seine Güter mit sich,

Und noch keiner kehrte zurück, der dorthin gegangen ist.“

Auch bei den Juden im Alten Testamente ist viel von Myrrhen zu gottesdienstlichen Räucherungen und als profanes Duftmittel bei festlichen Anlässen die Rede. Was alles an solchen Wohlgerüchen damals bekannt war, zählt uns der um 800 v. Chr. lebende Dichter des Hohen Liedes auf, wenn er in Kap. 4, 13 von der Geliebten sagt, ihr Körper dufte „wie Zypern mit Narden, Narden mit Safran, Kalmus und Kinnamom (Zimt), mit allerlei Bäumen des Weihrauchs, Myrrhen und Aloē (dem zu Räucherungen verwandten wohlriechenden Aloeholz), mit allen besten Würzen“. Und in Kap. 5, 5: „Meine Hände troffen von Myrrhen(-salbe) und Myrrhen liefen über meine Finger.“ In Kap. 3, 10 spricht er zur Geliebten: „Der Geruch deiner Salben übertrifft alle Gewürze.“

Von den Ägyptern und Vorderasiaten gelangte der Gebrauch der Myrrhe als gottesdienstliches Räucherwerk und Parfüm bei festlichen Anlässen zu den Griechen und Römern, die sie in ähnlicher Weise wie die Ägypter anwandten. Als geschätztes Heilmittel empfehlen sie die römischen Ärzte Scribonius Largus und Alexander Trallianus (im 6. Jahrhundert n. Chr.). Cornelius Celsus spricht von einer schwarzen, bei Augenkrankheiten angewandten Myrrhe. Auch im Dispensatorium des Valerius Cordus wird die Myrrhe angeführt. Die heilige Hildegard nennt im 12. Jahrhundert mirrha und empfiehlt sie gegen allerlei Erkrankungen. So hat sich die Myrrhe als geschätztes Heilmittel, wenn auch nicht als Räucherwerk, bis auf unsere Tage auch im Abendlande im Gebrauch erhalten.

Noch viel wichtiger als die Myrrhe war als Räuchermittel bei allen gottesdienstlichen Handlungen der Orientalen der Weihrauch, von welchem die Alten, wie auch von der Myrrhe, verschiedene, größtenteils nach den Orten der Herkunft benannte Arten unterschieden. Ihre Erzeuger sind verschiedene Boswellia-Arten, von denen Boswellia carteri, der echte Weihrauchbaum, von den Altägyptern anti genannt, der wichtigste war. Die Weihrauchbäume sind, wie die Myrrhenbäume, in Nordostafrika nahe dem Kap Guardafui und auf einem beschränkten Saum der mittleren, als Hadramaut bezeichneten Südostküste Arabiens heimisch. In deren Stämme werden zu Ende Februar oder Anfang März und dann noch zweimal jeweilen innerhalb Monatsfrist von den Eingeborenen tiefe Einschnitte gemacht, aus denen ein milchweißer Saft reichlich ausfließt, nach einiger Zeit erstarrt er zu gelben Körnern, die dann von den Stämmen abgelöst oder am Boden aufgelesen werden. Sie schmecken aromatisch, etwas bitter, erweichen im Mund und geben, auf glühende Kohlen gestreut, einen angenehmen balsamischen Geruch von sich. Wie dieser Geruch den Menschen angenehm war, so dachte man sich, werde er auch die Götter erfreuen. So verbrannte man schon im ältesten Ägypten zu Ehren der Himmlischen den Weihrauch (anti), den man als eine der größten Kostbarkeiten mit der Myrrhe und den Gewürzen Indiens aus dem südlichen Arabien bezog. Wegen dieser aufs höchste geschätzten Produkte wurde jenes Land von allen weiter westwärts wohnenden Völkern, denen es dieselben übermittelte, stark beneidet und glücklich gepriesen. Das Land Jemen in der Südwestecke Arabiens war ihnen das „Glückliche Arabien“. Hier bestand in frühest nachweisbarer Zeit schon in der ersten Hälfte des zweiten vorchristlichen Jahrtausends das Reich von Machīn, das dann später von demjenigen von Saba vernichtet und abgelöst wurde. Von den Sabäern berichtet der griechische Geschichtschreiber Diodoros aus Sizilien, daher Siculus genannt, der zur Zeit Cäsars und Augustus’ in 40 Büchern die bis zum Jahre 60 v. Chr. reichende Geschichte fast aller damals bekannten Völker schrieb: „Die Sabäer wohnen im Glücklichen Arabien, haben zahmes Vieh in unermeßlicher Menge und so viel Balsam, Kassia, Zimt, Kalmus, Weihrauch, Myrrhen, Palmen und andere wohlriechende Gewächse, daß das ganze Land von einem wahrhaft göttlichen Wohlgeruch durchzogen ist, den selbst die Seefahrer aus beträchtlicher Entfernung wahrnehmen; es ist ihnen dann zumute, als röchen sie die fabelhafte Ambrosia.“

Der um 25 n. Chr. gestorbene griechische Geograph Strabon berichtet auf Grund eigener Anschauung auf Reisen und des Studiums älterer Geographen in seiner 17 Bücher umfassenden Geographika: „Im Lande der Sabäer, dem gesegnetsten Arabiens, wächst Myrrhe, Weihrauch, Zimt und Balsam. Sie holen auch Gewürze aus dem Negerlande, wohin sie mit ledernen Kähnen fahren. Ihr Vorrat an dergleichen Herrlichkeiten ist so groß, daß sie Zimt, Kassia und dergleichen wie Brennholz verbrennen und die reichsten von ihnen, die Gerrhäer, alle Geräte im Hause wie Ruhebetten, Dreifüße, Milchtöpfe, Teller usw. von Gold und Silber, und auch die Türen, Wände, Decken mit Elfenbein, Gold, Silber und Edelsteinen geziert haben.“

Der griechische Philosoph Theophrast, Schüler des Aristoteles, schreibt in seiner Pflanzengeschichte schon im 4. Jahrhundert v. Chr.: „Weihrauch (líbanos), Myrrhe (smýrnē) und Balsam (bálsamon) kommen aus Arabien und werden durch Einschnitte gewonnen oder quellen von selbst aus den Bäumen hervor, die teils auf dem Gebirge wild wachsen, teils auf eigenen Feldern am Fuß der Gebirge kultiviert werden. Der Weihrauchbaum soll nur etwa fünf Ellen hoch und sehr ästig sein. Seine Blätter sollen denjenigen des Birnbaums ähnlich, nur viel kleiner und sehr grün sein; die Rinde soll glatt wie beim Lorbeer sein. Der Myrrhenbaum ist noch kleiner, strauchartiger, der Stamm soll hart, an der Erde hin und her gebogen und dicker als ein Unterschenkel sein. Andere beschreiben diese Bäume anders. Seefahrer, welche das Gebirge gesehen haben, berichten, die Bäume seien dort durch Einschnitte verwundet, die Tropfen fielen teils herab, teils blieben sie am Baume kleben. Man breite aus Baumblättern geflochtene Matten darunter, oder stampfe den Boden fest. Der von den Matten stammende Weihrauch und die Myrrhe seien klar und durchscheinend, die vom Erdboden aufgelesenen weniger, und die von den Bäumen geschabten seien durch Rindenstücke verunreinigt.

Auf dem Gebirge der Sabäer fanden die Seefahrer keine Wächter, weil dort kein Einwohner dem andern stiehlt. Diesen Zustand benutzten die Fremden, sammelten große Massen dieser Stoffe und fuhren damit weg. Übrigens hörten sie, daß die Sabäer ihren Weihrauch und ihre Myrrhe in den Sonnentempel bringen, der von bewaffneten Wächtern beschützt wird. Dort tut ein jeder seine Ware auf einen Haufen und legt auf diesen ein Täfelchen, worauf der Preis angegeben ist. Kommen nun die Kaufleute, so sehen sie nur nach den Täfelchen. Billigen sie den Preis, so nehmen sie die Ware und legen das Geld hin.

Die Stücke Weihrauch, die in den Handel kommen, sind sehr verschieden und manche wohl so groß, daß sie die Hand füllen können. Von der Myrrhe hat man eine Sorte von natürlichen Tropfen, eine andere in künstlich gestalteten Stücken.“ Der griechische Schriftsteller Flavius Arrianus (um 100 n. Chr. zu Nikomedia in Bithynien geboren, ward 136 unter Hadrian Präfekt von Kappadokien und starb unter Marcus Aurelius) berichtet in der Geschichte der Feldzüge Alexanders des Großen nach den besten Quellen: „Als Alexander in die Wüste der Gedrosier (jetzt Mekrân in Beludschistan) kam, standen dort viele ungewöhnlich große Myrrhenbäume, die noch niemand ausgebeutet hatte. Die phönikischen Kaufleute, die dem Heere folgten, führten ganze Ladungen von Myrrhe weg.“ Und Plinius endlich sagt in seiner Naturgeschichte über dieses Pflanzenprodukt: „Die Myrrhe (myrrha) wächst an mehreren Stellen Arabiens, namentlich da, wo der Weihrauch wächst. Auch kommt eine geschätzte Sorte von Inseln, und die Sabäer holen sogar Myrrhen jenseits des Meeres bei den Troglodyten. Die Bäume sind dornig, wachsen teils wild, teils absichtlich gepflanzt; aus ihnen schwitzt die Myrrhe, kommt in Beutel gepackt zu uns, und die Salbenhändler sortieren sie dann nach dem Geruch und der Fettigkeit. Auch Indien liefert eine Myrrhensorte, aber eine schlechte.“

Endlich schreibt der griechisch-ägyptische Großkaufmann Kosmas Indikopleustes (d. h. der Indienfahrer), ein Zeitgenosse des oströmischen Kaisers Justinian I. (483–565 n. Chr.), der mit seinem Freunde und Kollegen Menas von Alexandrien — beide gingen im höheren Alter ins Kloster — eine Reise nach Ostafrika und Indien machte: „Das Land, welches den Weihrauch hervorbringt, ist an der Südgrenze von Äthiopien gelegen, im Innern des Kontinents; aber der Okeanos reicht noch darüber hinaus. Daher ziehen die benachbarten Bewohner Barbarias nach dem Hochland, und im Handelsverkehr führen sie von dort die meisten Spezereien aus. Weihrauch, Kassia, Kalmus und vieles andere, und sie schaffen es auf dem Seewege nach Adule (dem heutigen Zeila in Massaua) und Glücklich-Arabien, nach Indien und Persien. Schon im Altertum pflegte das zu geschehen; denn die Königin von Saba, welche Christus die Königin von Mittag nennt, brachte Wohlgerüche und Kostbarkeiten zu Salomo, welche auf der afrikanischen Ostküste heimisch sind, ferner Ebenholz, Affen und Gold aus Äthiopien, da sie Äthiopien benachbart jenseits des Roten Meeres wohnte.“ Hier erweist sich allerdings der biedere Religiöse (denn er schrieb seinen Reisebericht erst als Mönch) nicht als völlig bibelfest, da er die Geschenke der Königin von Saba mit den Produkten zusammenwirft, die Salomo auf seinen wiederholt ausgeführten Expeditionen nach Ophir (im jetzigen Rhodesia) holen ließ. Später haben dann erst wieder arabische Geographen vom Weihrauchlande aus eigener Anschauung Zuverlässiges zu berichten gewußt.

Sehr groß war der Verbrauch des Weihrauchs zu gottesdienstlichen Räucherungen schon im alten Ägypten. Dabei wurden daselbst wie bei der Myrrhe verschiedene Sorten unterschieden, die je nach der Gottheit, der die Räucherung galt, verschieden gewählt wurden. So führt eine Inschrift des Tempellaboratoriums in Edfu aus der Zeit der Ptolemäer 14 Sorten Anti-Harz (Weihrauch) neben 8 Sorten Ab-Harz (eine Abart der Myrrhe) auf. Von den 14 Anti-Harzsorten bildeten 11 die erste und 3 die zweite Qualität. Alle hatten besondere Namen und sollten aus den Augen der betreffenden Gottheit, der sie geweiht waren, herausfließen. An den Festen der Gottheit, der sie entsprungen sein sollten und der sie deshalb geweiht waren, wurde nur die betreffende Sorte, und zwar in gewaltigen Mengen verbraucht. So steht im Osiristempel in Dendera geschrieben, man solle am Osirisfeste im Monat Choiak besonders mit der zweiten Sorte der ersten Qualität die Räucherbecken füllen; denn es heißt: „Es entsteht aus dem Auge des Osiris ein Anti-Harz in Wahrheit, herauskommend aus dem linken Auge; seine Farbe ist rötlich.“

In Nachahmung dieser ägyptischen Sitte benutzten auch die alten Juden nach ihrem Auszuge aus Ägypten den Weihrauch zu ihren gottesdienstlichen Räucherungen, wie schon im 2. Buch Mose 30, 34 u. f. zu lesen ist. „Und der Herr (Jahve) sprach zu Mose (am Sinai um 1280 v. Chr.): Nimm zu dir Spezerei, Balsam, Bdellium, Galbanum und reinen Weihrauch, von einem so viel als vom andern, und mache Räucherwerk daraus, nach der Apothekerkunst gemengt, daß es rein und heilig sei. Und sollst desselben tun vor das Zeugnis (nämlich die Bundeslade) in der Stiftshütte, wo ich mich dir offenbaren werde. Das soll euch das Allerheiligste sein. Und desgleichen Räucherwerk sollt ihr euch nicht machen, sondern es soll dir heilig sein dem Herrn. Wer ein solches machen wird, daß er damit räuchere, der soll ausgerottet werden von seinem Volke.“

Infolge seiner überaus großen Wertschätzung und vollkommenen Unentbehrlichkeit bei den gottesdienstlichen Funktionen nicht nur bei den Ägyptern, sondern auch bei den Kulturvölkern Vorderasiens und am Mittelmeer war der Handel mit Weihrauch noch viel mehr als derjenige mit Myrrhe ein sehr wichtiger Faktor und brachte den Völkern, die sich mit seiner Erzeugung und seinem Transport abgaben, reichen Gewinn. Ja, man kann sagen, daß kaum ein anderes Pflanzenerzeugnis im Altertum einen derartigen Einfluß auf das Wirtschaftsleben und die ganze Kulturentwicklung der beteiligten Völker ausgeübt hat, wie die wohlriechenden Gummiharze Weihrauch und Myrrhe. Welchen Reichtum er den Völkern Glücklich-Arabiens brachte, haben wir bereits gesehen. Allerdings ist die Menge von Gold, die sie besaßen, im Lande selbst gewonnen worden. Dann aber brachte ihnen der Zwischenhandel mit den indischen und ostafrikanischen Waren reichen Gewinn. Wie uns griechische und römische Schriftsteller berichten, muß einst im südlichen Teil des Roten Meeres ein großer Verkehr von Handelsschiffen bestanden haben, die Waren aus Indien und Ostafrika holten. So sagt uns Arrians Bericht über die Umschiffung des Roten Meeres (Periplus maris erythraei) aus dem 2. Jahrhundert n. Chr., daß die Einwohner Glücklich-Arabiens aus Makrolus an der Küste Ostafrikas Weihrauch, Myrrhe, Kankamon (ein der Myrrhe ähnliches Gummiharz) und anderes Räucherwerk, von anderen Häfen derselben Küste aber Elfenbein, Hörner des Nashorns, Schildplatt und Sklaven bezogen, aus Indien aber erhielten sie Reis, Sesamöl, Zucker („sacchari“), Pfeffer, Baumwollgewebe, Seidenstoffe, Indigo, das ingwerartige Gewürz und Heilmittel Costus, Zimtkassia, Narde und Nardensalbe, das wohlriechende, ebenfalls zu Räucherungen dienende Gummiharz Bdellium, Onyx und andere Edelsteine, murrhinische Gefäße und Stahlwaren.

Von Südarabien aus wurden diese Produkte auf dem Landwege weiter expediert. Die Hauptkarawanenstraße dafür, die berühmte Weihrauchstraße des Altertums, führte zunächst nach Syrien, wo sie sich teilte, um einerseits nordostwärts nach Babylonien und südwestwärts nach Ägypten abzuzweigen. Sie verödete erst als zu Beginn der römischen Kaiserherrschaft die unternehmenden ägyptischen Kaufleute regelmäßig mit ihren Schiffen in den südarabischen Häfen erschienen und die verschiedenen stark begehrten Handelsartikel an Ort und Stelle kauften. Die Folge davon war, daß die am Karawanenhandel beteiligten Stämme, ihres früheren reichen Verdienstes beraubt, teilweise nach Nordarabien auswanderten und sich dort fruchtbarere neue Niederlassungen erkämpften, oder als Söldner in die Dienste der Parther und Römer traten. Diese semitischen Stämme aus Südarabien werden im Alten Testament als Ismaeliten bezeichnet, d. h. als Nachkommen Ismaels, des Sohnes Abrahams und seiner Nebenfrau Hagar, die später von ihrem Manne samt dem Sohne verstoßen und in die Wüste geschickt wurde. Es sei beispielsweise nur an den Bericht in 1. Mose 37, 25 erinnert, in welchem die Söhne Jakobs hinter dem Rücken des Vaters ihren jüngsten Bruder Joseph an eine nach Ägypten ziehende Karawane verkauften: „Und sahen einen Haufen Ismaeliten kommen aus Gilead (dem Ostjordanland) mit ihren Kamelen, die trugen Würze, Balsam und Myrrhe und zogen hinab nach Ägypten.“

Bild 68. Darstellung eines Weihrauchbaums im Grabtempel der Königin Hatschepsut in Der el Bahri. (Nach Dümichen.)
Die Inschrift lautet: „Grünende Weihrauchbäume 31 Stück, herbeigeführt unter den Kostbarkeiten des Landes Punt für die Majestät des Gottes Amon, des Herrn der irdischen Throne. Niemals ist Ähnliches gesehen worden seit Erschaffung des Weltalls.“

Dieser Handelsverkehr der Sabäer und Minäer, wie die Angehörigen des älteren Reiches von Machīn von den griechisch-römischen Schriftstellern bezeichnet werden, reicht in sehr hohes Altertum zurück. So bezogen schon die Ägypter der ältesten Dynastien Weihrauch, Myrrhe und die übrigen für ihre Gottesdienste gebrauchten Räucherharze von ihnen. Außerdem aber haben je und je mächtige Herrscher des Pharaonenlandes eigene Expeditionen zu Schiff nach Südarabien ausgesandt, um diese kostbaren und wichtigen Produkte in größeren Mengen zu holen. Das Land, das diese heiligen Gummiharze hervorbrachte, hieß bei den alten Ägyptern taneter, d. h. Gottesland. Es galt ihnen als die Heimat ihrer Götter, die nach allgemeinem Glauben einst dort wohnten und von dort her nach dem Niltal gelangt sein sollten. Die in den Inschriften gebräuchliche geographische Bezeichnung für dieses Land ist Punt (eigentlich Pun, da das t am Schlusse nur der weibliche Artikel ist; da aber dieser Name einmal eingeführt ist, so behalten wir ihn bei). Es umfaßte außer Südarabien die gegenüberliegende Küste von Afrika und wurde schon sehr früh von den Ägyptern selbst aufgesucht. Schon vor dem Jahre 3000 v. Chr., zur Zeit der Könige der 1. und 2. Dynastie, die sich als Grabstätten Pyramiden aus an der Sonne getrockneten Lehmziegeln errichteten, sandten die machtvollen Herrscher des Niltals, die in Memphis in Unterägypten residierten, ihre Schiffe, wie nach Syrien, um als wertvolles Bauholz für das holzarme Land Zedernstämme von den Abhängen des Libanon und andere Güter zu holen, so nach dem Lande Punt, um die wohlriechenden Harze, die man zum Räuchern und zu den im Leben des Orientalen so wichtigen Salben und Schminken brauchte, auf direktem Wege zu beschaffen. Genauere Nachrichten über solche Expeditionen erhalten wir durch die Denkmäler erst aus der Zeit des Königs Sahurê der 5. Dynastie, der von 2743 bis 2731 v. Chr. herrschte, und die sich bereits unter König Snofru (2930–2906) zu entwickeln beginnende älteste ägyptische Seemacht mächtig förderte. Wir erfahren von ihm, daß er eigene Schiffe nach Punt sandte, die 80000 Maß Weihrauch (anti), 6000 Gewichte Elektron (eine Legierung aus Gold und Silber) und 2600 Stäbe einer kostbaren Holzart, vielleicht Ebenholz, nach der Hauptstadt Memphis brachten. Kürzlich entdeckte Reliefs aus seinem Pyramidentempel schildern die Heimkehr dieser Flotte und diejenige einer anderen, die aus Phönikien mit semitischen Gefangenen und einheimischen Matrosen anlangte. Es ist dies die älteste Darstellung seetüchtiger Fahrzeuge und syrischer Semiten, die wir besitzen.

Während der 6. Dynastie (2625–2475 v. Chr.) waren die Gaufürsten von Elephantine die Erforscher der südlich und östlich von Ägypten gelegenen Länder und führen in ihren Grabinschriften den Titel „Karawanenführer, der seinem Herrn die Erzeugnisse der Fremdländer überbringt“. Einer derselben, namens Harchuf, brachte dem König Phiops II. einen Zwerg aus dem Lande Punt mit, wofür er von jenem einen Anerkennungsbrief erhielt, auf den er so stolz war, daß er ihn auf der Vorderseite seines Grabes bei Assuan einmeißeln ließ als ein Zeichen der großen Gunst, die er beim Könige genoß. Von einer größeren Expedition nach dem Lande Punt erfahren wir erst wieder während der 18. Dynastie. Veranlaßt wurde sie von der energischen Tochter und Erbin Thutmosis I., Hatschepsut, die mit ihrem Halbbruder Thutmosis II. verheiratet war und nach dessen Tode von 1516–1481 v. Chr. selbständig regierte. Um die oberste der drei Terrassen ihres Grabtempels in Der el Bahri westlich von Theben mit den Bäumen, die den Weihrauch, das heilige anti, hervorbrachten, zu schmücken, entsandte sie eine Expedition nach dem Gotteslande Punt, deren Einzelheiten sie in Inschriften und äußerst lebendigen szenischen Darstellungen an den Wänden eben jener Tempelhalle schildern ließ. Im neunten Jahre ihrer Regierung lief die aus fünf großen Seeschiffen bestehende Flotte durch einen Kanal im östlichen Delta ins Rote Meer aus und fuhr südwärts nach dem Lande Punt. Dort angekommen, wurde der ägyptische Admiral vom Fürsten Parihu, seiner Frau Ati, zwei Söhnen und einer Tochter aufs freundlichste aufgenommen. Nach dem Austausch der üblichen Geschenke und der Aufstellung der mitgebrachten Statuen der Königin und der beiden Hauptgötter Ägyptens, Amon und Ra, wurden die gewünschten Produkte des Landes Punt gegen die von zu Hause mitgebrachten Waren getauscht. Eine Darstellung mit der erklärenden Inschrift „Belasten der Transportschiffe“ zeigt uns das Einladen der Waren mit allen Details. Wir sehen darauf, wie ägyptische Matrosen bemüht sind, drei in Kübeln gepflanzte, blattlos gezeichnete, starkstämmige, knorrige Bäume, die ausdrücklich als anti, d. h. Weihrauchbäume, bezeichnet werden,[2] die Landungsbrücke hinauf auf das Verdeck des Schiffes zu tragen, wo bereits fünf andere solche Weihrauchbäume zwischen den aufgestapelten Schätzen sichtbar sind.

Die sechszeilige, hieroglyphische Inschrift erklärt den Vorgang in folgender Weise: „Das Belasten der Transportschiffe mit einer großen Menge von herrlichen Produkten Arabiens, mit allen kostbaren Hölzern des heiligen Landes, mit Haufen von Weihrauchharz, mit grünenden Weihrauchbäumen, mit Ebenholz, mit reinem Elfenbein, mit Gold und Silber aus dem Lande Amu, mit dem wohlriechenden Tesepholze, mit Kassiarinde (Zimtkassia), mit Ahamweihrauch (vom Balsambaum), mit Mestemschminke, mit Anāuaffen (Cynocephalus hamadryas), Kophaffen (Cynocephalus babuinus) und Tesemtieren, mit Fellen von Leoparden des Südens, mit Frauen und ihren Kindern. Niemals ist gemacht worden ein Transport gleich diesem von irgend einer Königin seit Erschaffung des Weltalls.“

Wie werden die Einwohner Thebens gestaunt haben, als diese seltsamen Dinge alle vom ägyptischen Befehlshaber „Ihrer Majestät“ überbracht wurden! Die Weihrauchbäume aber ließ sie, 31 an der Zahl, auf der obersten Terrasse ihres schönen Totentempels dem Gotte Amon zu Ehren aufstellen und rühmt sich in der Inschrift: „Ich habe ihm ein Punt gemacht in seinem Garten, wie er mir befohlen hatte..., es ist groß genug für ihn, um sich darin zu ergehen.“ Neuerdings hat man hinter diesem ihrem Totentempel, in welchem ihr und ihrem Vater der übliche Totendienst abgehalten wurde, ihr und nicht weit davon ihres Vaters Grab gefunden.

Die Beziehungen zum Lande Punt blieben auch unter ihren Nachfolgern der 18. und 19. Dynastie erhalten und öfter melden uns die Inschriften an den Tempelwänden von Expeditionen dahin. So lieferte der Handel mit Punt Thutmosis III., der 54 Jahre, und zwar wie astronomisch bestimmt wurde, vom 3. Mai 1501 bis zum 17. März 1447 v. Chr. regierte, regelmäßige und reiche Einkünfte. Auch Haremheb, der von 1350–1315 über Ägypten herrschende Begründer der 19. Dynastie, entsandte nach einer urkundlichen Inschrift an den Wänden seiner Grabkammer eine erfolgreiche Expedition nach Punt. Dies wiederholten seine großen Nachfolger, vor allen Sethos I. (1313–1292)[S. 223]
[S. 224] und Ramses II. (1292–1225 v. Chr.). Besonders unter letzterem muß ein reger Schiffsverkehr nicht nur im östlichen Mittelmeer, sondern auch durch den Süßwasserkanal der Landenge von Suez nach den Küsten des Roten Meeres stattgefunden haben. Aber nicht nur jene machtvollen Könige, sondern auch die reichen Priesterschaften der großen Tempel des Amon, Ra und Ptah besonders in der Reichshauptstadt Theben besaßen ihre eigenen Flotten auf dem Mittelmeer und im Roten Meere, welche, wie die Inschriften melden, „die Erzeugnisse von Phönikien, Syrien und Punt in die Schatzkammern des Gottes lieferten“. Es muß also damals die Schiffahrt in Ägypten in größerem Maßstab als je zuvor betrieben worden sein.

Bild 69 u. 70. Die Weihrauchexpedition der Königin Hatschepsut. Oben: Ankunft der Flotte im Lande Punt. Die Schiffe sind an am Ufer stehende Bäume gebunden worden. Unten: Die Schiffe werden mit Weihrauchbäumen, Weihrauch in Säcken, Affen und anderen Schätzen des Landes beladen. (Nach Dümichen.)


GRÖSSERES BILD

Später hat dann der dritte König von Israel, Salomo (993–953), unter dem die jüdische Königsmacht ihren höchsten äußeren Glanz erreichte, wohl in Nachahmung der ägyptischen Herrscher, ebenfalls eine Handelsexpedition nach Punt und darüber hinaus nach dem Goldlande Ophir, das wir neuesten Feststellungen zufolge in Rhodesia zu suchen haben, entsandt. Die von ihm in Ezeon-Geber im Lande der Edomiter am Ufer des Schilfmeeres erbauten Schiffe bemannte er mit der Schiffahrt kundigen Knechten des phönikischen Königs Hiram von Tyrus, seines Bundesgenossen. Jene Expedition brachte dem Salomo 420 Zentner Gold, und da sie sich so überaus rentabel erwies, ließ er sie mehrfach wiederholen. So heißt es in 1. Könige 26–28, wo ausführlich darüber berichtet wird: „Die Schiffe Salomos aber kamen in dreien Jahren einmal und brachten Gold, Silber, Elfenbein, Affen und Pfauen“ — letztere von indischen Kaufleuten eingetauscht. Auch die Königin von Saba „aus dem Lande Reich-Arabien“ — wahrscheinlich die Königin Bilkis der sabatäischen Inschriften — kam, wie in 1. Könige 10, 2 zu lesen ist, „gen Jerusalem mit sehr viel Volk mit Kamelen, die Spezerei trugen und viel Goldes und Edelgestein“. Es sind dies dieselben Dinge, die bis dahin die Minäer aus dem Lande Punt nach Ägypten und Syrien verhandelt hatten. Später ließ dann auch der ägyptische König Nekau der 26. Dynastie — der Pharao Necho der Bibel (612–596 v. Chr.) —, dessen Schiffe im Mittelmeere und im Roten Meere fuhren, und der den Kanal von Bubastis nach Suez wollte erneuern lassen, von ihm dienstbaren phönikischen Schiffsleuten ganz Afrika umfahren. Jedenfalls sind jene damals auch in das Innere, nach Rhodesia, gelangt, wo man in den Ruinen von Simbabwe allerlei phönikische und ägyptische Altertümer fand. Das war die letzte Umseglung Afrikas, von der wir wissen, vor derjenigen Vasco da Gamas im Jahre 1497; denn die um 460 v. Chr. unternommene Afrikafahrt des karthagisch-punischen Admirals Hanno die Westküste Afrikas entlang, wobei er die ersten Gorillas zu Gesicht bekam, endete vor der Umschiffung des Kaps der Guten Hoffnung.

Tafel 117.

Blick zum Terrassentempel der Königin Hatschepsut in der Gräberstadt Der el Bahri westlich von Theben, in welchem die im Text abgebildete und beschriebene Expedition nach dem Lande Punt zur Erlangung von Weihrauchbäumen dargestellt ist.

Ein Weihrauchbaum (Boswellia carteri) auf den Kalkbergen von Fartak in Südarabien. (Nach einer in der Sammlung des Bot. Instituts der Universität Wien befindlichen Photogr. von Prof. Dr. O. Simony.)

Tafel 118.

Ernte von Orangenblüten auf den Feldern der Parfümerie B. Court in Grasse.

Jasminernte der Parfümeriefabrik B. Court in Grasse.

Was den Schiffsverkehr der Ägypter nach Südarabien, dem Lande des Weihrauchs, anbetrifft, so war er wieder besonders lebhaft zur Ptolemäerzeit. Aber auch damals tat er den Handelsbeziehungen der Sabäer zum Norden keinen bedeutenden Eintrag. Nach wie vor blieben diese letzteren, wie uns eine Inschrift aus der Ptolemäerzeit beweist, die Weihrauchlieferanten aller großen Tempel Ägyptens. Der Reichtum der Sabäer war immer noch weltberühmt und ihre Unbezwingbarkeit bewährte sich selbst gegenüber dem Feldherrn des römischen Kaisers Augustus, der nach anfänglichen Erfolgen von dem uneinnehmbaren Marib abziehen mußte. Noch heute zeugen die gewaltigen Ruinen, die 20 Stockwerke hohe Burg Gomdān in Sanaa, der Tempel von Marib, dessen 9,5 m hohe Mauern ellipsenförmig um eine natürliche Bodenerhöhung verlaufen und die große Talsperre von Marib, deren Bersten die Araber mit dem Untergange der Sabäermacht in Zusammenhang brachten, von der einstigen hohen Kultur jenes Reiches, das außer durch seine eigenen Produkte, vor allem Weihrauch und Myrrhe, durch seine Lage auf dem Wege von Indien nach Ägypten und den Ländern am Mittelmeer zum Handelsstaate prädestiniert war. Sein Machtbereich erstreckte sich bis nach Gaza am Mittelländischen Meere und überall dem Handelswege entlang besaß es befestigte Niederlassungen als Ablagen für den Handelsverkehr und Stützpunkte seiner Macht. Aus spätsabäischer Zeit sind Gold-, Silber- und Kupfermünzen der Herrscher, die zugleich oberste Priester ihres Volkes waren, auf uns gekommen. Sie bekunden eine starke Abhängigkeit von griechischen, später von römischen Vorbildern und zeigen uns die Könige zuerst in altarabischer Haartracht mit frei herabhängendem, langem Haar, später in geringelten, langen Strähnen und zuletzt im kurzen Haar der römischen Imperatoren.

Wie bei den Ägyptern war auch bei den Vorderasiaten, namentlich den Babyloniern, der Weihrauch ein bei den Gottesdiensten zu Räucherungen viel gebrauchter Handelsartikel. Herodot berichtet uns im 5. Jahrhundert v. Chr., daß die Araber alljährlich dem Perserkönige Dareios (um 500 v. Chr.) einen Tribut von tausend Talenten (= 26200 kg) Weihrauch abliefern mußten. Derselbe Autor sagt, daß die Weihrauchbäume in Arabien von vielen kleinen, geflügelten Schlangen bewacht werden. Wollen nun die Leute den Weihrauch holen, so müssen sie erst Styrax (griech. stýrax, der aus Stamm und Ästen des in Syrien und Arabien wachsenden Styraxbaumes, Styrax officinalis, gewonnene, zähflüssige, graubraune, aromatisch riechende Balsam) anbrennen, um die gefährlichen Tiere durch den Dampf zu vertreiben.

Welche Rolle dieses Räuchermittel auch bei den Juden spielte, ist uns aus dem Alten Testament genugsam bekannt. Den Propheten des Alten Bundes ist das um seiner kostbaren, wohlriechenden Harze wegen viel beneidete Glücklich-Arabien, das Land der Sabäer, der Inbegriff des Reichtums. So begreifen wir, daß Jesaias, der seit 740 v. Chr. in Jerusalem wirkte, da er seinem Volke alle Herrlichkeiten der Erde versprach, wenn es Jahve die Treue halte und ihm allein diene, ihm (in Kap. 60, Vers 6) verhieß: „Dann wird die Macht der Heiden zu dir kommen und die Menge der Kamele wird dich bedecken; sie werden aus Saba alle kommen und Gold und Weihrauch bringen und des Herrn Lob verkündigen.“ Und im Neuen Testament hat die sinnige, die Geburt des Heilandes mit den verschiedensten außergewöhnlichen Begebenheiten ausschmückende Sage als Beweis der besonderen Verehrung des Jesuskindleins die uns allen von Jugend auf bekannte Geschichte von den Weisen (eigentlich Magiern) aus dem Morgenlande erdichtet, die dem Sterne nach Bethlehem folgten, um das Kind anzubeten. Und das Kostbarste, was jene Zeit sich erdenken konnte, brachten sie dem Kindlein dar; so heißt es Matthäus 2, 16: „und sie taten ihre Schätze auf und schenkten ihm Gold, Weihrauch und Myrrhen“.

Von den seefahrenden Phönikiern lernten die Griechen den Weihrauch und seine gottesdienstliche und profane Verwendung als Räuchermittel namentlich bei Begräbnissen und als Arzneimittel kennen. Das beweist schon die Übernahme der semitischen Bezeichnung desselben lebonah, d. h. weiß, in die griechische Sprache als líbanos, woraus dann später die Römer, als sie diese Droge von den süditalischen Griechen kennen lernten, olibanum machten. Später benutzten die Griechen auch die aus dem griechischen thýein opfern gebildete Bezeichnung thýos, woraus das lateinische thus für Weihrauch wurde. Auch den Griechen war, wie den Ägyptern und Vorderasiaten, der Weihrauch so sehr der Inbegriff alles Herrlichen, daß der Dichter Pindar (522–442 v. Chr.), der erhabenste Lyriker seines Volkes, in einer herrlichen Ode die Seelen der Abgeschiedenen auf den Gefilden der Seligen unter Weihrauchbäumen wandeln läßt, während sie noch bei Homer, der diese Droge überhaupt noch nicht gekannt zu haben scheint, in der Unterwelt auf Asphodeloswiesen (Asphodelus ramosus, einer in den Mittelmeerländern in Menge wachsenden Lilienart mit weißen Blütentrauben, deren scharfe Wurzelknollen als Arznei und ihres Reichtums an Stärkemehl wegen auch als Nahrung gegessen wurden, so auch, wie Porphyrius uns erzählt, vom Philosophen Pythagoras, der sie sehr liebte) wandelten und sich hier vornehmlich mit Spiel und Jagd die Zeit vertrieben. Der griechische Arzt Dioskurides (im 1. Jahrhundert n. Chr.) sagt in seiner Arzneimittellehre: „Der Weihrauch (líbanos) wächst in demjenigen Teile Arabiens, den man als das weihrauchtragende bezeichnet. Der beste ist der sogenannte männliche, auch stagoniás genannt, von Natur in walzigen Stücken. Er ist weiß, inwendig fettig und brennt, an die Flamme gebracht, schnell. Man wendet den Weihrauch und den aus verbranntem Weihrauch gewonnenen Ruß als Arznei an.“ In derselben Weise wurden übrigens auch nach demselben Autor die Myrrhe und der Myrrhenruß benutzt.

Der griechische Geschichtschreiber und Geograph Arrianus (ums Jahr 110 n. Chr. in Nikomedien geboren und unter Marcus Aurelius gestorben), der einzige Schriftsteller des Altertums, der eine genaue Kenntnis der arabischen Küste besaß, schreibt in seinem Buche über die Umschiffung des Roten Meeres: „An der Südküste Arabiens liegt der Handelsplatz Kane in der weihrauchtragenden Gegend. Landeinwärts von Kane liegt die Hauptstadt des Landes, Sabbatha, in der der König wohnt. Nach Kane wird der Weihrauch, der im Lande gewonnen wird, wie in ein gemeinschaftliches Magazin gebracht, was teils auf Kamelen, teils auf Fellbooten, teils auf eigentlichen Schiffen geschieht. Von Kane aus wird der Weihrauch weiter verhandelt. — Das Weihrauchland erstreckt sich von Kane weiter ostwärts an der Küste hin bis zum Vorgebirge Syagros und der sachalitischen Handelsstadt Moscha, ist bergig, sehr schwer zugänglich, hat eine dicke, neblige Luft. Die Weihrauchbäume sind nicht groß. Der Weihrauch quillt in Tropfen hervor und erstarrt an der Rinde, wie bei uns in Ägypten das Gummi (kómmi). Er wird von den Sklaven des Königs und verurteilten Verbrechern gesammelt. Die Gegend ist ungeheuer ungesund, selbst für Leute, die nur vorbeischiffen. Die Weihrauchsammler sind demnach einem sicheren Tode geweiht; dieser wird oft noch durch Nahrungsmangel beschleunigt. Auch auf dem Vorgebirge Syagros ist eine Burg mit einem Weihrauchmagazin und einem Hafen. — Östlich vom Vorgebirge Syagros liegt an der Südküste Arabiens im sachalitischen Gebiete die Hafenstadt Moscha, wohin der sachalitische Weihrauch gebracht wird, welcher von königlichen Beamten verhandelt wird. Der Weihrauch liegt hier auf einem großen Haufen, der gar nicht bewacht wird, indem die Götter selbst den Ort schützen. Denn nimmt ein Schiffer ohne Erlaubnis der königlichen Beamten auch nur ein Körnchen heimlich oder offen, so ist das Schiff, durch Göttermacht gebannt, nicht imstande, den Hafen zu verlassen.“

Arrian berichtet auch in seinem Buche über Indien, daß die Leute Alexanders (des Großen) an der Mündung des Euphrat das Dorf Diridotis fanden, wohin Kaufleute Weihrauch und anderes Räucherwerk aus Arabien brachten, und Plinius sagt in seiner Naturgeschichte: „Weihrauch und Myrrhe (thus et myrrha) sind Erzeugnisse Arabiens, doch wächst die Myrrhe auch im Lande der Troglodyten, der Weihrauch aber sonst nirgends, und nicht einmal in ganz Arabien, sondern nur in der Landschaft Saba, wo in einer gebirgigen Gegend die Weihrauchwälder stehen. Der Weihrauch wird von Saba aus auf einer schmalen Straße, welche durch das Land der Minäer geht, verführt. — Den Baum selbst kennen wir nicht, obgleich die römischen Waffen tief nach Arabien hinein vorgedrungen sind. Die griechischen Beschreibungen weichen sehr voneinander ab. — Als Alexander (der Große) noch ein Kind war und große Massen Weihrauch auf die Altäre warf, hatte ihm sein Erzieher Leonides gesagt, er möge erst dann soviel davon vertun, wenn er die Weihrauchländer erobert habe. Wie nun Alexander später Arabien erobert hatte, schickte er dem Leonides eine ganze Schiffsladung Weihrauch, damit er tüchtig räuchern könne. — In Rom kostet jetzt das Pfund des besten Weihrauchs 6 Denare (= 3 Mark), das der zweiten Sorte 5 Denare (= 2,50 Mark) und das der dritten Sorte 3 Denare (= 1,50 Mark). Jährlich wird jetzt eine ungeheure Menge von Weihrauch bei Leichenbegängnissen verbrannt, während man in alten Zeiten den Göttern nur etwas Mehl und Salz opferte, und gleichwohl waren sie damals gnädiger als sie jetzt sind.“ Derselbe Autor berichtet weiterhin, daß Kaiser Nero beim Leichenbegängnis seiner zweiten Gemahlin, Poppaea Sabina, die er nach Verstoßung der achtbaren Oktavia durch schnöden Freundschaftsbruch in seinen Besitz gebracht hatte, aber, ihrer überdrüssig, sie im Jahre 65 durch Mißhandlung in hochschwangerem Zustande tötete, als Opfer für die Götter mehr Weihrauch verbrennen ließ, als nach der Berechnung Sachkundiger ganz Arabien in einem Jahre hervorzubringen vermöge. Allerdings waren die Eigenliebe und die Gefallsucht dieser Frau sehr groß. Obschon sie nicht mehr jung war, lebte sie nur der Pflege ihrer Körperschönheit, trug zur Erhaltung ihres zarten Teints eine Maske, die sie vor dem Sonnenbrande schützen sollte, und führte auf ihren Reisen und während des Sommeraufenthaltes stets 500 Eselinnen mit sich, um täglich in deren Milch baden und so, wie sie glaubte, die Weiße ihrer Haut erhalten zu können. Ferner berichtete Statius, daß, als der reiche Abascontius seine Gattin Priscilla bestatten ließ, im langen Leichenzuge, als zur Verbrennung bestimmt, alle Blumen, die Arabiens und Kilikiens Frühling erzeugt, auch die Blumen des Sabäerlandes, die Gewürze Indiens, Weihrauch und Balsam aus Palästina getragen wurden.

Außer als Räucherwerk spielte der Weihrauch bei den Griechen und Römern auch medizinisch eine wichtige Rolle. Schon die Hippokratiker bedienten sich seiner bei Asthma, Uterusleiden und äußerlich zu verschiedenen Salben. Diese Verwendung blieb das Mittelalter hindurch, wie auch die christliche Kirche von den antiken Kulten das Verbrennen von Weihrauch in besonderen Räuchergefäßen, die vielfach mit großer Kunst hergestellt wurden, übernahm und in den römisch- und griechisch-katholischen Abzweigungen bis auf den heutigen Tag beibehielt. Auch die katholisierende englische Hochkirche und die Sekte der Irvingianer bedient sich noch dieses uralten Rauchopfers bei ihren Gottesdiensten. Vom lateinischen incensum, d. h. das, was (bei den Gottesdiensten) verbrannt wird, hat der Weihrauch die Bezeichnung encens im Französischen und incense im Englischen. Auch hier bewahrheitet sich die immer wiederkehrende Tatsache, daß der Mensch in nichts so konservativ ist, als in Sachen der Religion.

Bedeutende Mengen von Weihrauch verbrauchen auch die Chinesen zu Opfern und bei Leichenbegängnissen. Sie erhielten ihn seit dem 10. Jahrhundert von den Arabern. Auch in Indien wird seit dem frühesten Altertum von einheimischen Commiphoraarten Weihrauch gewonnen und bei den Gottesdiensten als Brandopfer verbrannt. So wird er schon um 500 v. Chr. im Ayur veda Susrutas erwähnt. Dieser indische Weihrauch, der schon im Altertum neben dem arabischen und heute noch von den Muhammedanern mit Vorliebe verbraucht wird, stammt von Boswellia thurifera, einer vom Gangesgebiet bis zur Koromandelküste wachsenden, dem echten Weihrauchbaum sehr nahe verwandten Burserazee, die Colebrooke 1809 in Ostindien entdeckte. Diesen Baum haben wahrscheinlich schon die Griechen auf dem Alexanderzuge im Pandschab kennen gelernt. Jedenfalls wurde auch dieser Weihrauch später neben dem arabischen verwendet. Dioskurides bezeichnet ihn als syagrium; er sei bräunlich und werde mit der Zeit gelblich. Er werde absichtlich zu walzigen Stücken geformt. Außer ihm gebe es noch eine geringe dunkler gefärbte und eine geringe weiße Sorte. Verfälscht werde dieser wie auch der arabische Weihrauch mit Pinienharz und Gummi; doch sei der Betrug leicht zu merken, weil der Gummi nicht brennt, das Pinienharz sich in Rauch verwandelt, der Weihrauch aber klar brennt. Auch der Geruch gebe ein sicheres Merkmal, um den Unterschied festzustellen.

In derselben Weise diente auch das dunkelbraune bis grünliche Gummiharz der im nordwestlichen Indien und in Belutschistan einheimischen Commiphora roxburghi und das mehr gelbrote ostafrikanische von Commiphora africana. Beide wurden besonders zu Rauchopfern wie auch arzneilich viel verwendet und kamen als Bdellium in den Handel. Dieses Bdelliumharz wurde schon von den alten Ägyptern für sich allein oder mit Myrrhen, Weihrauch und Mastix (dem Harz von Pistacia lentiscus) in Form einer Kyphimischung zum Rauchopfer oder zur Herstellung von Arzneien verwendet. Auch die Juden, die es hebräisch bdolah nannten, benutzten es wie Myrrhe, ebenso die Griechen, die dieses Harz wie die übrigen Weihrauchharze durch Vermittlung der Phönikier kennen lernten. Durch die Griechen wurden dann die Römer damit bekannt gemacht. Plinius erwähnt es, und sein Zeitgenosse, der griechische Arzt Dioskurides, sagt von ihm: „Das bdéllion tröpfelt aus einem arabischen Baume. Das beste ist bitter, durchscheinend, wie Leim anzusehen, fett, in der Mitte leicht erweichend, ohne Beimischung von Holzteilen und andern Verunreinigungen. Auf glühende Kohlen gestreut gibt es einen angenehmen Geruch. Eine zweite Sorte ist schmutzig und schwarz, bildet größere Klumpen und kommt aus Indien. Es kommt auch eine Sorte von Petra (der alten Hauptstadt der Nabatäer in Nordwestarabien bei der Sinaihalbinsel); sie ist trocken, harzig, bläulich und ist von zweiter Güte. Man verfälscht das Bdellium mit (arabischem) Gummi; dann ist es aber nicht mehr so bitter und riecht beim Räuchern nicht so angenehm. Es wird innerlich und äußerlich angewendet.“ Außer Arrian, dessen Bericht über seine Umschiffung des Roten Meeres wir vorhin erwähnten, nennt es auch Vegetius als ein Produkt des fernen Morgenlandes.

Wie von Weihrauch und Myrrhe hat man in einigen altägyptischen Gräbern auch Überreste von Mekka- oder Gileadbalsam gefunden, die alle den Toten als Opfergabe mitgegeben wurden. Sein Erzeuger ist der arabische Balsambaum (Commiphora opobalsamum), ein 5–6 m hoher Baum mit papierdünner, ledergelber Rinde und rutenförmigen Ästen, die nur nach den Winterregen belaubt sind. Wie sein naher Verwandter, der echte Weihrauchbaum, ist er im Somalland in Nordostafrika und im südlichen Arabien heimisch und wurde schon im Altertum nicht nur in Arabien, sondern auch in Syrien zur Gewinnung eines höchst wohlriechenden flüssigen Gummiharzes angepflanzt. Dieses ist der Balsam der alten Schriftsteller, der zwar auch zu gottesdienstlichen Räucherungen, besonders aber heute noch als hochgeschätzte Arznei Verwendung findet. Die beste, von selbst ausfließende oder durch Ritzen des Stammes und der Äste gewonnene Sorte ist dünnflüssig, blaßgelb, riecht dem Zitronenöl ähnlich und kommt nicht in den Handel, da sie von den vornehmen Orientalen ausschließlich für sich als Heilmittel und zu feinen Parfüms und Salben verwendet wird. Eher ist der weniger wohlriechende, gelbrötliche, trübe, dickflüssige Balsam im Orient zu kaufen, der dort seit dem Altertum zu rituellen Zwecken und als Arznei sehr begehrt ist.

Schon die alten Ägypter bedienten sich häufig seiner und nannten ihn aham. Auch die Juden benutzten es gern zu gottesdienstlichen und profanen Zwecken als Arzneimittel und zur Herstellung wohlriechender Salben. Ebenso kannten ihn die Schriftsteller des Altertums sehr wohl als Handelsartikel Arabiens. Der griechische Geograph Strabon (um 25 n. Chr. gestorben) schreibt, der Balsam (bálsamon) werde an der Küste des Sabäerlandes gewonnen, während ihn der römische Geschichtschreiber Tacitus (54–117 n. Chr.) nur in Judäa von mäßig großen Bäumen gewinnen läßt. Auch Theophrast und Plinius sagen, er gehe nur aus letzterem Lande hervor. Ersterer schreibt in seiner griechischen Pflanzengeschichte: „Der Balsam wird im syrischen Tieflande gewonnen, aber, wie man sagt, nur aus zwei großen Gärten. Der Baum soll die Größe eines Granatbaums und sehr viele Äste haben. Das Blatt soll ähnlich der Raute, nur mehr weiß und dabei immergrün sein. Die Frucht soll an Größe, Gestalt und Farbe derjenigen der Terebinthe gleichen. Ihr Geruch soll ganz herrlich und lieblicher sein als der Geruch der ausfließenden Tropfen. Um letztere zu gewinnen, soll man zur Zeit der größten Hitze mit eisernen Nägeln den Baumstamm und die Äste ritzen. Dann wird der Balsam bis zum Winter gesammelt. Der Ertrag ist aber gering; denn ein Mann sammelt den Tag über nur eine Muschel voll. Der Geruch ist ganz ausgezeichnet und so stark, daß wenig Balsam für einen großen Raum genügt. Übrigens wird kein reiner Balsam, sondern nur mit fremdartigen Zusätzen gemischter in den Handel gebracht. Auch die Zweige riechen sehr gut und werden teuer bezahlt, weswegen man den Baum oft beschneidet. Wilder Balsam soll nirgends vorkommen. Aus dem größeren Balsamgarten soll man 36 Pfund, aus dem kleineren 6 Pfund gewinnen.“ Und 350 Jahre später schrieb Plinius in seiner Naturgeschichte: „Allen andern Wohlgerüchen wird der Balsam (balsamum) vorgezogen, welchen nur Judäa erzeugt. Dort fand er sich nur in zwei königlichen Gärten. Die zwei Vespasiane (Vespasian und sein Sohn Titus, die den mit der Zerstörung Jerusalems und der Vernichtung des jüdischen Volkes als Nation im Jahre 70 n. Chr. endigenden Krieg in Judäa führten) haben dieses Bäumchen auch der Stadt Rom gezeigt. Das Land, in welchem es wächst, gehört jetzt uns; es ist aber ganz anders beschaffen, als es römische und ausländische Schriftsteller beschrieben haben. Als die Römer Judäa eroberten, wollten die Juden den Balsambaum ausrotten; allein die Römer verteidigten ihn, und so entstand ein Kampf um einen Strauch. Jetzt wird er auf Staatskosten angepflanzt und ist zahlreicher und höher als je. Seine Höhe erreicht nicht ganz zwei Ellen. Man unterscheidet drei Sorten dieses Strauches. Der frisch aus gemachten Ritzen fließende Saft heißt Saftbalsam (opobalsamum) und sein Geruch ist ungemein lieblich. Die zarten Tröpfchen werden in Hörner gesammelt und dann in neue irdene Gefäße gegossen. Der Balsam gleicht anfangs einem dicken Öl und ist farblos, später wird er rötlich und hart. Jeder Strauch wird jetzt im Sommer dreimal geritzt und später abgeschnitten. Auch die Teile des abgeschnittenen Strauches kommen in den Handel und haben nach der Eroberung Judäas in weniger als fünf Jahren einen Ertrag von 80 Millionen Sestertien (etwa 12 Millionen Mark) gegeben. Der Balsam, den man aus den abgeschnittenen Stücken des Strauches kocht, heißt Holzbalsam (xylobalsamum) und wird unter Salben gekocht. — Die Verfälschung des reinen Balsams wird recht grob und großartig betrieben, so daß ein Gefäß reinen Saftes, welches vom kaiserlichen Schatzamte für 300 Denare (etwa 15 Mark) gekauft wird, dann durch Verfälschung vermehrt für 1000 Denare (50 Mark) verkauft wird.“ Der römische Geschichtschreiber Älius Lampridius meldet uns vom schwelgerischen Heliogabalus, der im Jahre 218 17jährig durch die Bemühungen seiner ehrgeizigen Großmutter Julia Maesa, der Schwägerin des Kaisers Septimius Severus, von den Legionen in Syrien zum Kaiser ausgerufen wurde und bis zu seiner Ermordung durch die Prätorianer im Jahre 222 regierte, als Ausdruck höchster Verschwendung, er habe sogar den kostbaren Balsam in Lampen gebrannt.

Im Mittelalter betrieben die Araber die Kultur des arabischen Balsambaums. Noch der Venezianer Prosper Alpino, der 1617 64jährig als Professor der Botanik in Padua starb, sah, als er Ägypten um 1590 besuchte, im Sultansgarten von Matarie, wenige Kilometer nordöstlich von Kairo, den echten Balsambaum angepflanzt. Er berichtet uns darüber in einem 1592 veröffentlichten eigenen Dialog. Seither wurde er erst wieder im letzten Jahrhundert von Europäern gesehen. Einst besaß dieser Balsam, den wir neben Myrrhe und Würze aller Art als Ladung der von Gilead im Ostjordanland nach Ägypten ziehenden Karawane der Ismaeliter erwähnt finden, an die Jakobs Söhne ihren später zu so hoher Stellung in Ägypten gelangten Bruder Joseph verkauften, eine große Bedeutung als Handelsartikel auch des Abendlandes. War er doch ursprünglich das heilige Salböl der christlichen Kirche, das zum sogenannten Chrisma — deshalb bei uns auch Chrisam genannt — benutzt wurde, wie ihn die morgenländischen Kulte bereits in gleicher Weise verwendeten. Erst als das den Balsam erzeugende Land Arabien und Syrien in die Hände der Muhammedaner fiel und dieser Handelsartikel infolge der gespannten Beziehungen mit den Christen immer seltener wurde und schließlich fast gar nicht mehr zu haben war, ist dann nach Entdeckung der Neuen Welt durch eine päpstliche Bulle im 16. Jahrhundert der aus dem nördlichen Südamerika bezogene Perubalsam zum heiligen Salböl befördert worden, als welches es seither ausschließlich dient. Übrigens werden auch die nach Verletzung der Rinde ausgeschwitzten Gummiharze einiger anderer amerikanischer Balsambäume als des Perubalsambaums, so besonders dasjenige des in Westindien und dem nördlichen Südamerika heimischen westindischen Elemibaumes (Commiphora plumieri — so genannt nach dem 1646 zu Marseille geborenen Franziskaner Charles Plumier, den Ludwig XIV. dreimal nach Amerika schickte, um besonders von Guiana aus Heilpflanzen nach Frankreich zu bringen; er starb, als er eine vierte Reise antreten wollte, im Hafen von Sta. Maria bei Cadix), auch aus der Familie der Burserazeen oder Balsambäume wie die Erzeuger der vorhin genannten wohlriechenden Gummiharze. Dessen ausgeschwitzter Balsamharz wird als westindisches Elemi bezeichnet, im Gegensatz zum viel länger bekannten ostindischen Elemi, das in Indien ebenfalls seit Urzeiten zu gottesdienstlichen Räucherungen, als Arzneimittel und zur Herstellung von wohlriechenden Salben dient. Ein dem westindischen Elemi sehr ähnliches wohlriechendes Gummiharz liefert auch der im nördlichen Südamerika heimische brasilische Elemibaum (Commiphora ambrosiaca), dessen nach Verletzungen aus der Rinde ausfließender Balsam, an der Luft erhärtet und in großen, unförmlichen, zusammengebackenen, blaßgelblichen Klumpen in den Handel gelangt. Es riecht eigentümlich aromatisch und dient außer zu Räucherungen auch zur Herstellung von Salben und Pflastern. In gleicher Weise wird das Caranna- oder Mararaharz von der am Orinoko wachsenden Amyris caranna, das die Eingeborenen Guianas von alters her bei Quetschungen und Wunden gebrauchen, und das von dem ebenfalls in Guiana wachsenden Baume Amyris heptaphylla gewonnene Conimaharz verwendet. Letzteres stellt eine Art Kopal dar und wird auch als solches zur Herstellung von Firnissen und Lacken benutzt.

Auch verschiedene solche wohlriechende Gummiharze bergende Hölzer werden zu gottesdienstlichen und medizinischen Räucherungen benutzt, so das Holz des orientalischen Balsambaums (Commiphora opobalsamum) und das ebenfalls balsamisch riechende Gafaholz von Commiphora erythraea auf den Dahlakinseln an der Küste der italienischen Kolonie Erythräa am Südufer des Roten Meeres. Letzteres wird besonders in der muhammedanischen Welt zu Räucherungen in den Moscheen und zum Beräuchern der Wassergeschirre benutzt.

Als Surrogat der teuren orientalischen Myrrhe diente den Griechen, wie wir von Dioskurides erfahren, zu Räucherungen und als Heilmittel die kleingeschnittene Wurzel der Pferdesellerie (hipposélinon), einer besonders in Böotien wildwachsend gefundenen Pflanze (Smyrnium olusatrum), die getrocknet als böotische Myrrhe in den Handel gelangte. Am brauchbarsten sei sie, meint jener Arzt, wenn sie den angenehmen Geruch der echten Myrrhe habe.

Ein wertvolleres Räuchermittel, das auch zur Herstellung von Arzneien eine ziemliche Bedeutung besaß, war den Griechen wie den vorderasiatischen Völkern, von denen sie seine Verwendung kennen lernten, der Styrax, ein wohlriechendes Gummiharz, das bereits in den hieroglyphischen Texten als minaki erwähnt wird. Bei den regen Handelsverbindungen mit Syrien und Babylonien kann es uns nicht wundern, daß dieses wohlriechende Balsamharz aus Syrien, wo es im Altertum in ziemlicher Menge gewonnen wurde, schon frühe nach dem Niltal gelangte, um so mehr die Ägypter einen so ungemein großen Bedarf an solchen Räuchermitteln und wohlriechenden Drogen zur Herstellung von gottesdienstlichen Räucherungen und Salben und Arzneien hatten. Durch die Phönikier wurde dieses Gummiharz nach Griechenland gebracht, was nach Herodots Aussage noch zu seiner Zeit, im 5. vorchristlichen Jahrhundert, der Fall war. Die Hippokratiker bedienten sich seiner vielfach als Heilmittel, besonders bei den Frauen zur Beförderung der Menstruation. Der um 25 n. Chr. verstorbene griechische Geograph Strabon aus Amasia am Südrande des Schwarzen Meeres gibt als Vaterland des dieses Balsamharz liefernden Baumes Arabien und das Taurusgebirge in Nordsyrien an. Er sagt darüber: „Hoch auf dem Rücken des Taurusgebirges, bei der Stadt Selge, wächst der Styraxbaum (stýrax) in großer Menge. Von ihm kommen die Styraxlanzenschäfte, welche denen von der Kornelkirsche ähnlich sind. In den Stämmen dieser Bäume wohnt eine Art Holzwürmer. Diese bohren sich Gänge durch die Rinde und aus ihnen fällt dann das Wurmmehl, das sich unten um den Stamm sammelt. Danach tropft auch eine Flüssigkeit heraus, welche wie Gummi leicht zusammenbackt. Sie vermischt sich am Boden mit dem Wurmmehl und mit Erde; ein Teil aber bleibt am Stamme kleben und ist rein. Auch der am Boden liegende unreine Styrax wird gesammelt; er riecht besser als der reine, ist aber in anderer Hinsicht schwächer wirkend. Er wird besonders zum Räuchern gebraucht.“

Um die Mitte des 1. Jahrhunderts n. Chr. sagt der aus Kilikien stammende griechische Arzt Dioskurides von ihm: „Der Styrax (stýrax) tröpfelt aus einem Baume, der dem Quittenbaum ähnlich ist. Für den besten gilt der gelbe, fette, harzige, der weißliche Klümpchen enthält, recht lange wohlriechend bleibt und beim Erweichen eine honigartige Flüssigkeit ausschwitzt. So ist der syrische aus Gabale, ferner der aus Pisidien und Kilikien beschaffen. Der dunkelfarbige, zerreibliche, kleienartige taugt nichts. Selten ist der durchsichtige, gummi- und myrrhenartige Styrax. Man verfälscht den Styrax mit dem aus dem Baume kommenden Wurmmehl, dem man Honig, pulverisierte Schwertlilienwurzel und sonst allerlei beimischt. Es gibt auch Leute, welche Wachs und Talg mit Gewürzen und Styrax an der heißen Sonne kneten, dann durch ein weites Sieb in kaltes Wasser treiben, wodurch wurmartige Stücke entstehen, die als Wurmstyrax verkauft werden und bei Unerfahrenen für echten Styrax gelten. — Der Styrax hilft gegen mancherlei Übel, man verbrennt ihn auch so, daß man viel Ruß gewinnt, den man ebenfalls braucht (namentlich für schwarze Tinte zum Schreiben). Von Syrien wird auch die Styraxsalbe in den Handel gebracht.“ Ähnlich drückt sich sein Zeitgenosse Plinius aus. Er sagt nämlich: „Syrien erzeugt in der oberhalb Phönikiens gelegenen Gegend den Styrax (styrax); auch wird der von Pisidien, Sidon, Cypern und Kilikien gerühmt, nicht aber der von Kreta. Der beste ist der braunrote, fettigzähe aus dem syrischen Amanus. Verfälscht wird der Styrax mit Zedernharz und Gummi, auch mit Honig und bittern Mandeln. Vom besten kostet das Pfund 17 Denare (etwa 10 Mark). Der Styrax wird innerlich und äußerlich gebraucht.“ Dieses Styrax ist das der Benzoe verwandte balsamisch riechende Gummiharz des Styraxbaumes (Styrax officinale), eines 4–7 m hohen, strauch- bis baumartigen Gewächses mit kurzgestielten, eiförmigen, unterseits weißfilzigen Blättern, endständigen Trauben wohlriechender Blüten und filzigen, grünen Steinfrüchten. Er wächst in Südeuropa, Kleinasien, Syrien, Cypern und Kreta.

An die Stelle dieses festen Styrax, der den alten Kulturvölkern allein bekannt war, ist seit dem 17. Jahrhundert der flüssige Styrax getreten, der aus dem unter der Rinde liegenden Splint des in Lykien und Karien wachsenden Amberbaums (Liquidambar orientalis) durch Kochen mit Wasser und Abpressen gewonnen wird. Das wiederum getrocknete Holz dient mit gepreßter Borke in der griechischen Kirche als Christholz neben Weihrauch zu rituellen Räucherungen und kam früher als Weihrauchrinde in den Handel.

Außer dem Holz des Amberbaums wurden im Altertum wie heute noch im Orient, besonders aber bei den verschiedenen südasiatischen Völkern, andere wohlriechende Hölzer zu Kultzwecken, beim Gottesdienst und bei feierlichen Opfern verbrannt. Unter ihnen sind das Sandelholz und das Aloeholz weitaus die wichtigsten. Ersteres ist das höchst aromatisch, rosenartig riechende, gelbe Kernholz oder Holz von älteren Stämmen des an der Malabarküste heimischen, aber in ganz Vorder- und Hinterindien, besonders auf den Sundainseln, angepflanzten Sandelbaumes (Santalum album — weiß genannt, weil das geruchlose Splintholz weiß ist). Die Hindus, Malaien und Chinesen benutzen das wohlriechende Holz zu mancherlei kostbaren Gerätschaften und zu Götzenbildern. Die Buddhisten schnitzen sich mit Vorliebe Rosenkränze daraus und die Chinesen bedienen sich des Holzes zugleich mit Weihrauch als Räuchermittel in den Tempeln und bei Leichenbegängnissen. Auch die wohlhabenden Inder und Araber räuchern in ihren Häusern mit demselben und lassen sich daraus Pfeifenrohre schneiden. Letzteres dagegen, das als Aloe gerühmte Räucherwerk des Alten Testaments, ist ein dunkelbraunes, sehr hartes und sprödes Holz, das von Aquilaria agallocha, einem Baume Hinterindiens stammt. Es enthält nur wenig wohlriechendes Harz; man schneidet daher die harzfreien Teile weg oder gräbt die Stämme in die Erde, wobei dann das ganze Holz gleichmäßig damit durchtränkt wird. Die Kulturvölker des Altertums schätzten es hoch und bezahlten es sehr teuer. Der um die Mitte des 1. Jahrhunderts n. Chr. lebende griechische Arzt Dioskurides nennt es in seiner Arzneimittellehre agállochon und sagt, es sei ein punktiertes, wohlriechendes Holz, das aus Indien und Arabien gebracht werde und zum Kauen diene, um dem Munde Wohlgeruch zu verleihen, auch zum Räuchern statt Weihrauch, und außerdem in manchen Fällen als Arznei benutzt werde. Nach dem Untergange des Römerreiches wurde es nur noch im üppigen Byzanz verwendet und kam erst wieder, als das Abendland zur Zeit der Kreuzzüge mit dem Morgenlande in Beziehungen trat, durch die Araber nach Europa. Es galt im Mittelalter als besonders heilkräftig, während es jetzt noch in Ostasien in der Parfümerie und zu Heilzwecken Verwendung findet. In seiner Heimat Hinterindien wird es regelmäßig in den Tempeln verbrannt. Napoleon I. benutzte es in seinen Palästen mit Vorliebe zu Räucherungen als Parfüm.

Endlich sind noch zwei nicht in den europäischen Handel gelangende Produkte zu nennen, die bei den ostasiatischen Kulturvölkern eine große Rolle spielen. Erstens der Sumatra- oder Borneokampfer, ein dem gewöhnlichen Laurineenkampfer ähnliches, zugleich aber etwas nach Patschuli riechendes festes ätherisches Öl von weißer Farbe und kristallinischem Aussehen, das in den Stämmen des hohen, auf Sumatra und Borneo wachsenden Kampferbaums oft in großen, mehrere Pfund schweren Stücken ausgeschieden wird, sonst das ganze Kernholz zur Konservierung und zum Schutze vor Insektenfraß und Pilzinvasion durchtränkt. Bevor der echte oder Laurineenkampfer aufkam, war er wie heute noch in China und Japan der allein als Räuchermittel bei gottesdienstlichen und andern feierlichen Handlungen verwendete, der dort auch zum Einbalsamieren der Leichen Vornehmer dient. Er ist sehr teuer und kam zu Beginn des Mittelalters als wertvolle Arznei und kostbares Räuchermittel nach Syrien, wo ihn der griechische Arzt Aetios aus Amida im 6. Jahrhundert als kaphura zuerst erwähnt. Ins Abendland kam er durch die Vermittlung der sich seiner häufig bedienenden arabischen Ärzte und wird um 1070 in Italien vom jüdischen Arzt Simon Seth und um 1150 von der gelehrten Hildegard, Äbtissin des Klosters Rupertsberg bei Bingen, erwähnt. Erst zu Beginn des 17. Jahrhunderts wurde er durch den weit billigeren ostasiatischen Laurineenkampfer ersetzt. Zweitens der in Cochinchina, Java und Amboina aus der Komposite Blumea balsamifera gewonnene Blumea- oder Ngaikampfer, der seiner Kostbarkeit wegen in seiner Heimat und in China nicht mehr zu Räucherungen, wohl aber als Arzneimittel und in letzterem Lande auch zum Parfümieren der feinen Schreibtusche verwendet wird.

[2] Wenn neuerdings der nordamerikanische Forscher Breasted in seiner eben deutsch im Verlag von Carl Curtius in Berlin W erschienenen, sonst sehr lesenswerten „Geschichte Ägyptens“ an dieser und an allen anderen Stellen das Wort anti mit Myrrhe, statt wie sämtliche übrigen Forscher mit Weihrauch übersetzt, so ist er darin vollkommen im Irrtum, wie mir der beste Kenner der Materie, Prof. G. Schweinfurth in Berlin-Schöneberg, auf eine persönliche Anfrage hin eingehend zu begründen die Freundlichkeit hatte.

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