XXX. Die Zierbäume und Ziersträucher.

Die ältesten Baumbestände unserer Parks reichen in die Zeit zurück, da die herrschaftlichen Landsitze ganz Mitteleuropas nach dem Beispiele des Gartens von Versailles mit geraden Baumalleen durchzogen waren. Damals mußten sich die Bäume der Schere beugen und ihre Kronen in regelmäßige, geometrische Formen, meist Vierecke oder Kugeln, bringen lassen. Gegen diese Unnatur erfolgte nun, wie wir im Abschnitt über die Geschichte des Ziergartens erfuhren, von England aus durch den Einfluß ostasiatischer Gartenkunst eine Reaktion, die im „englischen Garten“ die Rückkehr zu den Formen der natürlichen Landschaft sah. Während bis dahin die Baum- und Straucharten dem heimischen Bestande entnommen worden waren, ging man zugleich dazu über, auch einige südeuropäische Vertreter der Pflanzenwelt, vor allem Platane, Roßkastanie, Flieder und Goldregen in den Parkanlagen anzusiedeln. Dazu kamen mit der Zeit zahlreiche amerikanische Gäste aus einem ausgedehnten Waldgebiet mit vielen sehr schönen Formen mit dem mitteleuropäischen ähnlichen Klima. Bereits im Jahre 1636 waren gegen 50 kanadisch-virginische Bäume und Sträucher aus den französischen Kolonialgebieten Nordamerikas im Pariser Jardin des plantes angesiedelt. Und bei den regelmäßigen Verbindungen mit jenen konnte es nicht fehlen, daß die kleinen und großen Parkbesitzer immer mehr der fremden, interessanten Typen zusammenzubringen suchten. Für Deutschland gewannen die Anlagen in Harbke und Tegel in der Mark Brandenburg eine führende Stellung. Hier hatte man, von vorzugsweise praktischen Gesichtspunkten ausgehend, um der überhandnehmenden Holznot zu steuern, die Verwendung der fremden Bäume im heimischen Forstbetrieb versucht. Dabei zog man aus den Erfahrungen Nutzen, die Freiherr von Wangenheim als Offizier des 1776 vom Kurfürsten Friedrich II. von Hessen-Kassel an die Engländer zum Kampfe gegen die nordamerikanische Union verkauften hessischen Feldjägerkorps — im ganzen waren es 22000 Mann, für die jener elende Monarch zur Bestreitung seiner Mätressenwirtschaft 21276778 Taler „Blutgeld“ einstrich — bis zum Jahre 1784 an Ort und Stelle zu sammeln Gelegenheit hatte. In jener Zeit entstanden die Pflanzungen fremder Baumarten, die heute durch ihre Größe in den Parks von Wilhelmshöhe bei Kassel, von Schwetzingen bei Heidelberg, Wörlitz bei Dessau im Anhaltischen und anderwärts unsere Bewunderung erregen. Dem 19. Jahrhundert blieb es vorbehalten, die Baumschätze des westlichen, pazifischen Teiles von Nordamerika aufzuschließen und endlich auch die wertvollen Bestandteile der ostasiatischen Baumvegetation sich anzueignen. So wurden in den letzten Jahrzehnten besonders japanische und mandschurische Arten in stets steigender Zahl bei uns eingeführt.

Alle in unsern Parkanlagen angesiedelten Bäume stammen aus einem der großen Waldgebiete der nördlichen gemäßigten Zone, also Mitteleuropa vom Kaukasus bis zu den Gebirgen Spaniens, vom atlantischen und von diesem wesentlich verschiedenen pazifischen Teile von Nordamerika und Ostasien. Die übrigen Teile der Erde und vor allem die ganze südliche Erdhälfte haben nur ganz wenige und unbedeutende Arten geliefert. Sprechen wir aber von der Einführung fremder Baumarten nach Deutschland, so dürfen wir nicht vergessen, daß auch von den heimischen Arten nicht wenige importiert sind. So ist die Lärche nur in den Alpen heimisch und wurde von da nach den Niederungen gebracht. Auch die Weißtanne ist im größten Teile Norddeutschlands erst künstlich angesiedelt worden, und der Buchs tritt nach seiner natürlichen Verbreitung nur am Hörnli bei Basel und an der oberen Mosel auf deutsches Gebiet über. Die Stechpalme gedeiht bloß im Bereiche des atlantischen Klimas.

Natürlich müssen bei der Einbürgerung fremder Arten vor allem die klimatischen Verhältnisse in Berücksichtigung gezogen werden, wobei vor allem die Länge und Intensität des winterlichen Frostes, die frühe oder späte Jahreszeit, in welcher die zum Austreiben der Blätter oder Sprosse nötigen Temperaturen erreicht werden, dann die Höhe der sommerlichen Temperaturen während der Vegetationsmonate und schließlich die Regenmengen während derselben maßgebend sind.

Mit die wichtigsten Zierbäume unserer Parks sind die Nadelhölzer, unter denen die Tannen und Fichten am häufigsten angetroffen werden. Neben der Weißtanne (Abies pectinata) ist die 14 Tage später austreibende, durch ihre schöne, im Freistande länger aushaltende Beastung ausgezeichnete, nach ihrem Entdecker benannte Nordmannstanne (Abies nordmanniana) aus dem Kaukasus zu nennen. Dann die kilikische Weißtanne (A. cilicica) aus dem Taurus, die weniger frostempfindlich ist als die griechische und spanische Tanne (A. cephalonica und pinsapo), welche nur in frostfreien, geschützten Lagen gedeihen und durch ihren regelmäßigen Wuchs das Auge erfreuen. Eine der schönsten nordamerikanischen Arten ist die mattgrüne, durch ihre Frosthärte und ihre Raschwüchsigkeit in der Jugend beliebte Koloradotanne (A. concolor). Gleichfalls sehr lange, aber unten hellere Nadeln als oben besitzt die ebenfalls bei uns eingeführte kalifornische Küstentanne (A. grandis), die in ihrer Heimat 90 m hoch wird und damit die höchste aller Tannen ist. Sehr viel niedriger, manchmal nur strauchartig sind die Balsamtannen, die den für die Mikroskopie wichtigen Kanadabalsam liefern. Besonders trifft man die atlantische Balsamtanne (A. balsamea) als Parkbaum nicht selten, während die ostasiatischen Tannen bis jetzt nur wenig Eingang in unsere Gärten fanden. Die bei uns am häufigsten angetroffene Vertreterin der in Nordamerika und in Ostasien heimischen Hemlockstannen der der Abies nahe verwandten Gattung Tsuga ist die kanadische Schierlingstanne (Tsuga canadensis). Dichter benadelt und raschwüchsiger, aber gegen Frost weniger widerstandsfähig ist die westliche Schierlingstanne (T. mertensiana). Eine der schönsten und forstlich wertvollsten Errungenschaften aber ist die in ihrem Aussehen der Fichte ähnliche, nach dem schottischen Botaniker Douglas benannte Douglastanne (Pseudotsuga douglasii), deren Nadeln beim Trocknen nicht abfallen, darin also den Tannen gleichen, während die Fruchtzapfen sich nicht entblättern wie bei diesen, sondern wie bei den Fichten als Ganzes abfallen. Ihre Rinde ist von zahlreichen Harzbeulen blasig aufgetrieben. Dieser wichtigste Waldbaum Nordamerikas ist grün und zeichnet sich durch große Raschwüchsigkeit gegenüber der blaugefärbten Kolorado-Douglasie (P. glauca) aus, die aber frosthärter ist. Im Süden ihres Verbreitungsgebietes ist letztere geradezu bläulichweiß, so daß sie mit der ebenfalls im Felsengebirge heimischen blauen Form der Stechfichte (Picea pungens var. glauca) als Zierbaum in Wettbewerb tritt.

Zahlreicher und für unsere Parks von größerer Bedeutung sind die Fichten, unter denen die gemeine Fichte oder Rottanne (Picea excelsa) die verbreitetste ist. Sie ist mit Unrecht wegen ihrer steifen Langweiligkeit verschrien, da sie in zahllosen Spielarten, wie Hänge-, Trauer-, Schlangen-, Säulen- und Zwergfichten, auftritt. Sie kann bis 60 m hoch werden und bei einem Alter von 700–800 Jahren einen Stammdurchmesser von 2 m erlangen. An sehr trockenen Standorten bildet sie Kümmerformen, die durch niedrigen, langsamen Wuchs und kurze Benadlung ausgezeichnet sind. Zweige solcher ähneln dann der aus Kleinasien stammenden Sapindusfichte (P. orientalis), die von allen Fichtenarten die kleinsten, höchstens 1 cm langen Nadeln besitzt. Sie wird 30 m hoch und bildet im Taurus und Kaukasus ausgedehnte Bestände. An den Zweigen und Zapfen scheidet sie häufig als Sapindustränen bezeichnete Harztropfen aus. Von europäischen Formen sind noch die von Skandinavien durch ganz Nordasien heimische Altaifichte (P. obovata) und die auf den Bergen des Balkans heimische, dort omorika genannte Omorikafichte (P. omorica) zu nennen. Letztere hat einen sehr schlanken Wuchs, wird bis 40 m hoch und zeichnet sich ganz besonders durch ihre merkwürdig geringe Empfindlichkeit gegen Beschädigung durch die giftigen Gase, speziell die schweflige Säure, des Steinkohlenrauchs aus, was sie für alle Parks um unsere schlotreichen Städte mit ihren zahlreichen Fabrikanlagen doppelt wertvoll macht.

Als Zierhölzer so wichtig wie als Nutzhölzer sind die amerikanischen Fichten, von denen die blaugrün erscheinende, bis 50 m hohe Weißfichte (P. alba) aus dem östlichen Nordamerika von Kanada bis Nordkarolina und die etwa 25 m hohe, dunkelgrüne Schwarzfichte (P. nigra) mit schwärzlicher Rinde, die im östlichen Nordamerika ausgedehnte Wälder bildet, um 1700 nach Europa gelangten. Etwas später, nämlich erst seit 1755 hier eingeführt, ist die bis 20 m hohe frischgrüne Rotfichte (P. rubra) mit rötlichem Holz, die im nordöstlichen Nordamerika heimisch ist und an der Hudsonsbai in buschigen Zwergformen die nördliche Grenze des Baumwuchses erreicht. Leichter an den scharfstechenden, sparrig abstehenden, blauen oder silbergrauen Nadeln kenntlich ist die erst 1863 ebenfalls aus Nordamerika zu uns gebrachte Stechfichte (P. pungens). Sie wächst im Felsengebirge zwischen 2000 und 2800 m Höhe und hat sich als zweifellos schönste unserer Koniferen besonders in der als Blaufichte (var. glauca) bezeichneten Varietät mit durch einen Wachsüberzug als Verdunstungsschutz bläulichweißen Nadeln sehr rasch in unsern Gärten verbreitet. Derselben prächtigen Färbung wegen wird auch die als Silberfichte (var. argentea) bezeichnete Varietät der Engelmannsfichte (P. engelmanni) als Zierbaum unserer Gärten geschätzt. Seltener wird in unseren Parks die im pazifischen Nordamerika — auch auf der Insel Sitka im Territorium von Alaska — heimische Sitkafichte (P. sitchensis) angetroffen. Endlich ist auch seit 1861 die außerordentlich schöne, bis 40 m hoch werdende Picea alcockiana mit dunkelgrünen, unterseits bläulichgrünen Nadeln, die wie alle vorigen ein sehr gutes Nutzholz liefert, aus Japan bei uns eingeführt worden.

Während bei den bisher besprochenen Koniferengattungen die Nadeln stets einzeln an den Zweigen sitzen, ist dies bei den Kiefern (Pinus) nur in den allerersten Lebensjahren des Baumes der Fall. Alle späteren Zweige, die weiterwachsenden Langtriebe, tragen nur häutige Schuppen, in deren Achseln die langen Nadeln zu 2–5 an fast ganz zurückgebildeten Kurztrieben sitzen. In der heimischen Baumwelt sind die zweinadeligen Kiefern vor allem durch die bis 40 m hohe gemeine Kiefer oder Föhre (Pinus silvestris) vertreten. Diese besitzt unter den europäischen Nadelholzgewächsen die weiteste Verbreitung und gedeiht am besten auf tiefgründigem, humosem Sandboden. Dann durch die in Südeuropa verbreitete Schwarzkiefer (P. laricio), die in den österreichischen Alpen in der Abart der österreichischen Kiefer (P. nigricans) vertreten ist, und die subalpine Knieholzkiefer oder Legföhre (P. montana), die in den Alpen von 1400–2000 m Höhe weite Flächen bedeckt und einen energischen Schutz gegen Lawinen und Erdrutsche bildet. Dagegen stehen je 5 Nadeln beisammen bei der im Hochgebirge heimischen Arve oder Zirbelkiefer (P. cembra) und bei der aus Nordamerika zu uns gelangten Weymouthskiefer (P. strobus), einem Baume mit grauer, glatter Rinde und regelmäßiger, kegelförmiger Krone. Sie bildet im atlantischen Nordamerika große Wälder und erhielt ihren Namen daher, daß sie im Jahre 1705 durch Lord Weymouth aus den Neuenglandstaaten nach Europa gebracht wurde. Dank ihrer weichen, seidenglänzenden Benadlung ist sie jetzt überall bei uns als Zierbaum sehr beliebt. Im pazifischen Teil Nordamerikas ist sie durch die ihr sehr ähnliche, aber in unseren Gärten nur selten angetroffene Gebirgsstrobus (P. monticola) vertreten. Ihr sehr ähnlich ist die im Himalaja heimische Tränenkiefer (P. excelsa) so genannt, weil deren Zweigspitzen und besonders die großen, bis 25 cm langen Zapfen meist mit tränenartigen Harztropfen besetzt sind. Mit ihr trifft man in Gärten weiterhin die vielfach nur als örtliche Varietät der vorigen angesehene rumelische Strobus (P. peuce) mit kürzeren, steifen Nadeln und kürzeren Zapfen an. Außerdem finden wir nicht selten die größte Kiefernart, nämlich die kalifornische Zuckerkiefer (P. lambertiana) mit 40 cm langen Zapfen und die nur wenig von ihr unterschiedene Goyokiefer (P. pentaphylla) in unsern Parks angepflanzt. Sonst kommen von den etwa 80 bekannten Kiefernarten nur noch wenige für unsere Gärten in Betracht, so die nordamerikanischen Strauchkiefer (P. banksiana), die wegen ihrer großen Anspruchslosigkeit an den Boden eine der wichtigsten forstlichen Einführungen und aus dem gleichen Grund auch für den Park, besonders bei Neuanlagen auf Schutt und Ödland, sehr wertvoll ist. Dreinadlige Kiefern sind in den Parks selten anzutreffen. Unter ihnen ist die nur in milden Lagen fortkommende Gelbkiefer (P. ponderosa) aus dem pazifischen Nordamerika wegen ihres üppigen Wuchses und der prächtigen, bis 25 cm langen Nadeln auch bei uns sehr geschätzt.

Wie unter den Kiefern die vorgenannte Arve, ein an der Waldgrenze in den Alpen wachsende, aber stark im Rückgang begriffene Nadelholzart, wegen ihrer dichten Benadlung und ihres regelmäßigen Jugendwachstums ein sehr beliebter Zierbaum unserer Gärten wurde, ist die gleichfalls aus den Alpen stammende Lärche (Larix europaea), trotzdem auch sie ein echter Gebirgsbaum ist, in den Parks der Niederungen angesiedelt worden und gedeiht hier ganz gut. Sie liebt einen steinigen, tiefgründigen Boden und gedeiht nicht auf zu nassem oder trockenem Boden. Aber erst in einem rauhen Klima entfaltet sie ihre ganze Schönheit. Von den acht anderen Lärchenarten, die bei uns im Freien aushalten, ist ihrer dekorativen Wirkung wegen die aus Japan kommende zartschuppige oder Hondolärche (L. leptolepis) besonders beliebt. Infolge eines zarten Wachsüberzuges zur Einschränkung der Wasserverdunstung erscheinen ihre Nadeln blaugrün und gehen im Herbst in Violett über; ihre jungen Triebe sind rotbraun, während sie bei der europäischen Lärche graugelb sind. Nur in der Blütezeit ist ohne weiteres die im Amurgebiet und im Kamtschatka heimische sibirische Lärche (L. dahurica) zu erkennen, und zwar an der grünen Farbe ihrer weiblichen Blüten, die bei allen anderen Arten karminrot gefärbt sind. Die 30 m hohe zierliche Larix pendula aus dem atlantischen und die 40–80 m hohe schlanke Larix occidentalis aus dem pazifischen Gebiete von Nordamerika werden nur ganz ausnahmsweise bei uns angepflanzt.

Mit den Cedern zusammen tragen die Lärchen nur einzelne Nadeln an ihren Trieben; dann erst bilden sich an diesen Langtrieben seitlich knopfige Kurztriebe, an denen die Nadeln zu Büscheln gedrängt stehen. Während die Nadeln aber bei den Lärchen weich und zart sind, da sie nur ein Jahr auszudauern brauchen, weil diese Baumart regelmäßig im Herbst ihre dann schön goldgelb gefärbten Nadeln abwirft, sind sie bei den Cedern, weil bleibend, starr und stechend. Von den drei immergrünen Cederarten steht die Libanonceder (Cedrus libani) den Lärchen am nächsten und unterscheidet sich von ihnen außer durch die bleibenden Nadeln durch ihre äußere Erscheinung und die kugelige, aufrechte Zapfenform. Sie trägt in der Jugend einen überhängenden Wipfel, bildet aber im Alter eine prächtig aufgebaute schirmförmige Krone. Dieser Baum, der einst auf allen Gebirgen Syriens und Kleinasiens prächtige Bestände bildete, ist jetzt in seiner Heimat fast ausgerottet, gedeiht aber als Parkbaum in Deutschland nur in sehr milden, luftfeuchten Lagen. Eher noch als sie gedeiht bei uns die im nordafrikanischen Atlasgebirge heimische Atlasceder (Cedrus atlantica), die sich leicht an ihrem stets aufrechten Gipfel erkennen läßt. Schwer dagegen kommt bei uns die in Nepal und sonst am Südabhang des Himalajagebirges heimische Himalaja- oder Deodarceder (Cedrus deodara, letzteres ist die indische Bezeichnung, die Gottesbaum bedeutet) von pyramidenförmiger Tracht mit nicht hängenden Zweigen bei uns fort.

Mißbräuchlicherweise werden auch anders geartete Nadelhölzer als Cedern bezeichnet, so die in ihrer Heimat sugi genannte japanische Kryptomerie (Cryptomeria japonica), die, seitdem sie Fortune 1844 in Europa einführte, hier und da in unseren Gärten kultiviert wird und auch unsere Winter im Freien aushält. Obschon sie mit den echten Cedern keinerlei Ähnlichkeit besitzt, ihre Benadlung viel eher an die im Zimmer in Töpfen oder im Warmhaus häufig gezogene Norfolk-Araukarie (Araucaria excelsa) erinnert, ist sie bei uns als „japanische Ceder“ im Handel. Sie ist das wichtigste, in vielen Formen gezogene Nutzholz Japans, das in prächtigen alten Exemplaren die heiligen Haine und die Tempel ziert und, wie in ihrer Heimat, so auch in unseren Gärten meist durch Stecklinge vermehrt wird.

Das Gegenstück zu diesem altertümlichen Nadelholz Ostasiens bildet in Kalifornien die nicht minder altmodische Riesensequoie oder die zu Ehren des britischen Feldherrn Arthur Wellesley, Herzog von Wellington (1769–1852), Wellingtonie genannte Sequoia gigantea. Beide sind, wie auch die immergrüne Sequoie (S. sempervirens) im Gebirge Kaliforniens und die im südlichen atlantischen Nordamerika heimische Sumpf- oder Eibencypresse (Taxodium distichum) Reste einer im Tertiär weitverbreiteten Nadelholzgattung, die heute bis auf diese wenigen Vertreter ausgestorben ist. Die in einem kleinen Bezirke in Calaveras County in Kalifornien in 1500 m Höhe auf der Sierra Nevada wachsenden Riesensequoien wurden 1850 vom britischen Botaniker Lobb bekanntgemacht. Sie erreichen bei einem Durchmesser von 10 m am Fuß des Stammes eine Höhe von 120 m und sind nach den australischen Eukalypten die höchsten Bäume der Erde, die ein Alter von 4000 Jahre erreichen können. Um die letzten ihres Stammes vor Vernichtung zu schützen, ist das Gebiet, auf dem sie wachsen, zum unantastbaren Nationalpark erklärt worden. Die kleinen, eiförmigen Zapfen enthalten fast nie keimfähige Samen. Deshalb erfolgt ihre Vermehrung wie diejenige der japanischen Kryptomerien in der Regel durch Stecklinge. In unseren Parkanlagen begegnen wir ihnen als streng kegelförmig gewachsenen Bäumen mit unten dickem, nach oben hin aber rasch sich verschmälerndem Stamm. Die pfriemenähnlichen Nadeln erinnern ganz an diejenigen der Kryptomerien, stehen aber allseitig um den Trieb, während sie bei jenen sich in fünf Zeilen darum herum ordnen. Bei der auch bei uns angepflanzten virginischen Sumpfcypresse stehen die zarten, eibenähnlichen Nadeln an den Langtrieben einzeln, an den Kurztrieben dagegen kammartig in zwei dichte Reihen geordnet. Das auffallendste aber ist, daß im Herbst mit den Nadeln zugleich auch die Kurztriebe abgeworfen werden. Die Sumpfcypresse, die in ihrer Heimat in den Sümpfen wächst und darin zur Atmungsmöglichkeit der Wurzeln eigentümlich geknickte, über das Wasser emporragende Pneumatophoren bildet, verlangt bei uns im kälteren Klima einen trockeneren Standort, um der Frostgefahr zu entgehen, und bildet in diesem Falle natürlich auch keine geknickten Atemwurzeln, wie sie es in ihrer Heimat tut. Erreicht auch dieser Baum an seinen natürlichen Standorten mit einem Stammumfang von 10 m bei einer Höhe von 36 m ein ebenfalls mehrtausendjähriges Alter, so wird er darin von der mexikanischen Eibencypresse (Taxodium mexicanum), die nicht auf sumpfigem, sondern mäßig feuchtem Boden wächst, noch übertroffen. So ist in Tule bei Oaxaca in Mexiko noch ein Mitglied dieser Pflanzenfamilie am Leben, dem A. Decandolle ein Alter von 6000 Jahren beimißt. Jedenfalls ist dieser auf beifolgender Tafel nach einer Originalaufnahme wiedergegebene Baum, dessen Stamm 1 m hoch über dem Boden gemessen 31 m Umfang besitzt, während die 35 m hohe Krone fast 100 m umspannt, das älteste Glied der heutigen Schöpfung und erscheint schon dadurch ehrwürdig. Hat er doch alles erlebt, was wir kurzlebige Menschen die Weltgeschichte nennen. Als die mächtigen Pharaonen der 4. Dynastie ihre gewaltigen Grabdenkmäler in Form der steinernen Pyramiden von Gise bauten, besaß dieser Methusalem unter den Pflanzen bereits das respektable Alter von 1300 Jahren. Als die Neolithiker Mitteleuropas von Süden her mit den ersten Metallschmucksachen und -Geräten bekanntgemacht wurden, war er schon über 2000 Jahre alt. Und wenn wir alle, die wir heute uns des Lebens freuen, nicht mehr sein werden, so wird dieser noch sehr lebenskräftige Pflanzengreis weiterblühen und gedeihen. Was hat er nicht schon alles erlebt und was wird er noch alles erleben, bis auch er einst zugrunde geht!

Die echte Cypresse (Cupressus sempervirens), deren charakteristische Gestalt sich jedem Italienfahrer unauslöschlich eingeprägt hat, vermag mit alleiniger Ausnahme der besonders mild gelegenen Bodenseeinsel Mainau und ihrer Umgebung nirgends in Deutschland jahrelang ungeschädigt im Freien auszuhalten. Dieses außerordentlich stimmungsvolle, für die heutigen Mittelmeerländer geradezu charakteristische Kind des warmen Südens ist ein 20 und mehr Meter hoher Baum von spitz kegelförmigem Wuchs, der aber auch in einer Abart mit sich seitwärts ausbreitenden Ästen vorkommt, mit dunkelgrünen Blättern und 2–3 cm langen Fruchtzapfen. Es ist die bekannteste der 12 Cypressenarten, die im Mittelmeergebiet, im gemäßigten Asien, in Nordamerika und Mexiko zu Hause sind. Die Cypresse ist von den Bergen des nördlichen Persien und dem Libanon bis nach Griechenland heimisch und findet sich meist in Höhen von 600 bis 1400 m über dem Meer. Dabei soll sie ein Alter von über 2000 Jahren erreichen können und erzeugt ein harzreiches, außerordentlich dauerhaftes Holz, das mancherlei Verwendung findet. Sie hieß bei den Assyriern burâsu, bei den Phönikiern berût, und wahrscheinlich davon abgeleitet, bei den Griechen kypárissos. Überall bei den Semiten war sie seit Alters der heilige Baum der Astarte-Aphrodite, so daß diese gelegentlich auch baalat berût, d. h. Göttin der Cypresse, genannt wird. Mit der Verbreitung des Astartekultes durch die Phönikier gelangte sie mit der Taube, die das heilige Tier der Göttin war, immer weiter westlich überall dahin, wo jene Kolonien gründeten.

Durchaus falsch ist die übrigens sehr ansprechende Darlegung von Victor Hehn, wonach die Cypresse von einem Ursitz auf dem Gebirge von Busi westlich von Herat in Afghanistan, wie ihn Alexander von Humboldt annimmt, im Gefolge des iranischen Lichtdienstes weiter nach Westen verbreitet worden sein soll. In ihrer schlanken, obeliskenartigen Gestalt soll die Zendreligion das Bild der heiligen, zum Himmel aufstrebenden Flamme gesehen haben, und deshalb soll sie vor den Feuertempeln und in den Höfen der Paläste gepflanzt worden sein. Ebensowenig hat sie der Insel Cypern den Namen gegeben. Ihre Beziehungen zur orientalischen Göttin der Fruchtbarkeit sind sehr viel älter als ihre Verehrung bei den feueranbetenden Persern.

Aus ihrem duftenden, der Zeit und dem Wurmfraß widerstehenden Holze — schon Theophrast (im 4. Jahrhundert v. Chr.) nennt es: von Natur unverwüstlich — schnitzte man mit Vorliebe nicht nur Götterbilder von außerordentlicher Dauer, sondern verfertigte allerlei Hausgerät und baute daraus vor allem Schiffe. Schon in Homers Odyssee wird der Baum genannt, indem erwähnt wird, daß um die Grotte der Kalypso Erlen, Schwarzpappeln und wohlriechende Cypressen standen, und weiterhin: als Odysseus als Bettler verkleidet nach seiner Heimatinsel Ithaka zurückkehrte, setzte er sich auf die eschene Türschwelle und lehnte sich an die cypressene Türstütze. Zahlreich waren die Xóana, d. h. die aus Holz geschnitzten ältesten Götterbilder in den griechischen Heiligtümern — bevor die noch dauerhafteren aus Stein, besonders Marmor, aufkamen — und auch die Türen in denselben aus Cypressenholz. Aus Cypressenholz bestand auch die älteste Athletenstatue, die Pausanias im 2. Jahrhundert n. Chr. im Olympia noch stehen sah. Sie stellte den vor dem Jahre 540 v. Chr. lebenden Ägineten Praxidamas dar, war von jenem in den heiligen Hain der Altis gestiftet worden und hatte sich besser erhalten, als eine andere, etwas spätere, die aus Feigenholz gearbeitet war. Ebenso bildeten die Römer ihre ältesten Götterbilder mit Vorliebe aus Cypressenholz.

Tafel 151.

Die mexikanische Eibenzypresse (Taxodium mexicanum) von Tule bei Oaxaca in Mexiko, das wohl älteste Glied unserer heutigen Schöpfung. (Nach Photogramm von W. G. Bremer in Oaxaca.)


GRÖSSERES BILD

Tafel 152.

Eine alte Eibe in der Nähe von Paterzell bei Weilheim in Oberbayern in einem Bestand von etwa 400 großen Exemplaren.


GRÖSSERES BILD

Tafel 153.

Zwei Zypressen inmitten von mit Mauern umgebenen Olivenhainen bei Rovigno in Istrien.

Hain von Steineichen, bekannt als „Bosco sacro“, in der römischen Campagna.

Tafel 154.

Pyramidenpappeln als Zierbäume vor der Villa Stuck in München.


GRÖSSERES BILD

Wie die Phönikier haben auch die alten Griechen ihre Schiffe vorzugsweise aus dem unverwüstlichen Cypressenholz gebaut, wie Plato sagt: „Es ist ein rechtes Glück, wenn ein Staat weder Cypressen, noch anderes zum Schiffsbau taugliches Holz hat, weil die Schiffahrt keinen Segen bringt.“ Und der griechische Geschichtschreiber Diodor berichtet vom König Antigonos, dem „Einäugigen“, dem Feldherrn Alexanders des Großen (384–301 v. Chr., erhielt 323 bei der Teilung von dessen Reich Großphrygien, Lykien und Pamphylien, führte aus Ehrgeiz und Eroberungslust viele Kriege gegen die übrigen Diadochen, in denen er Kleinasien und Syrien eroberte, nahm 306 mit seinem Sohn Demetrios Poliorketes, d. h. dem „Städtebelagerer“, den Königstitel an und verlor in der Schlacht bei Ipsos in Phrygien gegen Kassandros, Lysimachos und Seleukos Reich und Leben), er habe zur Bekämpfung seiner über große Flotten gebietenden Gegner, den einstigen Mitfeldherrn Alexanders, 8000 Mann mit dem Fällen von Cedern, Pinien und Cypressen auf dem Libanon beschäftigt. Tausend Paar Lasttiere sollen das Holz zur Küste getragen haben, wo von werkkundigen Zimmerleuten Schiffe daraus gebaut wurden. Auch Gedenktafeln und Särge wurden mit Vorliebe aus dem dauerhaften Cypressenholz verfertigt. So sagt Plato, daß die Landlose der Bürger in den Tempeln auf cypressenen Gedenktafeln für die Nachwelt verzeichnet werden sollten, und schreibt der griechische Geschichtschreiber Thukydides. „Bei den Athenern ist es Sitte, die Gebeine der in einer Schlacht Gefallenen erst öffentlich zur Schau zu stellen und sie dann in Särgen zu begraben, die aus Cypressenholz gemacht sind.“ Nach demselben Autor umschlossen cypressene Schreine, je einer für eine Phyle (Stamm, d. h. durch Abstammung von einem Stammvater verbundenen Teil eines Volkes, deren es seit Kleisthenes, dem Haupt der Alkmäoniden, 510 v. Chr., 10 gab, welche wiederum in Demen eingeteilt waren), die in die Erde zu bergenden Gebeine bei jener 430 zu Athen gefeierten öffentlichen Bestattung der für das Vaterland Gefallenen zu Beginn des peloponnesischen Krieges, bei welcher Perikles, der schon das Jahr darauf von der Pest hinweggerafft wurde, seine berühmte Rede zur Verherrlichung Athens hielt. Und was vor dem Zerstörtwerden durch Insekten und deren Larven beschützt werden sollte, das wurde bei den Griechen, wie auch später bei den Römern in cypressene Kästchen eingeschlossen, so bei Horaz die Manuskripte der von ihm gedichteten Lieder.

Wo immer der Kult der phönikischen Astarte Eingang fand, da wurden Cypressenhaine vor deren Heiligtümern errichtet. So kam die Cypresse durch die Vermittlung der süditalischen Griechen zu den Römern. Plinius schreibt in seiner Naturgeschichte über sie: „Die Cypresse ist ein ausländischer Baum, der anfangs nur mit großer Mühe gezogen wurde.“ Cato, der sie die Tarentinische nennt, weil sie von dorther in das römische Gebiet gekommen ist, spricht über sie weitläufiger als über alle andern Bäume. Ihr Vaterland ist Kreta. Dort entsteht überall, wo jemand den Boden auflockert, durch Naturkraft ein Cypressenwald. (Ihre kleinen Samen haben auf jeder Seite einen als Fallschirm dienenden häutigen Rand, womit sie leicht vom Winde in die Weite getragen und so in der Ferne angesät werden.) Auf den Gebirgen Kretas, dem Ida und den Weißen Bergen, wächst sie auch da, wo der Boden nicht bearbeitet ist, neben dem ewigen Schnee, was allerdings wunderbar ist, da sie viel Wärme verlangt und in bezug auf den Boden sehr spröde tut. Sie wächst sehr langsam, gewährt nicht den geringsten Nutzen (nämlich an Früchten), hat widerliche (d. h. nicht wohlschmeckende) Früchte, bittere Blätter, einen betäubenden Geruch, keinen angenehmen Schatten (weil er infolge der Höhe des Baumes nur schmal ist), lockeres Holz. Die Cypresse ist dem Gott Dis (Gott der Unterwelt) geweiht und wird deshalb (in Gestalt von in Kübeln gepflanzten Exemplaren) an die Türe der Häuser gestellt, in welchen sich ein Sterbefall ereignet hat. Ihr säulenförmiger Wuchs empfiehlt sie zur Abwechslung mit Pinienalleen; jetzt beschneidet man sie auch so, daß sie mauerdichte Zäune gibt, auch bringt man sie durch Beschneiden dahin, daß sie Jagden, Flotten und andere Bilder vorstellt, welche mit ihren zarten, kurzen, immergrünen Blättern bekleidet sind.

Es gibt zwei Arten von Cypressen: Die eine, die man die weibliche nennt, wächst dicht und säulenförmig (es ist dies die zu Eingang erwähnte var. pyramidalis von Cupressus sempervirens), die andere heißt die männliche und breitet ihre Äste seitwärts aus (var. horizontalis), sie wird beschnitten und dient auch als Stütze für Weinstöcke. Beiden Arten schneidet man auch die Seitenäste weg und zieht sie auf diese Weise zu Stangen und Pfählen, welche, wenn der Stamm 13jährig ist, Stück für Stück einen Denar (= 60 Pfennige) kosten. Es geht daraus hervor, daß ein solcher Cypressenwald sehr einträglich ist; daher nannten die Alten solche Pflanzungen die „Aussteuer ihrer Töchter“. Noch heutigen Tags heißt übrigens die Cypresse nach Fee wegen dieses Brauches auf Kreta „Aussteuer der Tochter“ und wird in größerer Anzahl bei der Geburt eines Kindes gepflanzt, wie man in Frankreich bei solchem Anlasse einige hundert Pappeln pflanzt und sie zu dessen Gunsten verkauft, wenn es erwachsen ist, oder in der Südsee einige Brotfruchtbäume setzt, die das alleinige Eigentum des neuen Familienmitgliedes bilden. Auch bei uns pflanzt mancher Bauer jedem seiner Kinder bei deren Geburt einen oder einige Obstbäume, deren Ertrag ausschließlich dem betreffenden Individuum gehört.

Auch die Grenzen der Grundstücke wurden mit Vorliebe durch solche nur wenig Schatten verbreitende Cypressen bepflanzt. So schreibt der gelehrte Varro (116–27 v. Chr.): „Die Grenze der Grundstücke (fundus) werden oft durch Bäume bezeichnet, damit kein Streit entsteht. Manche Leute pflanzen zu diesem Zwecke Pinien, was meine Frau im Sabinerlande tun ließ, andere Cypressen, wie ich auf meinen Gütern am Fuße des Vesuv, andere Ulmen, wie häufig im Crustumenischen zu sehen ist.“

Als den Gottheiten der Unterwelt geweihter Baum wurde die Cypresse zunächst bei den vornehmen Römern, wie heute noch im Orient und in Südeuropa von Griechenland bis Spanien, als Totenbaum auf die Gräber gepflanzt. So war sie bei den Dichtern der augusteischen Zeit der typische Baum der Trauer, mit dessen Zweigen Leichenaltar und Scheiterhaufen besteckt wurden. So läßt Vergil in der Aeneis auf dem Grabe des Polydorus einen großen Erdhügel aufschütten, mit dunklen Florbinden umwundene Altäre bauen und daneben schwarze Cypressen pflanzen. Weiterhin läßt er bei der Bestattung des Misenus von den Trojanern einen ungeheuren Scheiterhaufen aus harzigem Kien- und Eichenholz bauen, dessen Seiten mit schwarzem (Cypressen-)Laube bedecken und davor als Zeichen der Trauer Cypressen aufstellen. Dazu sagen Festus und Servius gleicherweise: es sei römische Sitte, Cypressen oder Cypressenzweige vor die Haustüre der Toten zu stellen, weil diese Bäume absterben, sobald sie gefällt sind, so wie der Mensch, wenn er einmal gestorben ist, nicht wieder zum Leben gelangt. Auch Lucanus sagt: „Die Cypresse ist das Zeichen der Trauer“, und Statius schreibt in seiner Thebais: „Das Lager des Toten wird aus Zweigen der traurigen Cypresse geflochten. Auf das Geflecht wird eine Lage Stroh gelegt, auf diese eine Lage von Grasgirlanden, dann eine Schicht bunter, dem Flammentode gewidmeter Blumen und diese werden mit morgenländischem Weihrauch und Zimt (cinnamum) belegt.“ Bei Horaz wird die „trauerverkündende Cypresse“ als Totenbaum gerne im Gegensatz zum Genuß der heiteren Gegenwart gestellt. In einer seiner Oden heißt es: „Im Tode mußt du alles, was dir auf Erden teuer ist, verlassen und von den Bäumen, die du gepflegt, folgt dir nur die verhaßte Cypresse.“

In den Metamorphosen des Ovid wird die Entstehung der Cypresse in folgender Weise erklärt: Ein Knabe, den Apollo liebte, hatte das Unglück, unversehens einen den Nymphen geheiligten, prächtigen Hirsch zu töten; untröstlich darüber, flehte er die Götter an, ihn wenigstens in Ewigkeit trauern zu lassen. Deshalb wurde er durch das Mitleid der Götter in einen Cypressenbaum verwandelt, der den schlanken Wipfel hoch zum Himmel erhebt, von den Göttern betrauert und zugleich das Unglück der Menschen betrauernd. Daß später alles, was irgendwie mit der Cypresse zusammenhing und von ihr abstammte, die vornehmen Römer an den Tod erinnerte und ihnen deshalb unangenehm war, beweist auch die Erzählung des Geschichtschreibers Älius Spartianus in seiner Biographie des römischen Kaisers Lucius Septimius Severus (der, 193 von den pannonischen Legionen zum Cäsar ausgerufen und vom Senat anerkannt, die Prätorianer auflöste, 195 den Gegenkaiser Pescennius Niger bei Kyzikos, 196 den andern Gegenkaiser Clodius Albinus bei Lyon schlug, gegen die Parther zu Felde zog, 203 nach Rom zurückkehrte, 208 nach Britannien ging und 211 in Eboracum — der Stadt York in England — starb): „Dem Kaiser Severus begegnete kurz vor seinem Tode ein Neger, der zugleich als Soldat und als Hanswurst diente, mit einem Cypressenkranze auf dem Kopfe. Der Kaiser erschrak über die böse Bedeutung, die in der schwarzen Farbe des Menschen und in der Cypresse lag, und befahl, den Menschen sogleich aus seiner Nähe zu entfernen.“

Trotz aller Pflege von seiten des Menschen gedeiht die Cypresse auch in Italien lange nicht so, wie in ihrer orientalischen Heimat. Als nie recht eingebürgerter Fremdling bildet sie in diesem Lande keine eigentlichen Haine, sondern steht meist einsam oder in kleinen Gruppen, mit Vorliebe auf den Friedhöfen; nicht selten wird sie als Alleebaum gepflanzt, wobei sie auch dann ihr düsteres und zugleich feierliches Gepräge nicht verleugnen kann. Wie in der Ebene von Neapel der Blick besonders häufig auf Pinien fällt, so im Arnotale auf Cypressen, die der sonst heiteren Landschaft einen düsteren Akzent verleihen. Wer aber den Baum in seiner feierlichen Schönheit bewundern will, der muß nach dem Orient gehen, wo er die schönsten und höchsten Exemplare auf den alten Friedhöfen der Türken findet, so schon in Skutari, der asiatischen Seite von Konstantinopel, aber noch viel majestätischer in Smyrna oder Brussa. Schon Plinius und Dioskurides, beide im 1. Jahrhundert n. Chr., sagen, daß die verschiedenen Teile der Cypressen als Heilmittel benutzt wurden. Auch bei den arabischen Ärzten war dies der Fall, und in duftende Cypressenwälder schickten sie die Brustkranken, damit diese durch den harzigen Geruch der dort eingeatmeten Luft Genesung fänden.

Von anderen Cypressenarten, die auch in Südeuropa gepflanzt werden, verdienen noch Erwähnung: die blaugrüne Cypresse (Cupressus pendula) aus Mexiko, die eine ziemlich durchsichtige, hell blaugrüne Pyramide bildet, dann die gleicherweise aus höheren Lagen Mexikos stammende Weihrauchcypresse (C. thurifera), ein hoher Baum mit abstehenden Haupt- und Nebenästen. Sie gleicht erwachsen einem Lebensbaum (Thuja), hat grüne Fruchtzapfen und schwitzt ein wohlriechendes, in ihrer Heimat wie Weihrauch zu Räucherungen benutztes Harz aus. Dann die Trauercypresse (C. pendula), ein ziemlich hoher Baum mit ausgebreiteter Krone, überhängenden Ästen und mehrkugeligen Zapfen aus China: er wird dort und auch in Nordostindien auf Gräber gepflanzt und kam 1848 nach Europa.

Fälschlicherweise wird bei uns oft der gemeine Lebensbaum (Thuja occidentalis) Cypresse genannt. Dieses nordostamerikanische Nadelholz, dessen flache, unterseits hellgrüne Zweige im Winter infolge einer teilweisen Umwandlung des Chlorophylls oder Blattgrüns eine braungelbe Mißfärbung annehmen, kam schon 1566 nach Europa, und zwar zuerst nach Frankreich, als der moralisch schwache Karl IX. von 1560–1574 das Land beherrschte. Es hat sich vollständig bei uns eingelebt und wird sehr häufig in Anlagen gepflanzt. Auch im Walde werden neuerdings Lebensbäume zu pflanzen versucht, doch ist dies mehr mit der pazifischen Art, dem in seiner Heimat 50 m Höhe erreichenden Riesenlebensbaum (Thuja gigantea) der Fall, dessen aromatisch riechende, unterseits hellgrau gefärbte Zweige sich im Winter nur wenig verfärben. In Anlagen finden wir außerdem die nordamerikanische Thuja plicata und die den Lebensbäumen nahe verwandte, im Wuchse nur schlanker, cypressenartiger gestaltete kalifornische Heyderie (Libocedrus decurrens), deren gewöhnliche, auch in der lateinischen Benennung — von líbos Flüssigkeit, Wasser und kédros Ceder — sich bekundender Name „Flußceder“ als irreführend besser nicht gebraucht wird.

Schon seit längerer Zeit in Gärten und Friedhöfen verbreitet ist auch der chinesische Lebensbaum (Biota orientalis — vom griechischen biotḗ Leben, weil immergrün), dessen Zweige unterseits kleine helle Flecken tragen. Der Baum ist sofort daran zu erkennen, daß seine Zweige durchweg steil aufgerichtet stehen; deshalb, weil sie nicht ausgebreitet liegen, sind sie nur sehr undeutlich in eine dunklere Ober- und in eine hellere Unterseite geschieden. Auch die blaubereiften, aus sechs dicken Fruchtschuppen gebildeten Zapfen sind dadurch charakterisiert, daß sie außen eine rinnenartige Öldrüse tragen, während sie bei den nordamerikanischen Lebensbäumen kugelig erhöht sind.

Auch die Halb- oder Lebensbaumcypressen (Chamaecyparis) werden von den Gärtnern fälschlicherweise als Cypressen bezeichnet. Tragen sie auch eine ähnliche Benadlung, so können sie gleichwohl in der Schönheit des Wuchses nicht mit den echten Cypressen wetteifern. Im Unterschied von diesen sind die Zweige der Halbcypressen nicht gleichseitig vierkantig, sondern flach, mit deutlich verschiedener, meist auch anders gefärbter Ober- und Unterseite. Die verbreitetste, nicht nur in unseren Anlagen, sondern auch im deutschen Walde eine ziemliche Rolle spielende Art, ist die aus dem pazifischen Nordamerika zu uns gebrachte, nach dem schottischen Gärtner Lawson benannte Lawsoncypresse (Ch. lawsoniana), die an ihrem stark überhängenden Gipfeltriebe sofort von den anderen Arten zu unterscheiden ist. Weit verbreitet ist auch die auf beiden Seiten der Zweige fast gleichmäßig dunkelgrüne, an der Nutkabucht in Nordwestamerika heimische Nutkacypresse (Ch. nutkaensis), ebenso zwei japanische Arten: die durch schräg abstehende, scharfspitzige Kantenblätter ausgezeichnete Sawaracypresse (Ch. pisifera), die in mehreren Formen gezüchtet wird, und die durch einwärtsgebogene, stumpfe Kantenblätter charakterisierte stumpfblättrige Halbcypresse (Ch. obtusa). Alle diese Halbcypressen mit erwachsen schuppenartiger Belaubung tragen in ihrer Jugend weiche, pfriemenartige Nadeln. Nun gelang es der gärtnerischen Zucht, solche Jugendzweige als Stecklinge zu verwerten, und daraus Pflanzen heranzuziehen, die auch im Alter nur nadelförmige Primärblätter tragen. Solche Formen mit dauernd beibehaltenem Jugendkleid, die früher als besondere Gattung Retinispora angesehen wurden, sind heute noch unter diesem irrigen Namen im Handel. So ist Retinispora plumosa einfach die das Jugendkleid beibehaltende Form der Sawacypresse (Ch. pisifera).

Aus der großen Zahl der cypressenartigen, oft schwer zu unterscheidenden Nadelhölzer ist noch eine durch ihre oben glänzendgrüne, unten aber bläulichweiße Färbung der Triebe gekennzeichnete Art zu nennen, nämlich die in Japan große Wälder bildende Hiba (Thujopsis dolabrata), die, weil vollkommen winterhart und gegen Beschattung wenig empfindlich, sogar für den deutschen Wald empfohlen wird. Sie liefert ein sehr dauerhaftes Holz.

Von allen bisher genannten Nadelhölzern trennt die Wacholderarten der fleischige Bau der Zapfen, deren Schuppen bei der Reife völlig verwachsen und deshalb ganz den Eindruck einer Beere machen. Von den etwa 30 Arten der nördlichen Halbkugel sind in unseren Parkanlagen nur wenige zu finden, da die meisten bei uns nur in ganz milden Lagen zu gedeihen vermögen. Aber auch unsere einheimische Art, der gemeine Wacholder (Juniperus communis), der in den Sagen und in der Volksheilkunde unserer heidnischen Vorfahren eine so große Rolle spielte, ist selten in Kultur zu treffen. Am häufigsten findet sich noch der im Hochgebirge und im Polargebiet wachsende Zwergwacholder (J. nana), der mit seinen zur Ausnützung der durch Sonnenbestrahlung erzeugten Bodenwärme und zum Schutz durch Schnee niederliegenden Ästen und den dichtgedrängten, weicheren und kürzeren Nadeln gern als Gartenschmuck verwendet wird. Ebenso wird der ähnlich auf der Erde liegende nordamerikanische Wacholder (J. prostrata), dann der schuppige Wacholder (J. squamata) vom Himalaja und J. sphaerica mit kugeligen Beeren aus China gelegentlich in unseren Gärten kultiviert.

Bisweilen findet sich in unseren Anlagen auch der in Südeuropa heimische Baumwacholder (J. excelsa), der nebst dem im östlichen Mittelmeergebiet, besonders in Syrien und Phönikien heimischen, in der Erscheinung der Cypresse ähnlichen, ebenfalls baumartigen Cedernwacholder (J. phoenicea) die Ceder der Alten bildete, deren rötliches, wohlriechendes Holz als „der Verwesung widerstehend“, wie schon Theophrast im 4. Jahrhundert v. Chr. sagt, mit Vorliebe als Werkholz benutzt wurde, während sie den gemeinen Wacholder als „kleine Ceder“ (kédros mikrá) bezeichneten. Nach Homers Ilias war das Bettgestell des Königs der Troer, Priamos, aus solchem Wacholderholz gefertigt (kédrinos) und duftete lieblich. Nach der Odyssee aber brannte in der Wohnung der Nymphe Kalypso, Tochter des Atlas, die den auf die von ihr bewohnte Insel Ogygia verschlagenen Odysseus 7 Jahre lang festhielt, ein Feuer von Baumwacholder (kédros) und Lebensbaum (thýon von thýein opfern, weil sein Holz beim Opfer verbrannt wurde) und verbreitete weithin über die Insel Wohlgeruch. Rings um die Wohnung der Nymphe standen Erlen (klḗthrē), Schwarzpappeln (aígeiros) und wohlriechende Cypressen (kypárissos). Auf den Bäumen nisteten Käuzchen (skṓps), Falken (írēx) und Rabenkrähen (korṓnē). In Vergils Äneis erleuchtete die in der Odyssee als Tochter des Sonnengottes Helios und der Okeanide (Meerjungfrau) Perseis genannte, auf der Insel Aeaea hausende Zauberin Kirke, die die Gefährten des Odysseus in Schweine verwandelt hatte, nachts ihren stolzen Palast mit wohlriechendem Wacholderholz (odorata cedrus). Nach demselben Epos standen in der alten Burg des Königs Latinus in Latium (in Mittelitalien am Tyrrhenischen Meer zwischen den Flüssen Tiber und Liris — jetzt Garigliano — gelegen) der Reihe nach die aus Wacholderholz (cedrus) geschnitzten Bilder der Ahnen. Nach Plinius wuchsen die besten Cedernwacholder (cedrus) auf Kreta, in Syrien und in Afrika. „Das Holz (materia), das mit Cedernwacholderöl (cedri oleum) getränkt ist, wird weder von Würmern, noch von Fäulnis angegriffen. Der Baumwacholder (juniperus) hat dieselben guten Eigenschaften wie der cedrus. Er wird in Spanien und insbesondere im Lande der Vaccäer sehr groß und sein Kernholz ist noch dichter als dasjenige des cedrus. Sein Holz hat ewige Dauer; deshalb macht man aus ihm gerne Götterbilder. So z. B. ist der zu Rom in einem Tempel aufgestellte sosianische Apollo, der von Seleucia (in Syrien) gebracht wurde, aus Cedernholz (cedrinus est, in diesem Fall ist jedenfalls das echte Cedernholz der Libanonceder gemeint). — Aus den Beeren des Baumwacholders bereiteter Wein (vinum e junipero) wird von Ärzten denjenigen als besonders wohltuend empfohlen, welche durch Waffenübungen oder Reiten ermüdet sind.“ Noch heute werden die aromatisch riechenden Beeren dieses mittelländischen Wacholders, wie im Orient diejenigen des Bauchwacholders, statt unserer schwarzen Wacholderbeeren, in Apotheken wie im Haushalte gebraucht. Der griechische Arzt Galenos im 2. Jahrhundert n. Chr. sagt von ihnen: „Die Wacholderbeeren heißen arkeuthís, haben einige Schärfe, sind etwas süß, haben auch etwas Zusammenziehendes und Gewürzhaftes. Sie erwärmen, reinigen Leber und Nieren, verdünnen die dicken, zähen Säfte und werden deshalb den Gesundheitsmitteln zugesetzt. Viel Nahrung gewähren sie dem Körper nicht. In allzu großer Menge fallen sie dem Magen beschwerlich und verursachen Kopfschmerzen.“ Plinius sagt, man gebe sie gegen Blähungen, Fieber und Husten, lege sie auch auf Geschwülste und salbe sich mit Öl, in welchem sie zerrieben wurden, um vor Schlangenbiß sicher zu sein. Ein sicheres Mittel, um Schlangen zu vertreiben, sei, Sägemehl von Baumwacholder an die Orte zu streuen, wo sich welche befinden. Daß dieses Mittel probat ist, wollen wir schon glauben; denn wir wissen, daß die Schlangen ein empfindliches Geruchsorgan besitzen und dieser starkriechenden Masse wie allen intensiven Gerüchen aus dem Wege gehen. So ist es ein vielerprobtes Mittel der Neger an der schlangenreichen Küste von Liberia, sich beim Passieren von daran besonders reichen Strecken vor dem Gebissenwerden durch diese Reptilien zu schützen, indem sie sich Füße und Unterschenkel mit Knoblauch einreiben.

Von dem in den östlichen Mittelmeergegenden heimischen Weihrauchwacholder (J. thurifera) wird das Harz als schlechter oder arabischer Weihrauch in den Handel gebracht und aus dessen Holz, wie auch aus demjenigen des verwandten lykischen Wacholders (J. lycia) in Kleinasien, ein in der Tierarzneikunde gebräuchliches Wacholderholz- oder Kadeöl destilliert. In unseren Parks werden diese Arten kaum angetroffen. Dagegen wird von alters her wegen seiner offizinellen Eigenschaften der an den Nord- und Südabhängen der Alpen und Pyrenäen heimische strauchartige Sade- oder Sevenbaum (J. sabina) gezogen. Schon der griechische Arzt Dioskurides im 1. Jahrhundert n. Chr. erwähnt ihn als bradý (von bradýs langsam, weil er sehr langsam in die Höhe wächst). Er kommt in Griechenland zur Seltenheit auf den nördlichen, höheren Gebirgen vor, hieß bei den Italienern im Mittelalter sabina, woher er den wissenschaftlichen Beinamen erhielt. Früher wurden am Feste von Marie-Krautweihen an manchen Orten nebst anderen grünen Pflanzen auch Sevenzweige geweiht, die das abergläubige Volk zur Abhaltung des Teufels und der Hexen in den Wohnungen aufhing und für heilsam gegen alle möglichen Übel hielt. Es wird auch eine buntblätterige Abart als Zierpflanze gezogen, doch soll dieser Strauch wegen seiner großen Giftigkeit, die schon Todesfälle bewirkte, und weil er als Abtreibungsmittel gerne benützt wird, nicht in öffentlichen Anlagen gehalten werden.

Den seinigen sehr ähnlich, nur nicht so unangenehm harzig riechend, sind die Zweige des virginischen Wacholders oder Sadebaums (J. virginiana), der um 1664 aus dem östlichen Nordamerika in Deutschland als Zierbaum eingeführt wurde. Während er bei uns niedergedrückt, strauchartig bleibt, bildet er in seiner Heimat stattliche Bäume, deren wohlriechendes, rotbraunes Holz trotz seiner Leichtigkeit sehr dauerhaft ist und kaum je vom Wurmfraß leidet. Es wird deshalb zu Schiffsplanken, Schindeln und allerlei Möbeln, besonders aber zu Zigarrenkisten und zur Umkleidung von Bleistiften benutzt. Der Bleistiftfabrikant Faber in Stein bei Nürnberg führt jährlich viele tausend Kubikmeter davon ein und pflanzt auch den Baum für sich bei Fürth in größerem Maßstab. Ebenso wird er im Braunschweigischen mit Erfolg angepflanzt. Außer dem virginischen liefert auch der auf den Bermudasinseln heimische Juniperus bermudiana einen großen Teil des amerikanischen Bleistiftholzes, das als „rotes Cedernholz“ in den Handel gelangt.

Noch mehr als die fleischige Frucht des Wacholders weicht die prächtig rote, seltener gelbe Scheinbeere der Eibe (Taxus) von der sonst üblichen Zapfenform der Koniferenfrucht ab; doch weisen die einzeln stehenden, vorn spitzen Nadeln auf ihre Familienzusammengehörigkeit mit jenen. Die 6–9 m hoch werdende gemeine Eibe (Taxus baccata) findet sich in Gebirgswäldern Europas, Asiens und Nordamerikas, ist aber im deutschen Walde fast ausgestorben. In Park und Garten dagegen, wo sie unter Schutz steht, ist sie eine der bekanntesten Erscheinungen. Sie wächst sehr langsam, leidet nicht unter starker Beschattung und besitzt ein für Nadelhölzer ganz erstaunliches Ausschlagsvermögen, so daß sie sich leicht durch Stecklinge vermehren und zu Hecken und Figuren nach Belieben zuschneiden läßt. Allerdings enthalten ihre Nadeln, wie auch die hellvioletten Samen ein giftiges Alkaloid, das Taxin, das besonders für Pferde, aber auch für Ziegen und Schafe gefährlich ist. Der Samenmantel dagegen wird von den Amseln und anderen Vögeln gerne verzehrt; dabei besorgen diese die Weiterverbreitung der Samen, die erst in zwei oder drei Jahren keimen. Die Eibe ist das einzige Nadelholz, das vollständig harzfrei ist. Männliche und weibliche Blüten wachsen bei ihr meist getrennt auf verschiedenen Individuen; doch kommt es nicht selten vor, daß ein Stock, der jahrelang nur einerlei Blüten trug, plötzlich beiderlei Blüten hervorbringt. In alten Exemplaren wird die Eibe baumförmig und erreicht dann eine Höhe von 10–15 m. Bei dem geringen Dickenwachstum deuten so große Eibenbäume, die dann Stämme von 1 m Durchmesser aufweisen, auf ein Alter von über 1000 Jahren. Im Park von Hamptoncourt bei London kennt man solche Bäume, deren Alter von über 1000 Jahren historisch beglaubigt ist. Ein Eibenbaum bei Katholisch-Hennersdorf in Schlesien wird auf 1400 Jahre geschätzt und gilt für den ältesten Baum Deutschlands. Noch älter ist die Eibe auf dem Friedhofe zu Braburn in England, die man — jedenfalls übertrieben — für 3000jährig ausgibt. Größere Eibenbestände sind außer auf der Tucheler Heide, wo gegen 1000 Bäume grünen, nur noch im bayrischen Allgäu vorhanden. Kleinere Haine von ebenfalls sehr alten Eiben findet man bei Treseburg im Bodetal im Harz, dann auf dem Veronikaberge bei Ilmenau, in einem Forstrevier der rauhen Röhn bei Dermbach im Großherzogtum Weimar, wo gegen 400 sehr alte Bäume vorhanden sind. In Süddeutschland ist neuerdings auf einen Eibenhain in der Nähe von Paterzell bei Weilheim südlich von München mit teilweise über 1000jährigen, bis 18 m hohen Exemplaren durch Dr. F. Kollmann aufmerksam gemacht worden.

In den Mittelmeerländern wächst die Eibe als Strauch nur spärlich auf höheren Gebirgen. Sie galt den Alten als ein Baum des Todes, so daß sogar schon ein längerer Aufenthalt unter ihrem Schatten für lebensgefährlich angesehen wurde. Deshalb warnt Dioskurides, in ihrem Schatten zu schlafen. Lucanus und Silius Italicus nennen die Eibe als einen den Göttern der Unterwelt geweihten Baum; deshalb bekränzte man sich mit ihr als Zeichen der Trauer. Die Griechen nannten sie smílax, die Römer dagegen taxus. Zahlreiche Völker, so schon die neolithischen Pfahlbauern an den Ufern der Schweizerseen, bedienten sich der Eibenzweige zur Herstellung von Bogen und zu anderen außerordentlich dauerhaften Geräten. Im Mittelalter verfertigte man besonders die Armbrustbogen daraus. Schwarz gebeizt ist ihr rötlichbraunes Holz kaum vom Ebenholze zu unterscheiden. Nach Plinius sollten aus Eibenholz verfertigte Weinbecher den Tod bringen, wie man in Gallien bemerkt habe. Cäsar schreibt in seinem Berichte über den Krieg in Gallien: „Als Cäsar den Ambiorix besiegt hatte, tötete sich Kativolcus, der über die eine Hälfte der Eburonen regierte, durch das Gift der Eibe. Dieser Baum ist in Gallien und Germanien häufig.“ Nach demselben Autor sollen manche Volksstämme der Gallier mit Eibensaft vergiftete Lanzenspitzen benutzt haben. Heute noch wird eine Abkochung aus Zweigen von ihm, wie aus solchen des Sadebaums, beim Volke zum Fruchtabtreiben verwendet.

Von Ostasien, besonders Japan, kamen die den Eiben ähnlichen, nach den zu 2–3 in Köpfchen zusammenstehenden weiblichen Blüten als Kopfeiben (Cephalotaxus) bezeichnete Ziersträucher zu uns. Sie gedeihen aber nur in milden Lagen. Die gebräuchlichsten Arten derselben sind C. harringtonia, zu Ehren des Earl von Harrington in Elvaston-Castle, der sie zuerst anpflanzte, so bezeichnet, und C. fortunei. Ebenfalls ostasiatischen Ursprungs ist der häufig in unseren Parkanlagen zu treffende Gingkobaum (Gingko biloba nach Linné, neuerdings aber gewöhnlich als Salisburia — nach Richard Anton Salisbury — adiantifolia bezeichnet). Er wird in Japan ginkyo geheißen und wurde um 1750 von dorther in Europa eingeführt. Nach Belaubung, Verzweigung und Ausschlagsfähigkeit würde man ihn für ein Laubholz halten; der Bau des harzfreien Holzes aber und der Blüten weist ihn zu den eibenartigen Nadelhölzern, während die höchst merkwürdige Befruchtung der letzteren, von der im 2. Band meiner gemeinverständlichen Entwicklungsgeschichte des Naturganzen nach den neuesten Forschungsergebnissen: Vom Nebelfleck zum Menschen[4] auf Seite 258 eingehend die Rede war, große Ähnlichkeit mit derjenigen der Palmfarne hat. Ist er doch neben diesen der einzige unter allen Gymnospermen, der noch Spermatozoïden wie die niederen Farne erzeugt. Und an einen Farn, das Frauenhaar (Adiantum capillus veneris) erinnert auch der fächerförmige Bau und die Nervatur der Blätter, die an den nichtblühenden Zweigen zweilappig sind und im Herbste sämtlich abgeworfen werden, und zwar an den weiblichen Bäumen — der Gingko ist nämlich zweihäusig — später als an den männlichen. Die Blätter der blühenden Zweige sind ungeteilt, die der Stockausschläge dagegen mehrspaltig-viellappig. Der Baum entspricht also der bei den Laubhölzern in weitem Umfang geltenden Regel, wonach die Blätter der Blütenzweige einfacher, die der Stockausschläge dagegen größer und reicher gegliedert sind als die übrigen Blätter. Die männlichen Blüten sind gestielte Kätzchen, welche zahlreiche Staubblätter mit je zwei an der Spitze sitzenden Pollensäckchen tragen. Die weiblichen Blüten sind länger gestielt und weisen am Ende meist zwei becherförmige Fruchtblätter auf, die mit je einer aufrechten Samenanlage besetzt sind. Die einer gelben oder grünlichen, großen Kirsche ähnliche Frucht besitzt einen von einem umfangreichen, harzreichen Fruchtfleisch umschlossenen zweikantigen, steinharten Kern, dessen Samen geröstet in China als Nahrungsmittel dient.

Bild 79. I Zweig mit Blättern und Blüten des männlichen Gingkobaumes (Salisburia adiantifolia), III ein einzelnes Staubblatt mit zwei Pollenfächern, II weiblicher Blütenstand mit einigen jungen Früchten.

In seiner Heimat China und Japan ist der Gingko ein heiliger Baum, der fast nur in den Hainen um die Tempel angepflanzt wird. Wild wird er nur noch an wenigen Stellen in den Bergen der gegenüber der Insel Formosa gelegenen chinesischen Provinz Fo-kien gefunden. Er ist der letzte noch erhaltene Vertreter einer Pflanzengattung, die zur mittleren Tertiärzeit auch in Europa lebte und sich seit dem Beginne der mesozoischen Zeit kaum mehr veränderte. Was die Brückenechse (Hatteria) in der Zoologie, das ist der Gingko in der Botanik — ein höchst interessantes lebendes Fossil!

Wie die Brückenechse eine Brücke zwischen den Alt- und Neuechsen bildet, so führt der altertümliche Gingko ganz unmerklich von den altmodischen Nadelhölzern hinüber zu den Laubbäumen, als deren ersten Vertreter wir die Buche (Fagus) besprechen wollen. Von der gemeinen oder Rotbuche (Fagus silvatica) werden in den Gartenanlagen mehrere Varietäten kultiviert, unter denen die Blutbuche (var. purpurea) mit dunkelbraunroten Blättern die bekannteste ist und prächtige Kontraste hervorbringt. Von besonderem Interesse ist der bei der Blutbuche zuerst gelungene Nachweis, daß eine solche zufällig entstandene Bildungsabweichung, wie das rote Laub, eine samenbeständige, vererbliche Eigenschaft sein kann. Als Heckenpflanze wertvoll ist die Weißbuche (Carpinus betulus), die auch auf schlechtem Boden und im Schatten gedeiht. Durch ihre große Ausschlagsfähigkeit ist sie wie geschaffen für regelmäßiges Beschneiden und schützt ihre Umgebung im Winter gegen Wind und Schnee, indem ihr dürres Laub zum großen Teil erst im Frühjahr abfällt. Neben ihr wird auch nicht selten die ihr sehr ähnliche südeuropäische Hopfenbuche (Ostrya carpinifolia) kultiviert, so genannt, weil die Fruchthüllen sackartig die Nüßchen umschließen, so daß das Ganze an eine Hopfenfrucht erinnert.

Auch die Eiche (Quercus) ist ein beliebter Gartenbaum. Außer den einheimischen Arten ist besonders die ungarische Eiche (Q. hungarica) und die ebenfalls südeuropäische Zerreiche (Q. cerris) wegen ihres schöngeformten Laubes beliebt. Durch ihre prächtigrote Herbstfärbung sind einige bei uns eingeführte nordamerikanische Arten ausgezeichnet, so vor allem die Roteiche (Q. rubra) mit spitzgelappten Blättern, die in ihren Blättern kaum mehr eine Verwandtschaft mit den Blattformen der einheimischen Eichen aufweist.

Nicht selten trifft man als Parkbaum die Edelkastanie (Castanea vesca), die bei uns keine Früchte mehr zeitigt. Von weiteren Kätzchenblütlern ist der Nußbaum (Juglans regia) zu nennen, der prächtige Kronen bildet; doch tritt sein Zierwert gegenüber seiner Bedeutung als Fruchtbaum sehr zurück. Dies trifft bei den nordamerikanischen Arten nicht zu, von denen der Schwarznußbaum (J. nigra) schon 1629 in Europa angepflanzt wurde. Seine sehr harten, schwarzen Nüsse stecken in einer fast runden, gelblichgrünen Hülle. Sie sind sehr ölreich, werden aber kaum je gegessen. Mehr in die Länge gezogene schwarze Nüsse besitzt in klebrig behaarter grüner Schale die ebenfalls nordamerikanische Graunuß (J. cinerea), die klimatisch noch härter als die übrigen Nußarten ist, aber einen etwas geringeren Holzwert besitzt. Wenig Verbreitung haben dagegen bei uns die Hickoryarten gefunden, von denen die weiße Hickorynuß (Hicoria ovata) noch die bekannteste ist; sie ist aber besonders in der Jugend sehr frostempfindlich und gedeiht nur an sehr geschützten Standorten.

Mit der heimischen Haselnuß (Corylus avellana) wird auch die stattliche türkische Haselnuß oder Baumhasel (C. colurna) aus Kleinasien und die von ebendort stammende Lambertsnuß (C. tubulosa), deren Früchte in der röhrenförmigen Hülle fast verschwinden, in verschiedenen Zierformen gezogen. Das bald schlitzblättrige, bald dunkelpurpurne Laub macht die Hasel zum Schmuckstrauch, dem der große Vorzug zukommt, auch im Schatten anderer Bäume als Unterholz prächtig zu gedeihen.

Von weiteren Kätzchenblütlern sind die Erlen und Birken zu nennen. Den ersteren kommt, abgesehen von einigen Formen der Rot- oder Schwarzerle (Alnus glutinosa), für Park und Garten nur eine untergeordnete Bedeutung zu. Die Birken dagegen, vor allem die durch ihren prächtigen, weißen Stamm und ihre zierlichen, herabhängenden Zweige ausgezeichnete Weißbirke (Betula verrucosa), die nicht nur ihrer hübschen Erscheinung wegen, sondern auch weil sie sehr genügsam und raschwüchsig ist, verdienen die weiteste Verbreitung auch in kleineren Hausgärten. Von fremden Arten ragt durch ihre schöne Kronenbildung die nordamerikanische Papierbirke (B. papyracea) hervor, aus deren leicht ablösbarer Borkenhaut in ihrer Heimat eine Art Papier gemacht wird. Ihr ähnlich ist die europäische Hänge- oder Trauerbirke (B. pendula), die ebenfalls sehr hübsch ist und äußerst dekorativ wirkt.

An Schnellwüchsigkeit werden die Birken von Weiden und Pappeln übertroffen, die denn auch wichtige Gartenbäume liefern. Von den mannigfachen Weidenarten ist die Weißweide (Salix alba) häufig anzutreffen; auf den Friedhöfen dagegen hat sich die Trauerweide (S. babylonica) als Sinnbild der Trauer eingebürgert. Dieser 3–7 m hohe Baum mit überhängenden Ästen und Zweigen stammt aus Japan und China und kam vor 200 Jahren nach dem Orient und von da zu uns. Doch besitzen wir von ihm nur weibliche Bäume, weil alle unsere Exemplare von einem und demselben weiblichen Steckreise abstammen, das zu Beginn des 18. Jahrhunderts aus dem Orient nach Europa gebracht wurde. Die Trauerweide wächst nicht in Babylonien und ist nicht der Baum, unter welchem die Juden während ihrer babylonischen Gefangenschaft ihre Harfen aufhingen und trauerten. Dieser im 137. Psalm als garab bezeichnete Baum war vielmehr eine Pappel (Populus euphratica). Berühmt ist die ebenfalls weibliche Trauerweide, die das Grab Napoleons I. auf St. Helena beschattete.

Ein prächtiger Zierbaum unserer Gärten ist die in Südeuropa und Westasien heimische Silberpappel (Populus alba), die wegen ihrer silberweißen, filzig behaarten Blätter so genannt wird. Unangenehm kann sie nur dadurch werden, daß sie nach der Fruchtreife die in weiße Flugwolle gehüllten Samen weithin verbreitet. Doch läßt sich dieser Nachteil dadurch umgehen, daß man nur männliche Exemplare derselben pflanzt. Ebenso schnellwüchsig ist die an feuchten Waldrändern und Bachufern in ganz Europa heimische Schwarzpappel (P. nigra), die ihre mächtigen Äste weithin ausstreckt, während die an denselben Standorten wachsende Zitterpappel oder Espe (P. tremula) nur ein zierlich feines Astwerk entwickelt. Vielleicht ein Bastard dieser beiden ist die aus dem Orient zu uns gekommene graue Pappel (P. canescens), die ebenfalls als Zierbaum beliebt ist. Wahrscheinlich nur eine besondere Wuchsform der Schwarzpappel ist die zur Zeit Napoleons I. überall als Straßeneinfassung gepflanzte Pyramidenpappel (P. pyramidalis), die nicht von den Ufern des Mississippi, wie es in allen Lehrbüchern steht, sondern aus Persien zu Ende des 17. Jahrhunderts zuerst in einem Exemplar nach Warschau kam. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts gelangte der Baum nach Oberitalien. Um 1740 wurde ein männliches Exemplar aus der Lombardei in den Garten nach Wörlitz gebracht, von wo aus die Pyramidenpappel sich in weitere fürstliche Anlagen Deutschlands verbreitete. Da alle andern Exemplare in Mitteleuropa Ableger dieses einen Baumes sind, ist es kein Wunder, daß sie ausnahmslos männlich sind und die Art infolge der ausschließlichen Fortpflanzung durch Steckreiser schon bedeutend an Lebensenergie eingebüßt hat. Dieser in Zentralasien heimische und in Nordindien von alters her angepflanzte Baum wurde seit seiner Einführung in Mitteleuropa vor etwa hundert Jahren überall den Flüssen und Straßen entlang als volkstümlichster Alleebaum kultiviert, bis zu Ausgang des 19. Jahrhunderts der Wechsel der Mode seine Herrschaft brach. Daß er an den Landstraßen Obst- und andern Bäumen weichen mußte, dazu trug vor allem der Umstand bei, daß er außerordentlich flache, über 35 m weit streichende Wurzeln bildet, die die angrenzenden Felder stark aussogen und nicht selten auch die Schotterdecken der Straßen in Unordnung brachten. Außerdem erreicht er kein hohes Alter, wird bald häßlich wipfeldürr und bot allerlei Ungeziefer Unterschlupf, wahrscheinlich alles nur Folgen der Schwächung der Pflanze durch die fortwährende vegetative Vermehrung. In ganz Deutschland kennt man nur acht nachträglich eingeführte weibliche Pyramidenpappeln, die sich zur Bildung von Samen zur Fortpflanzung auf geschlechtlichem Wege zur Rassenaufbesserung eignen würden.

Von den verschiedenen fremden Pappelarten übertrifft die in mehreren Formen eingeführte kanadische Pappel (P. canadensis) an Raschwüchsigkeit alle einheimischen Holzarten. Sie ähnelt außerordentlich der Schwarzpappel, hat nur zum Unterschiede von ihr mehr in die Höhe strebende Äste und dreieckige, am Grunde gerade abgeschnittene Blätter. Sie bildet eine längliche Krone, erreicht auf gutem Boden schon in 30 Jahren eine Höhe von 30 m und wurde im 18. Jahrhundert aus Nordamerika nach Frankreich gebracht, von wo aus sie sich schnell durch ganz Europa verbreitete. Da sie viel höheren Holzertrag als die Schwarzpappel gewährt, hat sie letztere bei uns stark zurückgedrängt. Schon wegen ihrer Raschwüchsigkeit ist sie für Alleen und Parkanlagen sehr zu empfehlen.

Aus dem Orient kam die nach ihrer an die Weiden erinnernden Blattform so genannte schmalblätterige Ölweide (Elaeagnus angustifolia) zu uns. Dieser 3–6,5 m hohe Baumstrauch wird seiner lanzettlichen, unterseits silberweißen Blätter wegen ziemlich häufig in unsern Parkanlagen angepflanzt. Die unscheinbaren, inwendig gelblichen, stark duftenden Blüten sind eine gute Bienenweide und die süßlichen, mehligen Früchte können gegessen werden und werden deshalb in Griechenland und Vorderasien gesammelt. Infolge ihrer dekorativen Erscheinung sind auch die noch hellere nordamerikanische Silberölweide (E. argentea) und die doldige Ölweide (E. umbellata) aus Japan als Ziersträucher sehr beliebt. Das gleiche ist mit den verwandten graublätterigen Shepherdien (nach John Shepherd, der in den 1820er Jahren Inspektor des botanischen Gartens zu Liverpool war, so genannt) der Fall. Es sind dies Shepherdia canadensis und argentea, welche beide aus Nordamerika stammen. In dieselbe Familie gehört auch der an der Ost- und Nordsee und auf den Flußgebieten des Alpenvorlandes heimische Sanddorn (Hippophaë rhamnoides), ein bis 3 m hoher, sparrig verästelter Strauch mit schmalen, unten ebenfalls silberweißen Blättern und goldgelben, braunpunktierten, beerenähnlichen Früchten, der undurchdringliche Hecken liefert und zur Befestigung von Dünen und Dämmen benutzt wird. Das schöne Holz dient zu Drechslerarbeiten, Blätter und Holz dienen zum Gelb- und Braunfärben. Die sauer schmeckenden Beeren werden in nördlichen Ländern an Fischbrühen gegessen, auch bereiten sich die Finnländer ein Mus daraus.

Aus Südeuropa kam der Bocksdorn oder dornige Jasmin (Lycium europaeum) zu uns. Es ist dies ein bis 2,5 m hoher Strauch mit überhängenden Zweigen, die wie beim Sanddorn in Dornen auslaufen. Er hat nachtschattenartige, rotviolette Blüten, wie der ihm ähnliche, ebenfalls im Mittelmeergebiet heimische gemeine Bocksdorn (L. barbarum), nur daß seine Staubfäden nicht wie bei diesem hervorragen. Beide werden als Ziersträucher zu Hecken und niederen Wandverkleidungen verwendet und sind in manchen Gegenden Deutschlands so sehr verwildert, daß es schwer fällt, sie dort nicht für einheimisch zu halten. Ebenfalls ein Südeuropäer, der schon in Südtirol wildwachsend angetroffen wird und überall in unsern Anlagen gefunden wird, ist der Judasbaum (Cercis siliquastrum) — so geheißen, weil sich der Sage nach der Verräter Judas, genannt Ischariot, d. h. Mann von Kariot, daran gehängt haben soll — dessen schlanke Zweige sich im Mai mit den büscheligen, rosaroten, wohlriechenden Schmetterlingsblüten schmücken, kurz nachdem sich die einfachen, rundlichen Blätter entfaltet haben. Die 10–16 cm langen, braunen Hülsenfrüchte, die man auch als falsches Johannisbrot bezeichnet, bleiben bis tief in den Winter hinein an den Zweigen hängen. Sie werden nicht gegessen, wohl aber die angenehm scharf schmeckenden Blüten, die man gerne als Würze verwendet. Der Baum ist im Morgenlande sehr gemein.

Nahe mit ihm verwandt ist die dreidornige Gleditschie (Gleditschia triacanthos) — nach dem 1714 zu Leipzig geborenen und 1786 zu Berlin als Aufseher des botanischen Gartens gestorbenen Joh. Theodor Gleditsch so genannt — ein in unseren Anlagen kultivierter, 9–12 m hoher Baum mit paarig gefiederten Blättern und kleinen, grünlichen, in kurzen Ähren stehenden Blüten. Sie ist stark bedornt, indem sich regelmäßig oberhalb der Blattachseln besondere Nebensprossen in Form brauner Dornen mit zwei Nebendornen bilden. Bei manchen Bäumen sind Äste und Stamm förmlich mit solchen gespickt, während neben ihnen eine Form ohne alle Dornenbildung als für den Garten angenehmer gezogen wird. Aus dessen scharfbewehrten Zweigen soll die Dornenkrone Christi bestanden haben, weswegen der Baum auch Christusdorn genannt wird. Doch ist der Baum in Nordamerika zu Hause und kam erst im 18. Jahrhundert in die Alte Welt. Da er rasch wächst und nur geringe Ansprüche an den Boden stellt, findet er neuerdings vielfach auch als Straßenbaum Verwendung. Daneben wird eine Form mit hängenden Zweigen in unseren Anlagen kultiviert. Das süßliche Mark der großen, braunen, leicht gedrehten, flachen Hülsen dient der Jugend als Leckerbissen, während man es in Nordamerika als Arzneimittel verwendet und einen süßen Met daraus bereitet.

Seltener trifft man den ebenfalls nordamerikanischen, 6–10 m hohen, Schusserbaum (Gymnocladus canadensis), dessen Samen so rund sind, daß sie mit den Schussen oder Gluckern, den kleinen Spielkugeln, der Kinder verwechselt werden können. Er besitzt doppeltgefiederte Blätter und blüht in weißen Trauben. Die Rinde dient in seiner Heimat zum Waschen, da sie Seifenstoff enthält, und aus den Samen bereitet man in Kentucky ein Kaffeesurrogat.

Ebenfalls bei uns als Gartenzierbaum, auch in einer Form mit hängenden Ästen, wird die ostasiatische Sophora japonica gepflanzt. Es ist dies ein der gemeinen Robinie ähnlicher Baum Chinas und Japans mit einfachen Fiederblättern, licht gelbgrünen Schmetterlingsblüten, aus denen in seiner Heimat eine gelbe Farbe zum Färben gewonnen wird, und perlschnurartigen Hülsen, die ihm den deutschen Namen Schnurbaum verschafften. Nahe verwandt mit ihm ist die ebenfalls als Zierbaum unserer Anlagen gezogene gelbe Vergilie (Cladrastis lutea) — nach dem römischen Dichter Publius Vergilius Maro so genannt — aus Nordamerika mit unpaarig gefiederten Blättern und in Trauben stehenden gelben Blüten.

Überall bei uns wegen des schnellen Wachstums und der jasminähnlich riechenden, honigreichen, weißen Schmetterlingsblüten in langgestielten Trauben als Zierpflanze in Anlagen, aber auch als Nutzbaum auf Eisenbahndämmen und Schutthalden, die sie mit seinem ausgedehnten Wurzelsystem festzuhalten vermag, wird die gemeine Robinie oder falsche Akazie (Robinia pseudacacia) gezogen. Sie erhielt ihren Namen vom Gärtner Heinrichs IV. und dessen Nachfolgers Ludwig XIII., Jean Robin, der diesen Baum im Jahre 1600 aus Virginien nach Frankreich brachte. Ein später, 1635, von seinem Sohne Vespasian Robin gepflanztes Exemplar steht jetzt noch im botanischen Garten in Paris in voller Kraft. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts kam dieser nordamerikanische Fremdling nach Deutschland, wo sich besonders Friedrich der Große (regierte von 1740–1786) für seine Verbreitung verwendete. Doch erfüllte er nicht die auf ihn als Nutzbaum gesetzte Hoffnung, obschon sein gelbliches, oft rötlich geadertes, ziemlich hartes Holz zähe, sehr widerstandsfähig und leicht polierbar ist und zu feinen Tischler- und Drechslerarbeiten dient. Zudem ist der bis 25 m hohe Baum sehr genügsam, wenig empfindlich und zur Befestigung von Dämmen und Flußufern sehr geeignet. Das Holz liefert eine ebenso schöne gelbe Farbe als das Quercitronholz, die Rinde dient zum Gerben, die durch je ein scharfes Dornenpaar in den Achseln geschützten Blätter kann man als Viehfutter verwenden und die Samen geben ein fettes Öl. Unter den verschiedenen, durch Kultur entstandenen Spielarten des vom Volke auch als „Silberregen“ bezeichneten Baumes ist die unbewehrte Robinie (R. inermis) mit fast glatten Ästen und die Kugelrobinie (R. umbraculifera) mit kurzen, unter der Blättermasse zusammengedrängten Zweigen hervorzuheben. Der falsche Name Akazie hat sich so sehr für diese Baumart eingebürgert, daß sie meist unter diesem bekannt ist. Und doch hat sie mit den echten Akazien fast keine Ähnlichkeit. Diese in warmen Gegenden lebenden artenreichen Bäume, die u. a. den arabischen Gummi und den Katechu liefern, kommen bei uns im Freien nicht fort, werden aber im Gewächshaus und als Zimmerpflanzen in manchen Arten gezogen. Im Vorfrühling werden die mit goldgelben, kugeligen Blüten geschmückten Zweige verschiedener australischer Akazienarten in Menge von der Riviera bei uns eingeführt, aber — um den Wirrwarr noch größer zu machen — als „Mimosen“ verkauft. Die richtige Mimose oder Sinnpflanze (Mimosa pudica) ist ein in Brasilien heimischer Schmetterlingsblütler, dessen zarte, gefiederte Blättchen so überaus empfindlich sind, daß sie bei der geringsten Berührung zusammenklappen, wobei die Blattstiele sich senken. Es ist dies also eine Stellung, die sie bei den ersten sie treffenden Regentropfen und im Schlafe zum Schutz gegen den Tau einnehmen. Erst wenn die Pflanze sich völlig beruhigt hat, richten sich die Blattstiele wieder auf und legen sich die Fiederblättchen auseinander. Diese zierliche, krautartige Pflanze ist in vielen Gegenden der Tropen, so namentlich in Ostindien verwildert und zu einem förmlichen Unkraut geworden, dessen man sich kaum mehr zu erwehren vermag.

Unter den echten Akazien ist die wahrscheinlich aus Westindien stammende, jetzt in den wärmeren Gegenden aller Weltteile gepflanzte Acacia farnesiana zu nennen, die bei uns als Topfpflanze kultiviert wird, in Südeuropa jedoch im Freien gedeiht und häufig in den Gärten Italiens, Griechenlands und Spaniens anzutreffen ist. Dieser dornige Strauch mit doppeltgefiederten Blättern und gelben, langgestielten Blütenköpfchen wird wegen des köstlichen veilchenartigen Duftes der letzteren auch in Südfrankreich und an der Riviera gezogen, um die fälschlich als Kassienblüten bezeichneten Blüten in der Bukettbinderei und Parfümerie zu benutzen. Ihren Namen hat sie davon, daß sie in Europa zuerst im Garten der Villa Farnese in Rom angepflanzt wurde.

Wie bei der Mimose sind übrigens auch bei der gemeinen Robinie die Blätter in gewisser Beziehung reizbar. Ihre gewöhnlich, um das Licht möglichst auszunutzen, flach ausgebreiteten Fiederblättchen stellen sich bei zu starker Beleuchtung senkrecht, mit der Kante gegen das Licht, so daß die Verdunstung in denselben herabgesetzt wird. Bei kühler Witterung und abends, wenn die Sonne untergegangen ist, senken sie sich nach unten und legen sich gewißermaßen, um sich gegenseitig zu erwärmen, leicht gegeneinander. Steigt bei andauernder Hitze der Wasserverbrauch in bedrohlichem Maße, so wirft der Baum, wie übrigens noch verschiedene andere Pflanzen unter solchen Umständen zur Verringerung der Transpirationsfläche, einen Teil seiner Blätter ab. Gleich ihr kamen ebenfalls aus Nordamerika, und zwar Südkarolina, die bis 25 m hohe klebrige Robinie (R. viscosa) mit klebrigen Drüsenhaaren an Zweigen und Hülsen und rötlichen Blüten, und die borstige Robinie (R. hispida), deren Äste und Zweige dicht mit braunen Stachelborsten überzogen sind, mit größeren rosaroten Blüten, zu uns.

Wichtiger noch als die Robinien sind für unsere Gärten der Goldregen (Cytisus laburnum), ein mitunter baumartig werdender Strauch, der in Südfrankreich und längs des Südfußes der Alpen bis nach Ungarn wild wächst. Er ist unstreitig einer unserer schönsten Blütensträucher und wird deshalb allgemein in den Gärten und öffentlichen Anlagen angepflanzt, obschon er in fast allen Teilen, namentlich aber in den kugeligen schwarzen Samen ein Cytisin genanntes, Erbrechen erregendes und stark die Gedärme reizendes, abführendes Alkaloid enthält, das in großen Dosen selbst den Tod herbeiführen kann. Deshalb sollten Kinder unbedingt auf die Giftigkeit des Strauches aufmerksam gemacht werden. Die geruchlosen, goldgelben, hängenden Blütentrauben gleichen in der Form denjenigen der gemeinen Robinie, dagegen sind die Blätter nicht gefiedert, sondern kleeartig dreigeteilt. Das dunkelbraun bis schwarz gefärbte Kernholz wird an Stelle von Ebenholz verwendet und deshalb falsches Ebenholz genannt.

In Norditalien, Kärnten und Kroatien wächst der purpurne Goldregen (Cytisus purpureus) als ein niedriger Strauch mit meist unbehaarten Blättern und seitenständigen roten Blüten. Auch er wird als Zierstrauch kultiviert und ist, besonders auf den Stamm des eigentlichen Goldregens gepfropft, ein schöner Kronbaum. An einem solchen Pfropflinge fand der Pflanzenzüchter Adam in Vitry bei Paris an der Verwachsungsstelle beider einen Trieb, der ein richtiger vegetativer Bastard war und ohne ein Produkt geschlechtlicher Kreuzung zu sein, in allen seinen Merkmalen die Mitte zwischen seinen Eltern hielt. Das Entstehen solcher Pfropfbastarde ist eine sehr seltene Erscheinung und verdient deshalb hier genannt zu werden.

Wie der Goldregen sind verschiedene seiner Verwandten, so die süd- und mitteleuropäischen Geißklee- und Ginsterarten, in den Garten geholt worden. Der Geißklee- oder Bohnenstrauch (C. arboreus) wurde in seiner Heimat am Mittelmeer seiner dreizähligen, kleeähnlichen, ein treffliches Futter für Ziegen, Schafe und Rinder bildenden Blätter wegen schon im Altertum kultiviert. Nach den römischen Autoren sollte er besonders auf die Milchabsonderung günstig wirken, so daß selbst säugende menschliche Mütter gerne eine Abkochung seiner Blätter mit Wein vermischt zur Förderung der Milchabsonderung genossen. Der Ackerbauschriftsteller Columella und der gelehrte Naturkundige Plinius um die Mitte des 1. Jahrhunderts n. Chr. verwundern sich beide darüber, weshalb diese für die Viehzucht so nützliche Futterpflanze nicht noch häufiger in Italien gepflanzt werde. Acht Monate lang liefere der Baum den Tieren grünes Futter und den Rest des Jahres noch gute Nahrung in getrockneter Gestalt. Nicht bloß dem eigentlichen Vieh, auch den Hühnern sei er zuträglich und seine Blüten bildeten eine treffliche Bienenweide. Dabei mache seine Kultur nur geringe Kosten, da er sich mit dem magersten Boden begnüge und lange Trockenzeiten ertrage. Man köpfte ihn und zog ihn niedrig, benutzte also vorzugsweise den immer erneuten Stockausschlag. In der modernen Landwirtschaft der Mittelmeerländer bildet der Strauch keine Rolle mehr, ist aber wie der dieselben Landstriche Südeuropas bewohnende kopfblütige Bohnenstrauch (Cytisus capitatus) eine geschätzte Zierde unserer Gärten geworden.

Ein vereinzelt schon in Süddeutschland wildwachsender Schmetterlingsblütler ist der nicht sowohl durch seine wenig zahlreichen braungelben Blüten, als vielmehr durch seine an Fischblasen erinnernden häutigen Hülsen auffallende, 3–5 m hohe gemeine Blasenstrauch (Colutea arborescens). Die Hülse, an deren Innenwand die Samen hängen, wird nämlich durch die von der Pflanze ausgeschiedene sauerstoffreiche Luft zu einer Blase prall aufgetrieben, die nach der Reife vom Wind entführt wird, bis sie, allmählich zerreißend, die Samen entläßt und so für die Ausbreitung der Art sorgt. Die Knaben pflegen sie mit starkem Knall zu zerdrücken. Die jungen Triebe färben gelb, die Blätter führen wie die Sennesblätter ab und dienen deshalb auch zu deren Verfälschung. Als Gartenzierstrauch kam aus Vorderasien der etwas kleinere, nur 1,5–3 m hohe blutrote Blasenstrauch mit Trauben schmutzig blutroter Blüten und an der Spitze klaffenden Fruchtblasen zu uns, während der verwandte, 2–3 m hohe silberweiße Salzstrauch (Halimodendron argenteum) mit seidenhaarigen Fiederblättern und schönen, fleischroten bis lilafarbenen Blüten wegen der letzteren aus den Salzsteppen am Irtisch in Westsibirien in unseren Anlagen angesiedelt wurde. Ebenso kamen aus Sibirien der strauchartige und der baumartige Erbsenbaum (Caragana frutescens und arborescens) zu uns. Der erstere wird bis 2 m, der letztere bis 5 m hoch. Beide haben gelbe Blüten und werden, weil anspruchslos, häufig gepflanzt und besonders zu Hecken verwendet. Aus den Blättern kann man eine blaue Farbe gewinnen, und die erbsenartigen Samen sind als Geflügelfutter verwendbar. Von ihnen gibt es auch eine hängende und eine buntblätterige Varietät.

Ab und zu trifft man in Ziergärten auch noch andere schmetterlingsblütige Sträucher, doch hat sich keiner derselben auch nur annähernd eine solche Beliebtheit erworben, wie der über 7 m lange Schlingstrauch Chinas, die unter dem Namen Glycine bekannte Wistaria chinensis, die jetzt den Namen Kraunhia floribunda führt. An nach Süden gerichteten, einigermaßen geschützten Wänden hält sie sogar den norddeutschen Winter im Freien aus und schmückt im Frühjahr die von ihr bekleideten Hausfassaden und Lauben mit der Pracht ihrer blaßvioletten, duftenden Blüten. Von dieser, kletternde Sträucher umfassenden Leguminosengattung mit unpaarig gefiederten Blättern und ziemlich langgestielten blauen, selten weißen Blüten in endständigen nickenden oder hängenden, lockeren Trauben und langen, gestielten Hülsen gibt es vier Arten in China, Japan und dem östlichen Nordamerika. Die bei uns meist gepflanzte chinesische Glycine stammt aus der Mongolei und China, wurde dort und dann besonders in Japan viel zur Zierde kultiviert und kam von dort zu uns. Sie besitzt in der Jugend seidenartig behaarte Blätter und klettert bis 30 m hoch. Kraunhia frutescens aus Virginia, Illinois und Louisiana ist in allen Teilen kleiner als die vorige, blüht später und besitzt wohlriechende Blüten. Sie ist empfindlicher gegen Kälte als vorige Art und wird in mehreren Varietäten kultiviert. Eine Varietät, Kr. magnifica, blüht noch reicher als die Stammart und hat bläulichviolette Blüten mit gelbem Fleck.

Früher sehr beliebte kletternde Sträucher mit meist matt gefärbten, aber in der Abenddämmerung weithin einen herrlichen Duft aushauchenden Blüten sind die Loniceren aus der Gattung der Geißblattgewächse. Von den über 100 Arten sind fast alle auf der Nordhalbkugel heimisch, und zwar am zahlreichsten im östlichen Asien und im Gebiet des Himalaja. Das gemeine oder nördliche Geißblatt (Lonicera periclymenum) ist ein Schlingstrauch Südeuropas, Westasiens und Nordafrikas mit meist außen roten, innen gelben Blüten und roten Beeren. Es ist in Blattform und Blütenfarbe sehr veränderlich und wird in Gärten zum Überziehen von Lauben und Wänden usw. benutzt. In Südeuropa bis zum Kaukasus wächst das südliche Geißblatt (L. caprifolium) mit in der Farbe wechselnden, 5 cm langen Blüten. Auch das nordamerikanische immergrüne Geißblatt (L. sempervirens) mit glänzend dunkelgrünen Blättern und prachtvoll scharlachroten Blüten mit sehr langer Röhre wird häufig bei uns kultiviert. Lonicera brachypoda aus Japan wird besonders in der Abart mit goldgelb geaderten Blättern zum Beziehen kleiner Beete und Gitter, auch als Ampelpflanze gezogen.

Die nichtwindenden Geißblattarten bezeichnet man gewöhnlich als Heckenkirschen, weil die paarig verwachsenden roten Früchte einigermaßen an Kirschen erinnern. Unter ihnen werden als Ziersträucher kultiviert: die bis 2,5 m hohe gemeine Heckenkirsche oder Beinweide (Lonicera xylosteum), mit eirunden, behaarten, besonders auf der Unterseite graugrünen Blättern, weißen, sich später gelb färbenden Blüten und roten Beeren, dann die tatarische Heckenkirsche (L. tatarica), ein 2,5–3 m hoher buschiger Strauch mit unbehaarten, hellgrünen Blättern, schönen rosenroten Blüten und roten Beeren aus Mittel- und Südrußland und Sibirien, ferner L. nigra mit rötlichweißen Blüten und schwarzen Beeren, und L. alpigena mit purpurnen Blüten und roten Beeren, beide aus den Gebirgen Mitteleuropas. Auch die kanadische Heckenkirsche (L. canadensis) und die durch große, schönfarbige Blüten ausgezeichnete L. ledebouri findet man nicht selten in Ziergärten kultiviert. Doch ist die Anpflanzung von Loniceren in der Nähe von Obstgärten nicht ratsam, weil in ihren Früchten die Larve der Kirschfliege lebt. Von der gemeinen Heckenkirsche wird das knochenharte Holz (Beinholz) zu Peitschenstöcken, Pfeifenröhren, früher auch zu Ladestöcken und Stricknadeln verarbeitet.

Eine nahe Verwandte der Geißblattarten ist die als Zierstrauch häufig angepflanzte, 1 m hohe Diervillea canadensis mit eiförmigen, zugespitzten, gesägten Blättern und traubigen, gelben, im Juni hervorbrechenden Blüten. Sie hat ihren Namen davon, daß sie der französische Arzt Dierville, ein Freund des Botanikers Tournefort, diesem 1708 von Kanada aus nach Paris sandte. Vom April und Mai an bis in den August blühen dagegen die bis 1,3 m hohen Weigelien, deren rotblühende Formen meist auf die nordchinesische Weigelie (Diervillea florida) zurückzuführen sind. Die nach dem Greifswalder Botanikprofessor Chr. Ehrenfried Weigel (1748–1831) genannten Sträucher haben längliche Blätter und meist rosarote, angenehm duftende, kelchförmige Blüten, derentwegen sie bei uns eingeführt wurde und häufig in Gärten anzutreffen ist.

Verwandt mit ihnen ist die Schneebeere (Symphoricarpus racemosus) ein allgemein bekannter nordamerikanischer Zierstrauch von 1,5 m Höhe, mit unscheinbaren, fleischroten Blüten und kirschgroßen, weißen Beeren, welche in dichten Knäueln den ganzen Winter über an den Zweigen stehen bleiben. Da die eiförmigen Blätter viel Schatten ertragen und der Strauch sehr leicht gedeiht, wird er häufig zur Ausfüllung von Lücken und dunkeln Ecken verwendet.

Eine ähnliche Genügsamkeit in bezug auf Licht und Boden zeigt der ebenso häufig angepflanzte einheimische schwarze Holunder (Sambucus nigra), der mit dem ihm nahe verwandten gemeinen Schneeball (Viburnum opulus) und dem wolligen Schneeball (V. lantana) als Zierstrauch in unsere Gärten wanderte. Ebenso ist der in den Mittelmeerländern heimische Laurus tinus, der Gärtner- oder Bastardlorbeer (V. tinus) bei uns als Topfpflanze allgemein beliebt. Während bei der wilden Form des Schneeballs nur der äußerste Kranz der Blütendolde aus sterilen Schaublüten zur Anlockung der Insekten besteht, wird bei ihrer Kulturform die ganze Blütendolde aus geschlechtslosen, blassen Schaublüten gebildet, so daß der Blütenstand sich schneeballähnlich präsentiert, was dem Strauche den Namen gab. Die roten oder schwarzen Beeren dieser Sträucher sind eine beliebte Speise der Vögel, die für die Verbreitung der Art sorgen.

Aus Ostasien und Nordamerika kamen die Pfeifensträucher (Philadelphus) zu uns. Von diesen ist der im 16. Jahrhundert aus China und Japan bei uns eingeführte wohlriechende Pfeifenstrauch oder wilde Jasmin (Ph. coronarius) mit starkriechenden, teils einfachen, teils gefüllten weißen Blüten in Büscheln, die am häufigsten angetroffene Art. Auch Ph. satsumi ist verbreitet, doch sind diese ostasiatischen Arten in neuerer Zeit mehr durch nordamerikanische Arten, wie Ph. latifolius pubescens und gordonianus verdrängt worden. Den Namen Pfeifenstrauch führen sie von den schlanken, geraden Schößlingen, aus denen man durch Entfernung des Markes Pfeifenröhren macht. Wegen des starken Blütendufts wird der wohlriechende Pfeifenstrauch teilweise auch zur Parfümgewinnung angepflanzt.

Nahe verwandt mit ihnen sind die nach dem Amsterdamer Ratsherrn Johann Deutz, der botanische Forschungsreisen förderte, genannten Deutzien mit ähnlichen, nur etwas kleineren und geruchlosen Blüten. Diese Ziersträucher sind japanischen Ursprungs und gehören zu den dankbarsten Sommerblühern unserer Gärten. Durch Kreuzung sind aus ihnen verschiedene Gartenformen, meist mit gefüllten Blüten, gezogen worden. Die gewöhnlichste ist die 1–2 m hohe gekerbte Deutzie (D. crenata), deren rauhe Blätter zum Polieren dienen, und die häufig als frühblühende Topfpflanze gezogene, kleinere zierliche Deutzie (D. gracilis), die schon im Mai über und über mit aufrecht gestellten weißen Blütentrauben bedeckt ist.

Noch frühere Blüher sind die ihnen verwandtschaftlich nahestehenden Johannisbeeren (Ribes), unter denen zwei nordamerikanische Formen als Ziersträucher die bescheideneren einheimischen Arten verdrängten. Es sind dies die blutrot und goldgelb blühende Johannisbeere (R. sanguineum und aureum). Von ersterer, die 1787 vom schottischen Botaniker Menzies an der amerikanischen Nordwestküste entdeckt wurde, aber erst 1826 in Gärten Europas Aufnahme fand, hängen die schon im April noch vor der Entwicklung der Blätter hervorbrechenden purpurroten Blütentrauben, während die goldgelben geruchlosen oder wohlriechenden Blütentrauben der letzteren, die 1806 westlich vom Felsengebirge in Nordamerika entdeckt und 1812 in unsere Gärten verpflanzt wurde, mehr aufrecht gestellt sind. Sie hat insofern große Bedeutung erlangt, als sie die Pfropfunterlage für die hochstämmig gezogenen Stachel- und Johannisbeersträucher liefert. Beide Arten haben durch Kreuzung einen interessanten Bastard hervorgebracht.

Einen ähnlichen traubigen Blüten- beziehungsweise Fruchtstand wie die Johannisbeeren haben die Sauerdornarten (Berberis). Vom gemeinen Sauerdorn (B. vulgaris) gibt es mehrere Gartenformen, die sich teilweise durch weißbuntes oder dunkelrotes Laubwerk auszeichnen. Da aber unser Sauerdorn auf seinen Blättern die Zwischenform eines gefürchteten Getreiderostpilzes beherbergt, vermeidet man, ihn in der Nachbarschaft von Getreidefeldern anzupflanzen. Daher trifft man an seiner Stelle vielfach ausländische, teilweise immergrüne Arten.

Glänzende, dunkle, immergrüne Blätter haben auch die nach dem amerikanischen Botaniker Bernhard Mac Mahon genannten, aus Nordamerika in unsere Gärten gelangten Mahonien, von denen M. aquifolium mit der Stechpalme ähnlichen Blättern, gelben Blüten und schwarzpurpurnen, blaubereiften Beeren die verbreitetste ist. Ebenso häufig begegnen wir dem ebenfalls aus Nordamerika zu uns gekommenen Gewürzstrauch Calycanthus floridus, einer 2–2,5 m hohen Gartenzierpflanze mit braunroten, besonders beim Welken starkriechenden Blüten, aus denen bei uns nur selten Früchte hervorgehen. Aus Ostasien bezogen wir den seltener zu findenden Calycanthus occidentalis.

Diese auch in Wurzel und Rinde aromatisch-kampferartig duftenden Sträucher sind die nächsten Verwandten der Lorbeergewächse, unter denen der 5–6,5 m hohe, immergrüne edle Lorbeer (Laurus nobilis) seines schönen Laubes wegen als Kalthauspflanze nicht selten gezogen wird. Dieser in Südeuropa häufig kultivierte Baumstrauch ist in den Mittelmeerländern heimisch und wurde nicht erst in geschichtlicher Zeit aus Vorderasien hierher verpflanzt, wie V. Hehn irrtümlicherweise annahm. Seine ästige Krone trägt glänzendgrüne, lederartige Blätter, gelblichweiße Blüten und bläulichschwarze, eiförmige, einsamige Früchte. Letztere schmecken aromatisch bitter und werden in der Volksmedizin zur Stärkung des Magens, als Räuchermittel und in der Veterinärpraxis verwendet. Durch Auskochen und Pressen gewinnt man aus ihnen das grüne, stark gewürzhaft riechende, bei gewöhnlicher Temperatur schmalzartige Lorbeeröl, das man zum Salben bei Entzündung und zum Vertreiben der Fliegen benutzt. Ebenso werden die gewürzhaft riechenden und schmeckenden Blätter seit dem höchsten Altertum arzneilich verwendet, dienen gegenwärtig aber nur als Küchengewürz, zu Essigen und Likören und zum Verpacken von Lakritzenstangen. Sie kommen aus Italien, Frankreich und Spanien in den Handel. In den Mittelmeerländern wird der Lorbeer vielfach kultiviert und findet sich als Zierpflanze auch bei uns, muß aber im Kalthaus überwintert werden.

Wegen des scharfaromatischen Geruchs seiner Blätter und Früchte wurde er frühe schon als eine mit besonderen Kräften begabte Pflanze angesehen. Der Duft seiner Zweige sollte vor ansteckenden Krankheiten und Verzauberung schützen. So suchte, wie berichtet wird, der furchtsame Kaiser Commodus, der von 180 bis 192 n. Chr. regierte und schließlich am 31. Dezember jenes Jahres auf Anstiften seiner Geliebten Marcia erdrosselt wurde, in einem Lorbeerhaine Rettung, wenn die Pest im Anzuge war. Kränze von Lorbeer legte man Wahnsinnigen um Schläfe und Hals, in der Annahme, sie dadurch besänftigen zu können. Lorbeerfrüchte und -Blätter genossen die Priester, wenn sie weissagen sollten, und Lorbeerzweige trugen die Propheten, wenn sie eine Stadt betraten. Der Lorbeer sühnte das vergossene Blut; deshalb reinigten die römischen Legionen gleich nach dem Siege sich, ihre Waffen und Feldzeichen mit Lorbeer. Dadurch wurde der Lorbeerzweig zur Trophäe, zum Symbol des Sieges und zum Verkünder der glücklich vollbrachten Waffentat. Der Lorbeerkranz schmückte die Stirne der siegenden Helden und mit ihm wurden die Fasces, d. h. das zum Auspeitschen dienende Rutenbündel der ihn begleitenden Lictoren oder öffentlichen Diener der mit der Macht des Imperiums bekleideten höchsten Magistrate umwunden. Lorbeergeschmückt (laureatus vom lat. laurea Lorbeer) folgten die Soldaten dem Wagen des triumphierenden Feldherrn bei seinem Einzuge in Rom, um gleichsam von Mord und Totschlag gereinigt in die Stadt einzuziehen. Später erklärte man, die Ursache, weshalb der Triumphierende sich mit Lorbeer schmücke, liege darin, daß der Lorbeer seinen Namen vom lateinischen laus Ruhm habe und einst laudus hieß, was natürlich unrichtig ist.

Von der römischen Zeit an blieb der Lorbeer stets ein Abzeichen des Ruhmes bis in unsere Tage, da junge Doktoren mit beerentragenden Lorbeerzweigen geschmückt wurden, woher das Wort Baccalaureus sich ableitet. Die reinigende Kraft des Lorbeers veranlaßte dessen Verwendung zu Räucherungen wie auch zu Weihwedeln. Im Altertum besprengte sich der Strenggläubige beim Eintritt wie beim Ausgang aus dem Tempel mit dem Lorbeerzweig, der zuvor in Weihwasser getaucht worden war; gern nahm er auch beim Herausgehen ein Lorbeerblatt vom Sprengwedel in den Mund. Die römisch-katholische Kirche übernahm dann allerdings diesen Gebrauch nicht aus dem römischen Heidentum, sondern bevorzugte als Sprengwedel einen Strauß des dem Majoran verwandten Lippenblütlers Ysop (Origanum smyrnaeum), eines im östlichen Mittelmeergebiet häufig angetroffenen Halbstrauches, den sie zu demselben Zwecke von den Juden übernahm. Sonst gilt bei uns als Ysop ein anderer, durch reichen Gehalt an ätherischem Öl aromatisch riechender halbstrauchartiger Lippenblütler (Hyssopus officinalis) aus Südeuropa, der teils als Zierpflanze, teils als Gewürzkraut häufig auch in Deutschland kultiviert wird und hin und wieder an sonnigen Schutthalden, namentlich in der Umgebung alter Burgen, verwildert angetroffen wird. Das Kraut wurde arzneilich namentlich gegen Magenleiden verwendet, weshalb die Pflanze heute noch besonders in Bauerngärten häufig angepflanzt gefunden wird.

Der von den Griechen dáphnē genannte Lorbeerbaum war, weil er durch den Duft seiner Blätter Moder und Verwesung verscheuchen sollte, dem Apollon geweiht, der aus einer Personifikation der die Seuche sendenden und daher auch von dieser befreienden Sonnenglut allmählich zum Gott der Sühne für sittliche Befleckung und Erkrankung geworden war. Die Sage meldet, daß, als der Sohn Agamemnons, Orestes, um sich vom Blut der von ihm mit ihrem Buhlen Ägisthos in Mykenä erschlagenen Mutter Klytaimnestra zu sühnen, sich mit seinem Freunde Pylades auf Apollons Geheiß nach Taurien begab, das Bild der Artemis zu holen, und dort von seiner als Priesterin waltenden Schwester Iphigeneia nach Landesbrauch mit seinem Freunde geopfert werden sollte, er von ihr erkannt und gerettet wurde. An seiner Stelle sei dann ein anderes Sühnopfer der Göttin dargebracht worden, und, als die Reste desselben im Boden vergraben wurden, sei aus ihnen der Lorbeerbaum hervorgesproßt. Apollon soll, als er nach der Erlegung des die Gegend um Delphi am Fuße des Berges Parnaß hausenden Drachen Python selbst der Sühne bedurfte, auf Befehl des Zeus sich im Tal Tempe gebadet, sich mit Lorbeer bekränzt und auch einen Lorbeerzweig in seine Rechte genommen haben und sei so nach Delphi gezogen, wo er das dortige Orakel übernahm. In der Folge hat sich der Lorbeer mit dem Kult des Apollon als diesem Gotte heilige Pflanze überallhin verbreitet, wo jenem reinigenden, sühnenden Gotte Heiligtümer errichtet wurden. Bei allen gottesdienstlichen Handlungen des Apollonkultes wurden Zweige von ihm symbolisch verwendet, und er verlieh dem im Dienste des Gottes stehenden Seher die Kraft, Verborgenes zu schauen und den um ein Orakel Bittenden die Zukunft zu enthüllen. So ward der Lorbeer auch das Abzeichen des im Dienste des Gottes zur Begleitung der Leier seine Lieder singenden Sängers und, da der Gott der Anführer der neun Musen war, auch aller mit diesen zusammenhängenden Künste. Und wie zur Corona triumphalis geflochtene Lorbeerzweige die Stirne des Siegers schmückten, so zierte der Lorbeerkranz auch den im Dienste der Musen sich auszeichnenden Dichter oder Künstler.

Der Lorbeer brennt, nach Plinius, nur widerwillig und zeigt dies durch sein Knistern an. Der feuerabwehrenden Kraft des Lorbeers wurde es zugeschrieben, daß bei dem großen Brande Roms unter den Konsuln Spurius Postumius und Piso, als die Regia in Flammen stand, das Sacrarium, d. h. der Tempel des Apollo, unversehrt blieb, weil ein Lorbeer vor ihm stand. Dann aber war es gerade das Lorbeerholz wegen seiner Härte, das nach Theophrastos und demselben Plinius als Quirl zum Erzeugen des Feuers durch Reiben diente, während als Unterlage, auf der gerieben wurde, das weiche Holz des Efeus oder des Wegdorns (Rhamnus) benutzt wurde. Ein reines Feuer zu den Opfern der Griechen und Römer durfte nur der Reibung zweier wie dieser glückbringender Hölzer entstammen, während man in späterer Zeit es vorzog, das reine Feuer zum Gottesdienste mit Hilfe von Brenngläsern, vielfach aus Bergkristall, oder von metallischen Hohlspiegeln zu gewinnen. Der Lorbeer sollte auch die Blitze abwehren. Um vor dieser Gefahr beschützt zu sein, bekränzte sich der abergläubische Kaiser Tiberius, der Schwiegersohn und seit dem Jahre 4 n. Chr. auch Adoptivsohn des Augustus, der nach dessen Tode im Jahre 14 zur Herrschaft gelangte und bis zum Jahre 37 n. Chr. regierte, wie der Geschichtschreiber Suetonius berichtet, mit Lorbeer, wenn ein Gewitter am Himmel nahte. Solche Vorstellungen wurden durch die vielfach gemachten Erfahrungen geweckt, daß nicht alle Bäume gleichmäßig vom Blitze getroffen werden. Auch bei uns schlägt der Blitz fast niemals in Walnußbäume und Buchen, am häufigsten aber in Eichen, welch letztere deshalb von den alten Germanen dem Donnergotte geheiligt waren. Es hängt dies mit der elektrischen Leitungsfähigkeit des Holzkörpers zusammen, das bei den einzelnen Baumarten eine ganz verschiedene ist. Ionesco hat auf Grund von genauen Untersuchungen festgestellt, daß tatsächlich Bäume, die zur Jahreszeit der Gewitter verhältnismäßig viel fettes Öl, wie auch der Lorbeer, in ihrem Holzkörper führen, dem Blitzschlag am wenigsten ausgesetzt sind. Abgestorbene Äste an einem Baume erhöhen für denselben die Blitzgefahr.

Wie der Lorbeer dem Apollon, so war die gemeine Myrte (Myrtus communis) bei den Griechen als Symbol der Jugend und Schönheit der Liebesgöttin Aphrodite geweiht und wurde um ihre Heiligtümer herum angepflanzt und bei ihren Festen und den Eleusinien vielfach als Schmuck getragen. Schon von den alten Persern wurde sie bei gottesdienstlichen Handlungen benutzt und galt deshalb bei ihnen als heilige Pflanze. Sie ist ein immergrüner, 2–4 m hoher Strauch oder kleines Bäumchen mit lanzettförmigen, wohlriechenden Blättern, weißen, seltener auch rötlichen oder gefüllten Blüten und schwarzen, aromatischen Beeren, die früher, bevor man den Pfeffer kannte, als Gewürz und Arznei dienten. Bei den Römern gab es einen mit diesen Beeren bereiteten Leckerbissen, der myrtatum hieß; vielfach wurde, wie Columella berichtet, damit gewürzter Wein getrunken. Die Myrte ist im ganzen Mittelmeergebiet heimisch und wächst hier mit Vorliebe auf sumpfigem Boden. Der griechischen Sage zufolge soll sie, die von den Hellenen myrsínē genannt wurde, in Attika entstanden sein. Hier liebte einst Aphrodite eine schöne und mutige Jungfrau, und als diese starb, schuf die Göttin zu ihrem Andenken die Myrte. Seither ist sie das Ehrenabzeichen jungfräulicher Bräute bei ihrem Hochzeitsfeste, ein Brauch, der sich bis auf unsere Tage erhielt.

Schon im Altertum wurden auch Myrtenwunder mit der Aphrodite, wie im Mittelalter Rosenwunder mit der Gottesmutter Maria in Zusammenhang gebracht. So schreibt der um 200 n. Chr. in Alexandreia und Rom lebende griechische Grammatiker Athenaios aus Naukratis in Ägypten in seinen Deipnosophistai, in denen er uns wichtige Nachrichten über das Leben und die Sitten der alten Griechen überlieferte: „In dem Buche des aus Naukratis stammenden Polycharmos, das von der Aphrodite handelt, habe ich über den sogenannten Naukratitenkranz Aufschluß erhalten. Dort heißt es: In der 23. Olympiade (im 7. Jahrhundert v. Chr. um 686) reiste Herostratos, Bürger von Naukratis, in die Fremde, kam weit umher und kaufte zu Paphos auf Cypern ein Bild der Aphrodite, das eine Spanne hoch und uralt war, um es mit nach Naukratis zu nehmen. Auf der Rückreise, als das Schiff in die Nähe Ägyptens kam, trat plötzlich ein solches Unwetter ein, daß man das Land nicht mehr sehen konnte, und keiner von der Bemannung des Schiffes wußte, wo er war. In der Not nahmen sie alle ihre Zuflucht zum kleinen Bilde der Aphrodite und flehten um Rettung. Da ließ die Göttin plötzlich auf dem ganzen Schiff Myrten emporwachsen, und das Schiff füllte sich mit Wohlgeruch, während die Mannschaft eben noch in Verzweiflung gewesen war, an Seekrankheit stark gelitten und entsetzlich gespieen hatte. Mit einem Male hörte das Erbrechen auf, die Sonne zeigte sich wieder, und das Schiff gelangte glücklich nach Naukratis. Dort sprang Herostratos mit dem Bilde der Göttin und mit Zweigen von Myrten ans Land, opferte der Aphrodite, berief seine Verwandten und Freunde in den Tempel selbst zum Gastmahl, gab jedem Gaste einen Myrtenkranz und nannte einen solchen: Naukratitenkranz.“ Der jonische Dichter Anakreon, der in Samos und Athen lebte (550–478 v. Chr.), spricht von mit Rosen durchflochtenen Myrtenkränzen, die man bereits zu seiner Zeit zu Ehren der Aphrodite trug.

Wie der Lorbeerkranz bei den Römern als Sühne für einen blutigen Sieg getragen wurde, so zogen in Rom mit dem Myrtenkranze geschmückt diejenigen Feldherrn ein, denen statt eines Triumphes eine Ovation zukam. Dies war der Fall, wenn der Sieg mit wenig Blutvergießen oder über verächtliche Feinde, wie Sklaven und Seeräuber, erfochten wurde. Als Marcus Crassus im Jahre 71 v. Chr. die unter Spartacus fechtenden Sklaven, die durch zahlreiche Zuzüge, besonders aus Fechterschulen, ein Heer von 120000 Mann zusammenbrachten, besiegt und die den Kampf Überlebenden sämtlich gekreuzigt hatte, erlangte er als besondere Gunst vom Senat die Erlaubnis, bei seiner Ovation einen Lorbeerkranz statt des Myrtenkranzes zu tragen. Marcus Valerius dagegen trug infolge eines Gelübdes bei seinem Triumph in Rom neben dem Lorbeer- auch einen Myrtenkranz. Und zwar wurde wie zu Vermählungen, so auch zu Ovationen die kleinblätterige, kultivierte Myrte verwendet, während man die großblätterige als die gewöhnliche Form der wildwachsenden Pflanze zu Kränzen und Girlanden für Verstorbene verwendete, weshalb sie auch Totenmyrte hieß. Die erbsengroßen Beeren der kleinblätterigen peruanischen Myrte sind zuckersüß und wohlschmeckend und werden ebenso gegessen wie die schmackhaften Beeren der Lumamyrte in Chile und Peru. Die Beeren und Blüten der zentralamerikanischen Myrtus caryophyllus kommen als mexikanisches Piment in den Handel.

Im Südwesten Mitteleuropas sind die Stechpalme (Ilex aquifolium) und der Buchs (Buxus sempervirens) zu Hause. Beide erreichen in Deutschland selten große Stärke. Der erstere ist besonders im Winter, wenn die leuchtend roten Beeren reif sind, ein so dekorativer Strauch, daß es sehr begreiflich ist, wenn er in verschiedenen Spielarten in unseren Gärten gezogen wird. Letzterer ist in einer stets beschnittenen Zwergform zur Einfassung der Wege in Gärten sehr beliebt. In Südeuropa dagegen wächst der Buchs zu einem 6–8 m hohen Baum, dessen äußerst schweres, hartes Holz seit der neolithischen Zeit zu Kämmen, Flöten, Kreiseln, Büchsen usw. verarbeitet wurde. Unser Wort Büchse heißt: aus Buchsholz hergestellt. Das deutsche Buchs kommt vom lateinischen buxus, das seinerseits wieder vom griechischen pýxos sich ableitet. Pýxis hieß bei den alten Griechen Büchse (aus Buchsbaum). Schon bei Homer wird in der Ilias erzählt, daß das Joch der Maultiere des troischen Königs Priamos aus Buchsholz (pýxinon zygón) hergestellt und mit schönen Ringen geziert gewesen sei. Der römische Dichter Ovid (43 vor bis 7 n. Chr.) spricht vom Triller der Buchsflöte und vom Buchskamme, mit dem das Haar gekämmt werde, während Vergil (70–19 v. Chr.) vom flott unter den Peitschenhieben herumtanzenden Kreisel aus Buchsholz (volubile buxum) redet. Auch Claudianus spricht von der Buchsflöte, die ein Sterbelied stöhne, wenn er sie blase, und Columella sagt, daß bei der Käsebereitung der geronnene Käsestoff in eine Form aus Buchsholz gespannt werde. Der ältere Plinius nennt das Buchsholz als wegen seiner Härte hochgeschätzt, aber schlecht brennend und nur geringwertige Kohlen gebend. Der auf den Pyrenäen häufig wachsende Baum werde auf Korsika am dicksten, aber seine Blüten machen dort den Honig bitter. Er sei in den Gärten veredelt worden, lasse sich zu dichten Wänden ziehen und gut beschneiden. Martialis und Firmicus sprechen wie der jüngere Plinius vom Buchsbaum, der in den römischen Gärten zu den verschiedensten Gestalten, besonders von großen Tieren, beschnitten wurde. Noch heute wird das harte Holz als das brauchbarste Material zu Holzschnitten, zu Blasinstrumenten, wie Flöten und Klarinetten, wie auch zu Dosen und Kämmen verarbeitet. Die Blätter wurden früher als gelindes Abführmittel gebraucht.

Verwandt mit dem Buchs sind die Rauschbeeren (Empetrum), von denen der nur 0,3–0,5 m hohe schwarze oder Alpenrausch (E. nigrum) eins der vorzüglichsten torfbildenden Gewächse ist und vielfach zur Einfassung von sogenannten Moorbeeten in Gärten Verwendung findet. Dieser hochnordische Strauch wächst als Relikt der Eiszeit auf Moor- und Torfboden Norddeutschlands und der höheren Gebirge bis Grönland und steigt in den Alpen bis 2300 m Höhe. Den Namen hat er davon, daß die saftigen, aber sauer schmeckenden Beeren im Übermaß genossen berauschen und Schwindel erregen sollen. Von den Nordvölkern werden sie roh und als Mus gerne gegessen und dienen auch zur Bereitung eines Getränks.

Von den Kreuzdornarten (Rhamnus) kam der immergrüne Wegdorn (Rh. alaternus, mit letzterem Namen nennt ihn der ältere Plinius, indem seine Blätter und Beeren im Altertum als Heilmittel dienten) aus Südeuropa in unsere Gärten, während der einheimische gemeine Wegdorn (Rh. carthartica) zu Hecken benutzt wird, den Bienen Nahrung und den Menschen ein treffliches, hartes Holz zu Drechsler- und Tischlerarbeiten liefert. Die noch grünen Früchte dienen zum Gelbfärben, die reifen schwarzen dagegen, wie auch diejenigen des Faulbaums (Rh. frangula), als Abführmittel. Von letzterem ist die innere Rinde als Laxans offizinell, während das Holz zu Schuhstiften, feinen Drechsler- und Tischlerwaren dient und die beste Kohle zu Schießpulver bildet. Die Samenkerne liefern ein gutes Brennöl. Der bis 2,5 m hohe Faulbaum ist ein beliebter Zierstrauch in Anlagen, wo man außerdem auch die höchstens 2 m hohe Rh. alpina von den Alpen und süddeutschen Gebirgen, sowie die ähnliche, aber größere Rh. grandifolia aus Persien und dem Kaukasus kultiviert. In Italien wird der im Orient und in Südeuropa heimische gemeine Stechdorn (Paliurus aculeatus) seiner starken Dornen wegen häufig zu Hecken, bei uns aber wie die verwandte Säckelblume (Ceanothus americanus) aus den Vereinigten Staaten als Gartenzierstrauch angepflanzt. Aus den Zweigen des nur in Palästina im Jordantale und am Toten Meer heimischen Judendorns (Zizyphus spina Christi) — von den Arabern nebeg genannt — soll die Dornenkrone Christi geflochten gewesen sein.

Der Stechpalme steht auch die wirtelblütige Winterbeere (Prinus verticillatus), ein 1–2 m hoher Strauch aus Virginien mit in Wirteln gestellten, weißlichen Blüten nahe. Er wird wie die ebenfalls nordamerikanische P. glabra besonders an feuchten Standorten unserer Lustgärten gepflanzt. Als Gebüschpflanzen unserer Parks finden wir außer den einheimischen Arten: dem gemeinen Spindelbaum oder Pfaffenhütchen (Evonymus europaeus) Mitteleuropas, dem größeren, bis 5 m hohen breitblätterigen Spindelbaum (E. latifolius) aus den süddeutschen Kalk- und Voralpen und dem nur bis 2 m hohen warzigen Spindelbaum (E. verrucosus) — so genannt, weil seine Äste dicht mit Korkwarzen besetzt sind — aus den Gebirgswäldern des östlichen Deutschland besonders auch den japanischen Spindelbaum (E. japonicus) mit immergrünen, elliptischen Blättern angepflanzt. Alle haben schön rot bis gelb gefärbte, heftig abführende und Brechen erregende Früchte und ein hellgelbes, zu Drechslerwaren und Schnitzwerk, zu Schusternägeln und besonders Zahnstochern beliebtes Holz, das verkohlt auch zur Herstellung von Schießpulver dient und die beste Zeichenkohle liefert. Besonders dient solchen Zwecken der gemeine Spindelbaum, der auch zu Hecken gezogen wird, und von dem eine Varietät mit hängenden Zweigen als Zierstrauch dient. Dem Spindelbaum sehr nahe steht die in Gebirgswäldern Süddeutschlands heimische gemeine Pimpernuß (Staphylea pinnata), ein 3–6 m hoher Strauch mit gefiederten Blättern und weißlichen, hängenden Blütentrauben, die ebenfalls bei uns in Anlagen kultiviert wird. Das feste Holz dient gleicherweise zu Drechslerarbeiten, die Früchte wirken gelinde abführend und die Samen enthalten ein gutes Brennöl. Sehr nahe damit verwandt ist der nordamerikanische kletternde Baumwürger (Celastrus scandens), ein 2–5 m hoher Schlingstrauch, der als Zierpflanze in unseren Gärten vornehmlich zu Lauben und Wandbekleidungen dient.

Ebenfalls aus Nordamerika kam die als „wilder Wein“ allgemein bekannte Jungfernrebe (Ampelopsis quinquefolia) zu uns, deren fünfzähliges Laubwerk mit seiner prächtigen, blutroten Herbstfärbung in unserer einheimischen Pflanzenwelt einzigartig dasteht und deshalb sehr häufig zur Bekleidung von Mauern und schattigen Lauben benutzt wird. Zu seiner Befestigung an der Unterlage dienen zu verholzenden Ranken ausgebildete Seitenzweige, deren Aufgabe darin besteht, geeignete Stützen aufzusuchen, zu umwickeln und dann durch korkzieherartige Einrollung den Hauptzweig nachzuziehen. Vermag aber eine solche Pflanze, etwa an einem glatten Baumstamm, keinen Stützpunkt zu finden, so findet in der Weise eine Anpassung statt, daß sich die Tastspitzen der Ranken zu Saugscheiben verbreitern, die an der glattesten Unterlage sich anzupressen und fest zu haften vermögen. Solche Haftscheiben werden von manchen Arten des wilden Weins sogar regelmäßig gebildet. Solche „selbstklimmende“ Formen sind zur Bekleidung von Hauswänden und Mauern ganz besonders geeignet. Als solche findet besonders die aus Ostasien zu uns gekommene, ebenfalls im Spätherbst, vor dem Blätterfall, herrlich rot sich färbende dreispitzige Jungfernrebe (A. tricuspidata) — auch in der Abart A. veitchi — mit dreigelappten Blättern neuerdings weite Verbreitung.

An die Jungfernreben schließen sich als einheimische Lianen die zu den Hahnenfußgewächsen gehörenden Waldreben (Clematis) an, die in verschiedenen importierten großblütigen Formen prächtige Gartenzierpflanzen zur Bekleidung von Wänden und zum Überziehen von Lauben bilden. Während die mitteleuropäische gemeine Waldrebe (Cl. vitalba) ganz bescheidene grüngelbe Blüten hat, besitzen schon die südeuropäischen Arten viel größere und farbenprächtigere Blüten. Von ihnen hat die italienische Waldrebe (Cl. viticella), die in vielen Varietäten zur Bekleidung von Lauben und Wänden bei uns gepflanzt wird, einzeln stehende, langgestielte, blauviolette Blüten, die in einer Abart purpurrot sind, während eine andere, ebenfalls im Mittelmeergebiet heimische Art fast weiße, nur schwach riechende Blüten aufweist. Die glockenblütige Waldrebe (Cl. viorna) ist in Nordamerika bis Mexiko heimisch, rankt 3–4 m empor und besitzt außen purpurviolette, innen grünlichgelbe, 2,6 cm lange glockenförmige Blüten, während die als Schlingstrauch nicht minder beliebte Clematis coccinea aus Texas eine Unterart derselben mit zinnoberroten glockenförmigen Blüten darstellt. Ebenfalls nordamerikanischen Ursprungs sind die bis zu 2 m hoch rankende Clematis flammula, die von Juli bis Oktober ihre milchweißen, nach Orangenduft riechenden Blüten entfaltet, die ebenso hohe, von Juli bis in den Herbst hinein große weiße, rote, violette und blaue Blüten entwickelnde Cl. jackmanni und die bis 15 cm große, halbgefüllte weiße, leicht lila gefärbte, angenehm duftende Blüten entfaltende Cl. fortunei. 3–4 m hoch ranken die ebenfalls nordamerikanische Cl. campaniflora, die von Juli bis August bläuliche bis lilaweiße überhängende glockenförmige Blüten entwickelt, die japanische Cl. lanuginosa mit großen herzförmigen Blättern und hellblauen Blüten von 16 cm Durchmesser und die ebenfalls aus Japan stammende Cl. patens mit schönen blauen Blüten von 8 cm Durchmesser. Während alle vorgenannten bei uns des Winterschutzes bedürfen, hält letztere den Winter Süddeutschlands sehr wohl im Freien aus. Alle diese Arten wie auch die japanische Cl. florida hat man untereinander und mit der italienischen Waldrebe (Cl. viticella) gekreuzt und damit viele neue Formen mit sehr großen, prachtvoll gefärbten Blüten gewonnen.

Durch ihre Genügsamkeit und Winterhärte ausgezeichnet ist die ebenfalls als Gartenzierpflanze zur Bekleidung von Lauben beliebte gemeine Alpenrebe (Atragene alpina), die in den süddeutschen Alpen und Voralpen heimisch ist und nur kleine violette oder weiße Blüten aufweist.

Ein ebenfalls sehr beliebter windender Zierstrauch unserer Gärten ist der aus dem südlichen Nordamerika zu uns gekommene und zur Bekleidung von Lauben häufig angewandte Pfeifenstrauch (Aristolochia sipho), ein naher Verwandter unserer an Zäunen und in Gärten als Unkraut aus Südeuropa eingewanderten gemeinen Osterluzei (A. clematitis). Sie trägt große, runde, schattenspendende Blätter und wie Tabakspfeifen gekrümmte bräunlichgrüne Fallenblüten, die durch ihren Aasgeruch kleine Fliegen zur Befruchtung anlocken und sie erst wieder entlassen, wenn sie sich mit dem nach der Befruchtung der Stempelblüten ausstäubenden Pollen beladen haben. Sie ist verwandt mit den in Warmhäusern gezogenen Nepenthazeen oder Kannensträuchern aus dem tropischen Südasien und Indonesien, die mit verdauendem Saft gefüllte Fallgruben an den entsprechend umgewandelten Spitzen der Blätter besitzen und die darin erbeuteten Insekten wie die Tiere in ihrem Magen verdauen.

Ein mit gruppenweise zusammengestellten kurzen, zu Haftorganen sich umbildenden Luftwurzeln bis 16 m hoch kletternder immergrüner Strauch ist der häufig in Europa und Asien an Bäumen und Mauern in bis zu armdicken Stämmen emporsteigende Efeu (Hedera helix), in alten Schriften wegen seiner immergrünen Blätter auch Ewigheu genannt. Daraus oder aus dem daneben gebräuchlichen Eibenheu hat sich das deutsche Efeu gebildet. Bei den alten Griechen hieß die Pflanze kissós, bei den Römern hedera und diente, als dem Gotte des Weins und des Natursegens, Dionysos-Bacchus, geweiht, zu Kränzen bei Festgelagen und zur Umwindung des mit einem Pinienzapfen gekrönten Thyrsosstabes. Um den reichen Bedarf danach zu decken, wurde der Efeu im Altertum gepflanzt, und zwar rät Columella hochwachsenden Efeu (orthocissus) und gemeinen Efeu (edera) in der letzten Hälfte des Februar zu pflanzen. Alle Teile der Pflanze, auch das nur in südlichen Gegenden ausfließende Harz, wurden arzneilich benutzt. Der ältere Plinius wundert sich über die ihr erwiesenen Ehre, daß man sie als beliebtestes Kranzmaterial verwende, „da sie den Bäumen schadet, Grabmäler und Mauern sprengt und den Schlangen einen kühlen Zufluchtsort bietet.“ Diese noch heute weitverbreitete Meinung ist aber unrichtig, da durch den Efeu niemals gesunde Mauern zerstört werden können, er vielmehr die Unterlage vor Verwitterung schützt. Nur da, wo sich seine Stämmchen durch bereits bestehende Fugen drängen, vermag er, wie alle Holzpflanzen, im Laufe der Zeit durch sein geradezu unwiderstehliches Dickenwachstum Steine auseinander zu sprengen. Der eigentlich dem Dionysos geweihte heilige Efeu war ursprünglich der im Orient heimische und mit dem Kulte des Gottes nach Südeuropa gelangte goldfrüchtige Efeu (H. chrysocarpa), ein sonst wie der gemeine Efeu benutzter Strauch, der sich statt durch bereifte, schwarze, wie unser Efeu, durch goldgelbe Beeren auszeichnet und vornehmlich zur Bekränzung der Dichter diente. Auch bei ihnen blühen nur ältere Stämme.

Nahe Verwandte des Efeus sind die Aralien, von denen die in China heimische Aralia edulis dort und in Japan kultiviert wird, um die Wurzel und jungen Stengel als angenehmes Gemüse zu essen. Die japanische Aralie (A. japonica) ist eine der schönsten Freiland-Dekorationspflanzen, muß aber Winters eingebunden werden. Auch A. spinosa ist ein hervorragendes Blattziergewächs, das im Warmhause kultiviert und Sommers im Freien gehalten wird. Ebenso A. papyrifera, ein 2–4 m hoher Strauch Chinas, dessen bis 17 cm dicker Stamm in seinem spiralig in dünne Blättchen geschnittenen Mark das samtweiche Reispapier liefert, das erst 1804 von Dr. Livingstone von China nach England gebracht wurde.

Wegen ihrer noch vor dem Hervorbrechen der Blätter erscheinenden großen weißen, außen rot überhauchten Blüten sind die Magnolien sehr beliebte Gartenzierbäume. Sie haben ihren Namen nach dem Botanikprofessor Pierre Magnol in Montpellier (1638–1745). Die Stammformen der am meisten gezüchteten Arten sind hauptsächlich zwei ostasiatische Arten, die angenehm duftende, rein weiße Magnolia yulan und die geruchlose, rote Magnolia obovata. Später erst kamen die nordamerikanischen Magnolien zu uns, die aber weniger beliebt als die vorgenannten sind, obschon sie frosthärter sind, weil sich ihre Blüten erst nach dem Aufbrechen der großen ovalen Blätter entfalten. Doch ist ihr vorzügliches Holz für die Möbelindustrie von einiger Bedeutung. Neuerdings wird sogar eine Art, die japanische Ho-Magnolie (M. hypoleuca), als Nutzholz zur Anpflanzung im deutschen Walde empfohlen.

Nahe verwandt mit den Magnolien ist der ebenfalls seines Holzes wegen wichtige nordamerikanische Tulpenbaum (Liriodendron tulipifera), der, wie die mächtigen Stämme unserer Parks beweisen, schon früh — und zwar aus Virginien — zu uns kam. Die tulpenähnlichen rotgelben Glockenblüten treten erst an älteren Exemplaren auf und sind daher meist weniger bekannt als die auffallend geformten Blätter. Letztere tragen an den Aderwinkeln ihrer Unterseite in der Art der von unsern Linden her bekannten Milbenhäuschen,[5] deren zahlreiche Bewohner nächtlicherweile die Reinigung der Blattoberfläche besorgen.

Sehr häufig begegnet man in unseren Ziergärten der 1796 in Europa eingeführten strauchartigen japanischen Scheinquitte (Chaenomeles japonica), deren büschelweise vereinigte scharlachrote Blüten im ersten Frühjahr zwischen dem spärlichen Grün der häufig bedornten Zweige hervorschauen. Bei uns bilden sich die Früchte nur in heißen Sommern aus und sind ungenießbar, während sie in Japan zu Konfekt eingekocht, zur Herstellung von Gelee und einer Art Likör benutzt werden. Andere Arten von als Zierbäume zu uns gebrachten wilden Quitten blühen blaßrot oder mennigfarben. Noch entzückender ist der aus China zu uns gekommene dreilappige Pfirsich (Prunus triloba), der auch Mandelaprikose oder Röschenmandel genannt wird. An schlanken, fast unverzweigten Ruten des meist in hohen Stämmchen gezogenen Strauches erscheinen zuerst in dichten Reihen die zart rosafarbenen, meist gefüllten und daher kleinen Röschen vergleichbaren Blüten und erst nach deren Verblühen die länglichen, gesägten Blätter. Selten trifft man bei uns die echte Mandel (Amygdalus communis), die nur in besonders geschützten Lagen ihre Früchte reifen läßt. Häufig dagegen ist die von Ungarn bis Südsibirien heimische Zwergmandel (A. nana), ein kleiner Strauch mit lanzettlichen, feingesägten Blättern und dicht an den vorjährigen Zweigen gedrängten, kleinen Rosablüten, denen zuliebe sie vielfach in Gärten gepflanzt wird.

Auch unsere beiden als Obstbäume gezüchteten Kirschenarten, die Süß- und Sauerkirsche (Prunus avium und P. cerasus) haben in Formen mit weißen, gefüllten Blüten prächtige Zierbäume für unsere Parks geliefert. Dabei können die Blumenblätter teilweise vergrünen, d. h. wieder das Aussehen von Laubblättern annehmen, aus denen sie sich ja stammesgeschichtlich entwickelt haben. Weniger der weißen, rosaüberhauchten Blüten, als ihres schönen Laubwerkes wegen wird eine rotblätterige Form der Kirschpflaume (P. cerasifera var. pissardi) bei uns gepflanzt. Während die Blätter der gewöhnlichen Kirschbaumarten nur bei der Entwicklung im Frühjahr zum Zwecke der Wärmesteigerung und als Schutz gegen zu grelle Besonnung durch Einlagerung des in saurer Lösung roten Anthocyans prächtig braunrot gefärbt sind, behalten diejenigen dieser Art diese Verfärbung den ganzen Sommer über. Solche einmal entstandene Varietäten werden auf vegetativem Wege durch Pfropfung vermehrt, können aber gelegentlich, wie besonders bei der Blutbuche beobachtet wurde, auch durch Samen weitergezüchtet werden, indem der Samen eines rotblätterigen Baums zu einem großen Teile rotblätterige Pflänzlinge liefert.

Wie die einheimische Traubenkirsche und Steinweichsel (P. padus und P. mahaleb) wird neuerdings vielfach auch die aus Virginien in Nordamerika bei uns eingeführte spätblühende Traubenkirsche (P. serotina) kultiviert. Sie unterscheidet sich von unserer einheimischen Form durch lorbeerähnliche, glänzende Belaubung und aufrechte Blütentrauben. Außer der bereits erwähnten flammendrot blühenden Scheinquitte hat uns Ostasien in seinem Blütenapfel (Malus floribunda) und dessen Verwandten einige der schönsten Blütensträucher des Frühjahrs geschenkt. Europa selbst bietet in verschiedenen Formen der Mehlbeeren (Sorbus aria und suecica), vor allem aber in deren Bastardbildungen mit Vogelbeere (S. aucuparia) und Elsbeere (S. torminalis) hübsche Zierbäume. Die Vogelbeere oder gemeine Eberesche, die sich im Herbst mit den von den Vögeln bevorzugten prächtigroten Früchtebüscheln schmückt, ist wegen ihres schönen Aussehens und raschen Wuchses in Parks und als Alleebaum sehr beliebt und wird auch in einer Varietät mit hängenden Ästen als Trauerbaum gezogen. Das weißlich oder bräunlich geaderte, gegen den Kern zu oft dunkler geflammte, ziemlich harte, feine Holz nimmt gute Politur an und ist deshalb von Tischlern und Drechslern gesucht. Mit Vogelbeerzweigen besteckte man früher am Walpurgisabend (1. Mai) die Stalltüren, um Hexen abzuhalten. Auch peitschte man am nächsten Morgen die Kühe mit diesen Zweigen, damit sie reichlicher Milch gäben. In Mecklenburg war das Quitzern, d. h. das Schlagen mit den Zweigen des als Quitz bezeichneten Mehlbeerbaums, noch im 18. Jahrhundert Sitte. Dabei mußte der Gequitzte dem, der ihn quitzte, ein Geschenk geben.

Auch die beiden Weißdornarten (Crataegus oxyacantha und C. monogyna) sind sowohl in der wilden Form, zu Hecken und Einfriedigungen zugeschnitten, als besonders mit gefüllten roten Blüten als Hochstamm gezogen in Park und Garten beliebt. Dieser rotblühende Weißdorn wird häufig als „Rotdorn“ bezeichnet. Von Rot- und Weißdorn hat man in den Gärten eine Varietät mit hängenden Zweigen und eine solche mit gescheckten Blättern gezüchtet. Von den zahlreichen fremden Arten ist besonders der aus dem östlichen Nordamerika zu uns gekommene scharlachfrüchtige Weißdorn (C. coccinea) mit großen, rundlich gesägten Blättern beliebt, ebenso der virginische Hahnensporn-Weißdorn (C. crusgalli) und die gleichfalls von Kanada bis Karolina gemeinen C. glandulosa, prunifolia, rotundifolia, salicifolia, punctata, grandiflora u. a., während C. sanguinea aus Sibirien, C. nigra aus Ungarn und C. melanocarpa aus dem Orient zu uns kamen. Ebenfalls wird der mit mispelgroßen, glänzend roten oder gelben, eßbaren Früchten versehene und deshalb in Vorderasien und in den Mittelmeerländern häufig kultivierte Azarol-Weißdorn (C. azarolus) mit weißen Blüten häufig in unsern Gärten als Zierpflanze gezogen. Alle Weißdornarten haben nach ihrem Weichwerden im Oktober nicht nur von den Vögeln begehrte, sondern auch von den Kindern gerne gegessene, inwendig gelbe, mehlige Früchte und ein hartes, von Drechslern gesuchtes Holz. Da aber viele Insekten auf ihnen leben, die gerne von ihnen auf die Obstbäume übergehen, so sollten sie nicht in der Nähe der letzteren gepflanzt werden.

Außer der süddeutschen gemeinen Zwerg- oder Steinmispel (Cotoneaster vulgaris) und der filzigen Steinmispel (C. tomentosa), beide mit rosenroten Blüten und prächtigroten Früchten, werden auch die aus Nordeuropa und Sibirien bei uns eingeführte schwarzfrüchtige Zwergmispel (C. nigra), die aus dem Orient stammende doldentraubige Zwergmispel (C. racemiflora) mit roten Früchten, der bei uns im Winter schutzbedürftige südeuropäische immergrüne Feuerdorn (C. pyracantha — nach der schon von Dioskurides genannten Bezeichnung pyrákantha, d. h. Feuerdorn) mit weißen Blüten und den Winter über hängenbleibenden feuerroten Früchten, wie auch die immergrüne, rotfrüchtige rundblätterige Zwergmispel (C. rotundifolia) aus dem Himalaja in unsern Gärten und Anlagen als Ziersträucher gepflanzt. Weiße Blüten, wie alle zuletzt genannten, haben auch die gleicherweise wie jene in unsern Parks gezogenen Felsenmispeln (Aronia), von denen die laubarme gemeine Felsenmispel (A. rotundifolia) mit haselnußgroßen, schwarzblauen, rundlichen Früchten und die kanadische Felsenmispel (A. canadensis) angenehm schmeckende Früchte liefern, welche besonders in Frankreich als amélanches häufig gegessen werden.

Von den Rosenblütlern sind ferner die meist weiß, seltener rot blühenden Spiersträucher (Spiraea) zu nennen, von denen gegen 50 Arten und zahllose Kreuzungen dieser anspruchslosen Sträucher bei uns angepflanzt werden, obschon sich ihre Blüten weder durch Farbenpracht, noch durch Wohlgeruch auszeichnen. Als Gartenzierpflanzen und zu Hecken beliebt sind der 1–2 m hohe rosenrot, aber auch weiß blühende weidenblättrige Spierstrauch (Spiraea salicifolia), und der weißblühende gamanderblätterige Spierstrauch (S. chamaedryfolia), beide aus Sibirien, dann der hainbuchenblätterige (S. carpinifolia), der schneeballblätterige (S. opulifolia), der doldentraubige (S. corymbosa), der rotblühende filzblätterige (S. tomentosa), alle aus dem östlichen Nordamerika, der Douglasische (S. douglasii) aus dem westlichen Nordamerika, der hübsche pflaumenblätterige (S. prunifolia) mit roten und der dreilappige und prächtige Spierstrauch (S. trilobata und callosa) aus Ostasien, speziell Japan, beide mit weißen Blüten. Die meisten dieser Formen trifft man nicht selten verwildert auch außerhalb der Gärten an.

Statt der einfachen, meist gezähnten Blätter der Spiräen besitzen die Fiederspieren (Sorbaria) gefiederte Blätter. Die am häufigsten angepflanzte Form derselben ist die 2–2,6 m hohe vogelbeerblätterige Fiederspiere (S. sorbifolia) mit bis 30 cm langer pyramidaler Rispe von weißen Blüten aus Sibirien und Nordchina. Ebenfalls aus Ostasien kam die bis 2 m hohe japanische Kerrie (Kerria japonica) — zu Ehren des englischen Gärtners Kerr so genannt, der zu Anfang des vorigen Jahrhunderts nach China und Japan reiste und viele Pflanzen von da in Europa einführte — als Zierstrauch zu uns und wird wegen ihrer schönen, goldgelben, fast immer gefüllten, vom Frühling bis zum Herbst fortblühenden Blüten und der geringen Pflege, die sie verlangt, fast überall in den Gärten angepflanzt. Da die Blüten nach Form und Farbe sehr an diejenige der Hahnenfüße (Ranunculus) erinnern, wird das Ziergewächs auch als Ranunkelstrauch oder japanische Honigrose bezeichnet. Nahe mit diesen verwandt ist die auch bei uns als Rasenzierstrauch kultivierte, nach dem deutschen Arzte Arnold Gillen, der 1627 ein lateinisches Botanikbuch in Kassel herausgab, genannte dreiblätterige Gillenie (Gillenia trifoliata) aus dem östlichen Nordamerika.

Von ebendort stammt der bei uns häufig in Anlagen zu treffende und schon fast verwilderte, bis 5 m hohe Hirschkolben-Sumach oder nordamerikanische Essigbaum (Rhus typhina), so genannt, weil seine sauren roten Früchte zur Verstärkung des Essigs dienen. Seine weitreichenden, mit ihrem braunen Filz an ein im Bast stehendes Hirschgeweih erinnernden Schößlinge und Wurzelausläufer sind außerordentlich zäh und schlagen immer wieder aus. Das schöngefiederte, sattgrüne Laub nimmt im Herbste wie dasjenige der gleichfalls aus dem östlichen Nordamerika stammenden Jungfernrebe und zahlreicher anderer Pflanzen jenes Erdteils eine prachtvolle rote Färbung an. Das Holz dient als Nutzholz, und in seiner Heimat werden die Blätter zum Gerben benutzt. Ebenfalls in Nordamerika heimisch ist der glatte Sumach (Rh. glabra), dessen Fiedern unterseits nicht fein behaart, sondern glatt sind. Seine Rinde wird in den Vereinigten Staaten zum Gerben benutzt. Ihm ähnlich, aber in allen Teilen kleiner, ist der in den Mittelmeerländern heimische Gerber-Sumach (Rh. coriaria), dessen zu Pulver zerkleinerte Zweige und Blätter unter dem Namen Schmack in den Handel gelangen und zum Gerben der Häute und Schwarzfärben dienen. In Spanien wird damit das Saffian- und Korduanleder bereitet, dessen Herstellung die christlichen Spanier von den Arabern übernahmen. Schon die alten Griechen, namentlich die Bewohner von Megara, gerbten mit seinem Holze Leder und färbten Wolle goldgelb. Außerdem benützten sie die säuerlich schmeckenden, ebenfalls gerbstoffhaltigen Beeren zum Stopfen bei Durchfall und als Gewürz, besonders zu Fleischspeisen.

Seiner Giftigkeit wegen gefürchtet und dennoch nicht selten zur Bekleidung von Lauben angepflanzt wird der Giftsumach (Rh. toxicodendron). Er ist ein ebenfalls aus Nordamerika stammender Kletterstrauch mit dreizähligen Blättern und kleinen, grünlichen Blütenrispen. Alle Teile desselben enthalten einen gelblichweißen, an der Luft schwarz werdenden Milchsaft, der bei der Berührung eine Hautentzündung hervorruft, bei empfindlichen Personen sogar Schwindel- und Krampfanfälle erzeugt. Ähnlich giftig ist der gleichfalls an der Luft schwarzwerdende Saft des früher besprochenen ostasiatischen Firnis-Sumachs (Rh. vernificera), aus dem die Japaner ihren berühmten Lack herstellen. Aus den Früchten des in China und Japan heimischen Wachs-Sumachs (Rh. succedanea) wird das in großen Mengen aus Japan exportierte Japanwachs hergestellt, während vom ebenfalls in Ostasien heimischen geflügelten Sumach (Rh. semialata) die durch Blattläuse (Aphis chinensis) erzeugten, langgezogenen, blasenförmigen Gallen gewonnen werden. Von diesen, als Gerbmaterial wichtigen, chinesischen Galläpfel erfuhren wir bereits, daß sie seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts einen wichtigen Handelsartikel bilden und in Menge aus China ausgeführt werden. Auch diese Sumachart ist in unsere Gärten eingeführt worden und an den eleganten, großen Blättern zu erkennen, deren Spindel etwas geflügelt ist.

Viel gepflanzt wird bei uns auch der in Südeuropa und im Orient bis nach China heimische Perückenstrauch (Rh. cotinus), dessen lockere Rispen von grüngelben Blüten zur Fruchtzeit die Blütenstiele außerordentlich verlängern und aus den unfruchtbaren Blüten zahlreiche rotbraune Wollfäden hervorsprossen lassen, so daß der Fruchtstand wie eine wildzerzauste Perücke auf dem Strauche sitzt. Theophrast nennt ihn kokkygéa und Plinius in Anlehnung an die griechische Bezeichnung coccygia. Die gerbstoffreiche Rinde und die Blätter dienten schon im Altertum zum Gerben und das Holz zum Gelbfärben von Leder zu Gürteln und Schuhen. Noch heute wird es als ungarisches Gelbholz oder Fisetholz zum Fournieren und Gelbfärben gebraucht.

Nahe verwandt mit den Sumacharten ist der ostindische Tintenbaum (Semecarpus anacardium), welcher in seinen Früchten die ostindischen Elefantenläuse liefert, die unreif zur Herstellung einer unverlöschlichen schwarzen Tinte und eines Firnis, reif dagegen zur Heilung von Hautkrankheiten benutzt werden. In der ganzen Gattung sind scharfe Stoffe sehr verbreitet und zum Teil von so gefährlicher Wirkung, daß man z. B. sich während des Regens fürchtet, unter einen Baum von Semecarpus heterophylla zu treten, weil die davon abfließenden Tropfen auf der Haut Entzündung hervorrufen. Am allerbösartigsten in dieser Beziehung ist der an den Flußmündungen des malaiischen Archipels nicht seltene Renghasbaum (Gluta rhengas), der Arbeitern, die ihn zu fällen versuchen, mit seinem Safte geradezu lebensgefährliche Geschwüre verursacht, so daß ihn in seiner Heimat kein Mensch anrührt, geschweige denn verletzt.

Mit den verschiedenen Sumacharten, speziell dem amerikanischen Essigbaum, wird vielfach wegen der Ähnlichkeit der Blätter der ebenfalls in unseren Parkanlagen als Schattenbaum angepflanzte südchinesische Götterbaum (Ailanthus glandulosa) verwechselt. In seiner Heimat heißt er wegen der Höhe von 16–19 m Götter- oder Himmelsbaum. Er wäre einer unserer wertvollsten Parkbäume, wenn er nicht gar zu leicht das Opfer strenger Winter würde. Die Pflanze besitzt ein außerordentlich rasches Wachstum und läßt sich, so lange sie jung ist, in rohem, frisch aufgeschlossenem Boden leicht versetzen, ist also für Neuanlagen von Gärten wie geschaffen. Dabei sind die großen, rotüberlaufenen Fruchtstände im Herbst ein prächtiger Schmuck, so unscheinbar auch die gelbgrünen, im Juli in dichten Rispen erscheinenden Blüten sind. Neben den gewöhnlichen zwitterigen Bäumen gibt es auch getrenntgeschlechtige, so daß nicht alle blühenden Bäume auch Früchte tragen können. Die ölreichen Samen sitzen in der Mitte eines schraubig gedrehten, zungenförmigen Flugblattes und werden durch den Wind verbreitet. In China lebt auf diesem Baume die Raupe des prächtigen, großen Ailanthus-Spinners (Saturnia cynthia), welche in zwei Ernten jährlich so viel Seidenmaterial liefert, daß es dort seit Jahrhunderten zur Herstellung von Kleidern vewendet wird. Die Raupe ernährt sich von den bis 1 m langen gefiederten Blättern und wurde zur Seidengewinnung mit seinem Nährbaum auch in Südfrankreich und Algerien eingeführt. Ab und zu kann der Schmetterling auch bei uns angetroffen werden.

Ein ebenfalls sehr schöner, 10–15 m hoher, sehr rasch wachsender, aber wegen seiner Empfindlichkeit gegen Frost nur an geschützten Stellen vorkommender und auch da nur selten blühender ostasiatischer Baum ist der japanische Kaiserbaum (Pawlonia imperialis — nach Anna Pawlona, der Tochter des russischen Kaisers Paul I. und Gemahlin Wilhelms II., Königs der Niederlande, so genannt). Er besitzt große, langgestielte, ganzrandige, behaarte Blätter und aufrecht gestellte Rispen von großen, hell blauvioletten, angenehm duftenden Blüten. Drei kleeförmig geordnete Blätter desselben bilden das japanische Kaiserwappen. Das leichte Holz findet vielfache Verwendung, und aus dem Samen gewinnt man ein Öl, das in Japan zur Herstellung gewisser durchsichtiger Papiersorten dient.

Dem ostasiatischen Ailanthus sehr nahe verwandt ist der aus dem südlichen Nordamerika stammende und bei uns als Gartenzierstrauch beliebte gemeine Lederbaum (Ptelea trifoliata). Dieser bis 5 m hohe Strauch mit dreizähligen Blättern, die beim Reiben unangenehm riechen, bildet kreisrunde Flügelfrüchte aus, die an diejenigen der Flatterulme erinnern.

Wegen noch größerer Frostempfindlichkeit bei uns in Töpfen kultiviert und den Winter über im Keller oder Kalthaus aufgestellt wird der in allen Teilen einen bitteren, giftigen Saft enthaltende Oleander oder Rosenlorbeerbaum (Nerium oleander). Diese, dem Immergrün (Vinca) nahe verwandte, beliebte Schmuckpflanze unserer Wohnungen und Gärten ist ein in den warmen Mittelmeerländern wildwachsender, sehr leicht durch Stecklinge zu vermehrender baumartiger Strauch, der von seiner in die Augen fallenden Eigenschaft, die Wasserläufe und kiesigen Rinnen oder Schluchten, in denen sich nur vorübergehend die Wildbäche nach heftigem Regen gegen das Meer hinabwälzen, zu begleiten und einzufassen, von den Griechen den Namen nérion, von nerós fließend — es sei hier nur an Nereus, den Wassergott, und die Nereiden, die Göttinnen des flüssigen Elements erinnert —, erhielt. Diese Bezeichnung übernahmen dann die Römer. Trotz dieses bevorzugten Standortes ist aber der Oleander durchaus keine eigentliche Wasserpflanze und ersteigt auch die steinigen Halden der Berge, an denen oft Nebel lagern. Merkwürdig ist, daß die Alten bis auf Plinius und Dioskurides die so charakteristische Pflanze der südlichen Landschaft nicht nannten, so daß V. Hehn auf die falsche Vermutung kam, der Oleander sei in der Zeit zwischen Theophrast († 286 v. Chr.) und dem Ende der römischen Republik (das auf den 2. September 31 v. Chr. durch den Sieg von Cäsar Octavianus, seit 27 v. Chr. Augustus beigenannt, über Antonius und Kleopatra fällt) vermutlich aus dem pontischen Gebirge zuerst nach Griechenland und von da später auch nach Rom gekommen. Es ist dies offenbar eine Verwechslung mit der pontischen Alpenrose (Rhodondendron ponticum), denn der von den Griechen auch als rhododéndron, d. h. Rosenbaum oder rhododáphnē, d. h. Rosenlorbeer, bezeichnete Oleander kommt im pontischen Gebirge überhaupt nicht wild vor.

In der römischen Kaiserzeit war der Rosenlorbeer bei den Ärzten und dem Volke in Italien so bekannt und als Gift gefürchtet wie heute, wo er in Süditalien amazzo l’asino, d. h. Eselmörder, heißt. Der aus Kilikien gebürtige Arzt Dioskurides sagt in seiner Arzneimittellehre: „Der bekannte Strauch nérion oder rhododáphnē oder rhododéndron, der längere und dickere Blätter hat als der Mandelbaum — hier folgt die weitere Beschreibung — wächst in Paradiesen (vom persischen pardes, d. h. Park) und in Ufergegenden und an den Flüssen. Seine Blüten und Blätter wirken schädlich auf Hunde, Esel, Maultiere und die meisten Vierfüßler; den Menschen aber sind sie, mit Wein getrunken, heilsam gegen den Biß von Tieren, besonders wenn man Raute hinzumengt. Kleinere Tiere aber, wie Ziegen und Schafe, sterben, wenn sie einen Aufguß davon trinken.“ Palladius, der im 4. Jahrhundert n. Chr. ein noch im Mittelalter vielfach benutztes Werk über den Landbau in 14 Büchern schrieb, erwähnt ihn als Mittel die Mäuse damit zu vertilgen, indem man deren Gänge und Löcher mit Blättern dieses Baumes verstopft.

Während der Oleander in Südeuropa eine Höhe von 5, ja selbst 7 und 8 m erreicht, sieht man ihn in Deutschland in den Kübeln kaum über 3 m hoch werden. Die von Juni bis September erscheinenden duftlosen Blüten sind bei der wildwachsenden Pflanze karminrot, doch hat man aus Samen zahlreiche Spielarten mit einfachen und gefüllten, verschieden nuancierten roten und weißen Blumen gezogen. Aus Indien stammt der wohlriechende Oleander (N. odoratum), der längere und schmälere Blätter von frischem Grün und sehr angenehm duftende größere, weiße, rosenrote oder fleischfarbene Blüten mit purpurnen Linien in der Röhre besitzt. Die gelb blühenden Varietäten sind empfindlicher als diese und deshalb auch weniger bei uns verbreitet. Der in Ostindien wachsende Färberoleander (N. tinctorium) liefert eine Art Indigo.

Ebenfalls ein Mitglied der immergrünen, mediterranen Strauchvegetation, der wegen seiner schönen Belaubung häufig auch als Zierstrauch kultiviert wird, bei uns aber über den Winter im Kalthaus untergebracht werden muß, ist der zu den Erikazeen gehörende gemeine Erdbeerstrauch (Arbutus unedo), dessen erdbeerähnliche, aber etwas fade schmeckenden Früchte vom gelehrten römischen Schriftsteller Varro (116–27 v. Chr.) mit Eicheln, Brombeeren und Holzäpfeln zu den Nahrungsmitteln der Urzeit, also zu denen, die die jungfräuliche Erde dem Menschen von selbst darbot, gerechnet wurde. Jetzt, da man bessere Früchte in Menge besitzt, verschmäht man seine 2–2,5 cm dicken, scharlachroten Früchte trotz ihres säuerlich-süßen Geschmacks, sowohl in Griechenland als auch in Italien und überläßt sie den Vögeln, für die sie ja ursprünglich von der Pflanze bestimmt waren; nur in Spanien, wo der schöne Strauch namentlich in der Sierra Morena häufig zu finden ist, werden sie zahlreich auf den Markt gebracht. In sehr großer Menge genossen, sollen sie betäubend wirken und Kopfschmerzen verursachen. Sie enthalten ziemlich viel Zucker und können auch zur Branntweinfabrikation benutzt werden. Der stattliche Strauch oder kleine Baum von 3–5 m Höhe, mit rotberindeten Zweigen und großen, lederartigen, denjenigen des Lorbeers ähnlichen, immergrünen Blättern und hängenden Trauben von weißen oder rosenroten Blüten findet sich in ganz Europa wild und wird wie sein Verwandter, der in Griechenland und im Orient heimische Arbutus andrachne, in wärmeren Gegenden in Gärten kultiviert. Letztere Art fällt durch ihren glatten, rötlichen Stamm auf. Die lateinische Bezeichnung arbutus hängt wohl nicht mit arbor Baum, sondern mit einer noch im althochdeutschen ertberi (Erdbeere) erhaltenen indogermanischen Benennung der Frucht nach ihrer Ähnlichkeit mit der Erdbeere zusammen.

Auch die trockene, sonnige Standorte liebenden Ginsterpflanzen sind in den Macchien reich vertreten. Verwandt mit dem Gaspeldorn (Ulex europaeus), der als englischer Ginster (jetzt broom genannt) dem englischen Königsgeschlecht der Plantagenet — von planta genista Ginsterpflanze — seinen Namen gab, und dem Besenstrauch (Sarothamnus vulgaris), welche beide prächtig gelb gefärbte Blütentrauben hervorbringen, mit denen sie einen wirklichen Schmuck mancher sonst an Vegetation armer Gegenden bilden, sind die früher besprochenen Cytisusarten, zu denen unser Goldregen gehört.

Ebenso typische Repräsentanten der mediterranen Strauchvegetation sind die bis 1,6 m hoch werdenden Cistrosen (Cistus), von den alten Griechen kístos und in Anlehnung daran von den Römern cistus genannt. Sie besitzen an reichverzweigten Ästen bräunlichgrüne, klebrige Blätter und weiße bis rosenrote Blüten mit zahlreichen gelben Staubfäden. Gepflückt welken sie äußerst rasch, doch entfalten sich an Zweigen, die man ins Wasser steckt, alsbald neue Blüten. Diese aromatisch duftenden Ciststräucher tragen nicht wenig dazu bei, den Macchien ihren charakteristischen Geruch zu verleihen, den die Schiffer, z. B. in der Nähe von Korsika, im offenen Meer schon aus weiter Ferne riechen zu können angeben. Nach diesem würzigen Duft seiner Heimatinsel sehnte sich auch Napoleon I. auf St. Helena vor seinem Ende zurück. Das Gummiharz, das die Ciststräucher ausschwitzen, war unter dem Namen ladanum oder labdanum früher ein berühmtes, von orientalischen und griechischen Ärzten vielbenutztes Heilmittel. Heute wird es nur noch zum Räuchern verwendet. An den Wurzeln der Cistrosen schmarotzt die brennend gelbrote, große Blüten ohne Blätter entwickelnde Rafflesiazee Cytisus hypocystis, der nördlichste Vertreter der sonst auf die Tropen beschränkten Familie, die in der auf Sumatra heimischen und von Elefanten verbreiteten Rafflesia Arnoldi die größte Blüte der Welt mit 1 m Durchmesser hervorbringt.

Ebenfalls sehr häufig in den Macchien ist die Mastixpistazie (Pistacia lentiscus), die hier nur als Strauch auftritt, während sie unter anderen Bedingungen, vor allem freistehend, zu einem etwa 4,5 m hohen Baume emporwächst. Sie hat dunkelgrüne, paarig gefiederte, lederartig zähe, oben glänzende Blätter, die sich durch einen harzigen Geruch auszeichnen, und in roten Trauben beieinanderstehende kleine Blüten. Die Frucht ist eine kugelige, schwärzliche Steinfrucht. Als ein Hauptbestandteil der immergrünen Macchien ist sie im ganzen Mittelmeergebiet heimisch und wird vielfach kultiviert, so besonders im nördlichen Teile der Insel Chios, wo durch Einschnitte in den Stamm und die Zweige der aus kleinen, weißen oder gelben, durchscheinenden, in der Hitze wohlriechenden Körnern bestehende Mastix gewonnen wird. Seinen Namen, im Griechischen mastíchē (von mastázo ich kaue) hat er von der im Orient von alters her besonders bei den Frauen gebräuchlichen Sitte, ihn zur Kurzweil zu kauen, wie es die Nordamerikaner mit ihrem gum tun. Er erweicht nämlich im Munde und soll das Zahnfleisch stärken und den Atem parfümieren. Jährlich kommen etwa 500000 kg Mastix im Werte von einer halben Million Mark in den Handel; bei uns findet er vornehmlich zur Bereitung von Räucherpulver, Firnissen und Lacken Verwendung. Das harte Holz dient zur Anfertigung von Zahnstochern und Einlegearbeiten, aus den Blättern bereitet man in Algerien einen als lentisque bezeichneten Gerbstoff und aus den Samen preßt man Öl.

Mit der Mastixpistazie ist die Terpentinpistazie (Pistacia terebinthus) verwandt. Auch sie ist durch das ganze Mittelmeergebiet verbreitet, entfernt sich aber mehr von der Küste als die vorige Art und wird in Tirol noch bei Bozen angetroffen. Sie wächst auf trockenen, sonnigen Hügeln, ist in den Macchien gewöhnlich strauchartig, wird aber sonst zu einem kleinen Baum und trägt auffallende, unpaarig gefiederte Blätter, große, aus zahlreichen Blüten zusammengesetzte Trauben und kleine, dunkelrote Früchte. Durch Einschnitte in die Rinde liefert sie den cyprischen Terpentin oder den Terpentin von Chios, ein feines, flüssiges Harz, das besonders früher als ein geschätztes Heilmittel verwendet wurde. An den Enden der Äste entstehen durch die Stiche einer Blattlaus (Aphis pistaciae) große bockshornartig gestaltete, dickwandige, harte, grünrote, harzreiche Gallen, die 60 Prozent Gerbsäure und 15 Prozent Gallussäure enthalten. Früher wurden auch sie als Medikament benutzt, doch dienen sie heute fast nur noch zum Färben von Seide und Wein. Aus den angenehm bitteren Samen, die in Griechenland heute noch als kokonetza gegessen werden, preßt man ein fettes Öl.

Schon die Jugend der alten Perser wurde angehalten, im freien Felde zu leben und sich von Terebinthenfrüchten, Eicheln und wilden Birnen zu ernähren. Als der Mederkönig Astyages auf dem Throne sitzend sah, wie sein Heer von den Scharen des Cyrus geschlagen wurde, rief er entsetzt aus: „Wehe uns, wie tapfer sind diese terebinthenessenden Perser.“ In Syrien und Palästina wird die Terpentinpistazie zu einem stattlichen Baum, dem in den ältesten Zeiten göttliche Ehren gespendet wurden. Schon Abraham schlug sein Zelt unter den Terebinthen Mamre zu Hebron auf und baute dem Herrn daselbst einen Altar. Dort erschien ihm der Herr und gab ihm seine Verheißung, er werde trotz des hohen Alters der Sarah einen Sohn bekommen und ein großes Volk werde aus ihm hervorgehen, das werde gesegnet sein unter allen Völkern. Die Stätte, wo der Hain Mamre gestanden, wurde noch viele Jahrhunderte nach Abrahams Tod als geweihter Ort verehrt, an welchem man Opfer darbrachte und wo die Umwohner Markt abhielten. Eine andere heilige Terebinthe war die des Jakob zu Sichem, unter der zu Josuas Zeit die Bundeslade stand und von Josua ein steinerner Altar errichtet wurde. Dort versammelten sich noch zur Zeit der Richter alle Männer von Sichem und erhoben Abimelech zum König. Auch zu Gideon kam der Engel des Herrn unter einer Terebinthe zu Ophra, und Gideon baute daselbst einen neuen Altar, nachdem er die hölzerne Bildsäule der Aschera der Midianiter umgehauen hatte. Endlich hat auch die Terebinthe zu Jabes historische Berühmtheit durch ihre Erwähnung im Alten Testamente erlangt. In späterer Zeit, als der Jahvekultus geistiger geworden war, stießen sich die Propheten besonders an diesem sonst heidnischen Baumkult speziell der Terebinthe, unter der auch die Toten — es sei hier nur an Rebekkas Amme Debora erinnert — mit Vorliebe begraben wurden.

Während diese wärmeliebenden Kinder des Südens nicht zu uns gelangten, ist die gemeine Roßkastanie (Aesculus hippocastanum) einer unserer häufigsten Parkbäume geworden. Aesculus oder esculus (vom lateinischen edere essen) hieß bei den alten Römern die immergrüne Speiseeiche (Quercus aesculus), welchen Namen Karl von Linné auf diesen, den Alten unbekannten Baum übertrug. Hippokástanon, d. h. Pferdekastanie, nannte er sie, weil die denjenigen der eßbaren Kastanie (Castanea vesca) ähnlichen Samen von den Türken, gemahlen und unter das Futter vermengt, ihren Pferden gegen Husten und Dämpfigsein (Schweratmen infolge Lungenemphysem) mit gutem Erfolg gegeben werden sollen. Trotz der Ähnlichkeit der Früchte hat aber die Roßkastanie, die zu den Sapindazeen oder Seifenbaumgewächsen gehört, keinerlei Verwandtschaft mit der Eßkastanie, die mit Eiche und Rotbuche die Familie der Fagazeen bildet. Dieser 19–25 m hohe Baum mit den bekannten 5–7zählig gefingerten Blättern und weißen, rot und gelb gefleckten Blüten hat, wie erst neuerdings nachgewiesen werden konnte, seine Heimat in den Gebirgen von Nordgriechenland, Thessalien und Epirus unterhalb der Tannenregion in einer Meereshöhe von 1000–1300 m und wächst auch in der Berglandschaft von Imeretien im Kaukasus wild. Die Türken brachten ihn ums Jahr 1557 nach Konstantinopel, von wo 1576 der österreichische Gesandte Freiherr von Ungnad die ersten Früchte nach Wien sandte. Dort pflanzte Clusius die Roßkastanie zuerst im kaiserlichen Garten und beschrieb Matthiolus die Pflanze als Castanea equina, auch bildete er einen Fruchtzweig derselben ab. Erst um 1616 gelangte der Baum von Konstantinopel nach Frankreich, von wo er sich, wie auch aus Wien, über ganz Mitteleuropa verbreitete und so gemein wurde, daß er hier heute der häufigste Schatten- und Alleebaum ist. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts wurde er auch in Nordamerika angesiedelt und fand hier ebenfalls weite Verbreitung, da er sehr rasch wächst, durch seine weit ausgebreitete, dichte Krone ausgiebigen Schatten spendet, durch seine prächtigen Blütenkerzen im Frühjahr das Auge erfreut und im Herbst die großen, glänzendbraunen Samen liefert, die 60 Prozent Nährstoffe, darunter 40 Prozent Stärkemehl enthalten. Trotzdem haben sie als menschliches Nahrungsmittel bis jetzt keine Verwendung gefunden, da sie durch einen ziemlichen Gehalt an Saponin unangenehm schmecken. Dieser kann nun durch Behandeln mit Alkohol entfernt werden, wodurch man ein wertvolles Nährpräparat beziehungsweise Stärkemehl zur Spiritusfabrikation gewinnt. Unverändert bilden sie ein treffliches Viehfutter, das durch den Gerbstoffreichtum der Schale ein treffliches Gegenmittel für die unvermeidlichen Folgen der Fütterung mit Grünfutter bildet. Sie lassen sich leicht aufbewahren, indem man sie an einem luftigen Ort gut trocken hält; doch dürfen sie nicht zu hoch aufeinander liegen, da sie dann schwer trocknen und leicht schimmeln. Die hart gewordene Frucht läßt man vor dem Verfüttern 24 Stunden in Wasser aufquellen, wodurch ihre Bitterkeit teilweise verschwindet. Aus den rohen Samen kann man einen trefflichen Kleister für Buchbinder und Tapezierer bereiten, der den Vorteil hat, wegen seiner Bitterkeit vor der Einnistung von Insekten geschützt zu sein. Aus den zu Kohle verbrannten Schalen gewinnt man eine ganz schöne schwarze Farbe. Die Blüten sind eine sehr ergiebige Bienenweide; das gelblichweiße oder rötliche, weiche und schwammige Holz dagegen ist wenig als Werkholz geschätzt, da es grobfaserig ist und leicht fault. Trotz ihrer langen Züchtung hat die Roßkastanie keine nennenswerten Spielarten oder Kulturformen hervorgebracht.

Kleiner als sie und mit röhrigem statt glockigem Kelch, mit zusammengeneigten statt wie bei jener ausgebreiteten Blumenblättern ist die schmutzigrot blühende rote Pawie (Pawia rubra), ein aus dem südwestlichen Nordamerika bei uns eingeführter Zierbaum von nur 4–7 m Höhe und glatter brauner statt stacheliger grüner Samenkapsel. Letztere sind gleich den Blättern und Samen giftig und deshalb unbrauchbar als Viehfutter, was bei der altweltlichen Roßkastanie nicht der Fall ist. Mit ihren zerriebenen und zu einem Teige geformten Früchten betäubt man beim Fischfang die Fische. Die zerstoßene und gekochte Wurzel und Rinde enthält viel Saponin und wird in Amerika statt Seife zum Waschen von Wollzeug gebraucht. Ihren Namen erhielt sie zu Ehren des um die Mitte des 17. Jahrhunderts als Professor der Botanik in Leiden verstorbenen Peter Paw. Sie wird bei uns recht selten angepflanzt und bildet nur selten größere Bäume. Sehr häufig dagegen treffen wir in den Gärten und Anlagen die rotblühende Kastanie (Aesculus carnea), ein Kreuzungsprodukt der altweltlichen Roßkastanie mit der neuweltlichen Pawie. Der Bastard hält in seinen Merkmalen so ziemlich die Mitte zwischen seinen Eltern inne. Seine rote Blumenkrone ist nicht ausgebreitet wie bei der Roßkastanie, sondern leicht zusammengeneigt und die bräunlichgrüne Fruchthülle nur spärlich bestachelt. Er wird größer als die Pawie, wenn auch nicht so groß wie die Roßkastanie; er wächst nicht so schnell wie letztere, blüht auch 2–3 Wochen später als diese. Da die rotblühende Kastanie durch Pfropfung auf den jungen Stamm der gemeinen Roßkastanie vermehrt wird, aber weniger in die Dicke wächst als diese, so entsteht meist eine sehr auffallende Stammform, indem sich dieser an der Pfropfstelle plötzlich verschmälert, eine Erscheinung, die man nicht selten auch bei Obstbäumen, besonders Apfelbäumen — aus derselben Ursache entstanden — beobachtet.

Etwas größer als die rote Pawie wird die gelbblühende Pawie (Pawia lutea) mit langen gelben Blumenblättern und unbehaarten Staubbeuteln, während die glattblätterige Pawie (P. glabra) mit kurzen gelben Blumenblättern und behaarten Staubbeuteln kleinwüchsig ist. Diese sind ebenfalls Bewohner des südwestlichen Nordamerika und lassen sich am Laube nur schwer voneinander unterscheiden. Durch schlankere Form der glatten Blättchen zeichnet sich bloß die strauchartige kleinblütige Roßkastanie (Aesculus parviflora) aus den Bergwäldern des östlichen Nordamerika aus. Sie blüht später als die andern Arten und an den erst im Sommer erscheinenden auffallend langen und schmalen Blütenrispen treten die Staubfäden weit aus den großen, weißen Blüten heraus.

An allgemeiner Beliebtheit als prächtiger Schattenbaum wetteifert mit der Roßkastanie die Platane. Sie wächst rasch, bildet einen mächtigen Stamm mit kraftvoll ausgestreckten Ästen und hellgrünen, gelappten, handnervigen Blättern, die, wie diejenigen der Roßkastanie, im Herbst abgeworfen werden. Sie vereinigt die Schnellwüchsigkeit der Pappel mit dem Brennwert der Buche, weshalb es sich empfiehlt, sie besonders als Alleebaum anzupflanzen. Die dunkle, in beständiger Erneuerung begriffene Borke des Stammes blättert fortwährend in regellosen Stücken ab, so daß die jüngere, hellgefärbte Rinde zutage tritt und der Stamm malerisch gefleckt erscheint. Unscheinbar hängen die kleinen gelben männlichen und tiefroten weiblichen Blüten getrennt am Baume, bevor die Blätter zum Vorschein kommen. Aus letzteren gehen zu beinahe nußgroßen Kugeln vereinigte Früchte hervor, die noch im Winter am Baume pendeln. Aus ihnen lösen sich die mit zarten Flughaaren versehenen Früchte ab, um vom Winde verbreitet zu werden. Da der Baum sich leicht in den Ästen zurückschneiden läßt, wird er vielfach stark gescheitelt. Wer aber nur die mißhandelten, durch übermäßiges Stutzen nieder und breit gehaltenen Bäume, wie sie vielfach vor den Gasthäusern und in den Biergärten zu sehen sind, kennt, der ahnt nicht, welche Schönheit die Platane da entfaltet, wo man ihr frei und unbehindert ihre breit ausladenden Äste aus dem schlanken Stamme herauszustrecken erlaubt.

Das Geschlecht der mit den Feigen-, Brotfrucht- und Ulmenbäumen zu den Nesselgewächsen gehörenden Platanen besaß zur Tertiärzeit mit den ihnen sehr nahe verwandten Liquidambarbäumen eine viel ausgedehntere Verbreitung als heute. Während des mittleren und oberen Tertiärs waren sie durch ganz Europa, Nordasien und Nordamerika bis weit über den Polarkreis hinaus verbreitet und wuchsen sogar in Grönland und auf Spitzbergen. Vom spättertiären Platanus aceroides dürften die beiden heute noch existierenden und in der Kulturwelt angepflanzten, 10–20 m hohen Platanenarten stammen: die morgenländische Platane (Pl. orientalis) der Alten Welt und die abendländische Platane (Pl. occidentalis) von Nordamerika. Erstere hat stärker gelappte Blätter mit grünen Blattstielen und ein mehr in die Breite wachsendes Astwerk, während letztere nur schwach gelappte, unterseits flaumhaarige Blätter mit braunen Blattstielen besitzt und ihre Zweige mehr aufrecht stellt. Da die neuweltliche Platane die Winterkälte viel besser erträgt als die dagegen weit empfindlichere altweltliche, wird sie in Mitteleuropa häufiger als jene angepflanzt. Doch ist die bei uns fast ausschließlich gepflanzte Form das Kreuzungsprodukt beider Arten, die ahornblätterige Platane (Pl. acerifolia), die der amerikanischen Form näher steht und wie diese winterhart ist. Ihre Vermehrung erfolgt stets durch Stecklinge.

Die morgenländische Platane findet sich an Gebirgsbächen in Wäldern unterhalb der Cedernregion bis zu 1600 m Höhe vom Himalaja bis Griechenland und Makedonien, auch auf Zypern, dem südlichen Anatolien und Persien. Sie hieß bei den Griechen plátanos, von platýs breit, weil sie ihre Äste weit ausreckt. Schon in der Ilias wird sie erwähnt. Als nämlich die Griechen sich mit ihren Schiffen in der Stadt Aulis am Euripos in Böotien zum Zuge nach Troja sammelten, da lagerten sie sich „an einer Quelle unter einer schönen Platane.“ Nach Homer erwähnt dann der Dichter Theognis aus Megara um 560 v. Chr. einen Platanenhain in Lakonien, der an einem Teiche stand, mit dessen Wasser ein Winzer seine Reben tränkte. Durch ihre Größe und durch ihr Alter ehrwürdige Exemplare galten den Umwohnern als heilig. Solche heilige Platanen werden uns von alten Schriftstellern aus Lykien und Karien in Kleinasien erwähnt. Eine ähnliche Sitte muß auch in Persien geherrscht haben; denn Herodot berichtet uns vom persischen Großkönig Xerxes, daß, als er auf seinem Kriegszuge gegen Griechenland 485 v. Chr. auf dem von Phrygien nach der Hauptstadt von Lydien, Sardes, führenden Wege eine prächtige Platane traf, „er ihr einen goldenen Schmuck schenkte und einen besonderen Wächter für sie einsetzte.“ Bis in unsere Zeit findet man in Persien, Kleinasien und Griechenland solche ehrwürdige alte Platanen von einer Höhe von 30 m und einem Stammumfang bis 16 m, deren ausgehöhlter Stamm Hirten und Jägern zu vorübergehendem Aufenthalte dient. Auch der Grieche Pausanias, der im 2. Jahrhundert n. Chr. den Bädeker des Altertums schrieb, weiß auf seiner Wanderung durch Griechenland und Kleinasien hin und wieder von solchen Riesenplatanen zu erzählen, die noch mit der Heroenzeit in Verbindung gebracht wurden. So berichtet er von der bei Kaphyai in Arkadien wachsenden hohen und herrlichen Menelais, so genannt, weil sie, nach der Sage der Umwohner, vom Könige Menelaos selbst vor der Abfahrt nach Troja an der betreffenden Quelle gepflanzt worden sein soll. Und beim Flusse Pieros bei Pharai in Achaja sah er Platanen von solcher Größe, daß man in der Höhlung der Stämme einen Schmaus halten und nach Belieben darin auch schlafen konnte.

Der griechische Pflanzenkundige Theophrast im 4. Jahrhundert v. Chr. sagt: „In Griechenland wächst die Platane an einigen Stellen sehr häufig. Am Adriatischen Meere dagegen sollen kleine Platanen wachsen, ausgenommen beim Heiligtum des Diomedes (auf der Insel Diomedea an der apulischen Küste). In ganz Italien soll der Baum selten sein, obgleich es reich an Flüssen ist; das dortige Klima ist ihm nicht günstig. Der ältere Dionysios (431–367 v. Chr.), der Tyrann, hatte einige Platanen in einen Garten bei Rhegion (das er 387 erobert hatte) gepflanzt, wo man sie jetzt in der Ringschule sieht; aber sie wollen trotz aller Pflege nicht recht gedeihen. Auf Kreta soll bei Gortyna eine Platane stehen, welche ihr Laub nicht abwirft, während alle benachbarten es abwerfen. Eine ähnliche soll auf Zypern stehen.“

Zweifellos ist die Platane durch Griechen zuerst nach Unteritalien und von da später nach Mittelitalien zu den Römern gekommen, die zugleich mit dem Baum deren griechische Benennung übernahmen. Zu Ende der römischen Republik war es eine Liebhaberei der Vornehmen, raschwüchsige Platanen in den Gärten ihrer Villen anzupflanzen und sie, statt mit Wasser, mit Wein zu begießen, da ein Aberglaube solchen Trank den Fremdlingen heilsam erklärte. So wird beispielsweise vom berühmten Redner Hortensius berichtet, er habe einmal bei einer Gerichtsverhandlung seinen Kollegen Cicero gebeten, mit ihm die Reihe im Reden zu tauschen, da er notwendig auf seine Villa nach Tuskulum hinaus müsse, um seine Platane eigenhändig mit Wein zu begießen. Mit Vorliebe ruhte man in der Kaiserzeit im Schatten solcher liebevoll aufgezogener Platanen und gab sich, wie die römischen Dichter es mehrfach besangen, der Ruhe und dem Genusse des Weines hin. So bezeichnet Ovid die Platane als einen dem Lebensgenuß dienenden Baum, und Horaz empfindet es als eine Entweihung des heiligen Bodens, die fruchtspendende Erde statt mit einem nützlichen Obstbaum mit solch einem nutzlosen Schönheitsbaum zu bepflanzen. Auch Plinius bemerkt in seiner Naturgeschichte: „Die Platane (platanus) ist wunderbarerweise nur ihres Schattens wegen aus weiter Ferne zu uns verpflanzt worden. Erst wurde sie über das Ionische Meer auf die Insel des Diomedes gebracht, um des Helden Grab zu beschatten; von da gelangte sie nach Sizilien und von dort endlich nach Italien. Jetzt steht sie sogar im Lande der Moriner (am belgisch-französischen Strand — doch ist dies wohl eine Verwechslung mit dem nordischen Ahorn, den Plinius selbst den gallischen oder weißen Ahorn nennt), also auf zinspflichtigem Boden, so daß auch ihr Schatten versteuert werden muß. — Die Platanen sind jetzt zu so hohen Ehren gekommen, daß sie nun sogar mit reinem Wein begossen werden. Die Erfahrung lehrte, daß der Wein den Wurzeln gut bekam, und so hat man sie denn in der Kunst des Weintrinkens unterrichtet.

In früherer Zeit waren die Platanen der Akademie in Athen berühmt, deren 33 Ellen lange Wurzeln noch über die Zweige hinausgingen. Jetzt ist eine Platane in Lykien berühmt. Sie steht bei einer lieblichen, kühlen Quelle, neben einer Straße. Ihr Inneres gleicht einem Hause; denn sie ist hohl und ihre Höhlung mißt 81 Fuß. Ihr Wipfel gleicht einem Haine, ihre langen Äste gleichen Bäumen und werfen ihre Schatten weithin über die Felder. Ihre Höhlung ähnelt einer Felsengrotte, enthält auch rings eine Bank von bemoostem Tuffstein. Sie ist so wunderbar, daß Licinius Mutianus, der dreimal Konsul und noch neulich Legat in Lykien war, für die Nachwelt die Bemerkung hinterließ, er habe mit 18 Begleitern im Baume einen Schmaus abgehalten. Zu Polstern habe man das Laub des Baumes genommen. Vor jedem Windhauch war die Gesellschaft sicher. Dann habe er noch im Baume geruht und sei da besser aufgehoben gewesen, als in Sälen mit schimmernden Marmorwänden, bunten Gemälden und vergoldeten Prachtdecken.

Zu Gortyna auf der Insel Kreta steht eine Platane, die in griechischen und lateinischen Schriften besprochen wird; unter ihr soll nach der Sage selbst Jupiter einst geruht haben. Sie besitzt die Eigentümlichkeit, ihre Blätter nie zu verlieren. Junge Platanen, die man von ihr auf Kreta zog, haben diesen Fehler ihres Stammbaumes beibehalten; denn es ist ja ein Vorzug jedes Baumes, wenn er im Winter die Sonnenstrahlen durchläßt. Unter der Regierung des Kaisers Claudius (41–54 n. Chr.) hat Aeterninus, der Freigelassene des Marcellus, diese Platanensorte auf seine Güter bei Rom verpflanzt. Diese ausländischen Wunder stehen noch jetzt in Italien neben anderen, die in diesem Lande selbst durch Kunst erzeugt wurden. — Durch eigentümliche Fortpflanzung und Beschneidung zwingt man die Platanen zu unglückseligen Verkrüppelungen. Ganze solche Krüppelwälder stammen von ihrem Erfinder, dem Ritter Gajus Matius, einem Freunde des Kaisers Augustus.“

Heute wäre der Ahorn noch vor der Roßkastanie dazu berufen, als Alleebaum im Innern der Städte die bisher dazu bevorzugten Linden zu verdrängen, die gegen die zahlreichen sie treffenden Schädigungen besonders empfindlich sind und deshalb sehr leicht eingehen, wenn sie nicht von alters her standen und schon stark genug waren, um den modernen Gefahren, besonders den Ausströmungen von Leuchtgas, zu trotzen. Wie wenige der zahlreichen Lindenalleen und Gruppen alter Linden bleiben am Leben, wenn die wachsende Stadt sie erreicht. Nicht nur ist die Linde (Tilia) dem Deutschen durch Sage und Sitte teuer, sondern auch wegen ihres schnellen Wachstums, ihrem dichten Schatten und dem angenehmen Duft ihrer Blüten. Sie bildet bei uns keine reinen Waldbestände, sondern findet sich auch im Walde immer nur einzeln; dagegen wächst sie in den russischen Ostseeprovinzen in größeren Beständen. Überall in Deutschland ist die kleinblätterige oder Winterlinde (Tilia parvifolia) mit beiderseits kahlen, unterseits meergrünen, schon Mitte Mai ausschlagenden Blättern und einem größeren Blütenreichtum die gemeinere, während die schon anfangs Mai ihr Laub hervortreibende großblätterige oder Sommerlinde (T. grandifolia) mit unterseits kurzbehaarten, beiderseits grünen Blättern und weniger zahlreichen Blüten häufiger angepflanzt wird, da sie eine größere Stärke und ein höheres Alter erreicht. Die guten Eigenschaften beider, Blattgröße und Blütenreichtum, vereinigt ein durch Kreuzung beider Arten gezogener Bastard, noch mehr aber eine andere Gartenform, die als Kreuzung zwischen Winterlinde und der besonders großblätterigen nordamerikanischen Schwarzlinde (T. americana) aus Kanada aufzufassen ist. Größere Bedeutung hat von fremden Arten außer der abendländischen Silberlinde (T. alba) aus Nordamerika mit auf der Unterseite schwachbehaarten Blättern und großen Blüten hauptsächlich die in Ungarn, der Türkei, in Griechenland und Kleinasien heimische morgenländische Silberlinde (T. argentea), die philýra der alten Griechen, von der Plinius sagt, daß man sie zum Binden von Kränzen gebrauche und seit alter Zeit in Ehren halte. Der niedere Baum ist durch seine wunderbar regelmäßige, eiförmige Krone von unterseits dicht weißfilzigen Blättern ein ganz besonderer Parkschmuck und hat zudem den Vorzug, erst anfangs Mai zu blühen, wenn die einheimischen Linden schon längst verblüht haben. Er verlängert also die Herrlichkeit der Lindenblüte um einen vollen Monat, was nicht nur der Naturfreund, sondern auch der Imker zu schätzen weiß. Die nicht selten gepflanzte grüne Linde (T. euchlora) aus dem Orient ähnelt der Winterlinde, trägt aber größere, nicht rostfarbene Bärtchen in den Aderwinkeln wie sie, sondern graue Haare und bleibt im Herbste länger grün.

Statt der Linden werden in den Straßen unserer Städte, wie auch auf Dorfplätzen vielfach Ulmen oder Rüstern (Ulmus, aus dem Keltischen elm) angepflanzt. Wenn ihnen auch der Reiz des Blütenduftes fehlt, so sind sie dafür widerstandsfähiger gegen die Gefahren der Großstadt; doch dürfen sie nicht zu nahe an die Häuserreihen angepflanzt werden, da ihre Wurzeln mit Vorliebe in die Grundmauern dringen und da eine bedeutende Sprengwirkung ausüben können. Leider werden deren Blätter sehr häufig von Blattläusen besiedelt und durch allerlei Gallen verunstaltet. Von unseren heimischen Arten ist die Feldulme (Ulmus campestris) mit kurz zugespitzten, eiförmigen Blättern weniger verbreitet als die Bergulme (U. montana) mit verkehrteiförmigen, lang zugespitzten Blättern. Beide bilden mancherlei Spielarten, von denen besonders die hängenden Formen für kleine Gärten sehr geeignet sind, in denen sie mit ihrer dichten, nach allen Seiten überhängenden Schirmkrone jede künstliche Laube überflüssig machen. Daneben finden sich Formen mit streng pyramidenförmigem Wuchse, bei andern ist das Laub dunkelrot oder weißgefleckt oder eigenartig gekräuselt. Bei den alten Griechen hieß die auch in Südeuropa noch gedeihende Feldulme pteléa, bei den Römern dagegen ulmus, und wurde hauptsächlich gepflanzt, um den Weinreben als Stütze zu dienen. Mit Ulmenstöcken peitschten die Alten ihre Sklaven, wenn sie sich etwas hatten zuschulden kommen lassen. Ihr Holz, das in bezug auf Dauerhaftigkeit dem Eichenholze kaum nachsteht, eignet sich vorzüglich als Bau- und Werkmaterial. Da es sich nicht wirft, wurden aus ihm nach Theophrast besonders Türen angefertigt. Columella unterscheidet außer der inländischen eine gallische Ulme, die er atinia nennt und vorzugsweise anzupflanzen rät, da sie üppiger als die italienische wachse und ihr Laub vom Rindvieh viel lieber gefressen werde. Deshalb diente sie den Alten als wichtigster Futterbaum und wurde als solcher nie aus Samen gezogen, sondern durch Wurzelsprossen vermehrt. Außer den altweltlichen Ulmen werden in unsern Anlagen auch noch einige amerikanische Arten, wie Ulmus americana und fulva, angepflanzt. Zu ihnen kam neuerdings die japanische Ulme (Zelkowa keaki), die ein treffliches Nutzholz liefert. Sie ist daran erkenntlich, daß ihr scharf gezacktes Laub im Herbst sich prächtig rot färbt und so einen überaus malerischen Anblick gewährt.

Den Ulmen nahe verwandt ist die als Zierstrauch bei uns angepflanzte hainbuchenblätterige Planere (Planera carpinifolia), nach dem Erfurter Professor Joh. Jakob Planer (1743–1789) so genannt. Sie ist im Kaukasus heimisch, gleicht den Ulmen, hat aber ungeflügelte Samen. Ebenso wird in unsern Anlagen der winterharte nordamerikanische Zürgelbaum (Celtis occidentalis) kultiviert, der sich von den echten Ulmen hauptsächlich durch seine Früchte unterscheidet. Diese sind kirschenähnliche, orange- bis braunrotgefärbte, säuerlich schmeckende Steinfrüchte. Größere, schwarze, süßliche Früchte hat der ihm sonst ähnliche nordafrikanische, auch noch in Südeuropa wildwachsende gemeine Zürgelbaum (C. australis), der in Oberitalien und Südtirol nicht selten angetroffen wird, zumal sein festes Holz von der Landbevölkerung zu Peitschenstöcken und Blasinstrumenten begehrt wird; bei uns gedeiht er aber nur in den wärmeren Lagen.

Gleichfalls in Südeuropa regelmäßig angebaut, um das Laub den Seidenraupen zu verfüttern, wird der ostasiatische weiße Maulbeerbaum (Morus alba). Bei uns wird er neben dem westasiatischen schwarzen Maulbeerbaum (M. nigra) mit schwarzvioletten statt wie bei jenen weißen, süßlich sauer schmeckenden Früchten als Zierbaum in Parks angepflanzt, kommt aber auch nur in wärmeren Lagen fort. Ebenso verhält es sich mit dem aus dem südlichen Nordamerika als Zierbaum bei uns eingeführten amerikanischen Amberbaum (Liquidambar styraciflua) mit handförmig gelappten Blättern. In seiner Heimat liefert er durch Auskochen der zerkleinerten Zweige den zu Ofenlack und Räucherkerzen verwendeten weißen Liquidambar.

Sehr beliebte Parkpflanzen sind auch die verschiedenen Ahornarten (Acer), deren doppelte Flügelfrucht die Kinder als Nasenreiter benutzen. Sie sind am nächsten mit den Roßkastanien verwandt und besitzen verschieden gelappte Blätter. Mehr in der Ebene und auf niedrigem Gebirge bis zu einer Höhe von 1100 m wächst der spitzblätterige Ahorn (Acer platanoides), auch deutscher Zuckerahorn genannt, da sein Frühjahrssaft Zucker gibt, dessen Gewinnung indessen nicht lohnt. Er ist ein allgemein beliebter Alleebaum, der im Harze bis zu 450 m hinaufgeht und hier die Nordgrenze seiner Verbreitung in Deutschland erreicht. Dagegen ist der ebenfalls 20–25 m Höhe erreichende Bergahorn (Acer pseudoplatanus) ein echter Gebirgsbaum, der auf den Alpen bis 1600 m gefunden wird, nördlich bis Dänemark und Gothland geht und bei uns als einer der schönsten Bäume in Parkanlagen kultiviert wird. Sein Saft enthält ebenfalls Zucker, der aber nicht ausgebeutet wird. Sein hartes, weißes Holz mit vielen bräunlichen Spiegeln nimmt sehr leicht Politur an und ist als Werkholz geschätzter als das mehr gelbliche, weniger feine des spitzblätterigen Ahorns. Von ihm sind mehrere Spielarten mit weißgescheckten, gelb panachierten und dunkelroten Blättern vorhanden. Letztere Form ist nicht zu verwechseln mit dem ebenfalls bei uns kultivierten nordamerikanischen Rotahorn (A. rubrum), der den Namen von den schon im April vor dem Erscheinen der dreispitzigen grünen Blätter erscheinenden roten Blüten erhielt. Als Ziersträucher pflanzt man den oft nur 3 und nur ausnahmsweise 10 m hoch werdenden einheimischen Feldahorn (A. campestre) und den nur 2,5–3 m hohen südfranzösischen Ahorn (A. monspessulanum, d. h. von Montpellier), der an felsigen Orten am Mittelrhein wild wächst.

Sehr häufig findet sich bei uns auch der 1734 durch Collinson zuerst nach England gebrachte und von da auf den europäischen Kontinent herübergekommene nordamerikanische Zuckerahorn (A. saccharinum), der seinen Namen davon hat, daß sein Frühjahrssaft auf Zucker verarbeitet wird. Er hat unserm Spitzahorn ähnliche, nur unten statt glatte grüne, leicht behaarte, bläulichgrüne Blätter, die im Herbst eine prachtvolle orangerote Färbung annehmen, woran der Baum leicht zu erkennen ist. Trotz seiner Schönheit und Winterhärte hat aber dieser Zuckerahorn bei uns nicht die Verbreitung gefunden, die er verdient, wohl weil ihm frühzeitig schon in dem nicht minder prächtigen, ebenfalls bereits im 18. Jahrhundert aus Nordamerika bei uns eingeführten Silberahorn (A. dasycarpum) mit außerordentlich zierlichem, tiefeingeschnittenem, unterseits silberhaarigem Laub ein gefährlicher Mitbewerber entstand. Auch unsere Mistel (Viscum album) hat bereits von dem schönen Fremdling Besitz ergriffen, ja, sie ist auf wenigen Bäumen so häufig wie auf dem Silberahorn. Er hat eben ein sehr weiches Holz, so daß er wegen des geringen Holzwertes nicht für den Anbau im Walde in Betracht kommt, während der Zuckerahorn dafür vielfach empfohlen wird.

Auch der nordamerikanische, ebenfalls zur Zuckergewinnung benutzte schwarze Ahorn (A. nigrum) ist häufig in unsern Anlagen zu treffen; ebenso der strauchartige, in ganz Rußland, besonders an der Wolga, wildwachsende tatarische Ahorn (A. tataricum) mit herzförmigen, gesägten Blättern und lange nach diesen in dichten Rispen hervorbrechenden weißen Blüten, die unsern Ahornarten ähnliche rote Früchte hervorgehen lassen, und der sich durch dreiteilige Blätter mit langem Mittellappen von ihm unterscheidende mandschurische Ahorn (A. ginnala). Südeuropa lieferte uns die ebenfalls strauchartigen Acer italicum und A. creticum. Diese nannten die Griechen sphéndamnos, während die Römer unter acer wohl den noch in Norditalien vorkommenden Spitz- und Bergahorn verstanden. Aus dem lateinischen Eigenschaftsworte acernum (ahornen) soll die deutsche Bezeichnung Ahorn entstanden sein.

Am meisten vom Ahorntypus weichen die Blätter des ebenfalls aus Nordamerika in unsere Anlagen gebrachten, bis 12 m hohen zweihäusigen Eschenahorns (Acer negundo) ab. Sie sind 3–5zählig gefiedert, haben aber gleichwohl keine besondere Ähnlichkeit mit dem Eschenblatte. Dieser Baum wird in seiner Heimat nächst dem Zuckerahorn am meisten zur Zuckergewinnung benutzt und weist verschiedene Spielarten mit weißbunten und gelbbunten Blättern auf. Diese panachierten Formen werden bei uns noch viel häufiger als die normale Form des Eschenahorns kultiviert. Die kronenlosen Blüten erscheinen lange vor dem Ausbruch der Blätter, und die in langen, schlaffen Trauben herabhängenden Doppelfrüchte sind sehr klein und ihre Flügel krümmen sich so weit gegeneinander, daß sie sich am freien Ende nahezu berühren.

Prächtige Zierbäume unserer Anlagen bilden auch die verschiedenen Arten von Eschen (Fraxinus). Die in feuchtem Humus-, nicht aber auf Sandboden gedeihende gemeine Esche (Fraxinus excelsior), die melía der Griechen und der fraxinus der Römer, spielt in der nordischen Mythologie eine große Rolle. Sie ist der mit seinen weitreichenden Wurzeln alles umfassende Weltenbaum Ygdrasil, und der altgermanischen Sage nach ging aus ihr der Mann hervor, während aus der Erle das Weib entstand. Bei den alten Deutschen hieß nach der Esche ask der allgemein benutzte (eschene) Speer asks. Noch im Mittelalter pflanzte man in der Nähe der Burgen Eschen an, um aus ihrem Holze Lanzenschäfte, Streitaxtstiele und andere Waffenteile und Geräte anzufertigen. Schon in der Ilias ist der eschene Speerschaft der vorzugsweise gebräuchliche. Da ihr Laub vom Vieh, besonders von Schafen und Ziegen, gerne gefressen wird, pflanzte man sie nach Columella bei den Römern in besondern Plantagen an. Außer der gewöhnlichen Form werden in unsern Gärten verschiedene Zierformen derselben gezogen; so die Traueresche mit im Bogen abwärts gekrümmten Seitenästen. Sie wird häufig in der Weise verwertet, daß solche Hängezweige auf einen 2–3 m hohen Stamm gepfropft werden, so daß mit der Zeit eine dichte, nach allen Seiten gleichmäßig abwärts gewölbte Schirmlaube entsteht, für die ein weiteres Höhenwachstum natürlich ausgeschlossen ist. Dann die Goldesche mit goldgelb gescheckten, die Krausesche mit faltig gekräuselten Blättern, eine einfachblätterige Spielart mit der eiförmigen, ungeteilten Urform des Blattes mit allen Übergängen zum fiederteiligen Eschenblatte und eine solche mit weißgescheckten Blättern.

Von fremden Eschen begegnen wir am häufigsten der auch in unsern Wald eingeführten Weißesche (Fraxinus americana), die durch rostbraune Knospen und gelbliche Triebe kenntlich ist, der pennsylvanischen oder Rotesche (Fr. pennsylvanica) und der Schwarzesche (Fr. nigra), alle drei aus dem atlantischen Gebiete Nordamerikas. Ebenso finden wir als Zierbaum in unsern Anlagen die 6–9 m hohe südeuropäische Blumen- oder Mannaesche (Fr. ornus) mit dreipaarig gefiederten Blättern und unverkümmerten, sondern als Kelch und Blumenkrone vierspaltig ausgebildeten weißen oder rötlichen Blüten. Aus ihrer Rinde fließt durch das Anstechen der Mannazikade, am häufigsten aber durch täglich ausgeführte Kreuzschnitte ein süßer, an der Luft erhärtender Saft, der getrocknet den Mannazucker liefert, welcher in großer Menge von Südeuropa, besonders von Sizilien und Kalabrien, wo der Baum in großen Plantagen angebaut ist, in den Handel gebracht wird, um besonders als gelindes Abführmittel für Kinder zu dienen.

Nahe mit den Eschen verwandt sind die Forsythien, der Jasmin und der Flieder. Die erstgenannten haben ihren Namen vom englischen Botaniker W. A. Forsyth, der 1791 über Krankheiten der Bäume und 1802 über die Kultur der Obstbäume schrieb, und stammen aus China und Japan. Die bei uns häufigste Art ist die zu Frühjahrsbeginn, oft schon im März, ihre großen, vierzipfligen, gelben Blüten vor dem Ausbrechen der einfachen, leichtgesägten Blätter hervortreibende hängende Forsythia (F. suspensa) mit anfangs aufstrebenden, später überhängenden braunen Zweigen. Seltener ist die gegen Kälterückschläge empfindlichere grüne Forsythie (F. viridissima) mit grünen Zweigen, an denen die Blätter fast gleichzeitig mit den ebenfalls gelben Blüten erscheinen. Wie sie stammt auch als weiterer Frühblüher der mit ihr verwandte gelbe Jasmin (Jasminum nudiflorum), den man in geschützten Lagen häufig mit ihr zusammen antrifft, aus China. Dessen grüne, vierkantige Zweige schmiegen sich gern an Mauern und Zäune an. Die dreiteiligen Blättchen brechen erst hervor, wenn die an Schlüsselblumen erinnernden gelben Röhrenblüten verblüht haben.

Ähnliche, nur viel kleinere, dafür aber viel zahlreichere, in Rispen vereinigte, sehr wohlriechende, meist violette Blüten hat der gemeine Flieder (Syringa vulgaris), auch türkischer oder spanischer Flieder und nach der türkischen Benennung der Pflanze lilas auch Lila genannt. Dieser 3–7 m hohe Strauch mit herzförmigen Blättern und den schönen, angenehm duftenden „Lilablütensträußen“ stammt aus Vorderasien und ist schon so lange in Kultur, daß von ihm eine Menge auch weiß und rötlich blühender Varietäten gezüchtet wurden. Ja, es gibt von ihm sogar eine gefüllte Form, die der Gärtner Lemoine in Nancy zuerst in den Handel brachte; dieselbe stammt von einem ungefüllten Flieder und entstand als Sprungvarietät im Garten eines Privatmannes in Luxemburg, von dem sie Lemoine erwarb. Dieser im modernen Park wie im altmodischen Bauerngarten gleich beliebte Zierstrauch stammt von einem Exemplar, das Ghislenius Busbequius, der Gesandte Kaiser Ferdinands I., 1560 aus der Türkei zuerst nach Wien brachte. Seitdem ein französischer Gärtner in Vaugirard bei Paris vor 60 Jahren durch Zufall fand, daß sich beim Flieder leicht die winterliche Ruhezeit abkürzen läßt, so daß er schon im Winter wieder zum Blühen gebracht werden kann, wird er in ausgedehntem Maße „getrieben“. Hierzu dient entweder vorübergehendes Betäuben durch Ätherisieren, d. h. Einwirkenlassen von Ätherdämpfen, oder eine genau abgestimmte Hitzewirkung, meist ein Bad in warmem Wasser. Jetzt ist die Fliedertreiberei besonders in Frankreich sehr ausgedehnt. So bringt beispielsweise eine einzige Gärtnerei bei Paris von Mitte November bis zum Mai 100000 Fliederpflanzen zum Treiben. Zur Anzucht dieser gewaltigen Pflanzenmasse dient eine Baumschule von 80 Hektaren, in welcher die Stecklinge bis zum 5. bis 9. Jahre gezogen werden. Dann kommen die Fliederbüsche in ausgedehnte Treibhäuser, wo sie bei 28–30° C. zuerst im Dunkeln gehalten werden. Man läßt an jedem Zweig nur 2–4 Blütenknospen und 2 Blattknospen stehen und entfernt alle übrigen Knospen, damit der Saft die Blüten und Blätter der stehenbleibenden Knospen möglichst kräftig ernähre. Nach 20 Tagen sind die reinweißen Blüten erschlossen, strömen einen köstlichen Wohlgeruch aus und können in der an Blumen so armen Winterszeit zu guten Preisen verkauft werden. Auch in Südfrankreich und an den übrigen Orten der Parfümgewinnung wird der Flieder zur Gewinnung des Blütenduftes im großen angepflanzt. Dabei dient die daraus gewonnene Fliederessenz häufig als Ersatz der Tuberosenessenz.

Auch im Freien hat man mehrfach beobachtet, daß Fliederbüsche, die im Herbst, etwa bei einer Feuersbrunst, großer Hitze ausgesetzt waren, soweit sie dadurch nicht zerstört wurden, bald darauf wieder zu treiben und zu blühen begannen. Frühblühend und zum Treiben verwendbar ist auch der sonst zartere persische Flieder (Syringa persica), an dessen mit schmaleren Blättern besetzten Zweigen sich mehr lockere, duftigere Blütenbüschel wiegen. Vom chinesischen Flieder (S. chinensis), dessen reichblühende Zweige sich unter der Last der dichten, schwach duftenden Blüten zur Erde neigen, steht nicht fest, ob er nicht nur eine Gartenform, ein Kreuzungsprodukt darstellt. Während alle diese frühblühenden Fliederarten durch glatte, unbehaarte Blätter ausgezeichnet sind, gibt es auch späterblühende Arten mit behaarten Blättern, die uns noch im Juli mit ihrem Blütenschmuck erfreuen. Zu ihnen gehört der wohlriechende Emodi-Flieder (S. emodi), so genannt nach seiner Heimat, dem Distrikt Emodi im westlichen Himalaja. Er trägt länglichlanzettliche Blätter, deren weißliche Unterseite die zum Teil rauhbehaarten Blattnerven deutlich hervortreten läßt. Ferner der in Siebenbürgen vorkommende, nach seiner Entdeckerin, der ungarischen Freifrau Rosalie von Josika, benannte Josika-Flieder (S. josikea) mit bewimperten Blättern und sehr langen, dunkelvioletten Blütenrispen.

In der heimischen Pflanzenwelt ist dem Flieder am nächsten verwandt der wenigstens in Süddeutschland wildwachsende Liguster, auch Rainweide genannt (Ligustrum vulgare), der im Juni in weißen Rispen blüht und als „Tintenbeeren“ bezeichnete schwarze, beerenähnliche Steinfrüchte hervorgehen läßt. Wie diese werden verschiedene fremde Arten, so besonders die sehr reichblühende japanische Rainweide (L. ibota), gerne zu Hecken benutzt, da sie sich leicht schneiden lassen, ihr grünes Laub zum Teil im Winter behalten und durch ihren dichten Wuchs den Vögeln vollkommene Nistplätze, daneben in ihren Beeren auch Futter spenden.

Ein beliebter Gartenzierstrauch ist endlich auch die Tamariske (Tamarix), die myríkē der Griechen und Römer, die nach Plinius — von manchen für einerlei mit der tamarice gehalten — beim Volke als Unglücksbaum galt, „weil sie nichts trägt und nirgends gepflanzt wird“. Viel häufiger als die 1–2,5 m hohe, buschige deutsche Tamariske (Myricaria germanica) mit kleinen rosenroten Blüten in langen Ähren an den Zweigenden, deren Samen von den Bergbächen in die Ebene herabgeschwemmt wird, so daß sie neben dem bereits besprochenen Sanddorn (Hippophaē rhamnoides) ein häufiger Gast auf den Flußgeschieben des Alpenvorlandes ist, wird die in Südeuropa an feuchten Plätzen häufige französische Tamariske (Tamarix gallica) zur Verzierung von Strauchgruppen in Gärten gepflanzt. Ihre fein zerteilten, überaus zarten Blätter trugen ihr den begründeten Namen „Federstrauch“ ein. Wenn sie blüht, stehen die in außerordentlich dichten Ähren hervorbrechenden kleinen, blaßvioletten Blüten so gehäuft, daß darunter das Grüne der Blätter vollkommen verschwindet.

Nachdem wir nun die um ihrer Schönheit willen gewürdigten Ziersträucher einer eingehenden Besprechung unterzogen haben, wollen wir noch kurz die nützlichen unter denselben würdigen, die in ihren Früchten nicht nur den Vögeln, sondern auch dem Menschen eine willkommene Speise darbieten. Unter ihnen ist zunächst der Holunder (Sambucus nigra) zu nennen, von den Griechen aktḗ, von den Römern sambucus genannt. Er war schon im frühesten Altertum eine bekannte und geschätzte Heilpflanze, deren Blüten als schweißtreibender Tee und deren schwarze Beeren als Hustenmittel genossen werden. Daneben sind letztere vielfach auch, so besonders in Norddeutschland, ein beliebtes Genußmittel geworden. Die Früchte des Zwergholunders (Sambucus ebulus) sind nur in vorgeschichtlicher Zeit, so von den anspruchslosen Pfahlbauern der neolithischen Zeit, zusammen mit den Beeren des gemeinen Holunders als Obst genossen worden, doch waren sie nebst andern Teilen der Pflanze schon im Altertum als Heilmittel geschätzt. Bei Dioskurides um die Mitte des 1. christlichen Jahrhunderts heißt er chamaiáktē, d. h. niederer Holunder, bei den Römern ebulus und bei den Deutschen atich, das sich später in Attich verwandelte. Seine Beeren sollen nach dem schweizerischen Botaniker Oswald Heer, der die Samenkerne in neolithischen Pfahlbauten der Ostschweiz fand, schon von den Pfahlbauern am Ende der Steinzeit zum Färben mit einem hellen Blau verwendet worden sein. Jedenfalls wurden sie, wie diejenigen des gemeinen Holunders, noch im klassischen Altertum zum Färben benutzt. So sagt Theophrast, daß der weinfarbige Saft der unreif rötlichen, reif aber schwarzen Beeren des Holunders den Leuten dazu dient, um sich Hände und Kopf zu färben. Nach Plinius dienten sie besonders zum Färben der Kopfhaare, und in einer Ekloge Vergils heißt es: „Das Gesicht des Gottes Pan war mit den blutigen Beeren des Zwergholunders (ebulus) gefärbt.“

Die Berberitze (Berberis vulgaris) wird zum erstenmal im Drogenverzeichnis des Platearius aus dem 12. Jahrhundert erwähnt; ihr Name scheint arabischen Ursprungs zu sein. Im 16. Jahrhundert erfreute sie sich großer Beliebtheit und wurde aus ihren Beeren in Frankreich und Deutschland ein Wein gemacht. Der Brombeerstrauch (Rubus fruticosus), dessen Früchte ein beliebtes Kompott geben und von jeher vom Menschen gerne gegessen wurden, hieß bei den Griechen bátos, bei den Römern dagegen rubus und seine Frucht wegen deren Ähnlichkeit mit der Maulbeere morum. Dioskurides und Plinius sagen, daß der Brombeerstrauch den Menschen die eßbaren Früchte liefere, die, wie auch die Blätter, zu Heilzwecken gebraucht werden. Und Palladius im 4. Jahrhundert n. Chr. schreibt: „Im September sammelt man Brombeeren, preßt ihren Saft aus, läßt ihn etwas gären, mischt dann ein Drittel Honig hinzu und kocht die Mischung bis zur Honigdicke ein.“ Wie im Altertum wurden auch im Mittelalter neben den Früchten die Blätter und jungen Schößlinge der Brombeere als Arznei benutzt. In Karls des Großen Capitulare de villis vom Jahre 812 wird ein mit Honig und Gewürzen bereiteter Brombeerwein als moratum erwähnt, der ebenso wie das aus Maulbeeren hergestellte gleichlautende Getränk das ganze Mittelalter hindurch in Klöstern wie in Bürgerhäusern gerne getrunken wurde. In den lateinischen Glossen des Abtes Caesarius von Heisterbach im Siebengebirge bei Bonn aus dem 13. Jahrhundert heißt es: „Unsere Leute werden gehalten, Brombeeren zu sammeln zur Bereitung des Moratum für Feierlichkeiten, kranke Klosterbrüder und hohen Besuch.“

Im Altertum wie im Mittelalter wurde sprachlich nicht zwischen Brombeere und Himbeere unterschieden. Der griechische Arzt Dioskurides nennt beide bátos und unterscheidet letztere von der ersteren durch den Zusatz idaía, weil sie in Menge auf dem (Berge) Ida wachse. Er sagt von den beiden: „Der Himbeerstrauch ist viel zarter als der Brombeerstrauch, hat nur kleine Stacheln und findet sich auch ganz ohne Stacheln (was übrigens auch jetzt noch der Fall ist). Man benutzt beide Sträucher in derselben Weise.“ Nach dem griechischen Beispiele nannten auch die Römer (z. B. Plinius) die Himbeere im Gegensatz zur Brombeere rubus idaeus. Die Himbeere (Rubus idaeus), aus deren Früchten ebenfalls ein wohlschmeckender Beerenwein gekeltert werden kann, wurde teilweise schon im Mittelalter in Klostergärten angepflanzt. Vom 16. Jahrhundert an wurde sie dann auch sehr häufig in den Gärten der Bürgersleute kultiviert. Der im Jahre 1560 in Basel als Sohn eines Refugianten aus Amiens in der Picardie geborene Kaspar Bauhin sagt in einem 1598 in Frankfurt a. Main erschienenen Werke botanischen Inhalts, daß die Himbeere in Böhmen aus den Wäldern in die Gärten verpflanzt sei, und Clusius unterscheidet in seiner 1610 in Antwerpen erschienenen Geschichte seltener Pflanzen rote und weiße (gelbe) Himbeeren. Zu unserer einheimischen kam im 19. Jahrhundert die kanadische Himbeere (R. odoratus), deren große, rote, in Doldentrauben gehäufte Blüten mit leichtem Wohlgeruch flache, rötliche Früchte hervorgehen lassen, die aber zum Essen keinen besonderen Genuß gewähren. Deshalb wird der mit großen, mehrlappigen Blättern besetzte Strauch bei uns nur als Zierpflanze kultiviert.

Die Erdbeere (Fragaria vesca) finden wir zum erstenmal bei Ovid und Vergil im 1. Jahrhundert v. Chr. als fragum erwähnt. Plinius der Ältere vergleicht die Frucht mit derjenigen des Erdbeerbaums (unedo) und sagt, daß beide sich durch ihre Substanz unterscheiden. Nutzpflanze war sie auch im Mittelalter nicht bloß ihrer Früchte, sondern auch der Blätter wegen, die vielfach als Heilmittel benutzt wurden. Kulturpflanze aber wurde sie erst im 16. Jahrhundert. In einem 1537 in Basel erschienenen botanischen Werke erzählt Ruellius, daß die Erdbeere in die Gärten verpflanzt werde, damit sie größere Früchte gebe, und daß dabei die roten Früchte sich teilweise in weiße umgeändert hätten. Ähnliche Angaben finden sich auch bei den deutschen Vätern der Botanik. Bei Elsholtz 1690 werden noch dieselben Varietäten der Walderdbeere als Gartenpflanzen genannt, ebenso bei Weinmann in Regensburg 1737. Es hat also lange gedauert, bevor amerikanische Erdbeeren nach Deutschland gelangten; denn nach Alphonse de Candolle wurde die frühreife nordamerikanische Erdbeere (Fragaria virginiana) mit großen, fast kugeligen, tiefgrubigen, scharlachroten Früchten aus Virginien erst 1629 in englische und die chilenische Erdbeere (F. chilensis) mit den größten Früchten unter allen Erdbeerarten 1715 in französische Gärten eingeführt. Letztere Art wurde zuerst am Musé d’histoire naturelle in Paris gepflanzt und von da verbreitete sie sich nach England, Deutschland und den übrigen Ländern Europas. Bastardformen beider hat dann die europäische Gartenkultur in den Ananaserdbeeren hervorgebracht, deren große, wohlschmeckende Früchte heute in solchen Mengen auf den Markt kommen, daß sich auch der Unbemittelte an ihnen für wenig Geld erlaben kann.

Über die chilenischen Erdbeeren schreibt Professor Otto Bürger in seinem 1909 erschienenen Buche: Acht Lehr- und Wanderjahre in Chile: „Die erste Frucht des Frühlings ist die Erdbeere. Ende Oktober bis in den Dezember hinein hört man schon früh morgens die Frutilleros, die Erdbeerenverkäufer, welche von Renca und Conchali kommen, ihre Ware, die in zwei Körben aus rohen Häuten über einem Maultiere hängt, ausrufen: „la frutilla, la frutilla“ oder „el frutillero, el frutillero; compra la frutilla!“ Und dann kann man 100 Mammuterdbeeren anfänglich für 60–50 (1 Mark bis 85 Pfennige), später für 40–30 Centavos (68–51 Pfennige) erstehen.“

„Die Frutilla (Fragaria chilensis) ist eine einheimische Art, in den mittleren und südlichen Provinzen, vornehmlich in der Vorkordillere von Nuble und im Bereich der Küste von Concepción bis zum Rio Palena und vielleicht bis zur Magelhaensstraße verbreitet. Die Erdbeere ist das einzige chilenische Gewächs, welches wegen seiner Früchte nach Europa verpflanzt wurde. Dem französischen Gelehrten und Reisenden Frezier gebührt solches Verdienst. Er nahm im Jahre 1712 oder 1713 fünf Pflänzchen von Concepción mit, von denen er aber zwei dem Kapitän seines Schiffes als Vergütung für das zum Begießen erforderliche süße Wasser zu belassen hatte. Die übrigen drei brachte er nach Frankreich, und sie riefen alle jene großen Kulturen ins Leben, welche es bis 1820 gab; dann erst gestattete die größere Handelsfreiheit einen Nachschub (Cl. Gay, Agricultura, Bd. 2, S. 113–114). Nachdem sich die chilenische Erdbeere in Europa veredelt hatte und zu riesigen Dimensionen gezüchtet worden war, wurde sie wiederum nach Chile verschifft und gab hier jenen ausgedehnten Erdbeerchacras (chacra, aus der indianischen Quetschuasprache Perus entnommener Ausdruck für kleines Landgut) den Ursprung, wie sie bereits in der Mitte des vorigen Jahrhunderts um Santiago herum bestanden. Namentlich von Kindern wird noch eine kleine Sorte als fresa angeboten, die der Chilene gern zur Bowle nimmt — er braut sich ein solches Getränk aus zerquetschten Erdbeeren und Weißwein. Diese stammt von der gemeinen europäischen Erdbeere ab, die 1830 nach Chile eingeführt wurde.“ Von den über 400 Erdbeerarten, die von unseren Gärtnern durch Kreuzungen und Kulturpflege erzielt wurden, ist außer den vorgenannten besonders auch die großblumige oder Ananaserdbeere (Fragaria grandiflora) aus Surinam mit großen, scharlachroten, verschieden geformten, meist breiter als hohen, unregelmäßigen, oft fast gelappten Scheinbeeren zur Bastardierung benutzt worden.

Die rote Johannisbeere (Ribes rubrum) war den Griechen und Römern unbekannt. In Griechenland wächst dieser Strauch überhaupt nicht und in Italien nur auf den Gebirgen im Norden des Landes und dort auch nur spärlich. Sonst ist diese Pflanze in ganz Mittel- und Nordeuropa, in Skandinavien, Nordrußland und Sibirien, wie auch auf dem Himalaja heimisch. Der Johannisbeerstrauch soll angeblich durch die Normannen nach Frankreich, von da nach Spanien und der Schweiz gekommen sein, was aber sicher unrichtig ist. In den Schriften des Mittelalters wird die Johannisbeere vor dem 15. Jahrhundert nicht erwähnt. Überhaupt hat man in Mitteleuropa, wie Lauenstein feststellte, bis zur ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts noch keinerlei Beerensträucher kultiviert, dafür sammelte man die wildwachsenden Beeren. Erst zu Beginn des 15. Jahrhunderts wird die Johannisbeere zum erstenmal in einem Manuskript genannt, das die Glosse „ribes sunt Johannesdrübel“ enthält. Noch in den Jahren 1484 und 1494 wird sie in einem Mainzer und Passauer Herbar als sant johans trublin sehr mangelhaft abgebildet. Der aus den zerdrückten Früchten ausgepreßte Saft wurde zu Sirupdicke eingekocht und gegen Magenleiden und Fieber gegeben. Noch im Jahre 1557 wurde sie in England nicht kultiviert, da sie nicht auf der Liste der damals dort angebauten Beerenobstarten figuriert, und selbst im Jahre 1597 war sie in Frankreich eine Seltenheit und besaß noch keinen Eigennamen. Sie wurde damals dort als groseille d’outremer bezeichnet, wie sie jetzt noch in Genf raisin de mare und im Kanton Solothurn in der Schweiz Meertrübli genannt wird, indem man sich einbildete, sie sei übers Meer in die betreffenden Gegenden gekommen, was sicher unrichtig ist. Nur das eine läßt sich aus solchen Ausdrücken erkennen, daß die Johannisbeere als etwas Fremdes, von auswärts Importiertes in diese Länder kam.

Der Name ribes, den die Pflanze in den Arzneibüchern des 16. Jahrhunderts erhielt, beruht auf einer Verwechslung. Die Araber benutzten nämlich unter dieser Bezeichnung eine auf den Gebirgen Syriens wachsende Rhabarberart (Rheum ribes), die in Europa vollständig fehlt, als geschätztes Heilmittel. Der Arzt Serapion, der im 13. Jahrhundert in Spanien oder Marokko gelebt haben soll, weiß noch, daß der echte ribes in Syrien wächst, aber er sagt, daß einige Autoren den Sauerampfer, acetosa, darunter verständen. Der Arzt Mattheus Sylvaticus führt außer Sauerampfer auch noch coccus als Surrogat des echten ribes der Araber an. Letzteres sind aber die Kermeskörner, die durch den Stich der Kermesschildlaus (Coccus ilicis) hervorgerufenen Auswüchse der in Südeuropa und im Orient einheimischen Kermeseiche (Quercus coccifera), die als rote, runde, etwas säuerliche Kermeskörner bis vor etwa hundert Jahren in den Apotheken gebräuchlich waren und deren frischer Saft mit Zucker eingekocht als Alchermeskonfekt feilgeboten wurde. Beim weiteren Suchen nach der arabischen Heilpflanze ribes kam man dazu, die Beeren des Johannisbeerstrauches in Nordeuropa arzneilich zu verwenden und der Pflanze diesen Namen zu geben, der ihm als ribs im Dänischen und rips im Schwedischen bis auf den heutigen Tag verblieb.

Gegen das Ende des 14. Jahrhunderts kam der Johannisbeerstrauch zuerst in Süddeutschland in Kultur, indem seine Beeren medizinische Verwendung fanden. Hier reift er schon um Johanni (24. Juni) und wurde deshalb in Verbindung mit seiner Ähnlichkeit mit den Trauben als sant johannis trübelin bezeichnet. In dem 1539 zum erstenmal in Straßburg herausgegebenen „Kreuterbuch“ des Hieronymus Bock heißt es von ihm: „Das holdselige beumlin, daz die wolschmeckende rohte Johanns Treublein bringet, würt fast inn den Lustgärten gepflantzet.“ Von hier aus hat sich die Kultur des Beerenobstes nach Westen und Norden verbreitet. In Norddeutschland finden wir es zum erstenmal im niederdeutschen „Gaerde der suntheit“, Lübeck 1492, wo es Ribes und Sunte Johansdruuen genannt wird. Von Frankreich, wo die Johannisbeere zuerst in einem 1536 in Basel gedruckten dreibändigen lateinischen Werke von J. Ruellius erwähnt wird, kam sie nach Belgien und Holland und von da nach England. Gegen das Ende des 16. Jahrhunderts kannte man verschiedene Kulturrassen der Johannisbeere, und C. Clusius erhielt im Jahre 1589 aus Amsterdam eine vermutlich in England gezüchtete weißbeerige Form, die vorher nicht bekannt war.

Im 16. Jahrhundert, als man überall bestrebt war, neue Pflanzen in die Gärten aufzunehmen, hat man die Johannisbeere zuerst nach Italien gebracht. In einem 1561 in Straßburg gedruckten lateinischen Werke des Zürchers Konrad Gesner wird erwähnt, daß in Florenz eine rote Johannisbeere vorkomme mit haselnußgroßen Früchten von sehr saurem Geschmack. Heutigentags wird die Johannisbeere in Italien so gut wie gar nicht kultiviert, denn sie gedeiht dort sehr schlecht. Das gleiche ist in Griechenland der Fall, wo die Früchte tá phrangkostáphyla, d. h. Frankentrauben, genannt werden. Da nun die Griechen alle Westeuropäer Franken nennen, so gibt dieser Name an, woher die Johannisbeere nach Griechenland gelangte.

Die schwarze Johannisbeere (Ribes nigrum), gleich der vorigen mit Blütentrauben versehen, von ihr aber durch schwarze Beeren verschieden, war im Altertum den Griechen und Römern ebensowenig als die rote Johannisbeere bekannt. Sie hat wie diese ihre Heimat weiter nördlich in Mittel- und Nordeuropa, durch ganz Sibirien bis zum Amur und im Westhimalaja und wächst in feuchten Wäldern. Erst in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts wurde man auf sie aufmerksam, zunächst wohl durch ihre Ähnlichkeit mit der roten Johannisbeere. Aber die Früchte, die einen entschiedenen Geschmack nach Wanzen haben, fand man zunächst durchaus nicht angenehm. Erst später gewöhnte man sich daran und viele fanden ihn sogar höchst angenehm, so daß man seine Früchte wie diejenigen der roten Johannisbeere zu Konfitüre und Gelee einmachte. R. Dodonaeus gibt in seiner 1583 zuerst erschienenen Botanik eine gute Abbildung von ihr, sagt aber, daß sie nur selten in Gärten angebaut werde. Le Grand d’Aussy berichtet in seinem 1782 veröffentlichten Buche Histoire de la vie privée des Français, daß der von ihm cassis genannte Strauch seit kaum 40 Jahren in den Gärten Frankreichs gepflanzt werde, und zwar nur infolge einer Broschüre, die dieser Pflanze alle nur erdenkbaren guten Eigenschaften andichtete. Aus seinen Früchten wird ein beliebter, sehr wohlschmeckender Likör bereitet.

Wie die rote und schwarze Johannisbeere ist die Stachelbeere (Ribes grossularia) im gemäßigten und nördlichen Europa und im sibirischen Waldgebiet bis zur Mandschurei und Nordchina, ebenso im westlichen Himalaja und auf dem Atlasgebirge einheimisch. Die Griechen und Römer kannten sie nicht, auch nicht in wildem Zustande. Der Strauch wird zuerst in einem Psalmenbuch des 12. Jahrhunderts als groiselier zur Bezeichnung eines Dornenstrauchs und die Frucht vom Trouvère (= dem provenzalischen Troubadour) Rutebeuf im 13. Jahrhundert als groiselle erwähnt. Die Umstände, unter denen dies geschieht, sind aber solcher Art, daß diese Bezeichnung nach den Ausführungen von Fischer-Benzon eher auf den Weißdorn als auf die Stachelbeere zu beziehen sind. Jedenfalls kann in diesen beiden Fällen nur eine wildwachsende Pflanze gemeint sein. Die erste unzweideutige Erwähnung des Stachelbeerstrauchs finden wir im bereits erwähnten, 1536 in Basel gedruckten lateinischen Buche von J. Ruellius, der darin von ihr folgendes sagt: „Die Beere des dornigen Strauches wird im unreifen Zustande wegen einer nicht unangenehmen Säure statt saurer Trauben zu Saucen oder Suppen benutzt. Da sie gleichsam das Aussehen einer Feige (grossulus) aufweist, nennt das Volk den Strauch grossularia (groseillier) und die Frucht grossula (groseille). Nach erlangter Reife wird die Beere so süß, daß sie gegessen werden kann; dennoch wird sie bei üppigen Mahlzeiten verschmäht, wohl aber von schwangeren Frauen begehrt.“ Weiter sagt er, daß die Stachelbeere in den Gärten häufig zu finden sei. Da er 1474 geboren wurde, so reicht seine Erinnerung bis in das 15. Jahrhundert zurück, und wir müssen annehmen, daß er sie allerdings in sehr wenig veredelter Form schon als Kind kannte. In Deutschland erwähnen sie zuerst Hieronymus Bock 1539 und Konrad Gesner 1542 als noch wenig bekannte Gartenpflanze. Sie nennen sie Grosselbeere und grossularis und empfehlen sie in erster Linie als Heckenpflanze. Erst gegen das Ende des 16. Jahrhunderts war die Kultur der Stachelbeere in Deutschland ziemlich allgemein geworden und erzog man bald bessere, großfrüchtige Sorten. Im Jahre 1589 erhielt der Franzose Carolus Clusius, Botanikprofessor in Leiden, von Carolus de Tassis, Bürgermeister von Amsterdam, eine aus England erhaltene Stachelbeere mit roten Früchten und 1514 sah er im Garten zu Leiden eine Sorte mit dunkelroten Früchten, während er vorher nur grüne Stachelbeeren mit größeren Früchten als die wilden Arten gekannt hatte. Das eine steht fest, daß die Stachelbeere als Kulturpflanze von Westen nach Osten und Norden wanderte. In Leiden gedeiht sie schlecht, noch schlechter als die Johannisbeere. Das französische groseillier und groseille bezeichnete ursprünglich den Stachelbeerstrauch und seine Frucht, während die Johannisbeere durch die Zusätze rouge und d’outre mer von ihm unterschieden wurde, heute bedeutet es die Johannisbeere, von der man die Stachelbeere als grosseille à maquereaux unterscheidet. Gegenwärtig werden als reife Speisebeeren die zum Teil taubeneigroßen Formen bevorzugt, welche ursprünglich in England gezüchtet wurden und gern hochstämmig gezogen werden. Hierzu pfropft man die Stachel- wie die Johannisbeeren auf Stämmchen der früher besprochenen, 1812 aus Nordamerika in unsere Gärten verpflanzten goldgelb blühenden Johannisbeere (Ribes aureum). Mehrere amerikanische Stachelbeersträucher werden bei uns als Ziersträucher kultiviert.

Wie Johannis- und Stachelbeere hat der Mensch auch die Himbeer- und Brombeerstaude in Pflege genommen und durch Kulturauslese bedeutend veredelt, während Heidel- und Preißelbeeren nach wie vor nur im wilden Zustande bekannt sind und noch immer wie in der Urzeit dem Menschen reichen Ertrag liefern. Die Heidelbeere (Vaccinium myrtillus) durchzieht den Waldboden mit ihren unterirdischen braunen Sprossen wie ein dichtes Netzwerk, treibt grüne, kantige Stengel, deren jeweilige Triebspitze bald das Wachstum einstellt, während seitlich unter ihr ein neuer Trieb abzweigt. Dadurch erhalten die beblätterten Stengel ihre eigenartige Verzweigung. Die rötlichgrünen, kugeligen Blüten hängen einzeln an den Ästchen und lassen nach der Befruchtung durch Insekten jene wohlbekannten schwarzblauen, dunkel bereiften Beeren hervorgehen, die vermöge der Färbekraft ihres dunkelroten Saftes vielfach der „Rotwein“fabrikation dienen. Die eiförmigen, dünnen Blätter der Heidelbeere fallen im Herbste ab, während dies bei den lederigen Blättern der immergrünen Preißelbeere (V. vitis idaea) nicht der Fall ist. Letztere ist nicht nur im Walde zu Hause, wie erstere, sondern bedeckt auch weite Strecken auf dürrem Heideboden. Ihre rötlichweißen, glockigen Blüten drängen sich in Trauben am Triebende zusammen. Die leuchtendroten Beeren reifen erst nach den Heidelbeeren und werden weniger frisch verwendet als diese, um so mehr aber in eingemachtem Zustande.

Seltener ist die auf Moorboden wachsende Rauschbeere oder Sumpfheidelbeere (V. uliginosum), deren große, schwarze, hellbereifte Früchte ebenfalls eßbar, aber von fadem Geschmack, wenn auch nicht berauschend sind, wie man früher fälschlicherweise glaubte, weshalb man sie Rauschbeeren nannte. Sie sind indessen narkotisch und bewirken, in Menge genossen, Kopfschmerzen und Erbrechen. Die Pflanze mit viel größeren und kantigen, braunroten Zweigen wie bei der Heidelbeere und bläulichgrünen, ganzrandigen Blättern, trägt viel zur Torfbildung bei. Die Moosbeere (V. oxycoccos) dagegen, die besonders auf den mit Torfmoos überzogenen Moorgründen der Hochmoore gedeiht, ist ein kleines Sträuchlein mit fadenförmigem Stengel, zierlichen, immergrünen Blättchen und an langem Stiele nickenden rosenroten Blüten. Die roten, erst nach einem Froste genießbaren Beeren sind nur für Nordeuropa, wo die Pflanze häufig vorkommt, wichtig und werden wie die Preißelbeeren eingemacht. Eine größere Bedeutung hat neuerdings die in Nordamerika einheimische, unserer Moosbeere sehr ähnliche, nur größere Kronsbeere (V. macrocarpum) erlangt, welche ihrer genießbaren Früchte wegen auch bei uns zum Anbau auf Torfboden empfohlen worden ist. In ihrer Heimat hat man sie, die man dort cranberry nennt, auf feuchtem Gelände in größerem Maße angepflanzt. Sie gibt dort reiche Erträge an Beeren, die größer und billiger als die Preißelbeeren sind. Viel kürzere Zeit sind zwei Brombeerarten in Kultur, nämlich die nordamerikanische Loganbeere, die 4–6 cm lange rotbraune Früchte von angenehmem Geschmack liefert, und die japanische Weinbeere, die hellrote, von einem rotbraun behaarten Kelch eingeschlossene, wohlschmeckende Beeren von der Größe einer Himbeere liefert. Auch um die Veredelung des Beerenobstes hat sich der Amerikaner Luther Burbank in Kalifornien in hohem Maße verdient gemacht. Welch große volkswirtschaftliche Bedeutung die einheimischen Waldbeeren besitzen und welchen Verdienst sie der sie meist kostenlos einsammelnden ärmeren Bevölkerung bringen, kann man aus der Angabe ermessen, daß der Ertrag daran in besonders guten Jahren für das Gebiet einer einzigen Oberförsterei bis 100000 Mark betragen kann.

Tafel 155.

Johannisbeer-Anpflanzung, teils buschig, teils hochstämmig gezogen, mit dazwischen gepflanzten Erdbeeren.
(Anlage der Konservenfabrik Lenzburg.)


GRÖSSERES BILD

Tafel 156.

Zierbäume und Sträucher des Botanischen Gartens zu München. Im Hintergrund der Glaspalast.


GRÖSSERES BILD

Von weiteren Beerenfrüchten sind endlich noch diejenigen der Mistel (Viscum album) zu nennen, deren zähschleimiger Inhalt bei uns zur Herstellung von Vogelleim benutzt wird, während in Südeuropa hierzu derjenige der Riemenblume (Loranthus europaeus) dient. Dieser Schmarotzer wächst vorzugsweise auf Eichenarten und Kastanien. Schon im Altertum wurden die Beeren des Loranthus, der bei den Griechen ixía und bei den Römern viscum hieß, in dieser Weise verwendet, weshalb der Vogelleim selbst bei jenen íxos und bei diesen viscum hieß. So schreibt Dioskurides: „Der beste Vogelleim wird von der runden Frucht eines Strauches bereitet, der auf der Eiche wächst und dessen Blätter dem Buchsbaum (pýxos) ähnlich sind. Die Frucht wird zerstoßen, dann gewaschen und in Wasser gekocht. Manche stellen den Vogelleim auch kurzweg durch Kauen der Frucht her.“ Sein Zeitgenosse Plinius drückt sich ihn ähnlicher Weise aus. Er sagt: „Der beste Vogelleim kommt vom viscum der Steineiche (robur). Diese werden zur Erntezeit gesammelt, wenn sie noch unreif sind; denn bei später folgenden Regengüssen wachsen sie zwar noch, aber der Leimstoff nimmt ab. Man trocknet sie, zerstößt sie in einem Holzmörser und kocht sie in Wasser, bis nichts mehr obenauf schwimmt. Die zähe Masse wird dann, bevor sie zum Vogelfang verwendet wird, mit Nußöl zusammengeknetet. Sie wird auch zu erweichenden Pflastern verwendet. Manche glauben, das viscum werde durch religiöse Einwirkung kräftiger, wenn man es nämlich bei Neumond und ohne Eisen anzuwenden von der Steineiche sammle. Es sei dann auch in andern Fällen wirksam, vorausgesetzt, daß es die Erde nicht berührt habe.“

Daß diese Schmarotzer nur auf Bäumen und nicht auf der Erde gedeihen, hat schon die Gelehrten des Altertums beschäftigt. Interessant ist, daß schon Theophrast im 4. Jahrhundert v. Chr. von der Verbreitung dieser Misteln wußte, daß sie durch Vögel (vorzugsweise von der Misteldrossel) bewirkt wird. Er schreibt in seiner Pflanzengeschichte: „Jedenfalls ist es ein Wunder, daß die Ixia-Arten, welche doch eine tüchtige Frucht haben, durchaus nicht in der Erde keimen. Sie wachsen nur auf Bäumen und entstehen jeweilen aus Samen, die von Vögeln verschluckt worden und mit deren Kot auf die Bäume gekommen sind. Manche Eichen tragen sowohl die Riemenblume (ixía) als die Mistel (hýphear), und zwar wächst erstere auf der Nordseite und letztere auf der Südseite des Baumes.“

Die Mistel ist neuerdings dadurch sehr interessant geworden, daß verschiedene, äußerlich nicht unterscheidbare Rassen von ihr festgestellt wurden, die jeweilen nur auf bestimmten Baumarten gedeihen. So geht die auf unsern Apfelbäumen und Schwarzpappeln verbreitete Form wohl auf andere Laubhölzer, am seltensten auf Eichen, nicht aber auf Nadelhölzer über, während die Tannenmistel ausschließlich auf der Weißtanne wächst, Kiefern und Fichten dagegen gemeinsam eine dritte Form zu besitzen scheinen. Daß die mitten im Winter in den kahlen Baumkronen grünenden Büsche in der Mythologie und im Volksglauben unserer Vorfahren eine gewisse Rolle spielten, ist sehr begreiflich. Nach der germanischen Sage wurde der lichte Gott des Sommers, Baldur, vom blinden Wintergott Hödur durch einen Mistelpfeil getötet. Es ist dies der strahlende Sonnengott, der im Winter von der Macht der Finsternis dahingerafft wird, um im Frühling aufs neue in jugendlicher Pracht zu erstehen. Und daß dies der Fall sein werde, dafür bietet der Mistelzweig Gewähr, den man in Nachahmung angelsächsischer Sitte am Julfest neuerdings auch bei uns bei der Wintersonnenwende in den Wohnungen aufhängt; denn der gabelige Mistelzweig ist das Symbol der Wiederbelebung der erloschenen Sonnenkraft, die nach altem Volksglauben in der Mistel allein lebendig bleibt, wie schon äußerlich ihr Weitergrünen auf den im Winter wie erstorben ihrer Blätter beraubt dastehenden Laubbäumen beweist. Daher rührt die allheilende und belebende Kraft desselben gegen alle Übel. Am Tage von Baldurs Neugeburt, wenn die größte Sonnenschwäche vorüber ist, am Julfest oder am Neujahr, sammelte man feierlich die „Allheilende“, um die Wohnung während der Festzeit damit zu schmücken und zu weihen. Ähnliche mythologische Beziehungen haben unzweifelhaft auch zu der außerordentlichen Verehrung Veranlassung gegeben, die die Mistel bei den keltischen Volksstämmen genoß. Ihre Priester, die Druiden, berichtet Plinius, kennen nichts Heiligeres als die Mistel und ehren auch den Baum, auf dem sie wächst, namentlich wenn es eine Eiche ist. Dies ist aber nur äußerst selten der Fall. Hatte man nun ausnahmsweise eine solche auf dem dem Donnergotte heiligen Eichbaum entdeckt, so wurde sie mit großer Feierlichkeit am sechsten Tage nach dem Neumond zu Jahresbeginn eingeholt. Nachdem man unter dem heiligen Baum die gehörigen Opfer dargebracht und die Festmahlzeit veranstaltet hatte, bestieg der in weiße Gewandung gekleidete oberste Druide den Baum, schnitt mit einer goldenen Sichel die Mistel ab und warf sie in seinen Mantel. Diese von den Kelten die „Alles heilende“ genannte Pflanze durfte den Boden nicht berühren und half dann angeblich gegen alle Leiden, wurde nach Plinius insbesondere zur Heilung der Epilepsie verwendet. Derselbe römische Autor bezeichnet das Neujahrsfest als den Hauptsammeltag für die Mistel, und in Frankreich hat sich noch in manchen Gegenden die uralte Sitte erhalten, daß Kinder am Neujahr mit einem Mistelbusch von Haus zu Haus laufen und mit dem Ruf: Aguillaneuf (entstanden aus: au gui l’an neuf) Eßwaren und ein Geldgeschenk verlangen. In Deutschland scheint der Ruf „Guthyl“ und das Neujahrs-„Anklopfen“ mit grünen Ruten dem zu entsprechen. Zum Schluß soll noch die Eigentümlichkeit erwähnt werden, daß auf den faulenden Stengeln der Mistel ein besonderer Pilz (Tubercularia visci) und auf den Blüten ein bestimmter Blattfloh (Psylla visci) lebt.

[4] 2. Band betitelt: Das Leben der Erde mit 380 Abbildungen im Text, 21 Vollbildern und 2 Stammbäumen, München 1908, Verlag von Ernst Reinhardt.

[5] S. Näheres nebst Abbildung in dem Abschnitt über akarophile Gewächse auf Seite 492 ff. in Band II des: Vom Nebelfleck zum Menschen, betitelt das Leben der Erde, Verlag von Ernst Reinhardt, München 1908.

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