XXXII. Die Nutzpflanzen der Wüste.

Nicht nur die mit atmosphärischen Niederschlägen gesegneten Gebiete der Erde haben ihre Nutzpflanzen, sondern auch die niederschlagsarmen und infolge ihrer Trockenheit allem Leben so feindlichen Wüsten. Und in diesen Wüsten sind solche begreiflicherweise von Tieren und Menschen, die ihnen begegnen, doppelt geschätzt. Nun sind alle Wüstenpflanzen vor allem darauf angewiesen, möglichst haushälterisch mit dem ihnen so spärlich zu Gebote stehenden Wasser umzugehen. Deshalb haben sie alle stark das Wasser verdunstenden Organe, so namentlich die Blätter, vielfach ganz abgeschafft oder doch bis auf kleine, bedeutungslose Schüppchen reduziert und haben außerdem, sei es in den unterirdischen Zwiebelknollen, wie bei den Lilienarten, sei es im oberirdischen Stamm, wie bei den sämtlich in Amerika heimischen Kakteen, teilweise sehr umfangreiche Wasserspeicher angelegt, während bei den altweltlichen, fast ausschließlich in Afrika vorkommenden Euphorbiazeen oder Wolfsmilchgewächsen und Aloëarten der Stamm auf ein Minimum reduziert ist und dafür die fleischigen Blätter zu Wasser aufspeichernden Organen geworden sind. In diesen schwammigen Geweben, die als Wasserreservoire dienen, ist das Wasser, um es nach Möglichkeit zurückzubehalten, an einen dicken, gallertartigen Schleim gebunden. Die ganze Pflanze ist von einer lederartigen, festen Oberhaut umgeben, die die Atmungsöffnungen auf das geringste Maß vermindert hat, um dem angesammelten Wasser keinen Durchlaß zu gewähren. Außerdem schränken Haare, Stacheln und Wachsüberzüge die Verdunstung fast bis zur Unmöglichkeit ein.

Tafel 167.

(Nach Photogr. von O. B. Waite in Mexiko.)

Säulenkaktus (Cereus) als Wegeinfassung auf dem Hochlande von Anahuac in Mexiko.


GRÖSSERES BILD

Tafel 168.

(Nach Photogr. von Dr. H. Roß.)

Typische Kakteenlandschaft in den Bergen östlich von Tehuacan in Mexiko.

(Nach Photogr. von O. B. Waite.)

Baumartig verzweigter Säulenkaktus (Cereus) am Wege von Oaxaca nach Mitla in Mexiko.

Die Kakteen sind der Typus solcher Wüstenpflanzen. Sie sind lebende Wasserreservoire in der trockenen Wüste und deshalb für ihre wasserlosen Standorte so überaus bedeutsam. Die Hauptmasse eines jeden besteht aus an Schleim gebundenem Wasser, was ihnen in den wasserfreien Gegenden, auf die sie beschränkt sind, für Tiere und Menschen die größte Wichtigkeit verleiht. In Mexiko und in den mittel- und südamerikanischen Bergländern entscheiden sie durch ihr Vorhandensein oder ihre Abwesenheit geradezu über Leben und Tod. Und was dort der Mensch mit seinem langen Buschmesser, dem machete, bewirkt, nämlich die zu ihrem Schutze an der Pflanze haftenden Stacheln abschlagen, um sie ergreifen und essen zu können, das erzielt das Maultier mit seinen Hufen. Mit derselben Leidenschaft, wie bei uns die Esel den Spuren der Disteln folgen, so geben sich dort die Maultiere mit wahrer Virtuosität dem Sport des „Kaktusschlagens“ hin, um in der wasserlosen Gegend zum allzu verlockenden saftigen Bissen zu gelangen. Allerdings werden sie dabei nur zu oft zu Krüppeln, indem die eisenharten, langen Stacheln tief in den Huf der Tiere eindringen, so daß viele dieser Einhufer mit gelähmten Beinen herumhumpeln. Nichtsdestoweniger müssen sie meist mit Gewalt von ihrer leidenschaftlichen Begierde nach dem leckeren Mahle abgehalten werden. Für den Menschen gibt es zwar angenehmere Getränke als den schleimigen, kühlen Saft der Kakteen; nichtsdestoweniger hat dieser klebrige Trunk verschmachtende Reisende, ja, ganze Expeditionen oft genug vom Tode des Verdurstens gerettet.

Außer durch ihr saftiges Mark sind die Kakteen auch durch ihre Früchte Tieren und Menschen in der Wüste nützlich. Unter diesen Kakteenfrüchten sind am bekanntesten diejenigen des von den Mexikanern Tuna genannten Tuna-Feigenkaktus (Opuntia tuna). Sie sind bis apfelgroß, hellrot, angenehm säuerlich und werden nach Entfernung der dicken, stacheligen Schale frisch oder gedörrt in Menge vom Menschen gegessen; aus den unreifen Früchten gewinnt man durch Kochen ein an Apfelmus erinnerndes Kompott. Einige Indianerstämme rösten auch die saftigen, süßen Stengel, bevor sie sie essen. Ein naher Verwandter von ihm ist der gemeine Feigenkaktus (Opuntia ficus indica), der bald nach der Entdeckung Amerikas von den Spaniern nach ihrer Heimat gebracht wurde und sich von da über das ganze Mittelmeergebiet, Nordafrika und Westasien verbreitete und dem Menschen ein geschätztes Obst liefert.

Die weitaus wohlschmeckendsten Früchte unter allen Kakteen besitzt aber der in Westindien heimische Cereus triangularis. Man nennt sie Erdbeerbirnen, da sie an beide Früchte erinnern. Sie haben die Größe eines Gänseeis und sind außen und innen scharlachrot. Der in Mexiko heimische, 6–13 m hohe und 0,6–1,3 m dicke Riesenkaktus (Cereus giganteus) besitzt birnenförmige, grünlichgelbe Früchte in der Nähe des Wipfels, die innen schön rot und schmackhaft sind und viele kleine, schwarze Samen enthalten. Ihre Schale ist weichfaserig, saftig und süß. Für die Indianer sind die Früchte, die in bezug auf Geschmack an Feigen erinnern, nur viel saftiger sind, wahre Leckerbissen, mit denen sie sich als einziger Nahrungsquelle begnügen, solange sie solche haben können. Das Mark der Früchte wird von ihnen in luftdicht verschlossenen irdenen Töpfen konserviert, auch wird daraus ein klarer, lichtbrauner Sirup gepreßt.

Noch besser als die Früchte des Riesenkaktus sollen nach dem Urteil der Mexikaner diejenigen des Thurberschen Kaktus (Cereus thurberi) schmecken, die ebenfalls in großen Mengen von ihnen gegessen werden. Sie sind etwa hühnereigroß und mit langen, schwarzen Stacheln besetzt. Sobald sie reif sind, was an ihrer rötlichen Farbe erkennbar ist, fallen die Stacheln ab, die Schalen bersten und lassen reichlich ein rotes, saftiges Mark, mit kleinen, schwarzen Samen durchsetzt, zutage treten. Dieser, wegen seiner süßen Früchte von den Mexikanern pitahaja dolce genannte Kaktus wird 5,5–6 m hoch und 15–20 cm dick und wird nach den Begriffen der Indianer und Mexikaner kultiviert, d. h. diese streuen den Samen der von ihnen gegessenen Früchte irgendwohin und überlassen das übrige der Natur. Auch aus dem saftigen, süßen Fruchtfleisch dieser Kaktusart läßt sich ein feiner Sirup gewinnen.

Ebenso nützlich ist der Seeigelkaktus (Echinocactus wislizeni), der bei einem Durchmesser von 0,5 m nur 3 m hoch wird. Das Stengelmark dieses von den Mexikanern visnaga genannten, sehr stark bestachelten Kaktus schmeckt im Innern angenehm säuerlich und den Durst löschend, wenn es gekaut wird, während das Mark der Früchte sauer ist und deshalb nur selten als Speise dient; dagegen wird aus den kleinen schwarzen Samen durch Mahlen ein schmackhaftes Mehl bereitet. Die Reisenden in den Wüsten des nördlichen Mexiko und südlichen Arizona sind höchst erfreut, wenn sie ihm begegnen, da sie bei ihm ihren Durst auf angenehme Weise zu löschen vermögen. Fast alle an beiden Seiten der Wüstenwege wachsenden Seeigelkaktusse zeigen große Löcher, die von den durstigen Reisenden gebohrt wurden. Einzelne Abschnitte des Stammes werden als Kochgeschirr benutzt. Wenn ein wandernder Indianer sich ein Mahl zu bereiten wünscht, sucht er einen großen Echinokaktus, haut ein etwa 1 m langes Stammstück ab und höhlt es zu einem Troge aus. In diesen wirft er den weichen Markkern, welchen er bei der Aushöhlung gewann, und was er sonst Genießbares an Wurzeln oder Fleisch besitzt und fügt Wasser hinzu. Dann erhitzt er einen Feldstein im offenen Feuer so stark wie möglich und wirft ihn in den Trog. Ist der Stein abgekühlt, so wird er abermals erwärmt und ein zweites Mal in den Trog geworfen. Das genügt gewöhnlich zum Durchkochen der Masse; nur selten ist eine dritte Erwärmung des Steines notwendig.

Die Papajoindianer schälen die Rinde mit den Stacheln vom Stamm dieses Kaktus ab ohne ihn umzuhauen, lassen ihn einige Tage der Sonne ausgesetzt, spalten dann den Stamm, um den weichen Markkern zu gewinnen, den sie in Stücke schneiden und in dem aus den Früchten des Riesen- und Thurberkaktus bereiteten Sirup kochen. Wenn diese Stücke getrocknet sind, sollen sie einen Geschmack wie Zitronat besitzen.

Der in Zentralamerika heimische Melonenkaktus (Melocactus communis), der eine 30–60 cm hohe, runde oder ovale, längsgefurchte Masse bildet, wird in Zeiten der Dürre besonders vom Vieh aufgesucht, das ihn mit den Hörnern von den Stacheln zu befreien und aufzubrechen sucht, um sich am saftigen Stamme zu laben. Seine angenehm säuerlich schmeckenden Beeren werden nicht bloß in Zentralamerika, sondern auch in Westindien häufig gegessen.

Alle Sorten von Kakteen dienen dem Vieh als Futter. Auf den großen Hazienden des nordwestlichen Mexiko wäre auf dem grasarmen Boden die als einzig lohnender Zweig der Landwirtschaft betriebene Viehzucht nicht möglich, wenn die Kakteen nicht wären, die die Rinder, Pferde und Maultiere geradezu am Leben erhalten. Und auch getrocknet dienen die Stämme als Nutz- und Brennholz, das nicht nur gegen alle Witterungseinflüsse unempfindlich, sondern auch so überaus leicht ist, daß ein Maultier die zehnfache Menge desselben an Stelle gewöhnlichen Holzes tragen kann.

Endlich hat einst zur Blütezeit der Cochenillezucht eine bestimmte Art derselben, die Nopalea coccinellifera in Mexiko, dem Dorado aller Kakteen, und in der Folge auch in anderen Tropenländern, wo diese lukrative Industrie eingeführt wurde, als Nährpflanze der Cochenilleschildlaus eine große wirtschaftliche Bedeutung gehabt; gehört doch das aus jenen Läusen gewonnene Karmin auch heute noch zu den edelsten Farbstoffen. Dadurch aber, daß die billigen Anilinfarben mit ihm in Konkurrenz traten, wurde der Cochenillekarmin als nicht mehr konkurrenzfähig in den Hintergrund gedrängt.

Da doch die verschiedenen Kakteen für alle wasserarmen und daher für eine andere Vegetation als diese ungeeigneten Gegenden so überaus wertvoll sind, ist es sehr zu verwundern, daß man sie nicht eigentlich durch systematische Züchtung zu verbessern suchte. Den ersten vielverheißenden Anfang dazu hat neuerdings der berühmte Pflanzenzüchter Luther Burbank in Santa Rosa in Kalifornien gemacht, dem es gelang, eine stachellose, großstengelige und überaus saftige Abart der Opuntie zu züchten, die sich außerordentlich einfach, durch Stecken eines Stückchens des fleischigen Stengels in den Boden, fortpflanzen läßt und außerdem ebenfalls stachellose, sehr wohlschmeckende und nahrhafte, feigengroße, rötliche Früchte zeitigt. Ein solches Zuchtprodukt ist für die Menschheit von unschätzbarem Wert, da es ihr auch die sterilsten Wüsten zu besiedeln gestattet. Erst mit einer solchen Nutzpflanze, die auch ohne Bewässerung gedeiht, kann sie sich mit ihren Haustieren in den ihr bisher verschlossenen Gebieten festsetzen und so weite Länderstrecken der Kultur erschließen, die bisher lebenfeindliche Öde und Wildnis waren. Durch solche Neuerungen ist der Menschheit, mag sie sich noch so sehr vermehren, auf unübersehbare Zeiten hinaus Raum genug zur Ausdehnung auf unserem Planeten gegeben. Welch herrliche Gärten werden dann die unendlichen, bisher toten Wüsten der Erde sein, wenn der Mensch auch die Sonnenwärme sich als Energiequelle dienstbar gemacht und überall durch Staubecken oder Pumpen Wasser zu seinen leiblichen und industriellen Bedürfnissen, wie auch zum Tränken seiner Haustiere und Nutzpflanzen, die desselben zu ihrer Existenz bedürfen, zur Verfügung haben wird!

Außer den Kakteen gibt es noch viele andere wenig bekannte Wüstenpflanzen, die schon heute in ihrer unveredelten, wilden Form dem Menschen von teilweise recht großem Nutzen sind. Es seien hier nur einige der wichtigsten kurz angeführt. So wächst im Gebiet der Kakteen, speziell auch in Mexiko, die noch auf trockenem, sandigem Boden gedeihende Yucca baccata, von den Spaniern bayonett genannt. Sie liefert alle Jahre 1–6 Früchte, die in reifem Zustande in Form und Größe Bananen ähneln. Deren Farbe ist grünlichgelb und das Fruchtfleisch, in welchem große, schwarze Samen eingebettet sind, ist süß und schmackhaft. Ihre unreifen Früchte werden wie Kartoffeln in der Asche geröstet. Die kurz vor dem Aufbrechen gepflückten Blütenknospen werden ebenfalls geröstet und in diesem Zustande als Leckerbissen betrachtet. Aus den Blättern wird ein grober, aber sehr dauerhafter Faserstoff gewonnen.

Von dem Werte der auf dürrem, vulkanischem Boden Mexikos, Arizonas und Südkaliforniens wachsenden Agaven, die von den Mexikanern im großen kultiviert werden, ist an anderer Stelle bereits die Rede gewesen. An ihnen ist mancherlei nutzbar. Die Wurzeln werden geröstet genossen. In Wasser gekocht gibt die frisch geschnittene, kopfgroße Blütenstengelknospe einen guten Sirup und ein sehr angenehmes Gericht. Meist wird sie aber vor dem Ausbrechen vertieft abgeschnitten und der sich reichlich in die Höhlung ergießende Zuckersaft gesammelt, um durch Vergärung eine Art Wein, den Pulque, das Nationalgetränk der Mexikaner, daraus zu gewinnen.

In den westlichen Steppen Nordamerikas wächst die Kama (Camassia esculenta), deren walnußgroße Zwiebelknollen von den Indianern sehr geschätzt sind, da sie wie Kartoffeln, nur süßer schmecken. Ihr Zuckergehalt muß ein beträchtlicher sein, da sie zerstampft und in Wasser gekocht einen guten Sirup liefern. Noch vor kaum mehr als einem Menschenalter hat diese bevorzugte Speise der Indianer im Staate Idaho zu einem blutigen Kriege, dem berüchtigten Kamakriege, geführt. Das Vieh der Ansiedler vernichtete diese Pflanze, welche sie, die Indianer, für ihren Lebensunterhalt nicht entbehren könnten. So lautete wenigstens die Begründung der Kriegserklärung gegen die Weißen. Aber auch die Blaßgesichter essen die Kamawurzel gern; denn nicht wenige Farmer lassen zur Erntezeit dieser Knollen im Juni und Juli von ihren Kindern Vorräte für die Küche sammeln.

Sehr geschätzt in den Wüsten um den Salzsee von Utah sind die walnußgroßen, äußerst schmackhaften Wurzelknollen der als wilder Sago bezeichneten Liliazee Calochortus luteus, die von den Indianern eifrig ausgegraben und gesammelt werden. Deren Kinder schätzen sie um des süßlichen Geschmackes willen wie Zuckerzeug. Als die Mormonen, die sich selbst „Heilige des Jüngsten Tages“ nennen, von ihren „heidnischen“ Nachbarn im Staate Illinois fortwährend befehdet, 1847 nach Westen über das Felsengebirge auswanderten, um sich in dem später als Utah in die Union aufgenommenen Territorium am großen Salzsee eine neue Heimat zu gründen, die sie der Wüste abringen mußten, da bildeten diese Wurzeln im ersten Jahre ihres dortigen Aufenthaltes einen sehr wichtigen Bestandteil ihrer Nahrung. Was das Manna der Wüste den nach dem Lande Kanaan ziehenden Juden war, das wurde der wilde Sago den unter dem Präsidenten Brigham Young (1801–1877) das Land der Verheißung suchenden Mormonen.

Eine andere ausdauernde Lilienart, die in Nordamerika und Texas weite Strecken steiniger, unfruchtbarer Hügelhänge hauptsächlich in Erhebungen von 150–200 m mit ihren hellgrünen, 0,9–1,2 m langen, schmalen Blättern bedeckt, ist der Sotol (Dasylirion texanum). Alle 3–4 Jahre treibt er einen saftigen, zuckerreichen, starken Blütenstengel bis zu 3 m Höhe empor. Dieser ist das für den Menschen Wertvollste an der Pflanze, da er vorzugsweise zu Schaffutter, aber auch zur Nahrung des Menschen dient. Der Schäfer, der seine Herde auf eine Sotolweide führt, geht ihr mit dem langen Haumesser, machete genannt, voraus und spaltet die Stengelköpfe, deren weiches, saftiges Mark von den Schafen gerne gefressen wird. Nach einiger Vertrautheit mit diesem Futter wissen sich die Schafe selber zu helfen; sie warten die Vorbereitung ihres Hirten nicht ab, sondern zerreißen selbst die Blätter des Sotol und dringen nagend in den Stengelkopf ein. Dieses Futter ist nahrhaft und zugleich durstlöschend, so daß es überflüssig wird, die Schafe, die sich von diesem Futter ernähren, zur Tränke zu führen. Während der heißen Monate wird der Sotol in seinem Verbreitungsgebiet als das wertvollste Schaffutter betrachtet. Jedenfalls würde ohne sein Vorhandensein die Ernährung des gegenwärtigen bedeutenden Schafbestandes in jenen sonst so dürren und pflanzenarmen Gegenden nicht möglich sein.

Die Mexikaner verspeisen die jungen Stengelköpfe des Sotol gekocht oder geröstet. Die letztere Zubereitung ist weitaus die beliebteste und geschieht in folgender Weise: Es wird ein Loch gegraben, das 6–8 Köpfe aufnehmen kann, und mit einem darin angezündeten und längere Zeit unterhaltenen Feuer gründlich erhitzt. Alsdann wird das Feuer herausgeschaufelt, bis auf ein Bett glühender Kohlen, auf das die Köpfe geworfen und mit Erde bedeckt werden. Nach 10–12 Stunden sind sie gar. Sie haben dann ein braunes, saftiges Aussehen und schmecken ganz angenehm süßlich.

Nach diesem Bratprozeß können die zuckerreichen Köpfe auch zur Destillation eines als Sotolmescal bezeichneten Branntweins benutzt werden, was sehr häufig geschieht. Dieser ist sehr stark, hat einen eigentümlichen durchdringenden Geruch und ist bei den niederen Volksklassen Mexikos sehr beliebt. Er wird etwa für 1¼ Mark per Liter ausgeschenkt und berauscht sehr schnell, was als ein Vorzug angesehen wird. Endlich kann aus den Blättern des Sotol ein grober Faserstoff gewonnen werden, der zur Herstellung von allerlei Flechtwerk und Seilen dient.

Die fleischigen, als Wasser- und Reservenahrungsbehälter dienenden Wurzeln der verschiedensten Wüstenpflanzen liefern dem Menschen wie den Tieren eine willkommene Nahrung, so auf den trockenen Plätzen der nordamerikanischen Steppen die hühnereidicke, zarte, weiße, stärkemehlreiche, einen angenehmen süßlichen, an Rüben erinnernden Geschmack besitzende Wurzel der Brotwurzel genannten Psoralea esculenta und die zarte, spindelförmige Wurzel einer von den Indianern yampah genannten Umbellifere, die von den Shoshone- und Schlangenindianern geradezu als die beste Nahrung aus dem Pflanzenreiche betrachtet wird. Sie bildet bei mehreren nordwestlichen Indianerstämmen einen geschätzten Handelsartikel und wird auch von den weißen Bewohnern dieser Gegenden als Suppenwürze benutzt.

Die Nez Percés-Indianer sammeln die saftigen, fingergroßen Wurzeln der an den öden Gebirgsabhängen des östlichen Oregon wachsenden Umbellifere Carum gairdneri, um sie wie Kartoffeln zu kochen. Sie schmecken dann sehr angenehm rahmartig. Übrigens haben auch wir eine in der Rheingegend als Unkraut gemeine Kümmelart, den knolligen Kümmel oder die Erdkastanie (Carum bulbocastanum), deren bis 5 cm dicke Wurzelknollen kastanienähnlich schmecken und gekocht, gebraten und als Salat gegessen werden. Besonders in der Moldau-Walachei sind sie eine sehr geschätzte und viel gesammelte Nahrung, deren Anbau sich sehr lohnen würde. Dieselben Indianer Oregons sammeln auch die schwarzen Wurzeln einer andern auf dürrem, vulkanischem Erdreich wachsenden Umbellifere, Oenanthe sarmentosa, einer nahen Verwandten unseres Roßkümmels (Oenanthe phellandrium), um sie geröstet zu verspeisen. Beim Kochen berstet sie und zeigt einen weißen, stärkemehlartigen Inhalt. Sie schmeckt süß, rahmartig und gilt deshalb bei den Indianern als ein Leckerbissen ersten Ranges.

Ferner sammeln die Indianer die Wurzeln der in der Südhälfte des Felsengebirges und im Wasatchgebirge vorkommenden Umbellifere Peucedanum ambiguum, die von den Weißen als Biskuitwurzel bezeichnet wird. Die Pflanze wächst auf so dürren Gehängen, daß sie nicht einmal dürftiges Gras hervorbringen. Die Wurzeln werden im Mai, zur Zeit der Blüte, gegraben und sind so außerordentlich reich an Stärkemehl, daß dieses auch ohne Mahlen beim Trocknen förmlich herausfällt. Es ist sehr weiß und angenehm zu essen, besitzt einen milden Selleriegeschmack und hält sich viele Monate hindurch. Ebenso sammeln sie die großen, spindelförmigen Wurzeln der in öden Gebirgsgegenden Kaliforniens wachsenden weißblühenden Portulakart Lewisia rediviva, die als sehr nahrhaft gilt und auch für den Winterbedarf getrocknet wird.

Eine andere Knollenpflanze der dürren Gegenden von Neu-Mexiko, Arizona und Kalifornien, die tiefe Sandansammlungen weithin bedeckt, ist eine von den Spaniern als canaigre bezeichnete Sauerampferart, Rumex hymenosepalus. Die dunkelbraunen, im Durchschnitt zitronengelben, batatenähnlichen Knollen von 10–20 cm Länge und 2–5 cm Dicke schmecken stark zusammenziehend durch einen Gehalt von 9,6 Prozent Gerbsäure und können deshalb auch zum Gerben verwendet werden. Dieser Gerbstoffreichtum macht sie allerdings für den Menschen nur im Notfalle eßbar.

In diesen dürren Gegenden bieten auch allerlei wildwachsende Samen eine erwünschte Speise. So gedeiht an den trockenen, felsigen Hängen der Gebirgswüsten von Mexiko, Kalifornien und Arizona bis zu 2700 m Höhe eine nur unter günstigen Verhältnissen 9 m Höhe erreichende Fichte (Pinus edulis), die von der spanisch redenden Bevölkerung piñon, von der amerikanischen jedoch Nußfichte genannt wird, weil ihre bohnengroßen, öligen Samen in Menge gesammelt und als vortreffliche Speise wie Nüsse gegessen werden. Sie haben einen süßen, angenehmen Geschmack, der durch Rösten bedeutend verfeinert wird. Sie dienen auch vielfach zur Gewinnung eines guten Speiseöles, dessen Überschuß über den Selbstgebrauch einen nicht unwichtigen örtlichen Handelsartikel bildet. Nur hat es den einen Nachteil, bald ranzig zu werden. Das leichte und weiche, aber sehr dauerhafte Holz dient vorzugsweise zur Bereitung geschätzter Kohlen.

Auch die sehr eiweiß- und mehlreichen Samen eines in den Wüsten von Utah, Colorado, Arizona und Nordamerika an tiefgelegenen sandigen Stellen wachsenden strauchartigen Hülsenfrüchtlers, der Schraubenbohne (Prosopis strombulifera), von der spanisch redenden Bevölkerung tornilla genannt, werden gesammelt und geben gekocht eine ausgezeichnete, selbst vom verwöhnten Weißen gern gegessene Grütze. Wegen dieser Samen schätzen die Indianer diesen Bohnenstrauch hoch, und auch viele Soldaten der Union halten ihn in dankbarem Andenken; denn auf den strapaziösen Kriegszügen gegen die Indianer in der trostlosen Wildnis, die seine Heimat bildet, hat er es ihnen ermöglicht, nicht nur Feuer anzuzünden, sondern hat auch ihren erschöpften, hungrigen Pferden und Maultieren in den Blättern und mehr noch in den Samen eine wohltätige Labung geboten. Alles Vieh frißt diese Bohnen, selbst wenn es in gutem Futterstande gehalten wird und sonst genug zu fressen hat, mit augenscheinlicher Begierde; deshalb dürfte auch dieser Strauch sich zur Besiedelung sandiger Wüsten eignen.

Ein noch viel weiter südlich, nämlich vom Coloradofluß bis nach Chile vorkommender und bei einiger Pflege einen bis 12 m hohen Baum bildender Verwandter dieses Bohnenstrauches ist der Mesquite (Prosopis juliflora). Mit seiner runden Krone und seinen dornenbewehrten Ästen erinnert er lebhaft an unsere, übrigens derselben Familie angehörende Akazie. An den trockenen Hügelhängen seiner Heimat wächst er oft als einziger Vertreter der Pflanzenwelt so weit das Auge reicht und läßt im Juni und Juli seine 15–20 cm langen, flachen, etwas gekrümmten und zwischen den Samenkörnern eingeschnürten Schoten in ganzen Büscheln reifen. Diese enthalten, wie diejenigen der verwandten Tamarinde, ein süßes, schwach säuerliches Fruchtfleisch, das nicht weniger als 26 Prozent Traubenzucker enthält und, grob zerstoßen und mit Wasser übergossen, zur Herstellung eines nahrhaften und erquickenden Aufgusses dient. Um ihren angenehm schmeckenden Atole zu bereiten, verfahren die Mexikaner etwas anders. Zunächst kochen sie die Schoten in Wasser, dann ersetzen sie das warme Wasser durch kaltes, zerquetschen die Schoten in demselben und seihen nach einiger Zeit die Flüssigkeit ab. Durch Stehenlassen kann man die zuckerreiche Abkochung in alkoholische Gärung bringen und erhält dadurch ein berauschendes Getränk, das viele Liebhaber findet.

Die reifen Schoten, die gerne vom Vieh aufgesucht und gefressen werden, sind sehr der Entwicklung von Maden ausgesetzt, so daß die Mexikaner und Indianer keine andere Abwehr dieser lästigen Gäste kennen, als die gesammelten Schoten samt den Bohnen sofort in einem Mörser zu feinem Mehl zu zerstoßen und dasselbe möglichst gut verschlossen aufzubewahren, bis sie es zum Backen eines groben Brotes gebrauchen wollen. Die Maden sind jedenfalls schon bei der Ernte in den Schoten, worein sie wohl durch eine Art Kleinschmetterling gelegt worden sind, vorhanden und werden durch das Mahlen getötet und so in ihrer weiteren Entwicklung zerstört. So erklärt es sich, daß sich das so gewonnene Mehl viel länger als die Schoten aufbewahren läßt. Übrigens ist den Indianern das Auftreten der Maden durchaus nicht unlieb, denn sie sehen in ihnen einen erwünschten Nahrungszuwachs; nur die kultivierten Mexikaner denken anders und treffen entsprechende Vorkehrungen. Diese Schoten bilden begreiflicherweise eine wichtige Nahrung für die Indianer und mexikanischen Mischlinge, wie für ihre Pferde und Maultiere. Auch die Unionssoldaten haben sie auf ihren Kriegszügen gegen die Indianer als Pferdefutter schätzen gelernt, und ein mit Vermessungen betrauter Offizier der Vereinigten Staaten ging in seinem Bericht an das Kriegssekretariat sogar so weit, zu behaupten, der Erfolg seiner Expedition wäre ohne das Vorhandensein der Mesquiteschoten überhaupt nicht möglich gewesen.

Das läßt uns den ungeheuren Wert des Mesquite für die Bewohner der unfruchtbarsten Gegenden seines Verbreitungsgebietes begreifen. Diese wüßten wohl kaum, wie sie sich ohne ihn durchs Leben schlagen sollten. Ratlos würden sie sich auch nach Brennmaterial umsehen, wenn er nicht vorhanden wäre; denn solches wird an vielen Orten ausschließlich vom Mesquite geliefert. Und welch treffliches Brennmaterial bietet er nicht! Beim Verbrennen seines Holzes strömt eine Hitze aus wie aus Steinkohlen. Für die Kohlenbrennerei wird schwerlich ein besseres Holz aufzufinden sein als das seinige. Zudem liefert er, wenn die Stämme eine genügende Dicke erreicht haben, ein für die Möbeltischlerei sehr gesuchtes Werkholz, dessen Kernholz gelbrot bis purpurn leuchtet und scharf gegen den fahlgelben Splint absticht. Beide nehmen eine schöne Politur an, was ihren Wert als Nutzholz erhöht. Außerdem ist es so hart, daß es verschiedenen mexikanischen Städten zur Pflasterung der Straßen dient und sich dabei sehr bewährt hat.

Vom Mai bis September schwitzt ein bernsteingelber Gummi aus den Mesquitestämmen, das wie arabischer Gummi schmeckt, sich leicht in drei Teilen Wasser auflöst und dann einen guten Klebstoff bildet, der den arabischen Gummi völlig ersetzt. Von diesem unterscheidet er sich chemisch dadurch, daß er nicht wie jener von essigsaurem Blei gefällt wird und damit einen weißen Niederschlag gibt. Je älter der Stamm und je dicker und geborstener die Rinde ist, um so reichlicher ist die Ausschwitzung von Gummi, der auch aus allen Astlöchern sickert. Ein großer Baum liefert eine Ernte von etwa 120 g; doch kann dieselbe bis auf 400 g erhöht werden. Als Mesquite- oder Sonoragummi wird er zu etwa 10000 kg jährlich hauptsächlich nach Mexiko exportiert, wo ihn viele Apotheken als Ersatz des arabischen Gummis führen.

Auch die an Erbsen erinnernden braunen Samen eines andern, zu den Leguminosen gehörenden Baumes, des Eisenholzes (Olneya tesota), der an öden, felsigen Stellen in den wasserärmsten Gegenden des nordwestlichen Mexiko und in Arizona wächst, werden von den Indianern roh und geröstet gegessen. In letzterem Zustande sollen sie wie Erdnüsse schmecken. Das Stammholz liefert gutes Brennmaterial und eignet sich zur Anfertigung von allerlei Geräten. Schon um dieser Eigenschaft willen verdient der Baum Beachtung zur Nutzbarmachung von Wüsten.

Ein anderes nicht unwichtiges Wüstengewächs ist die die öden, sandigen Strecken von Texas und Arizona bewohnende, 0,6–1,8 m hohe strauchartige Zwergpflaume (Prunus fasciculata), deren karminrote, süße, etwas größer als die der Schlehe werdenden Früchte sowohl frisch als gedörrt und zu Mus verarbeitet gerne gegessen werden. Wenn sie zu reifen beginnen, wandern die Indianer von weit her zur Ernte herbei, um möglichst große Vorräte von ihnen einzuheimsen.

Endlich ist noch als ein höchst zierliches Blumenkind der nordamerikanischen Wüste die Coloradolilie (Hesperocallis undulata) zu erwähnen, deren 3–5 cm dicke Wurzelknollen 30 cm tief in der Erde ruhen, bis ein alle 10–12 Jahre eintretender gründlicherer Regen sie aus ihrem Scheintod zu neuem Leben erweckt. Dann treiben sie aus dem nackten, schattenlosen Sande je einen 60–90 cm langen, mit dunkelgrünen, tiefgekerbten Blättern umkränzten Blütenstengel, der im Laufe von wenigen Wochen 30 bis 40 aus 6 weißen Blumenblättern mit einer grünlichpurpurnen Mittelrippe bestehende Blüte hervortreibt. Milchweiß, wenn sie sich öffnen, werden sie im Laufe des Tages perlweiß und am Abend — der Zeit ihrer größten Schönheit — halb durchsichtig. Die märchenschönen Glocken schließen sich um Mitternacht, um dann abzusterben und jüngeren Geschwistern Platz zu machen, die am frühen Morgen in entzückender Jugendfrische aus den gesprengten Knospen hervortreten. Eine große Pflanze treibt 5–6 Blüten im Tage, die vom Augenblicke ihrer Entfaltung an, zumal am Abend, einen starken, süßen Duft ausströmen lassen. Daher hat man dieser Gattung den Namen Hesperocallis, d. h. Abendschön, gegeben. Nach der Befruchtung zeitigen die Blüten eine 3 cm lange, mit schwarzen Samen dichtgefüllte Kapsel. Besonders wenn die Mesquiteschoten knapp sind, graben die Indianer eifrig nach den Wurzelknollen der in ihrer Sprache ethulia genannten Blume, um sie als willkommene Speise zu verzehren.

Wenn nun allein die nordmexikanische Wüste eine solche Menge nutzbarer Pflanzen beherbergt, die es verdienten, vom Menschen in anderen, dieselben ungünstigen Lebensbedingungen aufweisenden Wüsten angesiedelt zu werden, so kann man sich denken, was für wertvolles Pflanzenmaterial die verschiedenen Wüstengebiete der Erde zusammen darbieten. Es sei hier beispielsweise nur an die südafrikanische Kalahariwüste erinnert, auf der nach den ersten Schauern der kurzen Regenzeit eine ihre Ranken weithin über den Wüstensand treibende Cucurbitazee, die Zamamelone (Cucumis zama), eine Verwandte unserer aus Wüsten desselben Erdteils Afrika stammenden Wassermelone, hervorsprießt. Bald erscheinen an ihr gelbe Blüten, aus denen außerordentlich saftige Früchte von der Größe eines Straußeneis hervorgehen. Diese dienen Tieren und Menschen als willkommene Nahrung und besonders auch durstlöschendes Mittel, das ihnen das fehlende Wasser ersetzt. Den Buschmännern, jenen zwergartigen, gelbhäutigen, unstet dem Wilde als ihrer Hauptnahrung nachwandernden Jägern der weiten Kalahari, ist diese wilde Wassermelone, die nach einer guten Regenzeit strichweise die wasserarme Steppe bedeckt, neben den saftigen Wurzeln verschiedener Pflanzen die wichtigste pflanzliche Nahrung, die sie eifrig aufsuchen und von der sie Depots im Boden anlegen, um sie sich bei ihrer Rückkehr von der Jagd zu sichern. In Zeiten, da sie nicht zu haben sind, vergraben die Buschmänner mit Wasser gefüllte Straußeneier als Reservewasserbehälter in den Sand, um sich damit zur Zeit der Dürre vor dem Verdursten zu schützen.

Im Norden der Kalahari wächst eine von den Betschuanen — wie diese behaupten — dort eingeführte süßliche Melone, von ihnen mangotan genannt, die ihnen mühelos Stillung des Hungers, wie des Durstes gewährt. Sollen solche Melonen, an denen der Mensch durch künstliche Zucht noch größere und wohlschmeckendere Früchte zu erzielen vermöchte, planmäßig angebaut, nicht die Wüste bewohnbarer machen helfen? Man sollte denken, daß die Zeit nicht mehr fern ist, da solche Schätze der Natur von dem sich über immer weitere Gebiete der Erde ausbreitenden Menschen willig in Kulturpflege genommen und durch systematische Veredlung noch nutzbarer gemacht werden dürften. Denn wir sind noch lange nicht am Ende der menschlichen Entwicklung angelangt. Wir befinden uns vielmehr erst am Anfange derselben und unsere Nachkommen werden weiterführen, was wir und unsere Vorfahren begonnen haben, bis die ganze Erde mit allen ihren Wüsten dem Leben und der menschlichen Kultur erobert ist.

Außer diesen Melonen dienen noch mancherlei andere Pflanzen dem Menschen, der diese dürren, pflanzenarmen Gebiete jagend durchstreift, zur Nahrung. So graben die Buschmänner und Betschuanen besonders nach den schmackhaften Zwiebeln von Ixias und anderen Lilienarten. Diese bilden neben dem fleischigen Kern der gewaltigen, sehr tiefgehenden Wurzel des Elefantenfußes (Testudinaria elephantipes) und dem stärkemehlreichen Mark des Palmfarns Zamia einen Hauptbestandteil ihrer Nahrung.

In den Wüsten Nordafrikas und Westasiens gedeiht ein kleiner, dorniger Baum von abschreckendem Aussehen aus der Familie der Simarubazeen aus der engeren Verwandtschaft der Terebinthe und des Weihrauchbaums. Dieser von den Arabern Zachun genannte Balanites aegyptiaca mit einpaarig gefiederten Blättern, grünlichweißen Blüten und walnußgroßen, im reifen Zustande grünlichen, ölreichen Früchten wehrt sich so tapfer wie irgend ein anderes Wüstengewächs gegen die verheerenden Sandstürme, die mit ihrem Gluthauch alles Lebendige zu verschlingen drohen. Seine Früchte waren schon von den alten Ägyptern, denen doch besseres Obst als Nahrungsmittel zu Gebote stand, geschätzt und wurden von ihnen ihren Toten als Speise für das Geisterreich mitgegeben. Als solche hat man sie öfter in Gräbern der 12. Dynastie (2000–1788 v. Chr.) im Gräberfelde von Kahun und in anderen Nekropolen des mittleren Reichs gefunden. Aus den Samen pressen die Araber heute noch ein Öl, dem sie heilende Wirkung zuschreiben. Aus dem Verkaufe dieses Öls an die Reisenden, zumal an die Pilger, machen die in Palästina wohnenden Araber ein einträgliches Geschäft. Und das sehr harte Holz des Zachuns wird von den Drechslern Jerusalems zu den verschiedensten Gegenständen, hauptsächlich aber zu Spazierstöcken verarbeitet.

In den Wüsten der Mongolei wächst der Sulchir (Agriophyllum gobicum), ein kaum 1 m Höhe erreichender, stacheliger Strauch, der auf kahlem Flugsande gedeiht, im August blüht und im September seinen Samen reifen läßt. Dieser letztere ist das Korn der Wüstennomaden, der „Segen der Wüste“. In regenreichen Jahren ergibt er eine gute Ernte, in trockenen dagegen verkommt der Strauch und dann hungert der Mongole. Die Sulchirernte ist höchst einfach: Die Früchte werden gesammelt und die Samen auf einer von Sand freien, lehmigen Bodenfläche ausgedroschen. Dann werden letztere geröstet, durch Stampfen in Holzmörsern von den Hülsen befreit, in Handmühlen gemahlen und geben ein ziemlich schmackhaftes Mehl, das mit Backsteintee zusammen gekocht wird und dem Mongolen als willkommene Speise dient.

Dieselbe zentralasiatische Wüste bewohnt der 3–4 m hohe, bis 15 cm dicke Saxaulstrauch, der vereinzelt im kahlen Sande gedeiht. Er besitzt keine Blätter und schattenlos streckt er seine langen Zweige aus, und doch baut der Mongole neben ihm seine Jurte auf, um hinter ihm Schutz gegen die eisigen Winterstürme, wie gegen den sengenden Sonnenbrand zu suchen. Im Frühling bedeckt sich der Saxaul mit kleinen, gelben Blüten, aber seine Samen sind nur für Tiere, nicht für den Menschen genießbar. Dagegen ist sein hartes, sprödes Holz außer dem getrockneten Mist seiner Haustiere das einzige Brennmaterial, das dem Nomaden zur Verfügung steht, um seinen geliebten tsamba zu kochen.

Ebenso widerstandsfähig gegen Hitze und Dürre, wie auch den eisigen Frost des Winters ist die die Wüsten Zentralasiens und Südostrußlands bewohnende Wüstenweide (Salix acutifolia). Auch sie gewährt dem Menschen keinen anderen Nutzen, als daß sie ihm Brennholz liefert. Aus ihren Zweigen kann allerlei Flechtwerk hergestellt werden. Sie eignet sich besonders zur Humusbildung auf magerstem Boden, wodurch derselbe für anspruchsvollere Gewächse vorbereitet wird. Auf fruchtbarem Boden entwickelt sie sich zu einem schönen, stattlichen Baum.

In den Wüsten Australiens sind als Holzerzeuger sehr nützlich die verschiedenen Eukalyptusbäume, die ihre Wurzeln außerordentlich tief in den Boden hinabsenken, um ihm alle Feuchtigkeit zu entnehmen, andererseits aber auch eine ganz außerordentliche Größe erreichen, wie sie selbst nicht von den kalifornischen Mammutfichten, den Giganten der Pflanzenwelt, erreicht wird. Wie die neben ihnen wachsenden Akazien liefern sie außer Brennholz auch gutes Bau- und Werkholz, das vorteilhaft zur Kohlen- und Teerbrennerei Verwendung findet. Aus den Blättern läßt sich das wohlriechende Eukalyptusöl destillieren, das zur Lackbereitung und in der Parfümerie dient.

Jedenfalls würden sich außer den hier genannten noch verschiedene andere Wüstenpflanzen zum Anbau bei der ersten Besiedelung von Wüsten durch den Menschen empfehlen. Einmal gepflanzt würden diese wetterharten, der lebenfeindlichen Umgebung durch zahllose Generationen angepaßten Pioniere aus der Pflanzenwelt ohne Mithilfe des Menschen gedeihen und ihm ausgedehnte Gebiete der Erde, die heute öde Flächen sind, dem Leben und der Kultur erobern helfen.

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