Der Balinese.

Östlich von Java, und von dieser Insel nur durch einen schmalen Seearm getrennt, liegt das zwar kleine, aber wunderschöne, gebirgige Eiland Bali,, von einem kriegerischen, kräftigen, arbeitsamen Volke bewohnt und bis in seine Berge hinauf vortrefflich cultivirt und angebaut.

Trotz seiner Nähe bei dem schon längst den Holländern unterworfenen Java hatte es sich dennoch bis zur neueren Zeit seine vollkommene Unabhängigkeit zu bewahren gewußt, und erst in den letzten Jahren gelang es den Holländern, theils durch Verrath unter den Eingeborenen, theils durch ihre Truppen unter dem Commando Sr. Hoheit des Herzogs Bernhard von Weimar, die Rajahs Balis wenigstens dahin zu bringen, daß sie ihre Oberherrschaft anerkannten.

Die Balinesen sind, was die Missionäre „blinde Heiden“ nennen, d. h. sie haben ihre eigenen Götter (Brachma, Schiwa und Wischnu) und ihren eigenen Glauben, den sie sich entschieden weigern abzulegen. Ihre Javanischen Nachbarn gingen ihnen darin allerdings schon seit längerer Zeit mit gutem Beispiel voran, indem sie zum Islam übertraten. Von den muhamedanischen Priestern besonders, aber auch dann und wann von christlichen Missionären sind schon verschiedene Versuche gemacht, sie das abschwören zu machen, was andere Nationen eine Irrlehre nennen. Bis jetzt war es jedoch vergeblich, und wenn es irgend noch eines Beweises bedürfte, daß die christliche Religion keineswegs unumgänglich nothwendig dazu ist, ein wildes Volk zu civilisiren, so liefern diese Balinesen als Heiden, und ihre Nachbarn, die Javanen, als Muhamedaner davon den schlagendsten Beweis.

Was die Cultur Balis' betrifft, so läßt diese nichts zu wünschen übrig. Jedes Plätzchen, das Frucht liefern kann, ist benutzt, und die Balinesen bauen sogar weit mehr, als sie zu ihrem eigenen Bedarf brauchen. Manches Schiff hat dort schon für den europäischen Markt seine Ladung von Reis, Zucker, Kaffee und anderen Produkten eingenommen, während hunderte von Prauen (die inländischen Fahrzeuge) der benachbarten Inseln, ja selbst bis von China herüber, in stetem und lebendigem Verkehr mit dem kleinen Reiche stehen. Die Balinesen haben dabei ihre eigenen Rajahs oder Fürsten, und die dem Lande dienlichen Gesetze werden mit unnachsichtlicher Strenge von ihren weltlichen und geistlichen Oberhäuptern in Kraft gehalten. Auf allen schweren Vergehen, selbst auf Diebstahl, steht Todesstrafe. – Außerdem sind sie aber auch noch in vielen Künsten geschickt und erfahren. Vorzüglich ihre Stahl- und Goldarbeiten, ihre Korbflechtereien und Webereien sind berühmt in der ganzen Inselgruppe des ostindischen Archipels. Ihre Landestracht ist dabei anständig und geschmackvoll, und dem Klima vollkommen angemessen.

So viel als kurze Einleitung für den Leser, der die kleine Insel bis jetzt vielleicht kaum dem Namen nach oder doch nur nach Beschreibungen kannte, welche ihre Bewohner beinah wie eine Räuber- und Piratenbande erscheinen ließ. Jede Sache hat freilich ihre zwei Seiten.

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